Titel: „Wohlfühlen durch bewusstes Essen und Trinken“ Prävention tumorassoziierter Mangelernährung und diätetische Interventionen bei gastrointestinalen Nebenwirkungen unter onkologischer Therapie Autoren: Iris Stimpfl¹, Wolfgang Stangl², Ulrike Guger-Halper³ (Diätologie¹, Hämato-/Onkologie und Palliativmedizin², Apotheke/Zentrale Zytostatika-Aufbereitung³, Allgemein öffentliches Krankenhaus Oberwart) Zusammenfassung: Der Ernährungszustand onkologischer Patienten verdient ein besonderes Augenmerk. Mangelernährung erhöht nicht nur die Morbidität und Mortalität, sie verstärkt auch die Nebenwirkungen der Tumortherapie und verschlechtert die Compliance der Patienten und damit auch die Gesamtprognose. Stichwörter: Mangelernährung, gastrointestinale Nebenwirkungen, Tumortherapie, Diätologische Intervention Einleitung: Anorexie, Gewichtsverlust und Völlegefühl zählen zu den zehn häufigsten Symptomen von Patienten mit Tumorerkrankungen [1]. So leiden 40% der Patienten unter einer Anorexie, 46% unter Geschmacksveränderungen, 60% unter Völlegefühl, 40-60% unter vorzeitigem Sättigungsgefühl, 41% unter Mundtrockenheit, 39% unter Übelkeit und 27% unter Erbrechen [2]. Bei etwa jeder 2. Krebserkrankung wird ein Verlust von Körpergewicht beobachtet, der bereits begonnen hat, bevor die Tumordiagnose gestellt wurde [3]. Bei jedem 6. Erkrankten hat der Gewichtsverlust zu diesem Zeitpunkt bereits ein erhebliches Ausmaß erreicht (10% des Körpergewichts) [4]. Mangelernährung erhöht nicht nur die Morbidität, sie verstärkt auch die Nebenwirkungen der Tumortherapie und verschlechtert die Compliance der Patienten. Dies führt zu häufigeren und längeren Krankenhausaufenthalten sowie zu Mehrkosten. In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Mangelernährung auch die Mortalität erhöht. Gewichtsverlust ist ein eigenständiger Prognosefaktor für das Überleben bei Non Hodgkin Lymphom, Bronchialkarzinom, Mammakarzinom, Kolon- und Prostatakarzinom. Weiters konnte gezeigt werden, dass Mangelernährung mit Depressionen und einer deutlichen Minderung der Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Tumorpatienten assoziiert ist. Sie ist für viele Patienten und Angehörige eine Ursache psychischer Probleme. Patienten empfinden ihre Ernährung als Quelle von Quälerei und Verzweiflung. Sie wollen essen und versuchen zu essen, sind dazu aber nicht fähig [5]. Tumorpatienten verlieren ähnlich viel Muskelmasse wie Fett und zeigen parallel dazu eine Verschiebung intrazellulären Körperwassers nach extrazellulär. Sie unterscheiden sich dadurch wesentlich von der typischen Hungersituation. Diese ist durch evolutionär verankerte neuroendokrine Regelmechanismen und metabolische Muster charakterisiert, welche vorzugsweise die Fettoxidation fördern und die Eiweißverluste minimieren [6]. Darüber hinaus sind die Patienten durch Chemotherapie induzierte Übelkeit und Erbrechen in der Nahrungsaufnahme und in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt. Die daraus resultierende Malnutrition erhöht die Rate an Komplikationen, sowie Nebenwirkungsraten von Chemotherapien und reduziert die Lebensqualität [7]. Hauptteil: Der Anstoß für unser Projekt „Wohlfühlen durch bewusstes Essen und Trinken“ für onkologische Patienten war die Überlegung, unseren Patienten einerseits ein evidenzbasiertes Wissen zum Thema Ernährung bei Krebs zu vermitteln und andererseits sie anzuleiten, beim Auftreten von bestimmten gastrointestinalen Symptomen im Rahmen der Chemotherapie symptomlindernde Symptom lindernde Maßnahmen selbsttätig ergreifen zu können. Diesem Projekt geht eine jahrelange, gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegepersonal, Pharmazie und Diätologie voraus. Wir haben im Team versucht, eine Ernährungsmappe sowohl inhaltlich als auch durch ein ansprechendes Layout, positiv zu gestalten. Die Mappe enthält die wichtigsten Informationen, welche bei einer gesunden Ernährung für Krebspatienten wichtig sind. In kurzen, übersichtlichen Abschnitten werden die einzelnen Nährstoffe erklärt und anhand von praktischen Beispielen Empfehlungen für die tägliche Zufuhr gegeben. Da ein adäquater Ernährungszustand die Verträglichkeit und Wirksamkeit der Therapie positiv beeinflusst, wird diese Mappe bereits beim Erstgespräch, vor Therapiebeginn, an unsere Patienten ausgehändigt und in die Aufklärung integriert. Somit sind sie bereits von Beginn an ernährungsmedizinisch betreut und haben gleichzeitig eine Sammelmappe in Händen, die ihnen auch als Ablage für andere Unterlagen dienen kann. Ein besonderes Interesse galt neben den Grundlagen der Ernährung auch den individuell unterschiedlichen Ernährungsbedürfnissen beim Auftreten einer Therapienebenwirkung. Deshalb haben wir ergänzend zur Info- und Sammelmappe Einlageblätter mit speziellen Ernährungsempfehlungen ausgearbeitet, welche als Unterstützung bei den diätetischen Interventionen dienen. Folgende Themen wurden behandelt: „Gesund im Mund“ – Prophylaxe der Mukositis „Wund im Mund“ – Maßnahmen bei Mukositis Mundtrockenheit Appetitlosigkeit Übelkeit und Erbrechen Verändertes Geruchs- und Geschmacksempfinden Gewichtsverlust Diarrhoe Ernährungstipps bei Darmträgheit Jedes Themenblatt wurde in unterschiedlicher Farbe gestaltet. Somit sind diese Einlageblätter sowohl für das Personal, als auch für die Patienten auf einen Blick als Empfehlung zu einem bestimmten Thema erkennbar. Orale und gastrointestinale Mukositis Die Mukositis ist eine schwere und oft Dosis limitierende Nebenwirkung sowohl der Chemo- als auch der Strahlentherapie. Sie folgt einem komplexen Pathomechanismus mit Beteiligung aller Gewebe und Zellen der Mukosa des gesamten Gastrointestinaltraktes. Bei einem WHO-Schweregrad 3 und/oder 4 der oralen gastrointestinalen Mukositis beeinträchtigt sie die Lebensqualität der Patienten erheblich. Nicht selten ist das kurative Ziel einer Behandlung durch Unterbrechungen oder Abbruch der Therapie gefährdet. Bei neutropenischen Patienten wird die Mukositis als Risikofaktor für eine Sepsis mit erhöhter Letalität angesehen. Mukositis wird in der Literatur vorwiegend bei Patienten nach Knochenmarkstransplantation oder Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich berichtet. Diätetische Intervention zur Mukositisprophylaxe „Gesund im Mund“: Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sollte geachtet werden. Die Mundschleimhaut inklusive Zunge sollte immer feucht sein. Damit die Nahrung besser in den Rachen gleitet, soll während einer Mahlzeit immer wieder getrunken werden. Sehr kalte oder sehr heiße Speisen vermeiden, das Essen lauwarm zu sich nehmen. Besonders bei Kau- und Schluckbeschwerden oder Schmerzen im Mund flüssige, weiche und pürierte Kost verzehren. Obst mit einem hohen Säuregehalt wie etwa Zitrusfrüchte (Orangen, Grapefruit, Kiwi), Ribisel, Rhabarber, Tomaten vermeiden. Besser geeignet sind Apfel, Birne, Pfirsich, Marille, Kirschen und Erdbeeren. Wenig säurehältig und daher Mund schonend sind Bananen-, Birnen-, Marillen- und Pfirsichsaft, sowie „Babysäfte“. Glatte, zuckerfreie Bonbons zur Anregung der Speichelproduktion lutschen oder zuckerfreie Kaugummis kauen. Die Bonbons dürfen keine scharfen Kanten haben, damit die Mundschleimhaut nicht verletzt wird. Auf Alkohol- und Tabakkonsum verzichten. Nach dem Essen den Mund mit Mineralwasser spülen. Diätetische Intervention beim Vorhandensein einer Mukositis „Wund im Mund“: Essen nur lauwarm, niemals heiß aufnehmen. Kühle Speisen und Getränke sind meist angenehmer. Auf scharf gewürzte Speisen, sehr Saures oder Speisen mit groben Strukturen verzichten. Ungünstig sind harte Brotrinden, Knäckebrot, Zwieback usw., da diese Lebensmittel lange gekaut werden müssen. o Deshalb die Rinde von besonders knusprigem Brot in einem Getränk einweichen, „feste Speisen“ sehr klein schneiden o „Feste Speisen“ durch die Zugabe einer geeigneten Soße ergänzen. (z.B.: Bechamel-, Dill-, Champignonsoße, Kürbisgemüse, kalte Soßen wie Schnittlauchsoße). Dadurch werden die Speisen weicher und gleiten besser. Bei Süßspeisen eignen sich Pfirsichmus, Pudding, Fruchtjoghurt, Dessertcremen usw. Bei starken Beschwerden eher cremige oder flüssige Konsistenz bevorzugen. Gut geeignet sind Fertigprodukte für Säuglingsernährung aus dem Super- oder Drogeriemarkt (Obst- und Gemüsebrei in Gläsern). Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sollte geachtet werden. Die Gleitfähigkeit der Speisen wird durch häufiges Trinken während der Mahlzeit verbessert. Die Verwendung von Strohhalmen mit großem Durchmesser erleichtert den Verzehr von Suppen bzw. flüssigen Speisen und Getränken. Obst mit einem hohen Säuregehalt wie etwa Zitrusfrüchte (Orangen, Grapefruit, Kiwi), Ribisel, Rhabarber, Tomaten vermeiden. Besser geeignet sind Apfel, Birne, Pfirsich, Marille, Kirschen oder Erdbeeren. Wenig säurehaltig und daher Mund schonend sind Bananen-, Birnen-, Marillen- und Pfirsichsaft, sowie „Babysäfte“ Auf Alkohol- und Tabakkonsum verzichten. Glatte, zuckerfreie Bonbons zur Anregung der Speichelproduktion lutschen oder zuckerfreie Kaugummis kauen. Die Bonbons dürfen keine scharfen Kanten haben, damit die Mundschleimhaut nicht weiter verletzt wird. Nach dem Essen den Mund mit Salzwasser oder einer geeigneten Mundspüllösung spülen. Mundtrockenheit Trockenheit im Mund zählt zu den häufig auftretenden Nebenwirkungen der Krebstherapie. Besonders bei Bestrahlung des Hals-, Nasen-, und Ohrenbereiches kann die Funktion der Speicheldrüsen beeinträchtigt werden. Dadurch nimmt die Speichelproduktion ab und der Speichel wird dickflüssiger und der Mund trocken. Diätetische Intervention: Immer ein Getränk bereithalten und laufend in kleinen Schlucken trinken. Gut geeignet sind säuerliche Getränke wie Zitronentee oder Zitronenlimonade. Speisen nur gleichzeitig mit einer Flüssigkeit aufnehmen und im Mund gut vermengen. Weiche, wasserreiche Lebensmittel und Speisen bevorzugen (Melone, Fruchtmus, Kompotte, Puddings, Suppen, Speisen mit Saft usw.). Scharfe Gewürze und Alkohol vermeiden, da diese die Schleimhaut zusätzlich austrocknen. Speiseeis oder Eiswürfel aus Tonic Water®, Bitter Lemon®, säurearme Fruchtsäfte (Bananen-, Birnen-, Marillen-, Pfirsichsaft, „Babysäfte“), Trinknahrungen oder Joghurt werden als angenehm empfunden. Zwischendurch saure Zuckerl oder Eibischzuckerl lutschen. Vollmilch vermeiden, da diese die Bildung von dickflüssigem, zähem Speichel fördert. Spülungen mit Salzwasser erfrischen und lösen den zähen Schleim. Medikamentösen Speichelersatz verwenden. Appetitlosigkeit Appetitlosigkeit ist eine der häufigsten Ursachen für Gewichtsverlust bei Krebskranken. Ursächlich werden eine verminderte Ausschüttung von Magensaft und Verdauungsenzymen infolge von Geschmacks- und Geruchsveränderungen während der Krebstherapie angesehen. Darüber hinaus findet sich eine vermehrte Ausschüttung von Botenstoffen im Gehirn, welche ein Sättigungsgefühl hervorrufen. Der Verlust des Appetits bei Krebspatienten wird schließlich auch durch - vom Tumor gebildete - Stoffe, die das Sättigungsempfinden beeinflussen können, bewirkt. Diätetische Intervention: Das Essen auf mehrere kleine Portionen aufteilen. Die Phasen, in denen man weniger unter der Therapienebenwirkung leidet, zum Essen nutzen. – Das kann mitunter auch nachts sein. Deshalb „Snacks“ (ev. auch tiefgekühlt) immer bereithalten. Speisen nach dem individuellen Gusto auswählen – auch wenn dies eintönig oder ungewöhnlich erscheint. Intensive Essensgerüche vermeiden, deshalb nicht selber kochen. Kühle Speisen sind nicht so geruchsintensiv wie warme. Speisen auf einem größeren Teller nett anrichten, mit Kräutern verfeinern. Ein kleiner Spaziergang vor dem Essen bzw. das Essen in Gesellschaft und in angenehmer Atmosphäre kann appetitanregend wirken. Ausreichend trinken (mind. 1,5 l). Bitterstoffe oder ein Glas Wein oder Bier unterstützen den Appetit. Übelkeit und Erbrechen Übelkeit und Erbrechen gehören für die Patienten zu den am meisten gefürchteten Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Neben der Chemotherapie kann Übelkeit beim Tumorpatienten durch Hirndruck bei zerebraler Metastasierung, Elektrolytstörungen (Hyperkalzämie, Hyponatriämie), Nebennierenrindeninsuffizienz, Urämie oder Obstruktion des Gastrointestinaltraktes ausgelöst werden. Ängste beeinflussen das Auftreten von Übelkeit erheblich [8]. Behandelbare Ursachen müssen ausgeschlossen werden, insbesondere, wenn kein klarer zeitlicher Zusammenhang mit einer Chemotherapie besteht. Diätetische Intervention: Vor der Chemotherapie nur ein leichtes Frühstück essen, nach der Therapie zwei bis drei Stunden gar nichts essen. Das Essen auf mehrere kleine Mahlzeiten aufteilen, dazwischen schluckweise trinken und „trockene“ Lebensmittel, wie Zwieback, Salzgebäck oder Kekse knabbern. Sehr fette und ballaststoffreiche Lebensmittel meiden. Langsam essen und gut kauen. Nur dann kochen, wenn man sich wohlfühlt. Deshalb immer Tiefkühlkost bereithalten oder „bekochen“ lassen. In Phasen der Übelkeit auf die Lieblingsspeisen verzichten, damit man keine Aversionen dagegen entwickelt. Kühle Speisen und Getränke sind oft geruchsärmer und deshalb bekömmlicher. Keine einengenden Kleidungsstücke tragen, unangenehme Düfte (z.B.: Raumduft) vermeiden. Geruchs- und Geschmacksveränderung Geruchs- und Geschmacksstörungen treten häufig als Nebenwirkung während einer Chemotherapie und besonders auch bei der Bestrahlung des Kopf-, Halsund Brustbereiches auf. Dies wirkt sich vor allem negativ auf den Verzehr eiweißreicher Lebensmittel (u. a. Fisch, Fleisch, Wurst, Eier, Milchprodukte) aus. Da jedoch gerade der Krebskranke einen erhöhten Eiweißbedarf hat, sollte auf eine Aufnahme eiweißhaltiger Lebensmittel besonders geachtet werden. Diätetische Intervention: Speisen nach dem momentanen, individuellen Gusto auswählen, auch wenn die Mischung nicht immer unseren traditionellen Gewohnheiten entspricht. Speisen in kleinen Portionen ausprobieren. Kalte Speisen sind geruchsärmer und werden deshalb eher gegessen. Reichlich frische Kräuter und Gewürze verwenden und die Speisen nach dem persönlichen Empfinden würzen. Bei Fleisch, Wurst und Fisch kommt es häufig zu Aversionen, deshalb regelmäßig Eier, Milch und Milchprodukte zur Deckung des Eiweißbedarfes verzehren. Der Genuss von bitteren Getränken kann den metallischen Mundgeschmack dämpfen. Das Lutschen von leicht säuerlichen Bonbons oder das Kauen von Kaugummi kann den schlechten Geschmack im Mund verbessern. Die Verwendung von Plastikbesteck wird oft als angenehmer empfunden als die Benutzung von herkömmlichem Metallbesteck. Tritt vorübergehend ein Geschmacksverlust ein, sollte man versuchen, sich durch die optische Gestaltung zum Essen zu motivieren. Gewichtsverlust Annähernd ein Viertel aller Todesfälle in den Industriestaaten sind tumorbedingt. Bis zu 20 % aller Krebstodesfälle sind direkt durch Kachexie verursacht. Die höchste Prävalenz von Gewichtsverlust findet man bei Patienten mit soliden Tumoren des Magens, des Pankreas, der Lunge, dem kolorektalen Karzinom und Kopf- und Halstumoren. Vor allem in den letzten Lebenswochen findet sich in über 85% der Patienten ein signifikanter Gewichtsverlust [10]. Diätetische Intervention: Um einem weiteren Gewichtsverlust entgegenwirken zu können, sollte das Essen energiereich sein. Da oft nur kleine Mengen gegessen werden können, ist es sinnvoll, die Speisen mit Energie anzureichern. Energieanreicherung mit Fett: Suppen und Soßen mit Schlagobers, Sauerrahm oder Creme fraiche verfeinern. Den Geschmack von Gemüse und Beilagen (Nudeln, Reis, Nockerl, Kartoffeln) zusätzlich mit Butter, Margarine oder Öl verbessern. In den Rezepten Wasser oder Milch durch ein Schlagobers-Milch-Gemisch ersetzen. So können Palatschinken, Püree, Milchspeisen, Pudding, Spätzle und Ähnliches kalorienreicher zubereitet werden. Durch das Einrühren einer „Einbrenn“ werden Suppen und Soßen cremig und energiereicher. So können schmackhafte Rahm-, Obers-, oder Bechamelsoßen mit Schinken, Käse oder frischen Kräutern hergestellt werden. Brot, Gebäck oder Knabberkekse immer mit Butter, Margarine, Gervais oder Leberpastete bestreichen. Bewusst fettreiche Lebensmittel (Sahnejoghurt, Vollmilch, Weichkäse und Frischkäse mit Doppelrahmstufe, Käse mit > 45% F.i.T., fette Wurst, fettes Fleisch) einkaufen. Keine fettreduzierten Lebensmittel verwenden. Zwischendurch Nüsse oder Knabbergebäck essen. Energieanreicherung mit Eiweiß: Eine eiweißreiche Kost ist für Tumorpatienten besonders wichtig. Durch Milchpulver, Topfen, Käse, Schinken oder Ei können Speisen mit Eiweiß angereichert werden. Außerdem gibt es industriell gefertigte Eiweißkonzentrate, welche in Speisen und Getränken eingerührt werden können. Weitere Tipps: Fleischsoßen mit fein geriebenem Käse oder Schinken anreichern. Suppen und Soßen mit Ei legieren. Aufläufe mit Bechamel und Käse zubereiten (z.B.: Broccoli-, Nudel-, Gemüseauflauf usw.). Öfters Speisen mit Topfen zubereiten (z.B. Topfenstrudel, -auflauf, -knödel, -palatschinken, -laibchen, -torte, -kuchen, -creme, -aufstrich usw.). Industriell gefertigte, energiereiche Trinknahrungen zur Zwischenmahlzeit trinken. Diese Produkte sind in der Apotheke bzw. in ausgewählten Supermärkten erhältlich. Durchfall Als Folge einer Chemotherapie oder Radiatio treten häufig Diarrhoen auf. Sie können zu Exsikkose und Malnutrition führen und lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Neben der Behandlung der Ursache ist häufig eine supportive Ernährungstherapie und Flüssigkeitssubstitution angezeigt. Tab 1: Erkrankung Toxische Enteritis Strahlenenteritis Infektiöse Enteritis Sekundäre Lymphangioektasien Pankreasinsuffizienz Dumping-Syndrom Chologene Diarrhoe Endokrine Ursachen Ursache Zytostatika, z.B. 5-Fluouracil, Irinotecan, Cisplatin, Thioguanin Abdominelle Radiatio Immunschwäche, Antibiotika Lymphogen metastasierte Tumore Whipple-Operation, Pankreaskarzinom Magenresektion Ileumresektion, Kurzdarmsyndrom, bakterielle Überwucherung Zollinger-Ellison-Syndrom, Karzinoid-Syndrom, C-Zell-Karzinom Diätetische Intervention: Wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, deshalb viel trinken (2 bis 3 Liter pro Tag)! Geeignete Getränke sind besonders Schwarztee, Heidelbeertee, Tee aus Anis, Fenchel und Kümmel sowie elektrolythaltige Getränke (aus der Apotheke). Bei akutem Durchfall rohes Obst und Gemüse sowie sehr fettreiche Speisen meiden. Keine Vollkornprodukte, sondern stopfende Lebensmittel wie Weißbrot und –gebäck, Banane oder Schokolade und Kakao essen bzw. trinken. Bewährte Hausmittel zur Selbstbehandlung: Reisschleim- oder Haferschleimsuppe, Karottensuppe, geschabter Apfel, aufgeschlagene Banane, Heidelbeerpudding oder Heidelbeermus. Obstipation Unter Obstipation versteht man einen Rückgang der Stuhlfrequenz bei einer Stuhlbeschaffenheit, die bei der Defäkation Beschwerden verursacht [9]. Die Obstipation bei Tumorpatienten kann auf mehrere Ursachen zurückgeführt werden: Reduzierte Flüssigkeitszufuhr und verminderte Nahrungsaufnahme, Bewegungsmangel, tumor- oder operationsbedingte Passagestörungen, Elektrolytverschiebungen sowie Medikamente der eigentlichen Supportivtherapie. Diätetische Intervention: Reichlich trinken – mindestens 2 Liter pro Tag. Einmal täglich - möglichst zur selben Zeit - ein Sauermilchprodukt (z.B. Joghurt, Buttermilch oder Sauermilch) essen. In dieses Lebensmittel 2 – 3 TL geschroteten Leinsamen oder Flohsamen darunter mengen. Danach ein Glas Wasser trinken. Weniger stopfende Lebensmittel wie Semmeln, Weißbrot, Reis, Schokolade, Kakao, Banane, Kekse, Kuchen oder Schwarztee essen bzw. trinken. Ballaststoffreiche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, fein gemahlenes Vollkornbrot und –gebäck, Vollkornkekse sowie andere Speisen aus Vollkornmehl bevorzugen. Körperliche Betätigung ist besonders wichtig. Auch kreisende Bauchmassagen, beginnend im rechten Unterbauch, werden als angenehm empfunden. Die Mahlzeit in Ruhe und ohne Ablenkung essen. Ausblick Da sich eine Mangelernährung gerade beim Tumorpatienten, vor allem unter laufender Therapie, negativ auswirkt, ist es auf onkologischen Abteilungen besonders wichtig, Patienten mit einem erhöhten Risiko einer Mangelernährung rechtzeitig zu identifizieren. In einem Pilotprojekt wurde in unserem Hause ein EDV gestütztes Screening auf Mangelernährung durchgeführt. Es zeigte sich, dass die Integration in den klinischen Alltag einer onkologischen Abteilung leicht möglich ist und dadurch eine Erfassung nahezu aller mangelernährten Patienten erreicht wird. Erst dadurch können die diätetischen Interventionen in ausreichendem Ausmaß wirksam werden. Die Etablierung eines durchgehenden Screenings auf Mangelernährung aller Patienten in unserem Patientenverwaltungssystem ist unsere nächste Herausforderung, wobei die Grundlagen dazu bereits erarbeitet wurden. Danksagung: Für die praktische Umsetzung dieser Projektmaßnahmen im klinischen Alltag bedanken wir uns beim Team der Hämato-/Onkologie und Palliativmedizin, sowie dem Diätologenteam und der kollegialen Führung. Interessenskonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenskonflikt besteht. Korrespondenz: Iris Stimpfl Koordination Diätologie Allgemein öffentliches KH Oberwart Dornburggasse 80 A-7400 Oberwart E-Mail: [email protected] Link: www.krages.at/Diaetologen.1276.0.html Literatur: 1. Donnely S. Walsh D. The symptoms of advanced cancer. Semin Oncol. 1995, 22(2 suppl 3);67-72 2. Zürcher G. Ernährung bei konsumierenden Erkrankungen Med Welt. 2006,4:134-14 3. Andreyev HJN et al., Why do patients with weight loss have a worse outcome when undergoing chemotherapy for gastrointestinal malignancies? Eur J Cancer. 1998,34:503-509 4. DeWys WD et al Prognostic effect of weight loss prior to chemotherapy in cancer patients. Am J Med. 1980, 69:491-497. 5. Orrevall Y et al.2004, Clin Nutr 23:1280-1287. und Orreval Y et al.2005, Clin Nutr 26:961- 970. 6. Cahill GF Jr, Fuel Metabolism in Starvation. Annu Rev Nutr. 2006,26:1-22. 7. Sanchez-Lara K. Ugalde-Morales E. Motola-Kuba D. Green D. Gastrointestinal Symptoms and weight loss in cancer patients receiving chemotherapy.Br J Nutr. 2012, 20; 1-4. 8. Zachariae R, PaulsenK, Mehlsen Met alchemotherapy-induced nausea , vomitingand fatigue-the role of individual differences related to sensory perception and autonomic reactivity. Psychother Psychosom.2007, 76:376-384 9. Guidelines for the control of constipation in adult patients with cancer. Cancer Control 11:24-25 10.Teunissen SC et al. symptom prevalence in patients with incurable cancer: systematic review. J Pain Symptom Manage 2007,34:94-104. 11.Biesalski, H., Bischoff, S. & Puchstein, C., Ernährungsmedizin, (4. Aufl.).; Stuttgart: Georg Thieme, 2010 12.Verband der Diätologen Österreichs, Diagnose Krebs, Das große Ernährungsbuch, Essen und Trinken während der Therapie; Wien: Krenn, 2006