Im Blickpunkt Neues aus medizinischen Zeitschriften Stammzellen Großes Potential Die Hoffnung, dass ein durch einen Herzinfarkt geschädigtes Herz sich durch die Therapie mit Stammzellen regenerieren kann, hat einen Rückschlag erlitten. Eine wissenschaftliche Studie der Universität Ulm (J. Wöhrle et al.) konnte einen positiven Effekt für die Stammzelltherapie nicht nachweisen – weder unmittelbar nach der Therapie noch nach einem Beobachtungszeitraum von 3 Jahren. In der Ulmer Studie wurden 42 Herzinfarktpatienten, bei denen nach dem Infarkt erfolgreich eine Stentbehandlung durchgeführt worden war, untersucht. Nach dem Zufallsprinzip erhielten 29 von ihnen zwischen dem 5. und dem 7. Tag nach dem Infarkt Stammzellen aus dem Knochenmark. Die anderen erhielten eine Scheintherapie. Alle Studienteilnehmer wurden in den 3 folgenden Jahren optimal nach den aktuellen Leitlinien mit Medikamenten behandelt. Der Effekt der Stammzelltherapie wurde zu 7 Zeitpunkten mittels MRT (Magnetresonanztomographie) überprüft. „Bei allen MRTUntersuchungen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den mit Stammzellen Behandelten und denen, die eine Scheintherapie erhalten hatten“, sagt Professor Wöhrle. Dies galt für die Pumpfunktion des Herzens, das Kammervolumen sowie für die Infarktgröße. Die Infarktgröße bildete sich bei den nicht mit Stammzellen behandelten Infarktpatienten im gleichen Umfang zurück wie bei den Patienten, die eine Stammzelltherapie erhalten hatten. „Wir konnten weder unmittelbar nach der Therapie noch drei Jahre später einen positiven Effekt der Stammzelltherapie feststellen“. Clinical Research in Cardiology 101, 2012 Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in der Bevölkerung weit verbreitet, aber den Betroffenen nicht bewusst. In der Mainzer Gutenberg-Gesundheitsstudie werden insgesamt rund 10 000 Menschen zwischen 35 und 74 Jahren untersucht, je zur Hälfte Männer und Frauen. Die Ausgangsdaten wurden jetzt veröffentlicht. Nach 4,5 Jahren soll festgestellt werden, welche Veränderungen eingetreten sind. Am weitesten verbreitet war der Risikofaktor Bluthochdruck mit 46 % (50,2 % bei Männern und 41,9 % bei Frauen), gefolgt von ungünstigen Blutfettwerten mit 27,7 % (35,6 % bei Männern und 19,9 % bei Frauen), schweres Übergewicht mit 24,1 % (Männer: 25,3 %; Frauen: 22,9 %). 20,8 % der Untersuchten rauchten (Männer: 22,7 %; Frauen: 19 %). 16,6 % (Männer: 15,6 %; Frauen: 17,6 %) waren, weil in ihren Familien Herzkrankheiten gehäuft auftraten, vom Herzinfarkt gefährdet und 6,1 % (Männer: 7,7 %, Frauen: 4,5 %) litten an Diabetes. Ein Viertel der Menschen mit hohem Blutdruck wusste nicht über ihre riskanten Blutdruckwerte Bescheid, bei 51,3 % wurde der Bluthochdruck nicht behandelt. Die zu hohen Cholesterinwerte waren 34,9 % der Betroffenen nicht bekannt, nur 7,2 % wurden behandelt. Hier besteht großer Handlungsbedarf. Dr. Jürgen Prochaska von der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz sieht in diesem großen Defizit auch eine positive Perspektive: „Es gibt ein großes Potential, Herz-Kreislauf-Krankheiten, unter denen heute so viele Menschen leiden, zu verhin- 30 dern, wenn die Risikofaktoren rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Clinical Research in Cardiology 101, 2012 Seitendifferenz Beim Blutdruckmessen gilt schon lange: Die erste Messung soll an beiden Armen durchgeführt werden. Von da an erfolgen die Messungen immer an dem Arm, bei dem sich höhere Werte gezeigt haben. Jetzt haben wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass eine Seitendifferenz des systolischen (oberen) Blutdrucks von 10 mmHg und mehr wertvolle Hinweise auf die Entwicklung einer Arteriosklerose geben kann. Liegt eine solche Seitendifferenz vor, sollten mehrere Messungen vorgenommen werden, um Zufallsergebnisse auszuschließen. Christopher Clark et al. haben 20 Studien, die den Zusammenhang von Seitendifferenz beim systolischen Blutdruck und Herzerkrankungen untersuchten, in einer Übersichtsarbeit (Meta-Analyse) analysiert. Eine Seitendifferenz von 10 mmHg und mehr und erst recht eine von 15 mmHg und mehr war oft mit einer peripheren Verschlusskrankheit (Schaufensterkrankheit) verbunden. Besonders hohe Seitendifferenzen (bis zu 37 mmHg) kamen beim Verschluss der Schlüsselbeinarterien vor. Ab einer Differenz von 15 mmHg war das Risiko für eine periphere Verschlusskrankheitum das 2,5-fache erhöht. Deswegen empfehlen die Autoren Patienten mit einer dokumentierten Seitendifferenz über 10 mmHg, sich weiter untersuchen zu lassen, o#7#b^iYZb67>6c`aZ7gVX]^Va>cYZm!Y#]# @cX]Za"6gb">cYZm# 9VWZ^ l^gY YZg hnhida^" sche Blutdruck sowohl am Oberarm wie über den Fußknöcheln mit Hilfe eines DopplerUltraschallgeräts gemessen. Der ABI ist ein ausgezeichnetes Diagnoseverfahren, um die periphere Verschlusskrankheit frühzeitig zu erkennen und dadurch zu verhindern, dass große Schäden in den Gefäßen entstehen. The Lancet, Vol 379, 2012: 905-914 Weniger Herzinfarkte Die Nichtraucherschutzgesetze in Deutschland haben dazu geführt, dass Herzinfarkte und Krankenhausaufenthalte wegen koronarer Herzkrankheit deutlich seltener aufgetreten sind. Die DAK (Deutsche Angestellten Krankenkasse) hat die Krankenhausdaten von mehr als 3 Millionen Versicherten über 5 Jahre ausgewertet. Die Studie zeigt, dass nach der schrittweisen Einführung der Nichtraucherschutzgesetze in den Bundesländern die Herzinfarkte um 8 % und die stationären Behandlungen in Folge von Angina pectoris um 13 % zurückgingen. Im Jahr nach der Einführung der Nichtraucherschutzgesetze konnten deshalb allein bei der DAK 1 880 Krankenhausbehandlungen verhindert und Kosten von 7,7 Millionen Euro eingespart werden. Je strikter die Gesetze, desto größer der Rückgang der Herzerkrankungen. Dies verdeutlicht die aktuelle DAK-Studie im Vergleich zu anderen internationalen Studien, z. B. in den USA und Schottland, wo die Herzinfarkte um 17 % zurückgingen. Clinical Research in Cardiology 101, 2012 : 227-35 31