BERGISCHE UNIVERSITÄT WUPPERTAL Fakultät 4 - Mathematik und Naturwissenschaften Apl. Prof. Dr. G. Herbort Dr. T. P. Pawlaschyk 25.05.16 Übungen zur Analysis 1, SoSe 2016 Blatt 6 Aufgabe 1 (5+5 Punkte) (a) Angenommen, dem Einheitskreis werde ein regelmäßiges 2n+1 -Eck einbeschrieben, wobei n ∈ N ist. Es besteht aus 2n+1 gleichschenkligen Dreiecken, welche die Höhe hn besitzen. Bestimmen Sie eine rekursive Formel für hn und zeigen Sie, dass die Folge (hn )n≥0 konvergiert. (b) Seien eine monoton steigende Folge (an )n≥1 und eine monoton fallende Folge (bn )n≥1 gegeben, die an ≤ bn für alle n ∈ N erfüllen. Zeigen Sie, dass beide Folgen konvergieren und dass lim an ≤ lim bn gilt. n→∞ n→∞ Lösung (a) Als Rekursionsformel für die Höhe ergibt sich r hn + 1 hn+1 = 2 √ mit h1 = 1/ 2. Diese Folge ist monoton steigend und nach oben beschränkt. Wir zeigen die Beschränktheit induktiv: Es ist h1 < 1. Wir schließen von n auf n + 1 und nehmen an, es gelte bereits hn ≤ 1. Dann folgt r hn + 1 hn+1 = ≤ 1. 2 Also ist hn ≤ 1 für alle n. Ferner ist leicht zu sehen, dass hn > 0 ist für alle n. Für die Monotonie hn+1 ≥ hn betrachten wir den dazu äquivalenten Quotienten bzw. h2n+1 h2n ≥ 1. Dann gilt mit der obigen Abschätzung hn ≤ 1 bzw. 1 hn hn+1 hn ≥ 1 ≥ 1, dass h2n+1 hn + 1 1 1 1 = = + 2 ≥ 2 · = 1. 2 2 hn 2hn 2hn 2hn 2 Somit konvergiert die Folge (hn )n . Ist h = limn→∞ hn , so haben wir h = folgt. q h+1 2 , woraus h = 1 (b) Wegen an ≤ bn ≤ bn−1 ≤ . . . ≤ b1 für alle n ∈ N ist an nach oben beschränkt. Mit einem ähnlichen Argument ist auch a1 nach unten beschränkt. Aus der Monotonie und der Beschränktheit folgt damit auch die Konvergenz der Folgen. Sei a := lim an bzw. b := n→∞ lim bn . Sei nun n0 ∈ N beliebig. Dann ist an0 +k ≤ bn0 +k ≤ . . . ≤ bn0 für alle k ∈ N0 , d.h. n→∞ an ≤ bn0 für alle n ≥ n0 . Da limn≥n0 an = a ist, ist also a ≤ bn0 für alle n0 ∈ N. Daraus folgt, dass auch a ≤ b sein muss. Aufgabe 2 (5+5 Punkte) Bestimmen Sie jeweils die Häufungswerte der nachstehenden Folgen sowie den Limes inferior und Limes superior. (a) a0 = 1, a1 = 2 und an+2 = 1+an+1 an für n ≥ 0 (b) xn = nx − [nx], wobei n ∈ N0 , x ∈ R und [t] = max{k ≤ t | k ∈ Z} die Gauß-Klammer von t ∈ R sind. Hinweis: Unterscheiden Sie in (b) die beiden Fälle, in denen x rational oder x irrational ist. Lösung (a) Es sind a2 = 3, a3 = 2, a5 = 1, a6 = 2. Da a5 = a0 = 1 und a6 = a1 = 2 sind und die Folge rekursiv definiert ist, wiederholt sich die Sequenz 1, 2, 3, 2, 1. Damit sind 1, 2, 3 die Häufungswerte von (an )n . Es ist limn→∞ = 3 und limn→∞ = 1. (b) (i) Sei y = dc mit teilerfremden ganzen Zahlen c, d, d 6= 0. Dann können wir c mit Rest durch d teilen, d.h. c = kd + r, wobei k ∈ Z und r ∈ {0, . . . , d − 1} ist. Für die Gaußklammer gilt dann [y] = [c/d] = [k + r/d] = k, falls y ≥ 0 und [y] = k − 1, falls y < 0 ist. Sei nun x = p/q ∈ Q und n ∈ N, wobei p, q teilerfremde ganze Zahlen sind. Dann ist np = kq + r, wobei r ∈ {0, . . . , q − 1} ist. Es folgt xn = nx − [nx] = np/q − [np/q] = k + r/q − [k + r/q] = r/q. Ferner ist xn+q = xn für alle n ∈ N0 , denn xn+q = nx + qx − [nx + qx] = nx + p − [nx + p] = nx + p − [nx] − p = xn . Da p und q teilerfremd sind, sind x0 , x1 , . . . , xq−1 paarweise verschieden. Denn angenommen, xn = xm für n, m ∈ {0, . . . , q − 1} mit n 6= m. Sei np = k1 q + r1 und mp = k2 q + r2 . Aus xn = xm folgt r1 = r2 , also r1 = mp − k2 q bzw. np = k1 q + mp − k2 q bzw. (n − m)p = (k1 − k2 )q Das bedeutet, dass q die Zahl (n − m)p teilt. Da p und q teilerfremd sind, muss q die Zahl n − m teilen. Da aber n, m ∈ {0, . . . , q − 1} sind, ist |n − m| < q − 1. Somit kann q die Zahl n − m ebenfalls nicht teilen; ein Widerspruch. Damit sind alle Zahlen r/q mit r ∈ {0, . . . , q − 1} Häufungswerte von (xn )n . (ii) Sei nun x irrational. Wir benutzen später folgende Rechenregeln für die Gauß-Klammer: (1.) Für alle z ∈ R gilt: −[z] = [−z] + 1 (2.) Für alle z, w ∈ R gilt: [z] + [w] ≤ [z + w] ≤ [z] + [w] + 1 Aus diesen beiden Eigenschaften erhalten wir: (3.) Für alle z, w ∈ R gilt: [z] − [w] ≤ [z − w] + 1 ≤ [z] − [w] + 1 Ferner haben wir folgende Zerlegungseigenschaft: (4.) Sei y ∈ (0, 1). Betrachte für k ∈ N, 1 ≤ k ≤ [1/y] die Intervalle Ik := [(k − 1)y, ky] der Länge y. Dann gibt es zu jedem c ∈ [0, 1] gibt es ein solches Intervall mit c ∈ Ik oder c ∈ [y[1/y], 1]. Sei h ∈ [0, 1] fest. Wir zeigen, dass h ein Häufungswert von (xn )n ist. Dazu konstruieren wir eine Teilfolge (xnl )l , die gegen h konvergiert. Zunächst zeigen wir, dass es für alle N > 1 es ein Folgenglied xM mit |xM − h| < 1/N gibt. Da x irrational ist, ist xn ∈ (0, 1) für alle n ∈ N. Also gibt es eine konvergente Teilfolge (xnk )k nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß. Ferner ist diese Teilfolge eine Cauchy-Folge, d.h. es gibt einen Index k0 derart, dass |xnk − xnj | < 1/N für alle k, j ≥ k0 . Wir wählen zwei solcher Indizes n > m mit |xn − xm | < 1/N . Eine genauere Untersuchung dieser Differenz ergibt: (∗) |xn − xm | = |xn−m + [(n − m)x] − ([nx] − [mx]) | < 1/N | {z } =:σ Wegen der Rechenregel (3.) ist nun σ ∈ {−1, 0}, da σ ∈ Z. Ist σ = 0, so ist 0 < xn−m < 1/N (die untere Abschätzung ist klar, die obere folgt aus der obigen Ungleichung (∗)). Wir wenden Eigenschaft (4.) an und finden ein 1 ≤ k ≤ [1/xn−m ] derart, dass h ∈ [(k − 1)xn−m , kxn−m ] oder h ∈ [xn−m [1/xn − m], 1]. Daraus folgt −1/N < −xn−m ≤ h − kxn−m ≤ 0 bzw. 0 ≤ h − xn−m < 1/N , also insgesamt |kxn−m − h| < 1/N . Da kxn−m = xk(n−m) für 1 ≤ k ≤ [1/xn−m ] ist (Übung!), wählen wir in diesem Fall M = k(n − m). Ist σ = −1, so ist 1 − 1/N aus der obigen Ungleichung mit c = 1 − h und y = 1 1 − k(1 − xn−m ) = xk(n−m) < xn−m < 1 (die obere Abschätzung ist klar, die untere folgt (∗)). Wir verwenden hier wieder die Eigenschaft (4.), diesmal − xn−m mit einem geeigneten 1 ≤ k ≤ [1/(1 − xn−m )]. Da ist (Übung!), wählen wir wieder M = k(n − m). Die gesuchte Teilfolge (xnl )l ist nun induktiv über l ∈ N zu wählen. Für l = 1 sei n1 := M wie oben beschrieben mit N = 1. Angenommen, wir haben bereits Folgenglieder xn1 , . . . , xnl wie oben konstruiert, die |xnj − h| < 1/j für 1 ≤ j ≤ l erfüllen. Dann wählen wir N = l + 1 und n > m derart, dass n − m > nl ist. Daraus folgt k(n − m) > nl für k ≥ 1, und wir können nl+1 := M = k(n − m) für ein geeignetes k wählen. Das garantiert, dass (xnl )l eine echte Teilfolge von (xn )n ist, die gegen h konvergiert. Aufgabe 3 (4+6 Punkte) Beweisen Sie: (a) Jede Folge besitzt eine monotone Teilfolge. (b) Eine Folge (an )n≥0 konvergiert genau dann, wenn die Teilfolgen (a2n )n≥0 , (a2n+1 )n≥0 und (a3n )n≥0 konvergieren. Gilt die Rückrichtung der Aussage immer noch, wenn man auf die Konvergenz einer der Teilfolgen verzichtet? Lösung (a) Angenommen, die Folge (an )n≥1 besäße keine monoton steigende Teilfolge. Dann gibt es einen Index n1 mit n1 > 1, aber an1 ≤ a1 . Nach Annahme kann aber auch die Teilfolge (an )n≥n1 keine monoton steigende Teilfolge besitzen. Wieder gibt es einen Index n2 > n1 mit an2 ≤ an3 . Induktiv können nun folgern, dass es eine Teilfolge (ank )k gibt, die monoton fallend ist. (b) Eine Richtung ist klar, da alle Teilfolgen einer konvergente Folge konvergieren. Es bleibt also nur die Rückrichtung zu zeigen. Seien dazu jeweils a, b und c die Grenzwerte der Folgen (a2n )n≥0 , (a2n+1 )n≥0 bzw. (a3n )n≥0 . Da (a6n )n eine Teilfolge von (a2n )n und (a3n ) ist, ist ihr Grenzwert gleich a bzw. c. Wegen der Eindeutigkeit des Grenzwerts ist also a = c. Betrachten wir die Teilfolge (a6n+3 )n , so können wir analog folgern, dass b = c ist. Daher haben alle diese Teilfolgen denselben Grenzwert a. Ist nun ε > 0 fest, dann gibt es ein n1 ∈ N und ein n2 ∈ N derart, dass für alle n ≥ max{n1 , n2 } gilt: |a2n − a| < ε und |a2n+1 − a| < ε. Da aber (a2n )n alle geraden und (a2n+1 )n alle ungeraden Glieder von (an )n liefern, folgt leicht, dass (an )n gegen a konvergieren muss. Aufgabe 4 (4+6 Punkte) (a) Bestimmen Sie den Grenzwert der Reihe ∞ X n=1 1 . −1 4n2 (b) Überprüfen Sie die folgenden Reihen auf Konvergenz: (i) ∞ X (n + 1)n−1 n=1 (−n)n (ii) ∞ X 1 + (−1)n √ n+ n n=1 (iii) ∞ X n2−n n=1 Lösung (a) Wir betrachten die k-ten Partialsummen und formen um: k X n=1 ∞ k n=1 n=1 X 1 1 1X = = 4n2 − 1 (2n − 1)(2n + 1) 2 k 1X = 2 n=1 Dann ist ∞ X n=1 1 1 − 2(n − 1) + 1 2n + 1 k X 1 1 1 = lim = lim 2 2 4n − 1 k→∞ 4n − 1 k→∞ 2 n=1 1 = 2 1− 1 1 − 2n − 1 2n + 1 1− 1 2k + 1 1 2k + 1 = 1 = . 2 (b) (i) Die Koeffizienten der Reihe schreiben wir etwas um: 1 n 1 (n + 1)n−1 n = (−1) · 1 + · = (−1)n an n (−n) n n+1 n 1 ist eine Nullfolge, da der erste Faktor gegen e und der zweite Die Folge an = 1 + n1 · n+1 gegen Null konvergiert. Mit dem Leibniz-Kriterium folgt nun die Konvergenz der Reihe. (ii) Sei bn = schreiben als 1+(−1)n √ . n+ n Ferner ist b2n > Es ist b2n+1 = 0 für alle n ∈ N0 . Die Reihe können wir demnach ∞ X 1 2n 2 √ . 2n + 2n n=1 P P∞ 1 für alle n ∈ N. Da ∞ n=1 2n divergiert, divergiert auch die Reihe n=1 bn . (iii) Wir verwenden das Wurzelkriterium. Mit cn = n2−n ist √ n √ n n cn = 2 Da diese Folge konvergiert, ist √ n limn→∞ √ n n n 1 = lim = <1 n→∞ 2 2 2 Somit konvergiert die Reihe. Abgabe bitte bis 01.06.16 bis 10 Uhr in das Postfach Ihres Übungsleiters auf D13 (Michael Brünnig: Postf. 4, Sergiy Bogdanov: Postf. 13, Felix Wiese: Postf. 18 und Daisy Wozniok: Postf. 25) Webseite: www.math.uni-wuppertal.de/∼herbort