BIRKENSPANNER - NATÜRLICHE SELEKTION IN AKTION

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BIRKENSPANNER - NATÜRLICHE SELEKTION IN AKTION
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts haben Birkenrinden fast überall wie im Bild links ausgesehen.
Nämlich ganz hell mit ebensolchen Flechten darauf. Entsprechend finden sich in Schaukästen von
Insektensammlern dieser ersten Zeit fast nur helle Exemplare des Birkenspanners. Dieser
Schmetterling lebt auf Birken. Und es gibt von ihm extreme Farbvarianten. Eine ist ganz dunkel, so
wie es etwa schwarze Panther und auch Schwärzlinge unter Jaguaren gibt. Dann, in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts überwiegen Ansichten wie im rechten Bild: Industrielle
Luftverschmutzung hat Russ abgelagert und die empfindlichen Flechten zum Verschwinden
gebracht. Vom frühen 20. Jahrhundert sind überwiegend Birkenspanner-Fänge der dunklen Variante
bekannt. Zumindest aus der Umgebung der Industriestädte.
Bei der Betrachtung der Bilder drängt sich eine Vermutung zu diesem Befund auf. Schildern Sie Ihre
Beobachtung!
Die Forschung hat sich um 1950 dieser Frage angenommen und Experimente durchgeführt: In
grossen Vogelkäfigen und im Freiland sind Birkenspanner freigelassen worden. Und zwar beide
Farbvarianten sowohl in der Nähe von Bäumen mit hellen als auch mit verschmutzten Rinden. Es ist
beobachtet worden, wie sich die Schmetterlinge auf die Baumrinde setzen und die Vögel Jagd auf
sie machen. Wie erwartet sind auf hellen Stämmen die ursprünglich verbreiteten Tiere seltener
entdeckt und weggefressen worden. Auf verschmutzter Unterlage haben dagegen mehr von den
später so häufig gewordenen dunklen Tieren überlebt.
Dieser Befund wird Industriemelanismus (von der industriellen Verschmutzung begünstigte
Dunkelfärbung) genannt. Er gilt als Paradebeispiel dafür, wie die natürliche Auslese im Sinne
Darwins wirkt: Die anfänglich nur vereinzelt vorhandene dunkelste Farbvariante ist in verschmutzter
Umgebung im Vorteil. Die einst häufigen hellen Tiere sind unter den neuen Umständen kaum mehr
getarnt. Sie fallen so weitgehend ihren Fressfeinden zum Opfer. Bald lassen sich kaum mehr helle
Formen in städtischen Gebieten auffinden!
Seither ist fleissig weiter geforscht worden. Nachweislich lässt der Luftschadstoff Schwefeldioxid
Birkenspanner vermehrt die dunkle Färbung ausbilden. Allerdings spielen dabei geografische
Einflüsse eine noch nicht ganz verstandene Rolle. Jedenfalls sind mit dem Rückgang der
Luftverschmutzung auch die hellen Birkenspanner wieder häufiger geworden. Dies obwohl die
Baumrinden in ihrem Lebenraum nach wie vor sehr dunkel sind. Wie der Prozentsatz dunkler Tiere
unter den Nachkommen genau beeinflusst wird, gilt derzeit als unbekannt.
Was besagt aber die eindeutige Auslese durch die Vögel im Experiment? Bei den Versuchen soll
sich der ganze Ablauf gut beobachten lassen! Diese nachtaktiven Insekten sind darum stets bei
Tageslicht freigelassen worden. Da haben sich die verwirrten Tiere auf der erstbesten Unterlage
niedergelassen. Natürlicherweise verbringen Birkenspanner den Tag anders. Sie hängen an der
Unterseite von waagrechten Ästchen. Und zwar hoch oben im Blätterdach der Baumkronen.
Quelle:
Das Leben ist das Thema der Biologie, Webseite BIOlogin von Ruedi Dürrwang, Basel, 2009
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