Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover University of Veterinary Medicine Hannover Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung, Bischofsholer Damm 15, 30173 Hannover Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung An die Leiterin: apl. Prof. Dr. Ursula Siebert, DipECZM(WPH) Prof. h.c. University Aarhus, Dänemark Fachtierärztin für Wildtiere Landesjägerschaft Niedersachsen Tierärztin Nele Curland Bischofsholer Damm 15 30173 Hannover Tel. + 49 511-856-7623 [email protected] Datum Hannover, 08.04.2015 Rückgangsursachen der Fasane in NorddeutschlandZwischenstand März 2015 Durch das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover werden in Kooperation mit der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung, Bonn, Untersuchungen zu Krankheitsgeschehen in der Wildpopulation von Fasan und Rebhuhn als mögliche Einflussfaktoren für die starken Besatzrückgänge der letzten Jahre durchgeführt. Die Untersuchungen finden seit 2013 länderübergreifend in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein statt. Infektionskrankheiten als mögliche Rückgangsursache bei Fasan und Rebhuhn Der Fasan gehört zur Ordnung der Hühnervögel (Galliformes). Durch die nahe Verwandtschaft der Fasane zum Haushuhn spielen ähnliche Krankheitserreger eine Rolle. Welche Erreger in der Wildbahn tatsächlich vorkommen und beim Wildfasan eine Erkrankung hervorrufen, ist bislang weitestgehend ungeklärt. Eine mögliche Übertragung von Erregern aus der Geflügelhaltung über den Luftweg oder über Geflügelkot muss in Betracht gezogen werden. Nach Abklärung der Pathogenität der Erreger für Fasane kann eine Einschätzung des Einflusses auf den Rückgang der Fasanenpopulation erfolgen. Anhand von vier Probenkollektiven (Jagdstrecke, Fallwild, Eier und Küken) werden unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt. 1. Jagdstrecken im Herbst 2014: In Blut- und Organproben wird untersucht, welche Krankheitserreger in welchem Umfang in der Population vorliegen und wie die Verbreitung im Land ist. Seiten insgesamt 1/6 Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung Bischofsholer Damm 15 30173 Hannover Steuer-Nr. 25/202/26506 Ust-ID-Nr. DE 233060166 Bankverbindung Norddeutsche Landesbank Hannover BLZ 250 500 00 Konto 106 031 511 IBAN DE41 2505 0000 0106 0315 11 SWIFT-BIC: NOLA DE 2H www.tiho-hannover.de Von den Jagdstrecken 2014 aus Niedersachsen wurden 98 Proben, aus Nordrhein-Westfalen 60 Proben und aus Schleswig-Holstein acht Proben serologisch auf Antikörper gegen verschiedene Viren (Vogelgrippevirus, Viren von weiteren Atemwegserkrankungen, Infektiöse-Bursitis-Virus u.a.) untersucht. Ziel dieser Untersuchungen war aufzuzeigen, mit welchen Erregern sich die Population auseinandersetzt und wie sich die Verbreitung im Vergleich zu den vergangenen Untersuchungsjahren zeigt. Ob diese Erreger die Tiere tatsächlich erkranken lassen, lässt sich hieraus zunächst noch nicht beurteilen. Hier ist eine Anzucht der Erreger und eine Bestimmung des krankmachenden Potentials (Pathogenität) notwendig. Die Untersuchungsergebnisse der Proben aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein liegen bereits vor, die Proben aus NRW sind zum aktuell in Bearbeitung. Es wurden 2014 erneut bei einem Großteil der Tiere Antikörper gegen das Infektiöse Bronchitisvirus nachgewiesen. Im Vergleich zum vergangenen Jagdjahr ist dieser Prozentsatz in Niedersachsen auf gleicher Höhe geblieben. In Schleswig-Holstein ist auf Grund der geringen Probenzahl keine belastbare Aussage über die Verbreitung des Erregers möglich. Das Infektiöse-Bronchitis-Virus ist ein Erreger von Atemwegserkrankungen, welcher aber auch Einflüsse auf die Reproduktion und die Entwicklung der Küken haben kann. So führt es beim Nutzgeflügel zu einer erhöhten Kükensterblichkeit. Es handelt sich um einen Erreger, der typischerweise bei geschwächten Tieren auftritt. Hier ist jedoch zunächst die Erregeranzucht notwendig, um die Pathogenität für Fasane und somit den Einfluss auf die Fasanenpopulation beurteilen zu können. Die Probennahme für die Virusisolation ist bereits angelaufen. Antikörper gegen die verschiedenen Subtypen der Vogelgrippe wurden 2014 in keinem der Fälle nachgewiesen, ebenso gab es wie in den Vorjahren keine Hinweise auf Newcastle Disease („Pseudovogelpest“). In den Jahren 2011 und 2012 wurden bei 16% Antikörper gegen das Aviäre Enzephalomyelitisvirus nachgewiesen, in 2013 traten diese Antikörper nur noch bei drei Tieren auf, und in 2014 bei sieben Tieren, so dass davon auszugehen ist, dass die Verbreitung dieses Erregers nicht zunimmt. Die Aviäre Enzephalomyelitis ist eine ansteckende Gehirn-Rückenmarks-Erkrankung. Nur bei Jungtieren zwischen der 2. und 5. Lebenswoche ohne maternale Antikörper (von der Mutter auf das Küken übertragene Antikörper) kommt es zu klinischen Symptomen und es zeigt sich ein meist tödlicher Verlauf. Erwachsene, antikörper-freie Tiere zeigen einen Leistungsrückgang und schlechtere Brut- und Schlupfergebnisse. Seiten insgesamt 2/6 Antikörper gegen das Infektiöse-Bursitis-Virus wurden der Hälfte der untersuchten Proben aus Niedersachsen nachgewiesen. Im Vorjahr waren nur 10% der Proben positiv. Hier scheint sich der Erreger in der Population ausgebreitet zu haben. Eine Aussage über seine Auswirkungen auf die Fasanenpopulation ist zunächst jedoch nicht möglich. Auch für diesen Erreger muss eine Abklärung der Pathogenität über eine Virusisolation erfolgen, die Probennahme wurde bereits begonnen. Die Infektiöse Bursitis („Gumboro“) ist eine Erkrankung der Zellen des Immunsystems, die vor allem Jungtiere betrifft. Bei einer Infektion vor der 3. Lebenswoche kommt es durch Entwicklungsstörungen der Bursa cloacalis (Immunorgan) zur Immunsupression. Diese Tiere bleiben erhöht anfällig gegenüber anderen Infektionen. Eine Infektion zwischen der 3. und 12. Lebenswoche führt zu einer klinischen Erkrankung. Hierbei kommt es bei Küken zu einem fulminaten Krankheitsverlauf, je nach Virulenz des Stammes beträgt die Mortalität 0-100%. Genesende Tiere bleiben in ihrer Entwicklung gestört. Bei Wildfasanen wurde diese Erkrankung bislang nicht untersucht, es ist aber durch die enge Verwandtschaft zum Nutzgeflügel davon auszugehen, dass sich ein ähnliches Bild zeigt. 2. Fallwild 2014 Eingeschickte Fallwildkörper wurden auf Todesursache, Parasitenstatus und Viren untersucht. Über diese Untersuchungen sollen Erkenntnisse gewonnen werden, woran diese Tiere gestorben sind und ähnliche Erkrankungsmuster erkannt werden, die Hinweise auf ein seuchenhaftes Geschehen geben würden. 2014 wurden 76 Tiere aus den drei Bundesländern zur Fallwilduntersuchung eingeschickt. Es liegen zum Zeitpunkt der Berichtserstellung Befunde von 72 Tieren vor. Die Tiere befanden sich überwiegend in einem guten bis sehr guten Ernährungszustand, 13 Tiere waren in einem mäßigen Zustand und 10 Tiere waren schlecht ernährt bis abgemagert (Abb. 1). Todesursache war in den meisten Fällen ein Trauma, welches zum Herz-Kreislaufversagen geführt hat. Vorrangig wurden diese Tiere in Straßennähe gefunden, so dass von einem Anflugtrauma ausgegangen werden kann. Bei einigen Tieren lagen infektiöse Einzeltiererkrankungen (7) vor. Hier kam es beispielsweise zur Ausbreitung der Entzündung im gesamten Körper und letztendlich zum Tod. Ein Tier war auf Grund einer „Eidotter-Peritonitis“ stark abgemagert und geschwächt und wurde vom Einsender vor Ort getötet. Bei dieser Erkrankung gelangt Eidotter in die Bauchhöhle, beispielsweise durch einen perforierten Legedarm oder in Folge einer Eileiterentzündung. Dieser Eidotter ist hervorragender Nährboden für Bakterien, so dass es schnell zu einer bakteriellen Besiedlung und einer Körperhöhlenfellentzündung kommt. In einem anderen Fall führte eine hochgradige Blinddarmentzündung zum Tode des Tieres. Fünf Tiere verstarben aufgrund einer massiven Endoparasitose. Bei vier Tieren handelt es sich um Volierentiere. Seiten insgesamt 3/6 Zwei wurden aufgrund einer hochgradigen Darmentzündung getötet und zwei weitere Tiere verendeten auf Grund eines starken Befalls mit Lungenwürmern (Syngamus tracheae). Durch die auftretende Atemnot kann es bei Befall mit diesen Parasiten zum Verhungern des Tieres kommen, welches in diesem Fall durch den schlechten Ernährungszustand deutlich wurde Bei zwei Volierentieren wurde als Todesursache eine Mykose festgestellt. Durch ein mäßiges Hygienemanagement bei der Haltung und mangelnde Futterqualität kann es zum Pilzbefall kommen. Bei diesen Krankheitsfällen handelte es sich um konkrete Einzelfälle, die nachgewiesenen Erreger zeigen kein Potential zur massiven Ausbreitung. Bei drei Tieren wurde eine Mykobakteriose diagnostiziert. Die durch Mykobakterien hervorgerufenen Veränderungen sind granulomatöse Entzündungen, welche bevorzugt in der Leber und der Milz zu finden sind. Die Aufnahme der Erreger findet oral statt und die Ausscheidung mit dem Kot. Die betroffenen Tiere zeigen Apathie, Abmagerung und struppiges Gefieder. Mykobakterien sind ubiquitär vorkommende Bakterien und sehr widerstandsfähig. Einige Unterarten können bei Menschen mit unzureichender Immunkompetenz zu Erkrankungen führen. Bei fünf Tieren wurden verschiedene Tumoren nachgewiesen, welche in zwei Fällen todesursächlich waren. Verdachtsmomente auf ein seuchenhaftes Geschehen ergaben sich zunächst bei keinem der untersuchten Fallwildtierkörper. Von jedem Tier wurden Rückstellproben asserviert, damit bei neu auftretenden Hinweisen diese Proben zur Nachuntersuchung zur Verfügung stehen. Alle Tiere wurden vom LAVES (Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) auf die Vogelgrippe untersucht. Diese Seuche konnte bislang als Todesursache ausgeschlossen werden. 3. Eier 2014 Die Eier wurden wie die Seren der Jagdstrecke auf vorhandene Antikörper untersucht. Es wurden 144 Eier von verlassenen Gelegen zur Untersuchung gebracht. Diese stammten zum großen Teil aus dem Untersuchungsgebiet im Landkreis Osnabrück, 10 aus Aurich und 9 aus Nordrhein-Westfalen. Auf Grund von Verkeimung oder nicht vorhandenem Dotter waren 12 Eier nicht auswertbar. Die Ergebnisse der Untersuchungen auf verschiedene Antikörper bei den ausgewerteten 132 Eiern zeigen , wie auch die Untersuchung der Jagdstreckenproben, einen hohen Anteil an Antikörpern gegen das Infektiöse Bronchitisvirus, so dass hierin eine Bestätigung der weiten Verbreitung des Erregers gesehen werden kann. In 11 Eiern wurden Antikörper gegen das Aviäre Enzephalomyelitisvirus nachgewiesen, wobei 10 der 11 Nachweise aus einem Gelege stammten. Die Henne überträgt bei der Eientwicklung ihre Antikörper auf die Eier, damit die frisch geschlüpften Küken geschützt Seiten insgesamt 4/6 sind. Erst nach etwa drei bis vier Wochen sind die Küken in der Lage eigene Antikörper zu bilden. Somit weisen die Eier aus einem Gelege die gleichen Antikörper auf. 4. Küken 2014 Jungtiere haben noch kein ausgereiftes Immunsystem und sind damit anfälliger für Krankheitserreger, sodass eine Untersuchung der Küken ein wichtiges Instrument ist, um Krankheitserreger aufzufinden und zu charakterisieren. 2014 wurden 38 Jungtiere (23 aus Niedersachsen, 13 aus Nordrhein-Westfalen, zwei aus Schleswig-Holstein) zur Untersuchung gebracht. Der Ernährungszustand der zwischen 3 bis 11 Wochen alten Jungtiere war in 22 Fällen gut, in 15 Fällen mäßig und einmal schlecht. In Abbildung 1 ist der Ernährungszustand der Küken im Vergleich zu den Adulten dargestellt. Hier ist zu erkennen, dass zwar ein großer Teil gut genähert ist, aber 42% der Küken nur mäßig oder schlecht genährt sind und ein Drittel der Adulten einen mäßigen oder schlechteren Ernährungszustand aufweist. Dieser hohe Anteil bei den Adulten ist zum Teil durch den Gesundheitszustand der gefundenen Tiere zu erklären, denn Tiere mit hochgradigen Entzündungen oder Tumoren zeigen in der Regel einen schlechteren Ernährungszustand als gesunde Tiere. Im Gegensatz dazu gibt eine willkürliche Entnahme der Küken aus der Wildbahn einen guten Überblick über den allgemeinen Ernährungszustand der Jungtiere. In Anbetracht der hohen Zahl mäßig bis schlecht ernährter Jungtiere ist eine Ursachenforschung angebracht. Abb 1 : Ernährungszustand Küken und Adulte Die Küken wiesen einen unterschiedlich starken Befall mit verschiedenen Parasiten auf. Bei 34 Tieren wurde äußerlich ein Befall mit Federlingen festgestellt. Im Darm zeigte sich bei 30 Seiten insgesamt 5/6 Küken ein Befall mit Kokzidien, welche unterschiedlich starke Entzündungen des Darmes verursachten. Einige Tiere wiesen Askaridia/Heterakis auf, wobei es sich ebenfalls um einen Darmparasiten handelt. Nur 5 Küken waren frei von Endoparasiten. Bei 8 Jungtieren wurde ein Befall mit Lungenwürmern nachgewiesen. Dieser Parasit verursacht eine Entzündungen in den Luftwegen und kann bei starkem Befall zum Ersticken der Tiere führen. Ein starker Befall mit Endoparasiten ist ein Hinweis auf einen hohen Infektionsdruck oder eine Schwächung der Tiere, da Parasiten als Sekundärerreger bereits geschwächte Tiere befallen. Auffällig zeigte sich auch bei den Jungtieren die Entzündungen der Haut des Kopfes. Diese Veränderungen ähneln denen der adulten Tiere. Die Ursache soll im weiteren Verlauf des Projektes abgeklärt werden. Weiterhin fielen Veränderungen der Muskulatur auf, deren Ursache zunächst unklar ist. Entzündungen der Luftröhre und der Lunge traten ebenfalls gehäuft auf und stehen teilweise im Zusammenhang mit einem Befall durch Lungenwürmer. Ebenso traten in einigen Fällen entzündliche Veränderungen an der Leber auf. Bei drei Küken handelte es sich um eine geringgradige Leberentzündung (Hepatitis), deren klinische Relevanz untergeordnet ist. Bei fünf Tieren lag eine mittelgradige bzw. hochgradige Hepatitis vor, bei drei Tieren kam es zu Nekrosen (Gewebsuntergang). In 11 Fällen lag eine Entzündung des Magens vor. Weiterhin fiel auf, dass sich eine Ansammlung von Entzündungszellen im Bereich der Körpernerven (Plexus brachialis und Nn. Ischiadici) häuft. Hierbei ist die klinische Bedeutung unklar, da diese Veränderungen bislang bei Fasanen noch nicht beschrieben wurden. Diese entzündlichen Veränderungen an den verschiedenen Organen und der starke Befall mit Parasiten sprechen für eine hohe Belastung des Immunsystems der Küken. Fazit Anhand der Fallwildbefunde ist anzunehmen, dass sich keine Seuche, an der die adulten Tiere versterben, durch die Population zieht. Mit Hilfe der serologischen Untersuchungen wurden Erreger, die in der Population vorkommen, herausgestellt. Diese aufgezeigten Erreger betreffen insbesondere Jungtiere. Die Untersuchungen der Küken zeigen auf, dass die Jungtiere sich mit Parasiten und verschiedenen Organentzündungen auseinander setzen müssen. Auf Grund dieser Befunde ist eine Schwächung der Tiere wahrscheinlich. Die Bestätigung und Ursache dieser Schwächung und damit Empfänglichkeit für Parasiten und Krankheitserreger steht im Fokus der weiteren Untersuchungen. Seiten insgesamt 6/6