WS 2006/07 Diskrete Strukturen Prof. Dr. R. Westermann Lehrstuhl für Computer Grafik und Visualisierung Fakultät für Informatik Technische Universität München http://wwwcg.in.tum.de/Teaching/WS2006/DiskreteStrukturen 24.10.2006 Kapitel II - Grundlagen - Mathematische und notationelle Grundlagen - Aussagen- und Prädikatenlogik - Beweismethoden - Mengen - Relationen und Abbildungen - Wachstum von Funktionen Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Eine wesentliche Voraussetzung zum Verständnis - der Mathematik ist das Verständnis mathematischer Aussagen und deren Beweis. Die Regeln der Logik spezifizieren die Bedeutung solcher Aussagen und stellen die Basis des mathematischen Schließens (Folgerns). - Praktische Anwendungen der mathematischen Beweisführung finden sich in zahlreichen Gebieten der Informatik, z.B. Programmverifikation, Korrektheitsbeweise, Systemsicherheit, künstliche Intelligenz und viele mehr. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Die mathematische Logik beschäftigt sich primär mit den formalen Regeln des Schlussfolgerns. - Die Aussagenlogik basiert auf Aussagen - (Propositionen), nach deren Wahrheitsgehalt gefragt werden kann. Beispiele: 1. Die Hauptstadt von Deutschland ist Bonn 2. 1 + 1 = 2 keine Aussagen sind: 3. Wie spät ist es? 4. x + 1 = 2 5. 1+3 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Definition: Eine Aussage ist ein Satzgebilde mit einer wohldefinierten Bedeutung (nicht vage oder mehrdeutig), die entweder wahr oder falsch ist. - Eine Aussage ist nie wahr und falsch, keines von beiden - oder etwas “dazwischen”. Der aktuelle Wahrheitswert der Aussage kann unbekannt sein und vom Kontext abhängen. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Der Wahrheitswert einer Aussage ist entweder - wahr (W) oder falsch (F). Durch Anwendung von logischen Operatoren auf Aussagen lassen sich neue Aussagen (wiederum wahr oder falsch) bilden. - Ein Operator kombiniert einen oder mehrere Operanden - zu einem komplexeren Ausdruck. Monadische/unäre Operatoren haben ein Argument (z.B. -5), dyadische/binäre Operatoren haben zwei Argumente (z.B. 4/5). Logische Operatoren werden auf Aussagen (bzw. deren Wahrheitswerte) angewendet. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Die Grundlagen der Aussagenlogik, speziell die - Methoden, um aus gegebenen Aussagen neue Aussagen zu konstruieren, wurden von George Boole („The Laws of Thought“ 1854) entwickelt. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von den Booleschen Werten 1 (wahr) und 0 (falsch). Operatoren auf Booleschen Werten werden auch Boolesche Operatoren genannt. George Boole (1815-1864) Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Einige Boolesche Operatoren Formaler Name Umg.spr. Stelligkeit Negation NICHT Mon. ¬ Konjunktion UND Dyad. ∧ Disjunktion ODER Dyad. ∨ Exclusives-Oder XOR Dyad. ⊕ Implikation IMPLIZIERT Dyad. → Bikonditional IFF Dyad. ↔ Symbol Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Boolesche Operationen - In einer Wahrheitstabelle lassen sich die Beziehungen - zwischen Wahrheitswerten von Propositionen darstellen. Beispiel Negation: - Der einstellige Operator “¬” (NICHT) transformiert eine Proposition in ihre logische Verneinung. - Beispiel: sei p = “Ich habe braune Haare.” dann gilt: ¬p = “Ich habe keine braunen Haare.” - Die Wahrheitstabelle für die Negation sieht wie folgt aus: T := True; F := False p ¬p T F F T Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Konjunktion - Der binäre Operator - “∧” (AND) kombiniert zwei Aussagen zu ihrer logischen Konjunktion. Beispiel: sei p = “Ich bin ein Mann.” und q = “Ich habe braune Haare.” Dann gilt: p ∧ q = “Ich bin ein Mann mit braunen Haaren.” Die Konjunktion behauptet die Wahrheit ihrer Teilaussagen. p q p∧q Sie hat folgende Wahrheitstabelle: Frage: Wieviele Zeilen hat die Wahrheitstabelle einer Konjunktion p1 ∧ p2 ∧ … ∧ pn? F F T T F T F T F F F T Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Disjunktion - Der binäre Operator - “∨” (OR) kombiniert zwei Aussagen zu ihrer logischen Disjunktion. Sie behauptet, dass mindestens eine ihrer Teilaussagen wahr ist. Beispiel: sei p = “Ich bin ein Mann.” und q = “Ich habe Hunger.” Dann gilt: p ∨ q =“Ich bin ein Mann oder ich habe Hunger.” p q pVq Die Disjunktion hat folgende F F F Wahrheitstabelle: T F T T T F T T T Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Hinweise - Während p ∧ q bedeutet, dass p und q wahr sind, - bedeutet p ∨ q, dass p wahr ist, oder q wahr ist, oder beide wahr sind. Der Oder-Operator wird auch als NichtausschließendesOder bezeichnet, da er die Möglichkeit beinhaltet, dass p und q wahr sind. Mit Klammern werden Teilausdrücke gruppiert - AND und OR haben die gleiche Bindung - NOT bindet stärker als AND und OR, d.h. ¬s ∧ f bedeutet (¬s) ∧ f Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Ausschließendes-Oder - Der binäre Operator - “⊗” (XOR) kombiniert zwei Aussagen zu ihrer logischen Exklusion – er schließt die Möglichkeit aus, dass beide Operanden wahr sind. Beispiel: sei p = “Ich werde eine 1 in diesem Kurs bekommen.” und q = “Ich werde diesen Kurs abbrechen.” Dann gilt: p ⊗ q = “Ich werde entweder eine 1 in diesem Kurs bekommen oder ihn abbrechen (aber nicht beides!).” - Das Ausschließende-Oder hat folgende Wahrheitstabelle: p q p⊗q F F T T F T F T F T T F Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Implikation - Die Implikation p → q ist die Aussage “wenn p (die - Hypothese), dann q (die Konklusion)”. p → q ist falsch, wenn p wahr ist und q falsch ist. Andernfalls ist p → q wahr. Die Implikation hat folgende Wahrheitstabelle: p q p→q F F T T F T F T T T F T Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Implikation - Beispiel: sei p = “Du erreichst mindestens 60% der Punkte in der Klausur.” und q = “Du bekommst die Note 1.” Dann gilt: p → q = “Wenn du mindestens 60% der Punkte in der Klausur erreichst, dann bekommst du die Note 1.” - Beachte: Im Fall, dass weniger als 60% der Punkte erreicht wurden, kann die Note 1 oder eine beliebige andere Note vergeben werden. Wenn aber mindestens 60% erreicht wurden und der Dozent vergibt keine 1, dann hat er gelogen. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Implikation - Die Implikation p → q sagt, dass p eine hinreichende Bedingung für die Konlusion q ist (die Wahrheit von p ist hinreichend für die Wahrheit von q). - Andere Ausdrucksweise: „p nur dann wenn q“, d.h., p kann nicht wahr sein, wenn q nicht wahr ist. Die Aussage ist falsch, wenn p wahr ist aber q falsch ist. Wenn p wahr ist, dann ist auch q wahr; wenn p falsch ist, dann kann q entweder wahr oder falsch sein. - Beachte: q ist eine notwendige Bedingung für p. - Beachte: p → q fordert nicht, dass p oder q jemals wahr sind. Beispiel: “(1=0) → Schweine können fliegen” ist WAHR! Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Beispiele: - “Wenn diese Vorlesung jemals endet, dann wird die Sonne morgen aufgehen” Wahr oder False? - “Wenn Dienstag ein Tag der Woche ist, dann bin ich ein Pinguin.” Wahr oder Falsch? - “Wenn 1+1=6, dann ist Merkel Kanzlerin.” Wahr oder Falsch? - “Wenn der Mond aus grünem Käse ist, dann bin ich reicher als Bill Gates.” Wahr oder Falsch? Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Implikation - Umgangssprachlich meint “p → q” (if p then q) normalerweise “In allen möglichen Situationen, wenn p dann q.” - D.h.: “Es ist unmöglich, dass p wahr ist und q falsch ist.” - Dieser Sachverhalt kann in der Prädikatenlogik ausgedrückt werden: - “In allen Situationen s, wenn p in s wahr ist, dann ist q auch in s wahr.” - Formal: ∀s, P(s) → Q(s), wobei ∀ der sog. Allquantor ist, P(s) das Prädikat und Q(s) die Konklusion. - Umgangssprache und Logik stimmen nun wieder überein. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Umkehrung, Inverse, Kontraposition - Terminologie: für eine Implikation p → q ist seine Umkehrung: seine Inverse: seine Kontraposition: q → p. ¬p → ¬q. ¬q → ¬p. - Eine dieser drei hat dieselbe Bedeutung wie p → q. Welche ist es und wie zeigen wir das? Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Bikonditional - Das Bikonditional p ↔ q sagt, dass p genau dann wahr - - ist, wenn q war ist (und nur dann (IFF)). p ↔ q bedeutet, dass p und q denselben Wahrheitswert haben. Beispiel: sei p = “Merkel gewinnt die Wahl in 2005.” und q = “Merkel wird 2006 Kanzlerin sein.” Dann ist: p ↔ q = “Wenn, und nur dann, Merkel die Wahl in 2005 gewinnt, wird sie Kanzlerin in 2006 sein.” p ↔ q impliziert nicht, dass p und q wahr sind oder dass eine Aussage die andere bedingt. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Bikonditional - Das Bikonditional hat folgende Wahrheitstabelle p q p↔q F F T T F T F T T F F T - Wie unterscheidet sich das Bikonditional zum Ausschließenden-Oder? Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Was haben wir bisher gelernt? - Was sind Aussagen. - Operatoren in der Aussagenlogik. - Symbolische Notation. Logische Bedeutung. Wahrheitstabellen. - Was kommt nun? - Äquivalenz von Aussagen. - Äquivalenzregeln. - Beweis von Äquivalenzen durch symbolische Ableitung. - Prädikatenlogik. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Tautologien und Widersprüche - Eine Tautologie ist ein Ausdruck, der immer wahr ist (unabhängig von den Wahrheitswerten der in ihm enthaltenen Aussagen). - Beispiel: p ∨ ¬p (wie sieht die Wahrheitstabelle aus?) - Ein Widerspruch ist ein Ausdruck, der immer falsch ist (unabhängig von den Wahrheitswerten der in ihm enthaltenen Aussagen) - Beispiel: p ∧ ¬p Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Logische Äquivalenz - Ein Ausdruck p ist logisch äquivalent zu einem Ausdruck q - (p ≡ q), genau dann wenn der Ausdruck p ↔ q eine Tautologie ist. Ausdrücke p und q sind genau dann logisch äquivalent, wenn p und q die gleichen Wahrheitswerte in allen Zeilen ihrer Wahrheitstabellen haben. pq FF FT TF TT pvq ¬p ¬q ¬p∧¬q F T T T T T F F T F T F T F F F ¬(¬p∧ ¬q) F T T T Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Äquivalenzregeln - Anstelle von Wahrheitstabellen können wir Regeln - verwenden, um einen Ausdruck in einen anderen zu transformieren. Diese Regeln sind ähnlich zu arithmetischen Regeln der Mathematik. Diese Regeln können auch verwendet werden, um Ausdrücke in einfachere Ausdrücke zu überführen. Beispiel: (p ∧ ¬q) → (p ⊕ r) ≡ ¬p ∨ q ∨ ¬r. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Äquivalenzregeln - Identität: Dominanz: Idempotenz: Doppelte Negation: Kommutativität: Assoziativität: - Distributivität: - De Morgan’s: - p∧T ≡ p p∨ F ≡ p p∨T ≡ T p∧ F ≡ F p∨p ≡ p p∧p ≡ p ¬¬p ≡ p p∨q ≡ q∨p p∧q ≡ q∧p (p∨q)∨r ≡ p∨(q∨r) (p∧q)∧r ≡ p∧(q∧r) p∨(q∧r) ≡ (p∨q)∧(p∨r) p∧(q∨r) ≡ (p∧q)∨(p∧r) ¬(p∧q) ≡ ¬p ∨ ¬q ¬(p∨q) ≡ ¬p ∧ ¬q Triviale Tautology/Kontradiktion: p ∨ ¬p ≡ T p ∧ ¬p ≡ F Augustus De Morgan (1806-1871) Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Anwendung von Äquivalenzregeln - Mit Hilfe von Äquivalenzregeln lassen sich logische - Operatoren durch andere Operatoren ausdrücken. Exklusives-Oder: p ⊕ q ≡ (p∨q) ∧ ¬(p∧q) p ⊕ q ≡ (p∧¬q) ∨ (q∧¬p) - Implikation: - Bikonditional: p → q ≡ ¬p ∨ q p ∨ q ≡ ¬p → q p ↔ q ≡ (p→q) ∧ (q→p) p ↔ q ≡ ¬(p⊕q) - Tafelbeispiel: Zeigen Sie, dass (p∧q) → (p∨q) Tautologie ist. eine Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Zusammenfassung Aussagenlogik. - Atomare Aussagen: p, q, r, … - Boolsche Operatoren: ¬ ∧ ∨ ⊕ → ↔ - Zusammengestzte Ausdrücke: s = (p ∧ ¬q) ∨ r - Äquivalenzen: p∧¬q ≡ ¬(p → q) - Beweis von Äquivalenzen unter Verwendung von - Wahrheitstabellen - Symbolische Ableitung p ≡ q ≡ r … Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Prädikatenlogik - Die Prädikatenlogik ist eine Erweiterung der - Aussagenlogik, die es ermöglicht, exakte Schlußfolgerungen über Klassen von Objekten zu ziehen. Während in der Aussagenlogik einfache Aussagen als atomare Einheiten behandelt werden, unterscheidet die Prädikatenlogik das Subjekt eines Satzes vom Prädikat. Prädikatenlogik ist die formale Notation, um mathematische Definitionen eindeutig und präzise zu spezifizieren. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Prädikatenlogik - Die Prädikatenlogik stellt die Basis der mathematischen - Logik, die in Gödel’s Unvollständigkeits-Theorem resultiert: “Given any finitely describable, consistent proof procedure, there will always remain some true statements that will never be proven by that procedure.” D.h., wir können nicht alle mathematischen Wahrheiten entdecken, solange wir nicht auch Annahmen über nicht bewiesene Aussagen machen. Kurt Gödel 1906-1978 Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Praktische Anwendungen der Prädikatenlogik - Zur formalen Spezifikation komplexer Systeme. - Zum automatischen Beweisen von Theoremen. - Zur automatischen Verifikation von Programmen. - Zur Spezifikation von Abfragen in Datenbanken. - Und viele mehr. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Subjekte und Prädikate - In dem Satz “Der Hund schläft” ist “der Hund” das - Subjekt (das Objekt, von dem der Satz handelt) und “schläft” das Prädikat (die Eigenschaft des Hundes). In der Prädikatenlogik wird ein Prädikat als eine Funktion P(·) modelliert. - P(·) bildet Objekte auf Aussagen ab, z.B. P = “schläft”. - P(x) = “x schläft” (wobei x ein Objekt ist). - P kann auch eine beliebige Anzahl von Argumenten haben. - Konvention: Kleinbuchstaben x, y, z... bezeichnen - Objekte, Großbuchstaben P, Q, R… bezeichnen Prädikate. Wird ein Prädikat P auf ein Objekt x angewendet, so wird daraus eine Aussage P(x). Das Prädikat P selbst ist keine Aussage (es ist kein kompletter Satz!). Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Wertevorrat (Domaine) - Indem wir Objekte von Prädikaten unterscheiden, können wir gleichzeitig über viele Objekte Aussagen treffen. - Beispiel: sei P(x)=“x+1>x”, dann können wir sagen, dass “für jede Zahl x, P(x) wahr ist” anstelle von (0+1>0) ∧ (1+1>1) ∧ (2+1>2) ∧ ... - Die Menge der Werte, die eine Variable x annehmen kann, wird der Wertevorrat (Domaine) von x genannt. - Quantoren werden verwendet um zu quantifizieren, wie viele Objekte aus dem Wertevorrat einem Prädikat genügen. - “∀” ist der FORALL oder Allquantor. ∀x P(x) bedeutet, dass P für alle x in der Domaine gilt. - “∃” ist der EXISTS oder Existenzquantor. ∃x P(x) bedeutet, dass P(x) für mindestens ein x in der Domaine gilt. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Allquantor und Existenzquantor - Beispiel: - Sei der Wertevorrat von x “Parkplätze am FMI”. Sei P(x) das Prädikat “x ist voll.” Dann bezeichnet ∀x P(x) die Aussage “Alle Parkplätze am FMI sind voll.” Beispiel: Sei der Wertevorrat von x “Parkplätze am FMI”. Sei P(x) das Prädikat “x ist voll.” Dann bezeichnet ∃x P(x) die Aussage “Mindestens ein Parkplatz am FMI ist voll.” Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Geschachtelte Quantoren - Beispiel: Sei der Wertevorrat von x und y Menschen. Sei L(x,y)=“x mag y” (ein Prädikat mit 2 freien Variablen) Dann ist ∃y L(x,y) = “es gibt jemanden, den x mag.” (Ein Prädikat mit einer freien Variablen, x) Dann ist ∀x (∃y L(x,y)) = “Jeder mag jemanden.” eine Aussage mit zwei gebundenen Variablen. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Beispiel Quantoren: - Sei R(x,y)=“x verlässt sich auf y.” Übersetzen Sie die folgenden Ausdrücke ∀x(∃y R(x,y))= “Jeder kann sich auf jemanden verlassen.” ∃y(∀x R(x,y))= “Es gibt einen, auf den sich alle verlassen.” ∃x(∀y R(x,y))= “Es gibt einen, der sich auf alle verlässt.” ∀y(∃x R(x,y))= “Auf jeden verlässt sich irgend jemand.” ∀x(∀y R(x,y))= “Jeder verlässt sich auf alle.” Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization Kapitel II – Grundlagen; Logik - Zusammenfassung Prädikatenlogik - Objekte x, y, z, … - Prädikate P, Q, R, … sind Abbildungen von Objekten x auf - Aussagen P(x). Prädikate mit mehreren Argumenten P(x, y). Quantoren: ∀x P(x) :≡ “Für alle x’s, P(x).” ∃x P(x) :≡ “Es existiert ein x für das P(x) gilt.” Wertevorrat, gebundene und freie Variablen. Vorlesung Diskrete Strukturen WS 06/07 Prof. Dr. R. Westermann – Institut für Informatik, TU München computer graphics & visualization