academia – Forschungsgruppe der Kantonsschule Wattwil Antimikrobielle Aktivität von Flechten ! ! Patrick Knüppel, Sonja Rutz, Anja Schönenberger, Rahel Winiger ! Einleitung Flechten sind eine symbiotische Lebensgemeinschaft zwischen Algen und Pilzen. Bei einer Symbiose leben zwei verschiedene Arten zusammen, wobei beide einen Nutzen davon tragen. Bei der Flechte liefert die Alge dem Pilz Sauerstoff und Glucose. Der Pilz liefert der Alge im Gegenzug Mineralstoffe und Wasser aus der Umgebung. So können die Flechten an den verschiedensten Standorten überleben. Die Flechten werden in Krusten-, Blatt-, Strauch- und Bartflechten eingeteilt. Weiter werden diese in verschiedene Arten unterteilt. Kennzeichnend für Flechten sind die symbiotische Wuchsform, Langlebigkeit, ihr langsames Wachstum und Vorkommen an extremen Standorten. Es wird daAbb. 1: Cladonia macilenta von ausgegangen, dass sie gezwungen waren Abwehrstrategien gegen Umwelteinflüsse in Form von protektiven Inhaltsstoffen auszubilden. Diese schliessen eine antimikrobielle Aktivität ein. Ein Ziel unseres Projektes war, diese antibakterielle Wirkung anhand eines Hemmhoftests in Bakterienkulturen nachzuweisen. In einem weiteren Teilprojekt haben wir uns mit der Luftverschmutzung auseinander Abb. 2: Alectoria sargesetzt, da Flechten aufgrund ihrer besonderen mentosa Fähigkeit, Schadstoffe einzulagern, gute Schadstoffindikatororen sind. Mit Hilfe eines Inductively Coupled Plasma (ICP) Spektrometers werden wir versuchen, die Schadstoffe in den Flechtenpräparaten der verschiedenen Standorte nachzuweisen. Methoden Vorgehen im Feld An mehreren Standorten auf der Insel Hitra wurden verschiedene Flechtenarten gesammelt. Bei Flechten an Bäumen wurde notiert, wie stark die unterschiedlichen Arten den Baumstamm bedecken. Mit diesen Werten kann eine Aussage darüber gemacht werden, wie gross die Luftverschmutzung an den jeweiligen Standorten ist. Die Flechten wurden genau bestimmt, getrocknet, von Schmutz befreit und anschliessen im Mixer pulverisiert. Hemmhoftest Für die Herstellung des Extraktes wurde das Flechtenpulver zweimal für je drei Tage in Methanol eingelegt, um die Inhaltsstoffe herauszulösen. Ausserdem wurden Agarplatten vorbereitet. Agar ist ein idealer Nährboden für Bakterien. Mit Agar ist Abb. 3: Herstellung der Flechtenextrakte es möglich, die zwei Bakterienarten (E. coli und B. subtilis) zu kultivieren. Die Flechten-Trockenextrakte wurden in einem Lösungsmittel (5% DMSO) gelöst und auf je drei Papierrondellen aufgetragen um eine statistische Signifikanz zu erzielen. Anschliessend wurden die Rondellen auf die vorbereiteten Agarplatten mit den Bakterien gelegt. Die Platten wurden dann für zwei Tage im Inkubator bei 37°C stehen gelassen, um das Bakterienwachstum zu fördern. Danach wurden die Hemmhöfe ausgezählt. Ein Hemmhof entsteht, wenn die Bakterien sich auf dem Nährboden rund um die Papierrondelle nicht vermehren können, weil sie von den Inhaltsstoffen der Flechtenextrakte gehemmt werden. Luftverschmutzung Unterschiedliche Bäume an verschiedenen Standorten wurden nach Flechten untersucht. Mit einem Raster wurde bestimmt, wieviel Prozent des Baumes mit Flechten bewachsen ist. Ausserdem wurde geschaut, welche Art von Flechten auf dem Baum wachsen. Anhand dieser Daten konnte eine grobe Aussage über die Luftverschmutzung an den jeweiligen Standorten gemacht werden. Differenziertere Resultate erhoffen wir uns von der ICP- Analyse, da mit dieser die Art und die Menge an Schadstoffen in der Flechte nachgewiesen werden kann. Resultate des Hemmhoftests Flechtenart Alectoria sarmentosa Cladonia rangiferina Cladonia tenuis Cladonia sp. Cladonia bellidiflora/coccifera Cladonia macilenta (A) Cladonia bellidiflora/coccifera Cladonia macilenta (B) Cladonia digitata (A) Cladonia digitata (B) Cladonia stellaris Diploicia canescens Hypogimnia physodes (A) Hypogimnia physodes (B) Leptogium cyanescens Lobaria amplissima Lobaria pulmonaria Lobaria scrobiculata Peltigera praetextata Parmelia sp. Ramalina farinaceae (A) Ramalina farinaceae (B) Stereocaulon vesuvianum Usnea filipendula Xanthoria parietina (A) Xanthoria parietina (B) B. subtilis Ja Nein Ja Ja Nein E. coli Nein Ja Ja Nein Ja Nein Nein Nein Ja Ja Ja Ja Nein Ja Ja Nein Nein Nein Ja Ja Nein Nein Ja Nein Nein Nein Nein Nein Nein Ja Ja Nein Nein Nein Ja Nein Nein Nein Nein Nein Nein Ja Nein Tab. 1: Resultate des Hemmhoftests. Ja: Hemmhof, Nein: Kein Hemmhof Wie anhand der Tabelle erkennbar ist, reagieren die Bakterien unterschiedlich auf die Einwirkung der Flechtenextrakte. Sogar innerhalb derselben Flechtenart, welche jedoch an verschiedenen Standorten gepflückt wurden, zeigten die Bakterien eine variierende Sensitivität, wie beispielsweise anhand der Flechtenart Xanthoria parietina ersichtlich ist. Diese Unterschiede könnten aufgrund der unterschiedlichen Flechtenstandorte, Ausbildung verschiedener Inhaltsstoffe oder wegen zu kleiner Versuchsmengen entstanden sein. Diskussion Anhand der gewonnenen Daten aus der Hemmhof-Messreihe lässt sich erkennen, dass einige Flechten tatsächlich über eine antimikrobielle Aktivität verfügen. Da die Hemmhöfe jedoch nicht sehr ausgeprägt waren, lässt sich keine eindeutige Aussage machen. Die Hemmhöfe waren in den beiden verwendeten Bakterien, welche über einen unterschiedlichen Zellwandaufbau (grampositiv vs. gramnegativ) verfügen, teilweise unterschiedlich. So scheint das grampositive B. subtilis empfindlicher auf die Flechteninhaltsstoffe zu reagieren als das gramnegative E. coli. Weiterführende Versuche, welche Bakterien mit denselben Kriterien einschliessen, wären aus diesem Grund interessant. Abb. 5: links ohne Hemmhofausbildung, rechts mit Hemmhofausbildung Abb. 4: Ausmessung der Flechtenbedeckung mittels Raster Zusätzliche Faktoren im Bakterienaufbau sowie inter- und intraindividuelle Unterschiede in den Flechten können jedoch eine entscheidende Rolle spielen. Durch die noch ausstehende Analyse mittels ICP erhoffen wir uns Rückschlüsse auf die Luftverschmutzung und die Anreicherung von Schwermetallen. Eine Fragestellung in diesem Bezug ist, ob die Flechten auf eine verstärkte Luftverschmutzung mit zusätzlichen Abwehrmechanismen reagieren, wie beispielsweise mit der Ausbildung von protektiven Inhaltsstoffen, welche eine antimikrobielle Aktivität einschliessen könnten.