Fragen und Antworten zu Perchlorat in Lebensmitteln FAQ des BfR vom 30. Oktober 2013 Perchlorate sind Salze der Perchlorsäure, die natürlicherweise oder als Folge industrieller Verwendungen in der Umwelt vorkommen und deshalb zu einer Kontamination pflanzlicher Lebensmittel führen können. Bei nicht repräsentativen Untersuchungen aus der amtlichen Überwachung sowie aus Eigenkontrollen der Wirtschaft wurden bei einem Drittel der untersuchten Lebensmittelproben Rückstände von Perchlorat gemessen. Das BfR hat gesundheitliche Risiken durch diese Funde bewertet. Die gemessenen Werte lagen zum Teil in einem Bereich, in dem unerwünschte Wirkungen möglich sind, wenn große Portionen verzehrt werden. Die EU-Kommission hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Juni 2013 beauftragt, eine umfassende Risikobewertung vorzunehmen. Das BfR hat Fragen und Antworten zum Thema zusammengestellt. Was ist Perchlorat? Perchlorate sind Salze der Perchlorsäure (HClO4), die aus dem Perchlorat-Anion (CIO4-) und verschiedenen Kationen bestehen. Bekannte Perchloratverbindungen sind Ammoniumperchlorat sowie verschiedene Metallsalze (Barium-, Kalium-, Lithium-, Magnesium- und Silberperchlorat). Es ist nicht bekannt, welche Perchloratverbindungen in den Lebensmitteln enthalten waren, in denen Perchlorat gemessen wurde. Woher kommt Perchlorat, und wie findet es Verwendung? Perchlorat ist meistens anthropogen, d.h. durch den Menschen hergestellt, es kann aber auch einen natürlichen Ursprung haben. In einigen Ländern, wie z. B. Chile, kommen Perchlorate natürlicherweise in höheren Konzentrationen im Boden vor. Der sogenannte Chilesalpeter, der als Düngemittel verwendet wird, kann Perchlorat enthalten. Perchlorate werden auch als Industriechemikalien und Arzneimittel, besonders als Raketentreibstoffe und in Feuerwerkskörpern verwendet. Sie können auch durch oxidative Vorgänge in der Atmosphäre gebildet werden oder bei der Verwendung chlorhaltiger Desinfektionsmittel in geringen Mengen entstehen. Derzeit dürfen Perchlorate in der EU weder als Pflanzenschutzmittelnoch als Biozidwirkstoffe eingesetzt werden. Wie gelangt Perchlorat in Lebensmittel? Es ist bisher nicht geklärt, durch welche Ursachen Perchlorat in Lebensmittel gelangt. Perchlorat kann zum Beispiel aus Düngemitteln in Pflanzen und somit in pflanzliche Lebensmittel übergehen. Möglich ist auch, dass Perchlorat mit industriellen Abwässern in Wasser gelangt, das zur Bewässerung genutzt wird, und auf diese Weise durch Pflanzen aufgenommen wird. Perchlorat kann auch als Nebenprodukt bei der Chlorierung von Trinkwasser entstehen; die Chlorierung von Trinkwasser und die Bewässerung von Lebensmitteln mit Trinkwasser sind in Deutschland aber nicht üblich. Außerdem könnte Perchlorat in Lebensmittel übergehen, wenn Ernteprodukte oder Lebensmittel zur Keimabtötung direkt mit chlorhaltigen Desinfektionsmitteln behandelt werden. Diese Praxis ist in Europa aber verboten. Welche gesundheitlichen Folgen können von Perchlorat verursacht werden, und wer ist davon betroffen? Perchlorat kann die Aufnahme von Jodid in die Schilddrüse hemmen. Diese Hemmung ist reversibel. Sie kann bei Risikogruppen möglicherweise zu zeitweiligen Veränderungen des Schilddrüsenhormonspiegels führen. Besonders betroffen von unerwünschten Wirkungen können Personen mit Schilddrüsenerkrankungen, mit Jodmangel sowie Neugeborene und Seite 1 von 3 Bundesinstitut für Risikobewertung Kinder sein. Eine weitere kritische Gruppe sind Schwangere, die bereits eine Schilddrüsenfunktionsstörung aufweisen. Wie groß ist das Risiko, dass Perchlorat in Lebensmitteln zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führt? Proben von Zitrusfrüchten, exotischen Früchten, Wurzelgemüse, Fruchtgemüse (z.B. Tomaten, Gurken, Paprika), Kohlgemüse und Blattgemüse enthielten teilweise sehr hohe Perchloratgehalte, die nach derzeitigem Kenntnisstand bei einmaligem Verzehr großer Portionen zu einer Überschreitung der provisorischen tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge (Provisional Maximum Tolerable Daily Intake, PMTDI) führen und damit gesundheitlich unerwünschte Wirkungen verursachen können. Dagegen ist eine chronische Beeinträchtigung der Gesundheit durch einen lebenslangen Verzehr mittlerer Portionen Obst und Gemüse mit mittleren Perchloratgehalten nach Einschätzung des BfR eher unwahrscheinlich. Welche Höchstgehalte gelten für Perchlorat in Lebensmitteln? Für Perchlorat sind bisher in keiner gesetzlichen Regelung Höchstgehalte festgesetzt worden, da Perchlorat kein Pflanzenschutzmittel- oder Biozidwirkstoff ist. Auch im Kontaminantenrecht ist Perchlorat bisher nicht geregelt. Als Übergangsregelung hat die EU-Kommission im Juli 2013 folgende Referenzwerte in Milligramm (mg) Perchlorat pro Kilogramm (kg) Lebensmittel vorgeschlagen: • für Zitrusfrüchte, Kernobst, Wurzel- und Knollengemüse, Tafeltrauben, Spinat, Melonen und Wassermelonen 0,2 mg pro kg • für Blattgemüse (außer Spinat), frische Kräuter und Sellerie im Unterglasanbau 1,0 mg pro kg • für alle anderen Obst- und Gemüseerzeugnisse 0,5 mg pro kg Welche Gehalte wurden in Lebensmittelproben gemessen? In 33 % der untersuchten Lebensmittelproben wurden Perchloratgehalte über 0,01 mg pro kg Lebensmittel gemessen, in 17 % der Proben lagen die Perchloratgehalte über 0,05 mg pro kg (Stand Juni 2013). Welche Lebensmittel sind besonders betroffen? Während zu tierischen Lebensmitteln bisher keine Informationen über Perchloratgehalte vorliegen, wurden Perchloratrückstände in diversen pflanzlichen Lebensmitteln festgestellt. Diese Daten sind allerdings nicht repräsentativ erhoben worden. Die meisten Perchloratbefunde wurden für Zitrusfrüchte, Beerenobst, Wurzelgemüse, Fruchtgemüse, Blattgemüse und frische Kräuter berichtet. Perchlorat wurde auch in Bioprodukten nachgewiesen. Unauffällig bezüglich Perchlorat blieben bislang Getreide, Hülsenfrüchte, Kernobst, Ölsaaten, Pilze und Nüsse. Auch in Steinobst und Zwiebelgemüse wurden nur sehr vereinzelt Perchloratrückstände bestimmt. Stammten die perchlorathaltigen Lebensmittel aus bestimmten Ländern? Perchloratrückstände wurden in Lebensmitteln aus mehr als 15 verschiedenen Herkunftsländern gemessen, darunter auch aus Deutschland. Was können Verbraucherinnen und Verbraucher tun? Verbraucher sollten sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren und ihre Ernährungsgewohnheiten aufgrund der Perchloratfunde in Lebensmitteln nicht grundsätzlich ändern, da der gesundheitliche Nutzen von Obst und Gemüse unumstritten bleibt. Seite 2 von 3 Bundesinstitut für Risikobewertung Was empfiehlt das BfR, um Verbraucherinnen und Verbraucher vor Perchlorat zu schützen? Das BfR empfiehlt, Anstrengungen zu unternehmen, durch geeignete Maßnahmen den Eintrag von Perchlorat in Nahrungsmittel zu reduzieren. Insbesondere sollte auf nationaler und europäischer Ebene überprüft werden, ob eine mögliche illegale Anwendung von Perchlorat, zum Beispiel zur Desinfektion von Lebensmitteln, stattgefunden hat. Außerdem sollte der Perchloratgehalt in Düngemitteln durch ein Monitoring kontrolliert werden. Seite 3 von 3