Blutbahn aufgenommen und vom Körper als Energielieferanten oder zum Aufbau eigener Substanz verwendet. Zuletzt wird dem Speisebrei Wasser entzogen. Für all diese Aufnahmetätigkeiten steht dem Darm eine innere Oberfläche von rund 200 m² zur Verfügung. Die Dauer von der Aufnahme von Nahrung bis zur Ausscheidung beträgt in der Regel 1–2 Tage. Pankreas/Bauchspeicheldrüse Aufgaben des Pankreas Das Pankreas hat zwei völlig unterschiedliche Aufgaben: • Regulation des Blutzuckerspiegels durch Hormone • Verdauung der Nahrung durch Sekrete Das Pankreas produziert zwei lebenswichtige Hormone: • Insulin: Das Hormon Insulin ist allgemein bekannt, da seine Wirkung und/oder Menge bei Diabetes mellitus verringert ist. Insulin bewirkt die Aufnahme von (Blut-)Zucker in die Zellen des menschlichen Kör­ pers und verringert dadurch den Blutzuckerspiegel. Ein Fehlen der Insulin-Wirkung führt zu einem erhöhten Zuckerspiegel im Blut und damit zur Manifestation von z. B. Diabetes mellitus. • Glucagon: Das Hormon Glucagon ist der Gegenspieler von Insulin. Glu­ cagon erhöht im Gegensatz zu Insulin den Blutzuckerspiegel, indem es Zuckerdepots in den Zellen auflöst und die Produktion von Zucker aus anderen Substanzen veranlasst. ▸WISSEN: Wird das Pankreas durch eine Entzündung zerstört, so kann der Körper den Blutzuckerspiegel nicht mehr regulieren. Es entsteht Diabetes. Wieso ist das Pankreas für die Verdauung unbedingt notwendig? Das Pankreas produziert neben Hormonen auch Verdauungssekrete. Die­ se Sekrete werden über einen engen Kanal in den Darm abgegeben und mit dem Speisebrei vermengt. Das Pankreassekret enthält Enzyme und Lauge, die zusammenwirken und in der Verdauung eine entscheidende Rolle spielen. 9 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 9 20.07.12 12:25 ▸WISSEN: Versuche haben gezeigt, dass Stoffe im Pankreassekret Bakterien im Wachstum hemmen und sogar abtöten können. Enzyme sind notwendig für die molekulare Zerkleinerung der Nahrung Um Nahrung in kleinste Bestandteile aufzuspalten und dadurch nutzbar zu machen, bedient sich der Organismus kleinster Werkzeuge, sogenann­ ter Enzyme. Würde man ein Schnitzel z. B. in Magensäure legen, es wür­ de Wochen dauern, bis es so weit verdaut wäre, dass der Körper seine Bestandteile nutzen könnte. Dank dieser Enzyme gelingt das bereits in Stunden. Da die Pankreasenzyme (im Gegensatz zu den Magenenzymen) nur in basischem (Gegenteil von saurem) Milieu funktionieren, ist die Be­ reitstellung von Lauge für die Verdauung der Nahrungsbestandteile not­ wendig. Woraus besteht das Pankreassekret? Das Pankreassekret ist zähflüssig. Es enthält im Wesentlichen: Lauge Das fast unaussprechliche Natriumhydrogencarbonat ist uns besser als „Backsoda“ oder als Bestandteil im Alka-Seltzer bekannt. Alka-Seltzer wird bei einer Übersäuerung des Magens zur Neutralisation eingenom­ men. Bicarbonat, das vom Pankreas produziert wird, hat die gleiche Wir­ kung: Es neutralisiert den sauren Speisebrei, der den Magen verlässt, und schafft ein Milieu, in dem die Pankreasenzyme optimal arbeiten können. Enzyme Der Pankreassaft enthält zahlreiche Enzyme, die für die endgültige Spal­ tung der Proteine, Kohlenhydrate und Fette notwendig sind: • Eiweißspaltende Enzyme: Die Enzyme Trypsin und Chymotrypsin sind so aggressiv, dass sie als inaktive Vorstufen in den Darm abgegeben werden. Wären sie bereits im Pankreas aktiviert (wie das im Rahmen einer Pankreatitis vorkommen kann), würden sie das Pankreasgewebe selbst angreifen und verdauen. 10 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 10 20.07.12 12:25 • Alpha-Amylase spaltet pflanzliche Stärke in einzelne Zuckermoleküle und trägt so zur Kohlenhydratverdauung bei. • Pankreaslipase ist für die Fettverdauung notwendig. Das Enzym zer­ kleinert Fette in nutzbare Einheiten. ▸WISSEN: 1½ l Pankreassekret werden pro Tag produziert. Ohne Pankreassekret kann unsere Verdauung nicht funktionieren. Unsere Nahrung bestimmt die Verdauung Unsere Verdauung funktioniert nicht starr, sondern ist äußerst anpas­ sungsfähig! Unterschiedliche Nahrung wird auf sehr individuelle Art ver­ daut. Jeder kennt an sich das Phänomen, dass einem beim Anblick von leckeren Speisen „das Wasser im Mund zusammenläuft“. Mit anderen Worten: Bereits Augen und Nase bereiten den Verdauungsapparat auf kommende Ereignisse vor. Darüber hinaus erkennt der Körper die Zusam­ mensetzung der Speisen und stimmt Menge und Art der Verdauungssäfte sowie die Verweildauer in den jeweiligen Abschnitten des Verdauungs­ traktes darauf ab. ▸WISSEN: Die Art und Zusammensetzung der Speisen bestimmt die Ausschüttung des Pankreassekrets. Pankreassekret – Freund oder Feind? Pankreassekret bietet Schutz vor Infektionen und ist für die Verdauung unabdingbar. Im Rahmen einer Entzündung kann es allerdings das Pank­ reas angreifen und zerstören. Was ist eine Entzündung? Eine Entzündung ist eine Abwehrreaktion des Körpers gegen unerwünsch­ te Bakterien, Viren oder andere schädigende Einflüsse. Ein Beispiel für eine Entzündung ist die schmerzhafte, gerötete und geschwollene Schleimhaut im Hals im Rahmen einer Verkühlung. Ähnlich kann man sich die Veränderungen an der Bauchspeicheldrüse im Rahmen einer Pank­ 11 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 11 20.07.12 12:25 reatitis vorstellen. Bei einer Pankreatitis kommt jedoch hinzu, dass das Pankreas sehr aggressive Verdauungsenzyme produziert. Können diese aufgrund einer Entzündung nicht regulär abfließen, so greifen sie das Pankreas an und beginnen, es zu verdauen. ▸WISSEN: Die Entzündung eines Organs wird meist mit einer Kombination des la- teinischen Namens des betroffenen Organs mit der griechischen Endung „itis“ gekennzeichnet. So wird z. B. eine Entzündung der Speiseröhre (lat. „Ösophagus“) als „Ösophagitis“ bezeichnet. Pankreatitis Die Pankreatitis ist eine Entzündung des Pankreas. Je nach Verlauf unter­ scheiden wir die akute von der chronischen Pankreatitis. Die akute Pankreatitis ist gekennzeichnet von plötzlich auftretenden Symptomen. Im Unterschied zur akuten Pankreatitis dauert eine chroni­ sche Pankreatitis Monate oder Jahre. Da die akuten Beschwerden fehlen, bleibt sie oft lange unentdeckt. ▸Wissen: Viele Fälle der chronischen Pankreatitis werden nicht oder erst nach Jahren diagnostiziert. Die akute Pankreatitis Die akute Pankreatitis ist eine plötzlich einsetzende Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Sie ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkran­ kung, die zahlreiche Komplikationen hervorrufen, aber auch ohne we­ sentliche Funktionseinschränkung wieder ausheilen kann. Symptome • Beginn mit heftigem Dauerschmerz, in der Regel gürtelförmig unter dem Rippenbogen (Oberbauch), in den Rücken ausstrahlend. Die Bauchdecke kann gespannt oder sogar bretthart sein. 12 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 12 20.07.12 12:25 Weiters können vorliegen: • Übelkeit und Erbrechen • Fieber • erhöhte Pulsfrequenz • niedriger Blutdruck • Blähungen • bei Beteiligung der Gallenwege: gelbe Skleren Ihr Arzt kann zu diesem Zeitpunkt einen Anstieg der Pankreasenzyme im Blut (Lipase, Amylase) und im Harn (Amylase) feststellen. Diese Tests sind einfach und schnell durchzuführen. ▸WISSEN: Eine akute Pankreatitis ist eine krankenhauspflichtige schwere Erkrankung und bedarf intensivmedizinischer Betreuung. Eine darauffolgende Ernährungsumstellung ist ausschließlich eine begleitende Maßnahme zusätzlich zu einer ärztlichen Therapie. Ursachen •Bei ca. 50 % Gallenwegserkrankungen: Gallenflüssigkeit und Pank­ reassekret gelangen über einen gemeinsamen Kanal in den Darm. Ist dieser verstopft, z. B. durch kleine Gallensteine, so staut sich das Pankreassekret zurück. Es kommt zur akuten Pankreatitis. •Bei ca. 30 % Alkoholabusus: Alkohol reizt das Pankreas und fördert die Sekretproduktion. Liegen bereits Schädigungen vor, so reicht Al­ koholkonsum aus, um eine Pankreatitis auszulösen. •Bei etwa 15 % der Erkrankungen können keine Ursachen definiert werden. Komplikationen Die akute Pankreatitis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die nicht selten tödlich verläuft. Langfristig kann das Pankreas so schwer geschä­ digt werden, dass es seine Rolle in der Verdauung und Blutzuckerregula­ tion nicht mehr wahrnehmen kann. 13 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 13 20.07.12 12:25 Die chronische Pankreatitis Die chronische Pankreatitis ist eine anhaltende, nicht heilbare Entzün­ dung des Pankreas. Sie führt zu einem dauerhaften Funktionsausfall der Verdauungsfunktionen und der Steuerung des Blutzuckerspiegels. Ursachen Alkohol Die mit Abstand wichtigste Ursache der chronischen Pankreatitis ist Al­ kohol. Alkoholabusus wird in 70 % der Fälle als Ursache beschrieben. Chronische Gallenwegsinfekte Zugrunde liegt hier meistens eine Cholelithiasis, also eine Gallenstei­ nerkrankung. Andere Ursachen Seltenere Ursachen sind die Verringerung des Kalzium-Spiegels im Blut oder Zigarettenkonsum. Warum führt Alkohol zu einer chronischen Pankreatitis? Alkohol bewirkt zweierlei: Das Pankreassekret wird durch Alkoholein­ fluss zähflüssiger und staut sich leicht in das Pankreas zurück. Gleich­ zeitig greifen Stoffwechselprodukte des Alkohols das Drüsengewebe an. Beides zusammen begünstigt die Entstehung einer Entzündung. Welche Alkoholmenge gefährdet mein Pankreas? Es wird geschätzt, dass ca. 150 g Alkohol pro Tag (das entspricht etwa 3 l Bier oder 0,1 l Schnaps) über einen Zeitraum von 5–10 Jahren eine chronische Pankreatitis hervorrufen können. Ein Stillstand des chro­ nisch entzündlichen Prozesses im Pankreas kann nur durch ein kom­ plettes Einstellen des Alkoholkonsums in der frühen (!) Krankheitspha­ se erreicht werden. Welches Risiko wird durch Zigaretten hervorgerufen? Raucher haben ein 10- bis 20fach erhöhtes Risiko, eine chronische Pankreatitis zu entwickeln. Wann bemerke ich die chronische Pankreatitis? Erst sehr spät! Das gesunde exokrine Pankreas hat eine hohe Überkapa­ zität, d. h., es kann wesentlich mehr produziert werden als benötigt wird. Verdauungsbeschwerden ergeben sich erst, wenn ca. 90 % der Leistung der 14 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 14 20.07.12 12:25 Drüse bereits eingebüßt wurden. Die ersten Symptome zeigen sich meis­ tens in Form eines Fettstuhls (Stuhl ist grau und schmierig), da die fettlösli­ chen Enzyme (Lipasen) meist zuerst von der Zerstörung betroffen sind. Symptome • starker, nicht kolikartiger Schmerz im Oberbauch Dieser Schmerz kann gürtelförmig, beidseitig ausstrahlen. Da eine chronische Erkrankung vorliegt, ist es mit einer Schmerzepi­ sode nicht getan, d. h., der Schmerz kehrt in der Regel immer wieder zurück. ▸WISSEN: Unter Koliken versteht man sehr schmerzhafte Kontraktionen z. B. des Darms oder der Gallenblase in kurzen Abständen. Das Schmerzmuster ist nicht kontinuierlich, sondern wird durch kurze schmerzfreie Intervalle unterbrochen. • schlechte Verdauung (Maldigestion) Gewichtsverlust: Bedingt durch die verringerte Verdauungsleistung, gehen dem Körper wertvolle Nährstoffe verloren. Fettstuhl: Fette, die durch den Mangel an Verdauungsenzymen nicht aufgenommen werden, finden sich im Stuhl wieder. Blähungen: Die Präsenz von Nährstoffen im Darm führt zur Produk­ tion von Gasen. Durchfall Komplikationen der chronischen Pankreatitis • Gelbsucht/Ikterus: Die Gallengänge können durch eine chronische Pankreatitis geschädigt werden. Wird der Abfluss von Galle gehemmt, so entsteht Gelbsucht. • Diabetes (siehe oben) • Mangel an bestimmten fettlöslichen Vitaminen (Vitamine A, D, E, K) aufgrund schlechter Fettaufnahme • hochgradige Abmagerung 15 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 15 20.07.12 12:25 • Bei regelmäßiger Schmerzmittelgabe besteht Suchtgefahr. • Pankreaskarzinom • diabetische Stoffwechselzustände: Wenn der hormonproduzierende Anteil des Pankreas auch geschädigt wird, so wird zuerst ein Fehlen des Stoffwechselhormons Insulin bemerkbar. Es entsteht Diabetes. Symptome dafür sind beispielsweise häufiges Wasserlassen und starker Durst geringer Appetit und Gewichtsverlust Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Kraftlosigkeit Etwa 30 % der Patienten mit chronischer Pankreatitis entwickeln früher oder später Diabetes. ▸WISSEN: Suchen Sie im Falle einer Komplikation unverzüglich Ihren Arzt auf! Leber Gallenblase Magen Bauchspeicheldrüse (Pankreas) Gallengänge Hauptgallengang (Ductus choledochus) Papille Pankreasgang Dünndarm Gemeinsame Einmündung von Pankreas- und Gallensekret in den Darm. Gallengang und Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse liegen eng nebeneinander. Gallensteine können den Gallengang und den Gang der Bauchspeicheldrüse blockie­ ren. Umgekehrt können Veränderungen im Bauchspeicheldrüsengang den Gallenab­ fluss stören. 16 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 16 20.07.12 12:25 Vorbeugende Maßnahmen Krebsvorbeugung Die chronische Pankreatitis kann in ein Pankreaskarzinom münden. Des­ halb ist eine jährliche Vorsorgeuntersuchung anzuraten. Bei dieser wird mittels Ultraschall das Pankreas untersucht und festgestellt, ob Tumor­ marker im Blut erhöht sind. Früherkennung von Diabetes Überprüfen Sie regelmäßig Ihren Blutzuckerspiegel. Wie stellt der Arzt die Diagnose? In einem Erstgespräch werden diverse Symptome erfragt. Aus dieser Anam­nese ergibt sich zumeist bereits ein erster Verdacht. In weiterer Folge wird eine Blutabnahme durchgeführt. Es wird untersucht, ob Pan­ kreasenzyme, die normalerweise nur in den Darm abgegeben werden, aufgrund einer Pankreatitis ins Blut gelangt sind. Untersucht werden vor allem Amylase und Lipase. Daneben spielen auch bildgebende Verfahren eine große Rolle. Diese werden weiter unten beschrieben. Um abzuklären, inwieweit das Pankreas noch ausreichend funktioniert, werden folgende Tests durchgeführt: • Alimentäre Fettbelastung: Es wird Fett in großer Menge verabreicht und die Wiederausscheidung gemessen. Ist die Pankreasfunktion ein­ geschränkt, so wird ein hoher Teil des aufgenommenen Fettes wieder ausgeschieden. • Eine noch direktere Untersuchung ist der Nachweis von Pankreas­ enzymen im Stuhl. Dabei wird vor allem nach Elastase und Chymotryp­ sin gesucht. Werden diese Enzyme in geringerer Menge vom Pankreas produziert und/oder ausgeschüttet, so kann das mittels dieses Tests nachgewiesen werden. • Früher war zudem der Pankreolauryltest gebräuchlich. Aufgrund einer sehr hohen Zeitbelastung für den Patienten wird er aber heute nicht mehr angewendet. • Ein weiterführender Test, der untersucht, inwieweit die Hormonpro­ duktion des Pankreas verringert ist, ist der Glucosebelastungstest. Damit kann ein möglicherweise beginnender Diabetes nachgewiesen werden. 17 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 17 20.07.12 12:25 • Andere Methoden (CT, ERCP, MRCP) sind wichtig, um Auskunft zur ana­ tomischen Zerstörung des Organs zu geben und um interventionelle Therapien zu planen. Therapie ▸WICHTIG: Eine geeignete Therapie kann Ihnen nur von Ihrem Arzt verordnet werden. Der folgende Abschnitt dient zur Erläuterung eventueller ärztlicher Maßnahmen. Er soll keinesfalls als Grundlage für eine Selbsttherapie verwendet werden! Diät Der Diät kommt eine wichtige Rolle zu, das Pankreas zu entlasten und eine Reizung bestmöglich zu verringern. Fettreduzierte, leicht verdauliche Kost, verteilt auf mehrere kleinere Mahlzeiten am Tag. Siehe weitere Teile dieses Buches. Schmerz Gängige Inhaltsstoffe sind Paracetamol, Tramadol, Pentazocin – diese werden gegebenenfalls mit einem Neuroleptikum kombiniert. Bei Erfolglosigkeit der medikamentösen Therapie kann eine Unterbre­ chung der schmerzleitenden Nerven durchgeführt werden. Zu geringe Verdauungsleistung des Pankreas Produziert das Pankreas zu wenig Verdauungsenzyme, so können diese zu jeder Mahlzeit als Ergänzungspräparat eingenommen werden. So kann man beispielsweise zusammen mit einer Fettreduktion die Fettverdauung durch Zusatz von Lipase in den Griff bekommen. Die Menge an Lipase muss dazu an die Fettmenge in der Nahrung und die Produktion des Pankreas angepasst werden. Die meisten derartigen Verdauungspräparate enthalten nebst Lipase noch andere, essenzielle Enzyme für die molekulare Zerkleinerung von Zuckern und Eiweiß. 18 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 18 20.07.12 12:25 Pseudozysten Große Zysten können bei geeigneter Lage endoskopisch nach innen (Ma­ gen, Duodenum) drainiert werden. Sonst ist eine Drainage nach außen oder eine operative Sanierung möglich. Prognose Werden die Risikofaktoren wie Alkohol- und Zigarettenkonsum eliminiert und diätetische Maßnahmen umgesetzt, so ist ein „Leben mit der Krank­ heit“ auf Dauer möglich. Werden diese Maßnahmen nicht gesetzt, so überlebt nur die Hälfte der Patienten länger als 10 Jahre ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung. ▸WISSEN: Die Beibehaltung der Lebensgewohnheiten, die zur chronischen Pankreatitis geführt haben, bestimmt die Prognose mehr als die Erkrankung selbst. Kurz zusammengefasst: • kein Alkohol • kein Nikotin • kleine, mehrfach über den Tag verteilte fettreduzierte, leicht verdauliche Mahlzeiten • Diabeteseinstellung und -kontrolle • regelmäßige Arztkontrollen • regelmäßige Sonografie und – in größeren Abständen – CT-Untersu­ chungen zur Karzinomfrüherkennung Welche Untersuchungen werden häufig angewendet? Ultraschalluntersuchung Mit dieser Untersuchung kann die Konsistenz des Pankreas direkt sicht­ bar gemacht werden. Weiters kann untersucht werden, ob sich Hohlräu­ me, sogenannte Zysten, gebildet haben. 19 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 19 20.07.12 12:25 Kernspinresonanz (NMR) oder Computertomografie (CT) Der Vorteil dieser Untersuchungen ist die ausgezeichnete räumliche Dar­ stellung des Pankreas. Damit können kleine Obstruktionen oder Verände­ rungen sichtbar gemacht werden. ERCP („Endoskopisch Retrograde Cholangio-Pancreaticografie“) Bei Verdacht auf Steine im Gallengang oder Veränderungen im Pankreas­ gang wird wie bei einer Magenspiegelung ein dünner Schlauch durch den Mund eingeführt. Im Zwölffingerdarm wird die Einmündungsstelle des Gallengangs sichtbar gemacht. In weiterer Folge wird etwas Flüssigkeit in den Gallengang eingespritzt. Erreicht diese Flüssigkeit ohne Hindernisse die Gallenblase, so sind die Gallengänge frei und die Untersuchung ist beendet. Befinden sich Steine im Gallengang, so können diese im Rah­ men der Untersuchung mechanisch entfernt werden. Wozu wird eine Blutabnahme durchgeführt? Eine Blutuntersuchung kann Hinweise darauf liefern, ob das Pankreas entzündet ist und ob möglicherweise auch die Gallenwege in Mitleiden­ schaft gezogen wurden. 20 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 20 20.07.12 12:25 ERNÄHRUNG BEI PANKREATITIS Wie können Sie Ihre Verdauung durch Ihre Ernährung schonen? Dieser Abschnitt gibt Informationen zu folgenden Punkten: • Wie isst man richtig? • Wie bereitet man Speisen verdauungsschonend zu? • Wie sollte eine ausgewogene, verdauungsschonende Ernährung auf­ gebaut sein? Ob Sie nun Probleme mit einer chronischen Pankreatitis haben oder sich in der Aufbauphase nach einer akuten Pankreatitis befinden und eine Grundlage für eine schonende Ernährung suchen – mit den folgenden Ratschlägen liegen Sie richtig! Allgemeine Bemerkungen Eine ausgewogene, fettreduzierte Ernährung kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Ihr Pankreas zu entlasten. Ihr Körper wird ganz ne­ benbei von den Vorteilen der Ernährungsumstellung profitieren. Individuelle Unterschiede der Betroffenen in Bezug auf Verträglichkeit und Akzeptanz von Lebensmitteln machen das Aufstellen von genau de­ finierten Ernährungsplänen nicht sinnvoll. Wir präsentieren Ihnen daher einige allgemeine Regeln und Ernährungsvorschläge. Probieren Sie selbst aus, welche Speisen oder Zubereitungsmethoden Ihnen persönlich am besten zusagen. Alles, was vertragen wird, ist erlaubt. Bedenken Sie, dass Sie mit einer Pankreaserkrankung vermutlich an häu­ figer Appetitlosigkeit leiden. Suchen Sie sich daher die Rezepte heraus, die Sie besonders ansprechen. Ebenso leiden chronisch Pankreaserkrankte häufig an starker Gewichts­ abnahme. Versuchen Sie daher, über den Tag verteilt auf genügend Kalo­ rien zu kommen, ohne dabei mit Fett zu „sündigen“, sondern indem Sie mehrere gut verdauliche Speisen zu sich nehmen. 21 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 21 20.07.12 12:25 Nahrungsmittel, die häufig Verdauungsprobleme verursachen Speise/Getränk frittierte Speisen (z. B. Pommes frites, gebackener Fisch) fettes Fleisch und Wurstwaren fette Backwaren (z. B. Cremetorten) Mayonnaise, diverse Saucen Eiscreme, Butter (harte) Eier Hülsenfrüchte Kohl, rohe Paprika, Wirsing, Zwiebel harte Eier frisches Brot Bohnenkaffee Süßigkeiten, Schokolade scharfe Gewürze Räucherwaren zu heiße und zu kalte Speisen Fertigbackwaren Zitrusfrüchte einige Obstsäfte (Orange, Grapefruit) kohlensäurehaltige Getränke alkoholische Getränke Eigenschaft/en sehr fettreich langsame Verdauung viel Pankreassekret wird benötigt schwer verdaulich reizen den Verdauungstrakt streng verboten! Richtige Ernährungszusammenstellung In Anlehnung an die Richtlinien der „Deutschen Gesellschaft für Ernährung“ 1) Essen Sie vielseitig – aber nicht zu viel Abwechslungsreiches Essen schmeckt und ist vollwertig. Essen Sie von möglichst vielen verschiedenen Lebensmitteln – aber jeweils kleine Portionen. Je vielfältiger und sorgfältiger Sie Ihren Spei­ seplan zusammenstellen, desto besser lässt sich eine mangelhafte Versorgung mit lebensnotwendigen Nährstoffen oder eine Belastung durch unerwünschte Stoffe in der Nahrung vermeiden. Was die Nah­ rungsmenge bzw. die Joule oder Kalorien betrifft: Essen Sie gerade so viel, dass Sie kein Über- oder Untergewicht bekommen. Die WHO ver­ wendet zur Definition von Übergewicht den sogenannten Body-MassIndex, kurz BMI. Normalgewicht wird mit einem BMI von 18,5–24,9 22 Pankreatitis_Kern_145x205_korr.indd 22 20.07.12 12:25