Grundkurs Logik

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Grundkurs Logik - 2. Einheit
19. Oktober 2012
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Logische Form
Um die logische Form eines Argumentes (bzw. der
Behauptungssätze, aus denen es aufgebaut ist) ersichtlich zu
machen, sind zwei Dinge besonders wichtig:
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Logische Form
Um die logische Form eines Argumentes (bzw. der
Behauptungssätze, aus denen es aufgebaut ist) ersichtlich zu
machen, sind zwei Dinge besonders wichtig:
1
Auszeichnung der logischen Konstanten
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Logische Form
Um die logische Form eines Argumentes (bzw. der
Behauptungssätze, aus denen es aufgebaut ist) ersichtlich zu
machen, sind zwei Dinge besonders wichtig:
1
Auszeichnung der logischen Konstanten
2
Verwendung von Variablen für Bestandteile von Sätzen
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Logische Form
Um die logische Form eines Argumentes (bzw. der
Behauptungssätze, aus denen es aufgebaut ist) ersichtlich zu
machen, sind zwei Dinge besonders wichtig:
1
Auszeichnung der logischen Konstanten
2
Verwendung von Variablen für Bestandteile von Sätzen
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Beispiel
Max war beim letzten Kreisky -Konzert oder Miriam war beim
letzten Kreisky -Konzert. (1. Prämisse)
Max war nicht beim letzten Kreisky -Konzert. (2. Prämisse)
Also
Miriam war beim letzten Kreisky -Konzert (Konklusion)
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Um sich die logische Form des Arguments klarzumachen, fixiert
man bestimmte Ausdrücke - die sogenannten logischen
Konstanten - und ersetzt die anderen durch Variablen.
p oder q
nicht p
Also
q
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Im Beispiel wurden die Ausdrücke “nicht” und “oder” fixiert - es
handelt sich um logische Konstanten. Die restlichen Bestandteile
des Argumentes, lauter Sätze, wurden durch Satzvariablen ersetzt.
Das Argument ist gültig aufgrund seiner logischen Form und der
Bedeutung der logischen Konstanten.
Man beachte, dass im vorigen Beispiel nur die Struktur dargestellt
wurde, insofern sie sich auf ganze Sätze bezieht! Der Satz “Max
war beim letzten Kreisky -Konzert” wurde als unanalysierte Einheit
betrachtet!
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Andererseits betrachte man das folgende Argument:
Max war beim letzten Kreisky -Konzert oder Miriam war beim
letzten Kreisky -Konzert. (Prämisse)
Also
Irgendjemand war beim letzten Kreisky -Konzert. (Konklusion)
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Um die Gültigkeit dieses Arguments einzusehen, muss man auch
auf die innere Struktur der im Argument beteiligten Sätze
Rücksicht nehmen!
a ist ein P oder b ist ein P. (1. Prämisse)
Also
Irgendein x ist ein P. (Konklusion)
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Die Art von Logik, die sich nur auf unanalysierte, einfache
“Basis-Sätze” (wie “Dave spielt Schlagzeug”) bezieht, heisst
Aussagenlogik
Die Art von Logik, die auch auf die innere Struktur von
“Basis-Sätzen” Rücksicht nimmt, heisst
Prädikatenlogik
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Beispiel
(A) “Martin spielt Gitarre und nicht Bass”
Aussagenlogische Struktur von (A): “p und nicht q”
wobei “p” für “Martin spielt Gitarre” steht und “q” für “Martin
spielt Bass”.
Prädikatenlogische Struktur von (A): “a ist ein G und a ist kein
B”
wobei “a” für “Martin” steht, “G ” für “spielt Gitarre” und “B”
für “spielt Bass”.
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In den nächsten Einheiten werden wir uns zunächst
ausschließlich mit der formalen Sprache der Aussagenlogik
beschäftigen und mit Methoden wie man Argumente auf
aussagenlogische Gültigkeit testen kann.
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Syntax und Semantik
Davor noch ein Wort zur Unterscheidung Syntax vs. Semantik.
Grob:
Syntax beschäftigt sich mit Eigenschaften von sprachlichen
Entitäten (Sätzen, Namen, ...), die sich ausschließlich auf
deren äußere Gestalt beziehen. Syntax behandelt sprachliche
Ausdrücke als bloße Zeichenreihen.
Semantik beschäftigt sich auch mit der Bedeutung solcher
Zeichenreihen. Zentrale (extensionale) semantische Begriffe
sind etwa der Begriff der Referenz (auf was verweist / bezieht
sich ein sprachlicher Ausdruck) und der Begriff der Wahrheit.
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Beispiel:
Z.B.:
“Beryllium hat die Ordnungszahl 4”
Eine syntaktische Eigenschaft dieses Satzes ist, dass er aus 32
Buchstaben besteht. (Leerzeichen mitgerechnet)
Eine semantische Eigenschaft des Satzes ist, dass er wahr ist.
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Wir werden im Folgenden eine formale Sprache - die Sprache AL konstruieren.
Dazu werden wir sehr präzise angeben, wie die Syntax und
Semantik der Sprache AL aussehen.
Ziel: Wir wollen dann mit Hilfe dieser formalen Sprache Licht auf
die Gültigkeit von umgangsprachlichen Argumenten werfen.
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Syntax von AL
Syntax von AL:
1
Alphabet
Atomare Satzbuchstaben
Logische Konstanten
Hilfszeichen
2
Bildungsregeln
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Alphabet
Das Alphabet legt fest, aus welchen Grundzeichen wohlgeformte
Zeichenreihen der Sprache AL aufgebaut sind.
Definition
1 Atomare Satzbuchstaben: “p”, “q”, “r ”, “s”, “p ”, “q ”,
1
1
... “p2 ”,...
2
Logische Konstanten - die Junktoren: “¬” (Negation, ≈
“nicht”), “∧” (Konjunktion, ≈ “und”), “→” (Konditional, ≈
“wenn, dann”), “∨” (Disjunktion, ≈ “oder”)
3
Hilfszeichen: “(” (linke Klammer) und “)” (rechte Klammer)
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Für die Menge aller atomaren Satzbuchstaben {p, q, r , ...}
schreiben wir oft einfach AT .
Alle Zeichenreihen, die sich in der Sprache von AL bilden
lassen (insbesondere die wohlgeformten Zeichenreihen),
ergeben sich durch Aneinanderreihung dieser Grundzeichen!
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Anmerkungen
AL hat unendlich viele Grundzeichen (wegen der unendlich
vielen atomaren Satzbuchstaben) - notwendig, um beliebig
lange Argumente mit Hilfe von AL zu rekonstruieren
Das könnte man vermeiden, indem man statt der unendlich
vielen atomaren Satzbuchstaben nur einen atomaren
Satzbuchstaben verwendet, etwa “p”, und zusätzlich ein
Hilfszeichen, etwa 0 , ins Alphabet mitaufnimmt.
Weiters würde man dann festlegen, dass
1
2
p ein atomarer Satzbuchstabe ist und
Wenn α ein atomarer Satzbuchstabe ist, dann auch α0
Die Klasse der atomaren Satzbuchstaben setzt sich dann
zusammen aus p, p 0 , p 00 , p 000 , ...
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Anmerkungen
Es gibt verschiedene andere Zeichen für die logischen Konstanten.
Gebräuchlich sind auch folgende Zeichen
Negation: ˜
Konjunktion: &, ·
Konditional: ⊃, ⇒
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Bildungsregeln
Mit Hilfe von Bildungsregeln legen wir die Klasse der sogenannten
wohlgeformten Formeln (WFF’s) fest, also die Klasse derjenigen
(endlichen) Folgen von Zeichen unseres Alphabets, die als korrekt
gebildet gelten sollen.
Dies tun wir mit Hinblick auf eine bestimmte Vorstellung hin:
Stehen “p” und “q” für irgendwelche atomaren Sätze, so wollen
wir mit der Formel “¬(p ∧ q)” den (semi-umgangssprachlichen)
Satz “Es ist nicht der Fall, dass p und q beide gelten.” verbinden.
Andererseits wollen wir mit der Zeichenreihe “p¬¬∧ →” keinen
vernünftigen (semi-umgangssprachlichen) Satz verbinden.
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Die Klasse WFF der wohlgeformten Formeln
Wir definieren die Klasse der wohlgeformten Formeln (WFF) von
AL wie folgt:
Definition
1 Jeder atomare Satzbuchstabe ist eine WFF.
2
3
Wenn
Wenn
Wenn
Wenn
α
α
α
α
eine WFF ist so ist auch ¬α eine WFF.
und β WFF’s sind, so auch (α ∧ β).
und β WFF’s sind, so auch (α → β).
und β WFF’s sind, so auch (α ∨ β).
Nichts ist eine WFF, wenn nicht durch endlich ofte
Anwendung der Regeln 1 und 2.
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Bemerkungen zur Definition
1
Klammern sind notwendig um eindeutige Lesbarkeit zu
garantieren.
2
Die griechischen Buchstaben α und β gehören NICHT zu
unserer Sprache AL (dazu gehören nur die Zeichen, die wir
explizit in unser Alphabet aufgenommen haben)! Es handelt
sich um meta-sprachliche Variablen, um über Zeichenfolgen
unserer Objekt-Sprache zu sprechen.
3
Bei der Definition handelt es sich um eine sogenannte
rekursive (induktive) Definition.
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Eindeutige Lesbarkeit
Damit Formeln unserer künstlichen Sprache AL eindeutig lesbar
sind (d.h. damit auch ein entsprechend programmierter Computer
entscheiden könnte, ob eine Zeichenreihe wohlgeformt ist), braucht
man Klammern.
Sonst wäre z.b. unklar, ob sich die Negation “¬” in “¬p ∧ q nur
auf “p” oder auf “p ∧ q” bezieht. Es wäre also unklar ob
1
“nicht p und q” (also “(¬p ∧ q)”) oder
2
“nicht beides: p und q” (also “¬(p ∧ q)”)
gemeint ist.
Anmerkung: Wenn Zweideutigkeiten nicht zu erwarten sind, werden
äussere Klammern der besseren Lesbarkeit halber oft weggelassen.
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Alternativen zu Klammern
1
“Punkt-vor-Strich-Regeln”
Man kann die Junktoren ¬, ∧, ∨, → ihrer Bindungsstärke nach
ordnen, sodass z.b. “¬p ∨ q ∧ r → s” immer als
“((¬p ∨ (q ∧ r )) → s) gelesen werden soll. D.h. ¬ bindet
stärker als ∧, ∧ bindet stärker als ∨ und ∨ bindet stärker als
→.
2
“Polnische Notation”
Man schreibt die Junktoren vor (statt zwischen) zwei Sätzen
und legt fest dass sich der einstellige Junktor ¬ auf die nächste
ganze Formel bezieht und die zweistelligen Junktoren ∧, ∨, →
jeweils auf die nächsten beiden ganzen Formeln. Die Formel
“(¬(p ∧ q) → ¬p)” würde also dargestellt durch
“→ ¬ ∧ pq¬p”.
3
Zweidimensionale (statt linearer) Schreibweise:
Statt Zeichen linear, d.h. der Reihe nach anzuordnen, stellt
man sie “graphisch” dar (C. S. Peirce, G. Frege)
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Objekt- und Metasprache
Spricht man über sprachliche Entitäten, so ist es oft wichtig, den
Unterschied zu beachten zwischen der Sprache, über die man
spricht (der Objektsprache) und der Sprache, mit der man über
diese Sprache spricht (der Metasprache).
Beispiel:
Man vergleiche etwa die deutschen Sätze
1. Äpfel sind köstlich und schön anzusehen.
und
2. “Äpfel” ist ein Wort der deutschen Sprache.
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Objekt- und Metasprache
Der erste Satz ist ein Satz der deutschen Sprache der etwas über
Äpfel aussagt. Das Wort “Äpfel” wird in diesem Satz gebraucht.
Der zweite Satz sagt nichts über Äpfel aus. Das Wort “Äpfel” wird
hier bloßerwähnt, was durch den Gebrauch von Anführungszeichen
angedeutet wird. Der Satz sagt etwas über eine bestimmte
Zeichenfolge aus.
Der zweite Satz sagt etwas über die deutsche Sprache, hat also
Deutsch als Objektsprache zum Gegenstand. Gleichzeitig ist er ein
Satz der deutschen Sprache, d.h. in diesem Fall fallen Objekt- und
Metasprache zusammen.
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Objekt- und Metasprache
Im folgenden wird unsere Objektsprache immer AL sein und unsere
Metasprache wird immer Deutsch sein, angereichert um Zeichen,
die es uns ermöglichen, über AL zu sprechen.
Insbesondere werden wir des öfteren metasprachliche Variablen
(wie α, β, ... in der Definition der WFF’s) verwenden, um
allgemeine Aussagen über AL treffen zu können.
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Rekursive Definitionen
Die Definition der WFFs oben ist eine sogenannte Definition durch
Rekursion.
Rekursive Definitionen sind - nicht nur in der Logik - sehr
gebräulich, und kommen auch später immer wieder vor.
Aus der Schule kennt man vielleicht noch rekursiv definierte Folgen.
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Rekursive Definitionen
Der abstrakte Kern von Rekursion liegt darin, dass
1
ein oder mehrere Basiselemente ausgezeichnet werden und
man
2
ein oder mehrere Operationen angibt, wie man von schon
gegebenen Elementen einer bestimmten Klasse oder Folge auf
weitere Elemente kommt
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Rekursive Definitionen
Dasselbe Schema wurde auch bei der Definition der WFFs benutzt:
1
Bestimmte Basiselemente wurden ausgezeichnet - die
atomaren Satzbuchstaben
2
verschiedene Regeln wurden angegeben, wie man aus schon
gegebenen WFFs auf neue WFFs kommt - die Regeln für die
Junktoren
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Induktion über den Formelaufbau
Der Umstand, dass die WFFs rekursiv definiert wurden, ermöglicht
es uns auch die Beweismethode der strukturellen Induktion (oder
Induktion über den Formelaufbau) anzuwenden, um Aussagen
über alle WFFs zu beweisen.
Dabei geht man so vor:
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Induktion über den Formelaufbau
1
2
Man zeigt, dass die Aussage auf alle atomaren Sätze zutrifft
(also p, q, r ...)
Man zeigt, dass die Aussage auf ¬α zutrifft, falls sie auf α
zutrifft
Man zeigt, dass die Aussage auf (α ∧ β) zutrifft, falls sie auf α
und auf β zutrifft
Man zeigt, dass die Aussage auf (α ∨ β) zutrifft, falls sie auf α
und auf β zutrifft
Man zeigt, dass die Aussage auf (α → β) zutrifft, falls sie auf
α und auf β zutrifft
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Damit ist dann gezeigt, dass die Aussage für alle WFFs gilt (weil
es ja ausser den atomaren Satzbuchstaben und den Formeln, die
sich durch endlich ofte Anwendung der Bildungsregeln bzgl. der
Junktoren, ergeben, keine WFFs gibt).
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Die Festlegung der Syntax unserer künstlichen Sprache AL ist
damit beendet.
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Formalisierung von umgangssprachlichen
Sätzen/Argumenten
Bei der Übersetzung eines umgangsprachlichen Satzes in unsere
künstliche Sprache AL (Formalisierung) sind folgende Punkte zu
beachten:
Jedem aussagenlogisch nicht weiter zerlegbaren Teilsatz des
zu formalisierenden umgangsprachlichen Satzes muss ein
atomarer Satzbuchstabe von AL zugeordnet werden.
Alles, was aussagenlogisch relevant ist (oder auch sein
könnte) muss repräsentiert werden.
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Formalisierung von umgangssprachlichen
Sätzen/Argumenten
Um den umgangssprachlichen Satz “Martin mag Jutta nicht, und
wenn er Max mag, dann auch Julia.” zu formalisieren, brauchen
wir also 3 atomare Satzbuchstaben:
p... Martin mag Jutta
q... Martin mag Max
r ... Martin mag Julia
Gemäss unseren intuitiven Festlegungen, wonach “¬” für das
umgangssprachliche “nicht” steht, und “∧” und “→” für das
umgangssprachliche “und” und “wenn, dann” resp., lautet die
Formalisierung also
¬p ∧ (q → r )
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Alles was aussagenlogisch relevant ist (insbesondere alle
Vorkommnisse von aussagenlogischen Junktoren), sollte sich
in der Formalisierung widerspiegeln!
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AL soll aber nicht ein bloßer Formalismus sein! Wir wollen die
künstliche Sprache AL auf Argumente der Umgangssprache
anwenden anwenden können. Bei der Aufstellung der Syntax von
AL wollten wir also eine künstliche Sprache entwickeln, die gewisse
Beziehungen zur Umgangssprache hat.
Die Variablen p, q, ... sollen etwa für - nicht weiter zerlegebare umgangssprachliche Sätze stehen, “∧” soll für das
umgangssprachliche “und” stehen usw.
Wir haben also eine bestimmte Semantik für unseren Formalismus
im Kopf.
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Extension vs. Intension
Wenn wir im Verlauf der Vorlesung von Semantik im Allgemeinen
und der Bedeutung eines Ausdrucks im Besonderen sprechen,
verstehen wir darunter in der Regel dessen extensionale - im
Gegensatz zu seiner intensionalen - Bedeutung.
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Extension vs. Intension
Extension eines
Satzes ist sein Wahrheitswert
eines Prädikats ist die Menge aller Dinge, von denen das
Prädikat wahr ist
eines singulären Terms ist das bezeichnete Ding
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Extension vs. Intensions
Im Gegensatz dazu ist die Intension eines
Satzes die von ihm ausgedrückte Proposition
eines Prädikats die Eigenschaft, die ein Gegenstand haben
muss, um unter das Prädikat zu fallen
eines singulären Terms die Art und Weise wie uns der
Gegenstand gegeben ist
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Beispiel
Man betrachte die beiden Prädikate
“ ist ein Lebewesen mit Herz” und
“ ist ein Lebewesen mit Nieren”
Tatsächlich sind alle Lebewesen mit Nieren auch Lebewesen mit
Herz und umgekehrt. ⇒ Beide Prädikate sind also von exakt
denselben Gegenständen wahr, haben also dieselbe Extension.
Trotzdem sind beide Eigenschaften sehr verschieden; jemand der
beide Ausdrücke versteht, weiss nicht automatisch, dass der Satz
“Alle und nur die Lebewesen mit Herz sind Lebewesen mit Nieren”
wahr ist. ⇒ Die beiden Prädikate haben also verschiedene
Intension.
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Ähnliche Beispiele gibt es auch für Singuläre Terme:
Dazu man vergleiche etwa die Ausdrücke “3 + 5” und “2 × 4”
Dasselbe gilt offenbar auch für Sätze:
“ “Kreisky” ist der Name einer Band” und “Die Erde ist der dritte
Planet des Sonnensystems” drücken offenbar ganz verschiedene
Inhalte aus - bzgl. ihrer Wahrheitswerte (ihrer extensionalen
Bedeutung) stimmen sie aber überein.
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Semantik von AL
Der zentrale semantische Begriff auf den bei der Gültigkeit von
Argumenten ankommt, ist der Begriff der Wahrheit.
Nach unseren Festlegungen zu Beginn der Vorlesung, soll ein Satz
von AL genau einen von zwei Wahrheitswerten haben - wahr oder
falsch.
Das Ziel im folgenden wird es sein, Bedingungen anzugeben, unter
denen ein beliebig komplexer Satz (eine beliebige WFF) von AL
wahr ist, gegeben eine bestimmte Verteilung von Wahrheitswerten
zu den atomaren Sätzen.
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Beispiel
Angenommen “p” und “q” stehen für bestimmte atomare Sätze
(wie “Martin spielt Gitarre”). Wir wollen nun den Wahrheitswert
des komplexen AL-Satzes “¬(p ∧ q)” bestimmen, wenn “p” für
einen wahren Satz steht, und “q” für einen falschen.
Gegeben unsere informelle Festlegung, dass “∧” für “und” steht,
so gilt:
“(p ∧ q)” ist falsch.
Ein Satz, der dadurch entsteht, dass zwei Sätze durch “und”
verbunden werden, ist eben genau dann wahr, wenn beide Teilsätze
wahr sind.
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Andererseits gilt aufgrund unserer informellen Festlegung, dass “¬”
für “nicht” steht:
“¬(p ∧ q)” ist wahr.
Ein Satz, der dadurch entsteht, indem ein anderer negiert wird, ist
eben genau dann falsch (wahr), wenn der ursprüngliche Satz wahr
(falsch) ist.
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Man kann also den Wahrheitswert eines komplexen Satzes
zurückführen auf die Wahrheitswerte seiner einfacheren Teilsätze und zwar nach ganz bestimmten Regeln wie
Eine Konjunktion (α ∧ β) ist wahr genau dann wenn sowohl α
als auch β wahr sind
Eine Negation ¬α ist wahr genau dann wenn α falsch ist
...
Diese Grundidee werden wir im folgenden präzise machen. Wir
entwickeln eine (extensionale) Semantik für AL.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Vorbereitungen
Im folgenden werden wir für die beiden Wahrheitswerte (wahr und
falsch) Buchstaben - w und f - verwenden.
Ganz wichtig ist der Begriff einer Bewertungsfunktion:
Definition
Eine Bewertungsfunktion ist eine Funktion v : AT −→ {w , f }
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Bemerkungen
Eine Bewertungsfunktion v ordnet eigentlich jedem atomaren
Satzbuchstaben (also jedem der unendlich vielen
Satzbuchstaben) einen der beiden Wahrheitswerte zu.
Wenn es darum geht, mittels AL umgangssprachliche
Argumente zu rekonstruieren, werden (in der Regel) aber nur
endlich viele Satzbuchstaben gebraucht, d.h. es wird auf die
Wahrheitswerte der restlichen (unendlich vielen)
Satzbuchstaben nicht ankommen.
Man nennt eine Bewertungsfunktion oft auch ein
aussagenlogisches Modell, oder eine aussagenlogische
Interpretation.
Man kann sich eine Interpretation auch vorstellen wie eine
“mögliche Welt” (die bzgl. der “Wahrheitswertverteilungen”
von Sätzen nicht mit der “realen Welt” übereinstimmen muss)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Eine Bewertungsfunktion v ist z.B. gegeben durch die
Festlegungen:
v (p) = w
v (q) = f und
v (α) = w für alle restlichen atomaren Satzbuchstaben α.
Das bedeutet: Bezüglich der gegebenen Bewertungsfunktion v ist
der atomare Satz p wahr (v (p) = w ), q falsch (v (q) = f ) und alle
anderen atomaren Sätze sind wahr.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Ausgehend von einer gegebenen Bewertungsfunktion v wollen wir
nun definieren, wann eine beliebig komplexe WFF von AL wahr
(oder falsch) ist.
Wir definieren deshalb für jede gegebene Bewertungsfunktion v
(die ja nur atomaren WFF’s Wahrheitswerte zuordnet) die
Erweiterung
v̄ : WFF −→ {w , f }
durch die folgenden rekursiven Klauseln:
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Semantik von AL
Definition
1 Falls α ein atomarer Satzbuchstabe ist, so gilt v̄ (α) = v (α)
2
v̄ (¬α) = w gdw. v̄ (α) = f
3
v̄ ((α ∧ β)) = w gdw. v̄ (α) = w und v̄ (β) = w
4
v̄ ((α ∨ β)) = w gdw. v̄ (α) = w oder v̄ (β) = w (oder beides)
5
v̄ ((α → β)) = w gdw. v̄ (α) = f oder v̄ (β) = w (oder beides)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Bei der Definition handelt es sich - wieder - um eine rekursive
Definition; sie gibt uns eine Methode an die Hand, wie man
die Wahrheitswerte von komplexen WFF’s auf die
Wahrheitswerte ihrer einfacheren Bestandteile zurückführen
kann
Diesen Aspekt der Semantik unserer Sprache AL nennt man
auch Wahrheitsfunktionalität
Insbesondere kann man durch wiederholte Anwendung der
Klauseln in der Definition den Wahrheitswert eines beliebig
komplexen Satzes von AL zurückführen auf die
Wahrheitswerte der beteiligten atomaren Sätze (deren
Wahrheitswerte durch eine Bewertungsfunktion v festgelegt
sind)
Durch Angabe einer Bewertungsfunktion v (eines Modells,
einer Interpretation), sind also die Wahrheitswerte ALLER
Sätze unserer Sprache eindeutig festgelegt!
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Man kann sich das semantische Verhalten der Junktoren
¬, ∧, ∨, → auch durch Wahrheitstafeln veranschaulichen:
α
w
w
f
f
α
w
f
¬α
f
w
β
w
f
w
f
(α ∧ β)
w
f
f
f
Grundkurs Logik - 2. Einheit
α
w
w
f
f
β
w
f
w
f
(α ∨ β)
w
w
w
f
α
w
w
f
f
β
w
f
w
f
(α → β)
w
f
w
w
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Exkurs: das materiale Konditional “→”
Begriff “materiales Konditional” stammt von Bertrand
Russell (In den principia mathematica - im Gegensatz zum
formalen Konditional)
In einer Formel (α → β) nennt man α Vorderglied oder
Antezedens und β Hinterglied oder Konsequens
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Kritik am materialen Konditional
Nach unseren semantischen Festlegungen ist ein Konditional
(α → β) nur dann falsch, wenn das Antezedens wahr und das
Konsequens falsch ist.
Dass sich diese Festlegung bzgl. Wenn-Dann-Aussagen mit der
Semantik von umgangssprachlichen Wenn-Dann-Aussagen verträgt
ist oftmals bezweifelt worden.
Einer der Hauptgründe liegt in den sogenannten Paradoxien des
materialen Konditionals.
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Paradoxien des materialen Konditionals
Man beachte etwa folgende Sätze:
Wenn Berlin die Hauptstadt von Deutschland ist, dann ist 2
kleiner als 3.
Wenn Berlin die Hauptstadt von Österreich ist, dann ist die
kleinste Primzahl 2.
Wenn die kleinste Primzahl 5 ist, dann ist die Hauptstadt von
Österreich Zagreb.
Nach unserer semantischen Festlegung bzgl. Wenn-Dann-Aussagen
gelten alle diese Aussagen als wahr.
Die erste und die dritte Aussage sind wahr, weil ein Konditional
mit falschem Antezedens wahr ist, und die zweite, weil ein
Konditional mit wahrem Konsequens wahr ist.
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Paradoxien des materialen Konditionals
Intuitiv würde man aber vielleicht sagen wollen, dass diese
Aussagen falsch sind, da kein inhaltlicher Zusammenhang zwischen
Antezedens und Konsequens besteht.
In umgangssprachlichen Wenn-Dann-Sätzen soll aber genau so ein
inhaltlicher Zusammenhang behauptet werden.
⇒ das materiale Konditional ist inadäquat zur Repräsentation von
umgangssprachlichen Wenn-Dann-Aussagen.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Paradoxien des materialen Konditionals
Dennoch gibt es gute Gründe, Wenn-Dann-Aussagen dennoch mit
Hilfe des materialen Konditionals zu modellieren:
Einfachheit ist ein starker Grund beim wahrheitsfunktionalen
materialen Konditional zu bleiben: andere Varianten die
Semantik von umgangssprachlichen Wenn-Dann-Aussagen zu
modellieren, sind in der Regel kompliziert.
Um logische Implikationen zu behaupten, kann man den
metatheoretischen Folgerungsbegriff verwenden (den wir
uns später genauer ansehen werden)
Bei den “Gegenbeispielen” handelt es sich um “entartete
Fälle”, die in der Umgangssprache sowieso niemals behauptet
werden.
In den Fällen, auf die es ankommt, liefert das materiale
Konditional “richtige” Ergebnisse. Man betrachte etwa das
folgende Beispiel:
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Mia sagt zu ihrem Sohn Max: “Wenn du auf die nächste
Mathe-Schularbeit einen Einser bekommst, dann kriegst du 10
Euro.”
Wir stellen uns nun vor, unter welchen Umständen Max seine
Mutter der Lüge zeihen kann, d.h. unter welchen Umständen die
Aussage der Mutter falsch war.
(Für den Moment wollen wir “lügen” mit “die Unwahrheit sagen”
gleichsetzen, obwohl das – streng genommen – nicht korrekt ist;
eine Lüge setzt ja auch die Absicht voraus, die Unwahrheit zu
sagen.)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Fall 1: Max hat tatsächlich einen Einser bekommen und bekommt
auch tatsächlich 10 Euro. Unter diesen Umständen sind sowohl
Antezedens als auch Konsequens wahr. Max wird seine Mutter
nicht der Lüge bezichtigen: er hat einen Einser bekommen und 10
Euro bekommen, so wie es die Mutter versprochen hat. Das
materiale Konditioal liefert den “richtigen” Wahrheitswert, nämlich
wahr.
Fall 2: Max hat tatsächlich einen Einser bekommen, bekommt
aber die 10 Euro nicht. Das Antezedens der Aussage ist also wahr,
das Konsequens aber falsch. Die Aussage der Mutter sollte in
diesem Fall als falsch gelten - genauso wie es das materiale
Konditional sagt.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Fall 3: Max hat keinen Einser bekommen, bekommt aber
trotztdem 10 Euro. Das Antezedens ist also falsch, das Konsequens
wahr. Max wird aber die Mutter nicht der Lüge zeihen, denn dass
Max einen Einser bekommt ist eine hinreichende, aber keine
notwendige Bedingung dafür, dass er die 10 Euro bekommt. Das
materiale Konditional liefert also wieder den “richtigen”
Wahrheitswert - wahr.
Fall 4: Max keinen Einser bekommen und bekommt auch die 10
Euro nicht. Sowohl Antezedens als auch Konsequens sind also
falsch. Die Aussage der Mutter sollte in diesem Fall als wahr gelten
- genauso wie es das materiale Konditional verlangt. Die
Bedingung wurde nicht erfüllt, also ist die Mutter auch nicht
darauf festgelegt ihrem Sohn 10 Euro zu geben.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
In vielen Fällen liefert also das materiale Konditional genau das,
was man will.
Auch wenn (nach Ansicht Vieler) bestimmte Probleme bestehen
bleiben, bleiben wir also dabei, umgangssprachliche
Wenn-Dann-Aussagen mit Hilfe des materialen Konditionals zu
formalisieren.
Leute, die das materiale Konditional dennoch als inadäquat
empfinden, müssen - vorerst - damit leben lernen.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel zu den Wahrheitsbedinungen
Wir wollen nun - unter Anwendung der Klauseln in der Defintion
den Wahrheitswert der WFF ((p ∧ q) → ¬r ) bestimmen, unter der
Voraussetzung, dass v (p) = w , v (q) = w und v (r ) = w .
(Die restlichen Werte von v interessieren uns nicht.)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Es gilt (wegen der ersten Klausel bzgl. atomarer Sätze):
v̄ (p) = v (p) = w , v̄ (q) = v (q) = w sowie v̄ (r ) = v (r ) = w
Wegen der ∧-Klausel und der ¬- Klausel gilt weiters:
v̄ (p ∧ q) = w , sowie v̄ (¬r ) = f
Insgesamt gilt also, wegen der →-Klausel:
v̄ ((p ∧ q) → ¬r ) = f
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Semantische Folgerung
Wir sind nun in der Lage, den zentralen Begriff dieser Vorlesung zu
definieren, den der semantischen Folgerung:
Definition
Wenn Σ eine beliebige Menge von AL-Sätzen (den Prämissen) ist,
und β ein einzelner AL-Satz (die Konklusion), so nennt man β
eine semantische Folgerung aus Σ genau dann wenn für alle
Bewertungsfunktionen (Modelle, Interpretationen) v gilt: Wenn für
alle Sätze α in Σ gilt v̄ (α) = w , dann auch v̄ (β) = w .
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Bemerkungen
Die Definition sagt also: Ein Satz folgt semantisch aus
bestimmten Prämissen, wenn immer dann wenn alle
Prämissen wahr sind, auch die Konklusion wahr ist.
Anders formuliert: Ein Satz folgt semantisch aus bestimmten
Prämissen, wenn es nicht möglich ist, dass alle Prämissen
wahr sind, während die Konklusion falsch ist.
Das “es ist nicht möglich, dass...” heißt bei uns nichts anderes
als “es gibt keine Bewertungsfunktion v (kein Modell, keine
Interpretation) bzgl. der...”
Man beachte auch, dass die Prämissenmenge Σ nicht endlich
sein muss - auch unendlich viele Prämissen sind zugelassen!
(Obwohl wir uns in der Regel nur für Argumente mit endlich
vielen Prämissen interessieren.)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Bemerkungen
Statt zu sagen “Der Satz β folgt semantisch aus den
Prämissen Σ” schreiben wir auch kurz: Σ β
Falls Σ β, so sagen wir auch: Das Argument hΣ, βi ist
(semantisch) gültig (valid).
Man beachte, dass ein gültiges Argument weder wahre
Prämissen noch eine wahre Konklusion haben muss! Sie sagt
nur: WENN die Prämissen wahr sind, so muss es auch die
Konklusion sein.
Ein gültiges Argument, das tatsächlich wahre Prämissen hat
heißt schlüssig (sound)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Problem
Wir haben hier zunächst nur definiert, was es heißt dass ein Satz
semantisch aus einer Menge von Sätzen folgt.
Aber wie können wir konkret entscheiden, ob ein gegebenes
Argument semantisch gültig ist.
Eine “brute-force-Methode” bieten Wahrheitstafeln, bei der
systematisch einfach alle relevanten Bewertungsfunktionen
(Modelle, Interpretationen) durchprobiert werden.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Wir wollen z.B. herausfinden, ob das AL-Argument mit den
Prämissen
Σ := {(p ∨ q), ¬p}
und der Konklusion
β := q
gültig ist.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Dazu probieren wir einfach - unter Anwendung der rekursiven
Klauseln in der Wahrheitsdefinition - alle möglichen
Bewertungsfunktionen durch!
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
v1
v2
v3
v4
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
(p ∨ q)
w
w
w
f
¬p
f
f
w
w
q
w
f
w
f
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Erläuterungen
In den ersten beiden stehen die atomaren Sätze, die im
Argument vorkommen
In den nächsten beiden Spalten stehen die Prämissen des
Arguments
In der letzten Spalte steht die Konklusion
Man geht dann einfach Zeile für Zeile alle relevanten
Interpretationen durch
In der ersten Zeile behandelt man etwa die
Bewertungsfunktion v1 , für die gilt: v1 (p) = v1 (q) = w
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Erläuterungen
Unter Anwendung der rekursiven Klauseln für die
Wahrheitswerte von komplexen Sätzen schreibt man nun in
der jeweiligen Zeile immer den Wahrheitswert des Satzes in
der jeweiligen Spalte.
Bzgl. der ersten Interpretation z.B. haben sowohl p als auch q
den Wahrheitswert w . Also hat auch (p ∨ q) den
Wahrheitswert w .
Bzgl. der dritten Interpretation hat p den Wahrheitswert f .
Also hat ¬p den Wahrheitswert w .
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Erläuterungen
Um nun entscheiden zu können, ob das in Frage stehende
Argument nun tatsächlich gültig ist oder nicht, müssen wir nur die
Zeilen, wo alle Prämissen wahr sind durchchecken und mit den
entsprechenden Wahrheitswerten der Konklusion “abgleichen”.
Per definitionem ist ein Argument ja genau dann gültig, wenn die
Konklusion in jedem Fall wahr ist, wo auch alle Prämissen wahr
sind.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
(p ∨ q)
w
w
w
f
¬p
f
f
w
w
q
w
f
w
f
Die einzige Zeile, in der alle Prämissen wahr sind, ist die dritte
Zeile - und dort ist auch die Konklusion wahr.
⇒ Das Argument ist gültig!
Man schreibt auch: {(p ∨ q), ¬p} q
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
(p → q)
w
f
w
w
¬p
f
f
w
w
¬q
w
f
w
f
Hier gibt es zwei Interpretationen, bzgl. der alle Prämissen wahr
sind (dritte und vierte Zeile) - aber in der vierten Zeile ist die
Konklusion falsch.
⇒ Das Argument ist nicht gültig !
Man schreibt auch: {(p → q), ¬p} 2 ¬q
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Bemerkung: Um ein Argument, dessen Sätze insgesamt n atomare
Satzbuchstaben enthalten mittels Wahrheitstafelmethode auf
semantische Gültigkeit zu überprüfen, muss man 2n
Interpretationen durchchecken!
⇒ sehr aufwändig!
Wir werden deshalb später effektivere Methoden kennenlernen, um
nachzuweisen, dass ein Argument gültig ist.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
p
w
w
w
w
f
f
f
f
q
w
w
f
f
w
w
f
f
r
w
f
w
f
w
f
w
f
(p → q)
w
w
f
f
w
w
w
w
¬q
f
f
w
w
f
f
w
w
p
w
w
w
w
f
f
f
f
r
w
f
w
f
w
f
w
f
Es gibt keine Interpretation bzgl. der alle Prämissen wahr sind also auch keine bzgl. der alle Prämissen wahr und die Konklusion
falsch wäre ⇒ Das Argument ist gültig!
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Im vorigen Argument waren die Prämissen widersprüchlich - es gab
keine Bewertungsfunktion, die alle Prämissen gemeinsam wahr
gemacht hätte. Damit ist die Definition von semantischer Gültigkeit
automatisch erfüllt! Denn wenn es keine Interpretation gibt, die
alle Prämissen wahr macht, gibt es erst Recht keine Interpretation,
die alle Prämissen wahr macht und die Konklusion falsch.
Aus widersprüchlichen Prämissen folgt semantisch alles!
⇒ Ex contradictione quodlibet
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Tautologien und Kontraditktionen
Wahrheitstafeln kann man auch benutzen, um zu entscheiden, ob
ein AL-Satz eine Tautologie oder eine Kontradiktion ist.
Definition
Eine AL-Formel α heißt Tautologie, falls für alle Interpretationen
v gilt: v̄ (α) = w
Definition
Eine AL-Formel α heißt Kontradiktion, falls für keine
Interpretation v gilt: v̄ (α) = w
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Bemerkungen
Eine Tautologie ist also definitionsgemäßeine Satz, der immer
wahr ist.
Beispiele aus der Umgangssprache sind Sätze wie “Wenn es
regnet, dann regnet es” oder “Markus geht ins Kino oder
Markus geht nicht ins Kino”.
Tautologien sind also Sätze, die wahr sind aufgrund ihrer
logischen Form. Weder ist der erste Satz wahr aufgrund
irgendwelcher Fakten bezüglich des Wetters, noch ist der
zweite wahr aufgrund irgendwelcher Tatsachen bzgl. Markus’
Freizeitverhalten.
Eine Kontradiktion auf der anderen Seite ist ein Satz, der
niemals wahr ist, z.B. “Es regnet und es regnet nicht”.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Um zu entscheiden, ob ein AL-Satz eine Tautologie bzw.
Kontradiktion ist, kann man wieder eine Wahrheitstafel machen:
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
p → (q → p)
w
w
w
w
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Erfüllbarkeit
Ein weiterer wichtiger semantischer Begriff ist der der Erfüllbarkeit:
Definition
Eine Menge von AL-Sätzen Σ heisst erfüllbar, wenn es mindestens
eine Interpretation v gibt, sodass für alle Sätze α in Σ gilt:
v̄ (α) = w
Wir nennen auch einzelne Sätze α erfüllbar, nämlich dann wenn es
mindestens eine Interpretation gibt, bzgl. der α wahr ist.
Wieder kann man Wahrheitstafeln benutzen, um zu entscheiden ob
eine Satzmenge erfüllbar ist (zumindest wenn es sich um endliche
Satzmengen handelt)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
p→q
w
f
w
w
¬q
f
w
f
w
⇒ {(p → q), ¬q} ist erfüllbar.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Bemerkungen
Man beachte, dass eine endliche Menge von Sätzen, etwa
{α1 , α2 , ...αn }, genau dann erfüllbar ist, wenn die Konjunktion
dieser Sätze (α1 ∧ α2 ∧ ... ∧ αn ) erfüllbar ist.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
(p → q) ∧ ¬q
f
f
f
w
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Erfüllbarkeit von endlichen Satzmengen kann also zurückgeführt
werden auf Erfüllbarkeit von einzelnen Sätzen.
Man beachte jedoch, dass der allgemeine Begriff der Erfüllbarkeit
auch für unendliche Satzmengen definiert ist!
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Für endliche Prämissenmengen Σ kann auch der Begriff der
semantischen Folgerung zurückgeführt werden - nämlich auf den
Begriff der Tautologie.
Angenommen etwa man hat die endliche Prämissenmenge
Σ := {α1 , α2 , ...αn } und die Konklusion β. Will man das Argument
auf Gültigkeit untersuchen, so kann man einfach den Satz
(α1 ∧ α2 ∧ ... ∧ αn ) → β
darauf überprüfen, ob es sich um eine Tautologie handelt. Der
Grund dafür liegt einerseits in unserer Definition des semantischen
Folgerungsbegriffes, andererseits in den semantischen Festlegungen
bzgl. der Junktoren ∧ und →.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Laut unserer Definition des semantischen Folgerungsbegriffs folgt
nämlich β aus den Prämissen α1 , ...αn genau dann, wenn es keine
Interpretation gibt, bzgl. der alle Prämissen wahr, aber die
Konklusion falsch ist.
M.a.W.: β folgt aus den Prämissen α1 , ...αn genau dann wenn es
keine Interpretation gibt, bzgl. der die Konjunktion aller Prämissen
wahr, aber die Konklusion falsch ist.
M.a.W.: β folgt aus den Prämissen α1 , ...αn genau dann wenn es
keine Interpretation gibt, bzgl. der das Konditional, bestehend aus
der Konjunktion aller Prämissen sowie der Konklusion β falsch ist.
M.a.W.: β folgt aus den Prämissen α1 , ...αn genau dann wenn das
Konditional, bestehend aus der Konjunktion aller Prämissen und
der Konklusion, bzgl. jeder Interpretation wahr - also eine
Tautologie - ist.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Wir wollen zeigen, dass das Argument {(p ∨ q), ¬p} q gültig ist.
Wir prüfen dazu, ob die Formel ((p ∨ q) ∧ ¬p) → q eine Tautologie
ist.
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
((p ∨ q) ∧ ¬p) → q
w
w
w
w
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Eine weitere Möglichkeit mit Hilfe von Wahrheitstafeln zu testen,
ob ein Argument mit endlich vielen Prämissen α1 , ...αn und der
Konklusion β gültig ist, besteht darin zu testen, ob die
Konjunktion (α1 ∧ ... ∧ αn ∧ ¬β) kontradiktorisch ist.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
β folgt ja semantisch aus α1 , ...αn genau dann wenn es keine
Interpretation gibt in der alle Prämissen wahr aber die Konklusion
falsch ist.
M.a.W.: β folgt semantisch aus α1 , ...αn genau dann wenn es keine
Interpretation gibt in der alle Prämissen sowie die Negation der
Konklusion wahr sind.
M.a.W.: β folgt semantisch aus α1 , ...αn genau dann wenn es keine
Interpretation gibt, wo die Konjunktion aller Prämissen und der
Negation der Konklusion wahr ist.
M.a.W.: β folgt semantisch aus α1 , ...αn genau dann wenn
((α1 ∧ ... ∧ αn ) ∧ ¬β) in jeder Interpretation falsch - also eine
Kontradiktion - ist.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Um zu testen, ob {(p ∨ q), ¬p} q gilt, testen wir, ob die Formel
((p ∨ q) ∧ ¬p) ∧ ¬q kontradiktorisch ist.
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
((p ∨ q) ∧ ¬p) ∧ ¬q
f
f
f
f
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Semantische Äquivalenz
Definition
Zwei AL-Formeln α heißen semantisch äquivalent wenn sowohl
{α} β als auch {β} α
Sind zwei Formeln semantisch äquivalent, so schreiben wir auch
α β
Zwei Formeln kann man wieder mittels Wahrheitstafeln auf
semantische Äquivalenz hin überprüfen.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Beispiel
Folgende Tafel zeigt etwa, dass die Formeln (p ∧ q) und
¬(p → ¬q) semantisch äquivalent sind:
p
w
w
f
f
q
w
f
w
f
(p ∧ q)
w
f
f
f
¬(p → ¬q)
w
f
f
f
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Weitere Äquivalenzen
Allgemein gelten für beliebige Formeln α, β, γ die folgenden
Äquivalenzen:
α ∧ (β ∨ γ) (α ∧ β) ∨ (α ∧ γ)
α ∨ (β ∧ γ) (α ∨ β) ∧ (α ∨ γ) (Distributivgesetze)
¬(α ∧ β) ¬α ∨ ¬β
¬(α ∨ β) ¬α ∧ ¬β (De Morgan’sche Gesetze)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Funktionale Vollständigkeit
Was das vorige Beispiel zeigt ist, dass es für jede Formel, die ein
“∧” enthält, auch eine dazu semantisch äquivalente Formel gibt,
die “∧” nicht enthält!
Wir würden also nichts an Ausdrucksstärke verlieren, wenn wir auf
den Junktor “∧” verzichtet hätten und jede Formel (α ∧ β) durch
¬(α → ¬β) ersetzen würden.
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Funktionale Vollständigkeit
Folgende Äquivalenzen können ebenfalls zur Einsparung von
Junktoren benutzt werden:
α → β ¬(α ∧ ¬β)
α ∨ β ¬α → β
α → β ¬α ∨ β
α ∧ β ¬(¬α ∨ ¬β)
α ∨ β ¬(¬α ∧ ¬β)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
Funktionale Vollständigkeit
Mengen von Junktoren, mittels derer man alle anderen Junktoren
ausdrücken kann, nennt man funktional vollständig.
(Nebenbemerkung: Genauer gesagt nennt man eine Menge von
Junktoren funktional vollständig, wenn sich mit ihrer Hilfe alle
Wahrheitswertfunktionen darstellen lassen
Unter einer n-stelligen Wahrheitswertfunktion versteht man hier
eine Funktion η : {w , f }n −→ {w , f }, also eine Funktion, die jedem
n-Tupel von Wahrheitswerten einen Wahrheitswert zuordnet.)
Grundkurs Logik - 2. Einheit
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