Ernährungsphysiologie der Lebensmittel, Gesunde und

Werbung
Maria Marquardt
Ernährungsphysiologie
der Lebensmittel
Gesunde und toxische
Nahrungsbestandteile im Fokus
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter
http://dnb.ddb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede
Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne
Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung auf DVDs, CD-ROMs, CDs, Videos, in weiteren elektronischen Systemen sowie für Internet-Plattformen.
Formeldarstellung: Maria Marquardt
© Lehmanns Media, Berlin 2014
Helmholtzstraße 2-9
10587 Berlin
Layout und Umschlaggestaltung: Jasmin Plawicki
ISBN 978-3-86541-606-3
www.lehmanns.de
Meinem Mann und
unseren beiden Söhnen gewidmet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung – Ernährungssituation – Ernährungsformen
2 Ernährungsphysiologie
2.1 Citratcyclus, Atmungskette, Harnstoffcyclus
2.2 Säure-Base-Haushalt, Puffersysteme des Körpers
2.3 Energiebedarf, Feststellung, Berechnung, Untersuchungsmethoden
2.4 Verdauung, Absorption, Resorption
2.5 Hunger- und Fastenstoffwechsel; Regulation des Hungergefühls
2.6 Allergie, Lebensmittelintoleranz, angeborene Stoffwechselerkrankungen,
Zöliakie, Lactose-Intoleranz, Biogene Amine, Alkohol-Unverträglichkeit
2.7 Wirkstoffe und Toxikokinetik; Biotransformation I und II
2.8 Intoxikationen
9
12
13
18
21
28
30
35
44
54
3D
ifferenzierung der Nahrungsbestandteile: Stoffwechsel, lebensmittelchemische- und lebensmittel-technologische Aspekte; Lebensmittel im Vergleich 55
3.1 Grundnahrungsbestandteile – unmittelbare Energielieferanten
3.1.1 Kohlenhydrate
3.1.2 Fette; Fettsäuren
3.1.3 Proteine
3.1.4 Flüssigkeiten, Alkohol und nicht alkoholische Getränke
3.2 Grundnahrungsbestandteile – mittelbare/keine Energielieferanten
3.2.1 Ballaststoffe
3.2.2Vitamine: Bedarf, Hyper- und Hypovitaminosen
3.2.3Mineralien und Spurenelemente
3.2.4 Wasser
4 Lebensmittelbestandteile mit positiven Effekten
4.1 Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe
4.2 Nahrungsergänzungsmittel – Funktionelle Lebensmittel
4.3 Probiotika
4.4 Präbiotika
5 Lebensmittelbestandteile mit kritischen Effekten
5.1 Bestandteile natürlicher Herkunft
5.2 Wirkungen von Zusatzstoffen
5.3 L
ebensmittelherstellung und -zubereitung, Reaktionsprodukte und
Rückstände
5.4 Einfluss technologischer, biologischer und biochemischer Verfahren
der Lebensmittelherstellung
55
55
69
86
101
106
106
108
139
155
157
157
186
188
193
195
195
222
252
272
5
Inhaltsverzeichnis
6. Ernährung und Erkrankung – Momentaufnahme –
Ernährungsrelevante Gene
6.1 Diäten und Ernährungsformen im Überblick
6.2 Erkrankungen und Ernährungsstrategien 6.2.1Über- und Untergewicht, Essstörungen und Diäten bei
Adipositas; Anorexia nervosa, Bulimia nervosa
6.2.2 Diabetes mellitus
6.2.3 Nierenerkrankungen; Hyperurikämie, Gicht
6.2.4Herz-Kreislauf-Erkrankungen; Fettstoffwechselstörung,
Hyperlipoproteinämie, Hypertonie, Arteriosklerose; Herzinsuffizienz, metabolisches Syndrom
6.2.5Gastrointestinaltrakt-Erkrankungen; Refluxösophagitis,
Gallenerkrankungen, Pankreatitis, Magen-Darmtrakt-Erkrankungen
6.2.6 Lebererkrankungen
6.2.7Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Lactose-Intoleranz,
Zöliakie-Glutenintoleranz, Phenylketonurie, Galaktosämie
6.2.8 Skeletterkrankungen
6.2.9 Lungenerkrankungen
6.2.10 Maligne Erkrankungen
7 Ernährungsempfehlungen
Grundnährstoffverteilung; Überblick essentieller Nährstoffe
283
288
294
294
299
304
307
313
316
317
321
323
325
328
7.1 Die 10 Ernährungsempfehlungen der DGE
329
7.2 Die 10 Ernährungsempfehlungen des World Cancer Research Fund 329
7.3 Ernährungspyramide unter Berücksichtigung unerwünschter Nahrungsbestandteile
332
8 Anhang
Tabellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
6
336
336
338
342
Vorwort
Vermutlich spiegelt sich die gesellschaftspolitische Änderung des Zusammenlebens
und -arbeitens in den Essgewohnheiten wider.
Aufgrund der zunehmenden Globalisierung insbesondere im Lebensmittelhandel
stößt die Sicherstellung der vorgegebenen hohen Qualitätsansprüche bei den Einfuhrkontrollen an ihre Grenzen. Von gravierenden Ausnahmen abgesehen, dürfen
Lebensmittel die aufgrund der Rechtslage in einem zugehörigen EU-Mitgliedsstaat,
oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum,
rechtmäßig im Verkehr sind, hierzu zählen auch die von diesen Staaten importierten
Lebensmittel aus Drittländern, entgegen den national geltenden Vorschriften (LFGB)
in die Bundesrepublik Deutschland, eingeführt und in den Verkehr gebracht werden.
Bis das im neuen Lebensmittelgesetz LFGB verankerte Prinzip der Rückverfolgbarkeit realisiert ist und die behördlichen Schritte auf internationaler Ebene in die Wege
geleitet sind, ist insbesondere bei pestizidbelasteten und gentechnisch veränderten
Organismen davon auszugehen, dass das nach hiesigem Recht nicht taugliche Lebensmittel bereits eingeführt ist. Gentechnisch veränderte exotische Früchte wie Papaya oder Mango sowie Soja und Sojaprodukte für den Lebensmittel- und Futtermittelbereich müssten entsprechend deklariert werden. Der analytische Nachweis einer
gentechnischen Veränderung ist derzeit allerdings nur möglich, wenn seitens des
Herstellers die veränderte DNA-Sequenz mitgeteilt wird und das Referenzmaterial,
der entsprechende Marker, zur Verfügung steht. Deklarierte gentechnisch modifizierte Lebensmittel sind im Einzelhandel nicht zu finden, es wird eher mit der Selbstverständlichkeit gentechnikfreier Herstellung geworben durch die Deklarierung: „frei von
Gentechnik.“
Die in Deutschland ausschließlich auf Kräuter und Gewürze reduzierte Bestrahlungsmöglichkeit wird weltweit wesentlich umfangreicher angewandt; auch hier ist
die entsprechende Deklarierung verpflichtend. Ein entsprechender Hinweis ist bislang auf Lebensmittelverpackungen nicht zu finden.
Die zunehmende Anzahl der Beanstandungen, Zurückweisungen und Aktionen, um
bereits im Handel befindliche Lebensmittel zurückzuziehen, die fortlaufend im Europäischen Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) veröffentlicht werden, spiegelt diesen Sachverhalt in Ansätzen wider.
Welchen Stellenwert hat die Ernährung, die Qualität der Lebensmittel, im Hinblick
auf die anhaltende Tendenz der steigenden Lebenserwartung?
In diesem Buch werden die gesundheitsrelevanten positiven sowie negativen Ernährungseinflüsse dargelegt.
7
Ernährungssituation
1 Einleitung – Ernährungssituation
Es ist in den letzten Jahrzehnten eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischen
körperlicher Tätigkeit und adäquater Nährstoffzufuhr zu beobachten. Bewegungsmangel und Nahrungsüberfluss haben in Deutschland zu einer auffallenden Verbreitung von Übergewicht, mit einem BMI ≥ 25, in allen Altersgruppen geführt. Das
Lebensmittelangebot, insbesondere die Verfügbarkeit von Obst und Gemüse ist
angestiegen und hat zu einer verbesserten Ernährungssituation bezüglich Mineralstoff-, Vitamin- und Ballaststoffzufuhr geführt.
Bei der Auswahl der Lebensmittel sind folgende Veränderungen über ein zehnjähriges Zeitintervall festzustellen:
• Eine Abnahme des Verbrauchs an Kartoffeln
• Eine Zunahme an Kartoffelerzeugnissen, inklusive frittierten Erzeugnissen
• Eine erhöhte Zufuhr unerwünschter trans- und gesättigter Fettsäuren
• Ein Anstieg an Mono- und Disacchariden in Form von Gummibonbons, Erfrischungsgetränken etc.
• Ein Anstieg an Ready-to-eat-Getreideprodukten mit Anstieg des Getreideverbrauchs
• Ein leichter Anstieg des Obst- und Gemüseverbrauchs
• Abnahme des Frischmilchverzehrs bei gleichzeitiger Zunahme des Verzehrs
von Milchprodukten und Käse
• Unverändert hoher Fleischverbrauch
• Fettreiche Zubereitungen führen zu einer deutlich erhöhten Fettzufuhr
• Verlagerung des Fettverbrauchs – reduzierte Zufuhr tierischer Fette zugunsten
des Verbrauchs pflanzlicher Öle
• Insgesamt eine Abnahme des Pflanzenölverbrauchs
• Erhöhte Mineralwasserzunahme
• Verringerter Bierkonsum
Insgesamt ist der Verzehr von Obst und Gemüse gestiegen, erreicht aber noch nicht
die Empfehlungen der DGE „5 am Tag“.
Die Sicherheit der Lebensmittel wird auf Basis des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches in Form von Monotoringplänen, amtlich festgelegten Lebensmittelüberwachungen und deren Datenauswertung kontrolliert. Schnellwarnsysteme ermöglichen eine rasche Aktualisierung und Abrufbarkeit. Übergeordnete Institute wie das
BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) und, auf europäischer Ebene, die EFSA
(European Food Safety Authority) üben eine weitere Kontrollfunktion im Hinblick auf
die Lebensmittelsicherheit aus. Das im neuen LFBG verankerte Prinzip der Rückverfolgbarkeit gewährleistet einerseits den lückenlosen Nachweis eines Lebensmittelprodukts analog „from farm to fork“ andererseits stößt die Realisierung diese Konzeptes, aufgrund des damit verbundenen behördlichen Aufwandes, derzeit an seine
Grenzen; siehe Kapitel 5.3 und 5.4.
9
1 Einleitung - Ernährungssituation
Insgesamt gibt es ein vielfältiges Nahrungsangebot; viele Lebensmittelhersteller
kalkulieren hierzulande bereits mit einem 20 %igen Produktionsüberschuss, es obliegt nun dem Verbraucher, das individuelle Lebensmittel-, Nährstoff- und Brennwertoptimum auszuwählen. Nährwert- und Brennstoffangaben, Ampelbezeichnungen,
gesundheitsbezogene Aussagen und Zutatenlisten sollen die Auswahl erleichtern.
Demgegenüber steht die Zeit und Aufwandrelation für Einkauf, Zubereitung etc. Der
zunehmende Verkauf von Convenience-Produkten, auf die auch in Restaurants,
Großküchen und Kantinen zurückgegriffen wird, deutet auf die sich wandelnde Ernährungstendenz hin.
Ernährungsformen
Aufgrund unterschiedlicher Aspekte (sozialer Hintergrund, Ethik etc.) ist die Ernährungsform des Menschen individuell. Es lassen sich, analog den Hauptnahrungsbestandteilen, einige dieser Ernährungsformen wie folgt klassifizieren:
Vollwertkost:Sie entspricht den Empfehlungen der DGE; Verzehr von
möglichst frischen und unbehandelten Nahrungsmitteln mit
hochwertigen Vollkornproduktanteilen; eine Mischkost mit ernährungsmedizinischer Zielsetzung; 50-60 % Kohlenhydrate,
30 % Fett; 20 % Eiweiß.
Trennkost:Protein- und Kohlenhydrathaltige Lebensmittel sollen nicht
gleichzeitig bei einer Mahlzeit verzehrt, und Hülsenfrüchte
gemieden werden. (Im Gegensatz hierzu siehe Atkins-Diät in
Kapitel 6.1).
Vegetarische Kost:Hauptbasis ist die Ernährung mittels pflanzlicher Lebensmittel.
Es werden vier vegetarische Ernährungsformen unterschieden:
ovo-lactovegetarisch: inklusive Eier und Milchprodukte
lacto-vegetarisch:
inklusive Milch und Milchprodukte
ovo-vegetarisch:
inklusive Eier
streng vegetarisch:Verzehr aller Lebensmittel, außer
jenen tierischen Ursprungs
Veganismus:Verzicht auf jegliche Lebensmittel tierischen Ursprungs, d. h.
kein Fleisch, Fisch, Milch, Butter, Eier, Fischöl, Honig etc.
10
Ernährungsformen
Laut aktuellem Ernährungsbericht der DGE von 2008 liefert die Nationale Verzehrsstudie II folgenden Überblick zu den Ernährungsweisen in der Gesamtbevölkerung.
Demzufolge richten sich 4,9 % der befragten Frauen und 2,9 % der befragten Männer nach einer besonderen Ernährungsweise. Die anschließende detaillierte Befragung dieser Personengruppen ergab folgenden Sachverhalt:
Ernährungsweise
Frauen (%)
besondere Ernährungsweise
4,9
davon:
Vegetarier gesamt
2,2
davon Ovolactovegetarier
0,9
davon Ovolactovegetarier + Fisch
1,0
vegane Ernährung
0,1
Halal (islamische Speisevorschrift)
0,6
Vollwert-Ernährung
0,7
Trennkost
0,3
Low-carb-Diät
0,1
Sonstige
0,9
Männer (%)
2,9
1,0
0,5
0,4
< 0,1
0,7
0,5
0,1
0,1
0,5
Es gibt eine Vielfalt von weiteren Varianten wie beispielsweise pescetarische Kost,
bei der kein Fleisch, dafür aber Fisch verzehrt wird, ayurvedische Ernährung und
weitere Formen, die in der Tabelle unter Sonstige aufgeführt und seitens der Verzehrsstudie nicht näher differenziert wurden. Individuelle ernährungsmedizinische
Aspekte werden in der Genotyp-Ernährung in den Vordergrund gestellt; siehe hierzu
und zu ausgewählten Diäten Kapitel 6.
11
2 Ernährungsphysiologie
2 Ernährungsphysiologie
„Zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen verbraucht ein ruhender Mensch ca.
40 kg ATP (Adenosintriphosphat), das Energiemolekül des Köpers, in 24 Stunden!“
Dies gelingt aufgrund effizienter Energiegewinnung aus der Nahrung. Die Hauptenergiequellen sind Kohlenhydrate, Fette und Proteine; ebenso elementar wichtig
sind für das Ineinandergreifen der Stoffwechselwege die Bestandteile Wasser, Vitamine, und Mineralstoffe/Spurenelemente, auch wenn sie keinen eigenen Brennwert
liefern. Ein gravierender Mangel dieser Bestandteile führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen unterschiedlicher Ausprägungen. Die primären Stoffwechselwege
der Hauptenergiequellen lassen sich wie folgt unterteilen:
a) Spaltung komplexer Nahrungsbestandteile
Kohlenhydrate
Fette
Einfachzucker
Fettsäuren und
Gylcerin
Proteine
Aminosäuren
b) Bildung aktiver Intermediärprodukte wie AcetylCo-EnzymA, die je nach Bedarf des
vorrangig ausgewählten Stoffwechselweges, zum Aufbau spezifischer körpereigener
Substanzen benötigt werden
AcetylCoenzymA
c) Energiegewinn für den intermediären Stoffwechsel einschließlich der Muskelarbeit; Citronensäurecyclus gekoppelt mit der Atmungskette, dem Ort der oxidativen
Phosphorylierung
12
2.1 Citratcyclus, Atmungskette, Harnstoffcyclus
2.1 Citratcyclus, Atmungskette, Harnstoffcyclus
Der Citratcyclus findet in den Mitochondrien statt und ist strikt aerob. Das AcetylCoA tritt durch eine Kondensationsreaktion mit Oxalacetat in den Cyclus ein und bildet Citrat, eine Tricarbonsäure, den Transportmetaboliten für Acetyl-CoA. Es folgen
zwei Decorboxylierungsreaktionen, gesteuert durch die Enzyme Isocitratdehydrogenase und α-Ketoglutaratdehydrogenase. Bei insgesamt vier Oxidationsreaktionen
verlassen Wasserstoffatome in Form von NADH+H+ und FADH2 den Cyclus und
gelangen in die Atmungskette. Da 1 Molekül NADPH energetisch äquivalent ist mit 3
ATP-Molekülen, und 1 Molekül FAD energetisch äquivalent mit 2 ATP-Molekülen ist,
entstehen bei diesen Oxidationsreaktionen 11 ATP. Ein weiteres ATP wird gebildet
durch die energiereiche Phosphatbindung GTP bei der Bildung des Succinats aus
Succinat-CoA. Folglich werden insgesamt 12 Moleküle ATP pro Molekül Acetyl-CoA
gebildet. Der Stoffwechselweg benötigt 2 Moleküle Wasser, zum einen zur Hydratisierung von Citryl-CoA und zum andern zur Hydratisierung von Fumarat zu Malat.
Stoffwechselregulatorisch wirken sich folgende Kontrollstellen aus:
• Citratsynthetase; dieses allosterisch wirkende Enzym hemmt, analog einer feedback-Hemmung, bei einem Überschuss der Modulatoren ATP und
NADPH, den Citratcyclus
• Isocitratdehydrogenase; das ebenfalls allosterisch wirkende Enzym, hemmt
bei ATP und NADPH-Überschuss die Umsetzung zu α-Ketoglutarat; hingegen
wirken ADP und NAD+ stimulierend
• α-Ketoglutaratdehydrogenase, ein Multienzymkomplex, wirkt in Form der Produkthemmung, d. h. dieser Reaktionsschritt ist irreversibel
Zusammenfassend gilt: wenn die Zelle einen hohen ATP-Spiegel hat, dann wird die
Einschleusung des Acetyl-CoA’s in den Citratcyclus und die Umsatzrate der Zyklen
reduziert. Das verbleibende Acetyl-CoA kann unter Verbrauch eines ATP-Moleküls
zur Synthese von Fettsäuren verwendet werden.
13
2 Ernährungsphysiologie
Abb.: Schematisches
Prinzip – Citratcyclus
Beteiligte Enzyme:
1 Citrat-Synthase
2 Aconitase
3 Isocitrat-Dehydrogenase
4α-KetoglutaratDehydrogenase-Komplex
5 Succinyl-CoA-Synthetase
6 Succinat-Dehydrogenase
7 Fumarase
8 Malat-Dehydrogenase
14
Aminosäuren-Abbau:
I Ala, Cys, Gly, Ser, Thr
II Ile, Leu, Trp
III Phe, Tyr, Leu, Lys, Trp
IV Glu, Pro, Arg, His, Gln
V Ile, Met, Val, Ser
VI Tyr, Phe
VII Asp, Asn
Redox-Co-Enzyme/
Hydrid-Ionen-Transport:
a NAD+ → NADH + H+
b NAD+ → NADH + H+
c FAD → FADH2
d NAD+ → NADH + H+
2.1 Citratcyclus, Atmungskette, Harnstoffcyclus
Die Vitamine fördern in ihrer aktiven Form als Co-Enzyme die biochemischen Reaktionen; siehe Kapitel 3.2.2 Vitamine und ihre biochemischen Funktionen.
Die beim Citratcyclus freiwerdenden Wasserstoffatome werden auf die Atmungskette übertragen. Ein energetisch hintereinandergeschaltetes Redoxsystem, das in der
Mitochondrienmembran lokalisiert ist, vermag verbrauchtes ADP zu ATP zu regenerieren, indem im Prinzip eine Knallgasreaktion, d. h. Bildung von Wasser durch die
Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff, schonend durchgeführt wird.
Atmungskette
Abb.: Schematisches Prinzip – Atmungskette
←
→
NAD
←
FMN
→
←
Q
→
3+
←
Häm Fe /Cytb
→
3+
←
Cytc/Fe →
3+
←
Häm Fe /Cyta
→
NADH
FMNH2
QH2
Häm Fe2+ /Cytc1
Cytc/Fe2+
Häm Fe2+ /Cyta3
15
2 Ernährungsphysiologie
Ort der Atmungskette ist die innere Mitochondrienmembran; aufgrund der räumlichen Struktur der Redoxsysteme können die Wasserstoffatome nur in den Cytosolraum der Mitochondrien abgegeben werden, so dass dies dort zu einer Anhäufung
der Wasserstoffatome H+ führt; im Gegenschritt häufen sich die Hydroxylionen OHim Matrixraum an. Daraus folgernd baut sich sowohl ein elektrisches Feld als auch
ein pH-Gradient auf. Beide Systeme liefern Energie. Pro Mol Wasser entstehen 3
ATP-Moleküle.
Rechnerisch könnten bei dieser Reaktion allerdings ca. 7 ATP-Moleküle pro Umsatz
gebildet werden, analog nachfolgender Berechnung:
∆ G Knallgasreaktion – 238 kJ/mol
∆G ATP-Spaltung – 35 kJ/mol
≈7
Der Körper führt diesen nur 40 %igen Wirkungsgrad zu Gunsten der Wärmefreisetzung – zur Erhaltung der Körpertemperatur – durch.
Die Oxidation von NADH ergibt 3 ATP, die Oxidation von FADH2 ergibt 2 ATP. Oxidation und Phosphorylierung sind miteinander gekoppelt. Die Elektronenübertragung
bewirkt, dass Protonen aus der Matrix gepumpt werden; es wird eine protonenmotorische Kraft erzeugt. Insgesamt beträgt die Potenzialdifferenz bei dieser Reaktionskaskade 1,14 Volt, dies entspricht einer freien Energie ∆G° von 220 kJ/mol.
Harnstoffcyclus
Es wird nur ein Teil des NH4+, das aus dem Aminosäuren-Abbau stammt, für die
Biosynthese stickstoffhaltiger Verbindungen, wie für die Grundgerüste der DNA- und
RNA-Moleküle benötigt; überschüssiges NH4+ wird beim Menschen in Form von
Harnstoff ausgeschieden. Ebenso wird das bei der Desaminierung von Aminosäuren
anfallende NH3 als Harnstoff renal ausgeschieden.
Der Harnstoffcyclus umfasst folgende Funktionen:
• Ausscheidung der nicht benötigten NH2-Gruppen in Form von Harnstoff
• Produktion von Kohlenstoffgerüsten, die im Citratcyclus Verwendung finden
und letztendlich in Glucose und Fettsäuren umgewandelt werden können
• Entgiftung des stark zelltoxisch wirkenden Ammoniaks
16
Herunterladen