Deutsche Sporthochschule Köln Sommersemester 2000 Referat: Christian Klaue Seminar 120809: Ernährung und Nahrungsergänzungsstoffe im Sport Dozent: Herr Dr. Hans Geyer Thema: BCAA BCAA (Branched-Chain Amino Acids) Verzweigtkettige Aminosäuren 1. Vorbemerkungen: Aminosäuren sind die Bausteine körpereigener Eiweiße und unter anderem unabdingbar für die Synthese von Geweben, spezifischen Proteinen, Hormonen, Enzymen und Neurotransmittern. Zudem sind Aminosäuren auch über die Glukoneogenese am Energiestoffwechsel beteiligt. Wurde bis vor einiger Zeit vor allem darüber diskutiert, wie viel an Aminosäuren bzw. an Eiweißen Sportler zu sich nehmen müssen, hat sich die Diskussion nun verlagert. Jetzt geht es vornehmlich um die Rolle spezifischer Aminosäuren auf metabolische und physiologische Prozesse unter körperlicher Belastung. 2. Die BCAA: Die drei verzweigkettige Aminosäuren – Leucin, Isoleucin und Valin – gehören zur Gruppe der essentiellen Aminosäuren und können vom Körper nicht selbst synthetisiert werden. BCAA sind Hauptbestandteil der Skelettmuskulatur. Aber auch im Blut finden sich verzweigkettige Aminosäuren. In der Nahrung sind sie verstärkt in Emmentaler Käse (vollfett), magerem Rindsfilet, magerem Fischfilet, in Hülsenfrüchten und in Pouletschenkeln zu finden. 3. Bedarfswerte: (pro kg Körpergewicht und Tag) bis 20 mg Isoleucin bis 55 mg Leucin bis 20 mg Valin (MANNHART, KAMBER, 1998) 4. BCAA und Energiebereitstellung: Kommt es zu einer Entspeicherung der Glykogendepots im Muskel und zum Absinken des Blutzuckerspiegels, beispielsweise durch eine Ausdauerbelastung, setzt die Glukoneogenese aus Protein ein. Dazu werden vor allem verzweigkettige Aminosäuren herangezogen und aus dem Blut in die Muskelzellen aufgenommen. Dadurch sinkt der BCAA-Spiegel im Blut. 5. BCAA und zentrale Ermüdung (Hypothese): Das Absinken des BCAA-Spiegels im Blut wird heute als wichtiger Faktor der zentralen Ermüdung angenommen. Grund ist folgender Mechanismus: BCAA und Tryptophan, eine andere Aminosäure, konkurrieren im Gehirn um ein und denselben Rezeptor, der ihren Eintritt reguliert. Sinkt nun das Verhältnis von BCAA zu Tryptophan im Blut, kann mehr Tryptophan ins Gehirn gelangen. Durch das Tryptophan wird im Gehirn die Serotoninbildung angeregt. Serotonin, ein Neurotransmitter seinerseits, wird mit der zentralen Ermüdung in Verbindung gebracht. Es soll das Zentralnervensystem dämpfen, die Aktivität der Person hemmen, entspannend wirken, schlaffördernd und teilweise auch antidepressiv sein. Demzufolge könnte man Serotonin eine leistungshemmende Wirkung zusprechen. Ausreichend wissenschaftliche Belege gäbe es dafür jedoch noch nicht, schreibt WILLIAMS, in seinem Buch „Ernährung, Fitness und Sport“. So haben andere Untersuchungen (SEGURA und VENTURA, 1988) gar ein gegenteiliges Ergebnis gezeigt, nämlich eine Leistungssteigerung durch vermehrten Tryptophaneintritt ins Gehirn und damit vermehrter Seratonin- und 5-Hydroxytryptaminbildung. Beides sind Neurotransmitter, die sich vom Tryptophan ableiten. Den von ihnen gefundenen leistungssteigernden Effekt erklärten SEGURA und VENTURA damit, dass die Schmerzrezeption durch die beiden gebildeten Neurotransmitter gedämpft wird und damit das Belastungs- und Ermüdungsempfinden erst später einsetzt. Diese Annahme hat sich in anderen Versuchen jedoch nicht bestätigen lassen. Heute wird eher von der schnelleren Ermüdung und damit einer Leistungshemmung durch vermehrten Tryptophaneintritt ins Gehirn ausgegangen. Bewiesen ist indes nichts, außer der Tatsache, dass durch orale Substitution von verzweigkettigen Aminosäuren kurz vor und während einer Belastung, das Verhältnis Tryptophan/BCAA im normalen Bereich gehalten werden kann. 6. Einfachzucker und BCAA: Einfachzucker in unserer Nahrung, schreibt wiederum WILLIAMS in seinem Buch „Ernährung, Fitness und Sport“, haben einen Einfluss auf unsere Stimmungslage. Denn durch die Einfachzucker wird unsere Insulinsekretion angeregt. Das führt zu einer vermehrten Glukoseaufnahme aus dem Blut in die Zellen und zu einer vermehrten Aufnahme von Aminosäuren in die Muskelfasern. Dadurch sinkt allerdings das Verhältnis der BCAA zu Tryptophan im Blut, Tryptophan kann verstärkt ins Gehirn eintreten, Serotonin wird gebildet und könnte die unter Punkt 5 beschriebenen leistungshemmenden oder auch die leistungsfördernden Auswirkungen haben. 7. Proteinspareffekt der BCAA (Hypothese): Die verzweigkettigen Aminosäuren werden vornehmlich nicht in der Leber, sondern unter Belastung in der Muskulatur metabolisiert (verstoffwechselt). Die orale Zufuhr von BCAA kurz vor und während einer Ausdauerbelastung könnte somit dem Abbau von körpereigenen Proteinen vorbeugen, so die unbewiesenen Annahmen einiger Wissenschaftler. Ob aus einem möglichen Proteinspareffekt der BCAA dann auch eine körperlich und/oder psychische Leistungssteigerung erwachsen würde, ist ungeklärt. 8. Zusammenfassung: Bislang nicht beantwortet ist die Frage, wie die zentrale Ermüdung funktioniert. Vor allem die Rolle des Tryptophans ist umstritten. Damit ist auch die Frage, ob man durch ein Absinken der Konzentration von BCAA im Blut schneller ermüdet, nicht abschließend zu klären. Auch der Proteinspareffekt durch die orale Zufuhr von BCAA ist bislang nicht eindeutig nachgewiesen. Bleibt festzustellen, dass die Diskussion um eine Leistungssteigerung durch die orale Zufuhr von BCAA auf zahlreichen Hypothesen und Vermutungen basiert, es aber an Nachweisen mangelt. 9. Literaturangaben: Williams, Melvin H.: Ernährung, Fitness und Sport. Dt. Ausgabe herausgegeben von Richard Rost. Ullstein-Mosby-Verlag, Berlin, Wiesbaden, 1997 Mannhart, C., Kamber, M.: Supplementguide, Ein Ratgeber für Zusatzpräparate im Sport. Eidgenössische Sportschule Magglingen (Hrsg.), 1998