Die Bedeutung der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeiten, Behinderung und Gesundheit (ICF) für die Suchtkrankenhilfe Vortrag auf den Suchttherapietagen Hamburg / Heidelberger Kongreß des FVS Mai / Juni 2010 Dr. med. Robert Stracke Chefarzt Fachkrankenhaus Hansenbarg Hanstedt Nordheide / Hamburg www.hansenbarg.de Ursprung der ICF Die ICF gehört als Klassifikation der Krankheitsfolgen zu der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelten „Familie“ der Gesundheitsklassifikationen Definition ICF Die ICF beschreibt den Zustand eines Menschen in standardisierter Form in seiner Lebensgesamtheit (v.a. auch soziale Aspekte) und entwickelt daraus Behandlungsziele in einer allgemein verbindlichen Sprache mit dem Ziel der Wiedereingliederung / Teilhabe Das bio-medizinische Modell kann Auswirkungen von Gesundheitsproblemen (ICD) auf die funktionale Gesundheit nicht beschreiben. Dies ist nur im Rahmen eines bio-psychosozialen Modells möglich (ICF). Daher ergänzt die ICF die ICD Bio-psycho-soziales Modell der ICF Gesundheitsproblem (Gesundheitsstörung oder Krankheit nach ICD - 10) Körperstrukturen (s) und – funktionen (b) Incl. Psyche !! Umweltfaktoren (e) • materiell • Sozial • „Einstellungsbezogen“ Aktivitäten (d) Teilhabe (d) persönliche Faktoren • Alter, Geschlecht • Motivation • Lebensstil Kurzdefinition von ICF Kategorien Am Beispiel: „Polyneuropathie“ bei Alkoholabhängigkeit: • Körperstruktur: peripheres Nervensystem der Beine • Körperfunktion: gehen ermöglichen, Sinnesreize verarbeiten etc • Aktivitäten: möglicher persönlicher Aktionsradius • Teilhabe: möglicher gesellschaftlicher Aktionsradius • Kontext: persönliche und gesellschaftliche Umfeldbedingungen, die förderlich oder hinderlich in der Bewältigung der Funktionsstörung sein können Aufbau der ICF Klassifikation der Körperfunktionen 8 Kapitel (z.B. Kapitel 1 „Mentale Funktionen“: b) Klassifikationen der Körperstrukturen 8 Kapitel (z.B. Kapitel 8 „Strukturen der Haut und Hautanhangsgebilde“: s) Klassifikation der Aktivitäten und Partizipation (Teilhabe) 9 Kapitel (z.B. Kapitel 1 „Lernen und Wissensanwendung“: d) Klassifikation der Umweltfaktoren 5 Kapitel (z.B. Kapitel 2 „Natürliche und vom Menschen veränderte Umwelt“: e) ICF: 1424 Kategorien Entwicklung einer ICF-Checkliste mit 125 Kategorien (WHO). Beispiele für ICF - Kategorien Körperfunktionen 1. Mentale Funktionen 2. Sinnesfunktionen und Schmerz 3. Stimm- und Sprechfunktionen 4. Funktionen des kardiovaskulären, hämatologischen, Immun- und Atmungssystems 5. Funktionen des Verdauungs-, des Stoffwechsels – und des endokrinen Systems 6. Funktionen des Urogenital- und reproduktiven Systems 7. Neuromuskuloskeletale und bewegungsbezogene Funktionen 8. Funktionen der Haut und der Hautanhangsgebilde Körperstrukturen 1. Strukturen des Nervensystems 2. Auge, Ohr 3. Stimme und Sprechen 4. Kardiovaskuläres, Immun- und Atmungssystem 5. Verdauungs-, Stoffwechsel und endokrines System 6. Urogenital- und Reproduktionssystem 7. Bewegungssystem 8. Strukturen der Haut- und Hautanhangsgebilde Quelle: Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit - ICF. www.dimdi.de (Buchveröffentlichung in Vorbereitung). Aufbau der ICF am Beispiel der Kategorie „ Körperfunktionen“, Kapitel 1 von 9 Kapitel 1: mentale Funktionen Globale mentale Funktionen ( b 110-b 139 ) b110 Funktionen des Bewußtseins … b 114 Funktion der Orientierung b 117 Funktionen der Intelligenz b 122 globale psychosoziale funktionen b 126 Funktionen von temperamentund Persönlichkeit b 130 Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs b 134 Funktionen des Schlafs Aufbau der ICF am Beispiel der Kategorie „ Körperfunktionen“, Kapitel 1 von 9 Kapitel 1: mentale Funktionen Globale mentale Funktionen ( b 110-b 139 ) b110 Funktionen des Bewußtseins … b 114 Funktion der Orientierung b 117 Funktionen der Intelligenz b 122 globale psychosoziale Funktionen b 126 Funktionen von Temperament und Persönlichkeit b 130 Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs b134 Funktionen des Schlafs Aufbau der ICF am Beispiel der Kategorie „ Körperfunktionen“, Kapitel 1 von 9 Kapitel 1: mentale Funktionen Globale mentale Funktionen ( b 110-b 139 ) b 130 Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs b 1300 Durchsetzungskraft und Durchhaltevermögen b 1301 Motivation zum Handeln b 1303 Drang nach Suchtmittel b 1304 Impulskontrolle Aufbau der ICF am Beispiel der Kategorie „ Körperfunktionen“, Kapitel 1 von 9 Kapitel 1: mentale Funktionen Spezifische mentale Funktionen ( b 140 – b 189) ) b140 Funktionen der Aufmerksamkeit b 1400 Daueraufmerksamkeit b 1401 Wechsel oder Lenkung der Aufmerksamkeit B 1402 geteilte Aufmerksamkeit b 1403 mit anderen geteilte Aufmerksamkeit Beurteilung wichtig bei Personen mit z.B. anhaltend kognitiver Störung, Depressionen,schweren Angststörungen, ADHS, Psychosen zur Beurteilung der Erwerbsfähigkeit Beurteilungsmerkmale: Grundsatz • Jedes Item der ICF, das bei einer Person betrachtet wird, wird durch Beurteilungsmerkmale näher spezifiziert. • Ohne diese Spezifizierung macht die Dokumentation keinen Sinn. • Das erste Beurteilungsmerkmal ist allgemein und für alle Items aus allen Teilklassifikationen formal gleich. Erstes Beurteilungsmerkmal (allgemein) = Schweregrad des Problems Problem xxx.0 nicht vorhanden (kein, unerheblich ...) xxx.1 leicht ausgeprägt (schwach, gering ...) xxx.2 mäßig ausgeprägt (mittel, ziemlich ...) xxx.3 erheblich ausgeprägt (hoch, äußerst ...) xxx.4 voll ausgeprägt (komplett, total ...) xxx.8 nicht spezifiziert xxx.9 nicht anwendbar Angabe des Schweregrads eines Problems durch Verwendung allgemeiner Beurteilungsmerkmale Kapitel 1: mentale Funktionen Globale mentale Funktionen ( b 110 - b 139 ) b 1303 Drang nach Suchtmittel b 1303. 0 nicht vorhanden = 0-4 % b 1303.1 leicht ausgeprägt = 5 – 24 % b 1303.2 mäßig ausgeprägt = 25 – 49 % b 1303.3 erheblich ausgeprägt = 50 – 95 % b 1303.4 volll ausgeprägt = 96 – 100 % Aufbau der ICF am Beispiel der Kategorie „ Körperfunktionen“, Kapitel 1 von 9 Kapitel 1: mentale Funktionen Spezifische mentale Funktionen b144 Funktionen des Gedächnisses b 1440 Funktion des Kurzzeitgedächnisses b 1441 Funktion des Langzeitgedächnisses Beurteilung wichtig bei Personen mit z.B. anhaltend kognitiver Störung, amnestischem Syndrom zur Beurteilung der Erwerbsfähigkeit und der Wiedereingliederungschancen ICF „Domäne“ Aktivität und Teilhabe (d) für Rehabilitation und Wiedereingliederung besonders relevant Aktivitäten und Partizipation 1. Lernen und Wissensanwendung 2. Allgemeine Aufgaben und Anforderungen 3. Kommunikation 4. Mobilität 5. Selbstversorgung 6. Häusliches Leben 7. Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen 8. Bedeutende Lebensbereiche 9. Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben ICF- Aktivitäten und Partizipation Beispiel Kapitel 5 von 9 Kapitel Bio-psycho-soziales Modell der ICF Gesundheitsproblem (Beispiel Polyneuropathie als Folge von Alkoholabhängigkeit) Nervenschaden / Muskelschwäche Umweltfaktoren • Materiell (4. Stock, kein Lift) • Sozial (einsam) Treppensteigen Zur Arbeit fahren persönliche Faktoren • wenig Motivation • Süchtiger Lebensstil Hauptaussagen der ICF I. 1.Die Funktionsfähigkeit eines Menschen bezüglich bestimmter Komponenten der Gesundheit ist als eine Wechselwirkung oder komplexe Beziehung zwischen allen Komponenten der ICF zu verstehen. 2. Es besteht eine dynamische Wechselwirkung zwischen diesen Größen. Interventionen bezüglich einer Größe können eine oder mehrere der anderen Größen verändern. Hauptaussagen der ICF II. 3. Mit Hilfe der ICF können u. a. Krankheitsauswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens und die Teilhabe an bedeutenden Lebensbereichen (Beruf, Familie, Ausbildung, etc.) beschrieben werden. 4. Mit Hilfe der ICF kann die Hilfeplanung sowie die Wirkung von Interventionsmaßnahmen z.B Hilfsmittel, Rehabilitation, bestimmte Therapien in unterschiedlichen Bereichen abgeleitet werden Hauptaussagen der ICF III. 5. Sie stellt eine disziplinenübergreifende einheitliche Sprache für die Erscheinungsformen der funktionalen Gesundheit und ihren Beeinträchtigungen zur Verfügung • • unabhängig von der Profession des Anwenders unabhängig von der Sozialisation des Anwenders 6. Sie liefert eine wissenschaftliche und praktische Hilfe für • die Beschreibung und das Verständnis, • die Feststellung und Begutachtung von Zuständen der Funktionsfähigkeit Hauptaussagen der ICF IV. 7. Die ICF ermöglicht die Darstellung von Hilfeplänen (Datenvergleiche) für Behandlungsverläufe innerhalb eines Kostenträgers zwischen unterschiedlichen Kostenträgern und unterschiedlichen Behandlungssegmenten zwischen unterschiedlichen Disziplinen und unterschiedlichen Ländern Probleme mit der Praxistauglichkeit der ICF Mann 48 Jahre verheiratet Alkoholabhängigkeitkeit Adipositas Lendenwirbelsyndrom Kraftfahrer Lebt im ländlichen Raum Schulden Gute Anbindung an Beratungsstelle Wohnung 4 Stock ICF Fallbeispiel in der „Modellübersicht“ Alkoholabhängigkeit (F10.2), Bandscheibenprolaps (M54.4), Adipositas (E66.9) Schädigung der bewegungsbezogenen Funktionen Schädigung der mentalen Funktionen im Bereich Kognition und Emotion Treppensteigen eingeschränkt Vergißt und verlegt Dinge aufbrausend, aggressiv zusammen lebend mit Partnerin im Eigenheim (+/-) Partnerschaft durch Alkoholabhängigkeit von Trennung bedroht Aufrechterhaltung sozialer Kontakte Teilhabe im gesellschaftlichen Leben (Berufsleben) 53 Jahre alt, Kraftfahrer ICF Fallbeispiel: ausgewählte Aspekte in der „Itemübersicht“ nur die Zieleplanung im Bereich Arbeitstherapie /Belastungserprobung betreffend … b110 Funktionen des Bewusstseins b114 Funktionen der Orientierung b117 Funktionen der Intelligenz b122 Globale psychosoziale Funktionen b126 Funktionen von Temperament und Persönlichkeit b130 Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs b134 Funktionen des Schlafes b144 Funktionen des Gedächtnisses b147 Psychomotorische Funktionen b152 Emotionale Funktionen b156 Funktionen der Wahrnehmung b160 Funktionen des Denkens b164 Höhere kognitive Funktionen b167 Kognitiv-sprachliche Funktionen b172 Das Rechnen betreffende Funktionen b176 Mentale Funktionen, welche die Durchführung komplexer Bewegungshandlungen betreffen b180 Die Selbstwahrnehmung und die Zeitwahrnehmung betreffende Funktionen und was der Patient möglicherweise an förderlichen Kontextfaktoren im Bereich der Umwelt benötigen könnte … oder welche ihm hemmend nicht zur Verfügung stehen e550 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze der Rechtspflege e555 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze von Vereinigungen und Organisationen e560 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze des Medienwesens e565 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze der Wirtschaft e570 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze der sozialen Sicherheit e575 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze der allgemeinen sozialen Unterstützung e580 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze des Gesundheitswesens e585 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze des Bildungs- und Ausbildungswesens e590 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze des Arbeitsund Beschäftigungswesens e595 Dienste, Systeme und Handlungsgrundsätze der Politik Wenn man nicht mehr weiter weiß, macht man einen Arbeitskreis … Ziel: Erstellung von „Core Sets“ (Kernaussagen) aus dem ICF, die für die Diagnostik und Hilfeplanung praktikabel und somit übersichtlich gemacht werden müssen Status Quo: Derzeit vielfältige Aktivitäten zur Erstellung solcher Core Sets in der BRD Delphi - Methode Fragestellungen • AG aus FVS, BUSS und IFT ( Vogelsang für Roeb-Rivas, Veltrup, Küfner, Amann, Stracke) • Fragestellungen für das Screening: Verständlichkeit des Items Wichtigkeit für den Behandlungsbedarf Suchtkranker Wichtigkeit für die Indikation ambulant/stationär Wichtigkeit für die Indikation zur Behandlungsdauer Wichtigkeit für die Therapieevaluation Wichtigkeit für die sozialmedizinische Beurteilung Wer ist geeigneter Beurteiler für dieses Items Delphi – Methode / Vorgehen • Mehrstufiges Befragungsverfahren zur Erzielung eines Konsens • 20 Experten / innen screenten das ICF auf abhängigkeitsrelevante Items • Mittelwertsberechnung mit Standardabweichungen • Veröffentlichung der Ergebnisse im Januar 2011 in Sonderheft „Suchttherapie“ zum Thema Teilhabe • Abhaltung einer Konsenskonferenz • Idealerweise Workshop mit DRV • Abstimmung mit GKV und Kommunen wünschenswert • Anwendung „auf breiter Front“ Delphi - Methode Ergebnisse (Auszug) Wie relevant ist das Item für die Behandlung Suchtkranker ? KörperfunktionenKapitel 1: Mentale Funktionen Globale mentale Funktionen (b110-b139) B110 Funktionen des Bewusstseins B114 Funktionen der Orientierung B117 Funktionen der Intelligenz Globale psychosoziale Funktionen B126 Funktionen von Temperament und Persönlichkeit B130 Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs B134 Funktionen des Schlafes B139 Globale mentale Funktionen, anders spezifiziert oder nicht Delphi - Methode Ergebnisse (Auszug) Wie relevant ist das Item (die Funktion) für die sozialmedizinische Beurteilung ? MW b 114 Orientierung 3,35 b 130 Psychische Energie und Antrieb 3,3 b 144 Gedächnis 3,26 d 845 Arbeit erhalten, behalten und beendigen 3,2 b 160 Denken 3,11 b 164 höhere kognitive Funktionen 3,11 d 850 bezahlte Tätigkeit 3,10 b 117 Intelligenz 3,05 b 110 Bewusstsein 3 d 840 Vorbereitung auf Erwerbstätigkeit 3 Delphi - Methode Ergebnisse (Auszug) Wie relevant ist das Item (die Funktion) für die sozialmedizinische Beurteilung ? MW b 122 globale psychosoziale Funktionen 2,95 d 240 mit Stress u.a. psy. Anforderungen umgehen 2,95 b 152 emotionale Funktionen 2,94 b 140 Funktion der Aufmerksamkeit 2,89 b 156 Funktion der Wahrnehmung 2,89 d 710 elementare interpersonelle Aktivitäten 2,89 d 720 komplexe interpersonelle Interaktionen 2,84 d 230 die tägliche Routine durchführen … 2,8 d 450 gehen 2,75 d 470 Transportmittel benutzen 2,65 Delphi - Methode Ergebnisse (Auszug) Wie relevant ist das Item (die Funktion) für die sozialmedizinische Beurteilung ? MW d 210 eine Einzelaufgabe übernehmen 2,6 d 220 eine Mehrfachaufgabe übernehmen 2,6 b 126 Funktion von Temperament und Persönlichkeit … 2,57 d 160 Aufmerksamkeit fokussieren 2,55 d 177 Entscheidungen treffen … 2,55 b 170 Funktion der Gelenkbeweglichkeit 2,10 Delphi - Methode Ergebnisse (Auszug) Wie relevant ist das Item (die Funktion) für die sozialmedizinische Beurteilung ? MW d 210 eine Einzelaufgabe übernehmen 2,6 d 220 eine Mehrfachaufgabe übernehmen 2,6 b 126 Funktion von Temperament und Persönlichkeit … 2,57 d 160 Aufmerksamkeit fokussieren 2,55 d 177 Entscheidungen treffen … 2,55 b 170 Funktion der Gelenkbeweglichkeit 2,10 Umsetzungsbeispiele anderer Arbeitsbereiche • MATE vom Jellinek Institut ( Übersetzung IFT ) • Zielebogen der BAG der RPK Klinken (Delphi - Verfahren) • AT 50 von M. Nosper vom MDK Rheinland • Mini ICF von Baron, Linden et al • Peer Review aus 5/ 2009 Zielevorgaben und soz.med. Epikrise Umsetzungsbeispiel Mini ICF bezogen auf Teilhabe ( Baron, Linden et al) 1. Fähigkeit zur Anpassung an Regeln und Routinen 2. Fähigkeit zur Planung und Strukturierung von Aufgaben 3. Flexibilität und Umstellungsfähigkeit 4. Fachliche Kompetenz 5. Entscheidungs – und Urteilsfähigkeit 6. Durchhaltefähigkeit 7. Selbstbehauptungsfähigkeit Umsetzungsbeispiel Mini ICF bezogen auf Teilhabe ( Baron, Linden et al) 8. Gruppenfähigkeit 9. Fähigkeit zu familiären / intimen Beziehungen 10. Fähigkeit zu ausserberuflichen Aktivitäten 11. Fähigkeit zur Selbstpflege 12. Wegefähigkeit Umsetzungsbeispiel Peer Review 2009 Ziele bezogen auf Körperfunktionen • psychische Stabilisierung • Verminderung negativer Affekte wie Depression oder Angst • Verbesserung der Selbstwahrnehmung • Korrektur dysfunktionaler Kognitionsmuster • Reduzierung körperlicher Krankheitssymptome • Erkennen möglicher funktionaler Aspekte von Krankheitssymptomen • Verbesserung der eigenen Kompetenz im Management von Funktionsstörungen Umsetzungsbeispiel Peer Review 2009 Ziele bezogen auf Körperfunktionen 9. Rehabilitationsergebnis 9.1 Rehabilitationsergebnis und Abschlussbefund: Beurteilung durch den Therapeuten und Patientenselbsteinschätzung Rehabilitationsergebnis: Psychosoziale Ebene und Ebene von Aktivität und Teilhabe Der Aufbau der therapeutischen Beziehung gelang hoch. Der Aufbau von Krankheitseinsicht und Veränderungsmotivation gelang hoch. Die Entwicklung von Verständnis für die Funktionalität des Suchtverhaltens gelang hoch. Die Identifizierung potentieller Rückfallsituationen und Erarbeitung angemessener Bewältigungsstrategien gelang mittelmäßig. Die Abstinenzentscheidung wirkte fundiert. Die negativen Affekte, soziale Ängste und Depressivität waren bei Entlassung deutlich reduziert. Die Korrektur dysfunktionaler Kognitionsmuster gelang mittelmäßig. Aus Patientensicht wird die Einschätzung der Ergebnisse größtenteils geteilt. Als wichtigste Übereinstimmungen hier insbesondere Reduktion sozialer Ängste und Aufbau von Selbstvertrauen sowie verbesserte Fähigkeit zu positiver Selbstinstruktion zu nennen. Die Einschätzung, dass Arbeitssuche und Freizeitgestaltung weiterer Unterstützung bedürfen, wird ebenfalls geteilt. Umsetzungsbeispiel Peer Review 2009 Ziele bezogen auf Teilhabe • Erhalt oder Verbesserung der psychischen Unabhängigkeit • … der physischen Unabhängigkeit • … der Mobilität • … der sozialen Integration • … im Bereich der Beschäftigung • … der wirtschaftlichen Eigenständigkeit Umsetzungsbeispiel Peer Review 2009 Erwartungen an Aussagen in der sozialmedizinischen Epikrise zu 10.3 Qualitative Beurteilung „ … die vorliegenden Fähigkeitsstörungen / Beeinträchtigungen der Aktivität aufgeführt werden …“ 10.5 Selbsteinschätzung des Patienten 10.6 Alltagsrelevante Kontextfaktoren „ ... Mit Angaben zur sozialen Situation, Wohnsituation und Barrieren, Hilfsmittel, Pflegestufe …“ Umsetzungsbeispiel Peer Review 2009 Erwartungen an Aussagen in der sozialmedizinischen Epikrise zu 10.7 Alltagsrelevanten Aktivitäten • Mobilität ( Körperposition ändern, Gegenstände tragen, bewegen und handhaben, gehen und sich fortbewegen) • Selbstversorgung ( z.B. sich waschen, Toilette benutzen, sich kleiden, essen, trinken) • Beeinträchtigungen beim Lernen und Wissensanwendung ( z.B. Lesen, Schreiben, Probleme lösen, Entscheidungen treffen) • Beeinträchtigungen bei allgemeinen Aufgaben und Anforderungen ( z.B. Einzel – und Mehrfachaufgaben übernehmen, die tägliche Routine planen und durchführen; mit Stress, Krisensituationen und anderen psychischen Anforderungen umgehen) • Beeinträchtigung der Kommunikation, Konversation und Diskussion Weitere Probleme im Umfeld ICF • Das Instrument ist für die Alltagstauglichkeit zu mächtig • Core – Sets sollen Abhilfe schaffen • ICF – Checklisten als erster Ansatz • Zieleplanung im Peer Review als erster Ansatz • grösstes Problem: Aktivitäten zur Vereinheitlichung sind nicht koordiniert ! Weitere Probleme im Umfeld ICF • Antragsformulare GKV und RV nicht einheitlich • Sozialbericht noch nicht im ICF Denksystem • Sozialbericht noch nicht in der Peer Review Systematik • Operationalisierung von Adaptionsanträgen sinnvoll • Operationalisierung von Anträgen auf ambulante Reha sinnvoll • Hilfepläne an der Schnittstelle Akutmedizin / Rehabilitation / Wiedereingliederungshilfe nach ICF vereinheitlichen Beispiel ICF und Verlängerungsantrag stat. Rehabilitation Diagnosen: 1. Alkoholabhängigkeit 2. Polyneuropathie („Nervenschaden“) 3. Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) 4. Alkoholische Leberzirrhose (kompensiert) 5. Depressives Syndrom („nicht klar zuordbare Depressionen“) bei 6. Aortenvitium („ Herzklappenfehler“)und (1) mit 7. Hypertonus („Bluthochdruck) 8. Kompensierte Herzinsuffizienz („Herzschwäche“)bei (1,6 ,7) 9. Verd. auf koronare Herzkrankheit („Verengung der Blutgefäße des Herzens“) 10. LWS-Syndrom („ich hab Rücken !“) 11. Zustand nach Dens-Fraktur (ausgeheilt) („Bruch des 2. Halswirbels“) Beispiel ICF und Verlängerungsantrag stat. Rehabilitation Sozialmedizinische Begründung für die Verlängerung: „Aus unserer sozialmedizinischen Sicht besteht bis auf das noch chirurgisch zu behandelnde Aortenvitium eine vollschichtige Erwerbsfähigkeit für leichte Tätigkeiten an dem bisherigen Arbeitsplatz, wo sich der Arbeitgeber im Anforderungsprofil auf die Multimorbidität des Patienten eingestellt hat. Deshalb können wir aus klinischer Sicht eine Frühberentung nicht befürworten, zumal die Kontextbedingungen am Arbeitplatz förderlich sind und die aus den Diagnosen resultierenden Funktionseinschränkungen durch ein angepasstes Anforderungsprofil aufgefangen werden. „ Grenzen der ICF • Die ICF ist keine Klassifikation funktionaler Diagnosen. Mit ihr können jedoch funktionale Befunde und Symptome auf den drei Ebenen angegeben werden: • • Schädigungen bestimmter Funktionen oder Strukturen, • Einschränkungen der bestimmter Aktivitäten, • Beeinträchtigung der Teilhabe in bestimmten Lebensbereichen. Sie ist kein Assessmentinstrument. Auf ihrer Grundlage können jedoch solche Instrumente entwickelt bzw. weiterentwickelt werden ICF und Ethik Buchtipp: „Kodieren mit der ICF: Klassifizieren oder Abklassifizieren ? Potenzen und Probleme der ICF“ Edition S Almut – Hildegard Meyer Links und E-mail • Original ICF: www.who.int/classification/ICF • Deutschsprachige Langfassung: www.dimdi.de • Literatur und andere Infos: www.rivm.nl/who-fic • Ausbildungsmaterial mit ICF-Kurzfassung: www.vdr.de ⇒ Rehabilitation, ⇒ ICF (ICIDH-2) • Ausbildungsveranstaltungen und –termine: www.vdr.de ⇒ berufliche Bildung ⇒ Kurse • E-Mail: [email protected]