der störung

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systematisierung des Fachbereichs Logopädie unter
Bezug auf ICF
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Präsidentin des CPLOL
überlegungen zu einer vereinheitlichung der
Terminologie
Referat gehalten an der
Als ich vor knapp einem Jahr darum gebeten worden bin diesen Vortrag
zu halten, steckte ich noch mitten in der Diskussion um das Für und
Dietlinde Schrey-Dern.
SAL-Tagung vom 29.11.2002
"'CF und ihre Auswirkungen
auf die logopädische praxis"
Wider der ICDH - Beta Draft , die bis auf wenige, eher systematisch
bedingte Veränderungen ICF entspricht. Sowohl auf EU-Ebene, d.h. mit
KollegInnen der europäischen Dachorganisation der LogopädInnen, dem
CPLOL, als auch im KollegInnenkreis, d.h. im Team der Lehranstalt für
Logopädie des Universitätsklinikums in Aachen, habe ich zahlreiche
Diskussionen über die Neufassung der Klassifikation der WHO geführt,
die in die nachfolgende Darstellung eingeflossen sind.
Ausgehend von einer kurzen Beschreibung der Problemstellung, d.h. mit
welchen Klassifikationen haben wir es eigentlich in der Logopädie zu tun,
werde ich versuchen, Kriterien für ein Klassifikationssystem im Fachbereich Logopädie zu beschreiben, um auf dieser Grundlage eine Einschätzung der Relevanz der Klassifikation der WHO, d.h. der ICF, für den
Fachbereich Logopädie vorzunehmen.
Einführung: Terminologie
Auf den ersten Blick erscheint die Terminologie im Bereich Logopädie
überschau bar, wenn man z.B. die Neuauflage des Grundlagenbuches von
Gerhard Böhme zu den "Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen" von 1997 und 2001 ansieht. Der Titel benennt eindeutig die drei
unterschiedlichen Kommunikationsbereiche Sprache, Sprechen und
Stimme sowie die Basis zur Ausbildung kommunikativer Fähigkeiten, den
Bereich Schlucken und lässt erwarten, dass sich diese grundlegende
Systematik in der nachfolgenden Darstellung wiederfinden lässt. Diese
Erwartung wird jedoch enttäuscht.
Schaut man sich nur einmal Band 1, die Klinik der Störungen, an, findet
man nebeneinander sehr unterschiedliche Terminologien vor. Ätiologisch
medizinisch orientierte Bezeichnungen, wie hör bedingte Kommunikationsstörungen oder neurologische Erkrankungen als Kommunikationsstörungen stehen neben eher verhaltensorientierten Bezeichnungen, wie
Stottern, Poltern oder auch linguistisch fundierten Termini wie phonologische Störung. Daneben gibt es sowohl deskriptive Bezeichnungen wie
Sprach-, Sprech-, Stimm- oder Redeflusstörung als auch eher normativ
orientierte Begriffe wie Dyslalie, Dysarthrie oder Dsyphagie. Auch der
Zeitpunkt des Auftretens kann Maßstab zur Bezeichnung der Störung
sein, wie z.B. bei den Begriffen Sprachentwicklungsstörung oder auch
Spätlegasthenie.
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Logopädie, wobei die jeweilige Wissenschaftsrichtung, die sich mit der Erforschung
Nach welchen Kriterien kann nun eine Klassifikation im
Fachbereich Logopädie erstellt werden?
logopädischer Störungen auseinandersetzt, eine jeweils spezifische terminologische
Unter berufsspezifischen als auch interdisziplinären Aspekten sollte der Gegenstandsbe-
Festlegung trifft.
Im medizinischen Bereich seien hier exemplarisch Phoniaterl
reich hinreichend abgebildet werden und wesentliche Aspekte der beruflichen Tätigkeit
berücksichtigen.
Pädaudiologen genannt, die sich in Deutschland schwerpunktmäßig mit dem Bereich
Ausgangspunkt der Betrachtung ist daher zunächst die Definition des Gegenstandsbe-
Hörstörungen auseinandergesetzt haben. Psychologen haben eher im Bereich des Stot-
reiches. Im europäischen Berufsprofil des CPLOL von 1996 wird eine Beschreibung
tern/Polterns Forschung betrieben und Linguisten sprachsystematische Störungen unter-
vorgenommen, die die Übereinkunft aller Berufsverbände auf EU-Ebene sowie der
sucht, seien sie nun entwicklungsbedingt oder erworben. Diese Heterogenität wissen-
Berufsverbände Estlands, Norwegens, der Schweiz und Zyperns darstellt.
Diese terminologische Vielfalt ist bedingt durch die Interdisziplinarität des Fachbereichs
schaftlicher Ansätze bedingt eine Vielfalt unterschiedlicher Probleme für Ausbildung und
fit
Danach ist Logopädie der Fachbereich, der sich mit der Prävention, Diagnostik, Therapie, Evaluation und Erforschung von Kommunikations-störungen und den damit in
Beruf.
In der Ausbildung wird die Vermittlung von Inhalten erschwert, weil für ein- und
Zusammenhang auftretenden Störungen auseinandersetzt. Unter einer Kommunika-
dasselbe Störungsgebiet unterschiedliche Forschungsansätze von Bedeutung sind, über
tionsstörung wird in Anlehnung an die ASHA, American Speech-Hearing Association,
der Studierende Bescheid wissen muss, z.B. im Bereich der Sprachentwicklungsstörungen
folgendes verstanden:
über Reifungsprozesse unter neuro-pädiatrischen, entwicklungspsychologischen sowie
"A communication disord,er is an impairment in the ability to receive, send, process,
psycholinguistischen Aspekten. Dies gilt vergleichbar auch für die klinisch-praktische
and comprehend concepts of verbal, non-verbal and graphie symbol systems. It may be
Tätigkeit, d.h. der Praktiker hat Mühe sich in der Vielfalt sehr unterschiedlicher Be-
evident in the processes of hearing, language and/or speech."
zeichnungen für den Einsatz von Verfahren für die Beratung, Prävention, Diagnostik
und Therapie zurechtzufinden. Beispielsweise hat er im Bereich der Diagnostik von
Kommunikationsstörung wird in der vorliegenden Definition als ein im wesentlichen
phonetisch-phonologischen Störungen die Auswahl zwischen z.B. Artikulationsüberprü-
interaktives Problem beschrieben, das auf Sprachverarbeitungsprozessen basiert, die in
fung, Lautbildungstest, Stammler-Prüfbogen, Lauttreppe, Lautprüfverfahren, Phonologischer Prozessanalyse, wobei jeweils sehr unterschiedliche Kompetenzen überprüft
unterschiedlicher Weise beeinträchtigt sein können. Die Komplexität der Störung wird
allein schon daran deutlich, dass unterschiedliche Modalitäten, wie z.B. verstehen und
werden.
produzieren, sowie Inhalte und verbale oder non-verbale Symbolsysteme betroffen sein
Erschwert wird auch der interdisziplinäre fachliche Austausch, wie er für die Versorgung
können. Dies mag das grundlegende Problem verdeutlichen, eine Klassifikation zu
von Patienten erforderlich ist, um eine Einschätzung der Notwendigkeit therapeutischer
erstellen, die hinreichend klar ist, ohne dabei den Komplexitätsgrad der vorliegenden
logopädischen Störungen zu vernachlässigen.
Maßnahmen zu erlauben.
Trotz aller gegenteiligen Bemühungen ist eine Vergleichbarkeit von Forschungsergebnissen nur in sehr wenigen Fällen möglich, nämlich immer dann, wenn Bezug auf eine
allgemein verbindliche Definition hergestellt worden ist, wie dies für die "Spezifische
In der Diskussion dieser Aspekte hat die Kommission "Ausbildung-Berufliche Tätigkeit"
des CPLOL sich 1998 auf folgende inhaltlichen Kategorien zur Eingrenzung des Fachbereichs Logopädie verständigt:
Sprachentwicklungs-störung" oder auch SLI: Specific Language Impairment, der Fall
ist. Die in der ICD 10 von 1980 vorgenommene Definition der Störung hat sich beim
Sprache, Sprechen, Stimme und der Bereich non-verbaler Kommunikation sowie das
Vergleich zwischen dazu weltweit durchgeführten Forschungsprojekten jedoch als nicht
Schluckverhalten als Basis von Sprache und Sprechen
hinreichend erwiesen, da die Definition zu global ist und nicht differenziert genug die
stimmend als Basiskomponenten der Logopädie festgelegt worden. Darüberhinaus hat
Zielgruppe der untersuchten Kinder beschreibt.
Es ist also dringend erforderlich über eine Klassifikation im Bereich Logopädie nachzu-
sich auf die Zielgruppe, Ätiologie, das Verhalten und den Schweregrad der Störung
denken, die den hier genannten grundsätzlichen Problemen begegnet. Versuche dazu
beziehen.
sind auch hier in der Schweiz gemacht worden, z.B. von Cecile Schwarz mit der "Klassifikation Logopädie", die meines Erachtens jedoch den Zugang durch die dort vorgenommene Detailfülle und das zugrundelegende Klassifikations-system eher erschwert als
erleichtert hat.
sind von den Delegierten überein-
die Kommission Klassifikationskriterien zur Beschreibung der Störungen festgelegt, die
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Kommunikationsstörung: Klassifikation (nach de Montfort-Supple: 1996)
sollte grundsätzlich zwischen rezeptiven und produktiven Verhaltensweisen unterschie-
Zielgruppe
Kinder, Jugendliche, Erwachsene
den werden. Unter ätiologischem Aspekt sollte eine Zuordnung nach organischer und
Ätiologie
Organisch - funktionell
Erworben - entwicklungsbezogen
Primär - sekundär
verhalten
Rezeptiv - Produktiv
Schweregrad
Abweichung - Verzögerung
Leicht - schwer
funktioneller, entwicklungsbedingter und erworbener, primärer und sekundärer Verursachung möglich sein. Die Einschätzung des Schweregrades einer Störung ist vor allem
zur Evaluation therapeutischer Intervention bedeutsam.
Neben diesen inhaltlichen Kriterien sollte ein Klassifikationssystem auch Anforderungen
an die berufliche Tätigkeit entsprechen, um durchsetzungsfähig zu sein.
In der Ausbildung sollte der Zugang zum Fachbereich Logopädie durch klare Einteilungen der Störungsbereiche erleichtert werden und die inhaltliche Vermittlung dadurch
transparent und nachvollziehbar sein. Dies beinhaltet u.a., dass die Klassifikation eine
Brücke zwischen unterschiedlichen Basiswissenschaften der Logopädie darstellt. Konkret
Diese Klassifikationskriterien entsprechen einem 1996 von de Montfort-Supple vorge-
bedeutet dies, dass mit Hilfe des Klassifikationssystems die bisher gebräuchlichen Be-
schlagenen Klassifikationsansatz, der therapieorientiert ist, d.h. der Ansatz fragt da-
zeichnungen zugeordnet werden können, um auf diese Weise zukünftigen Berufsangehö-
nach, welche Angaben notwendig sind, um eine patientenorientierte Therapie planen,
rigen Klarheit zu verschaffen. Dies kann sich auch positiv auf die berufliche Praxis
durchführen und evaluieren zu können. Diese grundlegenden Überlegungen entsprechen
auswirken, d.h. die hier eiflgesetzten Verfahren zur Beratung, Prävention, Diagnostik
den 1998 von Fratalli aufgestellten Standards zur Qualitätssicherung im Bereich Logo-
oder Therapie könnten dann in Hinblick auf eine vereinheitlichte Klassifikation entspre-
pädie, die auf den von Donabedian aufgestellten Qualitätskriterien zur Struktur-, Pro-
chend zugeordnet und die Durchsetzung von Qualitätsstandards in der Logopädie
zess- und Ergebnisqualität basieren.
erleichtert werden. Die Anforderungen im Forschungsbereich scheinen der geforderten
Zunächst einmal muss methodisch grundsätzlich zwischen den Zielgruppen unterschie-
Vereinfachung für die Bereiche Ausbildung und klinische Tätigkeit zunächst einmal zu
den werden, d.h. Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen; Angaben zur organischen
widersprechen, weil Forschung Detaillierung erfordert. Daher sollte ein Klassifikations-
bzw. funktionellen Verursachung der Störung sind in Hinblick auf die Zielsetzung der
system Möglichkeiten zur Anpassung an die wissenschaftliche Weiterentwicklung und
Therapie ebenso von Relevanz, wie das Wissen darüber, ob die Störung entwicklungs-
Ebenen vorsehen, die je nach Fragestellung des wissenschaftlichen Projektes eine Detail-
bedingt oder aber erworben oder als Folge einer Störung anzusehen ist oder aber als
lierung der Klassifikation ermöglichen. Auf diese Weise könnte sichergestellt werden,
primäre Störung vorliegt.
dass Forschungsergebnisse in die Praxis zurückfließen bzw. umgekehrt aus der Praxis
In Hinblick auf die Festlegung von Therapieinhalten ist es maßgeblich zu unterscheiden,
Fragestellungen für wissenschaftliche Forschung formuliert werden. Diese Verzahnung
ob eine Störung eher rezeptiver oder produktiver Natur ist. Im Falle von Entwicklungs-
von Theorie und Praxis kommt in dem Verständnis des Berufes als "clinician-
störungen ist es darüber hinaus relevant zu wissen, ob es sich um eine rein zeitliche
researcher" des CPLOL deutlich zum Ausdruck.
Verzögerung oder aber um eine Abweichung von der normalen Entwicklung handelt,
Abschließend sei auch auf die Notwendigkeit verwiesen eine Grundlage für Leistungsbe-
wobei dies auch für die Festlegung des Schweregrades der Störung bedeutsam ist. Struk-
schreibungen zu haben, die die Basis für Vergütungs-systeme, sowohl in klinischer als
turelle Abweichungen sind in der Regel schwerwiegender als rein zeitliche Entwick-
auch in freier Praxis, darstellen. Europaweit ist hierzu festzustellen, dass je nach Klassi-
lungsverzögerungen. Damit spielt dieser Aspekt auch eine Rolle zur Einschätzung der
fikations-grundlage, sehr unterschiedliche Leistungen vergütet werden.
Prognose. Die Beurteilung des Schweregrades einer Störung ist in der Logopädie nach
wie vor durch einen Mangel an eindeutigen Kriteriefl gekennzeichnet. So wird beispielsweise die Beurteilung einer grammatischen Störung von Kindern im Spracherwerb nach
leicht, mittel und schwer relativ häufig mit Bezug zur Erwachsenengrammatik vorge-
In welcher Weise entspricht ICF den hier beschriebenen
Anforderungen?
nommen, während in diesem Zusammenhang der normale Entwicklungsablauf Maßstab
Die Kommission "Ausbildung-Berufliche Tätigkeit" des CPLOL hat die der ICF zu-
zur Einschätzung des Schweregrades sein sollte.
grundliegende Philosophie, d.h. die Funktionsfähigkeit zum Ausgangspunkt der Dar-
Zusammenfassend lassen sich dementsprechend folgende Kriterien benennen, denen eine
stellung zu machen, nachhaltig als therapieorientiert begrüßt. Übereinstimmend stellten
Klassifikation in Hinblick auf den Gegenstandsbereich Logopädie entsprechen sollte.
die Delegierten fest, dass Ansatzpunkt jeder Therapie die vorhandenen Fähigkeiten des
Patienten sein sollten. Defizitorientierte Ansätze, wie die ICD 10 von 1980, erscheinen
Deskriptiv sollten die grundlegenden inhaltlichen Kategorien, Sprache, Sprechen, Stim-
gerade unter logopädischem Aspekt wenig hilfreich für eine Therapie, die zum Ziel hat,
me, non-verbale Kommunikation und Schlucken abgebildet werden. Darüberhinaus
kommunikationsgestörte Patienten optimal zu fördern, um ein Kommunikationsniveau
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zu erreichen oder aufrecht zu erhalten, das ihm eine selbstständige Lebensführung
mentation von Therapien erleichtern können. ICF bietet damit eine Grundlage zur
ermöglicht.
Dokumentation des Vorgehens, was auch in Hinblick auf Leistungsbeschreibungen für
Die Therapieorientiertheit des Systems kommt auch darin zum Ausdruck, dass Behinde-
Vergütungssysteme bedeutsam ist.
rung als Folge einer Schädigung angesehen wird und die Beeinträchtigung der Funktionen und Aktivitäten in Bezug zum Kontext gesehen wird. Die Berücksichtigung indivi-
möglich. Die Dimensionen der ICF repräsentieren damit in gewisser Weise eine thera-
Wieweit entspricht nun die Klassifikation den eingangs beschriebenen Anforderungen? Lassen sich die seitens des
CPLOL festgelegten deskriptiven, ätiologischen und normorientierten Kriterien in der ICF wiederfinden?
peutische Hierarchie, die logopädischem Selbstverständnis entspricht, d.h. die größt-
Allgemein entspricht die Klassifikation der ICF den seitens des CPLOL geforderten
mögliche Selbständigkeit für die Patienten zu erhalten bzw wiederherstellen. Der Grad
Kriterien in deskriptiver, ätiologischer und normorientierter Hinsicht. Die Dimensionen,
der Partizipation des Einzelnen ist dabei abhängig von den individuellen Voraussetzun-
Körperfunktionen, Aktivitäten und Partizipation beschreiben auf deskriptiver Ebene die
dueller Faktoren, d.h. welche Auswirkungen hat die jeweilige Behinderung auf den
Menschen und sein Umfeld ist unter kommunikativen Aspekten von herausragender
Bedeutung. Therapietransfer ist letztlich nur unter Berücksichtigung dieser Faktoren
gen, d.h. von Körperstrukturen und Funktions- und Aktivitätsfunktionen, sowie dem
grundlegenden logopädischen Inhaltsbereiche und das messbare Verhalten des Patienten.
Umfeld, in dem der Einzelne lebt. Dies ist gleichsam Ausdruck der von ihm erlebten
Beispielsweise kann der "Non-avoidance-Ansatz" von Charles van Riper mit Hilfe der
Lebensqualität, die das Therapieziel für den Patienten mitbestimmt.
im Bereich Denkaktivitätel! aufgeführten Problemlöseschritte in Verbindung mit der
Nach Auffassung des CPLOL ist die Konzeption der ICF disziplinübergreifend einsetz-
Aufgabenbewältigung in Alltags- und Stresssituationen eindeutig beschrieben werden.
bar und bietet gleichzeitig auch einen Evaluationsansatz für die Logopädie.
Dies ist ein Beispiel für die konkrete Anwendbarkeit der Klassifikation zur Abbildung
Wie bereits geschildert entspricht die Abfolge der Dimensionen in gewisser Weise dem
therapeutischer Methoden in der Logopädie.
therapeutischen Vorgehen, damit ist gemeint, dass Patienten erst spezifische Leistungen
Ätiologischen Aspekten wird durch die Abfolge der Dimensionen nach Strukturen,
in einem Bereich zeigen müssen, bevor zur nächsten Therapieebene/Dimensionen über-
Funktionen und Aktivitäten entsprechend Rechnung getragen; die notwendige Norm-
gegangen werden kann. Maßstab der Leistung sind dabei die vorgesehenen Kennwerte,
orientierung ist durch das Vorhandensein der Kennwerte, die neben allgemeinen auch
sowohl allgemeiner als auch dimensionsspezifischer Art. Auch die Struktur innerhalb der
inhaltsspezifische Normierungen erlauben, gewährleistet.
Dimensionen folgt einem therapeutisch relevanten Hierarchieprinzip, das die Grundlage
Von entscheidender Bedeutung für den Einsatz der ICF im Bereich Logopädie ist neben
zur Dokumentation der Therapie bietet und damit Basis zur Evaluation des Therapieer-
diesen allgemeinen Aspekten die Betrachtung der inhaltlichen Kategorien unseres Fach-
folges ist.
bereiches. Hierzu wurde eine Bestandsaufnahme der für die Logopädie relevanten Di-
Zur Veranschaulichung sei hier beispielhaft aus der Dimension "Aktivitäten" das Kapi-
mensionen Körperfunktionen und Aktivitäten - Partizipation unter folgender Fragestel-
tel "Lernen und Wissensanwendung" zitiert, aus dem sich das methodische Vorgehen in
lunggemacht: Werden sowohl alle logopädiespezifischen Bereiche als auch alle in
der logopädischen Therapie ableiten lässt.
Zusammenhang mit logopädischen Störungen auftretenden Bereiche in der ICF erfasst?
ICF: Aktivitäten· partizipation
ICF - Körperfunktionen
Lernen
Zuhören-> aufmerksam sein -> nachahmen ...
Lesen, Schreiben
Wissens anwendung
Problem lösen: identifizieren, analysieren ...
Entscheidung treffen, umsetzen ...
A ufga ben bewältigung
Einfache vs. komplexe Aufgaben
Alltagsroutinen
Assoziierte Funktionsbereiche
Mentale Funktionen: Wahrnehmungsfunktionen ...
Sensorische Funktionen: Hör-Vestibularfunktionen; weitere Funktionen (Geschmackssinn, Proprioception, Tastsinn)
Funktion des Atmungssystems
Funktionen der Muskeln: Kraft, Tonus, Ausdauer
Bewegungsfunktionen
Stresssituationen
Zunächst möchte ich mit der Einschätzung der Funktionsbereiche beginnen, die in
Verbindung mit logopädischen Störungen auftreten können. Relevant für logopädisches
Arbeiten sind die unter Körperfunktionen erfassten Funktionsbereiche wie die unter-
Aus der Beschreibung der Bereiche Lernen, Wissensanwendung und Aufgabenbewältigung sind unterschiedliche Schwierigkeitsgrade erkennbar, die die Planung und Doku-
schiedlichen Wahrnehmungsfunktionen als Teilbereich der mentalen Funktionen, sowie
die sensorischen Funktionen, aber auch Funktionen des Atmungssystems, der Muskula-
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tur und Bewegung. Stimmtherapeuten werden unschwer die Therapiebereiche Atmung
und Tonus wiedererkennen, die auch im Bereich der Therapie von Redeflussstörungen
ICF - Differenzierungsmange
Sprache
eine Rolle spielen. Insgesamt scheinen alle für die Logopädie relevanten Funktionsberei-
.(].
che in der ICF abgebildet zu sein.
Phonetik/Phonologie
Semantik/Lexikon
Morphologie/Syntax
ICF- Körperfunktionen
Logopädische Funktionsbereiche
Mentale Funktionen: Kognitiv-sprachliche Leistungen
Sprache
Stimm- und Sprechfunktion: Stimme, Artikulation, Redefluss, Stimmbildung, sonstige Stimme
Sprechen
Funktion der Nahrungsaufnahme
Schlucken
Im Bereich der Körperfunktionen werden unter Mentale Funktionen spezifisch kognitiv
sprachliche Leistungen aufgeführt, die den Bereich Sprache in der Logopädie repräsen-
Es fehlt eine Einteilung in die unterschiedlichen linguistischen Ebenen, d.h. Phonetik /
Phonologie, Semantik/Lexikon, Morphologie-Syntax, für die in der Logopädie bereits
sehr differenzierte Diagnoseverfahren und Therapiemethoden existieren. Hier bildet die
ICF in keiner Weise das Fachgebiet ab. Allerdings bietet die Systematik Ansatzpunkte
dafür, weitere Differenzierungen vorzunehmen. Dies wäre z.B. dadurch möglich, in den
Rubriken Sprachverstehen und sprachliches Ausdrucksvermögen die linguistischen
Ebenen jeweils gesondert aufzuführen und unter dem Aspekt integrative Leistungen
spezifische Besonderheiten der sprachlichen Verarbeitung für die unterschiedlichen
linguistischen Ebenen anzugeben.
tieren. Die unter Stimm- und Sprechfunktionen aufgeführten Bereiche Stimme, Artikulation, Redefluss und Stimmbildung entsprechen ebenso logopädischer Terminologie wie
der Bereich "Funktion der Nahrungsaufnahme", der das Schlucken differenziert beschreibt. Lediglich der Bereich non-verbaler Kommunikation ist in der Dimension
"Aktivitäten" integriert.
Betrachtet man die logopädischen Funktionsbereiche im Detail wird deutlich, dass sie in
sehr unterschiedlicher Weise das Arbeitsfeld Logopädie abbilden.
ICF - Logopädische Funktionsbereiche: SPRACHE
Kognitiv-sprachlich Leistungen
Sprachverstehen -> Rezeption
Sprachliches Ausdrucksvermögen -> Produktion
Gesprochene, geschriebene Sprache
Symbolsysteme, Gebärden
Integrative Sprachleistungen
ICF - Logopädische Funktionsbereiche: STIMME UND SPRECHEN
Stimm- und Sprechfunktion
Stimmfunktion
Phonation, Stimmqualität
Artikulation
Redefluss, Rhythmus des Sprechens
Flüssigkeit, Sprechtempo, Melodik
Alternative Funktionen der Stimmbildung
Gesang, Entwicklung
Abgrenzung Stimme und Sprechen
Die Bereiche Stimme und Sprechen sind in der ICF-Systematik in einem gemeinsamen
Kapitel aufgeführt und werden nach Bereichen Stimmfunktion, Artikulation, Redefluss,
Rhythmik des Sprechens sowie Alternative Funktionen der Stimmbildung differenziert.
Unter logopädischem Blickwinkel erscheint die Mischung von Stimme und Sprechen
irritierend, insbesondere in Hinblick auf den Bereich " Redefluss " . Die gemeinsame
Die kognitiv-sprachlichen Leistungen umfassen das Sprachverstehen, dass sprachliche
Auflistung suggeriert eine Nähe der Bereiche, die in der Praxis so nicht besteht. Haben
Ausdrucksvermögen differenziert nach gesprochener und geschriebener Sprache sowie
chronische Stotterer in der Regel auch Stimmprobleme oder Patienten mit funktionellen
dem Einsatz von Symbolen und Gebärden. Darüberhinaus werden "integrative Sprach-
Stimmstörungen auch mehrheitlich Störungen des Redeflusses? Gehen artikulatorische
leistungen" berücksichtigt. Positiv an dieser Einteilung ist der Versuch, Sprachverarbeitungsprozesse durch die Differenzierung zwischen Rezeption und Produktion sowie
Störungen, wie z. B. der Sigmatismus lateralis mit Stimmstörungen einher oder begünstigen sie diese Art der Störungen? Es wäre schön, wenn in einer überarbeiteten Fassung
durch den Hinweis auf Integration unterschiedlicher Leistungen anzudeuten. Auch
entspricht der Einbezug von Gebärden neben sprachlichen Symbolen dem wissenschaft-
des ICF hier eine deutliche Abgrenzung der Bereiche vorgenommen werden könnte, um
auf diese Weise den Unterschied zwischen Stimm- und Sprechstörung zu dokumentieren.
lichen Forschungsstand, der die Gebärdensprache als ein mit der Sprache vergleichbares
Vielleicht ist dies aber auch noch auf die Einteilung der ICD 10 zurückzuführen, die hier
Symbolsystem versteht.
Jedoch bleibt insgesamt festzuhalten, dass der Bereich Sprache nur sehr unzureichend
keinerlei Differenzierung vorgenommen hatte.
differenziert worden ist. Die sprachlichen Parameter sind zu global erfasst.
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Insgesamt gesehen ist zwar auch hier eine relativ globale Erfassung der Bereiche vorgenommen worden, die allerdings im Vergleich zum Bereich Sprache die wesentlichen
Parameter enthält.
Der Bereich Schlucken findet sich in der ICF unter den Funktionen im Zusammenhang
mit dem Verdauungssystem und wird dort als Funktion der Nahrungsaufnahme beschrieben.
ICF - Logopädische Funktionsbereiche: SCHLUCKEN
Funktion der Nahrungsaufnahme
Saugfunktion
Beißfunktion
Kaufunktion
Funktionen: Speise im Mund zu halten
Schluckfunktion
Orale-Pharyngeale-Ösophageale Phase
Grundlegende Parameter enthalten
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ICF - Aktivitäten - partizipation: KOMMUNIKATION
Verbales, non-verbales Verhalten
Rezeption - Produktion -> Interaktion
Gesprächsführung
Gesprächsphasen, Dialog, Gruppeninteraktion
Diskussion
Dialog, Gruppe
Einsatz von Kommunikationshilfen
Unterstützte Kommunikation; Telekommunikation ...
Aus der Darstellung wird die Berücksichtigung grundlegender Ergebnisse aus dem
Bereich der Kommunikations- und Diskursforschung deutlich; nicht nur wie ich kommuniziere, ob verbal oder non-verbal, wird hier aufgeführt, sondern auch, welche Rolle
ich einnehme, d.h. bin ich eher Rezipient oder Produzent einer Äußerung. Darüberhinaus ist berücksichtigt worden, über welche Gesprächsführungskompetenzen ich verfügen
sollte und in welchem Rahmen ich kommuniziere, d.h. im Dialog oder in der Gruppe,
oder ob mit oder ohne Einsatz von Hilfsmitteln. Diese differenzierte Betrachtung von
Im Unterschied zu den beschriebenen Kommunikationsbereichen spiegelt die Klassifi-
Kommunikation wird im Bereich "Interpersoneller Aktivitäten" fortgeführt.
kation im Bereich Schlucken eindeutig die grundlegenden diagnostischen und therapeutischen Parameter wieder. Die unterschiedlichen Funktionsbereiche der Nahrungsauf-
ICF - Aktivitäten - Partizipation: INTERPERSONELLE AKTIVITÄTEN
nahme, wie saugen, beißen, kauen und schlucken sind aufgeführt und die Schluckfunktion nach Art der Phasen unterschieden. Diese Differenziertheit ist sicherlich dadurch
bedingt, dass der Bereich Schlucken eindeutig klinisch-therapeutisch ist, d.h. die logopädische Diagnostik und Therapie wird in wesentlichem Maße durch medizinische For-
Besondere interpersonelle Aktivitäten
Interaktionen initiieren
Interaktionen unterhalten (lang/kurzfristig)
Interaktionen beenden (lang/kurzfristig)
Zuordnung unter Kommunikation
schungsergebnisse definiert.
Als besondere interpersonelle Aktivität wird die Initiierung, Aufrecht-erhaltung und
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Dimension Körperfunktion im wesentlichen
die drei Kommunkationsbereiche, Sprache-Sprechen-Stimme, und das Schlucken abbildet, wobei der Bereich Schlucken in seinem Detaillierungsgrad am ehesten den in der
Logopädie eingesetzten diagnostischen und therapeutischen Verfahren entspricht. Um
den derzeit bestehenden logopädischen Standards in der Diagnostik und Therapie zu
entsprechen, ist eine Differenzierung des Bereichs kognitiv-sprachliche Leistungen in die
unterschiedlichen linguistischen Ebenen ebenso erforderlich wie die Abgrenzung der
Beendigung einer Interaktion beschrieben, wie sie im Rahmen logopädischer Therapie
bei pragmatischen Störungen eine ganz wesentliche Rolle spielt. Allerdings wäre es unter
logopädischem Blickwinkel sicherlich einfacher, diese Aktivitäten als Teil der Gesprächsführungskompetenzen unter dem Aspekt Kommunikation wiederzufinden. Nachvollziehbar erscheint die Zuordnung vor dem Hintergrund, dass die Dimensionen Aktivitäten und Partizipation als eine Dimension in der ICF im Gegensatz zur ICIDH Beta Draft
erscheinen.
Bereiche Stimme und Sprechen.
In Hinblick auf die Therapiezielsetzung sind auch die Bereiche von Partizipation bedeut-
Welche systematik sieht nun ICF für den Bereich nonverbaler Kommunikation vor?
Dieser Bereich findet sich als Teilbereich von Kommunikation in der Dimension "Aktivitäten/Partizipation" wieder. Kommunikation wird als interaktiver Prozess beschrieben
und differenziert nach Verhaltensmodalitäten und Situationen, die für die Durchführung
und Zielsetzung der logopädischen Therapie von Relevanz sind.
sam, die die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben umfassen.
ICF - Aktivitäten - Partizipation
Grad der Selbstversorgung
Häusliche Aktivitäten
Interpersonelle Aktivitäten
Teilnahme: Ausbildung, Beruf, Erwerbsarbeit
Teilnahme am gesellschaftlichen, sozialen Leben
Therapieziele -> Lebensqualität
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Selbstversorgung, häusliche und interpersonelle Aktivität, Teilnahme an Ausbildung,
eingangs geforderten deskriptiv-verhaltensorientierten, ätiologischen und normonen-
Beruf und Erwerbsarbeit, sowie Teilnahme am gesellschaftlichem und sozialen Leben
repräsentieren Lebensbereiche, die maßgeblich die Lebensqualität des einzelnen Patien-
tierten Kriterien.
Neben diesen inhaltlichen Aspekten wurden eingangs aber auch Anforderungen an ein
ten bestimmen. Logopädische Therapie zielt darauf ab, kommunikationsgestörte Patien-
Klassifikationssystem formuliert, die durch die berufliche Tätigkeit bestimmt werden
ten optimal zu fördern, damit sie ein Kommunikationsniveau erreichen, das ihnen eine
und von deren Umsetzbarkeit die Durchsetzungsfähigkeit der Klassifikation unmittelbar
weitestgehend selbständige Lebensführung ermöglicht. Die hier zusammengestellten
abhängig ist.
Bereiche sind dementsprechend für alle Patientengruppen relevant. Ergänzend dazu sind
Die Forderung nach Transparenz im Ausbildungsbereich ist mit ICF durchaus gegeben,
die Parameter der Dimension "Umweltfaktoren" zu sehen, die die individuellen und
da nicht nur die Basiskomponenten der Logopädie vertreten sind, sondern das System
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Zielerreichung vorgeben.
auch eine zusätzliche Differenzierung ermöglicht. Des weiteren lassen sich diesen Komponenten relativ einfach die bisher verwandten Begriffe zuordnen. Z.B. wird unter dem
ICF - umweltfaktoren
Kommunikationsprodukte: "communication aids"
Demographischer Wandel: "Bilingualismus"
Unterstützung und Beziehungen: Therapietransfer
Einstellungen, Werte, Überzeugungen: Akzeptanz
Dienste - Leistungen: Nachsorge, Selbsthilfe
Politik - Gesetzgebung: Leistungen
-> Grenzen und Möglichkeiten der Therapie
Ein Patient, der auf kommunikative Hilfen angewiesen ist, kann diese nur nutzen, wenn
sie ihm auch zur Verfügung stehen. Bilingualismus, der aufgrund des demographischen
Begriff Dyslalie auf der einen Seite eine Artikulationsstörung, auf der anderen Seite eine
phonologische Störung verstanden. Das Beispiel verdeutlicht, wie notwendig unter
therapeutischem Aspekt die Differenzierung dieses veralteten Begriffes ist, da sich die
Therapiemethoden deutlich voneinander unterscheiden, je nachdem, welche Störung
vorliegt. Auch ein Begriff ~ie "Dysarthrie", definiert als zentral bedingte Stimm- und
Sprechstörung in Verbindung mit einer Störung des Atmungssystems, ist für Studierende
der Logopädie wesentlich einfacher zu verstehen, wenn die Komplexität der Störung
durch Nennung der Einzelkomponenten verdeutlicht wird. Dies trifft auch für viele
andere Bezeichnungen in der Logopädie zu.
Wandels in den Industrienationen immer häufiger in Erscheinung tritt, kann nur dann
Von solcher Transparenz kann die berufliche Praxis nur profitieren. Von Vorteil ist hier
zu einem Spracherwerbsproblem werden, wenn keine entsprechenden präventiven
sicherlich auch, dass die in den Dimensionen Aktivitäten und Partizipation beschriebe-
Maßnahmen für die betroffenen Kinder ergriffen werden. Der Transfer der im Thera-
nen Vorgehensweisen und therapeutischen Zielbereiche, eine Evaluation des Therapie-
pieraum oder im In-vivo-Training erfolgreich durchführten Therapiemaßnahme in den
erfolges durch systematische Dokumentation ermöglicht.
Alltag, ist abhängig davon, inwieweit Eltern oder Angehörige das letztendlich veränderte
Verhalten des Patienten unterstützen und damit akzpetieren lernen. Auch die Nutzung
Sicherlich ist sowohl im Rahmen der Ausbildung als auch der praktischen Tätigkeit in
von Einrichtungen zur Nachsorge, ob in der Rehabilitation oder auf der Ebene der
Kliniken und in freier Praxis der Grad der Differenziertheit, d.h. bis zu welcher Ebene
Selbsthilfe, hängt auf der einen Seite davon ab, ob diese Einrichtungen zur Verfügung
der Klassifikation die Begrifflichkeit heruntergebrochen wird, jeweils abzuwägen.
stehen und auf der anderen Seite, inwieweit die Akzeptanz auf Seiten des Patienten da
ist, Unterstützung und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Gesetzgebung, d.h. für
Deutschland das Sozialgesetzbuch, legt den Rahmen fest und garantiert spezifische
Die Möglichkeit, auf der Grundlage der vorliegenden Systematik eine weitere Differen-
Leistungen für jeden einzelnen im Rahmen des Gesundheitswesens. Die Vergegenwärti-
insofern von Bedeutung, als dass auf diese Weise der Austausch von Forschungsergeb-
gung dieser Umweltfaktoren hilft, die Grenzen und Möglichkeiten der Therapie einzu-
nissen sehr unterschiedlicher Forschungsgruppen sowie die Durchführung internationa-
schätzen, sie haben damit einen prognostischen Wert.
ler Forschungsprojekte realisiert werden können.
Mit Blick auf die Entwicklung von Vergütungsstrukturen im Bereich Logopädie könnte
zierung vorzunehmen, ermöglicht eine Verwendung unter Forschungsaspekten. Dies ist
ICF einen in der Medizin anerkannten Maßstab bieten, der eine sachgerechte und diffe-
zusammenfassung
renziertere Erfassung der logopädischen Leistungen erlaubt. Vor dem Hintergrund des
Zusammenfassend möchte ich folgendes Fazit in Hinblick auf die Verwendbarkeit der
ICF als Grundlage für die Klassifikation im Bereich Logopädie ziehen. Die Basiskompo-
europäischen Integrationsprozesses, der auch im sozialen Bereich vergleichbare Leistungen im Gesundheitswesen sicherstellen möchte, bietet ICF hier eine angemessene
nenten der Logopädie, d.h. Sprache, Sprechen, Stimme, non-verbale Kommunikation
Grundlage.
und Schlucken, sind in der ICF repräsentiert. Die Klassifikation entspricht auch den
systematisierung des Fachbereiches Logopädie unter Bezug auf ICF
SAL-Bulletin Nr.109
Seite 14
September 2003
Wie meinen Ausführungen zu entnehmen ist, beurteile ich - bei aller Kritik an der gegenwärtigen Vorlage - ICF als ein auch für die Logopädie einsetzbares Klassifikationsinstrument, auch unter dem Aspekt, dass es eine kontinuierliche Anpassung an
die wissenschaftliche Weiterentwicklung durch Erweiterung der Klassifikationsebenen
ermöglicht.
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