TC1 – Grundlagen der Theoretischen Chemie Irene Burghardt ([email protected]) Praktikumsbetreuung: Robert Binder ([email protected]) Jan von Cosel ([email protected]) Pierre Eisenbrandt ([email protected]) Vorlesung: Di 10h-12h, Fr 9h-10h Übungen: Fr 10h-11h / 13h-14h Web site: http://www.theochem.uni-frankfurt.de/TC1 1 Wie real ist die Wellenfunktion? • Arbeitshypothese (Schrödinger): Die Wellenfunktion Ψ enthält voll- ständige Information über den Zustand des quantenmechanischen “Systems” (z.B. Teilchen im Kasten, Atom, Molekül) • abstrakte (darstellungsfreie) Schreibweise: |Ψi ist ein “Zustandsvektor”, der in einem komplexen Funktionenraum (Hilbertraum) definiert ist • physikalische Bedeutung: Ψ ist das grundlegende Objekt der Schrödingerschen “Wellenmechanik”. Ψ beschreibt Teilchen, die auch Wellencharakter haben (z.B. Elektronen) bzw. Wellen, die auch Teilchencharakter haben (z.B. Licht/Photonen). R∞ ∗ • die Wellenfunktion ist normierbar, dx Ψ (x)Ψ(x) = 1; die −∞ Normierung reflektiert, dass das Teilchen sich zu jeder Zeit “irgendwo im Raum” befindet • das Betragsquadrat der Wellenfunktion |Ψ(x)|2 = Ψ∗(x)Ψ(x) gibt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Quantenteilchens am Ort x an. 2 Operatoren • dienen dazu, die “observablen” Eigenschaften des durch beschriebenen Zustands “abzufragen”: Ort, Impuls, Energie, . . . (während ψ selbst nicht “observabel” ist!) ψ • der Operator Ô ist eine Vorschrift (Multiplikation, Differentiation, etc.), die “nach rechts” auf die Wellenfunktion wirkt: – Ort: x̂ψ(x) = xψ(x) – Impuls: p̂ψ(x) = (h̄/i)(dψ(x)/dx) – kinetische Energie: T̂ ψ(x) = (p̂2/2m)ψ(x) = (−h̄2/2m)(d2ψ(x)/dx2) – potentielle Energie: V̂ (x̂)ψ(x) = V (x)ψ(x) z.B. V (x) = 1/2kx2, V (x) = q1q2/x – Gesamtenergie: Ĥψ(x) = (T̂ + V̂ )ψ(x) (Hamilton-Operator) 3 Physikalische Bedeutung von Eigenwerten/Erwartungswerten • Eigenwerte sind messbar: wenn z.B. Impuls oder Energie durch eine geeignete Messapparatur gemessen werden, und das System sich in einem Eigenzustand ψn befindet, wird der dazugehörige Eigenwert ωn gemessen. • Erwartungswerte machen Aussagen über statistische Resultate wiederholter Messungen. 4 Erwartungswerte wenn sich das System nicht in einem Eigenzustand befindet, können wir nur “Erwartungswerte” = Mittelwerte bestimmen: R dx ψ ∗Ôψ hÔi = R dx ψ ∗ψ • wenn ψ = ψn Eigenfunktion des Operators Ô mit Eigenwert ωn ist, erhalten wir: hÔi = ωn • wenn ψ keine Eigenfunktion des Operators Ô ist, ergibt eine Entwicklung in Eigenfunktionen {ψn(x)}: ψ(x) = X cnψn(x) n hÔi = X n c∗ncnωn ≡ X n Pn ωn 5 Erwartungswert & Standardabweichung hL̂i = X Wn Λn ≡ n X |cn|2 Λn = n Z = X c∗ncn Z ∗ dx ψn L̂ψn n ∗ dx Ψ L̂Ψ wobei Ψ= X c n ψn n Standardabweichung: q ∆L = hL̂2i − hL̂i2 6 Wahrscheinlichkeit eines Messergebnisses Pn = Wahrscheinlichkeit, mit der der Eigenwert ωn gemessen wird |ψi = c1|0i + c2|1i P1 = c∗1 c1, P2 = c∗2 c2 • eine einzelne Messung liefert den zu |0i oder |1i gehörigen Eigenwert • bei wiederholten Messungen werden die Eigenwerte mit den jeweiligen Wahrscheinlichkeiten P1 vs. P2 gemessen 7 Kohärente Superpositionen & Messprozess √ |Ψcati = 1/ 2 |alivei + |deadi • gemessen wird der Eigenzustand |alivei oder |deadi • durch die Messung wird das System verändert: es kommt zur Projektion auf den betreffenden Eigenzustand: “Kollaps der Wellenfunktion”, “Reduktion der Wellenfunktion” 8 Doppelspaltversuch & Messung durch Licht http://physik.uni-graz.at/cbl/QM/contents/Projekte2004/p1/G2Doppelspalt/DSKlaWirk.html Versucht man zu “messen”, durch welchen der beiden Spalte (1 oder 2) das Teilchen durchtritt (Fall d), wird das das Interferenzmuster zerstört: die Wellenfunktion “kollabiert” 9 Experimenteller Nachweis quantenmechanischer Überlagerungen (“cat states”) • Anfang 80er Jahre: Aspect et al., Phys. Rev. Lett. 47, 460 (1981): Auflösung des Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxons • 2003: Zeilinger et al.: Quanteninterferenz mit Fullerenen (!) – de Broglie-Wellenlänge ∼pm 10