1. Dezember 2005

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3. Photochemie und Reaktionskinetik
3.1 Allgemeine Grundlagen
In Molekülen sind Atome durch chemische Kräfte gebunden.
Manche Moleküle sind reaktiver (z.B. Stickoxide) als andere (z.B. Kohlendioxid).
Welche chemischen Reaktionen sind möglich und
wie schnell können diese ablaufen?
Einteilung der Reaktionsprozesse in der Atmosphäre
ƒ Thermische bzw. Photolyse Reaktionen
ƒ Phase der beteiligten Substanzen
ƒ Abgabe/Aufnahme von Wärmeenergie während der Reaktion
ƒ Anzahl der beteiligten Moleküle (Molekularität)
Phase der beteiligten Substanzen
Reaktionen sind
homogen
+
ƒ alle reagierenden
Substanzen (Reaktanden)
befinden sich in der gleichen
Phase
ƒ in der Atmosphäre generell
reine Gasphasenchemie
oder
heterogen
+
ƒ Reaktionen von Stoffen
unterschiedlicher Phase;
Gase + flüssig/fest
ƒ z.B. Wolkenchemie,
Reaktionen an Oberflächen
von polaren stratosphärischen Wolken (PSC)
Thermische und Photolyse Reaktionen
Bei thermischen Reaktionen wird die Reaktion durch Kollision oder
Intervall der Molekülvibrationen verursacht
ƒ Dekomposition: aus einer Spezies werden zwei
ƒ Kombination: aus zwei Spezien wird eine
ƒ Disproportion: aus zwei Spezien werden zwei andere
In photochemische Reaktionen wird die für die Reaktion nötige Energie
durch Absorption eines Photons erzielt. Nach Absorption eines Photons
kann es zu verschiedenen Prozessen kommen:
ƒ Kollisionsdeaktivierung: angeregtes Molekül wird bei Kollision mit
einem anderen deaktiviert
ƒ Photodissoziation: Spezies "vibriert" auseinander
ƒ Direkte Reaktion: angeregte Spezies reagiert direkt mit anderem
Molekül
ƒ ....
Abgabe/Aufnahme von
Wärmeenergie Q während der Reaktion
Reaktionen sind
endotherm
Q>0
oder
exotherm
Q<0
Bei jeder chemischen Reaktion wird Energie in Form von Wärme
aufgenommen oder freigesetzt.
Einige Reaktionen verlaufen exotherm, was bedeutet, dass sie Energie abgeben
und durch Abkühlung zu beschleunigen sind.
Andere Reaktionen verlaufen endotherm, was bedeutet, dass sie Energie
verbrauchen und durch Erhitzen beschleunigt werden können.
Q = ΔHR = ΣΔHf(Produkte) - ΣΔHf(Edukte)
Bildungsenthalpie ∆H
Bildungsenthalpie (ΔHf) oder Wärmeinhalt einer chemischen Verbindung
bezeichnet die Energie, die für ihre Entstehung aus den Grundkonstitutionen
(z.B. N2, O2, S,..) bei gegebenen Druck und Temperatur aufgewendet wird.
Die Reaktionsentalpie (ΔHR) ist die Differenz aus der Bildungsenthalpie (ΔHf)
der Produkte (Endstoffe) und der Bildungsenthalpie der Edukte (Ausgangsstoffe).
Beispiel: Ozonkombination
O + O2 + M → O3 + M
Zum Aufbrechen der O2 Bindung durch
Photolyse werden ca. 500 kJ/mol benötigt
Q = ΔHR = ΣΔHf (Produkte) - ΣΔHf(Edukte)
Q=
ΔH
exotherm
A+B
ΔHO3 + ΔHM - ΔHO– ΔHC2 – ΔHM
143
= -107 kJ/mol
250
C+D
0
A+B
→
C+D
Edukte
Produkte
Reaktionsweg
-Q
Methan-Abstraktion
Beispiel: Abgabe eines MethanWasserstoffatoms an das
Hydroxyl-Radikal
CH 4 + OH → CH 3 + H 2O
Q = ΔHR = ΣΔHf (Produkte) - ΣΔHf(Edukte)
Q=
ΔHCH3 + ΔHH2O – ΔHCH4 – ΔHOH
145.8
-242.2
-75
+39
= -60.4 kJ/mol
ƒ Abstraktion Trennung des Wasserstoffatoms einer wasserhaltigen Substanz
ƒ Radikale besitzen eine ungerade Anzahl von Elektronen und sind daher
sehr reaktiv, werden oft mit ⋅ gekennzeichnet
ƒ Propagation - Initiierung einer Kettenreaktion, da CH3-Radikal (Methylradikal)
weitere Reaktionsschritte verursacht
ƒ Disproportionierung – freie Radikale reagieren
miteinander und bilden zwei Moleküle, z.B.
ƒ Rekombination – freie Radikale bilden ein
einziges Produkt, z.B.
HO& 2 + HO& 2 → H 2O2 + O2
HO& 2 + NO& 2 + M → HNO3 + M
Temperaturabhängigkeit der
Bildungsenthalpie
ƒ Bildungenthalpien ΔHo liegen für die Standardwerte von Temperatur
(298.15 K) und Druck (1013 hPa) tabelliert vor.
T
ƒ Temperaturkorrektur entsprechend
der Wärmekapazität Cp bei konstantem
Druck
o
ΔH T = ΔH 298
.15 K +
∫C
298.15 K
ƒ Korrektur i.A. klein für den atmosphärischen Temperaturbereich, so
dass meistens die tabellierten Werte ohne Korrektur übernommen
werden können.
p
dT
Tabellierte Werte
Grundzustände
Energiezustände von Atomen und
Molekülen
O( 3 P) + H 2O → OH + OH
Q=
ΔHOH + ΔHOH - ΔHO3P - ΔHH2O
9.3
9.3
= 16.9 kcal/mol
59.5
-57.8
endotherm
O(1 D) + H 2O → OH + OH
Q=
ΔHOH + ΔHOH - ΔHO1D - ΔHH2O
9.3
9.3
104.8
= -28.3 kcal/mol
1 kcal = 4.184 kJ
exotherm
Auch Absorption eines Photons kann eine endotherme
Reaktion in eine exotherme Reaktion Konvertieren
-57.8
Spontanität einer Reaktion
ƒ alle Systeme streben den Zustand niedrigster Energie an
ƒ alle Systeme den Zustand maximaler Entropie an - die Unordnung
nimmt spontan zu
Bei gegebener Temperatur T und konstantem Druck läuft ein Prozess nur
dann spontan ab, wenn die freie Energie G dabei erniedrigt wird, dG < 0.
Dies kann auch entweder durch Enthalpieerniedrigung (dH < 0, Wärme wird
freigesetzt), durch Entropieerhöhung (dS >0) oder Kombination erreicht
werde..
dS ≥
dQ
T
TdS ≥ dQ = dH
Definition der Gibbs Energie
Aus Thermodynamik für p=const.
ΔG = ΔH − TΔdS
ΔGR = ΣΔGf(Produkte) - ΣΔGf(Reaktanden)
Wenn ΔGR <0 kann Reaktion spontan ablaufen
In der Atmosphäre ist ΔS generell recht klein, so dass es meist vernachlässigt
werden kann
Molekularität einer Reaktion
Anzahl der beteiligten Moleküle
Beispiele
unimolekular
AB
→ A+B
N 2O5 → NO2 + NO3
bimolekular
A+B
→ C+D
Cl + O3 → ClO + O2
trimolekular
A + B + M → AB + M
NO2 + NO3 + M → N 2O5 + M
ƒ Stoßpartner M ist unreaktiv (N2,O2)
ƒ Trimolekulare Reaktionen kommen besonders häufig vor, da stabiles
Reaktionsprodukt nur entsteht, wenn freiwerdende Energie abgeführt wird
(durch Bewegungsenergie des Stoßpartners)
ƒ Trimolekulare Reaktionen sind schneller bei niedrigen Temperaturen, da so
langsamere Annäherung der Reaktionspartner
stabilerer Übergang zu M
Struktur photochemischer
Bilanzgleichungen
ƒ Chemische Kinetik gibt Antwort auf die Frage, wie schnell eine Reaktion
abläuft.
ƒ Aus den Reaktionen lassen sich Bilanzgleichungen erstellen, die Aufschluss
über die zeitliche Änderung der Konzentration der beteiligten Komponenten
geben.
[A] Teilchenzahldichte von A [Teilchen cm-3]
A+ B → C + D
R = k [ A] [ B]
R
Reaktionsrate [Anzahl cm-3 s-1]
k
Reaktionsratenkonstante [cm3 s-1]
ƒ Die Reaktionsgeschwindigkeit R, oder auch Reaktionsrate
genannt, ist die Anzahl der Reaktionen pro Volumen- und
Zeiteinheit
für bimolekulare
Reaktion
ƒ Die Reaktionsratenkonstante k, oder Ratenkoeffizient beschreibt die
Änderung der Konzentration [A] in Teilchen pro Volumen als:
R=−
d [ A]
d [ B] d [C ] d [ D]
=−
=
=
dt
dt
dt
dt
Ordnung einer Reaktion
xA +yB → Produkte
R=[A]x [B]y
x
Ordnung von A
y
Ordnung von y
x+y Ordnung der Reaktion
unimolekular
AB
→ A+B
Reaktion 1. Ordnung
k [s-1]
bimolekular
A+B
→ C+D
Reaktion 2. Ordnung
k [cm3 s-1]
trimolekular
A + B + M → AB + M
Reaktion 3. Ordnung
k [cm6 s-1]
Reaktion 1. Ordnung
AB → A + B
d [ AB] d [ A] d [ B]
R=−
=
=
= k[ AB]
dt
dt
dt
d [ AB ]
= − k dt
[ AB]
k
Reaktionsratenkonstante [s-1]
τ
chemische Lebensdauer
Integration über
die Zeit
[ AB ] = [ ABo ] exp(− kt )
Die Zeit, die es dauert bis [AB] auf 1/e
seiner ursprünglichen Konzentration [AB0]
gefallen ist, daher ist τ=1/k
chemische Lebensdauer von A.
[AB]
[ABo]
0.37
τ
t
Voraussetzung für bimolekulare Reaktion
ƒ Moleküle A und B müssen miteinander kollidieren
ƒ nur ein geringer Anteil der Kollisionen unter den Molekülen führt zu einer
Reaktion, da während der kurzen Reaktionszeit von ca. 10-12 s die alten
molekularen Bindungen aufgebrochen und neue gebildet werden müssen
ƒ während der gegenseitigen Annäherung gehen die anfänglich
unabhängigen Reaktanden in einen Zwischenzustand über, in dem sie
chemisch wechselwirken.
ƒ Dieser Übergangszustand wird nur erreicht, falls die Reaktanden
genügend Energie besitzen, um die
Aktivierungsschwelle zu überwinden
ƒ Die benötigte Energie nennt man
Aktivierungs- oder Anregungsenergie EA. Mit fortschreitender
Reaktion gibt das System Energie ab.
ƒ Der Unterschied zwischen den
Bildungsenthalpien der Reaktanden
und der Produkte entspricht
der Reaktionsenthalpie ΔHR.
A + BC → ABC *
ABC * → A + BC
Aktivierungsenergie EA
ƒ Die Ratenkoeffizienten und somit auch die Reaktionen sind
temperaturabhängig.
ƒ Entsprechend dem schwedischen Chemiker Swante Arrhenius gilt die
Arrhenius-Formel
⎛ EA ⎞
k (T ) = A exp⎜ −
⎟
⎝ RT ⎠
A
präexponentieller Faktor
R
Gaskonstante
- Kollisionsrate ist Maximalwert für A
- Beschränkung durch Molekülausrichtung,
Rotations- und Schwingungszustände
EAR
EAR Aktivierungsenergie in
Rückwärtsrichtung
⎛ EA ⎞
k (T ) = A exp⎜ −
⎟
⎝ RT ⎠
Einige Beispiele
⎛ EA ⎞
k (T ) = A exp⎜ −
⎟
⎝ RT ⎠
A
präexponentieller Faktor
R
Gaskonstante
Ozonkonzentration in der Troposphäre
O + O2 + M → O3 + M
l1
O3 + NO
k1
→
NO2 + O2
O3 + NO
k2
→ NO
O3 + hν
J1
→
O2 + O
*
2
+ O2
⎛ 300 ⎞
l1 = 6.2 ⋅10 −34 ⎜
⎟
⎝ T ⎠
2
[cm 6 s −1 ]
⎛ − 2100 ⎞
3 −1
k1 = 5.0 ⋅10 −14 T exp⎜
⎟ [cm s ]
⎝ T ⎠
⎛ − 1200 ⎞
3 −1
k 2 = 5.0 ⋅10 −14 T exp⎜
⎟ [cm s ]
⎝ T ⎠
J1 Photodissoziationskoeffizient [s-1]
d [O 3 ]
Quellen
= + l1[O][O3 ][ M ]
dt
− k1[O3 ][ NO] − k 2 [O3 ][ NO ] − J1[O3 ] Senken
Zur Berechnung des Gleichgewichts muss
Differentialgleichung gelöst werden, siehe 3.4
3.2 Photochemische Reaktionen
- Strahlung und BindungsenergienWirkung solarer Strahlung auf atmosphärische Bestandteile
Anregung "excitation"
Elektronen auf höheres
Energieniveau, Erhöhung
der Vibrationsenergie
E = N A hν =
=
119625
λ
Aufspaltung (Photolyse)
ƒ Ionen (geladene Teilchen
ƒ Atome (ungeladen gerade
Elektronenzahl)
N A hc
ƒ Radikale, molekulare
Bruchstücke mit ein oder
mehreren ungesättigten
Elektronenpaaren
λ
[kJ / mol ]
mit λ in [nm]
O2 + hν → O + O
Q=
2ΔHO – ΔHO2 –hc/λ
2 x 249 0
= 498 kJ/mol - 119625/λ
λ<240 nm
hν
Energie eines Photons [J]
NAhν Energie zur Spaltung eines Mols [J mol-1]
NA= 6.022 ⋅ 1023 mol-1 Avogadro-Konstante
Planck Wirkungsquantum
h= 6.6 ⋅ 1034 J s-1
c= 3 ⋅ 108 m s-1
Lichtgeschwindigkeit
Phototodissoziation
Name
E = N A hν =
=
119625
λ
N A hc
λ
[kJ / mol ]
O3 + hν → O2 + O
Q=
ΔHO + ΔHO2 – ΔHO3 -hc/λ
249 0
-142
= 107 kJ/mol - 119625/λ
119625
λ <
= 1120 nm
107
Wellenlänge [nm] E [kJ/mol]
170
190
210
230
250
280
VIS
Rot
Orange
Gelb
Grün
Blau
Violett
700
620
580
530
470
420
Nahes
Ultraviolett
400-200
300-600
Fernes
Ultraviolet
200-50
600-2400
CO2:
H2O:
O2:
O3:
λ < 165 nm
λ < 180 nm
λ < 240 nm
λ < 1120 nm
Phototodissoziation in der Atmosphäre
CO2:
H2O:
O2:
O3:
λ < 165 nm
λ < 180 nm
λ < 240 nm
λ < 1120 nm
kürzeste Wellenlänge für
Photochemie der Troposphäre ist 290 nm
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