150_180_BIOsp_0207.qxd 13.03.2007 13:27 Uhr Seite 165 M ETHODEN & ANWEND UNG E N 165 Posttranslationale Prozessierung Protein-Spleißen durch Inteine – Fundgrube für proteinchemische Anwendungen HENNING D. MOOTZ FACHBEREICH CHEMIE – CHEMISCHE BIOLOGIE, UNIVERSITÄT DORTMUND Intein-vermitteltes Protein-Spleißen stellt eine bemerkenswerte posttranslationale Prozessierung dar. In konzeptioneller Analogie zum mRNASpleißen wird dabei auf der Proteinebene aus einem Vorläuferprotein ein internes Element, das Intein, entfernt, und die beiden flankierenden Sequenzabschnitte, die N- und C-terminalen Exteine, werden miteinander verknüpft[1]. Im Gegensatz zum mRNA-Spleißen sind keine weiteren Faktoren erforderlich, sondern alle notwendigen Aktivitäten im Intein enthalten. tration (z. B. 50 mM DTT) durch Thiolyse spalten. Der so eluierte Zielprotein-DTT-Thioester hydrolysiert spontan zum freien Carboxylat und damit zum gewünschten gereinigten Protein. Unter Verwendung anderer freier Thiole, wie Thiophenol oder Mercaptoethansulfonsäure, können jedoch hydrolysestabile Proteinthioester gewonnen werden. Diese stellen unentbehrliche Zwischenprodukte für eine weitere Anwendung dar, der Präparation semi-synthetischer Proteine mittels Expressed Protein Ligation (EPL). Dabei wird ein rekombinant exprimierter Proteinthioester chemoselektiv mit einem syntheti- ó Den Mechanismus des Protein-Spleißens zeigt Abbildung 1. Die korrekte Faltung des Inteins scheint die einzige Notwendigkeit zu sein, um diesen autokatalytischen Reaktionsablauf zu bewirken. Ein Intein kann als single-turnover-Katalysator betrachtet werden, in der die Exteine die kovalent gebundenen Substrate repräsentieren. Inteine sind in allen drei Domänen des Lebens identifiziert worden und treten hauptsächlich in Mikroorganismen auf[2]. Die Gründe für das sporadische Vorkommen von Inteinen und eine eventuelle biologische Funktion sind noch unklar. Proteinreinigung und Präparation semi-synthetischer Proteine Inteine haben Eingang in zahlreiche Anwendungen der Proteinchemie gefunden. Hierbei wird die Erkenntnis genutzt, dass Inteine in der Regel auch in heterologen Sequenzkontexten aktiv sind. Mutierte Inteine werden als selbstspaltende Affinitätstags in der Proteinreinigung verwendet. Abbildung 2A zeigt das Prinzip, in dem das Zielprotein als NExtein des Inteins vorliegt und das C-Extein die Chitin-bindende Domäne (CBD) als Affinitätstag darstellt[1]. Die Mutation des konservierten Asparagins an der Intein/C-ExteinVerbindung blockiert die Vollendung des Reaktionsablaufs. Der immer noch gebildete Thioester am C-Terminus des Zielproteins lässt sich nach Waschen der Matrix durch Zugabe eines freien Thiols in hoher KonzenBIOspektrum | 02.07 | 13. Jahrgang ¯ Abb. 1: Der Mechanismus des Protein-Spleißens. Konservierte Aminosäuren an den Intein/Extein-Bindungen sind angegeben. 150_180_BIOsp_0207.qxd 166 13.03.2007 13:28 Uhr Seite 166 MET H ODE N & AN WE N DU NGEN ˚ Abb. 2: Präparation semi-synthetischer Proteine: A, durch Expressed Protein Ligation (EPL); B, durch Protein-Spleißen in trans. Die Synthese eines Proteins aus einer rekombinanten und einer synthetischen Komponente ermöglicht den gezielten Einbau von synthetischen Bausteinen, wie unnatürlichen Aminosäuren oder biophysikalischen Sonden. ˚ Abb. 3: Liganden-kontrolliertes ProteinSpleißen. Die Fragmente eines inaktiven, gespaltenenen Inteins lassen sich durch Rapamycin-Zugabe über die fusionierten Dimerisierungsdomänen FKBP und FRB in räumliche Nähe zwingen. Das dadurch aktivierte Intein kann zur Funktionsänderung eines Proteins dienen. schen Peptid verknüpft, welches dafür ein Nterminales Cystein enthalten muss (Abb. 2A)[3]. Die EPL-Methode ermöglicht so die Einführung verschiedener synthetischer Gruppen, die durch rekombinante Proteinexpression nicht erhalten werden können, etwa posttranslationale Modifikationen, unnatürliche Aminosäuren oder biophysikalische Sonden. Die herausragende präparative Bedeutung, die EPL mittlerweile erreicht hat, zeigt sich beispielsweise in den Erkenntnissen zur Funktionsweise des Selektivitätsfilters im Kalium-Kanal KcsA, die durch den Einbau einer D-Aminosäure gewonnen wurden[4]. Thioester und N-terminales Cystein können auch in allen anderen Kombinationen zwischen rekombinanten und synthetischen Polypeptiden ligiert werden. Diese Reaktion wurde erstmals von Wieland beschrieben und später von Kent als Native Chemical Ligation (NCL) zur Proteinsynthese eingeführt[5]. In weiteren Anwendungen wird die Knüpfung einer Peptidbindung zwischen den Nund C-Exteinen durch das Intein direkt ausgenutzt. Hierfür ist das Protein-Spleißen in trans von Bedeutung, für das die Inteindomäne in gespaltener Form auf zwei Polypeptiden vorliegt. Gespaltene Inteine (split inteins) findet man vereinzelt in der Natur; sie können auch durch artifizielle Spaltung eines normalen Inteins erhalten werden[6]. Die InteinNund InteinC-Fragmente assoziieren zunächst und rekonstituieren das aktive Intein. Durch Protein-Spleißen in trans werden also die Exteinsequenzen von zwei separat produzierbaren Polypeptiden miteinander verknüpft. Das Potenzial dieses Ansatzes wurde bereits frühzeitig für die Präparation von segmentell Isotopen-markierten Proteinen erkannt[7]. Dafür exprimiert man einen Teil des Proteins, fusioniert mit einem Inteinfragment, in 13Cund 15N-haltigem Medium, während der andere in regulärem Medium produziert wird. Nur der markierte Teil des Spleißprodukts ist in den NMR-Messungen sichtbar. Neue Entwicklungen ermöglichen die segmentelle Markierung in derselben Expressionskultur, indem ein Umschalten zwischen der Expression der beiden Inteinfusionskonstrukte durch selektiv regulierbare Promotoren zeitgleich mit einem Mediumwechsel vollzogen wird[8]. In ähnlicher Weise ermöglicht Protein-Spleißen in trans die Präparation semisynthetischer Proteine, wenn eine der beiden Komponenten synthetisch hergestellt wird. Typischerweise ist das InteinC-Fragment etwa 40 Aminosäuren (aa) groß, sodass es noch mit einigen C-Exteinaminosäuren durch Peptidfestphasensynthese zugänglich ist[9]. Wir haben kürzlich ein gespaltenes Intein beschrieben, bei dem das InteinN-Fragment lediglich 11 aa umfasst und leicht synthetisiert werden kann (Abb. 2B)[10]. Durch Protein-Spleißen in trans mit den komplementären InteinC-Konstrukten konnten so selektiv Fluorophormarkierungen in verschiedene Proteine eingeführt werden. Protein-Spleißen in trans könnte also zu einer Alternative in der Herstellung von semi-synthetischen Proteinen reifen. Dieser Weg ist besonders durch die Unabhängigkeit von Thioesterpeptiden attraktiv. Außerdem verläuft die hochspezifische Reaktion auch bei relativ niedrigen Reaktandenkonzentrationen[10] und kann nach Einschleusen in Zellen sogar zur chemischen Modifikation von Proteinen in vivo eingesetzt werden[9]. Funktionskontrolle von Proteinen durch regulierte Inteine Eine weitere spannende, sich noch entwickelnde Technologie nutzt modifizierte Inteine, die in ihrer Aktivität durch einen kleinen organischen Liganden reguliert werden können. In ein heterologes Wirtsprotein insertiert, soll so dessen Aktivität in lebenden Zellen kontrolliert werden, etwa um komplexe Signalkaskaden experimentell zu entflechten (Abb. 3). Dieser Ansatz wäre besonders interessant für solche Enzyme, für die noch keine selektiven Inhibitoren oder Aktivatoren BIOspektrum | 02.07 | 13. Jahrgang 150_180_BIOsp_0207.qxd 13.03.2007 13:28 Uhr Seite 167 167 bekannt sind. Gegenüber transkriptionskontrollierter Regulation und auf siRNA basierenden Methoden bestünde der Vorteil der höheren zeitlichen Auflösung im Bereich von Minuten, da Protein-Spleißen von bereits synthetisierten Proteinen erfolgt und so eine schnellere Antwort liefern kann. Ligandenaktivierbare und -inhibierbare gespaltene Inteine zur Anwendung in kultivierten Säugerzellen wurden ebenso beschrieben wie ein nicht gespaltenes Liganden-abhängiges Intein[6, 11, 12]. Letzteres wurde bereits zur artifiziellen Regulierung eines an der Osteoblasten-Differenzierung beteiligten Transkriptionsfaktors eingesetzt[12]. Viele weitere Anwendungen ergänzen bereits dieses breite Spektrum der Inteine. Auch in Zukunft wird von neuen Entwicklungen im Zusammenhang mit Inteinen zu hören sein. BRAND Biospektrum Ad macro März01 1 BIOspektrum | 02.07 | 13. Jahrgang Literatur [1] Noren, C. J., Wang, J., Perler, F. B. 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