32.2 Kohlenhydrate und Ballaststoffe

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32 Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette
32.2 Kohlenhydrate und
Ballaststoffe
Kohlenhydrate bilden quantitativ (mengenmäßig) in unserer Ernährung den wichtigsten
Energielieferanten. Dies geschieht zumeist
über den Verzehr pflanzlicher Lebensmittel.
Kohlenhydrate werden in den D-A-CH-Referenzwerten immer mit Ballaststoffen gemeinsam genannt.
Ballaststoffe sind in den meisten Fällen Kohlenhydrate, die für den menschlichen Organismus gar nicht oder nur zum Teil verdaulich sind.
Eine hohe Ballaststoffzufuhr ist laut der
»Leitlinie Kohlenhydrate kompakt« der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) (2011)
gleichzusetzen mit einer primären Prävention
(Vorbeugung) verschiedener ernährungsbedingter Krankheiten. So senkt eine hohe Ballaststoffzufuhr beim Erwachsenen mit wissenschaftlich nachgewiesener Wahrscheinlichkeit
das Risiko, an Adipositas (Fettleibigkeit), Hypertonie (Bluthochdruck) oder einer koronaren
Herzkrankheit zu erkranken. Die wichtigsten
Quellen für Ballaststoffe in Deutschland sind:
Brot
Obst
Gemüse (Karotten, Paprika, Fenchel)
Pilze
Hülsenfrüchte
Erwachsene sollten bei einer empfohlenen
Kohlenhydratzufuhr von über 50 % der Ernährung mehr als 30 g Ballaststoffe pro Tag zu
sich zu nehmen. Pro 1 000 kcal wird Frauen
eine Ballaststoffzufuhr von 16 g, Männern von
12,5 g empfohlen. Eine einfache Möglichkeit,
vermehrt Ballaststoffe zu sich zu nehmen, ist
der Gebrauch von Mehlen mit einer hohen Typenzahl. Die Typenzahl gibt den mittleren Mineralstoffgehalt in mg/100 g Trockenmasse an.
Mehle mit hohen Typenzahlen enthalten mehr
Randschichtenteile des Korns als Mehle mit
niedrigen Typenzahlen. Weizenmehl Type 405
enthält ca. 4 g Ballaststoffe auf 100 g, Weizenvollkornmehle enthalten 10 g. Will man z. B.
beim Backen einen geschmacklichen Ausgleich
herstellen, kann man Mehle mit niedriger und
höherer Typenzahl mischen, z. B. 1 : 1. Gute
Tipps sind auf der DGE-Website www.dge.de
zu finden.
32.2.1 Aufbau der Kohlenhydrate
Kohlenhydrate (KH) setzen sich aus den Elementen Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H) und
Sauerstoff (O) zusammen. Sie werden in den
Pflanzen unter Ablauf der Photosynthese gebildet (Abb. 32-1):
Die Pflanze nimmt aus der Luft Kohlendioxid (CO2) auf.
Aus der Erde nimmt die Pflanze Wasser
(H2O) auf.
O2
Sauerstoff
Licht
C6H12O6
Glukose
CO2
Kohlenstoffdioxid
H2O
Wasser
6CO2 + 6H2O
C6H12O6 + 6O2
Abb. 32-1 Grundvorgänge der Photosynthese
32.2 Kohlenhydrate und Ballaststoffe
In den Blattgrünkörperchen (Chloroplasten)
wird durch das Blattgrün (Chlorophyll) mit
Hilfe von Sonnenlicht und Wasser aus den
Elementen Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff Traubenzucker (C6H12O6) aufgebaut. Bei diesem Vorgang wird von der
Pflanze Sauerstoff (O2) abgegeben. Durch
die Photosynthese wird der durch die Atmung von Mensch und Tier verbrauchte
Sauerstoff ständig ersetzt.
Die für die Ernährung des Menschen wichtigen Kohlenhydrateverbindungen sind:
Monosaccharide (z. B. Glukose = Traubenzucker)
Disaccharide (z. B. Laktose = Milchzucker)
Polysaccharide (z. B. Stärke)
32.2.2 Biologisch wichtige
Kohlenhydrate
Monosaccharide
Monosaccharide oder Einfachzucker bestehen
aus einem Baustein. Beispiele sind Fruktose
(Fruchtzucker), Galaktose (Schleimzucker) oder
die oben genannte Glukose.
Die Glukose spielt im menschlichen Körper
eine entscheidende Rolle, sie kann von den
Zellen direkt zur Energiegewinnung genutzt werden.
Disaccharide
Disaccharide oder Zweifachzucker bestehen aus
zwei Bausteinen. Die Verbindung von Glukose
und Fruktose ergibt Saccharose (Rohr- oder
Rübenzucker), Laktose besteht aus Glukose und
Galaktose. Disaccharide können sich wieder in
Monosaccharide aufspalten, dazu benötigen sie
ein Wassermolekül.
Sowohl Mono- als auch Disaccharide schmecken süß (s. Tab. 32-1, S. 414).
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Polysaccharide
Polysaccharide oder Vielfachzucker bestehen
aus Ketten mehrerer 100 bis 1 000 Monosaccharidmolekülen. Manche Polysaccharide, wie
z. B. Stärke, werden während des Verdauungsvorgangs wieder in Glukose gespalten und so
dem Körper als Energiequelle zugänglich gemacht. Andere gehören zu den oben genannten
Ballaststoffen und sind wenig oder unverdaulich, so z. B. die Zellulose.
Tabelle 32-1 zeigt einige Beispiele für Mono-,
Di- und Polysaccharide sowie ihr Vorkommen
und ihre Eigenschaften.
32.2.3 Verzehr von Kohlenhydraten
Eine gesunde Kohlenhydratzufuhr besteht
nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aus polysaccharid- und
ballaststoffreichen Lebensmitteln. Die Begründung liegt in der unterschiedlichen Verstoffwechselung und dem zusätzlichen Gehalt an
wichtigen Nährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen dieser Lebensmittel. Auch »Süßes«,
also Mono- und Disaccharide sind in begrenzter Menge erlaubt, am besten in Form von
Früchten.
Die Nationale Verzehrsstudie II hat gezeigt, dass
73 % der Männer und 56 % der Frauen den
vorgegebenen Richtwert von mindestens 50 %
Kohlenhydrate in der Nahrung nicht erreichen.
Ebenso liegen etwa 68 % der Männer und 75 %
der Frauen unterhalb des D-A-CH-Referenzwertes von 30 g Ballaststoffzufuhr pro Tag. Die
Hauptquelle für Kohlenhydrate bildet sowohl
bei Frauen als auch bei Männern Brot, gefolgt
von alkoholfreien Getränken, Süßwaren, Obst
und Obsterzeugnissen.
Übersteigt die Kohlenhydrataufnahme den
tatsächlichen Bedarf des Organismus, wird
Glukose in Glykogen überführt. Auf diese Weise speichert der Körper etwa 400 g (entspricht
2 000 kcal) schnell wieder verwertbares Kohlenhydrat in Muskeln und Leber. Ist auch dieser
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32 Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette
Tab. 32-1 Übersicht über verschiedene Kohlenhydrate, ihr Vorkommen und ihre Eigenschaften
Kohlenhydratart
Name
Vorkommen
Eigenschaften
Monosaccharide
Glukose
in Obst und Honig (gemischt
mit Fruktose), in Zuckerrüben
und -rohr (chemisch gebunden
an Fruktose als Saccharose), in
Milch- und Malzzucker, isoliert
als industriell hergestellter
Traubenzucker
schmeckt süß, Schlüsselsubstanz im Energiestoffwechsel, nimmt am Aufbau
vieler Polysaccharide teil,
einziger Energielieferant für
den Gehirnstoffwechsel
Fruktose
in Früchten (z. B. Äpfel,
Pflaumen) und Honig, rein
als Fruktosesirup oder
konzentrierter Fruchtzucker
schmeckt sehr süß, kann in
Glukose umgewandelt werden, spielt in der Diätetik
eine Rolle oder wird unabhängig von Insulin verwertet
Galaktose
als Milchzucker in Milch und
Milchprodukten (chemisch
gebunden an Glukose), kommt
in fast allen Proteinen vor
kaum süß, wichtig für die
Milchbildung, kann in
Glukose umgewandelt
werden
Maltose
in keimenden Getreiden,
Malzextrakten, Bier
schmeckt wenig süß,
entsteht beim Abbau von
Stärke und Glykogen
Saccharose
in Zuckerrohr, Zuckerrüben
und anderen Pflanzen, Honig,
Industrie- und Haushaltszucker
fast so süß wie Fruktose
Laktose
in Milch und Milchprodukten
weniger süß
Stärke
in Getreide und Getreideprodukten, Kartoffeln, Gemüse
(Hülsenfrüchte u. a.) oder als
Mais- und Kartoffelstärke
Reservekohlenhydrat
der Pflanzen, wichtiges
Nahrungsmittel, abbaufähig
zu Glukose
Zellulose
in den Zellwänden der
Pflanzen
nicht verdaulich, dient als
Ballaststoff
Glykogen
insbesondere in Leber- und
Muskelzellen bei Mensch
und Tier
Speicherform der Glukose,
kann bei Bedarf schnell in
Glukose abgebaut werden
(Reservekohlenhydrat)
Disaccharide
Polysaccharide
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