Julius-Maximilians-Universität Würzburg Fakultät für Mathematik und Informatik Institut für Mathematik Wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines BACHELOR OF SCIENCE Kettenbruchentwicklung in algebraischen Zahlkörpern Verfasser: Hans Höngesberg 25. Juli 2013 Betreuer: Prof. Dr. Jörn Steuding Inhaltsverzeichnis 1 Einführung 3 2 Algebraische Grundlagen 4 2.1 Algebraische Zahlkörper und Ganzheitsringe . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2 Quadratische Zahlkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3 Geometrie der Zahlen 7 3.1 Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.2 Parkettierungen der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.3 Der euklidische Algorithmus in imaginär-quadratischen Zahlkörpern . . . 11 4 Allgemeine Kettenbruchentwicklungen 13 4.1 Endliche Kettenbrüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.2 Unendliche Kettenbrüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 5 Kettenbrüche im Sinne von Hurwitz 17 5.1 Die Menge der Teilnenner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 5.2 Kettenbruchentwicklung nach nächsten Ganzen . . . . . . . . . . . . . . 18 6 Kettenbruchentwicklungen in imaginär-quadratischen Zahlkörpern 19 6.1 Kettenbruchentwicklung nach nächsten ganzen gaußschen Zahlen . . . . . 19 6.2 Nicht-normeuklidische imaginär-quadratische Zahlkörper . . . . . . . . . 22 7 Übertragung auf Kreisteilungskörper 23 7.1 Einheitswurzeln und Kreisteilungskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 7.2 Scheitern der Hurwitzschen Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 7.3 Abwandlung der Kettenbruchentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Literatur 32 Erklärung zur wissenschaftlichen Redlichkeit 33 2 I’d never been on a farm and am not even sure which are begonias, dahlias or petunias. Plants, like algebra, have a habit of looking alike and being different, or looking different and being alike; consequently mathematics and botany confuse me.1 (Elenore Smith Bowen) 1 Einführung Im Jahre 1888 veröffentlicht Adolf Hurwitz in [Hur88] zwei Kettenbruchentwicklungen h√ i nach nächsten ganzen Zahlen, zum einen für den Ring Z −1 der Gaußschen Zahlen, h i √ −1+ −3 2 der Eisensteinzahlen. Diese beiden Ringe stellen √ jeweils die Ganzheitsringe des Gaußschen Zahlkörpers Q −1 bzw. des dritten Kreis√ teilungskörpers Q −3 dar, insbesondere sind beides quadratische Zahlkörper. Hilde zum anderen für den Ring Z Gintner liefert mit ihrer Dissertation [Gin36] aus dem Jahre 1936 schließlich einen Bei- trag zur vollständigen Lösung des Problems der Kettenbruchentwicklung nach nächsten ganzen Zahlen in imaginär-quadratischen Zahlkörpern. Sie zeigt, dass eine solche √ √ √ Entwicklung nur noch in den Fällen Q −2 , Q −7 und Q −11 möglich ist. 18 Jahre später behauptet Oskar Perron in [Per54, S. 188] jedoch, dass für die Fälle √ √ Q −7 und Q −11 noch keine Untersuchungen zu unmöglichen Teilnennerfolgen gemacht worden sind; diese benutzt Gintner aber für ihren Konvergenzbeweis.2 In der vorliegenden Arbeit möchte ich, basierend auf den Werken von Hurwitz3 und Gintner, einen Überblick über die Theorie der Kettenbruchentwicklung in imaginärquadratischen Zahlkörpern geben und sie darüberhinaus auf Kettenbruchentwicklungen in Kreisteilungskörper zu übertragen versuchen. 1 [Bow56, S. 19]. Zwar erschien die erste Auflage des Buches 1929, doch behauptet Perron im Vorwort der dritten, verbesserten und erweiterten Auflage von 1954, eine Lehre von den Kettenbrüchen darzulegen, die „dem heutigen Stand der Wissenschaft entspricht“ ([Per54, S. III]). 3 Autoren bezeichne ich im Folgenden mit ihren Nachnamen, mit Hurwitz meine ich Adolf Hurwitz. Beziehe ich mich auf seinen Bruder Julius Hurwitz, so mache ich dies durch den Vornamen kenntlich. 2 3 2 Algebraische Grundlagen In diesem ersten Abschnitt sollen diejenigen algebraischen Begriffe geklärt werden, die später bei der Untersuchung komplexer Kettenbruchentwicklungen zu Grunde gelegt werden. Dies sind vor allem die der ganzen Zahlen und der Ganzheitsringe. 2.1 Algebraische Zahlkörper und Ganzheitsringe Definition 1. Ein (algebraischer) Zahlkörper ist eine endliche Körpererweiterung K der rationalen Zahlen Q, d.h. Q ⊆ K ⊆ C. Die Dimension [K : Q] des Zahlkörpers K als Q-Vektorraum heißt Grad der Körpererweiterung K | Q bzw. des Zahlkörpers K . Zahlkörper vom Grad 2 werden auch als quadratische Zahlkörper bezeichnet. In Analogie zum Ring der ganzen Zahlen Z im Körper der rationalen Zahlen Q lassen sich auch zu den algebraischen Zahlkörpern sogenannte Ganzheitsringe definieren. Definition 2. Eine algebraische Zahl, d.h. ein Element x ∈ K eines algebraischen Zahlkörpers K , heißt ganz, wenn sie Nullstelle eines normierten Polynoms f ∈ Z [X] ist, das nicht das Nullpolynom ist. Ganze Zahlen eines beliebigen Zahlkörpers besitzen ähnliche strukturelle Eigenschaften wie der Ring der ganzen Zahlen Z. Nach [Neu92, S. 8] gilt: Satz 3. Alle ganzen Elemente von K über Q bilden einen Ring, den sogenannten Ganzheitsring OK . In der Algebra bezeichnet man als Minimalpolynom eines Elements x ∈ K dasjenige normierte Polynom, das x als Nullstelle besitzt und minimalen Grad besitzt. Mithilfe des Minimalpolynoms lässt sich der Begriff der Ganzheit nach [MSP11, S. 150] wie folgt charakterisieren: Satz 4. Eine algebraische Zahl ist genau dann ganz, wenn die Koeffizienten ihres Minimalpolynoms in Z liegen. Nach [Neu92, S. 18] sind Ganzheitsringe noethersche und ganzabgeschlossene Integritätsbereiche, in dem jedes von Null verschiedene Primideal maximal ist; sie sind sogenannte 4 Dedekindringe. Insbesondere sind sie als Z-Moduln endlich erzeugt; eine Z-Basis nennen wir Ganzheitsbasis. Vor allem sind Ganzheitsringe aber kommutativ, da sich die Eigenschaft der Kommutativität vom algebraischen Zahlkörper auf den Ganzheitsring überträgt, und unitär, da X − 1 ∈ Z [X]. 2.2 Quadratische Zahlkörper Hurwitz und Gintner haben Kettenbruchentwicklungen in imaginär-quadratischen Zahlkörpern untersucht. Diese lassen sich auf sehr einfache Weise charakterisieren: Satz 5. Ein Körper K ist genau dann ein quadratischer Zahlkörper, wenn K die Dar√ √ stellung K = Q d = Q + Q d für eine quadratfreie Zahl d ∈ Z besitzt. Beweis. Ist K ein quadratischer Zahlkörper und α ∈ K \ Q, so sind 1 und α eine Basis von K als Q-Vektorraum, also K = Q + αQ. Wegen α2 ∈ K gibt es b, c ∈ Q mit α2 = b + cα, insbesondere gibt es teilerfremde A, B, C ∈ Z mit Aα2 + Bα + C = 0, also α= √ −B+ B 2 −4AC . 2A Für die Diskriminante D = B 2 − 4AC gilt D ∈ Z \ {0}. Daher gibt es m, d ∈ Z mit √ √ D = m2 d und d quadratfrei. Daraus folgt α ∈ Q + dQ, also K ⊆ Q d . Ebenso gilt √ √ a + b d ∈ Q + αQ = K , d.h. Q d ⊆ K . √ √ Im Fall K = Q d = Q + Q d ist K offensichtlich ein Körper. Ist d negativ, so wird der Zahlkörper Q reell-quadratisch. Der quadratische Zahlkörper Q tität id und die Konjugation ·: id : Q · :Q √ d −→ Q √ d −→ Q √ d imaginär-quadratisch genannt, andernfalls √ d besitzt genau zwei Q-Automorphismen, die Iden- √ √ √ a + b d 7−→ a + b d, √ √ a + b d 7−→ a − b d. d , √ d , 5 Definition 6. Als Spur S und Norm N bezeichnet man die Abbildungen S :Q N :Q √ d −→ Q, x 7−→ id (x) + x, d −→ Q, x 7−→ id (x) · x. √ √ Für x = a + b d gilt S (x) = 2a und N (x) = a2 − db2 . Außerdem ist die Spur additiv und die Norm multiplikativ. Mithilfe dieser beiden Abbildungen lassen sich das Minimalpolynom und somit die Ganzheit von Zahlen eines quadratischen Zahlkörpers charakterisieren: Satz 7. Das Minimalpolynom über Q einer irrationalen Zahl x ∈ Q √ d \ Q lautet X 2 − S (x) X + N (x). Insbesondere ist x genau dann ganz, wenn die Spur und die Norm von x in Z liegen. Beweis. Ist x = a + b · √ d ∈ Q rational, so ist das Minimalpolynom X − x. Genau dann liegt x in Z, wenn 2x und x2 in Z liegen, also seine Spur und Norm. √ Ist x ∈ Q d \ Q irrational, so kann das Minimalpolynom von x wegen x ∈ / Q nicht linear sein. Da x aber eine Nullstelle von (X − x) (X − x) = X 2 − S (x) X + N (x) ist, ist dieses Polynom schon das Minimalpolynom. Nach Satz 4 ist x genau dann ganz, wenn die Koeffizienten des Minimalpolynoms, also Spur und Norm von x, in Z liegen. In quadratischen Zahlkörpern lässt sich das Minimalpolynom explizit angeben, daher können wir alle ganzen Zahlen eines solchen Zahlkörpers vollständig bestimmen: Satz 8. Sei K = Q √ d ein quadratischer Zahhlkörper mit quadratfreiem d ∈ Z. Dann gilt für den Ganzheitsring h √ i Z 1+ d 2 OK = h√ i Z d f ür d ≡ 1 mod 4, f ür d ≡ 2, 3 mod 4. Beweis. Der Beweis erfolgt nach [MSP11, S. 153]: √ √ Da d Nullstelle des Polynoms X 2 − d ∈ Z [X] ist, ist d nach Definition 2 ganz. Gilt d ≡ 1 mod 4, so ist auch √ 1+ d 2 nach Satz 7 ganz, da S 6 √ 1+ d 2 = 1 und N √ 1+ d 2 = 1−d 4 in Z liegen. Auf Grund der Ringstruktur ganzer Zahlen nach Satz 3 gilt daher Z h √ i h√ i d ⊆ OK für d ≡ 2, 3 mod 4 und Z 1+2 d ⊆ OK für d ≡ 1 mod 4. √ √ Sei nun x = a + b d ∈ Q d eine ganze Zahl, dann gilt nach Satz 7, dass die Spur S (x) = 2a und die Norm N (x) = a2 − db2 in Z liegen. Daraus folgt 4db2 = (2a)2 − 4 (a2 − db2 ) = S2 (x) − 4N (x) ∈ Z. Aufgrund der Quadratfreiheit von d muss daher 2b in Z liegen. Wir setzen nun A := 2a ∈ Z und B := 2b ∈ Z. Dann ist A2 − dB 2 = 4 (a2 − db2 ) ≡ 0 mod 4. Im Fall d ≡ 1 mod 4 folgt A ≡ B mod 2, a und b sind daher h √ i 1+ d . 2 Im Fall d ≡ 2, 3 mod 4 folgt A ≡ B ≡ 0 mod 2, h√ i a und b liegen daher in Z und es gilt OK ⊆ Z d . ungerade und es gilt OK ⊆ Z 3 Geometrie der Zahlen Die Ganzheitsringe imaginär-quadratischer Zahlkörper weisen eine besondere geometrische Struktur auf: Sie bilden ein Gitter. In diesem Abschnitt soll dieser geometrische Aspekt genauer untersucht werden. 3.1 Gitter Definition 9. Für einen algebraischen Zahlkörper K heißt eine diskrete Teilmenge G ⊆ K ein Gitter, wenn sie eine additive Untergruppe von K mit der Darstellung G = Zg1 + Zg2 bildet. Wir nennen (g1 , g2 ) eine Basis von G. Verstehen wir C als R-Vektorraum, so bezeichnen wir den von den Basisvektoren g1 und g2 aufgespannten Ausschnitt als Elementarmasche. Wir bezeichnen eine Teilmenge M ⊆ K als diskret, wenn jede beschränkte Teilmenge von M nur endliche viele Elemente besitzt. Nach Satz 8 bilden die Ganzheitsringe imaginär-quadratischer Zahlkörper ein Gitter. Im √ Fall d ≡ 2, 3 mod 4 besitzt der Ganzheitsring OQ(√d) die Basis 1, d . Die ganzen Zahlen bilden in der komplexen Zahlenebene ein Gitter mit rechteckigen Elementarmaschen: 7 Im b √ 2 d b √ b b b b −2 −1 b b b b b d b b b b b b b b 1 2 b b b b b b Re Abbildung 1: Gitterstruktur der ganzen Zahlen für d ≡ 2, 3 mod 4 √ Im Fall d ≡ 1 mod 4 besitzt der Ganzheitsring OQ(√−d) die Basis 1, 1+ 2 −d . Jedes √ √ (2a+b)+b d 1+ −d beliebige Element a · 1 + b · 2 = aus dem Ganzheitsring mit a, b ∈ Z 2 √ lässt sich deswegen schreiben als c+b2 d mit b, c ∈ Z und b ≡ c mod 2. Aus dieser h √ i h√ i Darstellung folgt die Inklusion Z d ⊆ Z 1+2 d . Als ganze Zahlen kommen zum obigen √ Fall die Diagonalenschnittpunkte der rechteckigen Maschen hinzu, die durch 1 und d aufgespannt werden: 8 Im b b b b √ b b b d b b −1 b b b b b b b 1 2 b b b b b b b b b b b −2 b b b b b b b b b Re b b b Abbildung 2: Gitterstruktur der ganzen Zahlen für d ≡ 1 mod 4 3.2 Parkettierungen der Ebene Definition 10. Eine Parkettierung ist eine lückenlose und überlappungsfreie Überdeckung der komplexen Zahlenebene durch Teilflächen, die Zellen. Hurwitz und Gintner ordnen bei ihren Kettenbruchentwicklungen komplexe Zahlen denjenigen ganzen Zahlen zu, die ihnen am nächsten liegen. Fasst man alle Zahlen, die der gleichen ganzen Zahl zugeordnet werden, als Punktmengen zusammen, so ergibt sich eine Parkettierung der komplexen Zahlenebene.4 Dabei bilden die Punktmengen derjenigen Zahlen, die mehrere nächstgelegene ganze Zahlen besitzen, die Grenzenlinien der Zellen. 4 Wie die Arbeiten von Julius Hurwitz [Hur95] und Bachmann [Bac72, 188f.] zeigen, sind auch andere Parkettierungen der komplexen Zahlenebene möglich, die ebenfalls als Grundlage einer Kettenbruchentwicklung dienen können. 9 Im Fall d ≡ 2, 3 mod 4 entsteht eine Parkettierung mit rechteckigen Zellen, im Fall d ≡ 1 mod 4 bilden Sechsecke die Zellen der Parkettierung: Im b √ 2 d b √ b b b b −2 −1 b b b b b d b b b b b b b b 1 2 b b b b b b Re Abbildung 3: Parkettierung nach nächsten Ganzen für d ≡ 2, 3 mod 4 10 Im b √ b b b b b b b b −2 −1 b d b b b b b b b b b b 1 2 b b b b b Re b b Abbildung 4: Parkettierung nach nächsten Ganzen für d ≡ 1 mod 4 3.3 Der euklidische Algorithmus in imaginär-quadratischen Zahlkörpern Gintner konnte zeigen, dass eine Kettenbruchentwicklung in den imaginär-quadratischen √ Zahlkörpern Q d nur für die Werte d = 1, 2, 3, 7 und 11 möglich ist. Dies sind insbesondere genau die imaginär-quadratischen Zahlkörper, deren Ganzheitsringe normeuklidisch sind. Mit Hilfe der Gitterstruktur lassen sich die normeuklischen Ganzheitsringe einfach charakterisieren. Definition 11. Der Ganzheitsring OK eines algebraischen Zahlkörpers K heißt normeuklidisch, wenn es zu jeder Zahl ξ ∈ K mit stets ein ganze Zahl κ ∈ OK gibt, sodass gilt: |N (ξ − κ)| < 1. 11 Satz 12. Der Ganzheitsring OK eines imaginär-quadratischen Zahlkörpers K = Q ist genau für die Werte √ d d = −1, −2, −3, −7, −11 normeuklidisch.5 Beweis. Sei K = Q √ √ d für negative d und x = a+b d ∈ K . Die Norm N (x) = a2 −db2 entspricht dann dem Quadrat des Abstands vom Punkt x zum Ursprung. h√ i Für den Fall d ≡ 2, 3 mod 4 gilt OK = Z d nach Satz 7. Die komplexe Ebene wird nach 3.2 nach nächsten Ganzen durch Rechtecke parkettiert. Die maximale Norm aller Differenzen ξ −κ innerhalb einer Zelle wird beispielsweise durch den Punkt ξ = √ 1+ d 2 und den Urspung κ = 0 realisiert. Der Ganzheitsring OK ist also genau dann normeuklidisch, wenn √ ! 1 + d 1 − d < 1. = 2 2 |N (ξ − κ)| = N Hieraus folgt d = −1 oder d = −2. Für den Fall d ≡ 1 mod 4 gilt OK = Z h √ i 1+ d . 2 Hierbei wird die komplexe Ebene durch Sechsecke parkettiert. Innerhalb dieser Sechseckzellen wird die Norm zum Beispiel durch die Punkte ξ = √ d− √1 d 4 und den Ursprung κ = 0 maximal. OK ist also genau dann normeuklidisch, falls √ d− |N (ξ − κ)| = N 4 Daraus folgt d = −3, d = −7 oder d = −11. 5 √1 d −d + 2 − = 16 1 d < 1. Dickson hat 1927 zeigen wollen, dass nur für die Werte d = −11, −7, −3, −2, −1, 2, 3, 5, 13 ein √ euklidischer Algorithmus im Ganzheitsring des algebraischen Zahlkörpers Q d existiert [Dic27, S. 151], allerdings ist der Beweis für positive d fehlerhaft. Perron hat fünf Jahre später gezeigt, dass die Aussage neben den obigen positiven Werten auch für d = 6, 7, 11, 17, 21, 29 richtig ist [Per32]. 12 4 Allgemeine Kettenbruchentwicklungen 4.1 Endliche Kettenbrüche Definition 13. Für Variablen a1 , . . . , am und b0 , . . . , bm definieren wir formal einen endlichen Kettenbruch als einen Ausdruck der Gestalt b0 + a1 | a2 | am | 6 := b0 + + + ... + | b1 | b2 | bm a1 . a2 b1 + b2 + · · · + am bm Für n ≤ m nennen wir die Zahl an den n. Teilzähler und bn den n. Teilnenner; insbesondere heißt b0 das Anfangsglied des Kettenbruchs. Sind alle Teilzähler in einem Kettenbruch 1, so sprechen wir von einem regelmäßigen Kettenbruch, andernfalls von einem unregelmäßigen. Als n. Näherungsbruch bezeichnen wir weiterhin den Ausdruck b0 + a1 | a2 | an | + + ... + . | b1 | b2 | bn Regelmäßige Kettenbrüche kürze ich im Folgenden mit der Notation [b0 ; b1 , b2 , . . . , bm ] ab. Zunächst möchte ich die Näherungsbrüche von regelmäßigen Kettenbrüchen untersuchen, dazu definiere ich rekursiv Hilfsfolgen: p −2 = 0, (pq) := q = 1, −2 p−1 = 1, pn = bn pn−1 + pn−2 für n = 0, 1, 2, . . . , q−1 = 0, qn = bn qn−1 + qn−2 für n = 0, 1, 2, . . . . Dies lässt sich äquivalent mit Matrizen formulieren mittels p−1 6 1 = p−2 q−1 q−2 0 0 1 Laut Perron wurde diese abkürzende Notation von Pringsheim eingeführt, vgl. [Per54, S. 1]. 13 und qn qn−1 pn−1 pn−2 bn 1 pn pn−1 = qn−1 qn−2 . 1 0 Somit lassen sich erste Beziehungen zwischen regelmäßigen Kettenbrüchen und den Rekursionsfolgen (pq) aufstellen: Satz 14. Für n ∈ N0 gilt: 1. pn qn = [b0 ; b1 , b2 , . . . , bn ], 2. pn qn−1 − pn−1 qn = (−1)n+1 , 3. pn qn−2 − pn−2 qn = (−1)n bn . Beweis. 1. Der Beweis erfolgt durch vollständige Induktion. Der Fall n = 0 gilt wegen b0 1 p0 q0 = = b0 = [b0 ]. Nun gelte als Induktionsvoraussetzung die Formel für ein beliebiges n ∈ N0 . Dann folgt " [b0 ; b1 , b2 , . . . , bn , bb+1 ] = b0 ; b1 , b2 , . . . , bn + 1 bb+1 # = bn + bn + 1 bn+1 1 bn+1 pn−1 + pn−2 pn−1 + pn−2 = bn+1 (bn pn−1 + pn−2 ) + pn−1 bn+1 pn + pn−1 (bn bn+1 + 1) pn−1 + bn+1 pn−2 = = = (bn bn+1 + 1) pn−1 + bn+1 pn−2 bn+1 (bn qn−1 + qn−2 ) + qn−1 bn+1 qn + qn−1 pn+1 . = qn+1 = 2. Die Rekursion vereinfachen wir zunächst durch p n pn−1 = pn−1 qn qn−1 pn−2 bn 1 qn−1 qn−2 1 = 0 pn−2 pn−3 bn−1 1 bn 1 = ... = = qn−2 qn−3 n Y bj = j=0 1 . 1 0 14 1 0 1 0 Damit können wir folgern n Y bj = det pn pn−1 pn qn−1 − pn−1 qn = det = n Y j=0 . qn qn−1 det j=0 1 = 1 0 n b j 1 Y (−1) = (−1)n+1 . = j=0 1 0 3. Die dritte Aussage folgt unmittelbar aus der zweiten: pn qn−2 − pn−2 qn = (bn pn−1 + pn−2 ) qn−2 − pn−2 (bn qn−1 + qn−2 ) = = bn (pn−1 qn−2 − pn−2 qn−1 ) = bn (−1)n . 4.2 Unendliche Kettenbrüche Definition 15. Für zwei Folgen (an )n∈N und (bn )n∈N0 definieren wir formal einen unendlichen Kettenbruch durch den Ausdruck b0 + wenn der Grenzwert n→∞ lim b0 + n P j=1 aj | |bj ! ∞ P j=1 aj | . |bj Der Kettenbruch heißt konvergent, der n. Näherungsbrüche existiert. Dieser Grenz- wert wird dann Wert des Kettenbruchs genannt. Existiert der Grenzwert nicht, heißt der Kettenbruch divergent. Das Gesetz der besten Näherung von Lagrange besagt, dass sich Irrationalzahlen nicht besser als durch die Näherungsbrüche der zugehörigen Kettenbruchentwicklung approximieren lassen. Sind Kettenbrüche bisher formal definiert worden, gilt es nun zu klären, was es heißt, eine komplexe Zahl in einen regelmäßigen Kettenbruch zu entwickeln. Definition 16. Sei x ∈ C eine komplexe Zahl und K ein beliebiger Zahlkörper. Ein Kettenbruchalgorithmus besteht aus der Iteration x =: x0 , xn = b (xn ) + 15 1 xn+1 , bn := b (xn ) zusammen mit einer sogenannten Teilnennerabbildung b : C −→ OK , x 7−→ b (x) . Eliminiert man sukzessive x1 , . . . , xn aus den ersten n + 1 Iterationsgleichungen, so ergibt sich für x die Kettenbruchdarstellung x = [b0 ; b1 , . . . , bn , xn+1 ]. Bricht die Iteration nach m Schritten ab, so heißt der entstandene endliche Kettenbruch [b0 ; b1 , . . . , bm ] die Kettenbruchentwicklung von x; terminiert die Iteration nicht, so bezeichnet die Kettenbruchentwicklung von x den unendlichen Kettenbruch [b0 ; b1 , b2 . . .]. Entscheidend ist hierbei die Wahl der Teilnennerabbildung b. Je nach Wahl entstehen verschiedene Arten von Kettenbruchentwicklungen. Entwickelt man eine rationale Zahl x ∈ Q in einen Kettenbruch mit Hilfe der sogenannten Gaußklammer b := ⌊x⌋ := max {k ∈ Z|k ≤ x}, entspricht der Kettenbruchalgorithmus dem euklidischen Algorithmus. Hurwitz und Gintner dagegen verwenden eine Kettenbruchentwicklung nach nächsten Ganzen, wie wir noch in Abschnitt 5.2 sehen werden. Ein unendlicher Kettenbruch konvergiert im Allgemeinen nicht. Gintner hat dies in ihrer Arbeit durch Gegenbeispiele explizit gezeigt [Gin36, 32ff.], vgl. dazu Abschnitt 6.2. Im folgenden Satz formuliere ich nun Bedingungen, die hinreichend für die Konvergenz von Kettenbruchentwicklungen sind: Satz 17. Sei x ∈ C eine komplexe Zahl, die in einen unendlichen Kettenbruch entwickelt wird. Den n. Näherungsbruch bezeichnen wir mit pn qn := [b0 ; b1 , . . . , bn ]. Sind nun für alle natürlichen Zahlen n die Werte xn endlich, der Absolutbetrag von der Absolutbetrag von 1 xn qn qn−1 größer als 1 und kleiner als eine positive Zahl κ, die kleiner als 1 ist, so folgt: 1. Der unendliche Kettenbruch [b0 ; b1 , b2 . . .] konvergiert gegen den Wert x. 2. Die Zahl x ist irrational, sie kann nicht als Quotient zweier ganzer Zahlen dargestellt werden. 16 Beweis. 7 1. Sei b : C −→ OK , x 7−→ b (x) die der Kettenbruchentwicklung zu Grunde lie- gende Teilnennerabbildung. Für alle n ∈ N gilt nach Voraussetzung |qn | > |qn−1 |, und wegen qn ∈ OK folgt limn→∞ = +∞. Nach Satz 14 gilt weiterhin x0 = [b0 ; b1 , . . . , bn , xn+1 ] = mit können wir folgern x0 − (−1) n−1 1 + q qn xn+1 n−1 n−1 2 qn−1 (−1) ϑn−1 pn−1 qn−1 = xn+1 pn +pn−1 xn+1 qn +qn−1 . Setzen wir nun x− pn = q n ϑn 2 , qn so gilt − pn−1 qn−1 1 xn+1 pn+1 qn+1 = = xn+1 pn +pn−1 . xn+1 qn +qn−1 So- n−1 xn+1 (−1) (xn+1 qn +qn−1 )qn−1 qn + qn−1 = n−1 (−1) 2 x0 qn−1 −pn−1 qn−1 = = n−1 1 = ≥ . Diesen Bruch schätzen wir nach unten ab durch (−1) ϑn−1 ϑn−1 qn 1 pn 1 q und damit lim − x > 1 − κ. Schließlich gilt |ϑn−1 | < 1−κ x − = n→∞ 0 qn n−1 n+1 limn→∞ qϑ2 = 0. Die Näherungsbrüche konvergieren somit gegen x, den Wert des n Kettenbruchs. 2. Angenommen, x sei eine rationale Zahl, dann existieren ganze Zahlen u, v ∈ OK mit x = u . v Daraus folgt uqn − vpn = v ϑqnn . Strebt n gegen unendlich, so wird |uqn − vpn | beliebig klein. Aufgrund der Diskretheitsbedingung (D), die Hurwitz an die Menge der Teilnenner stellt (siehe Abschnitt 5.1), gilt schließlich |uqn − vpn | = 0. Daraus folgt x = pn qn = [b0 ; b1 , . . . , bn ] = [b0 ; b1 , . . . , bn , xn+1 ]. Deswegen muss xn+1 = ∞ gelten, dies widerspricht jedoch der Voraussetzung, dass für alle n ∈ N0 die Werte xn endlich sind. 5 Kettenbrüche im Sinne von Hurwitz 5.1 Die Menge der Teilnenner Hurwitz stellt zu Beginn von [Hur88] folgende Bedingungen an eine Menge M ⊆ C von komplexen Zahlen, aus denen er die Teilnenner seiner Kettenbrüche wählt: • Für zwei beliebige Zahlen aus M liegen deren Summe, Differenz und Produkt wieder in M . 7 Der Konvergenzbeweis folgt der Beweisführung von Hurwitz und Gintner. Julius Hurwitz hat hierfür in [Hur95, 30ff.] einen alternativen Beweis erbracht. 17 • In jedem endlichen Gebiet der komplexen Zahlenebene befinden sich nur endlich viele Elemente aus M . (Diskretheitsbedingung D) • Die Zahl 1 ist Element der Menge M . (Reichhaltigkeitsbedingung R) Insbesondere folgt daraus, dass die Zahl 0 in M liegt und dass außer der 0 keine Zahl betragsmäßig kleiner als 1 ist. Denn mit 1 ∈ M nach der Reichhaltigkeitsbedingung (R) gilt auch für die Differenz 1 − 1 = 0 ∈ M ; gäbe es in M eine Zahl ungleich 0, die betragsmäßig kleiner als 1 ist, so lägen auch all ihre Potenzen, die ebenfalls betragsmäßig kleiner sind als 1, in M . Das ist ein offensichtlicher Widerspruch zur Diskretheitsbedingung (D). Ganzheitsringe OK zu imaginär-quadratischen Zahlkörpern K sind kommutative, unitäre Ringe. Sie besitzen nach Abschnitt 3.1 eine Gitterstruktur. Insbesondere erfüllen sie alle von Hurwitz aufgestellten Bedingungen. In Abschnit 7.3 werden wir versuchen, einen Kettenbruchalgorithmus in einem Kreisteilungskörper zu etablieren. Da der dazugehörige Ganzheitsring nicht die Diskretheitsbedingung (D) erfüllen wird, werden wir die Hurwitzsche Methode modifizieren müssen. 5.2 Kettenbruchentwicklung nach nächsten Ganzen Wie in Abschnitt 4.2 beschrieben, ist es für die Art der Kettenbruchentwicklung entscheidend, wie die Teilnennerabbildung beschaffen ist. Hurwitz wählt eine Entwicklung nach nächsten ganzen Zahlen: Er ordnet jeder beliebigen Zahl diejenige ganze Zahl eines Ganzheitsrings zu, die am nächsten liegt. Dabei sollen Randprobleme zunächst unberücksichtigt bleiben. Sie werden später durch eine willkürliche Festsetzung gelöst. Ist also eine komplexe Zahl x und zu einem algebraischen Zahlkörper K ein Ganzheitsring OK gegeben, der die Voraussetzungen aus Abschnitt 5.1 erfüllt, so ist die Teilnennerabbildung b definiert durch b : C −→ OK , x 7−→ b (x) := min |x − γ| . γ∈OK In Anlehnung an den Sprachgebrauch von Gintner wollen wir eine solche Kettenbruch- 18 entwicklung nach nächsten Ganzen Kettenbruchentwicklung im Sinne von Hurwitz 8 nennen. 6 Kettenbruchentwicklungen in imaginär-quadratischen Zahlkörpern In diesem Abschnitt soll ein konkreter Fall einer Kettenbruchentwicklung in einem imaginär-quadratischen Zahlkörper exemplarisch besprochen und dabei auf die allgemeine Methode des Konvergenzbeweises eingegangen werden, um sie später auf einen Kreisteilungskörper vierten Grades zu übertragen. Dann wird gezeigt, dass eine Kettenbruchentwicklung im Sinne von Hurwitz im Falle nicht-normeuklidischer imaginärquadratischer Zahlkörper jedoch nicht möglich ist. 6.1 Kettenbruchentwicklung nach nächsten ganzen gaußschen Zahlen Betrachten wir nun den Zahlkörper Q (i) = Q √ −1 , wobei i die imaginäre Einheit bezeichne. Nach Satz 8 ist der Ganzheitsring Z [i], der sogenannte Ring der ganzen gaußschen Zahlen. Um zu zeigen, dass eine Kettenbruchentwicklung nach nächsten ganzen gaußschen Zahlen möglich ist, gehe ich entsprechend [Hur88, 192ff.] vor. Dazu verwende ich die Bezeichnungen aus Abschnitt 4.2, sofern sie nicht weiter erklärt werden. Parkettierung nach nächsten Ganzen: Wegen −1 ≡ 3 mod 4 parkettieren wir die Ebene zunächst nach nächsten Ganzen wie in Abbildung 3, wobei die ganzen gaußschen Zahlen die Zellenmittelpunkte bilden. Jeder komplexen Zahl x soll nun der Mittelpunkt b derjenigen Zelle zugeordnet werden, in der die Zahl liegt. Von den Begrenzungen sollen zur Zelle – aus rein willkürlicher Festsetzung heraus – die beiden mit geringerem Koor8 Wir grenzen sie dadurch von sogenannten hurwitzschen Kettenbrüchen ab. Perron bezeichnet in [Per54, 118f.] mit diesem Terminus regelmäßige Kettenbrüche, deren Teilnenner ineinander geschachtelte, arithmetische Reihen beliebiger Ordnung bilden. 19 dinatenabschnitt gehören. So erhalten wir eine spezifische Teilnennerabbildung. Hierbei gilt 1 x ≤ q 1 . 2 Im b b b b 2 b 1 b b b b b P b b b −2 −1 b b −1 b b b 1 2 b b Re R b b −2 b b b Abbildung 5: Gitterstruktur der ganzen gaußschen Zahlen Unmögliche Teilnenner und Teilnennerfolgen: Durch diese Zuordnung liegt für alle n ∈ N die Zahl xn−1 − bn−1 im Quadrat P mit Mittelpunkt 0 und Seitenlänge 1. Wegen xn = 1 xn−1 −bn−1 liegen damit die xn im Bereich R := P−1 , der aus der Punktmenge des Quadrates P unter der Abbildung x : C∗ −→ C, x 7−→ 1 x entsteht. Bezeichnet Kr (m) := {x ∈ C| |x − m| < r} einen Kreis und Kr (m) := {x ∈ C| |x − m| ≤ r}, so gilt R = C \ K1 (1) ∪ K1 (i) ∪ K1 (−1) ∪ K1 (−i) . Daraus wird ersichtlich, dass die Teilnenner b1 , b2 , b3 . . . keine der Werte 0, ±1 und ±i annehmen können. Darüber hinaus sind auch bestimmte Aufeinanderfolgen von ganzen Zahlen als Teilnenner – beginnend bei bn – unmöglich, nämlich genau dann, wenn die Begrenzungslinie von 20 R durch die Zelle mit dem Mittelpunkt bn verläuft. Dazu ein Beispiel: Sei bn = 2+i. Dann liegt nach obigen Überlegungen xn zum einen in der Zelle mit Mittelpunkt 2 + i, zum anderen im Raum R. Wegen xn+1 = 1 xn −bn kann dann xn+1 nicht im Kreis K1 (−1 + i) liegen, somit ist der Teilnenner bn+1 = −1 + i unter der Voraussetzung bn = 2 + i unmöglich. Hurwitz hat folgende Tabelle unmöglicher Teilnennerfolgen aufgestellt: bn −2, 2i, −1 + i, −2 + i, −1 + i 2, 2i, 1 + i 2 + i, 1 + 2i −2, 2i, −1 + i −2 + i, −1 + 2i bn+1 −1 + i −2 + 2i −2 + 2i 2 + 2i 2 + 2i bn+2 bn+3 1+i −2 + 2i 1+i Tabelle 1: Unmögliche Teilnennerfolgen Kovergenzbeweis: Um nach Satz 17 die Konvergenz der Kettenbruchentwicklung zu qn beweisen, müssen wir noch qn−1 < 1 für alle n ∈ N zeigen. Dazu setzen wir kn := qn . qn −1 Aufgrund der Rekursionsgleichung qn = bn qn−1 + qn−2 folgt k1 = b1 und kn+1 = bn + 1 . kn Daher bleibt noch |kn | > 1 zu zeigen. Dies geschieht mittels vollständiger Induktion: Für k1 stimmt die Aussage wegen k1 = b1 ∈ R. Nun nehmen wir an, die Ungleichung stimmt für k1 , k2 , . . . , kn−1 , jedoch nicht für kn , also kn ≤ 1. Wegen kn = bn + 1 kn−1 liegt kn im Kreis K1 (bn ) und in der Einheitskreisscheibe K := K1 (0), deshalb kann bn nur die Werte ±1 ± i annehmen. Aus Symmetriegründen sei o.B.d.A. bn = 1 + i. Wegen 1 kn−1 = kn − bn liegt somit Dadurch fällt kn−1 = bn−1 + 1 kn−2 1 kn−1 in den Kreisen K := K1 (0) und K1 (−1 − i). in K1 (−1 + i) mit |kn−1 | > 1. Somit folgt, dass bn−1 nur die Werte −2, −2 + i, −1 + 2i, 2i, −1 + i, −2 + 2i annehmen kann. Aufgrund von Tabelle 1 kann nur bn−1 = −2 + 2i gelten. Würden wir mit dieser Methode so fortfahren, so erhielten wir: bn = 1 + i, bn−1 = −2 + 2i, bn−2 = 2 + 2i, bn−3 = −2 + 2i, bn−4 = 2 + 2i, . . . . Somit wären alle Absolutbeträge von k1 , . . . , kn−1 größer als 1, insbesondere lägen sie außerhalb der Kreise K1 (±1 ± i). Daraus würde |kn | > 1 gelten. Dies ist aber ein Wider21 n spruch zu unserer Annahme. Mit qnq−1 = |kn | > 1 für alle n ∈ N folgt nun nach Satz 17 die Konvergenz der Kettenbruchentwicklung nach nächsten ganzen gaußschen Zahlen. √ Für die Ganzheitsringe zu Q d mit d = −2, −3, −7 und −11 haben Hurwitz und Gintner die Konvergenz der Kettenbruchentwicklung nach nächsten Ganzen analog be- wiesen. Vor allem die Fälle d = −2, −7 und −11, die Gintner untersucht hat, erfordern sehr umfangreiche Fallunterscheidungen und aufwändige Untersuchungen von Teilnennerfolgen.9 6.2 Nicht-normeuklidische imaginär-quadratische Zahlkörper Gintner hat für den Beweis der Unmöglichkeit einer solchen Kettenbruchentwicklung in [Gin36, 32ff.] explizite Gegenbeispiele angegeben, in denen der Kettenbruch nicht konvergiert. Ich orientiere mich an ihren Beispielen. Satz 18. Sei K = Q √ d ein nicht-normeuklidischer imaginär-quadratischer Zahlkör- per. Dann ist eine Kettenbruchentwicklung im Sinne von Hurwitz im Ganzheitsring OK nicht möglich. Beweis. Wir unterscheiden wieder zwei Fälle: √ Im Fall d ≡ 2, 3 mod 4 mit d ≤ −5 für Q d wird die Zahlenebene nach nächsten Ganzen mit Rechtecken parkettiert. Für den Punkt x = − √ d , 2 2 x1 = − √ , d √ d x2 = − , 2 x0 = − √ d 2 gilt dann: b0 = 0 b1 = 0 b2 = 0 .... 9 Vor diesem Hintergrund ist es umso bedauernswerter, dass – wie in der Einführung bereits erwähnt – Perron behauptet: „Für D = 7 und D = 11 sind die unmöglichen Teilnennerserien bis jetzt noch nicht untersucht worden.“ ([Per54, S. 188]) Dabei entsprechen D = 7 und D = 11 in unserer Notation d = −7 und d = −11. 22 Die Zahl x = − √ d 2 wird somit in den Kettenbruch [0; 0, 0, . . .] entwickelt, der jedoch nicht gegen x konvergiert. Im Fall d ≡ 1 mod 4 für Q √ d mit d < −11 wird die Zahlenebene nach nächsten Ganzen mit Sechsecken parkettiert. Der Punkt x = √ (1−d) d 2d wird dann entwickelt in: √ (1 − d) d , x0 = √ 2d 2 d , x1 = 1−d √ (1 − d) d , x2 = 2d b0 = 0 b1 = 0 b2 = 0 ...; das ergibt den Kettenbruch [0; 0, 0, . . .], welcher ebenfalls offensichtlich nicht gegen x = √ (1−d) d 2d konvergiert. Nach Satz 12 ist der imaginär-quadratische Zahlkörper Q −1, −2, −3, −7, −11 normeuklidisch. √ d nur für die Werte d = 7 Übertragung auf Kreisteilungskörper Die Kettenbruchentwicklung nach nächsten ganzen Zahlen soll im Folgenden auf Kreisteilungskörper übertragen werden. Sie stellen eine besondere Art der Zahlkörper dar. 7.1 Einheitswurzeln und Kreisteilungskörper Definition 19. Für eine natürliche Zahl n und dem Körper C der komplexen Zahlen heißt ζ ∈ K eine n. Einheitswurzel, wenn ζ n = 1 gilt. Die Gesamtheit µn (C) aller n. Einheitswurzeln bildet somit die Nullstellenmenge der Polynomfunktion f = X n − 1. Nach dem Fundamentalsatz der Algebra besitzt f genau n Nullstellen. Da f und die formale Ableitung f ′ = nX n−1 wegen n1 Xf ′ − f = 1 zueinander teilerfremd sind, besitzt f genau n verschiedene Nullstellen. Es gibt also genau |µn (C)| = n verschiedene n. Einheitswurzeln. Sie bilden eine multiplikative Untergruppe 23 von C∗ . Als endliche Untergruppe ist µn (C) daher zyklisch, sie besitzt mindestens einen Erzeuger. Definition 20. Eine n. Einheitswurzel ζ heißt primitiv, falls sie die Gruppe µn (C) aller n. Einheitswurzeln erzeugt. Bezeichnet ϕ : N → N die eulersche ϕ-Funktion, beträgt die Anzahl der n. Einheitswurzeln genau ϕ (n). Die Einheitswurzeln lassen sich in einfacher Form explizit darstellen: Man setzt dazu ζn := exp 2πi n . Dann ist ζn eine primitive n. Einheitswurzel und es gilt µn (C) = {1, ζn , ζn2 , . . . , ζnn−1 } sowie ζnk = exp 2πik n = cos 2πk n + i sin 2πk n für k ∈ {0, 1, . . . , n − 1}. Die n. Einheitswurzel ζnk ist genau dann primitiv, wenn k und n zueinander teilerfremd sind. Mit diesen Vorüberlegungen lassen sich nun die Kreisteilungskörper definieren, in denen ein Kettenbruchalgorithmus etabliert werden soll. Definition 21. Sei ζn ∈ C eine primitive n. Einheitswurzel. Der algebraische Zahlkörper Q (ζn ) heißt dann n. Kreisteilungskörper. Für den Grad der Körpererweiterung gilt [Q (ζn ) : Q] = ϕ (n). Analog zu den imaginärquadratischen Zahlkörpern soll wir auch im Kreisteilungskörper eine Kettenbruchentwicklung nach nächsten Ganzen definiert werden. Die Ganzheitsringe lassen sich nach [Neu92, S. 63] wie folgt bestimmen: Satz 22. Für den Kreisteilungskörper K = Q (ζn ) gilt OK = Z [ζn ]. Einige der Kreisteilungskörper haben wir indirekt schon behandelt. Für n = 1 bzw. n = 2 gilt ϕ (n) = 1. Die dazugehörigen Kreisteilungskörper sind der Körper Q der rationalen Zahlen selbst. Für reelle bzw. rationale Zahlen gibt es auf jeden Fall eine konvergente Kettenbruchentwicklung nach nächsten ganzen Zahlen. Für n = 3, n = 4 bzw. n = 6 gilt ϕ (n) = 2. Die entsprechenden Kreisteilungskörper sind als einzige auch quadratische Zahlkörper. Jede natürliche Zahl n ∈ N lässt sich nämlich schreiben als n = 2ν u mit ν ∈ N0 und einer ungeraden Zahl u ∈ N. Aufgrund 24 der Multiplikativität der ϕ-Funktion gilt ϕ (n) = ϕ (2ν ) ϕ (u) = 2ν−1 ϕ (u). Der Wert der ϕ-Funktion ist also genau dann kleiner-gleich 2, wenn n höchstens durch 22 oder einmal durch eine ungerade Primzahl kleiner-gleich 3 teilbar ist. Daher ist ϕ (n) 6= 2 für n 6= 1, 2, 3, 4, 6. Der Ganzheitsring von Q (ζ4 ) = Q (i) ist der Ring der ganzen gaußschen Zahlen, der √ Ganzheitsring von Q (ζ3 ) = Q (ζ6 ) = Q i 3 ist der Ring der Eisensteinzahlen. Diese Fälle sind von Adolf Hurwitz ([Hur88]) bereits behandelt worden. 7.2 Scheitern der Hurwitzschen Methode Möchte man die Kettenbruchentwicklung nach nächsten Ganzen im Sinne von Hurwitz auf Kreisteilungskörper höheren Körpererweiterungsgrad als 2 übertragen, so stößt man auf das Problem, dass die Diskreitheitsbedingung (D) aus Abschnitt 5.1 nicht erfüllt ist. Sei im Folgenden n größer als 6. Es gilt: |1 − ζn |2 = 1 + ζn ζn − 2Re (ζn ) = = 2 − 2 cos da für alle n > 6 gilt, dass cos Ist n = 5, so folgt 2π n 2π n < 1, < 12 . 2 1 + ζ53 = 1 + ζ53 ζ53 − 2Re −ζ53 = = 2 + 2 cos 6 π = 0, 618 . . . < 1. 5 Mit den ganzen Zahlen 1 − ζn ∈ OQ(ζn ) für n > 6 bzw. 1 + ζ53 ∈ OQ(ζ5 ) liegen auch alle ihre Potenzen in der Einheitskreisscheibe. Das widerspricht der Diskretheitsbedingung (D). 25 7.3 Abwandlung der Kettenbruchentwicklung Der Kettenbruchalgorithmus nach nächsten ganzen Zahlen bedarf in höhergradigen Körpererweiterungen also einer Abwandlung. Wir halten uns dennoch, soweit es geht, an die Methode von Hurwitz und die Notation aus Abschnitt 6.1. Parkettierung nach nächsten halbganzen Zahlen: Bezeichnet g den Grad der Körpererweiterung, so soll die komplexe Zahlenebene – sofern g eine gerade Zahl ist – mit g 2 vielen Gittern überlagert werden. Einer beliebigen komplexen Zahl z werden so in einem ersten Schritt g 2 viele ganze Zahlen zugeorndet. Als Teilnenner des Kettenbruchs verwendet man schließlich deren arithmetisches Mittel. So erhält man eine regelmäßige Kettenbruchentwicklung nach gebrochen-ganzen Zahlen. Erweitert man die Teilbrüche 1| |b entsprechend mit Zweierpotenzen, so entsteht – zumindest bei endlichen Kettenbrüchen – eine unregelmäßige Kettenbruchentwicklung nach ganzen Zahlen. Besitzt die natürlich Zahl n die kanonische Primfaktorzerlegung n = pν11 · . . . · pνmm mit paarweise verschiedenen Primteilern pj für j = 1, . . . , m, so gilt aufgrund der Multiplikativität der ϕ-Funktion ϕ (n) = m Q j=1 ν ϕ pj j = m Q j=1 ν −1 pj j (pj − 1). Besitzt n 6= 1 einen ungeraden Primteiler p, so ist ϕ (n) gerade, da p − 1 gerade ist. Besitzt n dagegen keinen ungerade Primteiler, so gilt n = 2ν für ein ν ∈ N, und wegen ϕ (2ν ) = 2ν−1 ist in diesem Fall ϕ (n) für ν ≥ 2 gerade. Somit sind die Werte ϕ (n) für n ≥ 3 stets gerade Zahlen. Die obige Methode ist daher zumindest für Kreisteilungskörper wohldefiniert. Aus Gründen der Symmetrie sei dies im Folgenden der achte Kreisteilungskörper Q (ζ8 ) mit ϕ (8) = 4. Ziel der folgenden Überlegungen ist es zu zeigen, dass eine solche Kettenbruchentwicklung für den achten Kreisteilungskörper tatsächlich konvergiert. n o Für den Ganzheitsring OQ(ζ8 ) = Z [ζ8 ] wähle man die Ganzheitsbasis 1, i, ζ8 , ζ8 . Das erste Gitter sei G1 := Z + Zi. Seine Gitterpunkte sollen durch (a, b)1 := a + bi bezeichnet werden. Man parkettiere hierzu die komplexe Zahlenebene mittels der Geraden x = ± 21 , ± 32 , ± 25 , . . . und y = ± 21 , ± 32 , ± 52 , . . . in Quadrate, und man ordne jeder komplexen Zahl den Mittelpunkt desjenigen Quadrates zu, in dem sie liegt; von den Rändern des 26 Quadrates werden jeweils die zwei Seiten mit kleinerem Achsenabschnitt zum Quadrat dazugerechnet. Im b b 2 b b b 1 b b b b b (1, 1)1 b b −2 −1 b b b b b b 2 b b b b b b −1 b 1 −2 Re Abbildung 6: Gitter G1 Das zweite Gitter sei G2 := Zζ8 + Zζ8 . Analog sollen die Gitterpunkte durch (c, d)2 := √ √ √ cζ8 +dζ8 bezeichnet werden. Die Gitterlinien sind hierbei x±y = ± 21 2, ± 32 2, ± 52 2 . . .; auch hier wird jeder komplexen Zahl der Mittelpunkt desjenigen Quadrates zugeordnet, in dem sie liegt, wobei die zwei Seiten mit kleinstem Ordinatenabschnitt zum jeweiliegen Quadrat gerechnet werden. Auf diese Weise wird einer komplexen Zahl x eine ganze Zahl (a, b)1 und eine ganze Zahl (c, d)2 zugewiesen. Als Teilnenner a wird dann die halbganze Zahl (a, b, c, d)1,2 = a 2 + 2b i + 2c ζ8 + d2 ζ8 zugeordnet, die sich als arithmetisches Mittel der beiden ganzen Zahlen errechnet. Durch die Übereinanderlagerung der beiden Gitter entstehen neue Gebiete unregelmäßiger Größe. Die nicht weiter unterteilten Gebiete werden als Zellen Z (a, b, c, d)1,2 bezeichnet bzgl. der halbganzen Zahl, der die komplexen Zahlen im Gebiet jener Zelle zugewiesen werden. 27 Im b b b b 2 b b b 1 b b b b (1, 0)2 b b −2 b 1 −1 b b b b b (0, 1)2 −1 b Re 2 b −2 b b b b Abbildung 7: Gitter G2 Unmögliche Teilnenner: Aufgrund dieser Zuordnung liegt xn − bn in dem 24-Eck P √ mit dem Mittelpunkt 0, das durch die Geraden x = ± 12 , y = ± 12 , x = ± 41 + 41 2 , √ √ √ y = ± 41 + 41 2 , y ± x = ± 21 + 14 2 und x ± y = ± 12 2 begrenzt wird. Daher liegt xn+1 = 1 xn −bn im Bereich R := P−1 . Somit können folgende halbganze Zahlen nie als Teilnenner vorkommen: • (0, 0, 0, 0)1,2 , • (±1, 0, 0, 0)1,2 , (0, ±1, 0, 0)1,2 , (0, 0, ±1, 0)1,2 , (0, 0, 0, ±1)1,2 , • (±1, 0, 0, ±1)1,2 , (±1, 0, ±1, 0)1,2 , (0, ±1, ±1, 0)1,2 , (0, ±1, 0, ∓1)1,2 , • (±1, 0, ±1, ±1)1,2 , (±1, ±1, ±1, 0)1,2 , (0, ±1, ±1, ∓1)1,2 , (±1, ∓1, ±0, ±1)1,2 , • (±1, ±1, ±1, ±1)1,2 , (±1, ±1, ±1, ∓1)1,2 , (∓1, ±1, ±1, ∓1)1,2 , (±1, ∓1, ±1, ±1)1,2 , • (±2, ±1, ±1, ±1)1,2 , (±1, ±1, ±2, ±1)1,2 , (±1, ±1, ±2, ∓1)1,2 , (±1, ±2, ±1, ∓1)1,2 , (∓1, ±2, ±1, ∓1)1,2 , (∓1, ±1, ±1, ∓2)1,2 , (∓1, ±1, ∓1, ∓2)1,2 , (∓2, ±1, ∓1, ∓1)1,2 . Unmögliche Teilnennerfolgen: Nun untersuchen wir einige Beschränkungen der Teilnennerfolge (bn )n∈N , sofern sie für den späteren Konvergenzbeweis von Nöten sind. Angenommen, es sei bn = (2, 0, 1, 1)1,2 , dann liegt xn+1 in der Zelle Z (2, 0, 1, 1)1,2 . Wegen 1 xn+1 = xn − bn muss xn − bn in Z−1 (2, 0, 1, 1)1,2 liegen. Dies ist jenes Gebiet, das 28 Im b b b b 2 b b b b b b b b 1 b b b b b b b b b b −2 b b b b b b 1 P −1 (2, 0, 1, 1)1,2 b b b Re 2 b b b −1 b b (−2, −1, −2, −1)1,2 b b b R b b b b b b −2 b b b b b b Abbildung 8: Überlagerung der Gitter G1 und G2 √ √ √ √ √ 2i , K 2 16 2 − 16 2i , x ± y = 21 2 und x = 41 + 41 2 eingeschlossen 6 6 √ −1 wird. Das Gebiet Z (2, 0, 1, 1)1,2 schneidet die x-Achse also in x = 13 2. Die Zellen von K 2 √ 1 6 2+ 1 6 Z (−2, 0, −1, −1)1,2 , Z (−2, 1, 0, −2)1,2 , Z (−2, −1, −2, 0)1,2 , Z (−1, 1, 0, −2)1,2 und Z (−1, −1, −2, 0)1,2 haben allerdings von ihrem Gitterpunkt zum Zellenrand in √ x-Richtung einen Abstand, der größer als 31 2 ist. Durch analoge Betrachtungen erhalten wir Beschränkungen für die Vorgänger von bn = (−2, −1, −2, −1)1,2 . Folgende Teilnennerfolgen sind nicht möglich: 29 bn (−2, 0, −1, −1)1,2 , (−2, 1, 0, −2)1,2 , (−2, −1, −2, 0)1,2 , (−1, 1, 0, −2)1,2 , (−1, −1, −2, 0)1,2 (2, 0, 1, 1)1,2 , (2, −1, 0, 2)1,2 , (1, −1, 0, 2)1,2 bn+1 (2, 0, 1, 1)1,2 (−2, −1, −2, −1)1,2 Tabelle 2: Unmögliche Teilnennerfolgen Konvergenzbeweis: Da für alle n ∈ N die Zahl xn−1 − bn−1 in P liegt, gilt x1n = √ n |xn−1 − bn−1 | ≤ 41 + 14 2. Wie in Abschnitt 6 setze man weiterhin kn := qnq−1 . Dann ist für die Konvergenz der Kettenbruchentwicklung noch zu zeigen, dass für alle n ∈ N gilt |kn | > 1. Dies wird mit vollständiger Induktion bewiesen. Für k1 = b1 gilt dies offensichtlich, da bn ∈ R für alle n ∈ N gilt. Sei nun |k1 | > 1, |k2 | > 1, . . . , |kn−1 | > 1 für ein beliebiges n ∈ N. Die Annahme, dass kn ≤ 1 gilt, wird zu einem Widerspruch geführt. Da kn = bn + 1 kn−1 im Kreis K1 (bn ) und außerdem in der Einheitskreisscheibe K liegt, da |kn | ≤ 1 gilt, kann bn nur einer der folgenden Werte sein: (±2, 0, ±1, ±1)1,2 , (±1, ±1, ±2, 0)1,2 , (0, ±2, ±1, ∓1)1,2 , (∓1, ±1, 0, ∓2)1,2 . √ Aus Symmetriegründen sei o.B.d.A. bn = (2, 0, 1, 1)1,2 = 1 + 12 2. Es liegt also kn = bn + 1 kn−1 im Schnitt von K und K1 (2, 0, 1, 1)1,2 . Deshalb fällt 1 kn−1 Schnitt von K und K1 (−2, 0, −1, −1)1,2 . Folglich liegt kn−1 = im Äußeren des Einheitskreises K und im Inneren von K 1 (−2+4√2) 7 entspricht dem grün gefärbten Bereich in der Abbildung 8). = kn − bn in den 1 = bn−1 + kn−2 √ −2 − 3 2 , dies 1 kn −bn 1 7 Wegen |kn−2 | > 1 liegt kn−1 auch in K1 (bn−1 ), somit kann bn−1 nur einen der folgenden Werte annehmen: (−2, 0, −1, −1)1,2 , (−2, −1, −2, 0)1,2 , (−2, 1, 0, −2)1,2 , (−1, 1, 0, −2)1,2 , (−1, −1, −2, 0)1,2 , (−2, −1, −2, −1)1,2 , (−2, 1, −1, −2)1,2 . Laut der Tabelle 2 unmöglicher Teilnennerfolgen kommen für bn−1 nur in Frage: (−2, −1, −2, −1)1,2 , (−2, 1, −1, −2)1,2 . Aus Gründen der Symmetrie sei o.B.d.A. bn−1 = (−2, −1, −2, −1)1,2 . 1 in der Kreisschreibe K 1 (−2+4√2) Folglich liegt kn−1 = bn−1 + kn−2 7 K1 (−2, −1, −2, −1)1,2 . Deshalb fällt 1 kn−2 1 7 √ −2 − 3 2 und in = kn−1 − bn−1 in den Einheitskreis sowie in 30 √ √ den Kreis K 1 (−2+4√2) 71 5 + 49 2 + 21 1 + 21 2 i ⊆ K0,53 (1, 17 + 0, 85i) und somit 7 befindet sich kn−2 im Äußeren des Einheitskreises und im Kreis K0.3 (0, 65 + 0, 47i), dies entspricht dem braun gefärbten Bereich in der Abbildung 8. Die Zahl kn−2 = bn−2 + 1 kn−3 liegt jedoch auch in der Kreisscheibe K1 (bn−2 ). Daher kommen für bn−2 nur folgende Werte in Betracht: (1, −1, 0, 2)1,2 , (2, −1, 0, 2)1,2 , (2, 0, 1, 1)1,2 . Diese Werte sind aber alle nach der Tabelle unmöglicher Teilnennerfolgen auszuschließen. Somit ist der gewünschte Widerspruch erreicht und die Konvergenz der Kettenbruchentwicklung im achten Kreisteilungskörper erbracht. Wir können also schließen: Satz 23. Im achten Kreisteilungskörper ist eine Kettenbruchentwicklung nach nächsten halbganzen Zahlen im oben beschriebenen Sinne möglich. Nach [Len75, S. 457] ist der Ganzheitsring des achten Kreisteilungskörper normeuklidisch. Zum Schluss stellt sich natürlich die Frage, ob auch in anderen Kreisteilungskörpern, deren Ganzheitsringe normeuklidisch sind, eine Kettenbruchentwicklung möglich ist. Die in dieser Arbeit vorgestellte Methode der Kettenbruchentwicklung durch Überlagerung von Gittern und Parkettierungen, die ich auf der Grundlage der Vorgehensweise von Hurwitz und Gintner entwickelt habe, könnte dazu vielleicht eine Antwort bieten. 31 Literatur [Bac72] Paul Bachmann. Die Lehre von der Kreistheilung und ihre Beziehungen zur Zahlentheorie. Leipzig: B. G. Teubner, 1872. [Bow56] Elenore Smith Bowen. Return to Laughter. London: Readers Union, 1956. [Dic27] Leonard Eugene Dickson. Algebren und ihre Zahlentheorie. Zürich, Leipzig: Orell Füssli, 1927. [Gin36] Hilde Gintner. „Ueber Kettenbruchentwicklung und über die Approximation von komplexen Zahlen“. Diss. Wien: Universität Wien, 1936. [Hur88] Adolf Hurwitz. „Über die Entwicklung complexer Grössen in Kettenbrüche“. In: Acta mathematica 11 (1888), S. 187–200. [Hur95] Julius Hurwitz. „Über eine besondere Art der Kettenbruch-Entwicklung complexer Grössen“. Diss. Halle a. S.: Vereinigte Friedrichs-Universität HalleWittenberg, 1895. [Len75] H. W. Lenstra. „Euclid’s Algorithm in Cyclotomic Fields“. In: Journal of the London Mathematical Society s2-10.4 (1975), S. 457–465. [MSP11] Stefan Müller-Stach und Jens Piontkowski. Elementare und algebraische Zahlentheorie. Ein moderner Zugang zu klassischen Themen. 2. Aufl. Vieweg + Teubner, 2011. [Neu92] Jürgen Neukirch. Algebraische Zahlentheorie. Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong, Barcelona, Budapest: Springer, 1992. [Per32] Oskar Perron. „Quadratische Zahlkörper mit Euklidischem Algorithmus“. In: Mathematische Annalen 107 (1932), S. 498–495. [Per54] Oskar Perron. Die Lehre von den Kettenbrüchen. 3. Aufl. Bd. 1. Stuttgart: B. G. Teubner, 1954. 32 Erklärung zur wissenschaftlichen Redlichkeit Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit in allen Teilen selbstständig verfasst und keine anderen als die von mir angegebenen Publikationen, Vorlagen und Hilfsmittel welcher Art auch immer benutzt und verwendet habe. Ich versichere, dass ich die vorliegende Arbeit bisher oder gleichzeitig keiner anderen Prüfungsbehörde mit der Folge der Verleihung eines akademischen Grades vorgelegt habe. Ich versichere, dass ich diese Arbeit niemandem überlassen werde, der die Absicht hat, diese anderen gegenüber ganz oder teilweise als seine eigene auszugeben. Würzburg, den 25. Juli 2013 Hans Höngesberg 33