Ballaststoffe

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FORUM ERNÄHRUNGSMEDIZIN
Wissenschaftliche
Ernährungsinformation
Ballaststoffe
PROF. DR. MED. HEINRICH KASPER
Wissenschaftliche Ernährungsinformation
Ballaststoffe
In der Reihe FORUM ERNÄHRUNGSMEDIZIN
Inhaltsverzeichnis
„Wissenschaftliche Ernährungsinformation: Ballaststoffe“ ist eine
ernährungsmedizinische Informationsschrift in der Reihe FORUM
ERNÄHRUNGSMEDIZIN
Geschichte
4
Definitionen und Einteilung von Ballaststoffen
Definitionen
Einteilung in „lösliche“ und „unlösliche“ Ballaststoffe
5
Aufnahme und Empfehlungen für die Zufuhr
Mittlere Ballaststoffzufuhr
Richtwerte für die Tageszufuhr von Ballaststoffen
10
Physiologische Effekte von Ballaststoffen
Wirkungen der Ballaststoffe auf den Dickdarm
Wirkungen der Ballaststoffe im Dünndarm
12
Ballaststoffe in der Prävention und Therapie von
Funktionsstörungen sowie Erkrankungen
Darmerkrankungen
Übergewicht und Adipositas
Arteriosklerotische Gefäßerkrankungen
Diabetes mellitus Typ 2
IMPRESSUM
19
Herausgeber:
KELLOGG (DEUTSCHLAND) GMBH
Postfach 10 42 40
D-28042 Bremen.
Für die Beratung
Tipps für einen gesunden Lebensstil
Vorlage eines Fragebogens für die Beratung
30
Autor:
Prof. Dr. med. Heinrich Kasper
Literaturverzeichnis
34
Konzept und Redaktion:
:relations GmbH
60598 Frankfurt a.M.
Layout und Satz:
Regler ComputerSatz
28211 Bremenhrista Herzer0596 Frankfurt a.M.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung sind vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne ausdrückliche
Genehmigung der KELLOGG (DEUTSCHLAND) GMBH reproduziert werden.
© FORUM ERNÄHRUNGSMEDIZIN
Stand: März 2008
1100/6000
Druck:
Berlin Druck GmbH & Co. KGHella Pukowski
28832 Achim452 Hanau
3
Geschichte
Definitionen und Einteilung
von Ballaststoffen
Das Interesse von Ernährungswissenschaft und Medizin war bis
Anfang der 1970er Jahre auf die Bedeutung essenzieller Nährstoffe
wie Vitamine, Spurenelemente und Proteine fokussiert. Die nicht
unmittelbar für die Bedarfsdeckung relevanten Nahrungsbestandteile schienen ohne Bedeutung und fanden kaum wissenschaftliches Interesse – dies galt auch für die Ballaststoffe.
Es gab jedoch, wie oft in der Geschichte, einige Wissenschaftler,
die Weitsicht bewiesen. So schrieb der bekannte Chemiker von
Liebig 1859: „Die Absonderung der Kleie vom Mehl ist eine Sache
des Luxus und für die Ernährungszwecke schädlicher als nützlich.“
Im frühen 19. Jahrhundert hatten auch Graham und später die
Brüder Kellogg in den USA die gesundheitsfördernde Wirkung
von Getreideprodukten erkannt und propagierten eine Ernährung
reich an Produkten aus dem ganzen Korn.
Nach der „DietaryFiber-Hypothese“
begünstigt eine
geringe Ballaststoffzufuhr die Entstehung zahlreicher
Erkrankungen
Breites Interesse an den Ballaststoffen und die wissenschaftliche
Untersuchung ihrer Wirkungen auf die Organe des Gastrointestinaltrakts sowie den menschlichen Stoffwechsel setzte erst nach
Bekanntwerden der von den Engländern Burkitt, Trowell, Painter
und anderen in den 1960er Jahren aufgestellten „Dietary-FiberHypothese“ ein (1). Diese besagt, dass die Entstehung einer Vielzahl der in den westlichen Industrieländern häufigen Erkrankungen
und Funktionsstörungen – wie Kolonkarzinom, Hämorrhoiden,
Obstipation, Arteriosklerose, Diabetes mellitus und Adipositas –
durch den stetig abnehmenden Verzehr von Ballaststoffen begünstigt wird. Die Hypothese stützt sich auf langjährige Erfahrungen
überwiegend englischer Ärzte mit der indigenen Bevölkerung in
Ostafrika und Indien. Sie beobachteten, dass diese Erkrankungen
bei der afrikanischen und indischen Bevölkerung relativ selten
auftraten, während sie in den westlichen Industrieländern epidemieartig zunahmen.
Der binnen kurzer Zeit veränderte Lebensstil in den westlichen
Industrieländern lag als eine der Möglichkeiten zur Erklärung
dieses Phänomens am nächsten. Hier wandelten sich insbesondere die traditionellen Ernährungsgewohnheiten, während sich
die Bevölkerung in Afrika weiterhin überwiegend von Vollkornprodukten, Gemüse und Obst bei geringer Zufuhr an Fleisch und
Fett ernährte.
4
In Deutschland hat sich allgemein der Begriff „Ballaststoffe“ für
die unverdaulichen Bestandteile pflanzlicher Lebensmittel durchgesetzt. Der durch den Wortbestandteil „Ballast“ eher irreführende
Begriff wurde zu einer Zeit geprägt, als die Wissenschaftler die
gesundheitsfördernden Eigenschaften der Ballaststoffe noch nicht
erkannt hatten. Seltener findet man auch die Bezeichnungen
Nahrungsfasern, Pflanzenfasern oder Faserstoffe in Anlehnung an
den Begriff „Dietary Fiber“ aus dem Angelsächsischen.
DEFINITIONEN
Nach wie vor existiert keine allgemein anerkannte Definition für
Ballaststoffe. Während Kliniker und Ernährungswissenschaftler
eine an den Effekten im Organismus orientierte Begriffserklärung
wählen, beziehen sich Chemiker in ihrer Definition auf die Zusammensetzung der Einzelkomponenten. Einigkeit besteht aber
darin, dass die Nicht-Verdaulichkeit das Hauptcharakteristikum
der Ballaststoffe darstellt und eine Definition auf Basis ihrer physiologischen Eigenschaften unentbehrlich ist.
Nicht-Verdaulichkeit stellt das
Hauptcharakteristikum der Ballaststoffe dar
Die „physiologische“ Definition der Codex-Alimentarius-Kommission besagt (2): Es handelt sich um Kohlenhydratpolymere (außer
Mono- und Disacchariden), die im Dünndarm weder abgebaut
noch resorbiert werden. Sie setzen sich zusammen aus Kohlenhydratpolymeren aus natürlichen, verzehrsfertigen Lebensmitteln,
aus solchen, die aus Lebensmitteln mittels physikalischer, enzymatischer oder chemischer Methoden gewonnen werden, sowie
aus synthetischen Kohlenhydratpolymeren.
Ballaststoffe haben generell unter anderen die Eigenschaften, das
Stuhlvolumen und -gewicht zu erhöhen und die intestinale Transitzeit zu verkürzen. Ballaststoffe werden partiell von der intestinalen
Mikroflora abgebaut, sie reduzieren den Blutcholesterinspiegel
und/oder das LDL-Cholesterin und senken die postprandiale
Blutglukose und/oder den Insulinspiegel.
Die Definition umfasst auch die sogenannte resistente Stärke,
die ebenfalls im Dünndarm nicht abgebaut werden kann (siehe
dazu auch Seite 8).
5
Die „chemische“ Definition lautet: Ballaststoffe sind Kohlenhydratpolymere und Nicht-Stärke-Polysaccharide sowie Lignin, die
primär Bestandteile pflanzlicher Zellwände sind.
Die Vielzahl der
Ballaststoffe lässt
sich nicht mit
einer Methode
erfassen
Keine der Definitionen, über deren Formulierung seit Langem international diskutiert wird, ist voll zufriedenstellend. Das Gleiche gilt
für eine exakte Analytik, mit der die sehr heterogene Stoffgruppe
ausreichend sicher erfasst wird. Vielfach erfolgt die Analyse auf
der von der Association of the Official Analytical Chemists (AOAC)
entwickelten enzymatischen Methode. Zufuhrempfehlungen
stützen sich aber auch auf Werte, die mit der sogenannten Englyst-Methode ermittelt wurden. Sicher ist nur eines: Die Vielzahl
der heute den Ballaststoffen zugeordneten Stoffe lässt sich nicht
mit einer einzigen Methode erfassen.
EINTEILUNG IN „LÖSLICHE“ UND „UNLÖSLICHE“ BALLASTSTOFFE
„Lösliche“ Ballaststoffe sind viskös
und Gel bildend,
„unlösliche“ quellen
auf
Die Unterteilung von Nicht-Stärke-Polysacchariden in „wasserlösliche“ und „wasserunlösliche“ stammt aus der frühen Analytik. „Löslich“ bedeutet dabei nicht, dass sich der Ballaststoff bis
zum Verschwinden auflöst, wie es beispielsweise bei der Auflösung von Zucker in Wasser der Fall ist. Die Unterscheidung in
„(wasser-)löslich“ und „(wasser-)unlöslich“ bezieht sich vielmehr
auf die unterschiedliche Fähigkeit zur Wasserbindung. Nach
damaligem Verständnis waren „lösliche“ Ballaststoffe visköse
und Gel bildende Stoffe, die die Glukose- und Fettresorption beeinflussen. Zur Gruppe der „unlöslichen“ Ballaststoffe
zählte man all diejenigen, die aufquellen und dadurch Effekte
auf die Darmfunktion und -aktivität haben. Heute weiß man,
dass diese einfache Einteilung aufgrund der physiologischen
Wirkungen nicht für alle Ballaststoffkomponenten zutreffend
ist. Gleichwohl ist sie nach wie vor sehr gebräuchlich und wird
daher auch in dieser Broschüre verwendet.
„Wasserunlösliche" Ballaststoffe, wie Zellulose, Hemizellulose und Lignin, werden im Dickdarm bakteriell nur
geringfügig abgebaut und folglich zum größten Teil mit
dem Stuhl ausgeschieden. Aufgrund des hohen Wasserbindungsvermögens erhöhen „unlösliche“ Ballaststoffe
sowohl das Volumen als auch das Gewicht des Stuhls.
Dadurch wird die Peristaltik angeregt und verkürzt sich
6
die Transitzeit im Dickdarm. Dieser Effekt beugt unter anderem
Obstipation vor. Die wichtigsten „unlöslichen“ Ballaststoffe sind:
◆ Zellulose
Sie ist der Hauptbestandteil von Pflanzenzellwänden und dient
dort der Strukturbildung. Zellulose ist ein Glukosepolymer mit
einem relativ hohen Wasserbindungsvermögen. Ein großer Teil der
Ballaststoffe in Weizenkleie besteht aus Zellulose. Diese macht in
Getreide und Früchten rund ein Viertel der gesamten Ballaststoffe
aus, in Gemüse und Nüssen rund ein Drittel.
◆ Hemizellulose
Ist ein aus Pentosen und Hexosen bestehendes Polysaccharid.
Sie bildet zusammen mit Zellulose einen der wesentlichen stabilisierenden Bestandteile von Pflanzenzellwänden und ist ebenfalls
reichlich in der Kleieschicht von Getreide enthalten. Ballaststoffe
in Gemüse, Früchten, Hülsenfrüchten und Nüssen bestehen zu
etwa einem Drittel aus Hemizellulose.
◆ Lignin
Während die bisher genannten Ballaststoffe zur Gruppe der unverdaulichen Kohlenhydrate zählen, ist Lignin kein Kohlenhydrat,
sondern ein Phenylpropanpolymer. Die auch als Holzstoff bezeichnete Substanz entsteht vermehrt während des Alterns von Pflanzen
als Stützsubstanz zur Stabilisierung von Strukturen.
„Wasserlösliche" Ballaststoffe wie Pektine in Blattgemüse und
Obst und Beta-Glucane in Getreide, insbesondere Hafer und
Gerste, verfügen über Quervernetzungen ihrer Moleküle. Hier
entstehen im molekularen Aufbau „Hohlräume“, in die Wasser
eingelagert werden kann. Die Wasserbindungskapazität ist so
enorm groß, dass z. B. Pektin bis zum 60-Fachen seines Eigengewichts an Wasser binden und so sein Volumen um ein Vielfaches
erhöhen kann. „Wasserlösliche“ Ballaststoffe werden allerdings
nahezu vollständig von Mikroorganismen im Kolon abgebaut,
wodurch das Wasser wieder frei wird. Somit hat die Volumenvermehrung durch Wassereinlagerung nur einen unbedeutenden
Einfluss auf das für die Bewegungsabläufe im Dickdarm wichtige
Stuhlvolumen. Die Bedeutung „löslicher“ Ballaststoffe besteht
vielmehr darin, dass sie die glykämische Antwort des Körpers
auf den Verzehr von verwertbaren Kohlenhydraten verbessern,
Die Volumenvermehrung durch
„lösliche“
Ballaststoffe ist
unbedeutend
7
den Cholesterinspiegel senken und ihre Fermentationsprodukte
im Kolon diverse Schutzwirkungen entfalten.
Zu den wichtigsten „löslichen“ Ballaststoffen zählen:
◆ Pektine
Sie sind Polymere aus Galakturonsäure mit Seitenketten aus
verschiedenen Monosacchariden und Zuckeralkoholen. Pektine
sind löslich in heißem Wasser und bilden beim Abkühlen Gele.
Sie haben die Fähigkeit, verschiedene organische Substanzen wie
Gallensäuren zu binden. Die Eigenschaften der Pektine variieren
je nach Herkunft. Besonders reich an Pektin sind Äpfel und Zitrusfrüchte. In Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen machen sie
15 bis 20 Prozent der Ballaststoffe aus.
◆ Beta-Glucane
Sie sind Glukosepolymere, die visköse Lösungen bilden. Beta-Glucane kommen reichlich in Hafer und Gerste vor, sind in Weizen
hingegen nur in geringen Mengen enthalten.
◆ Sonstige
Neben diesen wichtigsten Komponenten gibt es noch eine
Vielzahl weiterer „löslicher“ Ballaststoffe, wie Pflanzengummis,
Schleimstoffe und Speicherkohlenhydrate. Hierzu zählen Substanzen, die auch Bestandteile von Lebensmitteln sind bzw. bei
deren Verarbeitung zur Stabilisierung, Wasserbindung, Verdickung
und Konsistenzverbesserung verwendet werden. Zu ihnen zählen
Gummi arabicum, Algin, Agar, Guaran, Carrageen und Johannisbrotkernmehl. Auch Inulin und Oligofruktose sind „lösliche“
Ballaststoffe. Wie sich die Ballaststoffe in verschiedenen Lebensmitteln zusammensetzen, zeigt Tabelle 1.
Resistente Stärke
entfaltet im Kolon
ballaststoffähnliche
Wirkungen
Resistente Stärke nimmt eine Sonderstellung ein. Diese im Dünndarm enzymatisch nicht abbaubare Stärke tritt ins Kolon über
und entfaltet hier ballaststoffähnliche Wirkungen. Der Gehalt
an resistenter Stärke in pflanzlichen Lebensmitteln variiert stark.
Zusätzlich wird er in hohem Maße durch die Dauer und Intensität
der Hitzeeinwirkung bei der Zubereitung beeinflusst.
Von Bedeutung ist weiterhin die kristalline Struktur der Stärkegranula. Es werden beispielsweise die Stärkegranula aus rohen
8
Kartoffeln oder grünen Bananen nur wenig abgebaut. Erst
unter Hitzebehandlung kommt es zu einer Strukturänderung
(Gelatinisierung), die einen Abbau durch Alpha-Amylase
ermöglicht. Nach Abkühlung kann die Stärke rekristallisieren
(retrogradieren) und so wieder in eine durch das Enzym nicht
angreifbare Form übergehen. Verzehrt man eine frisch gekochte,
noch heiße oder warme Kartoffel, so ist die Zufuhr an resistenter Stärke sehr gering. Einen relativ hohen Gehalt an resistenter
Stärke dagegen haben gekochte und abgekühlte Kartoffeln.
Auch Brot, gegarter Reis und Teigwaren sind nennenswerte
Quellen für resistente Stärke.
Lebensmittel
Ballaststoffe
gesamt
(g/100g)
Getreideprodukte
Weizenkleie
Haferkleie
Weizenvollkornbrot
Roggenmischbrot
Weizenmischbrot
Vollkornnudeln, gekocht
Toastbrot
Gemüse und Hülsenfrüchte
Linsen, gekocht
Limabohnen, gekocht
Rosenkohl, gekocht
Grüne Erbsen, gekocht
Sauerkraut, gekocht
Karotten, roh
Grüne Bohnen, gekocht
Endivie, roh
Blumenkohl, gekocht
Paprika, grün, roh
Kartoffeln, gekocht
Obst und Nüsse
Mandeln
Erdnüsse
Aprikosen, getrocknet
Pflaumen, getrocknet
Walnüsse
Orangen
Äpfel
Bananen
davon
"unlösliche"
Ballaststoffe
(g/100g)
davon
"lösliche"
Ballaststoffe
(g/100g)
49,3
18,6
6,9
6,0
4,8
4,4
3,8
45,7
10,4
4,9
3,8
2,1
0,7
2,0
3,6
8,2
2,0
2,2
2,7
3,7
1,8
5,2
5,0
4,5
4,4
3,5
3,2
3,0
2,8
2,6
1,6
1,5
4,6
4,0
2,7
3,8
2,6
1,7
2,3
2,0
1,7
1,1
1,2
0,6
1,0
1,8
0,6
0,9
1,5
0,7
0,8
0,9
0,5
0,3
11,2
8,8
7,8
6,6
4,8
2,4
2,0
2,0
10,1
5,5
5,2
2,8
2,8
0,9
1,3
1,4
1,1
3,3
2,6
3,8
2,0
1,5
0,7
0,6
Abgekühlte Pellkartoffeln, Brot und
Teigwaren sind
nennenswerte
Quellen für
resistente Stärke
Tab. 1:
Gehalt verschiedener
Lebensmittel an „löslichen“ und „unlöslichen“
Ballaststoffen (1)
9
Aufnahme und Empfehlungen für die Zufuhr
Während der
Evolution adaptierten sich gastrointestinale und
Stoffwechselfunktionen an eine hohe
Ballaststoffzufuhr
Für den Menschen war es während der Evolution zur Deckung
seines Energiebedarfs vorteilhaft, Lebensmittel mit hoher Energiedichte zu bevorzugen, also Lebensmittel reich an Fett und
leicht verwertbaren Kohlenhydraten, insbesondere Zucker. Doch
wegen der geringen Verfügbarkeit solcher Lebensmittel nahm
er gleichzeitig auch große Mengen an Ballaststoffen mit seiner
Nahrung zu sich. Folglich adaptierten sich sowohl gastrointestinale als auch Stoffwechselfunktionen während langer Zeiträume
an eine hohe Ballaststoffzufuhr. Als Folge der Fortschritte bei
der Lebensmittelproduktion (Züchtung von Kulturpflanzen,
technologische Entwicklungen wie z. B. neue Mühlentechniken)
ist es erst während einer kurzen Phase der Menschheit möglich,
überwiegend Lebensmittel mit hoher Energiedichte und geringem
Ballaststoffanteil zu konsumieren.
chenden Ableitung sowie durch verschiedene Analysemethoden
und zugrunde gelegte Ballaststoffdefinitionen.
Für Kinder fehlen hinreichende wissenschaftliche Erkenntnisse über
die Wirkungen von Ballaststoffen, weshalb bislang nur wenige
Länder Zufuhrempfehlungen entwickelt haben. Die „American
Health Foundation“ empfiehlt für Kinder ab drei Jahren und für
Heranwachsende bis 20 Jahre als Mindestzufuhr eine Menge in
Gramm, die sich aus dem Lebensalter + 5 errechnet (z. B.: Zufuhr
bei Kindern von fünf Jahren = 10 g pro Tag). In Großbritannien wird
empfohlen, dass Kinder unter zwei Jahren keine ballaststoffreichen
Lebensmittel zu sich nehmen sollten, da diese zur Sättigung führen
können, bevor der Energiebedarf gedeckt ist.
Nur in wenigen
Ländern gibt es
Zufuhrempfehlungen für Kinder
MITTLERE BALLASTSTOFFZUFUHR
Die mittlere Ballaststoffzufuhr der
Bevölkerung in
Deutschland
ist zu gering
Die mittlere tägliche Aufnahme an Ballaststoffen lag in Deutschland zu Beginn des vorigen Jahrhunderts bei etwa 100 g pro Tag
und Person und Mitte bis Ende der 1920er Jahre noch bei fast
40 g (3). Derzeit beträgt die mittlere Zufuhr nach Angaben des
Ernährungsberichts der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
2004 für 25- bis unter 51-jährige Frauen und Männer 23 g pro
Tag und Kopf (4). Wobei von einer statistischen Schwankungsbreite von 15 g bis 30 g pro Tag ausgegangen wird (1). Je nach
Ernährungsgewohnheiten nimmt ein Teil der Bevölkerung in
Deutschland deutlich weniger als 16,5 g Ballaststoffe pro Tag
zu sich. Generell – auch im internationalen Vergleich – ist die
Ballaststoffzufuhr bei Frauen geringer als bei Männern.
RICHTWERTE FÜR DIE TAGESZUFUHR VON BALLASTSTOFFEN
Die Gesellschaften für Ernährung in Deutschland, Österreich und
der Schweiz geben als Richtwert für die Zufuhr von Ballaststoffen für Erwachsene eine Menge von mindestens 30 g pro Tag
an (5). Nach internationalen Richtlinien (EURODIET, WHO und
FAO) sollte die tägliche Ballaststoffaufnahme bei mindestens
25 g liegen (6). Das amerikanische „Food and Nutrition Board“
empfiehlt erwachsenen Männern unter 50 Jahren sogar 38 g und
gleichaltrigen Frauen 25 g Ballaststoffe täglich. Die Unterschiede
bei den Empfehlungen ergeben sich aus der voneinander abwei-
10
11
Physiologische Effekte von Ballaststoffen
Die Empfehlungen für eine optimale Ballaststoffzufuhr basieren
auf Kenntnissen über den Einfluss von Ballaststoffen auf die
Funktion von Organen des Gastrointestinaltrakts sowie auf den
Glukose- und Lipidstoffwechsel. Dies begründet ihren Einsatz in
Prävention und Therapie.
WIRKUNG DER BALLASTSTOFFE AUF DEN DICKDARM
Von der Vielzahl an Effekten, die Ballaststoffe im menschlichen
Organismus haben, stehen die auf die Kolonfunktion im Vordergrund. Dies betrifft sowohl die Motilität des Organs und damit
die sogenannte intestinale Transitzeit als auch die Einflüsse auf
die intestinale Bakterienflora.
„Lösliche“ Ballaststoffe werden bis
zu 100 Prozent und
hauptsächlich zu
kurzkettigen Fettsäuren abgebaut
n-Butyrat ist der
Hauptnährstoff
der Kolonschleimhaut
12
◆ Fermentation zu kurzkettigen Fettsäuren
Die Darmbakterien verfügen über Enzymsysteme, die Ballaststoffe
je nach ihrer Art und Zusammensetzung abbauen (fermentieren)
können. Wesentliche Effekte der Ballaststoffe beruhen auf den
dabei entstehenden Spaltprodukten. Während die „löslichen“
Ballaststoffe bis zu 100 Prozent abgebaut werden, liegt die Fermentation der „unlöslichen“ Ballaststoffe darunter und ist eher
unbedeutend: Bei Hemizellulose findet sie zu 50 bis 80 Prozent, bei
Zellulose zu 30 bis 50 Prozent statt. Bei der Fermentation entstehen
hauptsächlich die kurzkettigen Fettsäuren Acetat, Propionat und
n-Butyrat. Diese Fettsäuren werden etwa im Verhältnis 60 zu 25
zu 10 gebildet und zu einem hohen Prozentsatz von der Kolonschleimhaut resorbiert. Die Gesamtmenge an kurzkettigen Fettsäuren, aber auch die Relation der einzelnen Fettsäuren zueinander
ist vom Substratangebot, d. h. von der Menge und der Art der
Ballaststoffe im Darmlumen abhängig. Aufgrund der Fermentation
geht man bei Ballaststoffen von einem durchschnittlichen Energieeintrag von ca. 2 kcal pro g (8 kJ/g) aus. Entsprechend liefert
die wünschenswerte Ballaststoffmenge von täglich mindestens
30 g eine Energiemenge von ca. 60 kcal (240 kJ).
Während Acetat und Propionat nach der Resorption mit dem
Pfortaderblut abtransportiert werden, dient n-Butyrat der Kolonschleimhaut bevorzugt als Energie lieferndes Substrat. Etwa
70 Prozent ihres Energiebedarfs wird durch n-Butyrat gedeckt,
d. h., es ist ihr Hauptnährstoff, der der Funktionsfähigkeit dient.
Eine wichtige Funktion der Kolonschleimhaut ist die einer Barriere.
Hierdurch wird der Übertritt (Translokation) von Bakterien, Allergenen, Toxinen etc. durch die Mukosa in die Blutbahn verhindert. Es
gibt weiterhin deutliche Hinweise darauf, dass eine ausreichende
n-Butyratsynthese regulierend auf Zellteilungsmechanismen in
der Kolonschleimhaut wirkt und damit der malignen Entartung
vorbeugt. Damit finden die epidemiologischen Hinweise auf einen
Zusammenhang zwischen Ballaststoffzufuhr und Häufigkeit des
Kolonkarzinoms eine biochemische Erklärung.
Weitere Endprodukte der Fermentation sind die Gase Kohlendioxid,
Wasserstoff und Methan. Die Fermentation findet überwiegend im
Caecum und Colon ascendens statt. Hier kommt es als Folge der
bakteriellen Säureproduktion zu einem Abfall des pH-Wertes des
Stuhls auf 6,5 bis 5,5. Dadurch wird das Wachstum pathogener
Organismen gehemmt. Außerdem wird der Abbau von Peptiden
sowie die Bildung toxischer Substanzen, wie Ammoniak und
sekundäre Gallensäuren, reduziert. Die Gase werden teils nach
Durchtritt durch die Mukosa physikalisch im Pfortaderblut gelöst
und letztlich mit der Ausatmungsluft ausgeschieden. Ein weiterer
Teil der Intestinalgase wird durch Flatus entleert (7, 8).
◆ Darmmotilität und Transitzeit
Die intestinale Transitzeit, d. h. die Zeit von der oralen Nahrungsaufnahme bis zum Übertritt der Rückstände ins Rektum,
wird wesentlich von der Passagezeit im Kolon bestimmt. Die
Intestinalpassage, besonders die im Kolon, hängt abgesehen
von hormonalen und psychischen Faktoren in großem Maße von
der Ballaststoffzufuhr ab. Dabei sind das Stuhlgewicht bzw. das
Stuhlvolumen wichtige Einflussgrößen: Je höher das Gewicht,
umso kürzer ist die intestinale Transitzeit.
Wie sehr das mittlere Stuhlgewicht mit der Ernährungsweise
und folglich der unterschiedlichen Ballaststoffzufuhr zusammenhängt, zeigt der mittlere Anstieg des Stuhlgewichts durch die
Zufuhr unterschiedlicher isolierter Ballaststoffe und Lebensmittel
(Abb. 1). Es handelt sich um eine zusammenfassende Darstellung
mehrerer in der Literatur mitgeteilter Befunde. Am effektivsten
zeigt sich Weizenkleie mit einer mittleren Steigerung des Stuhlgewichts um 5,4 g + 0,7 g pro Gramm aufgenommener Kleie.
Dieser Effekt zeigt sich nicht nur bei isolierter Weizenkleie,
sondern auch bei mit Weizenkleie angereicherten Produkten wie z. B.
Durch bakterielle
Säureproduktion
wird u. a. das
Wachstum pathogener Organismen
gehemmt
Je höher die Ballaststoffzufuhr, desto
höher das Stuhlgewicht und desto
kürzer die intestinale Transitzeit
Weizenkleie
steigert das
Stuhlgewicht
am effektivsten
13
Frühstückscerealien (9, 10). Den geringsten Einfluss dagegen hat
das „wasserlösliche“ Pektin, das zu nahezu 100 Prozent bakteriell
abgebaut wird. Dabei ist ein geringer Anstieg des Stuhlgewichts
nachweisbar, der auf einer Zunahme der Bakterienmasse beruht.
Der relativ hohe Anstieg bei der Zufuhr von Ballaststoffen aus Obst
und Gemüse zeigt, dass trotz des hohen Gehaltes an „löslichen“
bakteriell abbaubaren Ballaststoffen mit dieser Lebensmittelgruppe
auch relativ viel „unlösliche“, also nur gering abbaubare Ballaststoffe
verzehrt werden, die das Stuhlgewicht steigern (Lit. bei 1, 7).
Abb.1:
Mittlerer Anstieg des
Stuhlfeuchtgewichts
pro Gramm verzehrter
Ballaststoffe aus Lebensmitteln oder in isolierter
Form (zit. nach 1,
Cummings)
Pektin
Fruktosepolymere Inulin und Oligofruktose, die den gesundheitsfördernden Mikroorganismen als Substrat dienen und somit deren
Wachstum und Vermehrung begünstigen. Sie finden sich in relativ
hoher Konzentration vor allem in Weizen, Topinambur, Zichorien,
Spargel, Knoblauch und Zwiebeln und werden Lebensmitteln in
isolierter Form zugesetzt. Diese Substanzgruppen werden selektiv
von Bifidobakterien fermentiert. Die hierbei entstehenden organischen Säuren und antibakteriell wirkenden Stoffwechselprodukte
(Bacteriozine) hemmen das Wachstum von Clostridien, Kolibakterien, Bacteroides und wahrscheinlich auch von pathogenen
Bakterien wie Lysterien oder Salmonellen.
Pro- und Präbiotika
steigern die Zahl
gesundheitsfördernd
wirkender Bakterien
im Darm
Neben der Begünstigung einer optimalen Zusammensetzung der
Intestinalflora – dies gilt besonders auch für die Regeneration
der physiologischen Flora nach Behandlung mit Breitbandantibiotika – üben Bifidobakterien einen stimulierenden Effekt auf das
darmassoziierte Immunsystem aus. Ebenso wie die Ballaststoffe
Inulin und Oligofruktose begünstigt der bifidogene Faktor der
Muttermilch die überwiegende Besiedlung des Kolons gestillter
Säuglinge mit Bifidobakterien (Lit. bei 7).
Zellulose
Weizenkleie
Früchte + Gemüse
Hafer
Mais
Hülsenfrüchte
0
1
2
3
4
5
6
7
Anstieg Stuhlgewicht (g pro g verzehrter Ballaststoffe)
◆ Stimulierung des darmassoziierten Immunsystems
Der gesamte Gastrointestinaltrakt ist bakteriell besiedelt. Die
höchste Dichte an Mikroorganismen findet sich im terminalen
Ileum und im Kolon. Die Kolonflora setzt sich aus etwa 400 bis
500 verschiedenen Spezies zusammen. Die Gesamtkeimzahl im
Darm wird mit 1.014 lebenden Mikroorganismen angegeben,
einer Menge, die die Anzahl körpereigener Zellen etwa um das
Zehnfache übertrifft.
WIRKUNGEN DER BALLASTSTOFFE IM DÜNNDARM
Die Freisetzung von Nährstoffen aus Lebensmitteln und deren
enzymatischer Abbau zu resorptionsfähigen Spaltprodukten im
Dünndarm sind von vielfältigen Faktoren abhängig. Der sehr
komplexe Verdauungsvorgang wird bei pflanzlichen Lebensmitteln
ganz wesentlich vom Ballaststoffgehalt und den Eigenschaften der
Ballaststoffe mitbestimmt – also davon, ob diese „wasserlöslich“
oder „-unlöslich“ sind. So variiert z. B. je nach Grad der mechanischen Zerkleinerung und dem Ballaststoffanteil von Getreideprodukten die Angriffsfläche von Alpha-Amylase und damit das
Ausmaß der Freisetzung von Maltose bzw. Glukose. Zusätzlich
verzögert ein hoher Ballaststoffanteil der Kost die Magenentleerung und damit auch die Glukoseresorption.
Menge und Art
der Ballaststoffe
bestimmen den
Verdauungsvorgang
wesentlich mit
Die Darmflora hat verschiedene Wirkungen auf den Gesamtorganismus, so z. B. durch ihre Effekte auf das darmassoziierte
Immunsystem. Gesundheitsfördernd wirken insbesondere Milchsäurebakterien (Lactobazillen) und Bifidobakterien, deren Zahl
durch orale Gabe von Probiotika und sogenannten Präbiotika
gesteigert werden kann. Präbiotika sind Ballaststoffe wie die
14
15
◆ Glukosefreisetzung und Glykämischer Index
Der Anstieg der Blutglukosekonzentration nach dem Verzehr
eines kohlenhydratreichen Lebensmittels (postprandiale Blutglukosekonzentration) hängt wesentlich von der Geschwindigkeit
der Glukosefreisetzung bei der Verdauung ab. Hierauf beruht der
bei der diätetischen Behandlung des Diabetes mellitus hilfreiche
sogenannte Glykämische Index (GI).
Der Glykämische
Index einer Mahlzeit
wird durch viele
Faktoren bestimmt
Dieser Index wird in Testreihen mit Probanden ermittelt, bei denen
nach dem Verzehr von Lebensmitteln mit jeweils gleicher Menge
an verwertbaren Kohlenhydraten der Anstieg der Blutglukose
gemessen wird. Als Standard gilt Traubenzucker (Glukose), dessen GI gleich 100 Prozent gesetzt wird. Werden Lebensmittel mit
hohem GI, wie z. B. Weißbrot, Kartoffelpüree oder Geleefrüchte,
verzehrt, steigt der Blutglukosespiegel sprunghaft und stark an
und entsprechend hoch ist die Insulinantwort – eine Situation,
die insbesondere Diabetiker meiden sollten. Neben dem Ballaststoffgehalt bestimmen weitere Faktoren wie beispielsweise die
Art der Ballaststoffe, der Fett-, Eiweiß- sowie der Energiegehalt
des Lebensmittels bzw. der Mahlzeit die Höhe des GI mit. Dieser
Einfluss ist so stark, dass sich kein Zusammenhang zeigt zwischen
dem aufgrund der Zusammensetzung einer Mahlzeit kalkulierten
GI und dem GI, der nach dem Verzehr der Mahlzeit gemessen
wurde (11).
den Durchtritt von Zucker durch die „unstirred water layer“ auf
der Mukosaoberfläche verzögern. Hierbei handelt es sich um eine
Trennschicht zwischen wasserlöslichem Milieu im Darmlumen und
der Lipidmembran der Dünndarmepithelzellen. Unter hoher Zufuhr
etwa von Pektin, Guaran oder Johannisbrotkernmehl kommt es
aufgrund des genannten Mechanismus zu einer deutlichen Verzögerung der Glukoseresorption. Der Verzehr dieser Substanzen
zusammen mit einer Mahlzeit kann bei Diabetikern zur Vermeidung von postprandialen Blutzuckerspitzen genutzt werden.
Blutglukose (mg/100 ml)
ohne Guaran
200
mit Guaran
160
Abb. 2:
Verhalten der mittleren
Glukosekonzentration im
Serum von Versuchspersonen nach oraler
Gabe von Glukose mit
und ohne Zusatz von
12 g Guaran (12)
120
80
Es ist auch nicht zwangsläufig so, dass der GI mit der Höhe des
Ballaststoffgehaltes eines Lebensmittels korreliert. So hat Vollkornbrot einen vergleichbar hohen GI wie Weißbrot, sofern es nicht
intakte Getreidekörner enthält. Der GI einer Frucht ist niedriger
als der des daraus gewonnenen Safts, selbst dann, wenn dem
Saft Ballaststoffe zugesetzt werden. Dies deutet darauf hin, dass
intakte Zellen die Verwertung von Kohlenhydraten verzögern, und
betont die Bedeutung des Verzehrs von Lebensmitteln in ihrer
natürlichen bzw. in wenig bearbeiteter Form.
„Lösliche“ Ballaststoffe senken die
glykämische Antwort des Körpers
16
„Wasserlösliche“ Ballaststoffe – sowohl aus intakten Lebensmitteln
wie Hafer und Gemüse als auch als Zusatz, z. B. als Guaran, Pektin
oder Johannisbrotkernmehl – senken die glykämische Antwort des
Körpers. Dieser Effekt beruht zum einen auf der Verzögerung der
Magenentleerung, zum anderen auf einer Hemmung der Glukoseresorption. „Lösliche“ Ballaststoffe bilden mit Wasser Gele, die
0
1
2
3
4 Stunden
◆ Senkung des Cholesterinspiegels
In einer Vielzahl von Studien fand sich eine inverse Beziehung
zwischen der Serumcholesterinkonzentration und der Ballaststoffzufuhr, insbesondere der von „löslichen“ Ballaststoffen. So
konnte z. B. gezeigt werden, dass der Verzehr von 120 bis 140 g
Haferflocken oder 100 g Haferkleie pro Tag die Konzentration an
Gesamtcholesterin binnen drei Wochen um bis zu 19 Prozent und
die an LDL-Cholesterin um bis zu 23 Prozent senkt (13, 14).
17
Ballaststoffe in der Prävention und Therapie von
Funktionsstörungen sowie Erkrankungen
Insbesondere „lösliche“ Ballaststoffe
steigern den Mehrbedarf an Cholesterin für die Synthese
von Gallensäuren
Ein negativer
Einfluss von Phytin
wird vermutlich
durch den Nährstoffgehalt pflanzlich betonter Kost
ausgeglichen
Erklärt wird dieser im Rahmen der Infarktprävention in der Praxis
nur wenig genutzte Effekt (15) wie folgt: Ballaststoffe binden im
Dünndarm Gallensalze und transportieren sie ins Kolon, von wo
aus sie mit den Faeces ausgeschieden werden. Dies gilt insbesondere für die „löslichen“ Ballaststoffe wie Pektin, Beta-Glukan und
Guaran. Da unter üblichen Ernährungsbedingungen in den letzten
etwa 30 cm des Ileums (terminales Ileum) weit über 90 Prozent
der Gallensalze rückresorbiert und mit dem Pfortaderblut der Leber wieder zugeführt werden, stehen der Leber für die Synthese
von Gallenflüssigkeit unter Gabe der genannten Ballaststoffe zu
wenig rückresorbierte Gallensalze zur Verfügung. Die Folge ist eine
Steigerung der Neusynthese von Gallensäuren bzw. Gallensalzen
in der Leber. Die Ausgangssubstanz hierfür ist Cholesterin. Der
Mehrbedarf für die Synthese verringert folglich den Cholesterinpool des Körpers und damit die Serumkonzentration. Ballaststoffe
senken zudem das Serumcholesterin über eine Hemmung der
Cholesterinsynthese in der Leber. Zumindest im Tierexperiment
konnte gezeigt werden, dass die beim bakteriellen Abbau von Ballaststoffen anfallende Propionsäure, die von der Kolonschleimhaut
resorbiert und mit dem Pfortaderblut zur Leber transportiert wird,
die Neusynthese von Cholesterin hemmt (Lit. bei 7).
◆ Bioverfügbarkeit von Mineralstoffen
Bei einigen Ballaststoffen, insbesondere denen in Kleie, die zusammen mit Phytin vorliegen, wurde vermutet, dass sie die Bioverfügbarkeit einiger Mineralstoffe negativ beeinflussen könnten. Dies
betrifft vor allem die Mineralstoffe Eisen, Calcium und Zink, die
mit Phytin einen nicht resorbierbaren Komplex bilden. Es spricht
vieles dafür, dass ein hoher Ballaststoffanteil der Nahrung auch
dann, wenn phytinreiche Vollkornprodukte verzehrt werden, zu
keiner Beeinträchtigung der Bedarfsdeckung mit Mineralstoffen
führt, wenn dies im Rahmen einer optimal zusammengesetzten
Mischkost geschieht (16). Denkbar ist, dass mögliche negative
Effekte auf die Bioverfügbarkeit von Mineralstoffen durch den
in der Regel erhöhten Mineralstoffgehalt ballaststoffreicher und
damit pflanzlich betonter Kost wettgemacht werden.
Die eingangs genannte Ballaststoffhypothese war der Startpunkt für
intensive ernährungswissenschaftliche und klinische Forschungen
der letzten Jahrzehnte auf dem Gebiet der Ballaststoffe. Ein
Großteil der primär angenommenen Beziehungen zwischen
der Ballaststoffzufuhr und der Entstehung von heute häufigen
Erkrankungen in westlichen Industrieländern konnte in der Zwischenzeit wissenschaftlich belegt werden. Neue Erkenntnisse
über Wirkungen verschiedener Ballaststoffe auf Organ- und
Stoffwechselfunktionen sowie über Entstehungsmechanismen
von Erkrankungen fanden Eingang in Ernährungsempfehlungen
für die gesunde Bevölkerung und in die Therapie verschiedener
Funktionsstörungen und Erkrankungen. Im Folgenden sind für die
Praxis relevante Erkenntnisse aufgeführt.
DARMERKRANKUNGEN
◆ Obstipation
Unter Obstipation versteht man eine verminderte oder erschwerte
Stuhlentleerung. Die Diagnose einer funktionellen Obstipation
wird nach Ausschluss organischer Ursachen gestellt. Dies sind
beispielsweise intestinale Passagestörungen, Diabetes mellitus,
Hypothyreose und verschiedene neurologische Erkrankungen.
In aller Regel spricht man dann von Obstipation, wenn sich der
Darm seltener als alle zwei bis drei Tage spontan entleert. Eine
umfassendere Definition nach den sogenannten Rom-2-Kriterien
findet sich in Tab. 2.
Innerhalb des letzten Jahres, während mindestens drei Monaten, die nicht
zusammenhängen müssen, mindestens zwei der folgenden Symptome:
Tab. 2:
Definition der funktionellen Obstipation nach
den Rom-2-Kriterien
Heftiges Pressen bei wenigstens einem Viertel der Stuhlgänge
Harter Stuhlgang bei wenigstens einem Viertel der Stuhlgänge
Gefühl der inkompletten Entleerung bei mehr als einem Viertel der Stuhlgänge
Gefühl der analen Blockierung bei wenigstens einem Viertel der Stuhlgänge
Manuelle Manöver, um eine Defäkation zu ermöglichen, bei mehr als einem
Viertel der Stuhlgänge
Weniger als drei Stuhlgänge pro Woche
18
19
Exakte Angaben über die Häufigkeit der Obstipation, die den genannten Kriterien genügt, sind für die Durchschnittsbevölkerung
nicht bekannt. Oftmals wird bei ängstlicher Selbstbeobachtung
eine Obstipation angenommen, die letztlich den Diagnosekriterien
nicht standhält. In Deutschland leiden schätzungsweise 30 bis
60 Prozent der Erwachsenen an Obstipation, wobei Frauen doppelt
so oft betroffen sind wie Männer (17). Unter gleicher Ballaststoffzufuhr findet sich bei Frauen eine längere Kolontransitzeit als
bei Männern. Mit zunehmendem Lebensalter nimmt bei beiden
Geschlechtern die Prävalenz der Obstipation zu. Besonders bei
älteren Menschen wird sie zum ernst zu nehmenden Gesundheitsproblem (18).
Zur Behandlung greifen viele Betroffene zu Laxantien, weil sie
schnell wirken und eine solche Therapie unkompliziert erscheint.
Zahlreiche der Wirkstoffe führen jedoch bei längerem Gebrauch
zu Störungen im Elektrolythaushalt, vor allem zu Kaliummangel.
Weiterhin kann es zur Schädigung von Nervenplexi in der
Dickdarmwand kommen, so dass deren Ansprechbarkeit auf
Dehnungsreize sinkt. Um eine gleichbleibende Wirkung zu erzielen,
muss die Dosierung ständig erhöht werden.
Ballaststoffreiche
Kost statt Behandlung mit Laxantien
Abb. 3:
Die Beziehung zwischen
mittlerem täglichem
Stuhlgewicht und der
Passagezeit im Intestinaltrakt bei Gruppen mit
unterschiedlich hohem
Ballaststoffverzehr
(nach 7)
Die Therapie mit ballaststoffreicher Kost ist eine sinnvolle Alternative, denn die bei der Obstipation verlängerte intestinale Transitzeit ist in erster Linie Folge eines geringen Stuhlvolumens bzw.
-gewichtes infolge niedriger Ballaststoffzufuhr (Abb. 3).
intestinale Passagezeit (Stunden)
160
• Vegetarier
• afrikanische Dorfbewohner mit sehr
ballaststoffreicher Ernährung
• englische Schüler und Marineangehörige
mit ballaststoffarmer Ernährung
120
80
40
60
20
120
180
240
300
360 420 480 540 600
mittleres Stuhlgewicht (g/Tag)
Stuhlgewicht bei Grundkost
Schätzungsweise
30 bis 60 Prozent
der Erwachsenen in
Deutschland leiden
an Obstipation
Abb. 4:
Zunahme des Stuhlgewichts bei Zugabe von
14 g Ballaststoffen aus
verschiedenen Lebensmitteln zu einer ballaststoffarmen Kost
(mod. nach 7)
Obst (Äpfel, Birnen, Bananen)
Leguminosen (Hülsenfrüchte)
Kohl (verschiedene Sorten)
Obst (Johannisbeeren, Äpfel, Birnen)
Roggenvollkornmehl
Weizenvollkornmehl
+10 +20 +30 +40 +50 +60 +70 +80 +90 +100
Zunahme des Stuhlgewichts (g)
Das Stuhlgewicht lässt sich durch den Verzehr von Vollkornprodukten, Weizenkleie bzw. mit Kleie angereicherten Vollkornprodukten
optimieren (Abb. 4) (9). Zusätzlich stimulieren verschiedene beim
bakteriellen Abbau von Ballaststoffen entstehende Substanzen die
Motilität des Kolons. Dies sind z. B. niedermolekulare organische
Säuren, die den pH-Wert senken, oder kleinmolekulare Substanzen,
die aus der bakteriellen Spaltung von großmolekularen hervorgehen und zu einer Änderung des osmotischen Drucks im
Darmlumen führen.
Diätetische Maßnahmen sind sowohl zur Prävention als auch zur
Therapie der Obstipation indiziert, mit ihnen sind in aller Regel
aber keine Soforteffekte zu erzielen. Es ist deshalb wichtig, bei
Patienten mit Obstipation, die bis zum Beginn der ernährungstherapeutischen Intervention Abführmittel benutzt haben, diese nicht
abrupt abzusetzen, sondern während einer Woche parallel mit der
ballaststoffreichen Kost zu geben und erst dann langsam zu reduzieren. Wichtig ist auch, dass eine ballaststoffreiche Ernährung,
insbesondere eine Kost reich an Vollkornprodukten und Weizenkleie, immer mit einer hohen Flüssigkeitszufuhr verbunden wird.
Die Umstellung auf eine ballaststoffreiche Kost muss schrittweise
erfolgen, um mögliche Folgen wie abdominelle Missempfindungen und Blähungen abzumildern. Es ist sinnvoll, die Patienten vor
Behandlungsbeginn darüber zu informieren. Diese Beschwerden
verschwinden in aller Regel nach einer Eingewöhnungszeit von
maximal einer Woche (Lit. bei 7).
Ballaststoffreiche
Kost muss mit
hoher Flüssigkeitszufuhr verbunden
sein
21
◆ Kolondivertikulose
Divertikel sind kleine, sackförmige Ausstülpungen der Kolonwand,
die sich meist multipel entwickeln und vorwiegend im Bereich
des Sigmas und des Kolon descendens lokalisiert sind. Diese
Wandveränderungen finden sich mit zunehmendem Lebensalter
häufiger. In den westlichen Industrieländern liegt die Prävalenz
der Kolondivertikulose ab dem 60. bis 70. Lebensjahr bei 40 bis
50 Prozent der Bevölkerung. Noch Ende des 19. Jahrhunderts war
die Kolondivertikulose in westlichen Ländern extrem selten, ähnlich
wie heute in Ländern mit noch traditioneller Ernährung.
Mittleres tägliches Stuhlgewicht
Mit einer Ernährung
reich an Getreideballaststoffen lässt
sich der Divertikelbildung vorbeugen
Abb. 5:
Beziehung zwischen dem
mittleren täglichen Stuhlgewicht bei 23 Bevölkerungsgruppen weltweit
und der Kolonkarzinominzidenz (19)
500
400
300
200
100
0
Nur etwa 20 Prozent aller Fälle von Divertikulose gehen mit
einer klinischen Symptomatik, meist einer bakteriellen Wandentzündung (Divertikulitis), einher. Als Ursache für die Entstehung
der Wandausstülpungen gilt der erhöhte intraluminale Druck
im Kolon als Folge eines langjährigen geringen Stuhlvolumens,
bedingt durch eine geringe Ballaststoffzufuhr. Eine Rückbildung
der Divertikel ist mit diätetischen Maßnahmen nicht möglich. Zur
Vorbeugung sollte bereits ab der Jugend auf eine ausreichende
Zufuhr insbesondere an Getreideballaststoffen wie beispielsweise
aus Weizenkleie oder damit angereicherten Vollkornprodukten
geachtet werden.
Geringes Stuhlgewicht und hoher
Verzehr von Fett
und rotem Fleisch
gelten als ursächliche Faktoren für
das Kolonkarzinom
◆ Kolonkarzinom
In den westlichen Industrieländern ist seit vielen Jahren das Kolonkarzinom das häufigste Malignom des Gastrointestinaltraktes.
Es besteht kein Zweifel mehr daran, dass die hohe Prävalenz im
Wesentlichen die Folge der derzeitigen Ernährungsgewohnheiten
ist. Noch Anfang des vorigen Jahrhunderts war die Häufigkeit
dieses Karzinoms vergleichsweise gering. Sehr früh wurde die
nahe liegende Annahme untersucht, dass der Rückgang der
Ballaststoffzufuhr ein ursächlicher Faktor für die Häufigkeitszunahme sei. Für eine wesentliche Bedeutung der „unlöslichen“
Ballaststoffe sprach die Beziehung zwischen Stuhlgewicht und
Kolonkarzinomhäufigkeit, wie sie weltweit bereits Anfang der
1990er Jahre festgestellt wurde (Abb. 5).
Auch wurden weitere Änderungen der Ernährungsgewohnheiten
– besonders der höhere Konsum an Fett und rotem Fleisch – als
mögliche Teilursachen für die Zunahme des Kolonkarzinoms
22
6
14
22
30
Kolonkarzinominzidenz
diskutiert und untersucht. Die in verschiedenen Populationen
unterschiedliche Häufigkeit des Kolonkarzinoms korreliert nicht
nur negativ mit der Höhe der Ballaststoffaufnahme z. B. aus Vollkorngetreideprodukten, sondern auch positiv mit der Höhe des
Fett- und Fleischverzehrs. Bei hoher Fettzufuhr treten vermehrt
Gallensalze ins Kolon über und bilden sich vermehrt karzinogene
und co-karzinogene bakterielle Gallensäureabbauprodukte. Epidemiologische Studien zeigen darüber hinaus eine positive Korrelation zwischen der Höhe des Verzehrs von Fleisch mit hohem
Myoglobingehalt und der Prävalenz des Kolonkarzinoms auf. Da
die Bioverfügbarkeit von Eisen aus Myoglobin hoch ist, geht ein
regelmäßig hoher Verzehr an rotem Fleisch mit einer Überladung
der Eisendepots einher. Hohe Eisenkonzentrationen fördern die
Bildung freier Radikale, die wiederum das Karzinogeneserisiko
steigern (Lit. bei 7).
Hohe Fettzufuhr
steigert die Bildung
karzinogener
Gallensäureabbauprodukte
Als Wirkmechanismen des protektiven Effekts von Ballaststoffen
wurden folgende diskutiert und in experimentellen und klinischen
Studien untersucht:
◆ Beschleunigung der Kolonpassage durch „unlösliche“ Ballaststoffe und folglich kürzere Kontaktzeit von Karzinogenen mit
der Darmschleimhaut.
◆ Geringerer Kontakt von Karzinogenen mit der Darmschleimhaut bedingt durch einen Verdünnungseffekt bei höherem
Stuhlvolumen und/oder teilweise Bindung von Karzinogenen
an Ballaststoffe.
23
◆ Änderung des Spektrums der Intestinalflora, gefolgt von
geringerer Synthese an Karzinogenen und Co-Karzinogenen,
insbesondere solchen aus primären Gallensäuren.
◆ Antikarzinogener Effekt der kurzkettigen Fettsäure n-Butyrat,
die beim bakteriellen Abbau insbesondere von „löslichen“
Ballaststoffen entsteht.
◆ Vermehrte Zufuhr von Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen, speziell solcher mit einer antioxidativen Wirkung, durch
eine an pflanzlichen Lebensmitteln reiche Kost.
Wahrscheinlich bestimmt ein komplexes Zusammenwirken der
genannten Mechanismen das Kolonkarzinomrisiko: Bei gegebener
genetischer Disposition wirken einige hemmend, andere akzelerierend auf die Karzinogenese.
Durch n-Butyrat
lassen sich gestörte
Zellteilungsmechanismen rückgängig
machen
Neuere große
Studien bestätigen
sinkendes Karzinomrisiko bei steigendem Vollkornverzehr
24
Der Schutzeffekt von n-Butyrat ist durch klinisch-experimentelle
Studien besonders gut belegt. Tumorzellen entwickeln sich über
verschiedene Zwischenstufen aus intakten Zellen. Sind deren
normale Zellteilungsmechanismen gestört, kommt es zu einer
gesteigerten Teilung (Hyperproliferation) dieser sogenannten
präneoplastischen Zellen. Das führt letztlich zur Bildung von Kolonadenomen (Polypen), die sich wiederum zu Karzinomen weiterentwickeln können. Es konnte sowohl in Zellkulturen als auch an
Biopsien vom Menschen gezeigt werden, dass die gestörten Zellteilungsmechanismen durch n-Butyrat rückgängig gemacht werden
können. Dies bedeutet für die Kolonkarzinomprävention, dass der
Intestinalflora genügend Substrat, d. h. fermentierbare „lösliche“
Ballaststoffe zur Verfügung stehen sollten (Lit. bei 7).
Während experimentelle Daten, wie die am Beispiel von n-Butyrat und seinen Effekten demonstrierten, eine hohe biologische
Plausibilität aufweisen, waren die Ergebnisse epidemiologischer
Studien lange Zeit widersprüchlich. Gründe hierfür lagen oft in
den methodischen Unzulänglichkeiten. Neuere große prospektive
Studien haben jedoch die inverse Beziehung zwischen Ballaststoffzufuhr und dem Risiko, an kolorektalem Karzinom zu erkranken,
bestätigt (20, 21). So konnte an Kohorten mit fast 300.000 Männern und 200.000 Frauen gezeigt werden, dass der Verzehr von
Vollkornprodukten mit einer niedrigen Erkrankungsrate korreliert,
d. h. ein hoher Verzehr geht mit einem vergleichsweise niedrigen
Erkrankungsrisiko einher (20).
ÜBERGEWICHT UND ADIPOSITAS
Übergewicht und Adipositas sind nach einem Statement der WHO
das größte vernachlässigte Gesundheitsproblem der heutigen Zeit.
Seit einigen Jahrzehnten nehmen Übergewicht und Adipositas in
allen industrialisierten Ländern an Häufigkeit zu. In Schwellenländern steigt konform mit dem Wechsel von der traditionellen
ballaststoffreichen Ernährung auf eine westliche Ernährungsweise
die Zahl der Übergewichtigen und Adipösen an. Die Folge ist eine
Zunahme der durch vermehrten Fettansatz begünstigten Erkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ 2 und Arteriosklerose. Die sich
weltweit durchsetzende westliche Ernährungsweise ist charakterisiert durch eine hohe Energiedichte, d. h. eine hohe Energiezufuhr
bei kleinen Nahrungsvolumina. Grund dafür ist der niedrige Gehalt
an komplexen Kohlenhydraten und Ballaststoffen und der hohe
Anteil an energiereichem Fett und schnell verfügbaren Kohlenhydraten. Um der Entstehung von Übergewicht vorzubeugen,
empfiehlt die WHO, mit polysaccharidhaltigen Lebensmitteln, wie
Vollkornprodukten und Gemüse, die Zufuhr von Ballaststoffen und
sekundären Pflanzenstoffen zu erhöhen (zit. nach 4).
Zur Vorbeugung von
Übergewicht empfiehlt die WHO u.a.,
die Zufuhr von
Ballaststoffen zu
erhöhen
Bereits in der Frühphase der klinischen Ballaststoff-Forschung wies
der Engländer Heaton (22) auf die Bedeutung von ballaststoffreichen Lebensmitteln für das Zustandekommen des Sättigungsgefühls und damit für die Prävention von Übergewicht und Adipositas
hin. Er konnte zeigen, dass Vollkornbrot im Vergleich zu Weißbrot
und Äpfel im Vergleich zu Apfelsaft ein höheres Sättigungspotenzial besitzen. Auch fand er, dass die Kohlenhydrate aus den
Lebensmitteln nach weitgehender Entfernung der Ballaststoffe
wesentlich schneller resorbiert werden, mit der Folge hoher postprandialer Blutzucker- und Plasma-Insulinkonzentrationen.
Das Zustandekommen des Hunger- und Sättigungsgefühls wird
im Hypothalamus sehr komplex reguliert und ist bis heute nicht
in allen Details aufgeklärt. Ballaststoffreiche Lebensmittel können
das Eintreten des Sättigungsgefühls begünstigen, da sie länger
gekaut werden und die Speichelsekretion stimulieren. Bereits
die längere Verweildauer in der Mundhöhle beeinflusst über
sogenannte orosensorische Sättigungssignale die Regulation
der Energiezufuhr. Durch das vermehrte Einspeicheln und den
Quelleffekt der Ballaststoffe wird das Volumen des Speisebreis
Ballaststoffreiche
Kost hat höheren
Sättigungseffekt
durch verlängerte
Verweildauer im
Mund
25
Ballaststoffe
sättigen durch
Dehnung und
Füllung des
Magens
erhöht und die Dehnung der Magenwand verstärkt. Füllung und
Dehnung des Magens sind für die Entstehung von Sättigungssignalen beim Menschen von zentraler Bedeutung (Lit. bei 23). Die
Energiedichte der verzehrten Lebensmittel gewinnt damit eine
besondere Bedeutung für die Entstehung von Übergewicht. Da
die Sättigung wesentlich vom Volumen der Nahrung abhängt,
wird durch besonders energiedichte Lebensmittel die Kalorienzufuhr und damit die Entstehung von Übergewicht bei gleichem
Sättigungsverhalten besonders begünstigt.
ARTERIOSKLEROTISCHE GEFÄSSERKRANKUNGEN
Die Entstehung der sich mit zunehmendem Lebensalter in unterschiedlichem Ausmaß entwickelnden arteriosklerotischen Gefäßschäden ist, abgesehen von der Erbanlage, von einer Vielzahl
verschiedener Faktoren abhängig. Die wichtigsten – Bluthochdruck
und erhöhte Serumcholesterinkonzentration – sind ernährungsabhängig.
Studien geben deutliche Hinweise, dass
Getreideballaststoffe
blutdrucksenkend
wirken
Bisher galten Übergewicht und eine hohe Kochsalzzufuhr als
die entscheidenden Risikofaktoren für die Hypertonie. Dementsprechend bestanden die nicht medikamentösen Therapieempfehlungen darin, das Körpergewicht zu normalisieren und
die Kochsalzzufuhr zu reduzieren. In den USA wurde 1997 die
sogenannte DASH-Studie veröffentlicht (Dietary Approaches to
Stop Hypertension). Sie zeigte, dass es bei Personen mit Blutdruckwerten im obersten Normbereich bzw. mäßiger Hypertonie unter
vegetarisch betonter Ernährung – bei unveränderter Natriumzufuhr
und konstantem Körpergewicht – zu signifikanten Senkungen des
Blutdrucks kommt. Es wurde angenommen, dass der positive Effekt auf erhöhte Blutdruckwerte eine Folge der hohen Kalium- und
Magnesiumzufuhr mit der vegetarischen Ernährung ist (7).
Dem hohen Gehalt an Ballaststoffen in der Diät wurde in der DASHStudie keine besondere Bedeutung beigemessen. In der Folgezeit
gaben jedoch Studien deutliche Hinweise darauf, dass Ballaststoffe
aus Getreide, teils in Form von Supplementen verabreicht, blutdrucksenkend wirken und das Risiko von koronaren Herzerkrankungen,
zerebralem Insult und peripherer Arteriosklerose senken (Lit. bei 24).
Eine eindeutige Bestätigung des protektiven Effektes von Getreideballaststoffen erfolgte durch eine spanische prospektive
26
epidemiologische Studie an 5.880 Männern und Frauen. Nach
der Erhebung von Ernährungsanamnesen und dem Ausschluss
von Begleitkrankheiten und weiteren Störfaktoren fand sich nach
im Mittel 28 Monaten bei 108 Personen eine neu aufgetretene
Hypertonie. Beim statistischen Vergleich der erhobenen Daten
zur Ernährung mit dem Risiko einer Hypertonieentwicklung fand
sich eine signifikant inverse Beziehung zwischen der verzehrten
Menge an Getreideballaststoffen und dem Hypertonierisiko.
66 Prozent der Ballaststoffe wurden mit Vollkornbrot und 27 Prozent mit Weißbrot aufgenommen. Die mit Gemüse und Früchten
verzehrte Menge an Ballaststoffen zeigte keine Assoziation zum
Hypertonierisiko (24).
Der Serumcholesterinkonzentration kommt neben der Hypertonie
eine zentrale Bedeutung bei der Vorbeugung gegen die häufigsten arteriosklerotischen Folgekrankheiten, wie zerebrale und
koronare Mangeldurchblutung und Herzinfarkt, zu. Die Höhe der
Serumcholesterinkonzentration ist ebenfalls abhängig vom Verzehr
ballaststoffreicher Lebensmittel (siehe dazu auch Seite 17).
Ballaststoffreiche
Kost senkt den
Cholesterinspiegel
In einer Reihe großer epidemiologischer Studien konnte gezeigt
werden, dass ein hoher Verzehr an pflanzlichen Lebensmitteln
dem ischämischen Insult (Schlaganfall) vorbeugt. So z. B. die
Nurses Health Study und die Health Professionals’ Follow-up
Study, in denen insgesamt 115.000 Frauen und Männer über
14 bzw. 8 Jahre kontrolliert wurden (Lit. bei 8). Auch eine aktuelle Metaanalyse von acht Kohortenstudien mit einer mittleren
Untersuchungsdauer von 13 Jahren kam zum gleichen Ergebnis
(25). Bei all diesen epidemiologischen Studien muss berücksichtigt
werden, dass pflanzliche Lebensmittel neben Ballaststoffen weitere
protektive Substanzen enthalten. Dass ballaststoffreiche Lebensmittel, insbesondere aus Getreide, auch das Risiko, an einem
tödlichen oder nicht tödlichen Herzinfarkt zu erkranken, signifikant
verringern, konnte in einer prospektiven amerikanischen Studie
gezeigt werden. Bei rund 47.700 Männern im Alter zwischen 40
und 75 Jahren wurden die Ernährungsgewohnheiten erfasst und
die Teilnehmer prospektiv während sechs Jahren kontrolliert.
Dokumentiert wurden währenddessen 743 Fälle von Herzinfarkt,
die je nach Höhe des mittleren täglichen Ballaststoffkonsums in
fünf Gruppen eingeteilt wurden. Hierbei ergab sich ein signifikant
geringeres alterskorrigiertes Erkrankungsrisiko in der Quintile mit
Epidemiologische
Studien belegen:
Risiko für Herzinfarkt sinkt bei
steigender Ballaststoffzufuhr, insbesondere aus
Getreide
27
der höchsten Ballaststoffzufuhr von im Mittel 28,9 g pro Tag im
Vergleich zur Quintile mit dem geringsten Konsum von im Mittel
12,4 g täglich. Die Ergebnisse der Studie stimmen mit denen
kleinerer, früher publizierter Studien überein und zeigen, dass ein
hoher Verzehr an Ballaststoffen, vor allem auch aus Getreide, das
Risiko koronarer Herzerkrankungen signifikant senkt (26). Zum
selben Resultat kommt auch ein Literatur-Review von Flight und
Clifton aus dem Jahr 2006 (27).
DIABETES MELLITUS TYP 2
Ein hoher Konsum
an Getreideballaststoffen geht mit
einer signifikant
niedrigeren Erkrankungsrate an Typ2-Diabetes einher
Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass die durch hohe Nahrungsverfügbarkeit und geringe körperliche Aktivität bedingte Adipositas,
neben Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen, auch die
Entstehung des Typ-2-Diabetes begünstigt. Hierbei kommt dem
Verteilungsmuster des Körperfetts eine entscheidende Bedeutung
zu: Im Wesentlichen ist ein vergrößertes viszerales Fettdepot für
die Entstehung der genannten Erkrankungen verantwortlich.
Neuere epidemiologische Studien zeigen, dass nicht nur die aus
einer positiven Energiebilanz resultierende Adipositas, sondern
auch einzelne Nahrungskomponenten das Diabetesrisiko mitbestimmen. Dies gilt speziell für Ballaststoffe aus Weizen und Mais.
Die Metaanalyse von neun Kohortenstudien ergab eine inverse
Korrelation zwischen dem Verzehr von Getreideballaststoffen und
der Häufigkeit eines Typ-2-Diabetes. Bestätigt wurde dieser Befund
durch zwei neuere prospektive Kohortenstudien an über 91.000
Frauen bzw. 25.000 Männern und Frauen, bei denen während
8 bzw. 11 Jahren die Inzidenz eines Typ-2-Diabetes registriert
wurde. Beide Studien bestätigen, dass ein hoher Konsum an
Getreideballaststoffen mit einer signifikant niedrigeren Rate an
Typ-2-Diabetes-Erkrankungen einhergeht. Ein entsprechender
protektiver Effekt von Ballaststoffen aus Obst und Gemüse wurde
nicht gefunden (28, 29). Es bedarf noch der Klärung, warum Getreideballaststoffe, die reich an „wasserunlöslichen“ Ballaststoffen
sind, mit einer signifikant niedrigeren Prävalenz an Typ-2-Diabetes
assoziiert sind als „wasserlösliche“, welche die Viskosität steigern
und folglich die Glukoseresorption verzögern (Abb. 2).
Während die Bedeutung von Ballaststoffen für die Diabetesprävention noch wenig bekannt ist, ist die Ballaststoffzufuhr zur
28
diätetischen Behandlung von Diabetes mellitus Typ 1 und Typ
2 Teil nationaler und internationaler Empfehlungen. Eine Veröffentlichung von Toeller mit dem Titel: „Evidenz der Ernährung
in der Therapie und Prävention des Diabetes mellitus“ beginnt
mit folgenden Sätzen: „Erstmals stehen europäische evidenzbasierte Empfehlungen zur Ernährungstherapie und Prävention
des Diabetes mellitus zur Verfügung, die auch von relevanten
deutschen Fachgesellschaften mitgetragen werden. Die Ernährung hat sowohl in der Therapie als auch in der Prävention des
Diabetes mellitus einen hohen Stellenwert. Sie ist effektiv und
kostengünstig.“ (30) In den Ernährungsleitlinien zur Kohlenhydrataufnahme bei Diabetes mellitus wird auf die Bedeutung von
Ballaststoffen wie folgt hingewiesen: Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst
und Getreideprodukte aus vollem Korn sollten Bestandteil der
Kost von Patienten mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes sein. Liegt die
Kohlenhydrataufnahme mit 50 bis 60 Prozent der Tagesenergie im
obersten Bereich, so sind Nahrungsmittel reich an Ballaststoffen
und mit einem niedrigen Glykämischen Index besonders wichtig.
Es wird darauf hingewiesen, dass ungünstige Auswirkungen einer
stärkereichen Kost auf die Nüchtern-Triglyzeridkonzentration im
Plasma und auf den postprandialen Blutglukosespiegel vermeidbar
sind, wenn ballaststoffreiche Lebensmittel mit einem niedrigen
Glykämischen Index verzehrt werden.
In der Diabeteskost
sind ballaststoffreiche Lebensmittel
mit niedrigem
Glykämischem Index
besonders wichtig
Der positive Effekt von Ballaststoffen auf Stoffwechselparameter
bei Diabetikern wurde durch eine große Zahl klinischer Studien
bestätigt. Dass eine Steigerung der Ballaststoffzufuhr über die für
Diabetiker empfohlene Menge mit einer weiteren Verbesserung
relevanter Laborparameter einhergeht, zeigt eine randomisierte
Crossover-Studie an Typ-2-Diabetikern. Verglichen wurde eine
isokalorische Diät mit 24 g Ballaststoffen (8 g „wasserlösliche“
und 16 g „wasserunlösliche“) entsprechend den Empfehlungen
der Amerikanischen Diabetesgesellschaft mit einer Diät mit 50 g
Ballaststoffen (25 g „wasserlösliche“, 25 g „wasserunlösliche“).
Nach sechs Wochen lagen bei der Gruppe, die die Diät mit dem
höheren Ballaststoffanteil konsumiert hatte, folgende Parameter
niedriger als in der Gruppe mit dem für Diabetiker empfohlenen
Ballaststoffanteil: Nüchtern-Glukosekonzentration, Uringlukoseausscheidung im 24-Stunden-Harn, die Flächen unter der
Plasmainsulin- und -glukosekonzentration, die Gesamtcholesterinsowie Triglyzeridkonzentration im Plasma (31).
Verbesserung
relevanter Laborparameter durch
Erhöhung der
Ballaststoffzufuhr
29
Für die Beratung
TIPPS FÜR EINEN GESUNDEN LEBENSSTIL
Getränke wie Mineral- und Leitungswasser, Früchte- und
Kräutertee oder Saftschorlen.
Ballaststoffreich essen
Täglich Getreideprodukte und
davon mindestens
die Hälfte aus
Vollkorn
Obst, Gemüse und
Hafer sind gute
Quellen für „lösliche“
Ballaststoffe
Ballaststoffzufuhr
nicht abrupt, sondern
schrittweise erhöhen
◆ Anzustreben ist eine Aufnahme von mindestens 25 g, besser
noch 30 g Ballaststoffen pro Tag, wobei diese zur Hälfte aus
„unlöslichen“ und zur Hälfte aus „löslichen“ bestehen sollten.
◆ Getreideprodukte sollten täglich auf dem Speiseplan stehen
und mindestens die Hälfte sollte aus Vollkorn sein. Schon zum
Frühstück, z. B. durch kleieangereicherte Vollkorncerealien, kann
man einen nennenswerten Anteil an der empfohlenen
Tageszufuhr an Ballaststoffen aufnehmen. Getreideprodukte
aus dem vollen Korn, insbesondere Weizenkleie bzw. damit
angereicherte Produkte, liefern in erster Linie „unlösliche“
Ballaststoffe. Sie erhöhen das Stuhlgewicht und -volumen, verkürzen die Transitzeit und regen die Darmaktivität an. So wird
auf natürliche Weise eine gesunde Darmfunktion gefördert.
◆ In Obst, Gemüse und Hafer finden sich mehrheitlich „lösliche“
Ballaststoffe, die u. a. den Glukose- und Cholesterinspiegel
positiv beeinflussen können. Besonders reich an „löslichen“
Ballaststoffen ist Trockenobst, das man zwischendurch oder auch
eingeweicht im Müsli zu sich nehmen kann, sowie Haferkleie und
-vollkornflocken. Hülsenfrüchte, wie Erbsen, Bohnen und Linsen,
Kohlsorten (Rosenkohl, Brokkoli, Weißkohl/Sauerkraut, Rotkraut),
Kartoffeln sowie Nüsse und Leinsamen sind gute Ballaststofflieferanten (Tab. 1). Achtung bei Nüssen: Sie sind fettreich.
◆ Wer sich ballaststoffreicher ernähren möchte, sollte seine
Kost nicht von einem Tag auf den anderen umstellen. Der Körper
braucht etwas Zeit, um sich daran zu gewöhnen. Ratsam ist, im
Laufe einer Woche die Ballaststoffzufuhr schrittweise zu erhöhen.
Man sollte in der Beratung darauf hinweisen, dass es dabei auch zu
abdominellen Missempfindungen und Blähungen kommen kann,
die aber in der Regel nach etwa einer Woche verschwinden.
Viel trinken
◆ Ballaststoffe binden viel Wasser und insbesondere die
„unlöslichen“aus Kleie und Vollkorn entfalten dadurch ihre
Wirkungen auf die Darmtätigkeit. Es ist wichtig, bei
einer ballaststoffreichen Ernährung täglich mindestens
2 Liter zu trinken. Zu empfehlen sind kalorienfreie bzw. -arme
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Weniger rotes Fleisch und Fett
◆ Da die Häufigkeit des Kolonkarzinoms negativ mit der Höhe
der Zufuhr an Fett und rotem Fleisch korreliert, sollte man in
der Beratung auch darauf hinweisen. Empfehlenswert ist, nicht
mehr als 30 Prozent seiner Gesamtenergie über Fett zu sich
zu nehmen: Das entspricht bei einer Zufuhr von täglich
2.000 kcal einer Gesamtfettmenge von rund 65 g. Viele Menschen
überschreiten diese Grenze und sollten Fett sparen.
◆ Diese Empfehlungen lässt sich gut mit Hinweisen auf eine Reduktion des Verzehrs von rotem Fleisch und daraus hergestellten
Produkten verbinden. Wird stattdessen mehr mageres Geflügel
und Fisch gegessen, reduziert sich auch die Fettzufuhr.
Fettzufuhr auf
rund 65 g pro Tag
reduzieren und
mehr Geflügel und
Fisch essen
Ruhe und Entspannung
◆ Hektik und Stress können die Verdauung negativ beeinflussen, deshalb sollte man auch diesen Aspekt in der Beratung ansprechen.
Sich Zeit nehmen für die Mahlzeiten, öfter mal eine kleine Pause
einlegen oder auch das Erlernen einer Entspannungstechnik
wie z. B. autogenes Training kann mehr Ruhe in den Tag bringen.
Sich viel bewegen
◆ Aus vielerlei Gründen sollte man zu mehr Bewegung und Sport
raten, auch weil körperliche Aktivität helfen kann, die
Verdauung anzuregen.
◆ Wer vom Sporttreiben nicht zu überzeugen ist, sollte in seinem
Alltag für Bewegung sorgen. Kürzere Strecken lassen sich statt
mit dem Auto zu Fuß oder per Fahrrad zurücklegen, auch
Treppenlaufen statt Rolltreppefahren sorgt für Bewegung.
Haus- und Gartenarbeit, ein kurzer Spaziergang nach dem
Mittagessen, eine Verabredung mit Freunden zum Wandern
oder Schwimmengehen: Anregungen für einen schwungvolleren Tag gibt es viele.
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VORLAGE EINES FRAGEBOGENS FÜR DIE BERATUNG
Erläuterungen zum Fragebogen
Vom Patienten/Ratsuchenden ausfüllen bzw. ankreuzen lassen.
Name:
Alter:
Größe:
Gewicht:
Treiben Sie regelmäßig Sport?
Datum:
ja
BMI*:
nein
(*wird vom Arzt/Berater ausgefüllt)
Wenn ja, wie oft?
Wie häufig essen und trinken Sie folgende Lebensmittel?
Gruppe
Lebensmittel
Vollkornbrot / Vollkornbrötchen
Müsli / Getreideflocken / Frühstücksflocken
Frühstücksflocken mit Kleie / aus Vollkorn
1
Mischbrot / Weißbrot / Brötchen
Reis, hell / Nudeln, hell
täglich
Der ausgefüllte Fragebogen gibt wichtige Anhaltspunkte für
die Beratung. Dazu im Folgenden einige Hinweise.
fast
täglich
3-4x pro 1-3x pro seltener
Woche Woche oder nie
Oberer Abschnitt
Der Body Mass Index (BMI) errechnet
sich nach folgender Formel:
BMI
=
Körpergewicht (in kg)
Körpergröße ( in m)2
Bewertung:
Normalbereich = BMI von 18,5 - 24,9
Übergewicht = BMI von 25,0 – 29,9
Adipositas = BMI höher 30,0
Wenn Übergewicht oder Adipositas vorliegt, sollte zur Gewichtsabnahme geraten
werden, die dann besonderer Begleitung bedarf. Hinweise auf die Einschränkung
der Fett- und Energiezufuhr und mehr Bewegung sind dann umso wichtiger.
Vollkornreis / Vollkornnudeln
Pellkartoffeln / Salzkartoffeln
Pommes frites / Bratkartoffeln
Gemüse, frisch oder tiefgekühlt
Gemüse- und Obstkonserven
2
Grüne Salate / Rohkostsalate
Salate mit Mayonaise- / Sahnesauce
Hülsenfrüchte (getr. Bohnen, Erbsen, Linsen u.a.)
Obst, frisch
Zu den Lebensmitteln in Gruppe 1
Bei Vollkornprodukten, Müsli, Frühstücksflocken mit Kleie, Vollkornreis und Kartoffeln sollten die Felder „täglich“ oder „fast täglich“ angekreuzt sein.
Bei Mischbrot, Weißbrot, hellem Reis und Nudeln sowie bei Pommes frites/Bratkartoffeln sollten sich die Kreuze in den Kategorien „1-3 x pro Woche“ und „seltener
oder nie“ befinden. In diesem Zusammenhang insbesondere auch die Flüssigkeitszufuhr ansprechen, die mindestens 2 Liter pro Tag betragen sollte.
Zu den Lebensmitteln in Gruppe 2
Bei frischem oder tiefgekühltem Gemüse, Salat und frischem Obst sollte „täglich“ angekreuzt sein, alle anderen sollten seltener als 1-3 x pro Woche oder nie
verzehrt werden.
Milch
3
Joghurt / Kefir / Buttermilch / Quark
Sahne / Creme fraîche / Creme double
Käse
Rotes Fleisch / Wurst / Innereien
Geflügel / Wurst
4
Fisch, frisch, tiefgekühlt oder Konserve
Zu den Lebensmitteln in Gruppe 3
Hier sollten bei Milch, Joghurt und (magerem) Käse Kreuze in der Spalte „täglich“
stehen, denn Milchzucker fördert die Verdauung. Sahne/Crème fraîche/Crème
double sollten wegen ihres hohen Fettgehaltes selten oder nie verzehrt werden.
Zu den Lebensmitteln in Gruppe 4
Rotes Fleisch und daraus hergestellte Wurst sowie Innereien sollten 1-3 x pro Woche, seltener oder nie auf dem Speiseplan stehen. Geflügel und daraus hergestellte
Wurst können 3-4 x pro Woche, Fisch 1-3 x wöchentlich verzehrt werden.
Krabben / Muscheln / andere Meeresfrüchte
Eier (auch in Speisen)
Kuchen / Torten / süßes Gebäck
Chips / Knabbergebäck
5
Schokolade / Süßigkeiten
Eis / Pudding / Sahnecremes
Marmelade / Honig / Nusscremes
Mineral- / Leitungswasser / Kräuter- / Früchtetee
Kaffee / schwarzer Tee
6
Zu den Lebensmitteln in Gruppe 5
Insbesondere fettreiche Back- und Süßwaren sowie Knabberartikel sollten maximal
1-3 x pro Woche und dann in mäßiger Menge gegessen werden. Hier hängt die
Einschätzung auch damit zusammen, wie ausgewogen die gesamte Ernährung ist.
Keinesfalls sollte man diese Genussprodukte verbieten, da rigide Vorgaben eine
Ernährungsumstellung gefährden.
Zu den Lebensmitteln in Gruppe 6
Mineral-/Leitungswasser, Kräuter- oder Früchtetee sollten täglich reichlich getrunken werden. Insgesamt mindestens 2 Liter pro Tag. Das Kreuzchen bei Limonaden,
Colagetränken sowie alkoholischen Getränken sollte in der letzten Kategorie
seltener als 1-3 x pro Woche oder nie stehen.
Limonade / Colagetränke
Fruchtsaft
Bier / Wein / Schaumwein
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Spirituosen
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Literaturverzeichnis
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