Protein-Spleißen durch Inteine – Fund

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Posttranslationale Prozessierung
Protein-Spleißen durch Inteine – Fundgrube für proteinchemische Anwendungen
HENNING D. MOOTZ
FACHBEREICH CHEMIE – CHEMISCHE BIOLOGIE, UNIVERSITÄT DORTMUND
Intein-vermitteltes Protein-Spleißen stellt eine bemerkenswerte posttranslationale Prozessierung dar. In konzeptioneller Analogie zum mRNASpleißen wird dabei auf der Proteinebene aus einem Vorläuferprotein ein
internes Element, das Intein, entfernt, und die beiden flankierenden
Sequenzabschnitte, die N- und C-terminalen Exteine, werden miteinander
verknüpft[1]. Im Gegensatz zum mRNA-Spleißen sind keine weiteren
Faktoren erforderlich, sondern alle notwendigen Aktivitäten im Intein enthalten.
tration (z. B. 50 mM DTT) durch Thiolyse spalten. Der so eluierte Zielprotein-DTT-Thioester hydrolysiert spontan zum freien Carboxylat und damit zum gewünschten gereinigten Protein. Unter Verwendung anderer
freier Thiole, wie Thiophenol oder Mercaptoethansulfonsäure, können jedoch hydrolysestabile Proteinthioester gewonnen werden.
Diese stellen unentbehrliche Zwischenprodukte für eine weitere Anwendung dar, der
Präparation semi-synthetischer Proteine
mittels Expressed Protein Ligation (EPL). Dabei
wird ein rekombinant exprimierter Proteinthioester chemoselektiv mit einem syntheti-
ó Den Mechanismus des Protein-Spleißens
zeigt Abbildung 1. Die korrekte Faltung des
Inteins scheint die einzige Notwendigkeit zu
sein, um diesen autokatalytischen Reaktionsablauf zu bewirken. Ein Intein kann als
single-turnover-Katalysator betrachtet werden,
in der die Exteine die kovalent gebundenen
Substrate repräsentieren. Inteine sind in allen
drei Domänen des Lebens identifiziert worden
und treten hauptsächlich in Mikroorganismen auf[2]. Die Gründe für das sporadische
Vorkommen von Inteinen und eine eventuelle biologische Funktion sind noch unklar.
Proteinreinigung und Präparation
semi-synthetischer Proteine
Inteine haben Eingang in zahlreiche Anwendungen der Proteinchemie gefunden. Hierbei
wird die Erkenntnis genutzt, dass Inteine in
der Regel auch in heterologen Sequenzkontexten aktiv sind. Mutierte Inteine werden
als selbstspaltende Affinitätstags in der Proteinreinigung verwendet. Abbildung 2A zeigt
das Prinzip, in dem das Zielprotein als NExtein des Inteins vorliegt und das C-Extein
die Chitin-bindende Domäne (CBD) als Affinitätstag darstellt[1]. Die Mutation des konservierten Asparagins an der Intein/C-ExteinVerbindung blockiert die Vollendung des
Reaktionsablaufs. Der immer noch gebildete
Thioester am C-Terminus des Zielproteins
lässt sich nach Waschen der Matrix durch
Zugabe eines freien Thiols in hoher KonzenBIOspektrum | 02.07 | 13. Jahrgang
¯ Abb. 1: Der
Mechanismus des
Protein-Spleißens.
Konservierte Aminosäuren an den
Intein/Extein-Bindungen sind angegeben.
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˚ Abb. 2: Präparation semi-synthetischer Proteine: A, durch Expressed Protein Ligation (EPL); B,
durch Protein-Spleißen in trans. Die Synthese eines Proteins aus einer rekombinanten und einer
synthetischen Komponente ermöglicht den gezielten Einbau von synthetischen Bausteinen, wie
unnatürlichen Aminosäuren oder biophysikalischen Sonden.
˚ Abb. 3: Liganden-kontrolliertes ProteinSpleißen. Die Fragmente eines inaktiven,
gespaltenenen Inteins lassen sich durch
Rapamycin-Zugabe über die fusionierten
Dimerisierungsdomänen FKBP und FRB in
räumliche Nähe zwingen. Das dadurch aktivierte Intein kann zur Funktionsänderung
eines Proteins dienen.
schen Peptid verknüpft, welches dafür ein Nterminales Cystein enthalten muss (Abb.
2A)[3]. Die EPL-Methode ermöglicht so die
Einführung verschiedener synthetischer
Gruppen, die durch rekombinante Proteinexpression nicht erhalten werden können, etwa
posttranslationale Modifikationen, unnatürliche Aminosäuren oder biophysikalische Sonden. Die herausragende präparative Bedeutung, die EPL mittlerweile erreicht hat, zeigt
sich beispielsweise in den Erkenntnissen zur
Funktionsweise des Selektivitätsfilters im
Kalium-Kanal KcsA, die durch den Einbau
einer D-Aminosäure gewonnen wurden[4].
Thioester und N-terminales Cystein können
auch in allen anderen Kombinationen zwischen rekombinanten und synthetischen
Polypeptiden ligiert werden. Diese Reaktion
wurde erstmals von Wieland beschrieben und
später von Kent als Native Chemical Ligation
(NCL) zur Proteinsynthese eingeführt[5].
In weiteren Anwendungen wird die Knüpfung einer Peptidbindung zwischen den Nund C-Exteinen durch das Intein direkt ausgenutzt. Hierfür ist das Protein-Spleißen in
trans von Bedeutung, für das die Inteindomäne in gespaltener Form auf zwei Polypeptiden vorliegt. Gespaltene Inteine (split inteins)
findet man vereinzelt in der Natur; sie können
auch durch artifizielle Spaltung eines normalen Inteins erhalten werden[6]. Die InteinNund InteinC-Fragmente assoziieren zunächst
und rekonstituieren das aktive Intein. Durch
Protein-Spleißen in trans werden also die Exteinsequenzen von zwei separat produzierbaren Polypeptiden miteinander verknüpft.
Das Potenzial dieses Ansatzes wurde bereits
frühzeitig für die Präparation von segmentell
Isotopen-markierten Proteinen erkannt[7].
Dafür exprimiert man einen Teil des Proteins,
fusioniert mit einem Inteinfragment, in 13Cund 15N-haltigem Medium, während der andere in regulärem Medium produziert wird. Nur
der markierte Teil des Spleißprodukts ist in
den NMR-Messungen sichtbar. Neue Entwicklungen ermöglichen die segmentelle
Markierung in derselben Expressionskultur,
indem ein Umschalten zwischen der Expression der beiden Inteinfusionskonstrukte
durch selektiv regulierbare Promotoren zeitgleich mit einem Mediumwechsel vollzogen
wird[8]. In ähnlicher Weise ermöglicht Protein-Spleißen in trans die Präparation semisynthetischer Proteine, wenn eine der beiden
Komponenten synthetisch hergestellt wird.
Typischerweise ist das InteinC-Fragment etwa
40 Aminosäuren (aa) groß, sodass es noch
mit einigen C-Exteinaminosäuren durch Peptidfestphasensynthese zugänglich ist[9]. Wir
haben kürzlich ein gespaltenes Intein
beschrieben, bei dem das InteinN-Fragment
lediglich 11 aa umfasst und leicht synthetisiert werden kann (Abb. 2B)[10]. Durch Protein-Spleißen in trans mit den komplementären InteinC-Konstrukten konnten so selektiv
Fluorophormarkierungen in verschiedene
Proteine eingeführt werden. Protein-Spleißen
in trans könnte also zu einer Alternative in
der Herstellung von semi-synthetischen Proteinen reifen. Dieser Weg ist besonders durch
die Unabhängigkeit von Thioesterpeptiden
attraktiv. Außerdem verläuft die hochspezifische Reaktion auch bei relativ niedrigen
Reaktandenkonzentrationen[10] und kann
nach Einschleusen in Zellen sogar zur chemischen Modifikation von Proteinen in vivo
eingesetzt werden[9].
Funktionskontrolle von Proteinen
durch regulierte Inteine
Eine weitere spannende, sich noch entwickelnde Technologie nutzt modifizierte Inteine, die in ihrer Aktivität durch einen kleinen
organischen Liganden reguliert werden können. In ein heterologes Wirtsprotein insertiert, soll so dessen Aktivität in lebenden Zellen kontrolliert werden, etwa um komplexe
Signalkaskaden experimentell zu entflechten
(Abb. 3). Dieser Ansatz wäre besonders interessant für solche Enzyme, für die noch keine selektiven Inhibitoren oder Aktivatoren
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bekannt sind. Gegenüber transkriptionskontrollierter Regulation und auf siRNA basierenden Methoden bestünde der Vorteil der
höheren zeitlichen Auflösung im Bereich von
Minuten, da Protein-Spleißen von bereits synthetisierten Proteinen erfolgt und so eine
schnellere Antwort liefern kann. Ligandenaktivierbare und -inhibierbare gespaltene
Inteine zur Anwendung in kultivierten Säugerzellen wurden ebenso beschrieben wie ein
nicht gespaltenes Liganden-abhängiges
Intein[6, 11, 12]. Letzteres wurde bereits zur artifiziellen Regulierung eines an der Osteoblasten-Differenzierung beteiligten Transkriptionsfaktors eingesetzt[12].
Viele weitere Anwendungen ergänzen
bereits dieses breite Spektrum der Inteine.
Auch in Zukunft wird von neuen Entwicklungen im Zusammenhang mit Inteinen zu
hören sein.
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Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Henning D. Mootz
Fachbereich Chemie –
Chemische Biologie
Universität Dortmund
Otto-Hahn-Str. 6
D-44227 Dortmund
Tel.: 0231-755-3863
Fax: 0231-755-5159
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