Kinderkrankheiten von A-Z Symptome richtig einschätzen und behandeln - Wo Naturheilverfahren wirken - ... von Christian Schellenberg, Isabella Schellenberg Neuausgabe MVS Medizinverlage Stuttgart 2008 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 8304 2266 2 Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Hals- und Mandelentzündungen Hals- und Mandelentzündungen Entzündungen im Rachenraum gehören zu den häufigsten Erkrankungen im Kindesalter. Fast immer sind Infektionen mit Viren oder Bakterien die Ursache. H AUP T S YMP TOME Der Rachenraum mit seinen 3 Etagen (→ S. 29) besteht aus verschiedenen Anteilen. Diese können einzeln erkranken oder es sind mehrere Abschnitte gleichzeitig betroffen: 쮿 Rachenentzündung (Pharyngitis, Halsentzündung): Betroffen ist die Schleimhaut, die den gesamten Rachen auskleidet. Unterschieden werden eine akute, meist durch Viren hervorgerufene Pharyngitis z. B. im Rahmen einer Erkältung (→ S. 133) und eine chronische Form, die durch längere Reizung der Schleimhaut (z. B. durch Rauch, trockene Heizungsluft, behinderte Nasenatmung bei vergrößerten Mandeln, → S. 364) entsteht. 쮿 쮿 Mandelentzündung (Tonsillitis, Angina tonsillaris): Diese meist bakterielle Infektion betrifft das Lymphgewebe der Gaumen- und/oder Rachenmandeln. Der Verlauf ist meist akut; treten die Infektionen immer wieder auf, kann es zu einer chronischen Tonsillitis kommen. Angina kommt übrigens vom lateinischen »angere« (verengen oder erdrosseln) – jeder, der einmal versucht hat, bei einer Mandelentzündung sein Essen zu schlucken, weiß, warum die Angina so heißt. Seitenstrangangina: Betroffen von dieser akuten Infektion durch Bakterien oder Viren sind die Abwehrzellen seitlich im Rachen unter der Schleimhaut. Die Seitenstrangangina kann auch trotz der operativen Entfernung der Gaumenmandeln Symptome einer Mandelentzündung hervorrufen. Kratzen im Hals und Schmerzen beim Schlucken Ob Bakterien oder Viren, Entzündung des Rachens oder der Mandeln – die meisten Symptome treten bei allen akuten Formen auf – bei der bakteriellen Mandelentzündung meist stärker ausgeprägt und Ihr Kind fühlt sich richtig krank: 쮿 Typisch sind Halsschmerzen und Schluckbeschwerden, die besonders bei der Angina von einem Engegefühl im Hals begleitet sind. Die Stimme kann sich dann auch »kloßig« anhören. 쮿 Der Rachenraum ist gerötet, bei einer Angina sind die Mandeln zusätzlich geschwollen und evtl. mit eitrigen Stippchen oder einem Belag bedeckt. 쮿 Daneben treten Schnupfen, Husten, Fieber, Kälteempfindlichkeit und Kopfschmerzen auf; die Lymphknoten hinter den Ohren und am Hals sind vergrößert. Bei den chronischen Verläufen sind die Beschwerden weniger stark: 쮿 Bei der Rachenentzündung besteht ein ständiges Trockenheitsgefühl im Rachen, begleitet vom Zwang, sich ständig zu räuspern oder zu schlucken. Auch ein Reizhusten oder ein Kloßgefühl im Rachen können vorhanden sein. Heiserkeit zeigt an, dass zusätzlich der Kehlkopf betroffen ist. Die Schleimhaut ist eher trocken und gerötet, in manchen Fällen wird ständig etwas zäher, glasiger Schleim abgesondert. 쮿 Bei der chronischen Angina sind die Mandeln entweder vergrößert und gerötet oder klein und vernarbt. In den Furchen sammelt sich manchmal Eiter. Die Kinder haben oft Mundgeruch und einen schlechten Geschmack im Mund. 161 aus: Schellenberg u.a., Kinderkrankheiten von A–Z (ISBN 9783830422662) © 2009 Karl F. Haug Verlag 왘 GESUND WERDEN 2 Beschwerden und Methoden von A–Z 쮿 Peritonsillitis: Damit wird eine eitrige, meist einseitige Entzündung des Gewebes um die Mandel (meist Gaumenmandel) herum bezeichnet, die als Komplikation einer Angina auftreten kann. Kapselt sie sich ab, spricht man auch von einem Peritonsillarabszess, liegt die Abkapselung hinter dem Rachen, von einem Retropharyn- gealabszess. Abszesse (→ S. 53) werden operativ aufgeschnitten. Der Kehldeckel grenzt den Rachen von der Luftröhre ab, weshalb manchmal auch die Kehldeckelentzündung (Epiglottitis; → S. 211) bzw. Kehlkopfentzündung (Laryngitis; → S. 211) den Halsentzündungen zugerechnet werden. Was Sie für Ihr Kind tun können Suchen Sie mit Ihrem Kind insbesondere bei Halsschmerzen mit Fieber oder Ausschlag den Arzt auf – er prüft, ob Viren oder Bakterien die Missetäter sind und schließt z. B. Scharlach (→ S. 317), Pfeiffer-Drüsenfieber (→ S. 300), Herpangina (→ S. 178) und Diphtherie (→ S. 114) als Ursachen aus. Hat Ihr Kind zusätzlich Husten, Durchfall oder eine Bindehautentzündung, ist ein Virusinfekt sehr wahrscheinlich. Ist die Infektion durch Bakterien verursacht (bei der Diagnose hilft ein Rachenabstrich), verschreibt der Arzt ein Antibiotikum, das – auch wenn sich die Beschwerden damit schnell bessern – so lange eingenommen werden muss, wie von ihm angewiesen. Wird eine bakterielle Mandelentzündung nicht richtig behandelt, sind wie beim Scharlach eine Entzündung des Nierengewebes (→ S. 295) oder ein rheumatisches Fieber möglich. Bei häufigen Mandelentzündungen empfehlen die meisten Ärzte eine Entfernung der Mandeln (→ S. 366). Allgemeine Tipps Gegen die akuten Halsschmerzen wirken kalte, breiige Speisen und Getränke ohne Säure oder Kohlensäure. Bei chronischen Halsoder Mandelentzündungen schalten Sie am besten mögliche Reizfaktoren aus: Sorgen Sie für rauchfreie Wohnräume mit ausreichend Luftfeuchtigkeit und schicken Sie Ihr Kind oft an die frische Luft. Stärken Sie seine Immunabwehr (→ S. 56). Überlegen Sie, ob die Beschwerden z. B. nach dem Kauf eines neuen Möbelstücks oder Teppichs angefangen haben – auch z. B. Formalin ist ein möglicher Auslöser für eine ständige Rachenentzündung. Heilpflanzen, Wasser & Wickel 왖 Richtig angezogen macht draußen Spielen immer Spaß und beugt Krankheiten vor Gegen die unangenehmen akuten Schluckbeschwerden helfen feuchte Halswickel (→ S. 383) mit kühlem Wasser, Zitronenöl, Quark oder Retterspitz® aus der Apotheke. Bestehen die Halsschmerzen schon länger oder treten immer wieder auf, helfen eher warme Wickel mit den gleichen Zusätzen. 162 aus: Schellenberg u.a., Kinderkrankheiten von A–Z (ISBN 9783830422662) © 2009 Karl F. Haug Verlag Hals- und Mandelentzündungen ZUM WEIT ERLE SEN Auch Teezubereitungen zum Trinken und Gurgeln sind gut geeignet: Salbei, Thymian, Kamille und Malve wirken keimhemmend, bringen die Entzündung zum Abklingen und helfen beim Abschwellen, einige hemmen sogar das Bakterienwachstum. Das Fertigpräparat Angocin® enthält Kapuzinerkresse und Meerrettich. Eibisch, Huflattich, Spitzwegerich und Ringelblume bilden einen Schutzfilm auf der Schleimhaut und sind deshalb besonders für Mundspülungen oder zum Gurgeln geeignet. Auch Isländisch Moos hat einen reizlindernden Effekt auf die Schleimhaut – ständiges Lutschen von in der Apotheke erhältlichen Pastillen befeuchtet daneben auch noch die Schleimhäute, was ebenfalls die Entzündung zum Abklingen bringt. Buchtipp Jutta Langreuter, Vera Sobat: Der kleine Bär wird wieder gesund. Ars Edition, München 2000 Der Bär hat furchtbare Halsschmerzen – Schlucken tut weh und selbst Spielen macht keinen Spaß. Das Bilderbuch für Kinder ab 3 zeigt, dass auch bärenstarke Tiere mal krank werden, und hilft, das Halsweh zu vergessen. Homöopathie 쮿 쮿 Wichtigstes Mittel bei einer akuten Entzündung, brennenden Halsschmerzen, Schluckbeschwerden und geschwollenen Mandeln ist Belladonna D6, vor allem wenn hohes Fieber auftritt. Bei Kleinkindern oder wenn die Stärke der Beschwerden wechselt, hilft manchmal Ferrum phosphoricum D12 besser. Strahlen die Halsschmerzen in die Ohren aus und empfindet Ihr Kind Wärme am Hals angenehmer als Kälte, hilft Phytolacca D6 (vor allem bei geschwollenen Lymphkno- ten); haben die Mandeln zusätzlich Eiterstippchen, eher Hepar sulfuris D12. 쮿 Zeigen die Mandeln eitrige Beläge, ist der gesamte Rachenraum entzündet und sind die Lymphknoten stark geschwollen, ist Mercurius solubilis D12 Mittel der Wahl, v. a. wenn sich die Beschwerden nachts verschlechtern und das Kind insgesamt schwach ist. 쮿 Sind die Halsschmerzen zu Beginn auf einer Seite lokalisiert, geben Sie Lycopodium clavatum D12, wenn die rechte, und Lachesis D12, wenn die linke Seite betroffen ist: über 2 Tage 4- bis 5-mal, danach 2-mal tgl. Hilft keine der Substanzen innerhalb weniger Stunden, probieren Sie ein homöopathisches Komplexmittel wie Meditonsin®, Tonsiotren® oder Zinnober comp.® aus der Apotheke. Diese Mittel geben Sie anfangs stündlich. Bei immer wiederkehrenden Mandelentzündungen und Mundgeruch können Sie Guaiacum D6 versuchen. Schüßler-Salze Gegen Halsweh allgemein helfen Nr. 3 Ferrum phosphoricum (10–30 Tab. tgl.) und Nr. 12 Calcium sulfuricum (10 Tab. tgl.). Bei akuter Angina mischen Sie 20 Tabletten Nr. 3 Ferrum phosphoricum, 10 Tab. Nr. 4 Kalium chloratum, 20 Tab. Nr. 9 Natrium phosphoricum, 10 Tab. Nr. 11 Silicea und 20 Tab. Nr. 12 Calcium sulfuricum und lassen Ihr Kind ein oder mehrere dieser Tabletten über den Tag verteilt lutschen. Bei Mundgeruch geben Sie noch 10 Tab. Nr. 5 Kalium phosphoricum hinzu. Und sonst Neigt Ihr Kind zu wiederkehrenden Mandelentzündungen, vergrößerten Mandeln und geschwollenen Lymphknoten, empfiehlt sich eine Lymphdrainage (→ S. 366). 163 aus: Schellenberg u.a., Kinderkrankheiten von A–Z (ISBN 9783830422662) © 2009 Karl F. Haug Verlag 왗