38.5 Das Bändermodell der Festkörper

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38.5 DAS BÄNDERMODELL DER FESTKÖRPER «<
38.5 Das Bändermodell der Festkörper
Die spezifischen Widerstände von Isolatoren und Leitern unterscheiden sich um v.iele Größenordnungen. So liegt der spezifische Widerstand eines typischen [solators, wie z. B. Quarz, bei
rQ = 10 16 Q·m, der eines typischen Leiters dagegen bei rQ =
1O -l! Q. m. Die Ursache für diesen gewaltigen Unterschied
liegt in der Dichte der freien Elektronen, (ne/ V). Um zu verstehen, wie dieser große Unterschied zustande kommt, müssen wir
unser Modell der freien Elektronen erweitern und den Einfluss
der Gitterionen auf die Energiezustände der Elektronen
berücksichtigen.
Betrachten wir zunächst, was mit den elektronischen Energiezuständen zweier einzelner Atome geschieht, wenn sich diese einander nähern. Die erlaubten Energieniveaus eines einzelnen
Atoms liegen oft weit auseinander. So befindet sich im Wasserstoffatom das niedrigste erlaubte Niveau EI = -13,6 e V um
10.2 eV unter dem zweitniedrigsten erlaubten Energieniveau
E2 = (-13 ,6eV)/4= -3,4eV (siehe Kapitel 36). Wir wollen
nun zwei identische Atome betrachten und uns auf ein bestimmtes Energieniveau konzentrieren. Solange die Atome weit voneinander entfernt sind, ist dieses Energieniveau für beide Atome
gleich. Verringert sich jedoch der Abstand zwischen den beiden
Atomen, so wird das Energieniveau in jedem der beiden Atome
unter dem Einfluss des jeweils anderen Atoms ein wenig verschoben. In dem resultierenden Zwei-Atome-System erscheint
das ursprüngliche Energieniveau in zwei Niveaus leicht unterschiedlicher Energie aufgespalten. Nähern sich drei Atome einander stark an, so spaltet ein gegebenes Energieniveau in drei
getrennte Niveaus leicht unterschiedlicher Energie auf usw.
Abbildung 38.14 zeigt die Aufspaltung für zwei Energieniveaus
und sechs Atome als Funktion des Abstands zwischen den Atomen.
Nähern sich n A tom gleiche Atome einander stark an, so spaltet ein
gegebener Energiezustand der einzelnen Atome in nAto," Energiezustände mit etwas unterschiedlichen Energien auf. In
einem makroskopischen Festkörper ist nAtom sehr groß - in der
Größenordnung von 1023 -, so dass jedes Energieniveau in
eine sehr große Zahl von Energieniveaus aufspaltet, die man
als Band bezeichnet. Die Energieniveaus in einem Band liegen
so dicht beieinander, dass man sie beinahe als Kontinuum ansehen kann. Für jeden Energiezustand des einzelnen Atoms ergibt
sich im Verbund der Atome ein eigenes Band. Die verschiedenen Bänder können energetisch dicht oder weniger dicht beieinander liegen, sie können sich sogar überlappen. Was jeweils
geschieht, hängt von der Art der Atome und von der Bindungsart im Festkörper ab.
Die niedrigsten Energiebänder, die zu den niedrigsten erlaubten
elektronischen Energiezuständen der Atome in dem jeweiligen
Gitter gehören , sind mit Elektronen gefüllt, die an die einzelnen
Atome gebunden sind. Die Elektronen, die an der Leitung teilnehmen können, befinden sich dagegen in energetisch höheren
Bändern. Das oberste Band, das Elektronen enthält, wird als
Valenzband bezeichnet. Das Valenzband kann ganz oder teilweise mit Elektronen gefüllt sein; auch dies hängt von der Art
der Atome und von der Bindungsart im Festkörper ab.
Wir können nun erklären, warum einige Festkörper Leiter,
andere hingegen Isolatoren sind. Ist das Valenzband nur teilweise gefüllt, gibt es in dem Band viele unbesetzte Energiezustände, und die Elektronen in dem Band können durch elektri-
Energie
Erlaubte Energiebänder
Energieniveau 1
Abstand zwischen den Atomen
38.14 Aufspaltung der Energiezustände für zwei Energieniveaus und
sechs Atome als Funktion des Abstands zwischen den Atomen. Ist die
Zahl der Atome sehr groß. liegen die Energieniveaus. in die ein
Energiezustand aufspaltet , so dicht beieinander, dass sie fast als Kontinuum angeseben werden können; man bezeichnet sie als Band.
sehe Felder leicht in einen energetisch höheren Zustand angehoben werden. Ein solches Material ist folglich ein guter Leiter. Ist
das Valenzband hingegen gefüllt und das nächsthöhere erlaubte
Band durch eine große Energielücke vom Valenzband getrennt,
wird ein angelegtes elektrisches Feld typischerweise nicht stark
genug sein, um ein Elektron aus den oberen Energieniveaus des
besetzten Bands in ein Energieniveau des leeren Bands anzuregen. Bei einem solchen Material handelt es sich um einen Isolator. Das energetisch niedrigste Band, in dem noch unbesetzte
Zustände vorhanden sind, wird als Leitungsband bezeichnet.
In einem Leiter ist das Valenzband nur teilweise gefüllt, so
dass das Valenzband gleichzeitig auch das Leitungsband ist.
Eine Energielücke zwischen erlaubten Bändern wird manchmal
auch als Bandlücke bezeichnet.
1235
236
I > > > 38 FESTKÖRPER
Verboten
t------I
Dicht benachbarte
Erlaubt, leer
Erlaubt, besetzt
Leiter
Leiter
Isolator
Halbleiter
(a)
(b)
(c)
(d)
38.15 Vier mögliche Bandslrukturen von Festkörpern. a) Ein typischer Leiter: Das Valenzband ist nur teilweise gefüllt, so dass die Elektronen
leicht in direkt darüber liegende Energieniveaus angeregt werden können. b) Ein Leiter, bei dem sich die erlaubten Energiebänder überlappen. c) Ein typischer Isolator: Das volle Valenzband ist durch eine breite Bandlücke vom Leitungsband getrennt. d) Ein Halbleiter: Die Energielücke zwischen dem vollen Valenzband und dem Leitungsband ist sehr klein; daher können einige Elektronen bei Zimmertemperatur in das
Leitungsband angeregt werden. Lm Valenzband bleiben dann positiv geladene Löcher zurück.
Abbildung 38.15 a zeigt die Bandstruktur eines Leiters, wie z. B.
Kupfer. Die energetisch niedriger liegenden (nicht gezeigten)
Bänder sind mit Elektronen der inneren Schalen der Atome
besetzt. Das Valenzband ist nur etwa zur Hälfte gefüllt. Wird
ein elektrisches Feld angelegt. werden die Elektronen im Leitungsband beschleunigt, d. h., ihre Energie nimmt zu. Dies
steht nicht in Widerspruch zum Pauli-Verbot, weil es gleich oberhalb der besetzten Zustände in diesem Band eine Vielzahl unbesetzter Zustände gibt. Diese Elektronen stellen also die Leitungselektronen dar.
Abbildung 38.15 b zeigt die Bandstruktur für Magnesium, das
ebenfalls ein Leiter ist. In diesem Fall ist das oberste Band vollständig gefüllt, überlappt aber mit dem nächsthöheren , leeren
Band. Beide Bänder zusammen stellen also ein kombiniertes
Valenz-Leitungs-Band dar, das nur teilweise gefüllt ist.
Abbildung 38.15 c zeigt die Bandstruktur eines typischen Isolators. Bei T=O K ist das Valenzband vollständig gefüllt. Das
nächsthöhere Energieband mit unbesetzten Zuständen, das Leitungsband, ist vom Valenzband durch eine große Energielücke
getrennt. Bei T = 0 K ist das Leitungsband leer. Bei Zimmertemperatur können einige wenige Elektronen aus dem Valenzband
in Zustände des Leitungsbands angeregt werden. Für die meisten Elektronen ist die Energielücke jedoch zu groß; die Energie, die sie durch thermische Anregung erhalten, reicht nicht
aus, um ins Leitungsband überzuwechseln. Selbst bei ziemlich
hohen Temperaturen gelangen nur sehr wenige Elektronen
durch thermische Anregung in das nahezu leere Leitungsband.
Wird an einen solchen Festkörper ein elektrisches Feld angelegt,
können die Elektronen nicht beschleunigt werden , da es keine
unbesetzten Energiezustände in erreichbarer Nähe gibt. Dies
wird manchmal auch so formuliert, dass keine freien Elektronen
zur Verfügung stehen. Die geringe elektrische Leitfähigkeit, die
trotzdem auftritt, rührt von den wenigen Elektronen her, die
durch thermische Anregung in das nahezu leere Leitungsband
gelangen. Wird ein so hohes elektrisches Feld angelegt, dass
dadurch Elektronen die Energielücke überwinden und tOS
leere Leitungsband überwechseln können , kommt es zum elektrischen Durchschlag.
In einigen Materialien ist die Energielücke zwischen dem gefüllten Valenzband und dem leeren Leitungsband sehr klein (Abbildung 38.15d). Bei T=O K ist das Leitungsband leer, und das
Material ist ein Isolator. Bei Zimmertemperatur dagegen befindet sich aufgrund der thermischen Anregung eine beträchtliche
Zahl von Elektronen im Leitungsband. Ein solches Material
wird Eigenhalbleiter genannt. Typische Eigenhalbleiter, wie
z.B. Silicium und Germanium, haben eine Energielücke von
nur ungefähr 1 eY. Die Elektronen im Leitungsband können
durch ein elektrisches Feld beschleunigt werden , weil viele
unbesetzte Zustände unmittelbar oberhalb der besetzten
Zustände zur Verfügung stehen. Des Weiteren gibt es zu
jedem Elektron im Leitungsband eine Leerstelle, oder ein
Loch, im (ast vollen Valenzband. Daher können auch Elektronen aus diesem Band durch ein elektrisches Feld angeregt wer-
38.6 HALBLEITER .-«
(a)
Überzähliges Elektron
Überzähliges Elektron
=::::: niveaus
~onator­
~
38.16 a) Schematische Darstellung eines mit Arsen dotierten Siliciumkristalls. Da Arsen fünf Valenzelektronen hat. gibt e ein überlähliges.
nur locker gebundenes Elektron. das leicht in da Leitung band angeregt werden kann. wo e zur elektri ehen Leitung beiträgt. b) Band truktur
eines n-Halbleiters. wie er beispielsweise beim Dotieren von Silicium mit Arsen entsteht. Die Fremdatome bewirken gefüllte Energieniveau~
dicht unterhalb des Leitungsbands. Die e Energieniveaus können sehr leicht Elektronen an das Leitungsband abgeben.
den und auf ein unbesetztes Energieniveau überwech eIn. Dies
trägt ebenfalls zum elektrischen Strom fluss bei; am ei nfachsten
kann man sich dies so vorstellen, dass sich die Löcher in Richtung des elektrischen Felds, also entgegengesetzt zur Bewegung
der Elektronen bewegen. Die Löcher verhalten sich somit wie
positiv geladene Teilchen. Man kann sich die Löcherleitung
sehr schön veranschaulichen, indem man sich eine zweispurige
Einbahnstraße vorstellt. deren eine Spur mit parkenden Autos
vollgestellt ist. während die andere Spur leer ist. Wechselt ein
Auto au der vollgestellten Spur in die leere Spur über, kann
es sich dort frei bewegen. Indem nun die anderen Autos eines
nach dem anderen nachrücken, um die ent tandene Lücke zu
schließen. bewegt sich die Lücke rückwärts, also der Bewegungsrichtung der Autos entgegen. Sowohl die Vorwärtsbewegung des ausgescherten Autos auf der nahzu leeren Fahr pur
als auch die Rückwärtsbewegung der Lücke tragen in der
Gesamtbilanz zur Vorwärt bewegung der Menge aller Auto
bei.
Halbleiter haben die interessante Eigenschaft, dass ihr spezifischer Widerstand - anders als bei metallischen Leitern - mit
steigender Temperatur sinkt. Bei höherer Temperatur werden
nämlich mehr Elektronen thermisch in das Leitungsband angeregt, und somit stehen mehr freie Elektronen zur Verfügung.
Gleichzeitig steigt natürlich auch die Zahl der Löcher im Valenzband. In Halbleitern übertrifft dieser Effekt. da s die Zahl
der Ladungsträger (Löcher und Elektronen) mit wachsender
Temperatur zunimmt, einen anderen Effekt, dass näm lich der
spezifische Widerstand aufgrund stärkerer thermi eher Schwingungen der Ionen und damit verstärkter Streuung der Elektronenwellen am Gitter ansteigt. D aher weisen Halbleiter einen
negativen Temperaturkoeffizienten de spezifischen Widerstands auf.
38.6 Halbleiter
Eigenhalbleiter eigne n sich se hr gut zur Herstellung von elektronischen Schaltungskomponenten, deren spezifi ehen Widerstand man über eine externe Spannungs- oder Stromquelle kontrollieren kann. Die meisten Halbleiterbauelemente, wie z. B.
Dioden und Tran istoren, basieren jedoch nicht auf Eigenhalbleitern ondern auf Stärstellenhalbleitern, die man aus EigenhalbIeitern durch gezieltes Hinzufügen be timmter Fremdatome gewinnt. Diesen Prozess nennt man Dotierung. Abbil-
dung38.16a zeigt die schematische Dar teilung eine mit
Ar en dotierten SiliciumgiUers. Man erkennt, dass einige der
Siliciumatome in dem Kri tallgitter durch Ar enatome cr etzt
sind. Das Leitungsband in reinem Silicium ist bei Zimmertemperatur prakti eh leer, daher ist reine Silicium ein chlechter
elektrischer Leiter. Ar en jedoch hat fünf Valenzelektronen.
eines mehr a ls Silicium. Während vier der fünf Arsenelektronen
an der kovalenten Bindung zu den vier benachbarten iliciumatomen teilnehm en. ist da fünfte Elektron nur ehr locker an
das Ar enatom gebunden. Die e zu ätzliche Elektron nimmt
ei nen Energiezustand dicht unterhalb des Leitungsbands ein
und kann leicht in Leitungsband angeregt werden und 0 zur
elektri ehen Leitung beitragen.
Abbildung38.l6b zeigt die Band truktur eines mit Ar en
dotierten Siliciumkri talls. Die Energieniveau direkt unterhalb
des Leitungsband rühren von den überzähligen Elektronen der
Ar enatome her. Die e Zustände nennt man Donator- oder
Donorniveaus. weil sie leicht Elektronen an da Leitungsband
abgeben (vom lateini ehen dOllare für .,abgeben"). Hierbei enttehen keine Löcher im Valenzband. Die en Halbleitertyp
nennt man negativen Halbleiter oder n-Halbleiter. weil der
größte Teil der Ladungsträger aus negativ geladenen lektronen be teht. Die Leitfähigkeit eines dotierten Halbleiter
hängt vom Gehalt an Fremdatomen ab. chon ein Anteil an
Fremdatomen von 10 ~ kann die Leitfähigkeit um mehrere Größenordnungen erhöhen - wie Beispiel 3 .7 deutlich macht.
1 23
238
> > > 38 FESTKÖRPER
(a)
(b)
Leeres Leitungsband
Akzeptor.
ruveaus
-0-0-0-0-0-0-
Gefülltes Valenzband
38.17 a) Schematische Darstellung eines mit Gallium dotierten Siliciumkristalls. Da Galljum nur dre i Vale nze lektrone n hat. weist e ine der
kovalenten Bindungen ein Locb auf. Füllt eines d er anderen Elcktroncn dieses Loch auf, so hintcrlä st es an anderer Stelle e in neues Loch. das
wieder aufgefüllt wird, usw. Auf diese Weise wandert das Loch und trägt so zur elektriscben L eitung bei . b) Bandstruktur e ines p-Ha lblciters, wie er
beispielsweise beim Dotieren von Silicium mit Gallium entstebt. Die Fremdatome bewirken leere Energieniveaus dicht oberhalb des gefülltcn
Valenzbands. Diese Zustände können sehr leicht Elektronen aus dem Valenzband aufnehmen.
• - Elektronen
o t Löcher
o •
00 0
•
0
°•
0
0
0
0
•
0 -1
°0
o
~:
+ •
1 0
•
• ••
.0:
p-Seite
•
0
1+ •
<J 1
0 . 0 -I +• •
0-1 + 0 . 0 .
0
+• •
• •••
• •
•
n-Seite
0
38.18 Ein pn-Halbleiterübergang. Um Konze ntra tionsunterschjed e
auszugleichen, diffundieren Löcher von der p-Seite zur n-Seite und
Elektronen von der n-Se ite zur p-Seite. Im Übergangsbereicb entsteht
dadurch ei ne Ladungsdoppelschicht, wobei sich negative Ladungen auf
der p-Seile und positive Ladungen auf der n-Se ite befinden .
Energie
Leitungsband
1
1
- I
- I
Leitungsband
Ein anderer Halbleitertyp entsteht, wenn man einige Siliciumatome durch GaUiumatorne ersetzt, die nur drei Valen7elektronen haben (Abbildung 38.17 a). Die Galliumatome nehmen je
ein Elektron aus dem Valenzband auf, um ihre vier kovalenten
Bindungen ausbilden zu können , und hinterlassen dabei Löcher
im Valenzband. Abbildung 38.17 b zeigt die Bandstruktur eines
mit Gallium dotierten Siliciumkristalls. Die leeren Energieniveaus direkt oberhalb des Valenzbands gehen auf die ionisierten
Galliumatome zurück. Diese iveaus nennt man Akzeptorniveaus, da sie leicht Elektronen aus dem gefüllten Valenzband
aufnehmen, wenn diese thermisch in einen höheren Energiezustand angeregt werden (vom lateinischen accipere für "a ufnehmen ") . Dadurch entstehen im Valenzband Löcher, die sich frei
in Richtung eines elektrischen Felds bewegen können. Da es
sich bei den Ladungsträgern um positive Löcher handelt,
bezeichnet man diesen Halbleitertyp als positiven Halbleiter
oder p-HaJbleiter. Dass die Stromleitung tatsächlich auf der
Bewegung positiver Ladungsträger beruht, kann mit Hilfe des
Hall-Effekts nachgewiesen werden (siehe Kapitel 26).
- I
-I
________ =L __ _
o
38.19 Elektronische Energieniveau be i e inem pn-Übergang.
38.7 Halbleiterübergangsschichten und
Bauelemente *
In den technisch gebräuchlichen Halbleiterbauelementen, etwa
Dioden oder Transistoren, sind n- und p-Halbleiter miteinander
kombiniert (Abbildung 38.18). Meist wird hierfür ein Siliciumkristall auf einer Seite mit einem Donator dotiert und auf der
anderen Seite mit einem Akzeptor. Dazwischen befindet sich
die so genannte Übergangszone.
Wenn ein n- und ein p-Halbleiter miteinander in Kontakt
gebracht werden , so gleichen sich die Konzentrationen von
Elektronen und Löchern in den beiden Gebieten aus, indem
Elektronen vom n- in das p-Gebiet und Löcher in umgeke hrter
Richtung vom p- in das n-Gebiet diffundieren, bis sich ein
G leichgewichtszustand eingestellt hat. Insgesamt wird also positive Ladung vom p- zum n-Gebiet transportiert. Anders als bei
zwei Metallen, d ie Kontakt miteinander haben, können sich
die Elektronen hier nicht weit von der Übergangszone entfernen, da das Halbleitermaterial kein sonderlich guter Leiter ist.
Also bildet sich am Übergang zwischen n- und p-Gebiet eine
Ladungsdoppelschicht, vergleichbar der auf einem Plattenkon-
38.7 HALBLEITERÜBERGANGSSCHICHTEN UND BAUELEMENTE < < <
BEISPIEL 38.7: Dichte freier Elektronen in mit Arsen dotiertem Silicium
Die Teilchenzahldichte freier Elektronen in reinem Silicium beträgt bei Raumtemperatur ungefähr 1010 Elektronen/em ].
Wie ändert sich die Teilchenzahldichte der freien Elektronen, wenn man jeweils eines von einer Million Siliciumatomen durch
ein Arsenatom ersetzt? (Die Massendichte von Silicium beträgt 2,33 g/cm 3, die molare Masse 28,1 g/mol.)
ZUR ÜBUNG
Problembeschreibung: Die Anzahl nsJV der Siliciumatome pro cm 3 erhält man aus der Formel nSi / V =
pn A / mMOI'
Da jedes Arsenatom ein zusätzliches freies Elektron liefert, ist die Zahl der Elektronen, die durch die Arsenatom e beigesteuert werden, 10- 6 . (nsJ V).
Lösung:
Decken Sie zunächst die rechte Spalte ab und versuchen Sie jeweils, die Ergebnisse selbst zu ermitteln.
Schritte
1. Berechnen Sie die Zahl der Siliciumatome pro cm
3
.
Ergebnisse
ns, pn"
nl ~ I ,,1
V
(2.33 g/cm 3 ) . (6.02 · 102 ' Atome/mol )
(28 .1 g/mol )
=
2. Durch Multiplikation mit 10--6 erhalten Sie die Zahl der
Arsenatome pro cm 3 , die der Zahl der zusätzlichen freien
Elektronen pro cm 3 entspricht.
11
V
=
0
4.99 . 1022 Atome/cm'
10
.V
h 11 ·.
= I4 .99 . 10 I~'
Elektron en/ern I
Kommentar: Die Zahl der freien Elektronen pro Atom ist in Silicium so klein, dass sich die Zahl der Leilungsel ektronen
bereits auf das Fünfmillionenfache erhöht, wenn man Silicium mit nur einem Arsenalom auf eine Million Siliciumatome
dotiert.
ÜBUNG: Wie viele freie Elektronen pro Siliciumatom gibt es in reinem Silicium? (Lösung: 2 . 10- 13.)
densator. Durch die Ladungstrennung entsteht eine Potenzialdifferenz, die den weiteren Ladungsfluss verhindert. [m Gleichgewicht hat die n-Seite mÜ ihrer positiven Nettoladung ein
höheres Potenzial als die p-Seite mit ihrer negativen Nettoladung. Im Übergangsbereich befinden sich jetzt nur wenjge
freie Ladungsträger, so dass er einen hohen Widerstand hat.
Abbildung 38.19 zeigt das Energiediagramm für einen pn-Übergang. Den Übergangsbereich nennt man auch Verarmungszone.
Dioden*
In der Anordnung in Abbildung 38.20 wurde mit Hilfe einer
Batterie und eines Widerstands eine äußere Spannung an den
pn-Übergang angelegt. Ist, wie in Abbildung 38.20a, der positive Pol der Batterie mit der p-Seite des Übergangs verbunden,
sagt man, der pn-Übergang sei in Durchlassrichtung geschaltet.
Diese Art der Schaltung veningert die Potenzialdifferenz im
Übergangsbereich. Die Diffusion der Elektronen und Löcher,
die bestrebt sind, den Gleichgewichtszustand wiederherzustellen, wird größer, was einen Strom in dem Schaltkreis zur Folge
hat.
Ist der positive Pol der Batterie, wie in Abbildung 38.20 b, mit
der n-Seite des Übergangs verbunden , sagt man, der pn-Übergang sei in Sperrrichtung geschaltet. D~ese Art der Schaltung
vergrößert dje Potenzialdifferenz im Ubergangsbereich , und
die Diffusion der Ladungsträger wird noch weiter unterdrückt.
I
1239
240
»> 38 FESTKÖRPER
(a)
(b)
Kein Strom
o • °00 000 : -5 0. . . . . 0
° 0· 0° 0-: +
o
o
0 ·
o
0 . 0
•
0
p-Scitc
.
•• • •
I .·
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•
0
•
0
•
•
0 1 ..
•
v
•
n-Seite
n-Seite
p-Seite
Durchlassrich tung
Sperrrichtung
38.20 Die pn-H alble ite r-Di ode. a) D e r pn-Ü berga ng ist in Durch lassri chtung geschalte t. Die angelegte Spannung fördert d ie Diffusion de r
Löche r von de r p-Se ite zur n-Seite und der Elek t ro nen vo n d er n-Se ite zu r p-Seite und führt so zu ein em Strom I . b) D e r p n- Übe rga ng ist in
Sperrri chtun g geschaltet. Die angelegte Spa nnung verhinde rt di e Di ffusio n de r L adungsträger durch de n Ü be rga ngsbereich, und es fli eßt ke in
Strom .
Durchlassri chtung
Du rchbruchspannUl1g
/
30
20
(
V,V
10
Sperrrich tun g
20
30
Il A
38.21 Strom -Spannungs-Cha ra kte ristik e ines pn-Ü bergangs. Beachten Sie di e unt e r chi edlichen Skalen an den A chsen für Durchlass- und
Spe rrrich tun g.
(a)
In Abbildung 38.21 ist die Strom-Spannungs-Ke nnlini e für
einen typischen Halble iterübergang gezeigt. D er pn-Übergang
leitet den Strom im Wesentlichen nur in einer Richtung. Ein
Halbleiterbauelement mit nur einem Übergang wird als Diode
bezeichnet. D er Name Diode ist von einer Vakuumröhre mit
nur zwei Elektrode n entle hnt, die den elektrische n Strom ebenfall s nur in einer Richtung leitet. Dioden können für viele verschiedene Zwecke eingesetz t werden, e twa als Gl eichrichter,
um Wechselstrom in Gleichstrom umzuwandeln.
Beachten Sie, dass in der Kurve in Abbildung 38.21 der Stro m
stark zunimmt, wefill eine hohe Spannung in Sperrrichtung
ange legt wird. Der Grund dafür ist, dass bei sehr große n ele ktrischen Feldern Elektronen aus den atomaren Bindunge n herausgerissen und durch den Ü bergang hindurch beschleunigt werden . Dabei können sie ihrerseits andere Elektron en durch
Stoßionisation losschlagen. Dieser Vorgang wird als Lawinendurchbruch bezeichnet. Obwohl ein solcher Durchbruch in
einem Stromkreis schreckliche Auswirkungen habe n kann ,
we nn er unbeabsichtigt geschieht, kann di e Tatsache, dass er
bei einem scharf definierten Spannungswert auftritt, technisch
nutzbar gemacht werden in Form eines Spannungsnormals,
einer Referenzdiode, die auch als Zener-Diode beze ichne t
(b)
(c)
leitungsband
EF
EF
EF
EF
EF
p-Seite
n-Seite
p-Seite
n-Seite
p -Seite
n-Seite
38.22 Die e lekt ron ische n Energien ivea us bei de m sta rk dotie rt en pn-Ü be rga ng einer Tunne ldiode. a) Ohne Vo rspannung tunn e ln E le ktro ne n
in beiden Rich tun ge n d urch den Übe rga ngsbereich. b ) Be i e ine r kl e ine n Vo rspa nnung ste igt der Tunnelstro m in e iner Ri chtung an und lie fe rt
e in e n mer kli che n Beitrag zu m Gesa mtstrom. c) Be i zune hm e nde r Vo rspa nnung nimmt d er Tunnelstrom sta rk ab.
38.7 HALBLEITERÜBERGANGSSCHICHTEN UND BAUELEMENTE
<.
wird. Zener-Dioden werden zudem benutzt, um Geräte vor
Über pannungen zu schützen.
Ein interessanter Effekt. den wir hier nur qualitativ beschreiben
wollen, tritt auf. wenn die beiden Seiten eines pn-Übergang 0
stark dotiert sind, dass die Donatoren auf der n-Seite so viele
Elektronen liefern, da s der untere Teil de Leitungsbands praktisch gefüllt i t, und die Akzeptoren auf der p-Seite so viele Elektronen aufnehmen, da s der obere Teil de Valenzbands nahezu
leer i t. Abbildung 38.22 a zeigt die dazugehörigen Energieniveaus. Da der Übergangsbereich nun sehr chmal ist, können
die Elektronen die Potenzialbarriere über dem Übergang leicht
durchbrechen und auf die andere Seite tunneln. Dieser Elektronenflu s wird Tunnelstrom genannt. eine solche stark dotierte
Diode nennt man Tunneldiode.
Im Gleichgewicht. also ohne angelegte Spannung, fließt in beide
Richtungen ein gleich großer Tunnelstrom. Wird eine kleine
Vorspannung an den Übergang angelegt, verschieben sich die
Energieniveaus wie in Abbildung 38.22 b dargestellt, und der
Tunnelstrom der Elektronen von der n-Seite zur p-Seite wird
größer. während er in der Gegenrichtung abnimmt. Die er Tunnelstrom ergibt, gemeinsam mit dem normalen Diffusions trom,
einen beträchtlichen Gesamtstrom. Wird die Vor pannung noch
ein wenig mehr erhöht, verschieben sich die Energieniveau weiter, wie es in Abbildung 38.22cgezeigt i t, und der Tunnel trom
wird wieder kleiner. Obwohl der Diffusionsstrom an teigt,
nimmt der Ge amtstrom nun ab. Bei ehr hoher Vor pannung
ist der Tunnelstrom ernachlässigbar, und der Ge amtstrom
nimmt mit steigender Vor pannung zu, und zwar allein aufgrund
der Diffusion, wie bei einem gewöhnlichen pn-Übergang. In
Abbildung 38.23 ist die Strom-Spannungs-Kennlinie einer Tunneldiode aufgetragen. Tunneldioden werden aufgrund ihrer ehr
kurzen Reaktionszeiten in schnellen Schaltungen verwendet.
Wenn man an der steilsten Stelle der Kennlinie arbeitet, bewirkt
eine kleine Änderung der Vorspannung eine große Änderung
des Strom.
Eine andere Anwendung von pn-Halbleitern ist die Solarzelle.
die in Abbildung 38.24 schematisch dargestellt ist. Trifft auf
die p- eite ein Photon, dessen Energie größer i t al die Bandlücke (1,1 eV in Silicium), kann es ein Elektron aus dem Valenzband in das Leitungsband anregen. Zurück bleibt ein Loch im
Valenzband, in dem es aber bereits viele Löcher gibt. Einige
der Elektronen, die durch die Photonen angeregt werden,
rekombinieren mit den Löchern, andere wandern durch da
Übergang gebiet. Von dort werden ie durch da von der
Ladungsdoppel chicht herrührende Feld zur n-Seite hin
beschleunigt. Dadurch entsteht ein Überschus an negativer
Ladung auf der n-Seite und ein Überschu an po itiver Ladung
auf der p-Seite. Das Ergebnis ist eine Potenzialdifferenz zwichen den beiden Bereichen, die normalerwei e etwa 0.6 e
beträgt. Werden die beiden Bereiche über einen Widerstand R v
verbunden, [ließt durch diesen ein Strom. Auf die e W ise wird
ein Teil der Lichtenergic in elektri ehe Energie umgewandelt.
Die Stromstärke im Widerstand ist proportional zur Zahl der
pro Zeiteinheit einfallenden Protonen. d. h. proportional zur
Intensität des einfallenden Licht.
Es gibt noch viele andere Anwendungen von Halbleitern mit pnÜbergängen. Teilchendetektoren, die 0 genannten Obertlächensperrschicht-Detektoren, be tehen au einem pn-HalbJeiterübergang mit einer hohen Sperr pannung, 0 da s normalerwei e kein Strom fließt. Durchquert aber ein hochenergeti che
Teilchen, etwa ein Elektron, den Halbleiter, dann erzeugt e
u
38.23 Strom-Spannungs- harakteri tik einer Tunneldiode. Bis zum
Punkt A steigt der Tunnel trom mit zunehmender or~pannung an.
Zwischen A und B wird er mit zunehmender or pannung kleiner. Ab
dem Punkt B i l der Tunnel trom vernachläs igbar. und die Diode
verhält ich wie eine gewöhnliche pn-Halbleiterdiode.
Einfallende Lid)t
\\\
Rv
Eine Leuchtdiode (L 0).
242
">
> > 38 FESTKÖRPER
(a)
Kollektor
p-Typ
(b)
~KO"'ktm
Basis
Basis
Emitter
Emitter
p-Typ
38.25 Der pnp-Transistor. a) Der stark dotierte Emitter emittiert
Löcher, die die dünne Basis durchqueren und zum Kollektor gelangen.
b) Das Schaltsymbol für den pnp-Transistor. Der Pfeil gibt die konventionelle Stromrichtung an, die der Bewegungsrichtung der emittierten Löcher entspricht.
(a )
(b)
Kollektor
Basis
Emitter
~
KOllektor
Basis
Emitter
38.26 Der npn-Tran istor. a) Der stark dotierte Emitter emittiert
Elektronen, die die dünne Basis durchqueren und zum Kollektor
gelangen. b) Das Schaltsyrnbol des npn-Transistors. Der Pfeil gibt die
konventionelle Stromrichtung an, die zur Bewegungsrichtung der
Elektronen entgegengesetzt ist.
38.27 Die Beschaltung des pnp-Transistors bei normalem Betrieb.
Löche r vom Emitter können leicht durch die Basis diffundieren, die
nur einige zehn Nanometer dick ist. Die meiste n Löcher fließen zum
Kollektor und erzeugen den Kollektorstrom I,.
viele Elektron-Loch-Paare, wobei es selbst Ene rgi e ve rlie rt. Die
daraus resultierenden Strompulse zeige n an, dass der Halbleiter
von dem Teilchen durchquert wurde. Leuchtdioden (LEDs,
Lumineszenzdioden) sind pn-Halbleiter-Übergä nge, an die
eine hohe Spannung in Durchlassrichtung angelegt wird. Daraus
resultieren große Überschüsse von Elektronen auf der p-Seite
und von Löchern auf der n-Seite des Übergangs. Wenn dic Elektronen und Löcher miteinander rekombinieren, wird Licht emittiert. Es handelt sich sozusagen um die Umkehrung des Vorgangs, der in einer Solarzelle abläuft, wo durch die Absorption
von Licht Elektron-Loch-Paare erzeugt werden. LEDs werden
in der Regel für Warnanzeigen und als Infrarotlichtquellen verwendet.
Transistoren *
Der Transistor wurde 1948 von William Shockley, John Bardeen
und Walter Brattain erfunden. Es handelt sich dabei um ein
Halbleiterbauelement, das auf ein Eingangssignal hin ein
gewünschtes Ausgangssignal erzeugt. Die Erfindung des Transistors ermöglichte umwälzende technische Neuerungen. Es
gibt verschiedene Arten von Transistoren, von denen besonders
der Feldeffekttransistor erwähnenswert ist. Ein einfacher bipolarer Transistor besteht aus drei verschieden dotierten Halbleiterschichten, die man Emitter, Basis und Kollektor nennt. Die
Basis ist sehr dünn und liegt zwischen zwei Halblcitcrschichten
des anderen Typs. Der Emitter ist sehr viel stärker dotiert als
Basis und Kollektor. In einem npn-Transistor sind Emitter und
Kollektor als n-Halbleiter ausgeführt, und die Basis ist ein pHalbleiter; in einem pnp-Transistor ist die Basis ein n-Halbleiter, und Emitter und Kollektor sind p-Halbleiter.
Die Abbildungen 38.25 und 38.26 zeigen die bei den Transistortypen mit dem jeweiligen Schaltkreissymbol. Aus den Abbildungen geht hervor, dass ein Transistor aus zwei pn-Übergängen
besteht. Wir erläutern hier nur die Arbeitsweise des pnp-Transistors. Der npn-Transistor funktioniert entsprechend.
Bei normalem Betrieb ist der Emitter-Basis-Übergang in
Durchlassrichtung, der Basis-Kollektor-Übergang in Sperrrichtung geschaltet (Abbildung 38.27). Der stark dotierte Emitter
vom p-Typ emittiert Löcher, die in Richtung des EmitterBasis-Übergangs fließen. Dies bewirkt im Emitter den Strom JE'
Da die Basis sehr dünn ist, gelangen die meisten Löcher durch
die Basis hindurch in den Kollektor und bewirken dort einen
Strom I e . Einige der Löcher jedoch rekombinieren in der
Basis und erzeugen so einen positiven Ladungsüberschuss, der
den weiteren Stromfluss verhindert. Um dies zu vermeiden, ist
die Basis so in einen Stromkreis eingebunden, dass einige dcr
überschüssigen Ladungsträger aus der Basis abgezogen werden;
dies bewirkt den Basisstrom I B • In der Schaltung aus Abbildung 38.27 ist der Strom I e daher fast ebenso groß wie der
Strom JE, während JB sehr viel kleiner ist als Je und JE' Für den
Kollektorstrom lc schreibt man üblicherweise:
(38.31 )
Darin ist ß der Stromverstärkungsfaktor des Transistors. In der
Praxis verwendet man Transistoren mit ß- Werten zwischen
etwa 10 und mehreren hundert.
Abbildung 38.28 zeigt eine einfache pnp-Transistorverstärkerschaltung. Eine kleine, zeitlich veränderliche Spannung, die
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