0 Zusammenfassung Zusammenfassung Das extrazelluläre Matrixmolekül Tenascin C wird während der embryonalen Entwicklung des zentralen Nervensystems in distinkten räumlichen und zeitlichen Abschnitten exprimiert. Es wird unter anderem von radialen Gliazellen gebildet, einem Subtyp neuraler Stammzellen. Tenascin C kommt in vielen verschiedenen Varianten vor, die durch alternatives Spleißen des primären Tanskriptes entstehen. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, wie die Expression von Tenascin C während der neuralen Entwicklung und in Stammzellen des Nervensystems reguliert wird. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die Regulation der Spleißvarianten des Moleküls gelegt. Die Expression von Tenascin C im sich entwickelnden neuralen Gewebe ist nicht in allen Bereichen gleich stark und auch die gefundenen Isoformen des Moleküls unterscheiden sich je nach Zeitpunkt und untersuchter Region. Dabei lässt sich eine Korrelation zwischen dem Auftreten großer Varianten von Tenascin C und Wanderungsprozessen sowie Gewebeneu- bzw. –umbildungen feststellen. Dies unterstreicht die Bedeutung von Tenascin C bei der Ausbildung einer Nische für aktive Proliferations- und Wanderungsereignisse während der Entwicklung des Nervensystems. Auch nach Abschluss der neuralen Entwicklung bleibt die Expression von Tenascin C in der neuralen Stammzellnische bestehen und behält seinen Einfluss auf die dort positionierten Stamm- und Vorläuferzellen bei. Es konnte festgestellt werden, dass Tenascin C von radialen Gliazellen während der Spezifizierung des neuralen Gewebes exprimiert wird und dass diese Zellen 20 verschiedene Varianten des Moleküls bilden. Das gefundene Muster ähnelt demjenigen, welches bereits im postnatalen Cerebellum gefunden wurde, in dem vor allem radial verlaufende Bergmann-Gliazellen Tenascin C produzieren. Daher ist anzunehmen, dass es sich bei der gefundenen Variabilität um ein Muster handelt, das für radiale Gliazellen typisch ist und die Funktionalität dieser Zellen unterstützt. - 177 - Zusammenfassung 0 Die Expression von Tenascin C in radialen Gliazellen wird von den Transkriptionsfaktoren pax6 und otx2 reguliert, die vor allem die Bildung großer Isoformen des Moleküls fördern. In einem Schwerpunkt wurde die neuronale Spezifizierung von neuralen Vorläuferzellen durch pax6 in vitro untersucht. Kulturen dieser Zellen, die pax6-defizient waren, exprimierten keine großen Isoformen von Tenascin C, während solche, die pax6 oder otx2 überexprimierten, verstärkt große Varianten bildeten. Demgegenüber hatten die Transkriptionsfaktoren emx2 und tlx, die ebenfalls während der neuralen Entwicklung für die Proliferation und Spezifizierung neuraler Stammzellen wichtig sind, keinen Einfluss auf die Tenascin C Expression. Es kann angenommen werden, dass die Regulation von Tenascin C durch pax6 in radialen Gliazellen für die Wanderung junger Neuronen entlang der Fortsätze radialer Gliazellen entscheidend ist. Fehlt pax6 in Kulturen neuraler Stammzellen und werden daher keine großen Isoformen von Tenascin C gebildet, so ist die Wanderung von Neuronen entlang von funktionellen radialen Gliazellen, die unter bestimmten Bedingungen in diesen Kulturen entstehen, verlangsamt. Die Differenzierung radialer Gliazellen zu Neuronen und die Produktion und Sekretion von Tenascin C durch diesen Zelltyp werden von pax6 gesteuert. Damit nimmt dieser Transkriptionsfaktor nicht nur Einfluss auf die Neurogenese im Vorderhirn, sondern trägt auch zur korrekten Positionierung der jungen Neurone im Gewebe bei, indem pax6 die Expression eines der Moleküle reguliert, das für die Interaktion zwischen Neuronen und Gliazellen wichtig ist. In der embryonalen neuralen Stammzellnische sind Populationen von Stammzellen für die Generation neuraler Zellen verantwortlich, die durch den epidermalen bzw. den Fibroblasten-Wachstumsfaktor stimuliert werden können. Diese Zellen können als sogenannte Neurosphären in vitro kultiviert und vermehrt werden. Dabei wird ihre Proliferation durch den epidermalen Wachstumsfaktor und/oder den basischen Fibroblasten-Wachstumsfaktor angeregt. Beide haben einen stark stimulierenden Einfluss auf die Expression von Tenascin C in Neurosphären-Kulturen. Es wurde deutlich, dass verschiedene Zelltypen völlig unterschiedlich auf die Präsenz bestimmter Faktoren reagieren können, was hier am Beispiel des transformierenden Wachstumsfaktors ß1 gezeigt wurde, der bei Neurosphären auf die Expression - 178 - 7 Literaturverzeichnis von Tenascin C keinen Einfluss hat, während er bei primären Astrozyten dieses Molekül hochreguliert. Die Befunde zur Steuerung der Expression von Tnc-Isoformen im sich entwickelnden neuralen Gewebe und in Kulturen neuraler Stamm- /Vorläuferzellen durch intrinsische und extrinsische Faktoren implizieren eine Rolle bei der Feinsteuerung der Prozesse, die in der neuralen Stammzellnische während der Neu- und Umbildungen von Geweben und bei Zellmigrationen und der Ausbildung von neuronalen Verschaltungen ablaufen. - 179 -