Strömungssimulation und Blutfluß Seminar: Physikalische Modelle im Medical Computing Betreuer: Dr. Stefan Wesarg Gestaltung: Uwe Böttcher 1. Einteilung von Strömung Strömung kann man unter verschiedenen Gesichtspunkten qualitativ bewerten. Vier der Möglichkeiten werden hier erläutert. Diese Gesichtspunkte sind für die Betrachtung nach medizinischen Maßstäben essentiell. 1.1. Laminare und turbulente Strömung Bei der laminaren Strömung verlaufen alle Anteile parallel. Es tritt keine Vermischung auf. Das Gegenteil nennt man turbulente Strömung. Hier treten zumindest an manchen Stellen Wirbel auf, die zu Vermischung führen. Die Dynamik turbulenter Strömungen ist schwerer zu berechnen, als die laminarer Strömung. Turbulente Strömung kann laminare Anteile beinhalten. Man spricht dann von teilweise turbulenter Strömung. http://www.gi esser ei l exi kon.de/i ndex.php?i d=1101&tx_faq_faq=1169 1.2. Stationäre und instationäre Strömung Die Flußmenge bzw. Flußgeschwindigkeit kann bei Flüssigkeiten von der Zeit anhängig sein. Stationäre Fließvorgänge (lat. stare – stehen bleiben, dabeibleiben) verändern ihre Flußgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Zeit nicht (die erste Ableitung nach der Zeit beträgt also Null). Instationäre Fließvorgänge verändern ihre Flußgeschwindigkeit zeitabhängig. 1.3. Viskosität von Flüssigkeiten Die Zähigkeit von Flüssigkeiten nennt man Viskosität, ihr Gegenteil ist die Fluidität. Die Viskosität hat großen Einfluß auf die Vorgänge bei instationären Fließvorgängen. 1.4. Reibung und Scherung Wenn ein Gegenstand über eine Fläche gezogen wird, verformt sich dieser (siehe Abbildung). Diese Verformung nennt http://www-m ed-physi k.vuman Scherung und die wi en.ac.at/physi k/ws95/w95b0di r /w95b1000.htm Wi ki pedi a: Vi skosi tät Kraft, die den Gegenstand in seine Ursprungsform zurückzuführen versucht, nennt man Scherkraft. Scherung tritt auch beim Blutfluß auf. 2. Strömung in Blutgefäßen Die Strömung in Blutgefäßen ist meistens laminar, wobei auch turbulente Strömungen auftreten können. Gerade an Stellen, wo die Gefäßform nicht der Idealform entspricht, entstehen oft Verwirbelungen, die eine Simulation der Strömungsverhältnisse erschweren. Naturgemäß ist der Blutfluß instationär, da das Herz stoßweise pumpt und somit die Flußgeschwindigkeit einer Änderung unterworfen ist. Hohe Geschwindigkeiten führen aufgrund der Reibung zu hohen Scherkräften, da bei hohen Geschwindigkeiten die Reibungskräfte höher sind. Blut ist allerding kein newtonsches Fluid, was bedeutet, daß die Viskosität von Blut bei höheren Geschwindigkeiten kleiner wird (das Blut also flüssiger). Dies liegt daran, daß das Blut bei hohen Geschwindigkeiten von einer Emulsion in eine Suspension übergeht. Bei einer Suspension sind die Scherkräfte allerdings niedriger. Hohe Scherkräfte führen außerdem zu einer Ausschüttung von Hormonen, die eine Weitung der Blutgefäße verursachen. Dies führt dazu, daß Verengungen von Blutgefäßen in begrenztem Umfang vom Körper begegnet werden kann. Dies liegt daran, daß in engeren Blutgefäßen die Flußgeschwindigkeit größer sein muß (weil die gleiche Blutmenge pro Zeiteinheit durch einen engeren Bereich gebracht werden muß). Dadurch erhöhen sich die Scherkräfte, was zu einer Ausschüttung des Hormons führt. 3. Windkesselfunktion der Aorta Die Arbeit des Herzes unterteilt sich in eine Systole (Schlag) und eine Diastole (Entspannung). Während der Systole wird das Blut aus den Herzkammern ausgeworfen, während der Distole entspannt sich das Herz wieder und wird gefüllt. Das würde normalerweise bedeuten, daß die Organe im Körper schubweise mit Blut versorgt werden. Damit dies nicht passiert (einige Organe sind auf relativ konstanten Druck angewiesen), deht sich der Aortenbogen aus und füllt sich mit Blut. Dadurch wird der Auswurfdruck des Herzes abgemildert, was zu einer Entlastung der Blutgefäße führt. In der Diastole zieht sich die Aorta dann wieder zusammen, so daß der Druck nicht völlig abfällt. http://www.aerz tl i chepr axi s.de/l exi kon/pi cs/p41619.000-1.htm l 2 Der Systolendruck nach dem Aortenbogen beträgt etwa 120 mmHg, während die Aorta in der Diastole einen Druck von etwa 80 mmHg aufrecht halten kann. Diese beiden Drücke werden beim Blutdruckmessen ermittelt. Die Windkesselfunktion führt aber nicht nur zu einem Druckausgleich zwischen Systole und Diastole, sondern senkt auch die Arbeit, die das Herz erbringen muß. Die Beschleunigung des Blutes, um es bis in die Kapillaren zu befördern, nimmt die Aorta teilweise dem Herz ab. Außerdem führt die Windkesselfunktion indirekt zu einer Durchblutung des Herzens. Während beim Auswurf des Blutes dieses an den Abgängen zu den Herzkranzgefäßen sehr schnell vorbeifließt und deshalb nicht hineinströmt (man erinnere sich an Wasserstrahlpumpen), ist das in der Distole anders. Das von der Aorta gepresste Blut fließt teilweise auch zum Herzen zurück und in die Herzkranzgefäße hinein. Somit kann man sagen, daß die Aorta die Funktion unseres Kreislaufsystems zu einem großen Teil mitgestaltet. 4.1. Aortenaneurisma Ein Aortenaneurisma ist ein Blutsack, der durch eine Verletzung oder Erschlaffung der Aorta entstehen kann. Durch den enormen Druck in der Aorta strömt Blut zwischen die Schichten der Arterie und bildet dort eine Blutansammlung. Diese wird mit der Zeit größer und das Gewebe dadurch brüchiger. Schließlich kommt es dann zur Ruptur, bei der sich das angesammelte Blut in den Thorax (beim thoraxialen Aortenaneurisma) oder den Bauchraum (beim Bauchaorteneneurisma) ergießt. Dies führt zu Entzündungen und oft zum Tod des Patienten. Ein Aneurisma wird durch Einbringen eines Stant geheilt, welcher der Aorta neuen Halt gibt. 4.2. Arteriosklerose Anlagerung von Fetten oder eines Thrombus führt zu einer Verengung der Aorta und somit einer Erhöhung der Flußgeschwindigkeit in dem betreffenden Bereich. Dies führt, wie bereits besprochen, zu einer Erweiterung der Arterie, welche die Symptome lindert. Diese Erweiterung ist aber nicht grenzenlos möglich, so daß es irgendwann zu einem Verschluß kommen kann. http://www.herz .at/ther api en/Aneur ysm en/aneurysm en_4.htm 4. Erkrankungen des Kreislaufsystems http://bi l ddatenbank.m edi cal pi ctur e.de/i nfofr /168 4318 1 5. Simulation von Flußeigenschaften Die Erkenntnisse über den Blutfluß können schließlich dazu benutzt werden, die Flußbedingungen in real vorkommenden Aortenbögen zu bestimmen. Dadurch können die Scherkräfte angenähert werden und Risikopatienten leichter erkannt werden. Aus den vorgegangenen Ausführungen dürfte der Umfang einer solchen Simulation deutlich hervorgegangen sein. 3