Duale Reihe Sonographie von Stefan Delorme, Jürgen Debus überarbeitet Thieme 2004 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 13 136952 9 schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG 306 C 6 Pankreas C-6.3 Differenzialdiagnose umschriebener Pankreasläsionen Sonomorphologie echoarm echofrei jede Sonomorphologie Differenzialdiagnose richtungsweisende Hinweise Sicherung der Diagnose Karzinom Lymphknoten- oder Lebermetastasen vergleichsweise häufiger Tumor CT, ERCP, Punktion, Laparotomie Adenom seltener Tumor immer histologische Sicherung zum Ausschluss eines Karzinoms Metastase Metastasen sind selten. Meist ist ein Primärtumor (häufig Nierenkarzinom!) bekannt. bei fortgeschrittenem Tumorstadium oft keine Abklärung, sonst CT, Punktion endokriner Tumor seltener Tumor typische Symptome Labor, endokrinologische Tests, Laparotomie oder Punktion Pseudotumor typische Lokalisation dorsal des Pankreaskopfes (retropankreatischer Fettkörper) oder rechts (Anschnitt des Duodenums) – Zyste oft asymptomatisch, gelegentlich zusätzlich Leber- oder Nierenzysten im Zweifelsfall CT, sonst keine Abklärung Pseudozyste Beschwerden durch Pankreatitis Amylase und Lipase im Serum muzinös zystische Neoplasie deutliche, solide Anteile und vergleichsweise große, dicht gruppierte Zysten vorwiegend Frauen im 40.–60. Lebensjahr betroffen CT, Laparotomie zur operativen Entfernung (da nur histologisch von Zystadenokarzinom zu unterscheiden) seröses, mikrozystisches Adenom Zysten I 2 cm, echodichte Anteile, nur wenige echofreie Areale, Verkalkungen Alter des Patienten i 60 Jahre CT quer geschnittene Gefäße bzw. Gänge typische Lokalisation: – Pankreaskopf: dorsolateral (Ductus choledochus) oder ventral (A. gastroduodenalis) – Pankreaskorpus und -schwanz: Ductus pancreaticus oder A. lienalis Untersuchung in 2. Ebene Hämatom Z. n. Trauma CT obligat 6.2 Entzündungen n Exkurs Pankreatitis Unter den Ursachen der Pankreatitis rangieren der Alkoholmissbrauch und die Cholelithiasis an erster Stelle. Aber auch Hypertriglyzeridämien und virale Infektionen können zu einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse führen. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zunächst zu einer ödematösen Schwellung des Organs. Je nach Schweregrad kann die Erkrankung in diesem Stadium stehen bleiben oder durch fortschreitende Autolyse zu einer Organnekrose oder einem Pankreasabszess fortschreiten. Die austretenden Proteasen können das umgebende Gewebe andauen und zu fuchsbauartigen Nekrosestraßen im Retroperitoneum führen, die entlang der Psoasmuskeln bis in die Leiste reichen. Ein Aszites weist auf einen schweren Verlauf hin. Im Aszitespunktat sind Amylase und Lipase in hoher Konzentration nachweisbar. Die Pankreatitis kann ausheilen oder (vor allem bei fortbestehendem Entzündungsreiz, z. B. bei Alkoholismus oder Cholelithiasis) chronisch werden. Die fortschreitende Zerstörung des Organs führt dann zur exokrinen und endokrinen Insuffizienz des Pankreas, mit Maldigestion bzw. Diabetes mellitus. Die Nekrosen werden zu größeren Höhlen (Pseudozysten). Durch Ausfällung des angedauten Fettgewebes entstehen Verkalkungen. Führendes Symptom der akuten Pankreatitis bzw. des akuten Schubs einer chronischen Pankreatitis ist der Schmerz im Mittel- und Oberbauch, der auch in den Rücken ausstrahlen kann. Bei schwerem Verlauf kommt es zur Hypotonie und zum Schock. Die Letalität der nekrotisierenden oder abszedierenden Pankreatitis ist trotz intensivmedizinischer Maßnahmen hoch. Die Diagnose der akuten Pankreatitis beruht auf der klinischen Symptomatik (Schmerzen) und auf erhöhten Amylase- und Lipasewerten im Serum (oder ggf. im Aszitespunktat), nicht auf der Sonographie. Die Aufgabe bildgebender Verfahren (vor allem der CT) ist vielmehr die Erfassung: Des Ausmaßes der Pankreatitis: lokale Perfusionsdefekte, Nekrosestraßen, Exsudat? Von Komplikationen bzw. Begleitphänomenen der Pankreatitis: Abszesse, Verkalkungen, Pseudozysten, Verlegung des Ductus choledochus? Der Nachweis einer Entzündung gelingt mit der CT erfahrungsgemäß besser als mit dem Ultraschall. Bei der chronischen Pankreatitis können im Intervall die Amylase und Lipase im Serum normal sein, sodass die Anamnese (Schmerzereignisse in der Vergangenheit, Zeichen der Malabsorption wie Gewichtsverlust, Fettstühle, Elastase- oder Fasernachweis im Stuhl oder Zeichen eines Diabetes mellitus) und der Nachweis von Verkalkungen oder Pseudozysten mit der Sonographie oder der CT für die Diagnose richtungsweisend sind. Die Therapie der akuten Pankreatitis und des akuten Schubs der chronischen Pankreatitis ist in der Regel konservativ. Wichtigste Indikationen für eine minimal-invasive oder chirurgische Intervention sind das präpapilläre Konkrement als Ursache der Pankreatitis (nachzuweisen mit Ultraschall, CT, ERCP, MR-Choledocho-Pankreatikographie [MRCP]) und die infizierte Nekrose als lebensbedrohliche Komplikation (CT: Luftein- Delorme/Debus, Duale Reihe: Sonographie (ISBN 3-13-136952-3), c 2005 Georg Thieme Verlag C 6.2 Entzündungen schlüsse in der Nekrose p Punktion mit bakteriologischer Diagnostik). Die Therapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz besteht in Diät und Substitution von Pankreasenzymen, evtl. auch von Vitaminen. Der Diabetes mellitus durch endokrine Pankreasinsuffizienz wird mit Diät, ggf. mit Insulin behandelt. C-6.15 307 Längsschnitt links paramedian – nekrotisierende Pankreatitis 6.2.1 Akute Pankreatitis Bei leichter Ausprägung findet sich sonographisch eine diffuse Schwellung des Organs, der Befund kann aber auch vollkommen unauffällig sein. Je nach Schweregrad der Erkrankung können zusätzlich Abszesse, Pseudozysten oder ein Aszites nachweisbar sein. Bei der exsudativen oder nekrotisierenden Pankreatitis kann das Organ schwer abzugrenzen sein, und eben dies ist typisch (Abb. C-6.14). Die mangelnde Abgrenzbarkeit ist teils durch die ödematöse Durchtränkung des peripankreatischen retroperitonealen Fettgewebes, teils durch den massiven Meteorismus bedingt, der diese Erkrankung oft begleitet. Ausgedehnte Nekrosen zeigen sich als echoarme bis echofreie Raumforderungen in der Pankreasloge (Abb. C-6.15 und C-6.16). Nekrosestraßen im Retroperitoneum sind im Ultraschall nur in Ausnahmefällen darstellbar. Aus diesem Grund ist letztlich die CT überlegen; nur hiermit sind die Nekrosestraßen und die retroperitoneale Exsudation mit der charakteristischen Verdickung der Gerota-Faszie sicher abzubilden. Handelt es sich um einen akuten Schub einer chronischen Pankreatitis, finden sich ggf. Verkalkungen, Pseudozysten und Unregelmäßigkeiten des Pankreasganges. Es ist durchaus keine Seltenheit, dass sich ein Pankreaskarzinom zunächst mit einer Begleitpankreatitis bemerkbar macht. Im Rahmen der entzündlichen Veränderungen ist die Erkennung eines Tumors oft nicht möglich. Grundsätzlich ist bei Patienten ohne Pankreatitis-Risikofaktoren jede Pankreatitis, die partout nicht abheilen will, tumorverdächtig. Die Unterscheidung auch aufgrund einer Biopsie kann C-6.14 Längsschnitt links paramedian – akute Pankreatitis Große, echofreie Massen (Nekrosen) in der Pankreasloge. Die Pfeile zeigen das Ausmaß der Entzündung an. C-6.16 Schrägschnitt im Epigastrium – nekrotisierende, fokale Pankreatitis Das Organ ist aufgetrieben (Pfeile), es findet sich eine umschriebene, echoarme Zone. Die Unterscheidung von einem Karzinom ist allein aufgrund dieses Bildes schwierig. problematisch sein, da sich gelegentlich nur entzündlich verändertes Gewebe aus der Nachbarschaft eines Tumors im Biopsat findet. 6.2.2 Chronische Pankreatitis Das Organ selbst ist schwer abgrenzbar. Man sieht lediglich eine unscharf begrenzte, echoarme Zone in der Pankreasloge (Marker). Die häufigsten sonographischen Befunde einer chronischen Pankreatitis sind eine Inhomogenität des Parenchyms, Verschmächtigung des Organs, Verkalkungen, Pseudozysten und Unregelmäßigkeiten des Pankreasganges. Nach lang dauernder chronischer Pankreatitis sind besonders das Korpus und der Schwanz nur wenige Millimeter dick (DD distale Pankreasatrophie beim Pankreaskopfkarzinom!). Verkalkungen zeigen sich in typischer Weise als echostarke Reflexe mit Schallschatten und messen meist nur wenige Delorme/Debus, Duale Reihe: Sonographie (ISBN 3-13-136952-3), c 2005 Georg Thieme Verlag