Vorlesung Grundbegriffe

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VORKURS MATHEMATIK • GRUNDBEGRIFFE
DR. M. ENSENBACH
DEPARTMENT
MATHEMATIK
Vorlesung Grundbegriffe
Marc Ensenbach
Vorkurs Mathematik
Universität Siegen
04.09. – 22.09.2017
VORKURS MATHEMATIK • GRUNDBEGRIFFE
DR. M. ENSENBACH
1. Vorlesung
Logik und Mengenlehre
Inhalte:
I logische Aussagen
I Verknüpfung von Aussagen
I Wahrheitstafeln
I Beweisverfahren
I Mengen
I Verknüpfungen von Mengen
I Existenz- und Allquantoren
I Teilmengen
I kartesische Produkte
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MATHEMATIK
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Definition
I Man bezeichnet »wahr« (w) und »falsch« (f) als
Wahrheitswerte.
I
Eine sprachliche Äußerung von einer Form, so daß die Frage
nach dem Wahrheitswert sinnvoll ist, nennt man Aussage.
Definition
Sind A und B Aussagen, so steht
I
¬A
für »nicht A«,
I
A∧B
für »A und B«,
(Konjunktion)
I
A∨B
für »A oder B«,
(Disjunktion)
I
A ⇒ B für »wenn A, dann B«,
A ⇔ B für »A genau dann, wenn B«.
I
(Negation)
(Implikation)
(Äquivalenz)
Gilt A ⇒ B (wofür man auch B ⇐ A schreiben kann), so sagt man
auch »A ist hinreichend für B« oder »B ist notwendig für A«.
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In Wahrheitstafeln wird für alle möglichen Kombinationen von
Wahrheitswerten von Teilaussagen der Wahrheitswert einer
zusammengesetzten Aussage dargestellt.
Beispiel
A ¬A
A
f
w
f f
f w
w f
w w
w
f
B A∧B A∨B A⇒B A⇔B
f
f
f
w
f
w
w
w
w
w
f
w
w
f
f
w
Stimmen in Wahrheitstafeln die Ergebnisspalten zweier Aussagen
Zeile für Zeile überein, sind die Aussagen äquivalent.
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Satz
Seien A und B sowie C logische Aussagen. Dann gilt:
I
A ⇒ B ist äquivalent zu (¬B) ⇒ (¬A).
(Kontraposition)
I
¬(A ∧ B) ist äquivalent zu (¬A) ∨ (¬B).
(DeMorgan-Regel)
I
¬(A ∨ B) ist äquivalent zu (¬A) ∧ (¬B).
(DeMorgan-Regel)
I
A ∧ (B ∨ C) ist äquivalent zu (A ∧ B) ∨ (A ∧ C). (Distributivität)
I
A ∨ (B ∧ C) ist äquivalent zu (A ∨ B) ∧ (A ∨ C). (Distributivität)
Diese Aussagen beweist man beispielsweise mit Wahrheitstafeln.
Man hat noch einige weitere elementare Beweisverfahren:
I
direkter Beweis: A ⇒ C gezeigt durch A ⇒ B und B ⇒ C
I
indirekter Beweis: A ⇒ C gezeigt durch (A ∧ ¬C) ⇒ f
I
Äquivalenzzerlegung: A ⇔ B gezeigt durch A ⇒ B und B ⇒ A
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Definition
I Eine Menge ist eine Zusammenfassung von Elementen zu einem
Ganzen, so daß jedes Objekt entweder Element der Menge ist
oder nicht.
I
Ist ein Objekt x Element einer Menge M, so schreibt man
x ∈ M und andernfalls x ∈
/ M.
I
Zwei Mengen gelten genau dann als gleich, wenn sie dieselben
Elemente beinhalten.
I
aufzählende Notation: Elemente durch Komma getrennt
zwischen geschweiften Klammern
I
Mengenbildungsoperator: Die Menge aller Objekte x, für die die
Aussage A(x) wahr ist, wird mit {x | A(x)} bezeichnet. Ist M
eine Menge, so verwendet man die Kurzschreibweise
{x ∈ M | A(x)} für {x | x ∈ M und A(x)}.
I
Die Menge {x | x 6= x} heißt leere Menge. Notation: ∅ oder {}
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Beispiel
I
Durch A = {Berlin, Hamburg, München} wird eine Menge
definiert.
I
Durch B = {x | x war im Jahr 2000 deutsche Millionenstadt}
wird eine Menge definiert, es gilt B = A.
I
Durch C = {x | x ist eine große Zahl} wird keine Menge
definiert, da »große Zahl« keine eindeutig definierte
Eigenschaft ist.
I
Die Menge D = {a, b, a} enthält genau die Elemente a und b,
es gilt D = {a, b} = {b, a}.
I
Die Menge E = {a, {b, c}} enthält genau die Elemente a und
{b, c}, es gilt a ∈ E und {b, c} ∈ E, aber b ∈
/ E und c ∈
/ E; man
hat E 6= {a, b, c}.
I
Für die Menge F = ∅ und jedes Objekt x gilt x ∈
/ F.
I
Für die Menge G = {∅} gilt ∅ ∈ G und G 6= ∅.
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Definition
Seien A und B Mengen. Dann definiere
I
den Durchschnitt A ∩ B von A und B als {x | x ∈ A und x ∈ B},
I
die Vereinigung A ∪ B von A und B als {x | x ∈ A oder x ∈ B},
I
die Differenz A \ B von A und B als {x | x ∈ A und x ∈
/ B}.
Gilt A ∩ B = ∅, so nennt man A und B disjunkt.
Beispiel
I
{a, b, c} ∩ {c, d} = {c}
I
{a, b, c} ∪ {c, d} = {a, b, c, d}
I
{a, b, c} \ {c, d} = {a, b}
I
Die Mengen {a, b, c} und {c, d} sind nicht disjunkt.
I
Die Mengen {a, b, c} und {d, e} sind disjunkt.
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Satz
Seien A und B sowie C Mengen. Dann gilt:
I
A ∪ (B ∩ C) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C),
I
A ∩ (B ∪ C) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C),
I
A \ (B ∩ C) = (A \ B) ∪ (A \ C),
I
A \ (B ∪ C) = (A \ B) ∩ (A \ C).
Beweisidee: Zeige L = M durch Übersetzen von x ∈ L sowie x ∈ M
in zusammengesetzte Aussagen und Wahrheitstafelvergleich.
Definition
Sei M eine Menge und A(x) eine von x abhängige Aussage.
I
Allquantor-Schreibweise: ∀x ∈ M : A(x) steht kurz für »Für alle
x aus M gilt A(x)« (Notation im Text auch A(x) ∀x ∈ M).
I
Existenzquantor-Schreibweise: ∃x ∈ M : A(x) steht kurz für »Es
gibt ein x in M mit A(x)«.
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Beispiel
Sei M die Menge aller Menschen.
I
∀x ∈ M : x ist sterblich steht für die Aussage »Alle Menschen
sind sterblich.«
I
∃x ∈ M : x ist unsterblich steht für die Aussage »Es gibt einen
unsterblichen Menschen.«
Bei Aussagen mit mehreren Variablen werden mehrere Quantoren
benötigt. Dann kommt es auf die Reihenfolge an!
Satz
Sei M eine Menge und A(x) eine von einer Variablen abhängige Aussage.
I
¬∀x ∈ M : A(x) ist äquivalent zu ∃x ∈ M : ¬A(x).
I
¬∃x ∈ M : A(x) ist äquivalent zu ∀x ∈ M : ¬A(x).
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Beispiel
Sei M die Menge aller Vorkurs-Teilnehmer.
I
Die Aussage »Alle Vorkurs-Teilnehmer haben Quantoren
verstanden.« lautet kurz ∀x ∈ M : x hat Quantoren verstanden.
I
Die Verneinung der letzten Aussage lautet
∃x ∈ M : x hat Quantoren nicht verstanden, also »Es gibt einen
Vorkurs-Teilnehmer, der Quantoren nicht verstanden hat.«
Definition
Seien A und B Mengen. Liegt jedes Element von A auch in B (formal:
gilt ∀x ∈ A : x ∈ B), so nennt man A eine Teilmenge von B und B eine
Obermenge von A. Notation: A ⊆ B oder auch B ⊇ A.
Beispiel
I
{c, a} ist eine Teilmenge von {a, b, c}.
I
{c, d} ist keine Teilmenge von {a, b, c}.
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Satz
Seien A und B sowie C Mengen.
I
Es gilt ∅ ⊆ A und A ⊆ A.
I
Gilt A ⊆ B und B ⊆ C, so folgt A ⊆ C.
I
A = B ist äquivalent zu A ⊆ B und B ⊆ A.
Beweisidee: L ⊆ M ist äquivalent dazu, daß aus x ∈ L stets x ∈ M
folgt.
Definition
Sei M eine Menge. Die Menge aller Teilmengen von M heißt Potenzmenge von M und wird mit P(M) bezeichnet.
Beispiel
I
P({a, b}) = {∅, {a}, {b}, {a, b}}
I
P({a, b, c}) = {∅, {a}, {b}, {c}, {a, b}, {a, c}, {b, c}, {a, b, c}}
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Definition
Seien A und B Mengen.
I
Für alle a ∈ A und b ∈ B heißt das Symbol (a, b) das (geordnete)
Paar mit erster Komponente a und zweiter Komponente b.
I
Zwei geordnete Paare (a, b) und (a0 , b0 ) gelten genau dann als
gleich, wenn sie komponentenweise übereinstimmen, also
genau dann, wenn a = a0 und b = b0 gilt.
I
Das kartesische Produkt A × B von A und B ist definiert als
{(a, b) | a ∈ A, b ∈ B}.
Analog definiert man (geordnete) Tripel (a, b, c) und das kartesische
Produkt A × B × C von drei Mengen.
Beispiel
I
(a, b) 6= (b, a)
I
{a, b} × {a, b, c} = {(a, a), (a, b), (a, c), (b, a), (b, b), (b, c)}
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2. Vorlesung
Rationale Zahlbereiche
Inhalte:
I
natürliche Zahlen
I
ganze Zahlen
I
rationale Zahlen
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Definition
Man definiert die natürlichen Zahlen, das Einselement und zu jeder
natürlichen Zahl den Nachfolger so, daß die folgenden Eigenschaften
gelten.
(N1) Das Einselement ist eine natürliche Zahl.
(N2) Zu jeder natürlichen Zahl ist der Nachfolger ebenfalls eine
natürliche Zahl.
(N3) Das Einselement tritt nicht als Nachfolger einer natürlichen
Zahl auf.
(N4) Zwei natürliche Zahlen, die denselben Nachfolger haben, sind
stets gleich.
(N5) Enthält eine Menge natürlicher Zahlen das Einselement und
zu jedem Element auch den Nachfolger, so beinhaltet diese
Menge stets alle natürlichen Zahlen.
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Definition
I Die Menge der natürlichen Zahlen wird mit N bezeichnet.
I
Das Einselement wird mit 1 bezeichnet.
I
Der Nachfolger von 1 wird mit 2 bezeichnet, der Nachfolger
von 2 mit 3 und so weiter. Es gilt also N = {1, 2, 3, . . .}.
Definition
Sei M eine Menge mit N ⊆ M. Je zwei Elementen x, y ∈ M sei eine
Summe x + y ∈ M und ein Produkt x · y ∈ M zugeordnet, so daß die
folgenden Bedingungen für alle x, y, z ∈ M erfüllt sind.
(R1) Im Fall x ∈ N ist x + 1 der Nachfolger von x.
(R2) x + (y + z) = (x + y) + z
(R3) x · 1 = x
(R4) x · (y + z) = (x · z) + (x · z)
(Assoziativität der Addition)
(Neutralität der Eins)
(Distributivität)
Dann sagt man, daß auf M Addition und Multiplikation definiert sind.
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Satz
Auf der Menge der natürlichen Zahlen lassen sich Addition und Multiplikation definieren. Sie sind eindeutig bestimmt.
Beispiel
Hat man Addition und Multiplikation auf N eingeführt, so gilt:
I
3 + 2 = 3 + (1 + 1) = (3 + 1) + 1 = 4 + 1 = 5,
I
3 + 3 = 3 + (2 + 1) = (3 + 2) + 1 = 5 + 1 = 6,
I
3 · 2 = 3 · (1 + 1) = (3 · 1) + (3 · 1) = 3 + 3 = 6.
Satz
Für Addition und Multiplikation auf der Menge der natürlichen Zahlen gilt das Assoziativgesetz, das Kommutativgesetz und das Distributivgesetz: Für alle x, y, z ∈ N hat man x + (y + z) = (x + y) + z
und x · (y · z) = (x · y) · z sowie x + y = y + x und x · y = y · x sowie
x · (y + z) = (x · y) + (x · z).
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Definition
Man definiert Mengen Z und Q mit Addition und Multiplikation, ein
Nullelement 0 ∈ Q sowie zu jedem x ∈ Q die Gegenzahl −x und im
Fall x 6= 0 auch den Kehrwert x −1 ∈ Q, so daß Folgendes gilt:
(K1)
(K2)
(K3)
(K4)
(K5)
(K6)
(K7)
(K8)
(K9)
(Z)
(Q)
x + (y + z) = (x + y) + z für alle x, y, z ∈ Q
x + 0 = x für alle x ∈ Q
x + (−x) = 0 für alle x ∈ Q
x + y = y + x für alle x, y ∈ Q
x · (y · z) = (x · y) · z für alle x, y, z ∈ Q
x · 1 = x für alle x ∈ Q
x · x −1 = 1 für alle x ∈ Q \ {0}
x · y = y · x für alle x, y ∈ Q
(x + y) · z = (x · z) + (y · z) für alle x, y, z ∈ Q
Z = N ∪ {0} ∪ {−x | x ∈ N}
Q = {x · y −1 | x ∈ Z, y ∈ N}
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Definition
I Die Elemente von Z heißen ganze Zahlen.
I
Die Elemente von Q heißen rationale Zahlen.
I
Man definiert N0 = N ∪ {0}.
I
Sind x, y ∈ Q, so schreibe x − y für x + (−y) und
x
y
für x · y −1 .
Satz
Seien x, y ∈ Q mit x + y = y. Dann muß x = 0 gelten.
Beweis: Es gilt
x = x + 0 = x + (y + (−y)) = (x + y) + (−y),
und durch Einsetzen der Voraussetzung erhält man
(x + y) + (−y) = y + (−y) = 0,
was die Behauptung liefert.
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Satz
Seien x, y ∈ Q. Dann ist x · y = 0 äquivalent zu x = 0 oder y = 0.
(Ein Produkt ist Null genau dann, wenn einer der Faktoren Null ist.)
Beweis:
I
Sei x = 0. Dann gilt x · y = 0 · y. Weiter hat man
0 · y = (0 + 0) · y = (0 · y) + (0 · y),
und mit dem letzten Satz folgt 0 · y = 0, also x · y = 0.
I
Sei y = 0. Dann folgt x · y = y · x = 0 · x = 0.
I
Sei x 6= 0 und y 6= 0. Dann muß x · y 6= 0 gelten: Nimmt man
an, daß x · y = 0 gilt, so erhält man einen Widerspruch, denn
wegen y 6= 0 existiert y −1 und es folgt
0 = 0 · y −1 = (x · y) · y −1 = x · (y · y −1 ) = x · 1 = x 6= 0.
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Die letzten beiden Sätze gelten nicht nur für Q, sondern auch für
andere Mengen M, solange die Körperaxiome (K1) – (K9) für M statt
Q erfüllt sind.
Definition
Seien m, n ∈ Z. Man nennt d ∈ Z einen Teiler von n, wenn ein k ∈ Z
mit n = k · d existiert. Gibt es kein d ∈ N \ {1}, das sowohl Teiler von
m als auch Teiler von n ist, so nennt man m und n teilerfremd.
Satz
Sei x ∈ Q. Dann gibt es eindeutig bestimmte teilerfremde Zahlen
m, n ∈ Z mit x = mn und n ∈ N.
Der Beweis dieses Satzes benötigt nicht nur die Körperaxiome
(K1) – (K9), sondern auch noch die Eigenschaften (Z) und (Q).
Die Darstellung von x aus diesem Satz bezeichnet man als
(vollständig) gekürzte Bruchdarstellung.
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Satz
Es gibt keine rationale Zahl x mit x 2 = 2.
Beweis: Nehme an, es gebe ein x ∈ Q mit x 2 = 2.
I
Es existieren teilerfremde m, n ∈ Z mit x =
I
Aus x 2 = 2 folgt m2 = 2n2 .
I
Aus m2 = 2n2 folgt, daß m2 gerade ist.
I
Da m2 gerade ist, muß auch m gerade sein.
I
Da m gerade ist, existiert ein u ∈ Z mit m = 2u.
I
Aus m2 = 2n2 folgt 2u2 = n2 .
I
Aus 2u2 = n2 folgt, daß n2 und damit auch n gerade ist.
I
m
n
und n ∈ N.
m und n gerade ist hier widersprüchlich ⇒ Annahme falsch ⇒
Es gibt kein x ∈ Q mit x 2 = 2.
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3. Vorlesung
Reelle Zahlen, Summen und Produkte
Inhalte:
I
reelle Zahlen
I
Summen- und Produktzeichen
I
Potenzen
I
Fakultäten
I
Binomialkoeffizienten
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Definition
Man definiert die Menge R der reellen Zahlen mit Addition, Multiplikation und Kleiner-Relation <, so daß die Körperaxiome (K1) – (K9)
gelten und die folgenden Aussagen für alle x, y, z ∈ R erfüllt sind.
(A1) Es gilt entweder x < y oder x = y oder y < x.
(A2) Gilt x < y und y < z, so gilt auch x < z.
(A3) Gilt x < y, so gilt auch x + z < y + z.
(A4) Gilt x < y und 0 < z, so gilt auch x · z < y · z.
(V) Sind A und B nichtleere Mengen reeller Zahlen mit a < b für
alle a ∈ A und b ∈ B, so gibt es eine reelle Zahl c mit
A = {x ∈ R | x < c} oder A = {x ∈ R | x < c} ∪ {c}.
Man sagt dazu auch, daß die reellen Zahlen einen vollständigen
angeordneten Körper bilden.
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Satz
Seien a, b ∈ R mit a < b. Dann gilt −b < −a.
Beweis: Man hat
a<b
⇒
a + ((−a) + (−b)) < b + ((−a) + (−b))
⇒
−b < −a.
Satz
Es gilt 0 < 1.
Beweis:
I Nach den Körperaxiomen gilt 1 6= 0.
I Die Annahme 1 < 0 liefert einen Widerspruch:
1 < 0 ⇒ 0 < −1 ⇒ 0 · (−1) < (−1) · (−1) ⇒ 0 < 1.
I
Es verbleibt nur der Fall 0 < 1.
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Definition
Seien x, y ∈ R. Dann definiere
I
x 6 y als äquivalent zu x < y oder x = y,
I
x > y als äquivalent zu y < x,
I
x > y als äquivalent zu x > y oder x = y.
Satz
Es gibt eine reelle Zahl x mit x 2 = 2.
Beweisidee: Setze
A = {x ∈ R | x 6 0 oder x 2 6 2}
und
B = {x ∈ R | x > 0 und x 2 > 2}.
Wende (V) auf A und B an und erhalte eine reelle Zahl c. Für diese
gilt c 2 = 2.
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Definition
Ist I eine Teilmenge von R, so daß für alle x, y, z ∈ R mit x < y < z
aus x, z ∈ I auch y ∈ I folgt, so heißt I Intervall. Für alle a, b ∈ R hat
man die folgenden Intervallnotationen:
I
[a, b] = {x ∈ R | a 6 x 6 b}
(beschränktes abgeschlossenes I.)
I
(a, b) = {x ∈ R | a < x < b}
(beschränktes offenes I.)
I
[a, b) = {x ∈ R | a 6 x < b}
(beschränktes rechtsoffenes I.)
I
(a, b] = {x ∈ R | a < x 6 b}
(beschränktes linksoffenes I.)
I
[a, ∞) = {x ∈ R | x > a}
I
(a, ∞) = {x ∈ R | x > a}
I
(−∞, b] = {x ∈ R | x 6 b}
I
(−∞, b) = {x ∈ R | x < b}
I
(−∞, ∞) = R
Jedes Intervall läßt sich mit einer dieser Notationen schreiben.
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Definition
Seien m, n ∈ Z und am , . . . , an ∈ R. Dann definiert man das Summenzeichen
(
n
X
am + am+1 + · · · + an−1 + an , falls m 6 n,
ak =
0,
falls m > n
k=m
und das Produktzeichen
(
n
Y
am · am+1 · · · · · an−1 · an , falls m 6 n,
ak =
1,
falls m > n.
k=m
Als Indexvariable (hier k) kann ein beliebiges nicht anderweitig verwendetes Symbol gewählt werden.
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Beispiel
I
I
I
I
I
4
X
k =1+2+3+4
k=1
3
X
(k + 1) = (0 + 1) + (1 + 1) + (2 + 1) + (3 + 1) = 1 + 2 + 3 + 4
k=0
3
X
(2k + 1) = (2 · 1 + 1) + (2 · 2 + 1) + (2 · 3 + 1) = 3 + 5 + 7
k=1
5
X
k=1
5
Y
k=1
2=2+2+2+2+2
k =1·2·3·4·5
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Satz
Seien m, n, r ∈ Z sowie am , . . . , an , bm , . . . , bn ∈ R, und sei c ∈ R.
n
n
n
X
X
X
I
(ak + bk ) =
ak +
bk
I
I
I
I
k=m
n
X
k=m
n
X
k=m
n
X
k=m
n
X
(ak − bk ) =
k=m
n
X
k=m
n
X
k=m
c · ak = c ·
ak −
k=m
n
X
bk
k=m
ak
k=m
ak =
ak =
r
X
ak +
k=m
n+r
X
k=m+r
n
X
ak , falls m 6 r 6 n
k=r+1
ak−r =
n−r
X
k=m−r
ak+r
(Indexverschiebung)
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MATHEMATIK
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Beispiel
4
X
(3k + 2) = 3
k=1
4
X
k+
4
X
k=1
2 = 3 · (1 + 2 + 3 + 4) + 4 · 2 = 38
k=1
Satz
Seien m, n ∈ Z mit m 6 n, und seien am , . . . , an ∈ R. Dann gilt
n−1
X
(Teleskopsumme)
(ak+1 − ak ) = an − am .
k=m
Beweis:
n−1
n−1
n−1
n
n−1
X
X
X
X
X
(ak+1 − ak ) =
ak+1 −
ak =
ak −
ak
k=m
=
k=m
n−1
X
k=m+1
k=m
ak + an −
k=m+1
n−1
X
am +
k=m+1
k=m
!
ak
= an − am .
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Satz
Seien m, n, r ∈ Z und am , . . . , an , bm , . . . , bn ∈ R.
!
!
n
n
n
Y
Y
Y
I
(ak · bk ) =
ak ·
bk
k=m
k=m
n
Y
I
n
Y
k=m
I
I
n
Y
k=m
n
Y
k=m
ak
= k=m
n
Y
bk
ak =
ak =
k=m
ak
, falls bm , . . . , bn 6= 0
bk
k=m
r
Y
k=m
n+r
Y
k=m+r
!
ak
·
ak−r =
n
Y
!
ak , falls m 6 r 6 n
k=r+1
n−r
Y
k=m−r
ak+r
(Indexverschiebung)
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Definition
Sei a ∈ R und n ∈ N0 sowie k ∈ N0 mit k 6 n. Dann definiere die Potenzen an (lies »a hoch n«) und a−n
, die Fakultät n! (lies »n Fakultät«)
und den Binomialkoeffizienten kn (lies »n über k«) durch
n
a =
n
Y
a,
a
−n
i=1
1
= n,
a
n! =
n
Y
i=1
i,
n
n!
=
.
k
k!(n − k)!
Beispiel
I
25 = 2 · 2 · 2 · 2 · 2 = 32
I
2−5 =
I
5! =
1 · 2 · 3 · 4 · 5 = 120
6
6!
1·2·3·4·5·6
5·6
=
=
=
= 15
4
4!(6 − 4)!
(1 · 2 · 3 · 4) · (1 · 2)
1·2
I
1
25
=
1
32
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Die elementaren Potenzrechengesetze werden im Vorlesungsmodul
»Basiswissen« besprochen.
Satz
Sei q ∈ R mit q 6= 1, und sei n ∈ N0 . Dann gilt
n
X
k=0
n+1 − 1
q
qk =
.
q−1
(geometrische Summe)
Beweis: Aus
(q − 1) ·
n
X
qk =
k=0
=
n
X
k=0
n
X
(q − 1) · qk =
n
X
(q · qk − 1 · qk )
k=0
(q
k+1
k
−q )
Teleskopsumme
=
qn+1 − q0 = qn+1 − 1
k=0
folgt nach Division durch q − 1 die Behauptung.
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Satz
Seien n, k ∈ N0 mit k 6 n.
I
I
I
I
I
I
n! · (n + 1) = (n + 1)!
n
n
=
k
n−k
Y
k
n
n−i+1
=
i
k
i=1
n
n
=1=
0
n
n
n
n+1
+
=
, falls k < n
k
k+1
k+1
n
∈N
k
(Additionstheorem)
DEPARTMENT
MATHEMATIK
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k
=
0
Aus dem Additionstheorem erhält man die Möglichkeit der
Berechnung von Binomialkoeffizienten mit dem Pascalschen Dreieck:
=
1
1
k
n=0
2
1
=
1
k
n=1
1
3
2
=
1
k
n=2
3
1
4
3
=
1
k
n=3
6
4
1
5
4
=
1
k
n=4
n=5
1
5
10
10
5
1
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4. Vorlesung
Abbildungen – Teil 1
Inhalte:
I
Abbildungsbegriff
I
Bildmengen
I
Urbildmengen
I
Verkettungen von Abbildungen
DEPARTMENT
MATHEMATIK
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Sei f = (A, B, G) für Mengen A, B und G mit G ⊆ A × B, so daß zu
jedem a ∈ A genau ein b ∈ B mit (a, b) ∈ G existiert.
I
Man nennt f eine Abbildung von A nach B. Notation: f : A → B
I
Man nennt A den Definitionsbereich von f .
I
Man nennt B den Zielbereich von f .
I
Man nennt G den Graph von f .
I
Ist a ∈ A und b ∈ B mit (a, b) ∈ G, so nennt man b das Bild von
a unter f und a ein Urbild von b unter f . Notation: b = f (a)
I
Man nennt x 7→ f (x) Abbildungsvorschrift zu f . Notation auch:
f : A → B, x 7→ f (x)
Statt von Abbildungen und Bildern spricht man auch von Funktionen
und Funktionswerten.
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Beachte:
I Zur vollständigen Angabe einer Abbildung gehören neben der
Abbildungsvorschrift stets auch Definitions- und Zielbereich.
I Strenggenommen ist die Sprechweise »die Funktion f (x)«
nicht sinnvoll, besser ist: »die Funktion f «.
Beispiel
I
I
I
f : R → R, x 7→ x 2 definiert die Abbildung f mit
Definitionsbereich R, Zielbereich R und Abbildungsvorschrift
x 7→ x 2 . Es gilt etwa f (3) = 32 = 9.
g : R → [0, ∞), x 7→ x 2 definiert die Abbildung g mit
Definitionsbereich R, Zielbereich [0, ∞) und
Abbildungsvorschrift x 7→ x 2 . Sie ist nicht gleich f .
Durch h : [0, ∞) → R, x 7→ h(x) mit h(x)2 = x wird keine
Abbildung definiert, da etwa h(4) nicht eindeutig definiert ist
(2 und −2 wären beide als Wert für h(4) möglich).
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Sei f : X → Y eine Abbildung.
I
Für alle A ⊆ X nennt man {f (a) | a ∈ A} die Bildmenge von A
unter f . Notation: f (A).
I
Die Bildmenge f (X ) des Definitionsbereichs von f nennt man
auch die Wertemenge von f .
Beispiel
I
I
Für f : R → R, x 7→ x 2 gilt etwa f ({1, 2, −2}) = {1, 4}.
Die Funktion g : R → R, x 7→ x 2 + 2x + 2 hat die Wertemenge
[1, ∞), denn für y ∈ R besitzt
g(x) = y
⇔
x 2 + 2x + 2 = y
⇔
(x + 1)2 = y − 1
⇔
genau im Fall y > 1 eine Lösung x ∈ R.
x 2 + 2x + 1 = y − 1
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Sei f : X → Y eine Abbildung.
I
Für alle B ⊆ Y nennt man {x ∈ X | f (x) ∈ B} die Urbildmenge
von B unter f . Notation: f −1 (B).
I
Die Urbildmenge f −1 ({0}) von {0} nennt man auch die
Nullstellenmenge von f .
Beispiel
I
I
I
Für f : R → R, x 7→ x 2 gilt etwa f −1 ({1, 4}) = {1, −1, 2, −2}
und f −1 ({−1}) = ∅.
Für g : [0, ∞) → R, x 7→ x 2 gilt etwa g −1 ({1, 4}) = {1, 2}.
Für h : R → R, x 7→ (x − 1)(x 2 − 5x + 6) lautet die
Nullstellenmenge {1, 2, 3}, denn für alle x ∈ R gilt
h(x) = 0 ⇔ (x − 1)(x 2 − 5x + 6) = 0
⇔ x − 1 = 0 oder x 2 − 5x + 6 = 0 ⇔ x ∈ {1, 2, 3}.
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Seien f : A → B und g : B → C Abbildungen. Die Verkettung g ◦ f
von g und f ist definiert durch g ◦ f : A → C, x 7→ g(f (x)).
Beispiel
Sei
I
f : [0, ∞) → [0, ∞), x 7→ x + 1
√
g : [0, ∞) → [0, ∞), x 7→ x
I
h : [0, ∞) → R, x 7→ x 2 − 1
I
Für alle x ∈ [0, ∞) gilt dann
I
√
(g ◦ f )(x) = g(f (x)) = g(x + 1) = x + 1
√
√
(f ◦ g)(x) = f (g(x)) = f ( x) = x + 1
I
(h ◦ f )(x) = h(f (x)) = h(x + 1) = (x + 1)2 − 1 = x 2 + 2x
I
Die Verkettung f ◦ h ist nicht definiert.
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5. Vorlesung
Abbildungen – Teil 2
Inhalte:
I
Injektivität
I
Surjektivität
I
Bijektivität
I
Umkehrabbildungen
DEPARTMENT
MATHEMATIK
DEPARTMENT
MATHEMATIK
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Definition
Sei f : A → B eine Abbildung. Folgt für w, x ∈ A aus f (w) = f (x)
stets w = x, so nennt man f injektiv.
Beispiel
I Die Abbildung f : R → R, x 7→ x + 1 ist injektiv: Für w, x ∈ R
mit f (w) = f (x) gilt stets
f (w) = f (x)
I
I
⇒
w +1=x +1
⇒
w = x.
Die Abbildung g : R → R, x 7→ x 2 ist nicht injektiv, da etwa
g(1) = 12 = 1 und g(−1) = (−1)2 = 1 gilt.
Die Abbildung h : (0, ∞) → R, x 7→ x 2 ist injektiv: Für alle
w, x ∈ (0, ∞) mit h(w) = h(x) gilt
h(w) = h(x)
⇒
⇒
w2 = x2
⇒
w2 − x2 = 0
(w + x)(w − x) = 0
w,x>0
⇒
w = x.
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Sei f : A → B eine Abbildung. Hat f die Wertemenge B, so nennt
man f surjektiv.
Beispiel
I Die Abbildung f : R → R, x 7→ x + 1 ist surjektiv: Für y ∈ R
besitzt
f (x) = y
⇔
x +1=y
⇔
x =y −1
stets eine Lösung x ∈ R, also gilt f (R) = R.
I
I
Die Abbildung g : R → R, x 7→ x 2 ist nicht surjektiv: Zu
y = −1 gibt es kein x ∈ R mit g(x) = y, denn für alle x ∈ R
hat man g(x) = x 2 > 0 > −1, also gilt g(R) 6= R.
Die Abbildung h : R → [0, ∞), x 7→ x 2 ist surjektiv: Für
y ∈ [0, ∞) besitzt x 2 = y stets eine Lösung x ∈ R, nämlich
√
etwa x = y, also gilt h(R) = [0, ∞).
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Sei f : A → B eine Abbildung. Ist f injektiv und surjektiv, so nennt
man f bijektiv.
Beispiel
I Die Abbildung f : R → R, x 7→ x + 1 ist injektiv und surjektiv,
also bijektiv.
I
I
Die Abbildung g : R → R, x 7→ x 2 ist nicht injektiv (und auch
nicht surjektiv), also nicht bijektiv.
Die Abbildung h : [0, ∞) → [0, ∞), x 7→ x 2 ist bijektiv: Wie
zuvor gilt w 2 = x 2 ⇒ w = x für alle w, x ∈ [0, ∞), was
Injektivität zeigt, und weiter gilt h([0, ∞)) = [0, ∞), da man zu
√
y ∈ [0, ∞) stets x = y wählen kann und dann f (x) = x 2 = y
gilt, was Surjektivität zeigt.
DEPARTMENT
MATHEMATIK
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Satz
Sei f : A → B eine Abbildung.
I
f ist genau dann injektiv, wenn zu jedem y ∈ B höchstens ein
x ∈ A mit f (x) = y existiert.
I
f ist genau dann surjektiv, wenn zu jedem y ∈ B mindestens
ein x ∈ A mit f (x) = y existiert.
I
f ist genau dann bijektiv, wenn zu jedem y ∈ B genau ein
x ∈ A mit f (x) = y existiert.
Beispiel
Sei f : [0, ∞) → [0, 1), x 7→
f (x) = y
⇔
x
x+1
x
x+1
und x ∈ [0, ∞) sowie y ∈ [0, 1). Aus
=y
⇔
···
⇔
x=
y
1−y
y
und 1−y
∈ [0, ∞) folgt, daß zu jedem y ∈ [0, 1) genau ein x ∈ [0, ∞)
mit f (x) = y existiert. Damit ist f bijektiv.
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Sei f : A → B bijektiv. Die Umkehrabbildung f −1 : B → A von f ist
definiert durch f (x) = y ⇔ x = f −1 (y) für alle x ∈ A und y ∈ B.
Beispiel
I
Sei f : R → R, x 7→ x + 1. Man hatte f (x) = y ⇔ x = y − 1,
also erhält man die Umkehrfunktion
f −1 : R → R, y 7→ y − 1.
I
x
Sei g : [0, ∞) → [0, 1), x 7→ x+1
. Für alle x ∈ [0, ∞) und
y
y ∈ [0, 1) hatte man g(x) = y ⇔ x = 1−y
, also erhält man die
Umkehrfunktion
g
−1
y
: [0, 1) → [0, ∞), y →
7
.
1−y
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6. Vorlesung
Vollständige Induktion
I
vollständige Induktion
I
Bernoullische Ungleichung
I
verallgemeinerte binomische Formeln
DEPARTMENT
MATHEMATIK
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Grundlage für Beweise von Aussagen über natürliche Zahlen ist
häufig das sogenannte Induktionsprinzip:
(N5) Enthält eine Menge natürlicher Zahlen das Einselement und zu
jedem Element auch den Nachfolger, so beinhaltet diese Menge
stets alle natürlichen Zahlen.
Satz
Sei A(n) für jedes n ∈ N eine Aussage. Weiter
I
sei A(1) wahr,
I
folge für jedes beliebige n ∈ N die Gültigkeit von A(n + 1),
sofern A(n) wahr ist.
Dann ist A(n) für alle n ∈ N wahr.
Beweisidee:
I Da A(1) wahr ist, folgt die Gültigkeit von A(2).
I Da A(2) wahr ist, folgt die Gültigkeit von A(3).
I ...
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Für Beweise, die das Induktionsprinzip benutzen, verwendet man
das Beweisschema der vollständigen Induktion:
I Induktionsanfang (IA): Zeige, daß die Behauptung für 1 gilt.
I Induktionsvoraussetzung (IV): Setze die Gültigkeit der
Behauptung für ein n ∈ N voraus.
I Induktionsschluß (IS): Zeige unter Benutzung der
Induktionsvoraussetzung, daß die Behauptung für n + 1 gilt.
Damit ist die Behauptung nach dem Induktionsprinzip für alle
natürlichen Zahlen gezeigt.
Ersetzt man in obigem Schema im Induktionsanfang 1 durch 0 und
in der Induktionsvoraussetzung N durch N0 , so ist die Behauptung
für alle n ∈ N0 gezeigt. Analog behandle auch andere Startwerte
m ∈ Z für den Nachweis der Behauptung für alle n ∈ Z mit n > m.
Im Induktionsschluß zeigt man nicht, daß A(n) gilt, sondern man
setzt A(n) voraus und zeigt damit A(n + 1).
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Satz
Für alle n ∈ N gilt
n
X
k=1
DEPARTMENT
MATHEMATIK
n(n + 1)
k=
.
2
Beweis:
(IA) Die Behauptung gilt für n = 1, denn man hat
1
X
k=1
und
k=1
1 · (1 + 1)
= 1.
2
(IV) Sei n ∈ N, und gelte die Behauptung für dieses n, das heißt, es
gelte
n
X
n(n + 1)
k=
.
2
k=1
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Beweis (Fortsetzung):
(IS) Zu zeigen ist die Behauptung für n + 1 anstelle von n, also
n+1
X
k=1
(n + 1)(n + 2)
.
k=
2
Man hat
n+1
X
k=1
k=
n
X
k=1
n(n + 1)
k + (n + 1) =
+ (n + 1)
2
(IV)
n(n + 1) 2(n + 1)
n+1
(n + 1)(n + 2)
=
+
= (n + 2)
=
,
2
2
2
2
was die Behauptung für n + 1 anstelle von n beweist. Mit dem
Induktionsprinzip folgt die Gültigkeit der Behauptung für alle
n ∈ N, was zu beweisen war.
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Satz
Sei x ∈ R mit x > −1. Für alle n ∈ N0 gilt dann
(1 + x)n > 1 + nx.
(Bernoullische Ungleichung)
Beweis:
(IA) Die Behauptung gilt für n = 0, denn man hat
(1 + x)0 = 1
und
1 + 0 · x = 1.
(IV) Sei n ∈ N0 , und gelte die Behauptung für dieses n.
(IS) Man hat
n+1
(1 + x)
n
= (1 + x) (1 + x)
(IV),1+x>0
>
(1 + nx)(1 + x)
x 2 >0
= 1 + nx + x + nx 2 > 1 + nx + x = 1 + (n + 1)x,
was die Behauptung für n + 1 anstelle von n beweist. Mit dem
Induktionsprinzip folgt die Behauptung für alle n ∈ N0 .
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Mit vollständiger Induktion lassen sich – unter anderem durch
Verwenden des Additionstheorems für Binomialkoeffizienten –
Verallgemeinerungen von binomischen Formeln beweisen.
Satz
Seien a, b ∈ R. Für alle n ∈ N0 gilt
n X
n n−k k
n
I (a + b) =
a b ,
k
(verallg. erste bin. Formel)
k=0
I
(a − b)
n
X
an−k bk = an+1 − bn+1 .
(verallg. dritte bin. Formel)
k=0
Beispiel
I
(a +
b)3
=
=
I
3
0
a3
a3 b 0
+
3
1
+ 3a2 b +
+ 32
3ab2 + b3
a2 b 1
(a − b)(a2 + ab + b2 ) = a3 − b3
a1 b 2
+
3
3
a0 b 3
für alle a, b ∈ R
für alle a, b ∈ R
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7. Vorlesung
Komplexe Zahlen
Inhalte:
I
Grundrechenarten
I
Gaußsche Zahlenebene
I
Polardarstellung
DEPARTMENT
MATHEMATIK
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Führe ein Symbol i mit i2 = −1 als imaginäre Einheit ein und definiere auf der Menge C = {a + ib | a, b ∈ R} der komplexen Zahlen die
Grundrechenarten unter Beibehaltung der Rechenregeln (K1) – (K9).
Beispiel
I
(2 + 3i) + (1 − i) = (2 + 1) + (3 − 1)i = 3 + 2i
I
(2 + 3i) − (1 − i) = (2 − 1) + (3 − (−1))i = 1 + 4i
I
(2 + 3i) · (1 − i) = 2 · 1 + 3i · 1 + 2 · (−i) + 3i · (−i)
= 2 + 3i − 2i − 3i2 = 2 + i − 3 · (−1) = 5 + i
I
(1 + 3i)2 = 12 + 2 · 1 · 3i + (3i)2 = 1 + 6i + 9 · (−1) = −8 + 6i
I
(1 − 3i)2 = 12 − 2 · 1 · 3i + (3i)2 = 1 − 6i + 9 · (−1) = −8 − 6i
I
(1 + 3i)(1 − 3i) = 12 − (3i)2 = 1 − 9 · (−1) = 10
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Sei z ∈ C, und seien x, y ∈ R mit z = x + iy. Dann nennt man x − iy
die konjugierte komplexe Zahl zu z. Notation: z
Für die Auswertung eines Bruchs komplexer Zahlen erweitere mit
der konjugierten komplexen Zahl zum Nenner.
Beispiel
1−i
(1 − i)(2 − 3i)
2 − 2i − 3i + 3i2
2 − 5i − 3
=
=
=
2
2
2 + 3i
(2 + 3i)(2 − 3i)
2 − (3i)
4 − 9 · (−1)
−1 − 5i
1
=
= − 13
−
13
5
13 i.
Satz
Seien x, y ∈ R. Dann gilt
1
x
y
= 2
−i 2
.
2
2
x + iy
x +y
x +y
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Definition
Sei z ∈ C, und seien x, y ∈ R mit z = x + iy.
I
Man nennt x den Realteil von z. Notation: Re z
I
Man nennt y den Imaginärteil von z. Notation: Im z
p
√
Man nennt x 2 + y 2 = z · z den Betrag von z. Notation: |z|
I
Beispiel
Sei z = 4 − 3i.
I
Re z = 4
I
Im z = −3
p
√
√
2
2
|z| = 4 + (−3) = 16 + 9 = 25 = 5
I
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Darstellung komplexer Zahlen in der Gaußschen Zahlenebene:
I
Realteil ist x-Koordinate
I
Imaginärteil ist y-Koordinate
I
Betrag ist Abstand vom Ursprung
I
konjugierte Zahl einer komplexen Zahl entsteht durch
Spiegelung an der x-Achse
I
Gegenzahl einer komplexen Zahl entsteht durch
Punktspiegelung am Ursprung (entspricht Drehung um den
Ursprung um 180°)
I
Addition zweier komplexer Zahlen entspricht Vektoraddition
I
Subtraktion zweier komplexer Zahlen entspricht
Vektorsubtraktion
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DR. M. ENSENBACH
DEPARTMENT
MATHEMATIK
In der Gaußschen Zahlenebene bilden die komplexen Zahlen mit
Betrag 1 den Einheitskreis.
Definition
Sei ϕ ∈ R. Mit exp(iϕ) wird die komplexe Zahl bezeichnet, die in der
Gaußschen Zahlenebene Endpunkt des Einheitskreisbogens ist, der
I
in 1 beginnt,
I
gegen den Uhrzeigersinn gezeichnet ist und
I
Bogenlänge ϕ hat (entsprechend dem Winkel ϕ im Bogenmaß).
Beispiel
I π
2
I π
I
I
I
im Bogenmaß entspricht 90°, es gilt exp(i π2 ) = i.
im Bogenmaß entspricht 180°, es gilt exp(iπ) = −1.
2π im Bogenmaß entspricht 360°, es gilt exp(i2π) = 1.
√
√
π
π
1
1
4 im Bogenmaß entspricht 45°, es gilt exp(i 4 ) = 2 √2 + 2 2 i.
π
π
1
1
im
Bogenmaß
entspricht
30°,
es
gilt
exp(i
)
=
3
+
6
6
2
2 i.
DEPARTMENT
MATHEMATIK
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DR. M. ENSENBACH
Satz
Seien ϕ, ψ ∈ R, und sei n ∈ Z.
I
exp(i(ϕ + ψ)) = exp(iϕ) · exp(iψ)
I
exp(inϕ) = (exp(iϕ))n
I
exp(i(ϕ + 2nπ)) = exp(iϕ)
I
exp(iϕ) = cos ϕ + i sin ϕ
Beispiel
I
Der Winkel 225° entspricht im Bogenmaß 45 π, es gilt
exp(i 54 π) = exp(i(π + π4 )) = exp(iπ) · exp(i π4 )
√
√
√
√
1
1
1
1
= (−1) · ( 2 2 + 2 2 i) = − 2 2 − 2 2 i.
I
Der Winkel 60° entspricht im Bogenmaß π3 , es gilt
exp(i π3 )
=
exp(i2 π6 )
=
(exp(i π6 ))2
=
( 21
√
3+
1 2
2 i)
= ... =
1
2
+
1
2
√
3 i.
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DR. M. ENSENBACH
Für jedes z ∈ C \ {0} gilt z = |z| ·
z
|z| .
Dabei hat
z
|z|
DEPARTMENT
MATHEMATIK
den Betrag 1.
Satz
Sei z ∈ C \ {0}. Dann gibt es ein eindeutig bestimmtes ϕ ∈ [0, 2π)
mit
z = |z| · exp(iϕ).
(Polardarstellung)
Definition
Das ϕ aus dem letzten Satz heißt Argument von z. Notation: arg z.
Beispiel
√
√
2
2
Sei z = 1 + i. Dann gilt |z| = 1 + 1 = 2 und
z
1
i
1√
1√
=√ +√ =
2+
2 i = exp(i π4 ),
|z|
2
2
2
2
√
z
also z = |z| · |z| = 2 · exp(i π4 ). Insbesondere hat z das Argument π4 .
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DR. M. ENSENBACH
DEPARTMENT
MATHEMATIK
Satz
Seien c, w ∈ C \ {0}, und seien ϕ, ψ ∈ R mit c = |c| · exp(iϕ) und
w = |w| · exp(iψ). Weiter sei n ∈ N.
I
Es gilt c · w = |c| · |w| · exp(i(ϕ + ψ)).
I
Es gilt w n = |w|n · exp(inψ).
I
Die Gleichung z n = c für z ∈ C hat genau n verschiedene
Lösungen.
√
n
Die Gleichung z = c für z ∈ C hat n |c| · exp(i n1 ϕ) als eine
Lösung.
I
I
n = c für z ∈ C, so ist
Ist ζ = exp(i 2π
)
und
w
eine
Lösung
von
z
n
die Lösungsmenge dieser Gleichung gleich
{w, wζ, wζ 2 , wζ 3 , . . . , wζ n−1 }.
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DEPARTMENT
MATHEMATIK
Beispiel
Man kann −4 = 4 · (−1) = |−4| · exp(iπ) schreiben. Als eine Lösung
von z 4 = −4 für z ∈ C erhält man somit
q
√
√
√
√
√
4
1
π
1
1
|−4| · exp(i 4 π) =
4 · exp(i 4 ) = 2 · ( 2 2 + 2 2 i) = 1 + i.
π
4 = −4
)
=
exp(i
)
=
i.
Die
Lösungsmenge
von
z
Weiter gilt exp(i 2π
4
2
für z ∈ C lautet also
{1 + i, (1 + i) · i, (1 + i) · i2 , (1 + i) · i3 } = {1 + i, −1 + i, −1 − i, 1 − i}.
geometrische Interpretationen in der Gaußschen Zahlenebene:
I Eine Multiplikation mit c ∈ C \ {0} entspricht einer zentrischen
Drehstreckung mit Streckfaktor |c| und Drehwinkel arg c.
I Ist n ∈ N und c ∈ \{0}, so bilden die Lösungen der Gleichung
z n = c für z ∈ C die Eckpunkte eines regelmäßigen n-Ecks.
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