Beliebte Felsenbuntbarsche aus dem Malawisee: Die Melanochromis-johanniiArtengruppe 1. Teil Andreas Spreinat Kopf und Flanken sind tief dunkelblau bis schwarz pigmentiert. Zwei prägnante, leuchtend bläulichweiße Längsstreifen ziehen sich über den gesamten Körper und teilen diesen in drei gleich große Zonen. Die Flossen sind ebenfalls dunkelblau, zeigen aber zahlreiche weißliche Streifen, und besonders die Rückenflosse trägt zudem noch einen klaren weißlichen Saum. Diese Farbgebung in Verbindung mit der abgerundeten Stirnlinie (im Gegensatz zu manch anderer, ähnlich gefärbten aber spitzköpfigen Melanochromis-Art) machen Melanochromis johannii zu einem unverwechselbaren Felsenbuntbarsch (Mbuna) aus dem Malawisee. Doch nur die Männchen zeigen diese Färbung. Die Weibchen sind einheitlich gelblich bis orangefarben. Ältere Weibchen werden manchmal gelblichgrau; sie tendieren damit in Richtung Männchenfärbung. Wenn die Jungtiere dieses Maulbrüters zum ersten Mal das mütterliche Maul verlassen, zeigen sie eine einheitlich helle, gelbliche Pigmentierung ohne jedes Zeichnungsmuster. Im Laufe DCG-Informationen 37 (10): 231–240 des Wachstums wird die Gelbfärbung intensiver. Dabei spielt die Fütterung eine große Rolle. Karotinhaltige Nahrung führt dazu, dass die Jungtiere kräftig orangefarben werden. Die kleinen Männchen, die anfangs genauso gelb-orange wie die weiblichen Jungtiere sind, färben sich nach etwa einem halben Jahr allmählich um. Melanochromis johannii wurde vermutlich Ende der 1960er oder gleich zu Anfang der 1970er von Peter Davies, dem ersten Zierfischexporteur am Malawisee, und seinen Mitarbeitern an der malawischen Ostküste im Bereich von Makanjila entdeckt. Die Art wurde zunächst als Pseudotropheus „Daviesi“ („Pseudotropheus daviesi“) in den Handel gebracht. Eine der ersten Beschreibungen in der deutschen Literatur sowie eine Farbabbildung beider Geschlechter finden sich bei Staeck (1974: 272, 262), der den deutschen Namen Kobaltorangebarsch aufführt. Der „Daviesi“ gehörte in den 1970er Jahren zu den beliebtesten Malawiseebuntbarschen; die Art wurde bereits frühzeitig vielfach nachgezüchtet, um die große Nachfrage an diesem hübschen Malawiseebuntbarsch zu decken. 231 Noch nicht lange im Aquarium: Junges Wildfang-Männchen von Melanochromis johannii. Die Flossenverletzungen sind für Wildfänge nicht ungewöhnlich Seite 231: Kräftiges Melanochromisjohannii-Männchen mit den typischen zwei Längsstreifen im Aquarium Die wissenschaftliche Erstbeschreibung erfolgte durch Eccles (1973) als Pseudotropheus johannii. Die Beschreibung basierte auf zwei Exemplaren (Männchen und Weibchen), die beide von Davies an der malawischen Ostküste „nahe Cape Ngombo“ (wenig südlich von Makanjila Point) gefangen worden waren. Unsere ersten M. johannii konnten wir 1973 als Wildfänge erwerben. Aus meinen alten Aufzeichnungen geht hervor, dass wir im Juli 1973 ein Pärchen (von einem Privatmann aus Lünen) für 36 DM erwarben. Die Tiere waren zu diesem Zeitpunkt zwölf (Männchen) beziehungsweise elf Zentimeter lang, was zeigt, dass diese Wildfänge schon längere Zeit im Aquarium verbracht hatten und aufgrund der reichlichen und eiweißhaltigen Kost größer waren als frischgefangene Wildfänge. Im Freiland wird die Art meist nur etwa acht bis neun Zentimeter lang (selten auch etwas länger). Am 7. Dezember 1973 laichten unsere Fische ab, und das Weibchen entließ genau 23 Tage später 24 fertig entwickelte Jungtiere. Die Jungfische wuchsen ohne Verluste heran, und wir konnten sie in einer Länge von etwa fünf Zentimeter abgeben. Darauf waren wir damals sehr stolz. Melanochromis perileucos ist der „BlackWhite Johannii“ Anfang der 1970er herrschte aquaristische Aufbruchstimmung am Malawisee. Quasi an jedem Küstenabschnitt wurden neue Arten und Farbvarianten gefangen. Eine davon wurde an der südlichen Küste der Insel Likoma entdeckt. Die MännDieses noch halbwüchsige Männchen von M. johannii befindet sich noch in der Umfärbung 232 DCG-Informationen 37 (10): 231–240 Junges Wildfang-Weibchen im Aquarium (beachte die zwei angedeuteten hellen Längsstreifen) Unten: Über den dunklen Felsen fällt dieses einheitlich gelb gefärbte M.-johanniiWeibchen sofort auf (malawische Ostküste im Bereich Makanjila) chen sahen ähnlich dunkel pigmentiert aus wie der Johannii, aber sie hatten keine zwei weißlichen Längsstreifen, sondern stattdessen einen silbrigen Schwanzflossenstiel. Die Weibchen waren nicht so hübsch orange, sondern eher grau bis gelblich, im Alter auch manchmal silbrig. Mitunter zeigten die Weibchen ein mittig verlaufendes dunkles Körperlängsband. Diese Art wurde in den 1970ern als „Silberpindani“ DCG-Informationen 37 (10): 231–240 in den Handel gebracht. (Pseudotropheus „Pindani“ war damals die Handelsbezeichnung für die mittlerweile als Pseudotropheus socolofi beschriebene Art von der mosambikanischen Küste). Es war Ende 1974, als wir ein Männchen und zwei Weibchen des „Silberpindani“ erwerben konnten. Die Tiere verhielten sich im Aquarium ähnlich wie Melanochromis johannii; die nahe Verwandtschaft war unübersehbar. Nach kurzer Zeit laichten beide 233 Ältere Weibchen von M. johannii „verblassen“ etwas und sind dann nicht mehr so hübsch gelb Unten: Der ehemalige Melanochromis „BlackWhite Johannii“ heißt heute M. perileucos (Wildfang-Männchen, Aquarienaufnahme) Weibchen ab, und wir konnten die Jungtiere leicht mit frischgeschlüpften Salinenkrebschen, feinem Flockenfutter und anderen feinen Futtersorten aufziehen. Später wurde dieser Felsenbuntbarsch von dem Aquarienfischexporteur Stuart Grant als Melanochromis „Black-White Johannii“ in den Handel gebracht. Ribbink und Mitarbeiter führen die Art 234 ebenfalls unter dieser Bezeichnung (M. „blackwhite johanni“) in ihrer grundlegenden Publikation über die Felsenbewohner des Malawisees (Ribbink et al. 1983: 206) und beziehen sich dabei ausdrücklich auf die Handelsbezeichnung. Eine weitere Handelsbezeichnung lautete „Likoma-Johannii“. Erst 1997 wurde die Art als M. perileucos wissenschaftlich beschrieben (Bowers & Stauffer 1997). Ribbink und Mitarbeiter (1983: 206) nennen als DCG-Informationen 37 (10): 231–240 M.-perileucos-Männchen mit ungewöhnlich langgezogener Weißfärbung (Wildfang, Aquarienaufnahme) Unten: Bei Khuyu (mittlere Westküste von Likoma) im natürlichen Lebensraum fotografiert: Fast vollständig schwarz pigmentiertes Männchen von M. perileucos Verbreitungsgebiet die „südlichen Regionen“ von Likoma und verweisen darauf, dass durch Menschenhand eingeführte Populationen im Süden des Sees bei Cape Maclear (jeweils eine Population bei Thumbi West Island und Otter Point) existieren. Meine eigenen Beobachtungen beziehen sich auf Populationen bei Mbuzi Island, Mazimbwe Island, Msekwa Point und Khuyu. Diese Fundstellen befinden sich ebenfalls an den südlichen Küsten. DCG-Informationen 37 (10): 231–240 Wahrscheinlich kommt die Art an der Westküste auch noch weiter nördlich vor. Auf einigen meiner alten Unterwasserübersichtsaufnahmen von Makulawe Point (Nordwestlichster Zipfel von Likoma) konnte ich diese Art im Rahmen der Nachauswertung dieser Bilder deutlich erkennen. Übrigens lassen sich Jungfische von M. perileucos leicht anhand ihrer frühzeitig ausgebildeten schwarzen Pigmente in der Rücken- und After- 235 Relativ junges WildfangWeibchen von Melanochromis perileucos im Aquarium. Beachte die breit angelegten schwarzen Pigmente in der Rückenflosse flosse (weniger stark) erkennen. Diese Pigmentierung ist weder bei M. johannii noch bei M. interruptus (siehe weiter unten) in diesem Maße vorhanden. Aus Melanochromis „Maingano“ wurde M. cyaneorhabdos Ungewöhnlich ist, dass an der nordöstlichen Küste Likomas ein wohl eng verwandter, aber dennoch ganz klar unterschiedlicher Felsenbuntbarsch vorkommt. Dieser Mbuna ist exakt wie M. johannii gefärbt; das besondere dabei ist, dass nicht nur die Männchen die schwarzblaue Grundfärbung mit den zwei leuchtend blauen Längsstreifen aufweisen, sondern auch die Weibchen. Ribbink et al. (1983: 207) führen die Art unter dem vorläufigen Arbeitsnamen Melanochromis „Maingano“ auf und geben erste ausführliche Hinweise. Zur Verbreitung werden Maingano an der nordöstlichen Küste Likomas sowie die angrenzenden Bereiche Membe Point und Mbako Point erwähnt. Bowers & Stauffer beschrieben M. „Maingano“ 1997 als M. cyaneorhabdos. Nach meinen Informationen wurde auch dieser Melanochromis bereits in den 1970ern vereinzelt eingeführt. Offenbar konnte sich die Art aber nicht halten und verschwand wieder aus den Aquarien. Ich erinnere mich noch gut daran, wie uns Stuart Grant 1990 in seinem Fischhaus nicht ohne Stolz einen Wurf frisch aus dem Maul entlassene „MainganoJohannii“ vorzeigte. Grant hatte einige ausgewachsene Exemplare gefangen und zur Nachzucht gebracht. Die Kleinen waren nicht etwa gelblich, sondern allesamt grau gefärbt. Ältere Weibchen von M. perileucos verlieren die gelbliche Färbung und werden grau-silbrig (Wildfang, Aquarienaufnahme) 236 DCG-Informationen 37 (10): 231–240 Etwa zwei Zentimeter lange Nachzucht von Melanochromis perileucos Keines dieser Jungtiere war verkäuflich. Zu oft hatte der Exporteur die Erfahrung machen müssen, dass einige wenige Wildfänge einer neuen oder seltenen Art nach Deutschland oder in die USA verkauft und dort rasch nachgezüchtet wurden. Das kurzzeitige „Geschäft“ mit der erhöhten Nachfrage nach den Neuheiten machten dann diejenigen Züchter, die sich die ersten Wildfänge sicherten und nachzüchteten. Vor diesem Hintergrund bildeten die präsentierten Maingano-Johannii-Jungtiere zusammen mit einer Handvoll Wildfängen den Grundstock für die weitere Vermehrung dieser Art in der Anlage von S. Grant. Die in großen Betonbecken gezüchteten Fische wurden in den Folgejahren als so genannte Seenachzuchten zu vergleichsweise hohen Preisen in den Handel gebracht. Wie oben bereits erwähnt, lebt M. cyaneorhabdos bei Maingano und an den angrenzenden Küsten in Richtung Norden bis Mbako Point und in Richtung Süden bis Membe Point. Nach meinen eigenen Beobachtungen sind die Männchen und Weibchen bei Maingano und Mbako Point nahezu identisch dunkelblau mit den typischen zwei Längsstreifen. Als geringer Unterschied ist zu nennen, dass die Weibchen nicht immer ganz so kräftig dunkel pigmentiert sind, doch dieser Unterschied zu den Männchen ist meines Erachtens individuell unterschiedlich und deshalb mehr oder weniger vernachlässigbar. Anders verhält sich die Sache bei Membe Point. Hier konnte ich einige Weibchen fotografieren, die nicht dunkelblau pigmentiert waren, sondern eine eher schmutzig-graugelbe Färbung aufwiesen. Dieses Nachzuchtexemplar von Melanochromis perileucos ist zwar erst drei bis vier Zentimeter lang, zeigt aber schon kräftig schwarze Pigmente in der Rückenflosse DCG-Informationen 37 (10): 231–240 237 Das „Original“: Männchen von Melanochromis cyaneorhabdos bei Maingano (Likoma) Ein schwarzblau gefärbtes Weibchen konnte ich hier nicht nachweisen. Demnach gibt es bei M. cyaneorhabdos über einen sehr kurzen Küstenabschnitt bereits geografische Variation, die sich in der unterschiedlichen Färbung der Weibchen widerspiegelt (Der Abstand zwischen Maingano und Membe Point beträgt etwa einen Kilometer; Luftlinie geschätzt). Mittlerweile ist M. cyaneorhabdos ein fester Bestandteil der Malawisee-Aquaristik. Die Art wird regelmäßig nachgezüchtet. Melanochromis „Red“ ist M. interruptus, und M. elastodema ist ein Synonym Im Jahre 1975 veröffentlichte der US-Amerikaner Don S. Johnson die Beschreibung von zwei männlichen Felsenbuntbarschen, die er Melanochromis interruptus nannte (Johnson 1975). Nach den Ausführungen des Autors waren die beiden Cichliden von Peter Davies bei Likoma gefangen worden. Der Holotypus wurde als lebendes Exemplar in einer Farbaufnahme abgebildet. Darauf ist zu erkennen, dass das Männchen eine dunkle Grundfärbung aufweist und der Rücken durch eine Reihe leuchtend weißer Punkte gekennzeichnet ist. Mit Blick auf die Weibchen und Jungtiere verweist Johnson auf die „leuchtend gelbe“ („bright yellow“) Färbung. Die Ähnlichkeit mit M. johannii war bereits damals unverkennbar; Johnson bildete aus diesem Grunde zum direkten Vergleich ein Farbbild dieser Art mit ab und diskutierte die Verwandtschaftsverhältnisse. Erst viel später stellte sich heraus, dass es einen Johannii-Verwandten mit einer leuchtenden PunktIm Gegensatz zu allen anderen Vertretern der Johannii-Gruppe zeigen die kleinen M. cyaneorhabdos bereits beim Verlassen des mütterlichen Mauls keine gelben, sondern dunkelgraue Pigmente am gesamten Körper. Dieses Exemplar ist etwa zwei Zentimeter lang 238 DCG-Informationen 37 (10): 231–240 Im Uferlitoral von Membe, einem Inselchen an der Südküste von Chisumulu, wurde dieses Männchen von Melanochromis interruptus fotografiert Unten: Die Weibchen von Melanochromis interruptus sind meist schön kräftig gelb bis orangefarben (Unterwasseraufnahme von Chilanje, Chisumulu) reihe auf dem Rücken an den Küsten Likomas gar nicht gibt (vgl. Spreinat 1995). Weder im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen (vgl. Ribbink et al. 1983) noch durch die zahlreichen Fangaktivitäten der Aquarienfischfänger noch durch reisende Aquarianer kann ein solcher Mbuna im Uferlitoral der Insel Likoma nachgewiesen werden. Stattdessen gibt es aber eine Art bei Chisumulu, DCG-Informationen 37 (10): 231–240 auf die die Beschreibung und Farbabbildung von Johnson exakt passt. Im aquaristischen Handel wird dieser Buntbarsch schlicht ChisumuluJohannii genannt; Ribbink et al. (1983: 206) verwenden den Arbeitsnamen Melanochromis „Red“, der sich auf die intensive, orange-rote Färbung der Weibchen bezieht. 239 Deshalb ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Fundortangabe von Johnson in der Erstbeschreibung falsch ist. Johnson hatte die Tiere, wie erwähnt, nicht selbst gefangen (siehe oben). Eine Erklärung für die Fundortangabe „Likoma“ könnte darin bestehen, dass die bei Chisumulu gefangenen Fische in der Regel auf Likoma zwischengehältert wurden, bis sie dann mit einer der großen Fähren ins Hauptquartier des jeweiligen Aquarienfischexporteurs abtransportiert wurden. Bowers und Stauffer, die die Publikation von Johnson nicht erwähnen, beschreiben den Chisumulu-Johannii 1997 als M. elastodema (Bowers & Stauffer 1997). Da bereits eine gültige Erstbeschreibung vorliegt (die Bowers und Stauffer vermutlich übersehen haben), handelt es sich bei dem Taxon Melanochromis elastodema um ein jüngeres Synonym zu Melanochromis interruptus. Zu erwähnen ist noch, dass die Männchen von M. interruptus nicht immer eine klar erkennbare Punktreihe auf dem Rücken tragen. Es gibt hier eine erhebliche individuelle Variation. Bei manchen Männchen laufen die Punkte ineinander, so dass der Eindruck eines (teilweise unterbrochenen) 240 Längsstreifens vorherrscht. Andere Männchen sind so stark dunkel pigmentiert, dass kaum helle Punkte sichtbar sind. Diese Männchen wirken fast einheitlich schwarz. Melanochromis interruptus lebt endemisch im Uferlitoral von Chisumulu. Allerdings ist die Art durch Aquarienfischfänger in die zentrale Ostbucht von Likoma (nahe White Rock, nördlich Mbuzi Island), in die Hafenbucht von Nkhata Bay sowie nach Thumbi West Island (Cape Maclear) verschleppt worden. Die beiden erstgenannten Populationen sind vermutlich dadurch entstanden, dass einige Tiere aus Hälterungstonnen entkamen, die im Uferbereich der genannten Stellen deponiert waren. Fortsetzung folgt Melanochromis interruptus: Eine Gruppe aus einem Männchen (links) und vier Weibchen über großen Felsflächen bei Chiwe Rocks (Chisumulu) Fotos: Andreas Spreinat DCG-Informationen 37 (10): 231–240