Öffentliche Informations- und Diskussionsveranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsforum der Süddeutschen Zeitung “Schwindel, Herz- und Schlaganfall“ Prof. Dr. med. Michael Weis Chefarzt der 1. Medizinischen Abteilung Krankenhaus Neuwittelsbach Kliniken der Barmherzigen Schwestern 80639 München Schwindel Schlaganfall Herzerkrankung Schwindel ist ein häufiges Problem • 20% der Menschen < 65 Jahre leiden an Schwindel • 30% der Menschen > 65 Jahre leiden an Schwindel • > 50% der Menschen > 75 Jahre leiden an Schwindel Schwindel ist ein häufiges Problem • Schwindel und Ohnmachtsanfälle gehören zu den häufigsten Ursachen für Vorstellungen in der Arztpraxis und Notaufnahme • ca. 50% der älteren Menschen mit Schwindel berichten von Stürzen und/oder Ohnmachtsanfällen Jeder Mensch empfindet den Schwindel anders Schwindelig Benommen Taumelig Duselig Wirr im Kopf Schummelig • Warum kommt es zu Schwindel ? • Ursachen aus internistischer und neurologischer Sicht • Zusammenhang zwischen Herzrhythmusstörungen und Schlaganfall • Diskussion • Zusammenfassung Öffentliche Informations- und Diskussionsveranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsforum der Süddeutschen Zeitung “Schwindel und Synkope aus internistischer Sicht“ Prof. Dr. med. Michael Weis Schwindel und Synkopen (Ohnmachtsanfälle) Schwindel ist ein Gefühl von Körperbewegungen. Wie auch der Schmerz ist dieses Gefühl nicht messbar Schwindel ist ein Gefühl und daher nicht messbar Schwindel und Synkopen (Ohnmachtsanfälle) Schwindel ist ein Gefühl von Köperbewegungen. Wie auch der Schmerz ist dieses Gefühl nicht messbar Gleichgewichtsstörungen sind äußerlich sichtbare körperliche Erscheinungen – im medizinischen Sprachgebrauch: Symptome –, z.B., wenn ein Betrunkener über den Bürgersteig wankt. Gleichgewichtsstörung Schwindel und Synkopen (Ohnmachtsanfälle) Schwindel ist ein Gefühl von Körperbewegungen. Wie auch der Schmerz ist dieses Gefühl nicht messbar Gleichgewichtsstörungen sind äußerlich sichtbare körperliche Erscheinungen – im medizinischen Sprachgebrauch: Symptome –, z.B., wenn ein Betrunkener über den Bürgersteig wankt. Ohnmacht ist eine Bewusstseinsstörung durch eine Fehlregulation im Herz-Kreislaufsystem Ohnmachtsanfall (Synkope) Warum kommt es zum Schwindel • Fehlende Übereinstimmung der an der Raumorientierung beteiligten Sinneswahrnehmungen: Drei Sinne braucht das Gleichgewicht 1. Das Gleichgewichtsorgan neben dem Innenohr Drei Sinne braucht das Gleichgewicht 1. Das Gleichgewichtsorgan neben dem Innenohr 2. Das Auge (Informationen zur Orientierung im Raum) Drei Sinne braucht das Gleichgewicht 1. Das Gleichgewichtsorgan neben dem Innenohr 2. Das Auge (Informationen zur Orientierung im Raum) 3. Die Körperwahrnehmung - Tast- und Tiefensinn/Wahrnehmungsrezeptoren (z.B. Sensoren in Muskel-Gelenk-Haut) Drei Sinne braucht das Gleichgewicht 1. Das Gleichgewichtsorgan neben dem Innenohr 2. Das Auge (Informationen zur Orientierung im Raum) 3. Die Körperwahrnehmung - Tast- und Tiefensinn/Wahrnehmungsrezeptoren (z.B. Sensoren in Muskel-Gelenk-Haut) jede Erkrankung die zu einer Durchblutungsstörung des Gehirns und der Gleichgewichtszentren führt kann Schwindel auslösen Schwindelabklärung: Das wichtigste ist das Gespräch • Art des Schwindels (Drehen, Schwanken, Lift, ungerichtet) • Dauer und Frequenz (Sekunden, Minuten, Tage, Wochen) • Auslöser (Ruhe, Belastung, Kopfdrehung, situativ, etc.) • Begleitsymptome (Herzstolpern/Herzrasen, Luftnot, Hörstörung, Kopfschmerzen, Doppelbilder…) • Medikamente und Vorerkrankungen Innere Medizin und Schwindel – bunte Symptomatik • • Seltener: akuter Dreh- oder Liftschwindel Häufig: chronische schwindelähnliche Symptome, Schwankschwindel o Benommenheit oder „Sternchensehen“ o ein Gefühl der „Leere" im Kopf o Unsicherheit, „wackelig“ o Körperliche Schwäche o „Schwarz-werden-vor-Augen„ o Ohnmacht häufige Begleitsymptome wie Schwitzen, Herzrhythmusstörungen, Luftnot, Unruhe…. Schwindel in der Hausarztpraxis • 417 Patienten > 65 Jahre mit Besuch beim Hausarzt wegen „Schwindel/Benommenheit“ Schwindel beim Hausarzt • 41% der Patienten hatten typischen Schwindel • 69% der Patienten hat als Symptom Präsynkopen Schwindel beim Hausarzt • • 41% der Patienten hatten typischen Schwindel 69% der Patienten hat als Symptom Schwächeanfälle (Präsynkopen) • 57% hatten eine Herz-Kreislauferkrankung als Ursache • • 14% Gleichgewichtserkrankung 11% psychiatrische Ursachen • In 25% der Fälle Zusammenhang mit Medikamenten Newman-Toker et al. Mayo Clin Proc 2008 Abnehmende Häufigkeit Die häufigsten internistischen Diagnosen • Kreislauffehlreaktion (Ohnmachtsanfall / orthostatische Dysfunktion) • Elektrolytstörung • Herzrhythmusstörungen • Blutarmut • Unterzuckerung • Herzinfarkt /Herzschwäche > 40% der Patienten mit Schwindel in der Notaufnahme Newman-Toker et al. haben eine Mayo Clin Proc 2008 internistisch/kardiologische Ursache Häufigkeit „gefährlicher Diagnosen“ Diagnosefindung: Untersuchungen Internistische Untersuchung - Kreislauf-Regulation,- Funktion (Blutdruckmessung im Liegen und Stehen, 24-Stunden-LangzeitBlutdruckmessung, EKG und 24Stunden-Langzeit-EKG, BelastungsEKG, Herzultraschall) - Blutuntersuchungen (Erkennen von Stoffwechselkrankheiten, Elektrolytstörungen und Anämien) Therapie des Schwindels bei internistischen Erkrankungen abhängig von der Ursache Vom Schwindel abzugrenzen Ohnmachtsanfall (Synkope) Schwindel aus dem mittelhochdeutschen „swindeln“ Swindeln bedeutete ursprünglich - In Ohnmacht fallen- Ohnmacht ist ein plötzlicher Bewusstseins- und Muskeltonusverlust durch eine vorübergehende HirnMinderperfusion (meist durch eine Fehlregulation im Herz-Kreislaufsystem) Symptome 1) Aufsteigendes Unwohlsein, Schwindel, Schwarzwerden vor Augen Ohnmachtsanfall 2) Ohnmachtsanfall ohne Vorwarnung Synkopen- Häufigkeit - 40% der Bevölkerung erleidet mindestens 1x eine Synkope - bis zu 20% unklare Ursache - häufigste Fehldiagnose: epileptischer Anfall - häufigste Ursache: Fehlregulation im Kreislaufsystem Meister von Liesborn Ohnmacht Mariens um 1480 Synkopenursachen 1) Abnormaler Blutdruckabfall durch Fehlregulation im autonomen Nervensystem Ursache Reflexsynkopen Orthostatische Dysfunktion Häufigkeit 30-50% Situativ (Husten, Miktion, postprandial) Stressbedingt (Blutentnahme, Angst, Schmerz, etc.) 10-20% Volumenmangel (Blutverlust, Erbrechen, Durchfall) Medikamente (u.a. Blutdruckmittel, Antidepressiva, Schmerzmittel, Schlafmittel) Autonomes Versagen (Diabetes, M. Parkinson) Kipptisch-Untersuchung bei ungeklärten Ohnmachtsanfällen Aufzeichnung einer Kipptischuntersuchung Simonis et al., Der Internist 2015; 56:12-19 Synkopenursachen 2) Herzrhythmusstörungen und strukturelle Herzerkrankungen (kardiale Synkopen) Ursache Vorhof- oder Herzkammerahrrhyhtmien Herzklappenfehler Herzwandverdickung Aortendissektion Herztumor Lungenembolie Häufigkeit 10% Synkopenursachen 2) Herzrhythmusstörungen und strukturelle Herzerkrankungen (kardiale Synkopen) Ursache Vorhof- oder Herzkammerahrrhyhtmien Herzklappenfehler Herzwandverdickung Aortendissektion Herztumor Lungenembolie Häufigkeit 10% Schlechte Prognose : 20% Sterblichkeitsrate innerhalb eines Jahres Synkopenursachen 3) Psychiatrisch/ Neurologisch (maximal 10%) 4) Unklare Ursachen (10-20%) Manöver bei drohender Ohnmacht Echte Synkope oder nicht ?? von Scheidt et al. ; Kardiologe 2011 Therapie der Synkope Aufklärung Vermeidung spezifische Therapie abhängig von der Ursache Schwindel bei Internistischen Erkrankungen - jede Erkrankung die zu einer Durchblutungsstörung des Gehirns und der Gleichgewichtszentren führt kann Schwindel auslösen -Typisch für internistische Ursachen ist ein ungerichteter Schwindel bzw. schwindelähnliche Symptome Häufige internistische Ursachen sind Blutdruckentgleisungen, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen, Elektrolytentgleisungen, Anämie und Lungenerkrankungen Synkope (Ohnmachtsanfälle) - verursacht durch eine Fehlregulation im HerzKreislaufsystem - Häufig stressbedingt oder situativ - Herzrhythmusstörungen und Herzfehler müssen ausgeschlossen werden - Aufklärung und Behandlung abhängig von der Ursache Pathophysiologie der neurokardiogenen Synkope Synkope z.B. Orthostase Venöses Pooling 300-800 ml Blut in untere Extremität Red. SV und leichter RR-Abfall Vasodilatation, HF und RR fallen ab Gegenregulatorisch steigt der Vagotonus Es kommt zum „Sympathikusentzug“ Barorezeptoren im Karotissinus und Aortenbogen senken den Vagotonus Überwiegen der Sympathikusaktivität Peripherer Widerstand,HF und kard. Inotropie steigen Hyperkontraktilität führt zur stim. Kard. Mechanorezeptoren mit Afferenzen zum Vaguskern I.) Normaler Schwindel Reizschwindel ist in bestimmten Situationen normal. Autoreisekrankheit, Flugkrankheit, Seekrankheit Die Lust am Schwindel Jedes Jahr wird auf dem Oktoberfest gezielt ein Reiz-Schwindel hervorgerufen. Er bereitet den Besuchern von Achterbahnen, Karussells etc. offensichtliches Vergnügen und führt bei dieser Gelegenheit auch viel seltener zu Erbrechen und stärkeren vegetativen Folgeerscheinungen. II.) Drehschwindel (meist attackenweise) „Alles dreht sich wie im Karussell!“ „Ich habe das Gefühl, als drehe ich mich andauernd im Kreis!“ „ Gefühl wie beim Liftfahren“ II. Drehschwindel (meist attackenweise) 1) Vestibulärer Schwindel (Erkrankung des Gleichgewichtsorganes) - Störung im Gleichgewichtsorgan; kann mit Hörstörung einhergehen - Schädigung des Gleichgewichtsnervs Lagerungsschwindel (Häufigkeit 10% der älteren Bevölkerung) • Entsteht durch krankhafte Ablagerung der Ohrkristalle im Bogengang (Gleichgewichtsorgan des Innenohres) Gutartiger Lagerungsschwindel Lagerungsschwindel (Häufigkeit 10% der älteren Bevölkerung) • Entsteht durch krankhafte Ablagerung der Ohrkristalle im Bogengang (Gleichgewichtsorgan des Innenohres) • sekundenlanger (20-30s) Drehschwindel bei Lagewechsel des Kopfes • Begleitet von Übelkeit, oft Schweißausbruch und Angstgefühl Lagerungsschwindel • Diagnose: unter der Frenzelbrille Einnahme der schwindelauslösenden Haltung Lagerungsprobe: Mit 2-4 s Latenz Drehschwindel und Nystagmus zum untenliegenden Ohr mit rotatorischer Komponente; Dauer 20 s bis 1 Minute Lagerungsschwindel • Therapie: Evtl. anfangs Vomex Lagerungstraining: Einnahme der schwindelauslösenden Haltung bis zum Nachlassen des Schwindels, dann Neigung zur Gegenseite. • In der Regel Beschwerdefreiheit innerhalb von Tagen Befreiungsmaneuver beim Lagerungsschwindel Brandt-Daroff-Übung Morbus Meniere (Innenohrschwindel) 3 typische SYMPTOME: 1. Drehschwindel für Stunden bis zu einem Tag 2. einseitiges meist niederfrequentes Ohrgeräusch ("Rauschen") 3. einseitige Hörminderung (häufig zusätzlich "Druckgefühl" im betroffenen Ohr) • Ursache: Überdruck in der Gehörschnecke • Männer häufiger betroffen als Frauen • Beginn in der zweiten Lebenshälfte Morbus Meniere Therapie: • Bei Attacke Dimenhydrinat (Vomex) • Zur Vorbeugung Betahistin, alternativ Furosemid (Lasix) • Ultima ratio: Instillation von Gentamycin, Vestibularisneurektomie, Labyrinthektomie II.) Drehschwindel (meist attackenweise) 1) Vestibulärer Schwindel (Erkrankung des Gleichgewichtsorganes): Lagerungsschwindel; Morbus Meniere 2) Cervikaler Schwindel (Halswirbelsäule) Sekunden anhaltende Schwindelattacken können auch durch chronische Verspannungen und Fehlhaltungen im oberen Halswirbelsäulenbereich ausgelöst werden (Stellungsrezeptoren im Halsbereich senden falsche Informationen, wenn Sie in einem verspannten Bereich liegen) III) Schwankschwindel (mit oder ohne äußerlich sichtbare Gleichgewichtsstörungen) „Wie betrunken“, „als ob ich torkelte“, „der Bürgersteig erschien viel zu schmal für mich“... - alkoholische Getränke - Schädigungen im Bereich des Hirnstammes - Phobischer Schwankschwindel (Angstschwindel) - Altersschwindel (bilaterale Vestilopathie) durch Alterung der Sensoren im Innenohr Angstschwindel - Schwankschwindel mit dem Gefühl einer Standund Gangunsicherheit - attackenartige Fallangst ohne Sturz, oft ausgelöst durch typische Situationen (Autofahren, Überqueren von Brücken, Treppensteigen, leere Räume oder bestimmte soziale Anforderungen) - oft begleitet von Angst und Mißempfindungen - Besserung bei Sport und leichtem Alkoholkonsum; - Evtl. Psychotherapie, Antidepressiva Altersschwindel bds. Alterung des Gleichgewichtsorgans verschlimmert durch nachlassendes Sehvermögen, Nervenstörung der Beine (PNP), Medikamente, Kreislaufsschwankungen - Gang breitbasig, Schwindel im Dunkeln und/oder beim Gehen auf unebener Fläche Diagnose durch Kopfdrehtest/ggf. Ohrspülung Gleichgewichtstraining (z.B. Balancebretter, Laufen auf Schaumstoff) Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel Angstschwindel BEFUND: normale neurologische Untersuchung und unauffällige Gleichgewichtstests MECHANISMUS: Verstärkte Selbstbeobachtung ("Hyperreflektion"); THERAPIE: Erklärung des psychogenen Mechanismus, selbstkontrollierte Desensibilisierung (eventuell Verhaltenstherapie). Antidepressiva (selektive SerotoninWiederaufnahmehemmer). Schwindel als Zeichen für eine Störung im seelischen Gleichgewicht (Insuffizienzschwindel) „Nicht mehr mitkommen, ins Schwimmen geraten, den Boden unter den Füßen verlieren, nicht mehr durchblicken.“ - Dieser Schwindel zeigt uns, dass wir mit einer Situation oder Aufgabe überlastet sind. Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen kommen häufig dazu. Das kann daran liegen, dass wir uns mit einer Aufgabe „übernommen“ haben. Hier ist der Schwindel also nicht Alarmzeichen für eine körperliche sondern für eine Störung des seelischen Gleichgewichts. Normaler Schwindel: Höhenschwindel Beim Blick in die Tiefe aus großer Höhe hat unser Sehen keinen Fixpunkt mehr. Schwindel + Angst › Phobie Eine Phobie entsteht, wenn sich solche Situationen bei einem Menschen fest mit starker Angst verknüpfen. Man nennt das eine Phobie. Schwindel und Angst treten bei der kleinsten diesbezüglichen Gelegenheit auf, schon das Denken daran reicht oft als Auslöser: Höhenangst, Flugangst, … Diagnosefindung bei Schwindel Das Wichtigste ist die genaue Befragung zur Vorgeschichte (Anamnese): Wie empfinden Sie den Schwindel? Wann ist der Schwindel das erste Mal aufgetreten? Verlauf, Dauer? Was verschlimmert ihn, was macht ihn besser? Sind Gleichgewichtsstörungen dabei? Wenn ja, welcher Art? Ist der Schwindel noch mit anderen Störungen zusammen aufgetreten? Medikamente? Alkohol? Ungewöhnliches Essen? Psychisches Befinden? Belastungen durch Arbeit und Familie? Krisensituationen? -Benommenheit, Konzentrations- und Gleichgewichtsstörungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Verwirrtheit. -Achtung Natriummangel !! -Ursachen: Herz- Nierenschwäche, Durchfallerkrankung, wassertreibende Medikamente, Stoffwechselstörungen Meister von Liesborn Ohnmacht Mariens um 1480