Vorkurs Mathematik B Dr. Thorsten Camps Fakultät für Mathematik TU Dortmund 22. September 2011 Komplexe Zahlen Erweiterung der Zahlbereiche — Lösung von Polynomgleichungen: N: Lösung einiger Polynomgleichungen Z: Lösung aller Gleichungen der Form x + a = 0 mit a ∈ N Nicht lösbar: Gleichungen der Form ax + b = 0, a, b ∈ Z. Q: Lösung aller Gleichungen der Form ax + b = 0 mit a, b ∈ Q. Nicht lösbar: Gleichungen der Form x 2 + a = 0, a ∈ Q. R: Lösung aller Gleichungen der Form x 2 − a = 0 mit a ∈ R, a ≥ 0. Nicht lösbar: Gleichungen der Form x 2 + a = 0 mit a ∈ R, a > 0. Um jede quadratische Gleichung zu lösen, führt man nach den negativen Zahlen, den Brüchen und den irrationalen Zahlen nun neue Zahlen ein, die die Lösbarkeit sicher stellen sollen. Dabei möchte man erreichen, dass wie vorher die bisher bekannten Zahlen Teilmenge der neuen sind. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 2 / 11 Komplexe Zahlen Wir benötigen also Zahlen, deren Quadrat negativ ist. Definition (Komplexe Zahlen) Es sei C := {x + iy | x, y ∈ R}. C heißt die Menge der komplexen Zahlen. Für eine komplexe Zahl z = x + iy heißt x der Realteil und y der Imaginärteil von z. In Formeln: x = Re z = Re (x + iy ) und y = Im z = Im (x + iy ). i heißt imaginäre Einheit. Wir definieren: i 2 := −1. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 3 / 11 Komplexe Zahlen Bemerkung: 1 Man schreibt meist x + iy , aber 2 + 8i. 2 Die reellen Zahlen kann man als Teil der komplexen Zahlen auffassen. Dazu identifiziert man x ∈ R mit x + 0i ∈ C. 3 Zwei komplexe Zahlen sind genau dann gleich, wenn sie in Real- und Imaginärteil übereinstimmen. 4 Auf C gibt es keine Ordnung. Für z, w ∈ C sind Ausdrücke wie z ≤ w“ nicht sinnvoll definierbar. ” Bei den Rechenoperationen, die im folgenden definiert werden, wird mit i wie mit einer Variable gerechnet. Wann immer möglich, ersetzt man i 2 durch −1. 5 6 Bei allen Rechenoperationen bleiben die Eigenschaften der entsprechenden Operationen in R erhalten. 7 Komplexe Zahlen sollen (am Ende) immer in der Form x + iy angegeben werden. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 4 / 11 Komplexe Zahlen Definition (Rechenoperationen in C) Seien z = x + iy und w = u + iv komplexe Zahlen. Wir definieren: 1 Addition: z + w = (x + u) + i(y + v ). 2 Subtraktion: z − w = (x − u) + i(y − v ). 3 Multiplikation: zw = (xu − yv ) + i(xv + yu). 4 Division: 5 Potenzen: Für ganzzahlige Exponenten genau wie für die reellen Zahlen. z w = xu+yv u 2 +v 2 + i yu−xv . u 2 +v 2 Bemerkung: Für das Rechnen mit komplexen Zahlen gelten die gleichen Regeln wie für die reellen Zahlen: Assoziativgesetze, Kommutativgesetze, Distributivgesetze, binomische Formeln, usw. Dies kann man durch Nachrechnen zeigen. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 5 / 11 Komplexe Zahlen Bei der Division haben wir mit u − iv erweitert. Dadurch fällt im Nenner das i weg und wir erhalten eine reelle Zahl, durch die ganz normal dividiert wird. Zu gegebenem w = u + iv spielt die Zahl u − iv eine wichtige Rolle. Sie hat daher einen Namen: Definition (Konjugation) Sei z = x + iy ∈ C gegeben. Die komplexe Zahl z := x − iy heißt die zu z konjugiert komplexe Zahl. Manchmal ist statt z auch die Schreibweise z ∗ üblich. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 6 / 11 Komplexe Zahlen Satz (Rechenregeln für die Konjugation) Für z, w ∈ C gilt: 1 z = z. 2 z + w = z + w und z − w = z − w . 3 zw = z w . z z w = w. 4 5 z = z ⇐⇒ z ∈ R. 6 Re z = 12 (z + z) und Im z = 1 2i (z − z). Auch für komplexe Zahlen lässt sich ein Betrag definieren. Wir werden ihn später (=morgen) noch geometrisch motivieren. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 7 / 11 Komplexe Zahlen Definition (Betrag komplexer Zahlen) Sei z = x + iy ∈ C. Wir definieren den Betrag von z als p |z| := x 2 + y 2 . Satz (Eigenschaften des Betrages) √ 1 |z| = zz, also auch |z|2 = zz. 2 |z| = 0 ⇔ z = 0. 3 Dreiecksungleichung: |z + w | ≤ |z| + |w |. 4 |zw | = |z||w |. 5 | − z| = |z| = |z|. 1 = 1. 6 z |z| (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 8 / 11 Komplexe Zahlen Bemerkung: 1 Der Betrag in C ist verträglich mit dem Betrag in R. D.h. für x ∈ R gilt: |x| = |x + 0i| . |{z} | {z } Betrag in R Betrag in C 2 Wir können die Division auch mit komplex konjugierten Zahlen formulieren. Es gilt: z zw = . w |w |2 3 | Re z| ≤ |z| und | Im z| ≤ |z|. 4 |i| = 1. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 9 / 11 Komplexe Zahlen Satz Sei x 2 + px + q = 0, p, q ∈ R, eine quadratische Gleichung. p 2 Sei weiter D = − q die Diskriminante, dann besitzt die Gleichung 2 die folgenden Lösungen: p x1 = x2 = − ∈ R, falls D = 0, 2 p √ x1,2 = − ± D ∈ R, falls D > 0, 2 √ p x1,2 = − ± i −D ∈ C, falls D < 0. 2 Im dritten Fall gibt es also zwei konjugiert komplexe Lösungen. Die Lösungen für Gleichungen der Form z 2 = a + ib bestimmt man, indem man z = x + iy einsetzt, ausrechnet und dann mit a + ib vergleicht. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 10 / 11 Komplexe Zahlen Wir haben gesehen, dass man Polynome zerlegen kann in Faktoren der Form x − a und x 2 + bx + c, wobei x 2 + bx + c keine reellen Nullstellen hat. In C können wir nun komplexe Nullstellen für die Polynome x 2 + bx + c finden und diese so ebenfalls in Linearfaktoren zerlegen. Dies liefert: Satz (Fundamentalsatz der Algebra) Jedes Polynom mit reellen oder komplexen Koeffizienten lässt sich über C vollständig in Linearfaktoren zerlegen. (TU Dortmund) Vorkurs Mathematik B 22. September 2011 11 / 11