Die Refluxkrankheit der Speiseröhre - Gastro-ösophagealer Reflux, Sodbrennen, Zwerchfellbruch, Hiatushernie, refluxbedingte Bronchitis Liebe Patientinnen und Patienten, Sodbrennen - nahezu jeder zehnte Erwachsene kennt die Symptome des Magensaftrückflusses in die Speiseröhre: • brennende Schmerzen hinter dem Brustbein, vor allem nach dem Essen und im Liegen, zumeist nachts im Schlaf. Die Schmerzen können auch in den Nacken, den Rachen, die Schultern oder den Unterleib ausstrahlen. • weitere typische Anzeichen von chronischem Sodbrennen können Schluckstörungen, morgendliche Heiserkeit, chronischer Husten, Asthma oder Zahnfäule sein. • selten kann auch eine chronische Halsentzündung mit Zahnfleischentzündungen und Mittelohrentzündungen durch einen gastroösophagealen Reflux ausgelöst sein. Sodbrennen entsteht dadurch, dass saurer Magensaft in die Speiseröhre zurückfließt. Betroffen sind fast immer nur die unteren, unmittelbar an den Mageneingang angrenzenden Anteile der Speiseröhre. Magensaft besteht überwiegend aus ätzender Salzsäure. Die Magenwand ist vor der Säure durch eine äußerst widerstandsfähige Schleimhautschicht geschützt. Neben dem sauren Magensaft spielt gelegentlich auch der alkalische Reflux aus Galle und Verdauungsfermenten der Bauchspeicheldrüse eine Rolle. Dieses Gemisch aus Säure und alkalischem Verdauungssaft ist besonders aggressiv und kann die Speiseröhrenschleimhaut noch mehr als die reine Säure schädigen. Am Übergang von der Speiseröhre zum Magen befindet sich ein Verschlussmechanismus. Dieser öffnet sich normalerweise nur, um Nahrung in den Magen passieren zu lassen. Der Verschluß schützt damit die Speiseröhre vor dem Kontakt mit der Magensäure. Die Speiseröhrenwand reagiert sehr empfindlich auf einen Salzsäurekontakt. Der häufige Reflux führt zur einer Verätzung der Speiseröhrenwand, was wir als Sodbrennen spüren. Die Häufigkeit der Refluxerkrankung nimmt deutlich zu, sie wird viel häufiger als früher diagnostiziert. Auch der Speiseröhrenkrebs, eine mögliche, wenn auch seltene Folgekrankheit, wird viel häufiger als noch vor Jahren beobachtet. Ursachen der Refluxkrankheit Die Ursachen des Magensaftrefluxes sind noch nicht völlig geklärt. Dazu gehört fast immer eine Hiatushernie, ein vergrößerter Durchlass im Zwerchfell für die Speiseröhre. Dadurch verlagert sich ein Teil des Magens in den Brustkorb. Das nachstehende Bild zeigt eine sehr große Hiatushernie mit einem weit in den Brustraum verlagerten oberen Magenabschnitt. Eine weitere Ursache besteht im Nachlassen der Verschlusskraft des Mageneingangspförtners; er wird zu schwach, um einen wirksamen Verschluß der Speiseröhre zu gewährleisten. Häufig scheint eine Verlagerung des Magens in den Brustkorb für diese Verschlussschwäche verantwortlich zu sein. Die Größe des Zwerchfellbruchs und die Verschlussschwäche des unteren Speiseröhrenschließmuskels nimmt in der Regel im Laufe des Lebens zu. Eine Reihe weiterer Faktoren begünstigt einen Reflux und das damit verbundene Sodbrennen. Die Schwächung des unteren Speiseröhrenschließmuskels kann angeboren oder durch Medikamente verursacht sein. Auch eine erhöhte Magensäureproduktion durch besonders umfangreiche oder fetthaltige Mahlzeiten, übermäßigen Alkohol-, Kaffee- oder Zigarrettenkonsum oder Stress können die Ursache sein. Ungünstig sind ebenfalls zu kalte oder zu heiße Speisen, Zitrusfrüchte, säurehaltige Obstsäfte oder alkoholische Getränke. Übergewichtige, aber auch Schwangere haben häufiger unter Sodbrennen zu leiden. Der Verschluss des Magens zur Speiseröhre wird auf Dauer übermäßig belastet, so dass dieses Ventil diesem Druck nicht mehr standhalten kann. Magensäure kann dann ungehindert in die Speiseröhre fließen. Ein Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre kann auch bei Gesunden gelegentlich vorkommen. Die Speiseröhre kann begrenzte Mengen des Refluxes durch einfaches Schlucken wieder in den Magen zurückbefördern. Von einer Refluxkrankheit spricht man, wenn der Rückfluss von Magensaft oder saurem Mageninhalt häufige und wiederkehrende Beschwerden verursacht oder die Speiseröhrenschleimhaut nachweisbar geschädigt wird. Wie bei allen Brüchen der Bauchhöhle kann auch beim Zwerchfellbruch der Magen in der Bruchpforte einklemmen, was gelegentlich zu inneren Blutungen führt und die Ursache einer chronischen Anämie (Blutarmut) sein kann. Die Größe des Bruches und das Ausmaß der Refluxerkrankung stehen allerdings nicht in einer festen Beziehung zueinander: es gibt sehr große Brüche, die kaum Symptome verursachen und wiederum relativ kleine Brüche mit starker Refluxsymptomatik. Die Refluxösophagitis kann neben den quälenden Beschwerden auch starke organische Veränderungen nach sich ziehen wie Blutungen und entzündliche Geschwüre (Ulkus/Erosion). Als längerfristige Folgen einer chronischen Refluxösophagitis können narbige Einengungen der Speiseröhre und eine irreversible Umwandlung (Metaplasie) der Speiseröhrenschleimhaut in Magenschleimhaut (sog. Barrett—Schleimhaut) entstehen. Die Barrett-Metaplasie gilt als Krebs-Vorstufe, das Risiko einer bösartigen Ekrankung ist im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich höher. Diagnostik der Refluxösophagitis Die beschriebenen typischen Beschwerden geben dem Arzt erste Hinweise auf eine Refluxösophagitis. Vor der Diagnosestellung müssen aber zunächst alle anderen Erkrankungen ausgeschlossen werden, die Brustschmerzen verursachen können. Die Magenspiegelung (Ösophago-Gastroskopie) ist die sicherste Methode, eine sichere Diagnose zu stellen. Die Erkrankung der Speiseröhrenschleimhaut ist direkt zu beurteilen. Gleichzeitig kann die Größe des Zwerchfellbruchs (Hiatushernie) festgestellt und Proben aus der Speiseröhrenschleimhaut (Biopsien) entnommen werden. In Zweifelsfällen wird eine PH-Metrie durchgeführt. Bei dieser Methode wird über eine Nasensonde die Säurekonzentration in der unteren Speiseröhre gemessen. Bei sehr großen Zwerchfellbrüchen kommt gelegentlich eine Computertomografie oder die Darstellung des verlagerten Magens mit Kontrastmittel in Betracht. Konservative Behandlung der Refluxkrankheit Therapie leichter Beschwerden • Vermeidung von Süssigkeiten, kein Weißwein, keine fettigen Speisen, kleinere Mahlzeiten auf den Tag verteilen, keine späten Mahlzeiten, Gewichtsreduktion, Oberkörpererhöhung zur Nacht, kein Nikotin, Therapie starker Beschwerden • medikamentöse Säurehemmung Eine medikamentöse Behandlung sollte konsequent über mehrere Monate erfolgen. Treten danach die Beschwerden erneut auf, kann man von einem chronischen Krankheitsgeschehen ausgehen. Die medikamentösen Therapiealternativen sind: 1. Medikation mit Antazida (z. B. Natron, Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid). Diese Medikamente neutralisieren die gebildete Magensäure. Sie sind für den kurzfristigen Einsatz gut geeignet, auch in der Schwangerschaft. 2. Antihistaminika waren vor den Protonenpumpenhemmern die Standardtherapie zur Behandlung der Refluxerkrankung. Durch Blockierung des Histaminrezeptors greifen die Präparate in den Zellstoffwechsel der säureproduzierenden Magenzellen ein und reduzieren die Produktion von Magensäure bis auf etwa 50 %. Bei leichten Formen empfehlenswert. 3. Protonenpumpenhemmer. Diese Medikamente beeinträchtigen über eine Enzymblockade die Salzsäurebildung. Diese Medikamente sind stark wirksam und werden bei der Behandlung schwerer Formen einer Refluxösophagitis eingesetzt. Durch diese Behandlung wird der Reflux nicht unterbunden, wohl aber die Säurekomponente beseitigt. Operative Behandlung der Refluxösophagitis Bei bleibenden Refluxbeschwerden trotz konsequenter medikamentöser Behandlung wird die operative Behandlung der Refluxerkrankung empfohlen. Ziele der operativen Behandlung sind das Erreichen der Beschwerdefreiheit, die Heilung der Speiseröhrenentzündung und anderer Komplikationen sowie die Prävention von Langzeitkomplikationen. Dieses wird erreicht durch eine „Reparatur“ des Zwerchfellbruches und die Rückverlagerung des in den Brustkorb verlagerten oberen Magenabschnittes in die Bauchhöhle. Da diese Maßnahme allein oft nicht ausreicht, den Reflux wirkungsvoll zu unterbinden, erfolgt zusätzlich eine Verstärkung der Ventilfunktion des Mageneinganges durch eine aus dem Magenfundus gebildete Manschette. Durch diese Maßnahme ist der Reflux in der Regel sofort beseitigt. Der Eingriff selbst ist risikoarm, da Magen und Speiseröhre nicht eröffnet werden, er ist jedoch technisch anspruchsvoll. Für den Eingriff wird eine hochwertige laparoskopische OP-Ausstattung benötigt. Die heutigen laparoskopischen Operationsverfahren haben sich aus einer vor etwa 60 Jahren von Nissen erstmals publizierten Operationsmethode entwickelt. Seither hat es einige Variationen dieses Eingriffes gegeben, die insbesondere die Form der zu bildenden Manschette betreffen. Die bedeutendste Änderung besteht in der minimal-invasiven Durchführung der Antirefluxoperation, die bereits im Jahre 1991 eingeführt wurde. Hierzu werden 4 Ports (Operationszugänge) mit einem Durchmesser zwischen 5 mm und 10 mm in die vordere Bauchwand eingebracht. Auf diesem Wege können eine hochauflösende Fernsehkamera und die Arbeitsinstrumente in den Bauch gebracht werden. Während des Eingriffs wird der Bauchraum mit CO² aufgefüllt. Der erste Schritt der Operation besteht in der Freilegung der unteren Speiseröhre aus den Verwachsungen im Bereich des Zwerchfelldurchtrittes, dann in der Rückverlagerung des Magens in den Bauchraum. Bei dieser Präparation werden sämtliche Verbindung der Speiseröhre und des Magens mit dem Mediastinum gelöst, damit kein erneuter Zug des Gewebes den Magen wieder in den Brustkorb hochzieht. Dann erfolgt die Verkleinerung des zu großen Zwerchfellbruches durch direkte Naht der meist kräftigen Zwerchfellmuskulatur. Während dieser Maßnahme wird die Speiseröhre durch eine Sonde geschient, damit der Speiseröhrendurchtritt das Zwerchfell nicht zu eng wird. Der Eingriff wird abgeschlossen mit einer Verstärkung des unteren Speiseröhrenschließmuskels. Dabei wird eine Aussackung des oberen Magens (Magenfundus) wie eine Manschette um die Speiseröhre gelegt. Je nach der Transportfunktion der Speiseröhre wählen wir verschiedene Manschettenformen (Halbmanschetten, Vollmanschetten). Das von uns bevorzugte Verfahren ist die Anlage einer 360° Manschette, die lose angelegt wird und den Säurerückfluß aus dem Magen hervorragend unterbindet. Nur bei Transportstörungen der Speiseröhre kommt die Toupet-Manschette in Betracht. Für den laparoskopisch versierten Chirurgen liegt der Vorteil in der durch die Videoendoskopie gewährleisteten exzellenten Übersicht über das Operationsgebiet. Die Technik ist weit entwickelt. Das vorhandene Rezidivrisiko liegt unter 5 %, operationsbedingte Nebenwirkungen, insbesondere Schluckstörungen, treten kaum auf. Selbst Patienten mit Voroperationen können auf diese Weise operiert werden. Das Verfahren ist schmerzarm, keine störenden Sonden, keine Wunddrainagen nach der Operation. Die Nahrungsaufnahme beginnt schon am Abend des Operationstages. Die Klinikentlassung erfolgt nach 4-5 Tagen postoperativ. Zusammenfassung Die Behandlung der Refluxerkrankung erfolgt zunächst internistisch – konservativ. Bei nicht ausreichendem Erfolg der medikamentösen Behandlung kommen operative Behandlungen in Betracht. In diesen Fällen werden durch operative Verfahren deutliche bessere Ergebnisse erzielt. Erneutes Sodbrennen findet sich beim operierten Patienten sehr selten, bei reiner medikamenöser Therapie aber in etwa 20-25 %. Auffällig sind auch die Ergebnisse bei der Regurgitation (Wiederhochkommen von Speise), die bei medikamentöser Therapie bei etwa 50-60 % der Patienten, nach Operationen aber nur bei etwa 4 % beobachtet wird. Deutliche Unterschiede finden sich auch auch bei respiratorischen Symptomen, die durch die Operation nahezu vollständig verschwinden, bei medikamentös behandelten Patienten aber in einer Häufigkeit von etwa 15 % bleiben. Der Brustschmerz als Symptom tritt bei medikamentöser Behandlung fast doppelt so häufig auf wie nach einer operativen Behandlung. Der nachstehende Kurzfilm zeigt eine zusammengefasste Antirefluxoperation aus dem St. Antoniushospital Gronau, Abteilung für Allgemein- und Visceralchirurgie, von Januar 2009. Die Darstellung zeigt die einzelnen Operationsschritte: • Mobilisation der unteren Speiseröhre und des oberen Magens • Freilegen des rechten und des linken Zwerchfellschenkels • Skelettieren des Magenfundus (zur Bildung der Ösophagusmanschette) • Zwerchfelleinengung durch mehrere Nähte • Bildung der Fundusmanschette Der Film zeigt neben der eigentlichen Operation auch die hochwertige Ausstattung mit dem HDTVKamerasystem der Firma Storz und die blutungsfreien Gewebedurchtrennung mit dem Vaio-GewebeVersiegelungssystem der Firma Erbe. http://www.youtube.com/watch?v=r4kT0R0L-UM&feature=player_embedded#!