Kolonkarzinomprävention und Poylposissyndrome

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KLINIK UND POLIKLINIK FÜR INNERE MEDIZIN I
Gebiet: Gastroenterologie
Risikofaktoren und Primärprävention
des kolorektalen Karzinoms,
Polyposissyndrome
Ausrichtung: diagnostisch
therapeutisch
Version:
Gültig ab:
Revision:
Verfasser:
Geprüft:
Genehmigt:
3.0 (6 Seiten)
01.10.2010
01.10.2012
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JS (2.0)
1. Allgemeine Risikofaktoren für kolorektales Karzinom
- Inzidenz KRK von 1960 bis 1980 hat sich in etwa verdoppelt
- Zweithäufigste tumorbedingte Todesursache
- Lebenszeitrisiko ca. 6%
- 90% aller KRK nach dem 50. Lebensjahr
Prävention asymptomatische Bevölkerung
Tägliche moderate körperliche Aktivität
Gewichtsreduktion bei BMI > 25 kg/m
2
Nikotinkarenz
Ernährung:
Limitierter Alkoholkonsum
Vermehrt Obst und Gemüse (5 Portionen am Tag)
Rotes Fleisch max. 2-3/Woche
Ernährung calciumreich
2. Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP)
- Obligate Präkanzerose; autosomal dominant; Gen: APC
- Diagnose:
-- >100 Polypen (wenn < 100 event. atten. Variante oder MUTYH-assoziierte Polyposis)
-- extrakol. Manifestationen: Duodenaladenome und –karzinome, Adenome und
Drüsenkörperzysten im Magen, Adenome an der Papille vateri, CHRPE (80% aller Pat.),
Osteome und Desmoide. Selten maligne Tumoren des ZNS, Schilddrüsenkarzinome,
Hepatoblastome und Nebennierentumoren
--- Gardner Syndrom: Polyposis coli, Osteome und Epidermoidzysten
--- Turcot-Syndrom: multiple Polypen und Hirntumoren (v.a. Medulloblastome)
- Für Risikopersonen, bei denen eine Mutation bestätigt oder nicht ausgeschlossen werden konnte
Alter
Ab dem 10. Lebensjahr
Vor prophylaktischer (Prokto-) kolektomie bzw. spätestens ab 30. LJ.
Untersuchung
Genet. Beratung und Testung
Körperliche Untersuchung
Rektosigmoidoskopie
(bei Polypen komplette Koloskopie)
Sonographie Abdomen und Schilddrüse
Augenärztliche Untersuchung auf
CHRPE (bei positivem Index-Patienten)
Erste ÖGD mit Inspektion der Papille
Ohne Nachweis von
Adenomen
Bei Nachweis von Adenomen
Frequenz
einmalig
1mal jährlich
1mal jährlich
1mal jährlich
einmalig
alle 3 Jahre
Intervall verkürzen nach SpiegelmanKlassifikation (siehe folgende Tabellen)
Spiegelman-Klassifikation
Score
Polypenzahl
Polypengröße (mm)
Histologischer Typ
Grading der
intraepithelialen
Neoplasie
1
1-4
1-4
tubulär
„Low-grade“
2
5-20
5-10
tubulovillös
„Intermediär“
(im aktuellen Grading
nicht mer enthalten)
3
>20
>10
villös
„high-grade“
Überwachungsintervalle bei duodenaler Polyposis
Stadium
Score-Summe
Überwachungsintervalle
0
0
Kontrolle in 5 Jahren
I
1-4
Kontrolle in 5 Jahren
II
5-6
Kontrolle in 3 Jahren
III
7-8
Kontrolle in 1-2 Jahren
IV
9-12
OP erwägen
- Therapie
-- Proktokolektomie zwischen Abschluss der Pubertät und dem 20. LJ. (individuelle
Entscheidung).
-- Pouchoskopie ist jährlich erforderlich, bei Patienten mit erhaltenem Rektumstumpf
Rektoskopie alle 4 Monate (Risiko für Rektumstumpfkarzinom ca. 13% nach 25 Jahren).
-- bzgl. der Therapie der duodenalen Polyposis gibt es keinen Konsensus (Endoskopische
Therapie bei Spiegelman I und II, ggf. auch III, OP bei Spiegelman IV)
-- Desmoide: NSAID (z.B. Sulindac), Tamoxifen
3. Attenuierte FAP (AFAP)
- Eine genetische Beratung und Testung ist nötig.
- Bei Risikopersonen ist von Beginn an eine komplette Koloskopie erforderlich.
- Risikopersonen aus Familien mit AFAP sollten im Alter von 15 Jahren erstmals koloskopiert werden.
- Finden sich keine Polypen, sollten diese Personen ab dem 20. LJ. jährlich koloskopiert werden. Therapie
richtet sich nach Alter, Polypenzahl und histologischem Befund. Bei endoskopisch nicht beherrschbarer
Polyposis ist eine Kolektomie indiziert. Patienten, die nicht kolektomiert sind, müssen zeitlebens jedes Jahr
koloskopiert werden.
4. MUTYH-assoziierte Polyposis
- Autosomal rezessiv (MUTYH-Gen Mutation), Indikation zum MYH-Gen –Test bei Nachweis von mehr als
10 Adenomen
- Charakterisiert durch das Auftreten multipler (10-100, gelegentlich auch >100) kolorektaler Adenome und
Karzinome; die Differentialdiagnose zu AFAP und HNPCC ist oft schwierig.
- Diagnosestellung meist nach dem 45 Lebensjahr
- in bis zu 20% duodenale Polyposis, Risiko für Duodenalkarzinome ca. 4%, erhöhtes Risiko auch für
Ovarial-, Blasen-und Hauttumoren.
- Vorsorgeempfehlungen analog AFAP
5. Hereditäres nicht-polypöses kolorektales Karzinom (HNPCC )
- Lebenszeitrisiko, ein KRK zu entwickeln bis zu 80%, Manifestation durchschnittlich im 45. LJ., autosomal
dominant, Keimbahnmutationen im Mismatch-Repair-System
Mikrosatelliteninstabilität
- Diagnosekriterien: Amsterdam-Kriterien (siehe Anlage 1)
- Screeningkriterien: Bethesda-Kriterien (siehe Anlage 2): Diejenigen, die eines der Betheseda-Kriterien
erfüllen, sollen hinsichtlich einer Mikrosatelliteninstabilität oder Mismatch-Repair-Enzym-Defizienz
(Immunhistochemie) überprüft werden.
- Extrakolonische Neoplasien: Endometrium-, Ovarial-, Magen-und Dünndarmkarzinome, Karzinome des
hepatobiliären Systems sowie Urothelkarzinome, gering erhöhtes Risiko für Hirntumoren (Astrozytome,
Glioblastome), Kombinationen mit Hauttumoren (Muir-Torre-Syndrom),
- Im Alter von 18 Jahren sollte nach humangenetischer Beratung eine molekulargenetische Untersuchung
durchgeführt werden, um unter den Risikopersonen die Genträger zu identifizieren.
- Jährliche Untersuchungen ab dem 25. LJ für Risikopersonen:
--
Körperliche Untersuchung
--
Abdomensonographie
--
Komplette Koloskopie (in jedem Fall 5 Jahre vor dem niedrigsten Erkrankungsalter in der Familie)
--
Gynäkologische Untersuchung einschließlich transvaginaler Sonographie (ggf. Endometriumbiopsie)
--
ÖGD (nur bei fam. gehäuften Magenkarzinomen)
--
Duodenoskopie/Push-Enteroskopie (ab dem 30. LJ)
--
Urinzytologie bei fam. Häufung von Urothelkarzinomen
- Keine allgemeine Empfehlung zur prophylaktischen Kolektomie, auch im Falle einer notwendigen
Operation bei kolorektalem Karzinom. Das chirurgische Vorgehen bei HNPCC assoziiertem KRK erfolgt
analog dem sporadischen KRK nach onkologischen Kriterien.
- Die Überwachung muss postoperativ nach dem gleichen Muster wie präoperativ erfolgen.
Im Falle einer MSH 6-Mutation kann eine Hysterektomie nach der Menopause erwogen werden.
Bei Genträgern einer MSH 2, MLH1 und MSH 6-Mutation kann nach abgeschlossener Kinderplanung bei
fam. gehäuften Ovarialkarzinomen eine bilaterale Salpingo-Ovarektomie erwogen werden.
6. Patienten mit juveniler und Peutz-Jeghers Polyposis
Ab dem 18. Lebensjahr jährlich Koloskopie, ggf. mit Polypektomie. Eindeutig verbindl. Regelungen existieren
nicht. Cave: Insbesondere bei Peutz-Jeghers-Syndrom auch extraintestinales Karzinomrisiko. Es existieren
keine allgemein anerkannten Vorsorgerichtlinien.
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Anlage 1
Amsterdam-Kriterien
1. Mindestens drei Familienmitglieder mit HNPCC-assoz. Karzinomen
(Kolon/Rektum, Endometrium, Dünndarm, Urothel (Ureter/Nierenbecken)
2. Mindestens zwei aufeinanderfolgende Generationen betroffen
3. Ein Familienmitglied erstgradig verwandt mit den beiden anderen
4. Ein Erkrankter zum Zeitpunkt der Diagnose jünger als 50 Jahre
5. Ausschluss einer familiären adenomatösen Polyposis
Anlage 2
Überarbeitete Bethesda-Kriterien
Tumoren von Patienten, die eines der folgenden Kriterien erfüllen, sollten auf eine MSI untersucht werden:
1. Diagnose eines KRK vor dem 50. Lj.;
2. Diagnose von syn- oder metachronen kolorektalen oder anderen HNPCC-assoziierten Karzinomen
(Kolon, Rektum, Endometrium, Ovar, Magen, Pankreas, Ureter, Nierenbecken, biliäres System, Gehirn
(v.a. Glioblastom), Haut (Talgdrüsenadenome und –karzinome, Keratoakanthome), Dünndarm)
unabhängig vom Alter bei Diagnose
3. Diagnose eines KRK vor dem 60. Lj. mit typischer Histologie eines MSI-H-Tumors (tumorinfiltrierende
Lymphozyten, Crohn’s like lesions, muzinöse oder siegelringzellige Differenzierung, medulläres Karzinom)
4. Diagnose eines KRK bei mindestens einem erstgradigen Verwandten mit einem HNPCC-assoziierten
Tumor, davon Diagnose mindestens eines Tumors vor dem 50. Lj.;
5. Diagnose eines KRK bei zwei oder mehr erstgradig Verwandten mit einem HNPCC-assoziierten Tumor,
unabhängig vom Alter.
Alle 10 J. Koloskopie
Oder jährlich FOBT und Sigmoidoskopie alle 5 J.
Keine Screeningempfehlung
< 50. LJ
50. LJ
Normal
Risiko?
erhöht
Eigene Vorgeschichte
KRK
Adenomatöse
Polypen
CED
Adenome mit
Karzinomanteilen
Familiäre Belastung
Adenomatöse Polypen
KRK
IP< 50 J.
s. Nachsorgeempfehlungen
Pankolitis
> 8 J.
CU
M. Crohn
Keine
Empfehlungen
Low risk*
Colo nach 6,
24 und 60
Monaten
High risk*
OP, Kontrollen
nach 24 und 60
Monaten
Colo 10 J. vor
Manifestationsalter des IP
WDH alle 10 J.
IP< 60 J.,
(Bei sehr
jungen
Patienten
DD HNPCC)
Linksseitige
Colitis > 15 J.
Coloskopie und Stufenbiopsie jährlich
(individuelle Risikostratefizierung:
Entzündungsaktivität, Pseudopolypen,
PSC, fam. Belastung (KRK))
Procedere bei IEN
s. Flussdiagramm 2
1. Kontrolle
a ) nach 5 J. bei 1-2 Adenomen <1 cm
ohne höhergradige IEN
b ) bei histologisch nicht bestätigter
vollständiger Abtragung (nach „Piece
meal“ Resektionen) in 2-6 Monaten
c) bei >10 Adenomen kürzer als 3
Jahren nach individuellen Kriterien
d ) sonst nach 3 Jahren, wenn
unauffällig in 5-jährlichem Abstand
weiter
Colo 10 J. vor
Manifestationsalter des IP,
spätestens ab 50. LJ,
WDH alle 10 J.
*Low risk: G1, G2, L0
*High risk: G3, G4 und/oder L1
Genet. Syndrome
FAP, AAPC,
HNPCC
Hamartöse
Polyposissndrome
Genet. Beratung
Genet. Testung
Endoskopie
Betreuung in
Zentren
© Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Regensburg, 27.09.2010
Verfasser
E-mail:
[email protected]
Hausfunk:
1515
Literatur
AWMF Leitlinien:
Zeitschrift für Gastroenterologie 2004; 10: 1129-1174.
S3 - Leitlinienkonferenz „KRK“. (Aktualisierung 2008).
Internationale Leitlinien:
Vasen HFA: Review article: the Lynch Syndrome (hereditory nonpolyposis)
colorectal cancer). Aliment Pharmacol Ther 26 (Suppl2): 113-26.
Schulmann K, et al. HNPCC-Associated small bowel cancer: clinical and
molecular characteristics. Gastroenterology 2005; 128: 59-599.
Vasen HFA et al. Guidelines for the clinical management of familial
adenomatous polyposis (FAP). Gut 2008; 57:704-713.
Empfehlungen ohne Gewähr, Verantwortung liegt bei behandelnder Ärztin/Arzt!
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