Prostata: Des Mannes kleine Drüse

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Die Vorsteherdrüse bereitet vor allem älteren Männern häufig Probleme: Neben
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind das benigne Prostatahyperplasiesyndrom, das
Prostatitissyndrom und Prostatakrebs die häufigsten Erkrankungen bei Männern
im höheren Lebensalter. Vorbeugend und/oder mit Medikamenten kann man
jedoch einiges tun, bevor operiert werden muss.
Des Mannes kleine Drüse
[ von Kirsten Grashoff ]
wischen dem Harnblasengrund und der Beckenbodenmuskulatur des Mannes befindet sich die Prostata, eine
kastaniengroße Drüse. Sie erinnert in ihrer Form an einen
halbierten Apfel und umschließt einen Teil der sich an die
Blase anschließenden Harnröhre ringförmig. Während die
Prostata eines neugeborenen Jungen nur ein bis zwei Gramm
wiegt, erreicht sie bis zum 20. Lebensjahr ein Gewicht von
etwa 20 Gramm und kann in Extremfällen bis zum Lebensende ein Gewicht von 100 Gramm entwickeln. Als Geschlechtsdrüse nimmt sie ihre eigentliche Funktion erst zum Zeitpunkt
der Geschlechtsreife auf. Dann wird hormongesteuert ein Sekret produziert, das Teil des Ejakulats ist, und die Spermien
unter anderem beweglich hält.
Benignes Prostatahyperplasie-Syndrom
Mit etwa 30 bis 40 Jahren beginnt die Prostata bei den meisten
Männern wieder zu wachsen – zunächst sehr langsam und unbemerkt. Ab dem 50. Lebensjahr hat etwa jeder zweite Mann
eine gutartig vergrößerte Vorsteherdrüse, bei den über 80-Jährigen sind es 90 Prozent. Die Mechanismen, die das Gewebe
wuchern lassen, sind derzeit noch nicht genau bekannt. Man
geht davon aus, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Die
Hauptverantwortlichen sind vermutlich Hormone, insbesondere Dihydrotestosteron (DHT) und das bei älteren Männern
spricht man inzwischen vom benignen ProstatahyperplasieSyndrom (BPS). In der Literatur häufig zu finden ist auch
noch die früher gebräuchliche Bezeichnung benigne Prostatahyperplasie (BPH).
Nicht jeder, der eine physiologisch vergrößerte Prostata hat,
merkt auch etwas davon: Nur in 30 bis 40 Prozent der Fälle
kommt es zu Beschwerden. Die Symptome lassen sich unterteilen in obstruktive (Miktionssymptome) und irritative Symptome (Speichersymptome). Zu den obstruktiven, also durch
die Verengung der Harnröhre bedingten Symptomen zählen
schwacher Harnstrahl, verlängerte Miktion (Miktion = normale, vollständige Entleerung der Harnblase), Startverzögerung,
Nachträufeln, Restharngefühl und Harnverhaltung. Als irritativ bezeichnet werden Symptome, die die Speicherkapazität der
Blase betreffen: häufiger Harndrang (Pollakisurie), nächtliche
Miktion (Nykturie), überfallartiger (imperativer) Harndrang
und Dranginkontinenz. Beide Symptomarten gemeinsam
werden auch als „untere Harnwegssymptome“ oder englisch
„Lower Urinary Tract Symptoms, LUTS“ bezeichnet.
Was ist IPSS?
Um den Schweregrad eines BPS zu beurteilen, bestimmen
Ärzte heutzutage meist den International Prostate Symptom Score, kurz IPSS. Das einfache Screening-Instrument ist
standardisiert und wird international verwendet. Anhand von
Pflanzliche Arzneimittel sind nebenwirkungsarm und bessern
die Beschwerden, die eine vergrößerte Prostata mit sich bringen kann, stoppen aber nicht das Wachstum der Drüse.
im Vergleich zu jüngeren in deutlich höherer Konzentration
im Blut vorkommende Estradiol. Beide Hormone fördern das
Wachstum der Vorsteherdrüse. Diskutiert wird auch der Einfluss entzündlicher Prozesse.
Gutartig vergrößert
Sowohl die Symptome als auch der Vergrößerungsgrad der
Prostata können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Daher
sieben Fragen werden die Beschwerden beim Wasserlassen in
den letzten vier Wochen erhoben, eine achte Frage zur Lebensqualität ergänzt inzwischen häufig den von amerikanischen
Urologen entwickelten Originaltest. Die Antworten beziehungsweise die Summe der für sie vergebenen Punktwerte
geben dem Arzt einen Hinweis, ob es sich bei der Prostatavergrößerung um eine milde, mittlere oder schwere Ausprägung
handelt. Wer sich nicht sicher ist, ob seine Prostata noch ohne
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Pflanzliche Hilfe bei Prostatabeschwerden
Arzneidroge
Beispiele für Medikamente
Arzneikürbissamen
Prosta Fink® forte
Brennnesselwurzel
Bazoton® uno, Prosta Truw®, Sidroga Prostata-Tee, Urol® pros
Hypoxis-rooperi-Wurzel
Harzol®, Sitosterin Prostata-Kapseln
Gräserpollen
Pollstimol®
Einschränkungen funktioniert, kann den
Sägepalmenfrüchte
Hyperprost®, Prostagutt® mono, Sabal Stada®
Test auch einfach selbst zu Hause durchführen (www.urologenportal.de/fileadmin/
+ Brennnesselwurzel
Prostagutt® forte
MDB/PDF/Ipss.pdf). Grundsätzlich kann
+ Kürbissamen
Granu Fink® Prosta
der Fragebogen jedoch keine ärztliche Di+ Rosskastanie und Goldrute
Cefasabal® (nur Stadium I)
agnose ersetzen, und bei Zweifeln sollte ein
Urologe aufgesucht werden. Tipp: Viele
Medikamente wie beispielsweise Antidepressiva beeinflussen das Wasserlassen. Es ist daher wichtig, rung nur durch ärztliche Untersuchung festgestellt werden
dass Patienten mit ihrem behandelnden Arzt auch über regel- kann. Man könnte diese auch als Stadium „Null“ der Einteimäßig eingenommene Arzneimittel sprechen.
lung nach Alken voranstellen.
Unterschiedlich ausgeprägt
Je nachdem, wie schwer die Probleme beim Wasserlassen sind,
werden mehrere Stadien des BPS unterschieden. Gebräuchlich
ist die Einteilung nach Alken. Stadium I (Reizstadium) ist
demnach charakterisiert durch einen in seiner Stärke abgeschwächten Harnstrahl. Es dauert länger, bis die ersten Tropfen die Blase verlassen, und die Betroffenen klagen über häufigen Harndrang am Tag und bei Nacht. Da mit zunehmender
Größe der Vorsteherdrüse der Durchmesser der Harnröhre
geringer wird, ist Stadium II (Restharnstadium) gekennzeichnet durch eine unvollständige Entleerung der Blase. Der dort
verbleibende Restharn bereitet wiederkehrenden Harnwegsinfekten den Boden. Die Miktionsfrequenz steigt weiter, und
der Patient hat schon kurz nach dem Toilettengang das Gefühl,
die Blase erneut entleeren zu müssen. In Stadium III (Dekompensationsstadium) kann es zu unwillkürlichem Harnabgang
bei übervoller Blase kommen. Ebenfalls möglich ist, dass der
Patient trotz ständigen Harndrangs keinen Tropfen Urin abgeben kann (komplette Harnverhaltung). Um Entlastung zu
schaffen, bleibt nur das Legen eines Katheters. Staut sich der
Harn bis zu den Nieren zurück, sind diese ernsthaft in Gefahr.
Langfristig droht eine Niereninsuffizienz. Eine Operation zur
Verkleinerung der Vorsteherdrüse ist in diesem Stadium dringend erforderlich.
Der Vollständigkeit halber: Es gibt eine weitere Einteilung
nach Vahlensieck, in der der Betroffene noch keine Beschwerden bei der Blasenentleerung hat und die Prostatavergröße-
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Lebensqualität im Visier
Das Ziel einer Behandlung bei BPS ist es, die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern. Dabei sind die Stadien I
und II nach Alken (I bis III nach Vahlensieck) die Domänen
einer medikamentösen Therapie. Eingesetzt werden pflanzliche Arzneimittel, synthetische Medikamente, die die Bildung
männlicher Hormone hemmen (5-alpha-Reduktasehemmer),
sowie alpha-1-Rezeptoren-Blocker (alpha-1-Blocker), die den
Widerstand am Blasenausgang und der Prostatamuskulatur
positiv beeinflussen und so zu einer Harnstrahlverbesserung
führen. Spätestens in Stadium III, oft bereits in Stadium II, ist
eine Operation unumgänglich.
Pflanzliche Selbstmedikation
Insbesondere im deutschsprachigen Raum werden häufig Phytopharmaka zur Behandlung von Problemen beim Wasserlassen
eingesetzt. Die 2004 aus dem Katalog der erstattungsfähigen
Präparate der gesetzlichen Krankenversicherung gestrichenen
Arzneimittel bekämpfen die Symptome nebenwirkungsarm, sind
zur Langzeitanwendung geeignet und bessern die Beschwerden,
die eine vergrößerte Prostata mit sich bringen kann. Das nimmt
den Patienten den Leidensdruck. Wesentlich im Beratungsgespräch ist der Hinweis, dass der Arzt die Drüse regelmäßig
kontrollieren muss, denn das Wachstum der Prostata wird durch
miktionsbeeinflussende Arzneidrogen nicht gestoppt.
Bei milden bis mittleren Beschwerden (Stadium I und II nach
Alken) haben sich in der Praxis die folgenden Arzneidrogen
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wegen ihrer gewebsentwässernden, entzündungshemmenden
und den Hormonstoffwechsel in der Prostata positiv beeinflussenden Wirkungen bewährt: Arzneikürbissamen, Brennnesselwurzel, Phytosterolgemische aus der afrikanischen Hypoxisrooperi-Wurzel, Gräserpollen und Sägepalmenfrüchte. Auf
dem Markt sind viele Produkte zu finden, teils als Monopräparate teils als Kombinationen (siehe Tabelle).
Arzneikürbissamen (Cucurbitae peponis semen) enthalten unter anderem delta-7-Phytosterole. Diese hemmen die 5-alphaReduktase – ein wesentliches Enzym bei der Umwandlung von
Testosteron in DHT – und die Bindung von DHT an zelluläre
Rezeptoren. Dadurch verringert sich die Konzentration des
Hormons im Prostatagewebe. So tragen Arzneikürbissamen
zu einer Normalisierung prostatischer Stoffwechselparameter
bei. Wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe der Brennnesselwurzel (Urticae radix) sind unter anderem delta-5-Sterole und beta-Sitosterin. Die therapeutischen Effekte beruhen
Die Symptome einer gut- und bösartigen Prostatavergrößerung ähneln sich zu Beginn. Deshalb sollte jeder Mann regelmäßig einmal jährlich zur Vorsorgeuntersuchung gehen.
vor allem auf der antikongestiven Wirkung. Das bedeutet, der
Brennnesselwurzelextrakt wirkt der Harnstauung entgegen, indem das Miktionsvolumen und der maximale Harnfluss erhöht
sowie die Restharnmenge verringert werden.
Aus der afrikanischen Hypoxis-rooperi-Wurzel (Hypoxis rooperi radix) wird seit Ende der 60er-Jahre des vergangenen
Jahrhunderts ein Phytosterolgemisch gewonnen, welches zur
Therapie des BPS genutzt wird. Inzwischen wird es auch aus
europäischen Pflanzen wie Nadelhölzern erzeugt. Hauptkomponente des antikongestiv und antientzündlich wirkenden
Phytosterolgemisches ist beta-Sitosterin. Im Handel gibt es
ausschließlich Fertigarzneimittel, die den isolierten Phytosterolextrakt enthalten.
Mitbestimmend für die Wirksamkeit von Sägepalmenfrüchten
(Sabalis serrulatae fructus) sind unter anderem C8- bis C16-gesättigte Fettsäuren, gamma-Linolensäure sowie delta-7- und
delta-5-Phytosterole. Wie Arzneikürbissamen hemmt auch
dieser die 5-alpha-Reduktase und beeinflusst die Rezeptorbindung des DHT. Sägepalmenfrüchte werden häufig in Präparaten kombiniert, wodurch vor allem die enzymhemmende
Wirkung verstärkt wird.
Gräserpollenextrakt (aus Roggen, Mais, Lieschgras) wirkt
ebenfalls gegen Harnstauung, Entzündungen und zusätzlich
entkrampfend. Verantwortlich hierfür sind zum Beispiel alpha-Aminosäuren und Phytosterole. Das Fertigarzneimittel
ist nicht geeignet für Gräserpollenallergiker.
Mit zunehmender Gewebsvergrößerung wird der Durchmesser der Harnröhre geringer
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Rezeptpflichtiges
Da Dihydrotestosteron bei der Entstehung
des benignen Prostatahyperplasie-Syndroms
eine wichtige Rolle spielt, werden in der Therapie mäßiger bis schwergradiger Symptome
Antiandrogene in Form von 5-alpha-Reduktasehemmern gegeben. Die Substanzen Finasterid (z. B. Finasterid Hexal®, Proscar®)
und Dutasterid (Avodart®) blockieren die
Umwandlung von Testosteron in DHT, indem sie die 5-alpha-Reduktase hemmen. Dadurch sinkt die Konzentration an DHT in
der Prostata um etwa 70 bis 80 Prozent. Cave! Gleichzeitig nimmt auch der PSA-Wert
ab, was zu falschen Testergebnissen führen
Auf einen Blick
» E ine physiologisch vergrößerte Prostata verursacht bei etwa 30 bis 40 Prozent
der Betroffenen Beschwerden.
» S ymptome des benignen Prostatahyperplasie-Syndroms können sowohl die
Miktion betreffen (z. B. schwacher Harnstrahl) als auch die Speicherkapazität
der Blase (z. B. häufiger Harndrang).
»H
auptverantwortlich für das gutartige Wachstum der Prostata sind vermutlich
Dihydrotestosteron und Estradiol.
kann (siehe unten). Großes Plus der 5-alpha»P
flanzliche Arzneimittel bessern die Beschwerden, die eine vergrößerte ProsReduktasehemmer: Sie können das Prostatavotata mit sich bringen kann, stoppen aber nicht das Wachstum der Drüse.
lumen um 20 bis 30 Prozent verringern sowie
»R
ezeptpflichtig sind 5-alpha-Reduktasehemmer und Alpha-1-Adrenorezptordas Wachstum der Prostata verlangsamen beblocker.
ziehungsweise stoppen und so eine Operation
»D
as Prostatitissyndrom fasst entzündliche und nicht entzündliche, chronische
zumindest hinauszögern. Sie bekämpfen also
Schmerzsyndrome zusammen.
die Ursache und nicht nur die Symptome. Die
»D
ie Bestimmung des PSA-Wertes im Rahmen der Krebsvorsorge ist umstritten.
Wirkung tritt erst nach mehreren Monaten ein,
aber nicht bei jedem Patienten. In der Fachinformation werden zudem eine ganze Reihe
von schweren Nebenwirkungen genannt. Daher
muss der Arzt zunächst Nutzen und Risiko abwägen. Indiziert behandelt werden müssen, profitieren von der Medikation mit
sind die Reduktasehemmer vor allem bei älteren Patienten mit alpha-1-Adrenorezeptorenblockern.
deutlich vergrößerter Prostata.
Kombiniert man 5-alpha-Reduktasehemmer und alpha-1-BloAlpha-1-Adrenorezeptorenblocker (alpha-1-Blocker) blockie- cker, addieren sich die positiven Effekte, zeigen Langzeitsturen alpha-1-Rezeptoren und bewirken so, dass die glatte Mus- dien. Vor allem für Männer mit einem großen Prostatavolukulatur des Blasenhalses, der Harnröhre und der Prostata, aber men über 30 bis 40 Milliliter ist die Kombinationstherapie
auch die der Blutgefäße erschlafft. Der Harn kann dadurch empfehlenswert.
besser abfließen. Im Prinzip können zur Behandlung des BPS
alle alpha-1-Blocker eingesetzt werden. Bewährt haben sich Operation unumgänglich
jedoch vor allem Alfuzosin (z. B. Alfuzosin Stada®, Urion® Zurzeit gibt es keine Medikamente, die eine bereits besteuno) und Tamsulosin (z. B. Alna® Ocas®, Prostadil®). Sie blo- hende gutartige Prostatavergrößerung vollständig umkehren
ckieren bevorzugt den Subtyp alpha-1A und wirken dadurch können. Daher ist in manchen Fällen eine Operation nicht
weniger stark blutdrucksenkend als andere alpha-1-Rezepto- zu vermeiden. Soweit ist es, wenn einmalig oder wiederholt
renblocker. Die Wirkung tritt sehr schnell ein, und es ist mit der Harn nicht abfließen kann und ein Dauerkatheter gelegt
einer raschen Besserung der Symptome zu rechnen. Diese hält werden muss. Werden mehrfach Restharnmengen von über
auch bei der längerfristigen Therapie an. Allerdings erreicht 50 Milliliter bestimmt und sind Blase und Nieren in Gefahr,
man mit Medikamenten dieser Gruppe keine Verkleinerung wird der Urologe ebenfalls zu einem chirurgischen Eingriff
des Prostatagewebes. Daher verschreiben Ärzte die Substan- raten. Das gilt auch, wenn die Symptome als unerträglich
zen vor allem jüngeren Patienten mit vorwiegend irritativen stark und belastend empfunden werden. Es gibt verschiedene
Symptomen. Aber auch Patienten, die eine Operation ablehnen Methoden, ein BPS zu operieren. Allen gemein ist, dass der
beziehungsweise nicht operierbar sind sowie Patienten, die bis geschwulstartig veränderte und vergrößerte Teil der Drüse
zu einer Operation wegen starker Beschwerden symptomatisch herausgeschält wird.
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Sofort zum Arzt bei …
» komplettem Harnverhalt
» unkontrollierbarem Harnverlust
» Nierenschmerzen
krankung der Vorsteherdrüse. Behandelt wird ebenfalls mit
Fluorochinolonen, wobei Moxifloxacin (Avalox®) vermutlich
die wirksamste Alternative ist. In manchen Fällen wird auch
die Kombination von Fluorchinolonen und alpha-Blockern
eingesetzt. Verbessern sich die Symptome trotz mehrmaliger
antibiotischer Therapie nicht, bleibt nur noch das radikale
Entfernen des erkrankten Prostatagewebes.
Prostatitissyndrom
Das Prostatitissyndrom fasst entzündliche und nicht entzündliche, chronische Schmerzsyndrome zusammen, die subjektiv
einen erheblichen Leidensdruck verursachen. Nach der Klassifikation des US-amerikanischen National Institute of Health
wird es in vier Kategorien unterteilt: akut bakterielle Prostatitis, chronisch bakterielle Prostatitis, entzündliches und nicht
entzündliches Beckenschmerzsyndrom sowie asymptomatische
Prostatitis. Eindeutig sind die Symptome nur bei der akuten
Prostatitis. Bei allen anderen Formen sind sie vielfältig und
die Übergänge fließend.
Die akute Prostatitis wird durch Bakterien wie Escherichia
coli ausgelöst und ist sehr unangenehm für die Betroffenen.
Sie leiden unter starken Schmerzen in der Damm- und Analregion, müssen häufig die Toilette aufsuchen, der Harn fließt
nur schwach. Eventuell brennt es beim Wasserlassen. Fieber,
Schüttelfrost und ein schlechter Allgemeinzustand sind charakteristisch. Störungen des Harnabflusses begünstigen die
Entzündung, weshalb sie häufig bei älteren Männern auftritt.
Aber auch Kälte- und Nässereize können die entzündlichen
Reaktionen auslösen.
Die akute Prostatitis ist mit Antibiotika gut behandelbar.
Im Allgemeinen heilt sie innerhalb von zehn bis 14 Tagen
aus. Mittel der ersten Wahl sind Fluorchinolone wie beispielsweise Ciprofloxacin (z. B. Ciprobay® uro, Ciprobeta®),
Ofloxacin (z. B. Oflox-Ct®, Tarivid®) oder Norfloxacin (z. B.
Bactracid®, Barazan®). Desweiteren geeignet sind Wirkstoffe
aus der Gruppe der Cephalosporine, Breitspektrumpenicilline (in Kombination mit einem beta-Laktamase-Inhibitor)
und Aminoglykoside. Auch nach Besserung der Symptome
sollte die Therapie mindestens zwei bis vier Wochen weitergeführt werden.
Wird nicht ausreichend therapiert, kann sich eine chronisch
bakterielle Prostatitis entwickeln. Auch Harnwegsinfektionen sind ein sehr häufiger Auslöser dieser Form einer Er-
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Chronisches Beckenschmerzsyndrom
Das chronische Beckenschmerzsyndrom gibt es in einer entzündlichen und einer nicht entzündlichen Form. Wodurch es
ausgelöst wird, ist bisher nicht abschließend geklärt. Verschiedene Hypothesen existieren: Unter anderem wird angenommen, dass Autoimmunprozesse und Infektionen mit schwer
nachzuweisenden Erregern eine Rolle spielen. Einige Studien
lassen vermuten, dass die an der Blasenentleerung beteiligten
anatomischen Strukturen nicht richtig funktionieren (Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie). Neben Miktionsproblemen und
starken, ins Becken ausstrahlenden Schmerzen treten bei den
Patienten gehäuft Depressionen und andere psychosoziale
Symptome auf.
Die medikamentösen Therapieoptionen stützen sich auf die
vorhandenen Hypothesen zur Krankheitsentstehung. Zum
Einsatz kommen unter anderem alpha-1-Blocker wie Tamsulosin (siehe oben), Muskelrelaxanzien wie Baclofen (z. B.
Baclofen AL, Lioresal®) sowie nicht steroidale Antirheumatika wie Ibuprofen (z. B. Esprenit®, Imbun®) oder Diclofenac
(z. B. Diclac®, Voltaren®), wenn Schmerzen im Vordergrund
stehen. Dominieren die Probleme beim Wasserlassen, können
diese mit anticholinerg wirksamen Arzneistoffen, die die Blasenmuskulatur an der Kontraktion hindern, gelindert werden.
Hierzu zählen beispielsweise Oxybutynin (z. B. Dridase®, Spasyt®) und Trospiumchlorid (z. B. Spasmex®, Trospi®).
Asymptomatische Prostatitis
Warum es zu einer asymptomatischen Prostatitis kommt, ist
nicht bekannt. Es werden ähnliche Mechanismen vermutet,
wie sie für die chronische Prostatitis und das chronische Beckenschmerzsyndrom diskutiert werden. Das Krankheitsbild
wird meist zufällig diagnostiziert, zum Beispiel bei Patienten,
die ihre Unfruchtbarkeit abklären wollen.
Prostatakrebs
Laut Deutschem Krebsregister leidet ein Viertel aller männlichen Krebspatienten an Prostatakrebs. Damit führt diese
Krebsart bei Männern die Häufigkeitsstatistik aller Krebser-
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Drückt viel Gewebe auf die Harnröhre, darf das Pissoir nicht fern sein
krankungen in Deutschland an und war 2007 nach aktuellen
Daten des statistischen Bundesamtes die zweithäufigste Todesursache nach Lungenkrebs beim Mann. Zu Beginn ähneln
sich die Symptome einer gut- und bösartigen Prostatavergrößerung. Deshalb sollte jeder Mann regelmäßig einmal jährlich
zur Vorsorgeuntersuchung gehen. Diese gehört ab dem 45. Lebensjahr zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen.
Bei der Untersuchung tastet der Arzt die Vorsteherdrüse
durch den Enddarm mit dem Finger ab. So können Veränderungen an der Oberfläche erfühlt werden. Ist das Gewebe
weich und dehnbar, wird es sich um eine vergrößerte Prostata handeln. Ist es hart und knöchern, muss der Arzt weitere
Untersuchungen durchführen, um dem Verdacht auf Prostatakrebs nachzugehen.
PSA-Wert bestimmen
Nicht alle Regionen der Prostata sind ertastbar. Daher wird
vielfach als Ergänzung die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) empfohlen. Die Eiweißsubstanz wird
von entartetem Prostatagewebe verstärkt produziert. Bleibt der
PSA-Wert über einen längeren Zeitraum erhöht oder steigt
er innerhalb eines Jahres deutlich an, besteht ein Verdacht auf
Prostatakrebs. Eine weitere diagnostische Abklärung ist dann
erforderlich. Allerdings kann der PSA-Wert auch bei gutar-
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tigen Vergrößerungen, Entzündungen, durch Fahrradfahren
oder durch die Tastuntersuchung selbst erhöht sein. Oder aber
er ist trotz Prostatakrebs niedrig. Daher ist der Nutzen der
selbst zu bezahlenden Untersuchung als Mittel zur Früherkennung umstritten.
Therapieoptionen
Zur Behandlung von Prostatakrebs gibt es unterschiedliche
chirurgische und medikamentöse Therapieoptionen. Neben
der radikalen Entfernung der Prostata sowie der Bestrahlung
kann im fortgeschrittenen Stadium die Androgenentzugstherapie angewendet werden. So soll der Testosteronspiegel gesenkt
und damit das Wachstum des Tumors gehemmt werden. Der
Entzug erfolgt entweder chirurgisch durch Entfernung der
Hoden oder medikamentös. Die häufigsten eingesetzten Medikamente sind Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)Agonisten. Zu diesen zählen unter anderem die Wirkstoffe
Buserelin (Profact®), Goserelin (Zoladex®), Leuprorelin (Enantone®, Eligard®) und Triptorelin (Decapeptyl®, Pamorelin®).
Seit Juli ist mit Vantas® (Histrelinacetat) ein neuer Vertreter
dieser Wirkstoffklasse in Deutschland auf dem Markt. Er unterscheidet sich von den anderen GnRH-Analoga dadurch,
dass er seinen Wirkstoff über einen Zeitraum von zwölf – statt
maximal sechs – Monaten freisetzt. Das Implantat wird unter
der Haut des Oberarmes eingesetzt.
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