Behandlungstechniken bei Durchblutungsstörungen Für die Behandlung der AVK (Arterielle Verschlußkrankheit) gibt es mehrere Methoden, die kombiniert, aber auch als alleinige Therapie angewandt werden können. Die Wahl des geeigneten Verfahrens ist abhängig vom Ausmaß der Beschwerden, vom Alter und allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten, vom betroffenen Blutgefäß und vom Ausmaß der Veränderungen an den Blutgefäßen. • konservative Therapie: Gehtraining und Gefäßsport • interventionelle Verfahren: minimal-invasive Eingriffe unter Zuhilfenahme bildgebender Techniken wie z.B. Röntgendurchleuchtung und Angiographie • gefäßchirurgische Verfahren: Gefäßoperationen wie z.B. Bypass (Umleitung), Atherektomie (Ausschälen), Patchplastik („Flicken“ einsetzen) Im Folgenden beschreiben wir die in der Klinik für Radiologie durchgeführten interventionellradiologischen Verfahren zur Wiedereröffnung verengter oder verschlossener Blutgefäße. Im Anschluß daran erhalten Sie Informationen über die Nachbehandlung nach einem Gefäßeingriff. Ballondilatation Die Aufdehnung einer Verengung (Stenose) eines Blutgefäßes wird in der Fachsprache PTA (Perkutane Transluminale Angioplastie) genannt. Durch Punktion (Einstich mit einer Kanüle) eines oberflächennahen Blutgefäßes, meist der Leistenarterie, wird ein kleiner äußerer Zugang geschaffen (perkutan = durch die Haut); dann werden kleine Instrumente wie z.B. ein Ballonkatheter unter Röntgendurchleuchtung durch die Blutgefäße (transluminal) bis an die Stenose vorgeschoben; der anfangs zusammengefaltetete Ballon wird dann in der Stenose aufgedehnt und somit das Lumen der Arterie erweitert, der normale Zustand des Blutgefäßes wiederhergestellt (Angioplastie). Nach Beendigung des Eingriffs wird der Ballonkatheter dann im wieder zusammengefalteten Zustand entfernt. Abbildung: Prinzip der Ballondilatation Ballonkatheter gibt es, entsprechend ihrem Einsatzbereich, aus verschiedenen Materialien, in verschiedenen Formen und Größen. Im zusammengefalteten Zustand sind sie meist nur zwischen 1,6 und 2,3 mm dick, und sie erreichen eine Maximalgröße zwischen 2 und 10 mm im aufgeblasenen Zustand. Die PTA wurde bereits in den siebziger Jahren für die Behandlung von arteriellen Stenosen oder Verschlüssen entwickelt und hat seitdem große Verbreitung gefunden. Heute ist die PTA eine Routinemaßnahme im Bereich der Interventionellen Radiologie, mit der so gut wie alle Blutgefäße behandelt werden können. Neuerdings gibt es für spezielle Fälle auch Ballons, die ein Medikament an die Arterienwand abgeben, welches ein Rezidiv (erneute Einengung) verhindern soll. Bei der Stentimplantation wird nach dem gleichen Prinzip ein Stent (Gefäßstütze) in die verengte Stelle implantiert. Ein Stent ist ein bioverträgliches, aus feinen Metallfäden oder streben bestehender Schlauch, der in ein Blutgefäß implantiert wird und dort von innen her die Wand stützt, also sozusagen wie ein „inneres Korsett“ wirkt. So kann ein verengtes Blutgefäß erweitert und offengehalten werden. Das Prinzip der Stentimplantation ist ähnlich dem der Ballondilatation: für die Einführung in das verengte Blutgefäß liegt der Stent in einer kleinen, zusammengedrückten Form vor und wird, wenn er in der Stenose plaziert ist, freigesetzt, wobei er sich auf seinen maximalen Durchmesser aufdehnt. Abbildung: Das Prinzip der Stentimplantation. Beispiel eines ballonaufdehnbaren Stents (Strecker Stent): der Stent ist so auf einen Ballonkatheter montiert, daß er beim Einführen einen kleinen Durchmesser hat und durch Aufblasen des Ballons auf seinen maximalen Durchmesser aufgedehnt wird. Nach Freisetzung des Stents wird der Katheter wieder entfernt. Der Stent verbleibt im aufgedehnten Gefäßabschnitt und wächst dort mit der Zeit in die Arterienwand ein. Eine Stentimplantation kommt zum Einsatz, wenn eine vorhergehende Ballondilatation nicht das gewünschte Ergebnis zeigt, oder als primäre Behandlung bei Verengungen oder Verschlüssen, bei denen eine Ballondilatation keinen Erfolg verspricht. Der erste Stent wurde 1987 von Herrn Prof.Strecker im Diakonissenkrankenhaus entwickelt und zur Behandlung von Patienten zugelassen. Inzwischen steht eine Vielzahl verschiedener Stentmodelle und –techiken zur Verfügung, die im Hinblick auf die Behandlung der verschiedenen Blutgefäße und der Art der vorliegenden Verengung optimiert sind und sich in ihren Eigenschaften unterscheiden: Material: Edelstahl-Legierungen, Nickel-Titan-Legierung, Spezial-Legierungen; physikalische Eigenschaften: Biegsamkeit, Expansionsstärke, Stauchungstoleranz; Freisetzungsmechanismus: ballonaufdehnbar oder selbstexpandierend. Neuerdings gibt es für spezielle Fälle auch Stents, die ein Medikament an die Arterienwand abgeben, welches ein Rezidiv (erneute Einengung) verhindern soll. Bei kugeligen Gefäßaussackungen (Aneurysma) kommen bedeckte Stents (sogenannte Stent-Grafts) zum Einsatz, die den normalen Fluß innerhalb der Blutbahn wieder herstellen. Der behandelnde Radiologe wird den für Sie am besten geeigneten Stent aussuchen. Abbildung: Verschiedene Stent-Typen Abbildung: Aufdehnung eines ballon-expandierbaren Stents unter Durchleuchtungskontrolle Abbildung: ein selbst expandierender Stent ist in zusammengedrücktem Zustand auf einem Katheter montiert und von einer Hülle bedeckt. In der Zielläsion wird er durch Entfernung der bedeckenden Hülle freigesetzt. Moderne, besonders flexible Stents können auch in Blutgefäße implantiert werden, die einer Biegung unterliegen, wie z.B. die Kniekehlenarterie (Arteria popplitea). Bei der Beugung des Knies biegt der Stent sich mit. Im Allgemeinen sind Stents eine offene Gitterkonstruktion. Für spezielle Erkrankungen wie z.B. ein Aneurysma (Aussackung eines Blutgefäßes) wurden bedeckte Stents (Stent-Grafts) entwickelt, die das Blutgefäß im sackförmig erweiterten Bereich auf seine normale Größe reduzieren. Abbildung: flexibler Stent-Graft Abbildung: Stent-Graft zur Behandlung eines Aneurysmas der Beckenarterie Fibrinolyse Wenn ein Blutgefäß durch ein großes Blutgerinnsel (Thrombus) verschlossen wurde, kann es mit Medikamenten, die den Thrombus auflösen (Thrombolytika / Fibrinolytika), wiedereröffnet werden (Thrombolyse / Fibrinolyse). Das Medikament wird ins Blutgefäßsystem gegeben, entweder durch eine Infusion in die Armvene (systemische Therapie), oder über einen Katheter direkt in das verschlossene Blutgefäß (lokale Therapie). Die lokale Lyse hat gegenüber der systemischen Lyse den Vorteil, daß das Medikament in einer hohen wirksamen Konzentration direkt am Thrombus seine Wirkung entfalten kann; die Gefahr von Blutungen an anderen Stellen des Körpers wird dadurch erheblich verringert. Die Katheter-Lyse ist ein interventionell-radiologisches Behandlungsverfahren und wird im Folgenden beschrieben. Bei thrombotischem Verschluß z.B. einer Becken- oder Oberschenkel-Arterie wird eine Leisten-Arterie punktiert und unter Röntgendurchleuchtung ein Katheter durch das Blutgefäß bis an den Thrombus vorgeschoben und falls möglich sogar in den Thrombus hinein. Durch den Katheter wird dann das Medikamentgegeben, das den Thrombus auflöst. Zur Kontrolle des Behandlungserfolges werden Angiographien (Gefäßdarstellung mit Kontrastmittel) angefertigt und der Lyse-Katheter jeweils ein Stück weiter vorgeschoben, bis das Blutgefäß wieder durchgängig ist. Je nach der Ausdehnung des thrombotischen Verschlusses kann es bis zu 24 Stunden dauern, bis das Blutgefäß wiedereröffnet ist. Da auch bei der Katheterlyse-Therapie ein Risiko für Blutungskomplikationen besteht, wird der Patient während dieser Zeit intensivmedizinisch überwacht. In vielen Fällen wird durch alleinige Lyse keine vollständige Wiedereröffnung erreicht, da dem Gefäßverschluß oft eine durch Arteriosklerose bedingte Verengung zugrundeliegt, die dann mittels Ballondilatation und eventueller Stentimplantation beseitigt wird. Abbildung: Lyse einer durch Thrombus verschlossenen Kniekehlarterie Nachbehandlung nach einem Gefäßeingriff Nach einem interventionellen Gefäßeingriff werden alle Instrumente aus dem Blutgefäß entfernt und die Punktionsstelle wird solange von der Hand des Arztes komprimiert, bis kein Blut mehr austritt. Damit die Punktionsstelle sich verschließen und somit das Risiko einer Nachblutung reduziert werden kann, wird ein Druckverband angelegt und eine 24-stündige Bettruhe empfohlen. Dafür empfiehlt sich ein kurzer Krankenhausaufenthalt, der bei den meisten Patienten unumgänglich ist. Manche Patienten können auch ambulant behandelt werden. In diesem Fall wird die Punktionsstelle mit einem biologisch abbaubaren Implantat (Pfropfen) verschlossen und dem Patienten 4 bis 6 Stunden Bettruhe verordnet, die er unter Beobachtung in der Klinik verbringt. Da die Innenwand des Blutgefäßes erkrankt ist, ist sie rauh, und an der behandelten Stelle lagern sich leicht Blutgerinnsel (Thromben) an, die wiederum zu einem Gefäßverschluß führen können. Zur Senkung dieses Risikos werden bereits während des Eingriffs blutverdünnende Medikamente verabreicht, die auch während des Krankenhausaufenthalts weiter gegeben werden. Überlappend dazu wird der Patient auf die Medikamente eingestellt, die er zur häuslichen Nachbehandlung verschrieben bekommt. Ein Bluterguß unter der Haut im Bereich der Punktionsstelle, der durch die vorübergehende Blutverdünnung entstehen kann, ist meist harmlos, wenn auch optisch beeindruckend, und wird im Verlauf der folgenden Wochen vom Körper abgebaut. Sollte es darüber hinaus zu einer örtlichen Schwellung oder zu Druckbeschwerden oder Schmerzen im Bereich der Punktionsstelle kommen, sollte der Patient möglichst bald seinen Arzt bzw. den Interventionellen Radiologen aufsuchen.