Pflege kompakt Leitfaden kardiologische Pflege Bearbeitet von Susanne Danzer 1. Auflage 2009. Taschenbuch. Paperback ISBN 978 3 17 019068 9 Format (B x L): 12 x 16,8 cm Gewicht: 149 g Weitere Fachgebiete > Medizin > Klinische und Innere Medizin > Kardiologie, Angiologie, Phlebologie Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 1 Lage, Größe und Form des Herzens Das Herz (Cor) ist der Motor des Körpers. Es ist dafür verantwortlich, das Blut durch die Blutgefäße in das Herzkreislaufsystem, auch kardiovaskuläres System genannt, zu pumpen, um somit den gesamten Körper mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen und Stoffwechselprodukte und Kohlendioxid abzutransportieren. Das kardiovaskuläre System wird in zwei Teile unterteilt: Den kleinen Lungenkreislauf, über den das sauerstoffarme Blut vom Herzen zur Lunge gelangt, wo es mit Sauerstoff angereichert wird. Aus der Lunge gelangt das Blut in den großen Körperkreislauf, der das sauerstoffreiche Blut in die Peripherie und von dort, über die Kapillaren, wieder zurück zum Herzen bringt. Die Größe des Herzens entspricht etwa der Faust des betreffenden Menschen und wiegt ca. 300 Gramm. Die Form lässt sich als Kegel beschreiben, der mit der Spitze nach unten schräg nach links im Mediastinum liegt. Durch die Herzscheidewand, das Septum cardiale, wird das Herz in eine rechte und eine linke Hälfte unterteilt. Es besitzt vier Herzkammern: • • • • den rechten Vorhof (Atrium dextrum), die rechte Kammer (Ventriculus dexter), den linken Vorhof (Atrium sinistrum), die linke Kammer (Ventriculus sinister). 13 © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart Das Herz liegt zwischen den beiden Lungenflügeln im Mediastinum. Nach hinten grenzt es an die Speiseröhre und Aorta. Vorn reicht es bis an die Rückseite des Sternums und sitzt unten auf dem Zwerchfell auf. Abb. 2: Das Herz (Fa. Biotronik) 14 © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart Abb. 1: Blutkreislauf (Fa. Biotronik) 2 Diagnostische Möglichkeiten 2.1 Inspektion • periphere Zyanose (an Fingerspitzen, Zehen, Lippen, Wangen), z. B. bei Herzinsuffizienz, venöser oder arterieller Obstruktion (Embolie, Thrombose), • zentrale Zyanose (zusätzliche Blaufärbung der Zunge und der Schleimhäute), z. B. bei Shunt-Vitien, Störungen der Lungenfunktion, • Venenstauung der Halsvenen, z. B. bei dekompensierter Herzinsuffizienz, Rechtsherzinsuffizienz, Trikuspidalklappeninsuffizienz, • Einflussstauung als massive Stauung der Halsvenen, verbunden mit bläulichroter Verfärbung des Gesichts, z. B. bei schwerer Lungenembolie, hämodynamisch wirksamen Perikarderguss, Panzerherz, • verbreiterter, hebender Herzspitzenstoß bei hypertrophiertem Ventrikel, z. B. bei Aortenstenose, arterieller Hypertonie, • Facies mitralis („Mitralbäckchen“ → bläulichrote Gesichtsverfärbung) bei Mitralstenose, • starkes Pulsieren der Carotiden, Musset-Zeichen (pulssynchrones Kopfnicken) und Quinckscher Kapillarpuls (pulssynchrones Erröten und Abblassen an der Stirn oder am Nagelbett) bei schwerer Aorteninsuffizienz, • blasse, schweißige Haut, z. B. kardiogener Schock (Symptome dafür sind Blutdruckabfall, Zentralisation oder Minderperfusion lebenswichtiger Organe mit Oligurie, kalte, schweißige, oft auch marmorierte Haut, Bewusstseinsstörung bis hin zur Bewusstlosigkeit) oder Lungenödem, • Trommelschlägelfinger bei angeborenen Vitien mit RechtsLinks-Shunt, 15 © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart Bei kardiologischen Patienten lassen sich folgende typische Zeichen erkennen: • Voussure („Herzbuckel“) → Vorwölbung des Thorax über dem Herzen bei rechtsventrikulär druckbelastenden angeborenen Vitien, • Petechien der Schleimhäute, „Splinter“-Blutungen (kleine, streifenartige Einblutungen unter den Nägeln) und „Osler“Splits (kleine, rote, schmerzhafte Knötchen, vor allem an den Fingerbeeren) bei subakuter bakterieller Endokarditis), • Janeway-Flecken (harte, rötliche, evtl. ulzerierende Läsionen im Unterhautfettgewebe der Handflächen und Fußsohlen), Roth-Flecken (kleine, flammendrote Einblutungen mit abgeblasstem Zentrum) auf der Netzhaut bei bakterieller Endokarditis. Palpation Das Palpieren des Pulses ist die beste Möglichkeit, um schon eine erste Aussage über die Frequenz und Qualität des Herzschlags zu treffen. Neben der Frequenz sind auch Regelmäßigkeit und Stärke feststellbar. Am besten eignet sich die A. radialis zum Ertasten des Pulses. Vorsicht ist jedoch bei Patienten mit z. B. Vorhofflimmern geboten. Hier kann es sein, dass nicht alle Pulsschläge an der A. radialis ertastet werden können. Dann ist es besser, den Puls an der A. carotis zu tasten oder den Puls über ein Stethoskop am Brustkorb abzuhören. 2.3 EKG Die EKG-Kurve ist eine graphische Aufzeichnung der elektrischen Ströme während der Herztätigkeit. Aus Veränderungen des EKG lassen sich Störungen der Herzfunktion ablesen, wie zum Beispiel Durchblutungsstörungen des Herzmuskels (Angina pectoris, Herzinfarkt) und Herzrhythmusstörungen. 16 © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart 2.2 Das Standard-EKG besteht aus 12 Ableitungen: 6 Extremitätenableitungen: I, II, III (Einthoven-Ableitungen) und aVR, aVL, aVF (Goldberger-Ableitungen), • aVR = rechter Arm, • aVL = linker Arm, • aVF = linker Fuß, 6 Brustwandableitungen: V1 bis V6 (Wilson-Ableitungen) • V1 = rechts parasternal (am Sternumrand) im 4. ICR (Interkostalraum), • V2 = links parasternal im 4. ICR, • V3 = auf der 5. Rippe zwischen V2 und V4 (etwas oberhalb der Herzspitze), • V4 = in der linken Medioklavikularlinie (MCL) im 5. ICR links (Herzspitze, bei Patientinnen mit großen Brüsten wird die Elektrode unter der Brustfalte befestigt), • V5 = vordere Axillarlinie (am vorderen Rand der Achselhöhle) links in Höhe V4, • V6 = mittlere Axillarlinie in Höhe V4. Belastungs-EKG Beim Belastungs-EKG wird der Patient auf einem Fahrrad sitzend oder auf einem Laufband gehend in steigenden Belastungsstufen (zweiminütlich ansteigend) unter fortlaufender EKG-Registrierung belastet. Indikationen für ein Belastungs-EKG: • Verlaufskontrolle einer koronaren Herzkrankheit während/ nach Therapie, • Verlaufskontrolle einer arteriellen Hypertonie während/nach Therapie, • Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit nach einem Herzinfarkt und/oder einem invasiven Eingriff am Herzen (Ballondilatation, Bypass-Operation), • Diagnostik und Therapiekontrolle belastungsabhängiger Herzrhythmusstörungen. 17 © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart 2.3.1 Kontraindikationen für ein Belastungs-EKG: • schwere arterielle Hypertonie, • schwere Herzinsuffizienz, • drohender oder frischer Herzinfarkt, • instabile Angina pectoris, • schwere, hochgradige Aortenklappenstenose, • schwere Herzrhythmusstörungen, • Myokarditis, • fieberhafte Erkrankungen. Abbruchkriterien für ein Belastungs-EKG: • Angina pectoris, • schwere Atemnot, • Erreichen der maximalen Herzfrequenz (Herzfrequenz 220 minus Lebensalter), • komplexe Herzrhythmusstörungen, • EKG-Veränderungen, • Blutdruckanstieg über 250/130 mmHg oder Blutdruckabfall, • Claudicatio, • Zyanose, • Schwindel, • Kopfschmerzen, • Erschöpfung. Langzeit-EKG Hierbei wird über mindestens 24 Stunden der Herzschlag und Herzrhythmus mit Hilfe eines Speichergeräts registriert und anschließend die Aufzeichnung analysiert. Indikationen für ein Langzeit-EKG: • Erkennung und Klassifizierung von Herzrhythmusstörungen, • Abklärung von Synkopen, • Überwachung und Beurteilung antiarrhythmischer Therapie, • Schrittmacherkontrolle. 18 © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart 2.3.2 Sonderformen: • Holter-EKG: Hierbei handelt es sich um ein EKG-Aufzeichnungsgerät, das unter die Haut implantiert wird. Bei Herzrhythmusstörungen aktiviert der Patient mittels eines mitgeführten Auslösemechanismus die Aufzeichnung der Rhythmusstörungen, die später per Computer abgefragt und analysiert werden kann. • Telemetrie: Hierbei bekommt der Patient einen Funksender umgehängt, der die EKG-Signale an einen zentralen Rechner mit angeschlossenem Monitor weiterleitet. Auf dem Monitor kann der momentane Herzrhythmus des Patienten abgelesen werden. 2.4 Herzkatheter © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart Es gibt sowohl diagnostische als auch therapeutische Herzkatheter. Abb. 3: Ballonkatheter (Fa. Biotronik) 19 Abb. 4: Herzkatheter (Fa. Biotronik) 2.4.1 Diagnostische Herzkatheter Sie werden eingesetzt bei Coronarangiographie, Linksherzkatheter, Rechtsherzkatheter, Einschwemmkatheter, transeptale Punktion, elektrophysiologische Untersuchung (EPU). 2.4.2 Therapeutische Herzkatheter Sie finden Anwendung bei den folgenden Therapien: • • • • • • • • 20 Perkutane transluminale Coronarangioplastie (PTCA), Stentimplantation, Atherektomie, Rotablation, Valvuloplastie (PTMC), Hochfrequenz-Katheterablation, Modifikation, ASD-Verschluss, PFO-Verschluss, Septalastverödung. © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart • • • • • 2.4.3 Indikationen zur invasiven kardiologischen Diagnostik • Koronare Herzkrankheit – stabile Belastungs-Angina-Pectoris, – instabile Angina pectoris (AP), – atypische Angina pectoris, • akuter Myokardinfarkt – vor primärer PTCA, – frustrane Lyse, – kardiogener Schock, – mechanische Komplikationen (z. B. Ventrikelseptumruptur, akute Mitralinsuffizienz), • Zustand nach Reanimation, • erworbene Herzklappenfehler, • angeborene Herzfehler, • Aortendissektion, • Perikarderkrankungen, • Kardiomyopathien, • nach Herztransplantation, • vor herzchirurgischen Eingriffen (z. B. zum Ausmessen des Klappendurchmessers, vor Entfernung von Herztumoren, vor Bypass-Operationen usw.), • vor elektrophysiologischer Diagnostik ventrikulärer Herzrhythmusstörungen. • • • • • • • • Relative Kontraindikationen gegen die Durchführung einer diagnostischen Herzkatheterisierung © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart 2.4.4 Dekompensierte Herzinsuffizienz, unkontrollierte arterielle Hypertonie, Niereninsuffizienz, Kontrastmittelallergie, unbehandelte Elektrolytstörungen, Infektion/Fieber, Hyperthyreose, Antikoagulation, Blutgerinnungsstörungen, 21 • akute gastrointestinale Blutung, • Medikamentenüberdosierung/-intoxikation (z. B. Digitalis), • Schwangerschaft. 2.4.5 • • • • • • • • • • • Komplikationen Tod, Myokardinfarkt, zerebrale Ischämie, Herzrhythmusstörungen (Kammertachykardien, Kammerflimmern, Vorhofflimmern, AV-Blockierungen), lokale Gefäßkomplikationen (Hämatom, Aneurysma spurium, AV-Fistel), Dissektion der A. femoralis, A. iliaca oder der Aorta, Perforation des Herzens, Perikardtamponade, Kontrastmittelunverträglichkeit, akutes Nierenversagen, vasovagale Reaktion, Katheterfraktur und -embolie. • • • • • • • Lokales Hämatom, Nachblutung, retroperitoneales Hämatom, Aneurysma spurium, arteriovenöse Fistel, arterielle Embolie, Becken-/Beinvenenthrombose. 2.4.5.2 Aneurysma spurium Ein neben dem Gefäß gelegene und mit diesem kommunizierende Blutungshöhle, deren Wand aus dem umliegenden Gewebe gebildet wird. Es steht über einen „Verbindungsstiel“ mit der Arterie in Verbindung. Eine Auswölbung der Gefäßstruktur entsteht dabei nicht. 22 © 2009 W. Kohlhammer, Stuttgart 2.4.5.1 Vaskuläre Komplikationen nach Herzkatheter