Pilze wie Ling Zhi, Coriolus und Maitake modulieren das Immunsystem Heilkundige nutzen seit Jahrtausenden naturheilkundliche Möglichkeiten, um ein schwaches Immunsystem zu stimulieren. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wurden und werden dazu vor allem Medizinalpilze angewandt. Die Nahrungsergänzungsmittel wirken stärkend auf das Immunsystem, werden aber auch zur Regulierung von Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen oder zur Entgiftung genutzt. nulozyten und Lymphozyten. Das Resultat dieser Barrieremaßnahmen ist beim Gesunden ein physiologisches Gleichgewicht, das Viren abhält. Bodyguards für den Nahkampf Krankheitserreger, die durch Haut oder Schleimhaut in den Körper eindringen, werden zuerst von den Zellen des angeborenen Immunsystems bekämpft: Makrophagen und Granulozyten können eine begrenzte Anzahl von Fremdpartikeln erkennen und unschädlich machen. Sie umfließen die Fremdzellen, schließen sie dabei ein und verdauen sie in ihrem Inneren. Es ist also für eine funktionierende Abwehr von großer Bedeutung, wie aktiv die Makrophagen sind. Als Antigene stimulieren beispielsweise Lipopolysaccharide, die in der Zellwand gramnegativer Bakterien enthalten sind, die Makrophagen-Aktivität. Eine Forschergruppe aus Korea und Australien verglich kürzlich im Labor die Auswirkungen von Lipopolysacchariden und einem Coriolus-versicolor-Extrakt auf die Makrophagenaktivität (1): Der Extrakt erwies sich dabei als deutlich wirksamer, Coriolus aktivierte die Makrophagen nachweislich stärker. Abb. 1: Grifola frondosa © Rudolf Roglmeier Das Immunsystem sorgt dafür, dass nicht jeder Virus, jede Bakterie oder entartete Zelle eine Erkrankung nach sich zieht: Es erkennt und bekämpft die verschiedensten Erreger mit einer fein abgestimmten Aktion, an der u. a. weiße Blutkörperchen, Signal- und Botenstoffe beteiligt sind. Die dafür benötigten Zellen und Substanzen werden immer wieder neu gebildet – in Milz, Thymusdrüse und Knochenmark. Die verschiedenen Zelltypen, aus denen unser Immunsystem besteht, sind im Idealfall gut aufeinander abgestimmt. Angeborenes und erworbenes Immunsystem ergänzen sich dann perfekt. Damit Krankheitserreger und andere als fremd erkannte Stoffe – auch Krebszellen – bekämpft werden können, muss eine genügend große Menge von dendritischen Zellen, Makrophagen und natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) vorhanden sein. Außerdem müssen die Zellen über einen ausreichenden Aktivitätslevel verfügen. Schwankungen werden beispielsweise durch Ernährung, Genussmittelkonsum, Stress, Hormonungleichgewichte oder Stimmungslage ausgelöst. Ist die vorhandene Anzahl von 12/06 Immunzellen zu gering oder arbeiten die Zellen eher träge, resultiert eine Anfälligkeit für Infekte und andere Erkrankungen. Die Resultate sind bekannt: der eine Mensch verfügt offenbar über eine unverwüstlich robuste Natur, der andere scheint jeden Schnupfen magisch anzuziehen. Diese Unterschiede lassen sich im Labor auch durch Anzahl und Aktivität der NK-Zellen nachvollziehen. Aufbau des Immunsystems Schranken gegen Viren Die Nasenschleimhaut ist ein gutes Beispiel für eine physikalische und chemische Barriere gegenüber Viren. Der hier befindliche Schleim besteht aus unzähligen wirksamen Bestandteilen. Einer davon ist das Lysozym: ein Enzym, das gegen Bakterien wirkt, indem es deren Zellwand abbaut. Im Sekret der Nasenschleimhaut finden sich außerdem Immunglobuline verschiedener Subklassen sowie Makrophagen, Mastzellen, eosinophile Gra- Die unspezifische Immunabwehr kann im Idealfall sehr schnell reagieren. Oft reicht sie aber nicht aus, da sich die Krankheitskeime zu stark vermehren. Antikörper für den größeren Einsatz Wenn ein Eindringling auf eine Immunzelle getroffen ist, löst der Kontakt mit dem Antigen die weiteren Abwehrschritte aus: T-Helferzellen locken Immunzellen an und aktivieren sie. Aktivierte B-Zellen schütten Antikörper aus, mit denen freie Erreger gebunden und unschädlich gemacht werden. Killerzellen (zytotoxische T-Zellen) spüren infizierte Zellen auf, um sie zu töten. Angeschoben wird die Reaktion zu Beginn einer Infektion durch Makrophagen und dendritische Zellen. Sie sorgen dafür, dass sich die Information über die neuen Eindringlinge im Körper „herumspricht”. Die dendritischen Zellen werden gerne als Außenposten des Immunsystems bezeichnet, da sie über den ganzen Körper verteilt sind. Sie nehmen Antigene auf, vernichten sie aber nicht, sondern wandern mit ihnen in die 1 Der Fachverlag für Complementär-Medizin Medizinalpilze zur Stärkung der Abwehrkräfte Der nachfolgende Artikel ist mit freundlicher Genehmigung entnommen aus Andreas Kappl Ausgabe 12/06. Fordern Sie Ihr Probeheft an! Tel.: 0 61 46 - 90 74 - 0 • Fax: 0 61 46 - 90 74-44 • www.comedverlag.de Immunsystem Immunsystem Dr. med. Andreas Kappl seit 1998 niedergelassen in Wackersdorf, Schwerpunkt Naturheilverfahren, biologische Tumortherapie. Promotion zu einem onkologischen Thema („Die Phosphohexose Isomerase als Tumormarker“). Umfangreiche naturheilmedizinische Ausbildung, u. a. Arzt für Naturheilverfahren, Akupunktur, Applied Kinesiologie, in diesem Rahmen auch osteopathische und NLP-Ausbildung. In einer Studie (2) konnte jetzt festgestellt werden, dass aus Ganoderma lucidum gewonnene Polysaccharide (PS-G) auf dendritische Zellen wirken: PSG konnte Reifung und Aktivität von unreifen dendritischen Zellen beschleunigen. Boten übermitteln das Wissen Die Lymphozyten lösen die Bildung von Zytokinen aus, aktiFriedhofstraße 7, D-92442 Wackersdorf vieren Killerzellen, SuppressorTel.: 09431 / 759400 zellen und T-Helferzellen. [email protected] kine wie Interferone und Interleukine haben die Funktion von Lymphknoten oder in die Milz. Dort wartet Botenstoffen zwischen den unterschiedlichen Anteilen des Immunsystems. Sie aktivieren in schon ihr Publikum: die Lymphozyten lassen der Zielzelle Signalproteine, die die Transkripsich die Antigene präsentieren. Nicht jeder tion beeinflussen und so für einen geregelten Lymphozyt besitzt den passenden Rezeptor, Ablauf der Immunreaktionen sorgen. Die Zytoum auf das präsentierte Antigen reagieren zu kine spielen also eine wichtige Rolle für ein gut können. Die dendritischen Zellen müssen also funktionierendes Immunsystem. suchen, bis sie den richtigen Lymphozyten gefunden haben. Voraussetzung für eine erEine aus der Universität von North-Carolina folgreiche Suche ist eine ausreichende Bestammende Metaanalyse (3) untersuchte kürzweglichkeit der dendritischen Zellen. Lympholich die Studienergebnisse zu verschiedenen zyten und dendritische Zellen tasten sich gepflanzlichen Immunmodulatoren. Dabei kamen genseitig ab und trennen sich, wenn der Lymdie hochkarätigen Autoren zu dem Ergebnis, phozyten-Rezeptor nicht passt. Wenn der richdass sowohl für Coriolus versicolor als auch tige Lymphozyt gefunden ist, bleiben die Zelfür Grifola frondosa der Nachweis einer gesteilen eine Zeit lang zusammen, um stimulatorigerten Zytokinproduktion erbracht sei. sche Signale auszutauschen. Diese Signale regen die Lymphozyten, besonders aber die Eine weitere Untersuchung (4) testete den Einnatürlichen Killerzellen, zur Zellteilung an. Mit fluss eines Cordyceps-Extraktes auf Mäuse Hilfe dieser Information werden Immunglobumit viraler Myokarditis (Herzmuskelentzünline hergestellt, Eiweißverbindungen, die haardung). Dazu wurden 100 Mäuse in drei Grupgenau auf die Antigene der Krankheitskeime pen aufgeteilt: die Kontrollmäuse in Gruppe 1 passen. Sie verbinden sich mit den Eindringlebten weiter wie bisher, die zweite Gruppe lingen zu Antikörper-Antigen-Komplexen und wurde mit dem Coxsackie-Virus infiziert, und aktivieren das Komplementsystem, das die die Mäuse aus Gruppe 3 bekamen neben dem Zellmembranen auflöst, sodass die FremdVirus eine Cordyceps-Therapie. Nach 14 Tastoffe phagozytiert werden. gen wurden die Ergebnisse begutachtet: In Kontakt: Gruppe 2 hatten die Interferon-gamma-Werte im Serum abgenommen, auch der Anteil der T-Lymphozyten war gesunken. Die CD4/CD8Ratio war im Vergleich zu den Kontrollmäusen angestiegen. Anders in der Cordyceps-Gruppe: Hier war das Interferon-gamma signifikant höher, und es gab hinsichtlich der T-Lymphozyten keinen signifikanten Unterschied zu den Kontrollmäusen. Die Überlebensrate der Cordyceps-Mäuse lag bei 85, in der Kontrollgruppe bei 55 Prozent. Die Autoren schlussfolgern, dass Cordyceps-Extrakt eine wichtige Rolle gegen virusinduzierte Myokarditis spielt, indem es Interferon-gamma steigert und die TLymphozyten reguliert. Feinde werden in den Selbstmord getrieben Erkennt eine T-Helferzelle ein Antigen, wird das Immunsystem alarmiert: passende Botenstoffe werden ausgesendet. Gegen Virusinfekte werden vor allem T-Killerzellen aktiviert. Sie sind in der Lage, auf allen Körperzellen nach Antigenen zu suchen, dort anzudocken und den Selbstmord der dazugehörigen Zelle zu veranlassen. Längst haben Labortests gezeigt, dass T-Killerzellen durch immunmodulatorisch wirksame Substanzen dabei unterstützt werden können. Langfristig wäre das wahrhaftig eine elegante Lösung gerade auch in der Krebstherapie! Für Anerkennung sorgte jetzt eine Untersuchung aus der onkologischen Abteilung der Universitätsklinik Freiburg und zwei renommierten USamerikanischen Einrichtungen (5): Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Ganoderma lucidum mehrere Krebszelllinien in die Apoptose (den programmierten Zelltod) treiben kann, u. a. Leukämie- und Lymphomzellen. Wie wirken die Medizinalpilze? Medizinalpilze wie Ling Zhi (Reishi, Ganoderma lucidum), Maitake (Grifola frondosa, Tanzender Pilz), Royal Sun Agaricus (Agaricus blazei, Sonnenpilz) oder Yun Zhi (Trametes versicolor, Coriolus, Schmetterlingsporling, Schmetterlingstramete, Wolkenpilz) enthalten eine große Zahl von Polysacchariden, alleine Ganoderma lucidum enthält über 100 verschiedene! Sie heißen beispielsweise Ganoderan (aus Ganoderma lucidum) Grifon-D oder Grifolan (aus Grifola frondosa) und PSK oder PSP (aus Coriolus versicolor). Weitere wirksame Bestandteile sind Triterpenoide mit ganoderischen Säuren, Peptide (LZ-8) sowie Steroide (Ganosteron, Ergosterol). Weitere bioaktive Substanzen in Medizinalpilzen sind Triterpene, Proteine, Lipide und Phenole. Abb. 2: Coriolus versicolor © Rudolf Roglmeier 2 Vor allem die Polysaccharide sind verantwortlich für die immunstimulierenden und -modulierenden Eigenschaften der Pilze. 12/06 Immunsystem Tipps für die praktische Anwendung von Medizinalpilzen Extrakte Die meisten wissenschaftlichen Studien wurden mit Extrakten aus Medizinalpilzen durchgeführt. Meist handelt es sich um Heißwasser- oder alkoholische Extrakte. Je nach Pilzart enthalten Extrakte eine 15- bis 20-fach höhere Konzentration an Beta-D-Glukanen als pulverisierte Pilze. Hinzu kommt, dass die Wirkstoffe des Pilzes in ein Chitingerüst eingebettet sind und dadurch vom menschlichen Organismus nur ungenügend aufgeschlossen werden können. Erst eine Extraktion macht die Wirkstoffe ausreichend bioverfügbar. Abb. 3: Ganoderma lucidum (© Rudolf Roglmeier) In den vergangenen Jahren konnte in klinischen und präklinischen Untersuchungen demonstriert werden, dass Heißwasserextrakte aus Medizinalpilzen ein weites Spektrum von biologischen Wirkungen haben. Vor allem stimulierende Effekte auf verschiedene Zellarten des Immunsystems und krebshemmende Effekte konnten gezeigt werden. Heute werden in der internationalen Fachpresse fast wöchentlich neue Forschungsergebnisse zu Medizinalpilzen veröffentlicht. Fast immer haben die Forscher dabei Krebszelllinien und deren Beeinflussung durch Pilze im Fokus. Viele dieser ermutigenden Ergebnisse lassen sich jedoch unschwer auf harmlosere Erkrankungen wie etwa virale Infekte übertragen. Die Polysaccharide ... • ... erhöhen die Effektivität von Makrophagen • ... aktivieren natürliche Killerzellen • ... regen T-Helferzellen und B-Zellen an, • ... erhöhen die Aktivität von Immunbotenstoffen wie Interleukin 1, Interleukin 2, Interferonen und dem Tumornekrosefaktor Herpes Zoster Ein Ganoderma lucidum enthaltendes Kräuterpräparat half gut bei zehn Patienten mit Herpes zoster (7). Fünf Gürtelrose-Patienten berichteten über eine nach wenigen Tagen einsetzende Schmerzlinderung. Andere profitierten von einer schnellen Besserung und ausbleibenden Post-Zoster-Neuralgien. Eigene Erfahrungen Ich setze Medizinalpilze seit Jahren bei meinen Patienten ein. In erster Linie bei Abwehrschwäche, bei Erkältungskrankheiten, aber auch zur adjuvanten Tumortherapie. Gute Erfahrungen habe ich auch mit dem Einsatz zur Verbesserung der Immunabwehr gemacht. Ich selbst nehme regelmäßig eine Medizinalpilzmischung mit Vitamin C und Zink1, ebenso meine Praxisangestellten. Seitdem überstehen wir die Erkältungswellen in der Praxis nahezu unbeschadet. Selbst meine beiden Töchter (5 und 8 Jahre alt) hatten im letzten Winter keinen echten Infekt. Verschiedene Studien mit Patienten, die an Viruserkrankungen litten, verdeutlichen die Vorteile einer Medizinalpilzeinnahme. Hier zwei Beispiele: Feigwarzen Humane Papillomaviren sind verantwortlich für die Entstehung von Condyloma acuminatum im Anogenitalbereich. In einer Studie (6) wurden 34 Patienten mit Feigwarzen mittels Elektrokauterisation behandelt. Bei den Patienten, die anschließend Cordyceps sinensis bekamen, traten signifikant weniger neue Feigwarzen auf. 1 Mykoimmun, Inhaltsstoffe pro Kapsel: 40 mg Ling Zhi-Extrakt 12%, 35 mg Maitake-Extrakt 30%, 80 mg Royal Sun Agaricus-Extrakt 45%, 90 mg Yun Zhi-Extrakt 25%, 60 mg Vitamin C (gepuffert), 2,5 mg Zink 12/06 Reinheit der Extrakte Im Extrakt werden nicht nur Wirkstoffe angereichert, sondern natürlich auch Schadstoffe wie Schwermetalle, Bakterien und sonstige organische und anorganische chemische Rückstände. Nur laborchemisch auf Schadstoffgehalt getestete Präparate gewährleisten hier eine Unbedenklichkeit. Literaturhinweise 1. Jeong SC; Yang BK; Kim GN; Jeong H et al: Macrophage-Stimulating Activity of Polysaccharides Extracted from Fruiting Bodies of Coriolus versicolor (Turkey Tail Mushroom) [In Process Citation] J Med Food 2006 Summer;9(2):175-81 (ISSN: 1096-620X) 2. Lin YL, Lee SS, Hou SM, Chiang BL: Polysaccharide Purified from Ganoderma lucidum Induces Gene Expression Changes in Human Dendritic Cells and Promotes T Helper 1 Immune Response in BALB/c Mice. Mol Pharmacol 2006; 70(2): 637-44. 3. Spelman K, Burns JJ, Nichols D, Winters N et al.: Modulation of Cytokine Expression by Traditional Medicines: A Review of Herbal Immunomodulators. Altern Med Rev 2006;11(2):128-150. 4. Li F; Gao XY; Rao BF; Liu L et al: Effects of cordyceps sinensis alcohol extractive on serum interferon-gamma level and splenic T lymphocyte subset in mice with viral myocarditis. Xi Bao Yu Fen Zi Mian Yi Xue Za Zhi 2006; 22(3): 321-3. 5. Muller CI; Kumagai T; O’kelly J; Seeram NP et al.: Ganoderma lucidum causes apoptosis in leukemia, lymphoma and multiple myeloma cells. Leuk Res 2006; 30: 841-848. 6. Gao Q; Wu G; He D: Effect of Cordyceps sinensis on the Th1/Th2 cytokines in patients with Condyloma Acuminatum. Zhong Yao Cai 2000 Jul;23(7):402-4 7. Hijikata Y; Yasuhara A; Sahashi Y: Effect of an herbal formula containing Ganoderma lucidum on reduction of herpes zoster pain: a pilot clinical trial. Am J Chin Med 2005; 33: 51723. (ISSN: 0192-415X) 3