Ratgeber für Patienten BLINDDARM und BLINDDARMENTZÜNDUNG Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung e.V. Was ist der Blinddarm und welche Funktion hat er? Der Begriff „Blinddarm“ wird im allgemeinen nicht für den eigentlichen Blinddarm (medizinisch „Coecum“), sondern für den daran anhängenden Wurmfortsatz (medizinisch „Appendix vermiformis“) gebraucht. Beide gehören zum Dickdarm und liegen im rechten Unterbauch an der Übergangsstelle vom Dünn- zum Dickdarm (Abb. 1). Zwölffingerdarm Blinddarm Wurmfortsatz (Appendix) Dünndarm Dickdarm Rektum Abb. 1: Lage von Blinddarm und Wurmfortsatz Der Wurmfortsatz hat für die Darmtätigkeit keine Bedeutung, d.h. die Aufnahme der Nährstoffe aus der Nahrung und der Stuhltransport laufen ohne Beteiligung des Wurmfortsatzes ab. Wie überall im Darm gibt es auch im Wurmfortsatz Gewebe des Immunsystems (medizinisch Lymphfollikel), so dass auch hier eine Abwehrfunktion gegen eindringende Krankheitserreger (Bakterien und Viren) besteht. 2 Was ist eine Blinddarmentzündung und wodurch ensteht sie? Eine Blinddarmentzündung (medizinisch „Appendizitis“) ist die Reaktion des Immunsystems des Wurmfortsatzes auf verschiedene Reize. Ausgelöst werden kann eine Blinddarmentzündung durch einen Aufstau von Stuhl, der sich in den Wurmfortsatz gepresst hat, durch Bakterien oder Parasiten, unverdaute Nahrungsbestandteile (Fremdkörper wie Obstkerne). Seltener tritt eine Blinddarmentzündung als Mitreaktion bei einer anderen Entzündung im Bauchraum auf. Der Ablauf der Entzündung unterteilt sich in verschiedene Phasen, zu Beginn besteht lediglich eine vermehrte Durchblutung der Wand des Wurmfortsatzes. Dann kommt es zu einer zunehmenden Ansammlung von Entzündungszellen in der Wand mit einer ausgeprägten Wandschwellung, die dazu führt, dass sich die Durchblutung der Wand verschlechtert und schließlich die Wand so stark geschädigt ist, dass sie aufreißt („Durchbruch“). Ein solcher Durchbruch führt zu einer Mitbeteiligung des umgebenden Bauchfells, wobei entweder eine begrenzte Eiteransammlung („Abszess“) entsteht, oder aber eine Bauchfellentzündung, die ein lebensbedrohliches Krankheitsbild darstellt. Daher sollte jede Blinddarmentzündung so rasch wie möglich erkannt und behandelt werden. Die Appendizitis ist häufig zwischen dem 5. und 30. Lebensjahr, grundsätzlich kann sie aber in jedem Lebensalter auftreten. Es erkranken pro Jahr ca. 100 Personen auf 100.000 Einwohner, Männer sind etwas häufiger betroffen, spezielle Risiken für die Erkrankung sind nicht bekannt. Welche Beschwerden verursacht die Blinddarmentzündung? Die Beschwerden bei einer Blinddarmentzündung entwik3 keln sich meist rasch, d.h. innerhalb von 12-24 Stunden, länger andauernde Beschwerden sind zwar untypisch, schliessen eine Blinddarmentzündung jedoch nicht aus. Typisch ist ein Bauchschmerz, der im Oberbauch, oft in der Magengegend, beginnt und sich dann zunehmend in den rechten Unterbauch verlagert. Der Schmerz ist in der Regel ein Dauerschmerz, also nicht krampf- oder kolikartig und kann sich v.a. beim Beugen des rechten Beines oder beim Treppensteigen verstärken. Übelkeit und Erbrechen sind häufig, der Stuhlgang ist meist normal, gelegentlich kann Durchfall die Blinddarmentzündung begleiten. Häufig tritt Fieber im Verlauf der Erkrankung auf, typischerweise besteht ein Unterschied von ca. 1°C bei der Messung unter dem Arm und im After. Bei entsprechenden Beschwerden muss in jedem Fall ein Arzt oder eine Klinik aufgesucht werden, um die Beschwerden abzuklären und insbesondere die Unterscheidung zwischen einer Blinddarmentzündung und einer Magen-DarmInfektion (medizinisch „Gastroenteritis“) zu treffen, da sich hieraus wichtige Behandlungskonsequenzen ergeben. Abb. 2: Ultraschallbild bei Appendizitis (verdickter Appendix) 4 Welche Untersuchungen werden gemacht? Zunächst erfolgt die klinische Untersuchung des Bauches. Hierbei beachtet der Arzt verschiedene Punkte, an denen ein besonders starker Schmerz vorhanden ist (z.B. der McBurneyPunkt zwischen Nabel und rechtem Beckenknochen). Auch ein Klopfschmerz und die Lebhaftigkeit der Darmgeräusche geben wichtige Hinweise auf die vorliegende Erkrankung. Die Temperaturmessung unter dem Arm und im After gehört mit zur Untersuchung, da oft eine Differenz von ca. 1°C zwischen beiden gemessenen Temperaturen besteht. Eine Blutentnahme wird zur Laboruntersuchung von Entzündungszeichen im Blut durchgeführt. Hierbei sind v.a. die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und das C-reaktive Protein (CRP) erhöht. Zusätzlich erfolgt eine Urinuntersuchung zum Ausschluss einer Infektion der Harnwege, bei Frauen wird ggf. ein Schwangerschaftstest und auch eine Vorstellung beim Frauenarzt erfolgen. Die Ultraschalluntersuchung und in manchen Fällen ein Röntgenbild des Bauches vervollständigen die Diagnostik. Tab.1: Wichtige Untersuchungen bei Verdacht auf Blinddarmentzündung. Klinische Untersuchung des Bauches Temperaturmessung Blutentnahme Urinuntersuchung Ultraschall des Bauches 5 Wie wird die Blinddarmentzündung behandelt? Hat der Arzt eine Blinddarmentzündung festgestellt, muss unverzüglich eine Operation durchgeführt werden, bei der der entzündete Wurmfortsatz entfernt wird (medizinisch „Appendektomie“). Die Operation kann auf zwei verschiedene Arten durchgeführt werden: 1.) die „offene“ Appendektomie Hierbei wird über einen schrägen Hautschnitt im rechten Unterbauch der Bauch geöffnet, der Wurmfortsatz vor die Bauchwand verlagert und dann entfernt (Abb. 3). Abb. 3: Hautschnitt und offene Operation. Hautschnitt im rechten Unterbauch Verlagerung des Wurmfortsatzes vor die Bauchwand. 2.) die „laparoskopische“ Appendektomie Hierbei wird über einen Hautschnitt am Nabel eine Kamera in den Bauch eingebracht. Nach Inspektion des Bauchraums werden dann über zwei weitere kleine Schnitte im re. Unterbauch und in der Mittellinie Arbeitsinstrumente eingebracht, mit denen dann unter Kamerasicht der Wurmfortsatz entfernt wird (Abb. 4). 6 Abb. 4: Hautschnitte und Kamerasicht bei laparoskopischer Operation Hautschnitte Blick auf den entzündeten Wurmfortsatz. Welches der beiden Verfahren angewendet wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ist z.B. nicht ganz sicher, ob eine Blinddarmentzündung vorliegt, bietet sich die laparoskopische Operation an, da hierbei der gesamte Bauchraum eingesehen werden kann. Auch eine bereits durchgeführte Voroperation und der Wunsch des Patienten werden bei der Entscheidung für ein Operationsverfahren berücksichtigt. Was muss nach Entfernung des Blinddarms beachtet werden? Nach der Operation kann in der Regel zügig wieder mit der Nahrungsaufnahme begonnen werden. Am ersten Tag bekommt der Patient Tee oder Wasser zu trinken, im Anschluß wird dann über Suppe und Breikost bis zur Vollkost aufgebaut. Gelegentlich kann nach der Operation eine Regulation des Stuhlgangs (z.B. mit Milchzucker) sinnvoll sein, grundsätzlich muss aber keine besondere Kostform oder Diät eingehalten werden. Die Mobilisation (d.h. Aufstehen) ist sofort nach der Operation möglich, bis zum Abschluss der Wundheilung (ca. 14 Ta7 ge) sollte noch körperliche Schonung eingehalten werden. Der stationäre Krankenhausaufenthalt dauert in der Regel bis zum Abschluss des Kostaufbaus, meist ist die Entlassung 3-5 Tage nach der Operation möglich. Können die Beschwerden nach einer Blinddarmoperation wiederkommen? Die Blinddarmentzündung kann nach erfolgter Operation nicht wiederkommen, da der Wurmfortsatz entfernt ist. Sollten dennoch erneut Beschwerden auftreten, die ähnlich sind, muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden und eine weitere Abklärung des Magen-Darm-Traktes erfolgen, um z.B. eine chronisch entzündliche Darmerkrankung auszuschließen. 8 Mitgliedschaft in der Gastro-Liga e.V. Ich möchte Mitglied in der Gastro-Liga e.V. werden. Nachfolgend mein Aufnahmeantrag: Name Vorname Beruf Straße PLZ/Wohnort Telefon Telefax E-Mail Datum Unterschrift Mit der Abbuchung des jährlichen Mitgliedsbeitrags in Höhe von (Mindestbeitrag P 30/Jahr) Betrag in Worten bei (Bank, Sparkasse, Postgiroamt) BLZ Konto-Nr. bin ich einverstanden Datum Unterschrift Diese Angaben unterliegen dem Datenschutz und werden nicht an Dritte weitergegeben. Ich bin damit einverstanden, dass meine Angaben elektronisch gespeichert werden. # Den ausgefüllten und unterzeichneten Antrag senden Sie bitte an: Gastro-Liga e. V. • Friedrich-List-Straße 13 • 35398 Gießen Telefax 06 41-9 74 81 - 18 9 RATGEBER FÜR PATIENTEN In dieser Reihe sind bisher erschienen: MAGEN ● Der Magen Aufgaben und Erkrankungen – ein Überblick ● Entzündungen (Gastritis) und Geschwüre des Magens und Zwölffingerdarms ● Reizmagen (funktionelle Dyspepsie) – ein häufiges Krankheitsbild ● Kampf dem Magenkrebs Auch Sie können selbst dazu beitragen ● Schmerzmittel und Magen LEBER ● Fettleber ● Funktion der Leber / Galle ● Was Sie schon immer über Gelbsucht wissen wollten und sollten! ● Was Sie über Leberzirrhose wissen sollten! ● Leberkoma – Hepatische Enzephalopathie DARM ● Obstipation (Verstopfung) ● Kampf dem Darmkrebs Auch Sie können selbst dazu beitragen ● Blähsucht – Meteorismus Was Sie selbst zur Behebung Ihrer Beschwerden beitragen können ● Pilze im Stuhl ● Chronisch entzündliche Darmerkrankungen – Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ● Was Sie schon immer zum Reizdarmsyndrom wissen wollten ● Divertikelkrankheit des Dickdarms ● Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) BAUCHSPEICHELDRÜSE ● Die Bauchspeicheldrüse und ihre Erkrankungen ● Die Funktion der Bauchspeicheldrüse 10 DIAGNOSTISCHE VERFAHREN ● Die Computertomographie des Bauchraumes (Abdomen-CT) ● Magnetresonanztomographie in der Gastroenterologie ● Ultraschall (Sonographie) ● Färbeverfahren und Laserdiagnostik in der Gastroenterologie WEITERE THEMEN ● Schutzimpfungen im Erwachsenenalter ● Probiotika ● Was Sie schon immer über Operationsverfahren wissen wollten und sollten ● Verdauung – Über den Aufbau und die Funktion des Magen-Darm-Kanals ● Der Stoffwechsel – Was in unserem Körper passiert ● Gesunde Ernährung 11 Verfasser: Dr. Thilo Hackert Prof. Dr. Jan Schmidt Prof. Dr. Markus W. Büchler Chirurgische Klinik Universität Heidelberg Im Neuenheimer Feld 110 69120 Heidelberg Friedrich-List-Straße 13 . 35398 Giessen . Germany Tel. +49-6 41- 9 74 81 - 0 . Fax +49-6 41-9 74 81 - 18 Internet: www.gastro-liga.de E-Mail: [email protected] 35 -08/07 Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung e.V.