Klinische Fälle kognitiver Dysfunktion bei einer Major Depressive

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Klinische Fälle kognitiver Dysfunktion
bei einer Major Depressive Disorder
Diese Fortbildungsmaßnahme wird durch einen unabhängigen Fortbildungszuschuss
von Lundbeck Inc. gefördert.
www.medscape.org/collection/mdd10
Klinische Fälle kognitiver Dysfunktion bei einer Major Depressive Disorder
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Diese Schulung ist für ein internationales Publikum von nicht-US-amerikanischen medizinischen Fachkräften gedacht. Sie richtet
sich insbesondere an Psychiater, Allgemeinmediziner und Neurologen, die Patienten mit Major Depressive Disorder (MDD)
betreuen.
Das Ziel dieser Schulung ist, das Wissen über die Symptome, Diagnose und Behandlung von Patienten mit kognitiven
Störungen und Major Depressive Disorder (MDD) in der Primärversorgung und der fachärztlichen Sekundärversorgung anhand
der Diskussion von Fallbeispielen zu erweitern.
In der Schulung werden die folgenden Inhalte vermittelt:
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Bestimmung der Ansätze für eine erfolgreiche Behandlung einer kognitiven Dysfunktion bei Patienten mit MDD
Verständnis der Komorbiditäten und zentralen Aspekte in der Geschichte des Patienten, die zur Diagnose einer kognitiven
Dysfunktion bei einer MDD führen
Beschreibung der Auswirkungen kognitiver Störungen auf den Alltag der Patienten und der Auswirkungen einer richtigen
Diagnose auf die Behandlungsergebnisse
Informationen über Autoren/Fakultätsmitglieder und Offenlegungserklärungen
WebMD Global verlangt von jeder Person, die an Fortbildungsangeboten beteiligt ist und deren Inhalt beeinflussen kann, alle
finanziellen Beziehungen der vergangenen 12 Monate, die einen Interessenkonflikt darstellen könnten, offenzulegen.
Gesprächsleiter
Koen Demyttenaere, Dr. med., PhD
Akademischer Vorsitzender, Universitätszentrum für Psychiatrie; Professor für Psychiatrie, Fakultät für Medizin, Katholieke
Universiteit Leuven, Leuven, Belgien; Mitinhaber, Fortune Stiftungsvorsitz (Ga voor Geluk), Belgien
Offenlegung: Koen Demyttenaere, Dr. med., PhD hat folgende relevanten finanziellen Beziehungen offengelegt:
Hat als Berater oder Gutachter agiert für: Eli Lilly and Company; Lundbeck, Inc.; Servier
Hat als Referent oder Mitglied eines Referenten-Büros agiert für: Eli Lilly and Company; Lundbeck, Inc.; Servier
Hat finanzielle Mittel für klinische Forschung erhalten von: Eli Lilly and Company; Lundbeck, Inc.; Servier
Diskussionsteilnehmer
Bernhard Baune, Dr. med., PhD
Professor, Lehrstuhl für Psychiatrie; Leiter, Abteilung für Psychiatrie, School of Medicine, Royal Adelaide Hospital, University of
Adelaide, Adelaide, Australien
Offenlegung: Bernhard Baune, Dr. med., PhD hat folgende relevanten finanziellen Beziehungen offengelegt:
Hat als Berater oder Gutachter agiert für: Lundbeck, Inc.
Hat als Referent oder Mitglied eines Referenten-Büros agiert für: AstraZeneca Pharmaceuticals LP; Bristol-Myers Squibb Company;
Lundbeck, Inc.; Pfizer Inc.; Servier; Wyeth Pharmaceuticals Inc.
Hat finanzielle Mittel für klinische Forschung erhalten von: National Health and Medical Research Council, Australien
Sarah Bromley, MBChB
Allgemeinmedizinerin; Nationale Medizinische Direktorin, Offender Health, Care UK, Vereinigtes Königreich
Offenlegung: Sarah Bromley, MBChB, hat folgende relevanten finanziellen Beziehungen offengelegt:
Mit kommerziellem Interesse angestellt: Care UK
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Eduard Vieta, Dr. med., PhD
Leiter, Abteilung für Psychiatrie und Psychologie, Hospital Clinic, University of Barcelona, IDIBAPS, CIBERSAM, Barcelona, Spanien
Offenlegung: Eduard Vieta, Dr. med., PhD, hat folgende relevanten finanziellen Beziehungen offengelegt:
Hat als Berater oder Gutachter agiert für: Almirall Hermal GmbH; AstraZeneca Pharmaceuticals LP; Bristol-Myers Squibb
Company; Dainippon Sumitomo Pharma America; Eli Lilly and Company; Esteve; Ferrer; Forest Laboratories, Inc.; GlaxoSmithKline;
Janssen Pharmaceuticals, Inc.; Jazz Pharmaceuticals, Inc.; Lundbeck, Inc.; Merck Sharp & Dohme Corp.; Novartis Pharmaceuticals
Corporation; Otsuka Pharmaceutical Co., Ltd.; Pfizer Inc.; Pierre Fabre; Richter Pharma AG; Roche; Sanofi; Servier; Shire; Solvay
Pharmaceuticals, Inc.; Sunovion Pharmaceuticals Inc.; Takeda Pharmaceuticals North America, Inc.; UCB Pharma, Inc.
Hat finanzielle Mittel für klinische Forschung erhalten von: Almirall Hermal GmbH; Bristol-Myers Squibb Company;
GlaxoSmithKline; European 7th Framework Program: Janssen-Cilag; NARSAD; Novartis Pharmaceuticals Corporation; Otsuka
Pharmaceutical Co., Ltd.; Pfizer Inc.; Richter Pharma AG; Roche; Sanofi; Seny Foundation; Servier; Spanish Ministry of Health
(CIBERSAM); Spanish Ministry of Science and Education; Stanley Medical Research Institute; Teva Pharmaceutical Industries Ltd.
Herausgeber
Leanne Fairley, BJ Hon, Wissenschaftliche Direktorin, WebMD Global, LLC
Offenlegung: Leanne Fairley, BJ Hon, hat keine Angaben zu Interessenskonflikten vorgelegt.
Inhaltliche Prüfung
Robert Morris, PharmD
Associate CME Clinical Director
Offenlegung: Robert Morris, PharmD, hat keine Angaben zu Interessenskonflikten vorgelegt.
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Klinische Fälle kognitiver Dysfunktion bei einer Major Depressive Disorder
Klinische Fälle kogni/ver Dysfunk/on bei einer Major Depressive Disorder Koen Demyttenaere, Dr. med., PhD: Ich freue mich, Sie zu diesem Symposium mit dem Titel „Klinische Fälle kognitiver
Dysfunktion bei einer Major Depressive Disorder“ begrüßen zu dürfen.
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Gesprächsleiter Koen Demy=enaere, Dr. med., PhD Akademischer Vorsitzender Universitätszentrum für Psychiatrie; Professor für Psychiatrie; Abteilung für Medizin Katholieke Universiteit Leuven Leuven, Belgien; MiCnhaber, Fortune SCFungsvorsitz (Ga voor Geluk), Belgien Mein Name ist Koen Demyttenaere, und ich bin Psychiater am Universitätskrankenhaus in Leuven in Belgien. Ich freue mich,
ausgezeichnete Experten zu Gast zu haben.
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Expertengremium Autor/Fakultätsmitglied Bernhard Baune, Dr. med., PhD Professor, Lehrstuhl für Psychiatrie; Leiter, Abteilung für Psychiatrie School of Medicine Royal Adelaide Hospital University of Adelaide Adelaide, Australien Eduard Vieta, Dr. med., PhD Leiter, Abteilung für Psychiatrie und Psychologie; Hospital Clinic University of Barcelona IDIBAPS, CIBERSAM Barcelona, Spanien Sarah Bromley, MBChB Allgemeinmedizinerin und NaConale Medizinische Direktorin Offender Health Care UK Vereinigtes Königreich Es ist mir eine große Freude, Ihnen Prof. Bernhard Baune vorstellen zu dürfen. Er kommt ursprünglich aus Deutschland, arbeitet
aber seit etwa 10 Jahren in Adelaide, Australien, als Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Psychiatrie. Außerdem haben wir
heute bei uns zu Gast Prof. Eduard Vieta, Vorsitzender der Abteilung für Psychiatrie und Psychologie in Barcelona. Neben ihm sitzt
Sarah Bromley, eine Allgemeinmedizinerin aus dem Vereinigten Königreich und außerdem Nationale Medizinische Direktorin
von Offender Health bei Care UK. Das bedeutet, dass sie eine enge Verbindung zu einer Gruppe von Gefängnissen im Vereinigten
Königreich hat.
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Programmübersicht Ziel: Eine Diskussion der Symptome, Diagnose und Behandlung von Pa/enten mit kogni/ven Störungen bei einer Major Depressive Disorder (MDD) in der Primärversorgung und der fachärztlichen Sekundärversorgung anhand von Fallbeispielen Wir werden uns 2 PaCenten-­‐FallvigneYen ansehen, und nach jedem Fall: –  Wird ein Mitglied des Expertengremiums seinen Behandlungsansatz vorstellen –  Podiumsdiskussion –  Frage-­‐ und Antwortrunde Während dieses Symposiums werden wir die Symptome, Diagnose und Behandlung von Patienten mit kognitiven Störungen
bei einer Major Depressive Disorder (MDD) in der Primärversorgung und der fachärztlichen Sekundärversorgung anhand
der Diskussion von Fallbeispielen behandeln. Aus diesem Grund setzt sich unser Expertengremium aus Fachärzten und
Allgemeinmedizinern zusammen. Wir werden 2 Patienten-Fallvignetten vorstellen, und nach jedem Fallbeispiel wird einer der
Experten seinen Behandlungsansatz darlegen. Es wird die Möglichkeit für eine kurze Podiumsdiskussion sowie eine Frage- und
Antwortrunde mit dem Publikum geben.
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Klinische Fälle kognitiver Dysfunktion bei einer Major Depressive Disorder
Lernziele 1.  BesCmmung der Ansätze für eine erfolgreiche Behandlung einer kogniCven DysfunkCon bei PaCenten mit MDD 2.  Verständnis der Komorbiditäten und der wesentlichen Punkte in der Geschichte des PaCenten, die zur Diagnose einer kogniCven DysfunkCon bei einer MDD führen 3.  Beschreibung der Auswirkungen kogniCver Störungen auf den Alltag der PaCenten und der Auswirkungen einer richCgen Diagnose auf die Behandlungsergebnisse Die Lernziele des Symposiums sind die Bestimmung von Ansätzen für die erfolgreiche Behandlung einer kognitiven Dysfunktion
bei Patienten mit MDD; das Verständnis von Komorbiditäten sowie der zentralen Punkte in der Geschichte des Patienten, die zur
Diagnose einer kognitiven Dysfunktion bei einer MDD führen; und die Beschreibung der Auswirkungen von kognitiven Störungen
auf den Alltag der Patienten sowie die Auswirkungen einer richtigen Diagnose auf die Behandlungsergebnisse.
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Einführung
Einführung Koen Demy=enaere, Dr. med., PhD Akademischer Vorsitzender Universitätszentrum für Psychiatrie; Professor für Psychiatrie; Abteilung für Medizin Katholieke Universiteit Leuven Leuven, Belgien; MiCnhaber, Fortune SCFungsvorsitz (Ga voor Geluk), Belgien Dr. Demyttenaere: Ich werde eine kurze Einleitung in das Thema geben, bevor wir uns die erste Fallvignette anschauen werden.
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Offenlegungserklärung •  Für eine vollständige Liste der Offenlegungen konsul/eren Sie bi=e den Informa/onen über Autoren/Fakultätsmitglieder und Offenlegungserklärungen-­‐Link auf der Programmseite. Seite 10
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MDD? Soma/sche Symptome Angst MDD Kogni/ve Funk/ons-­‐
fähigkeit Posi/ver Affekt * FunkConsfähigkeit * Lebensqualität * Sinnvolles Leben Ich möchte mit einigen Anmerkungen zur MDD beginnen. Was ist MDD? Wir haben das Handbuch zur Diagnose und statistischen
Erfassung psychischer Störungen, 5. Ausgabe (DSM-5) und seine 9 Kriterien für eine Major Depressive Episode. Daher wissen wir, was
eine Depression ist, und wir wissen, wer unter einer Depression leidet und wer nicht. Wir heilen die 9 Symptome und der Patient
ist vollständig geheilt; allerdings glaube ich, dass es viel komplizierter als das ist. Diese Folie spiegelt für mich die klinische Realität
wider, und sie gibt auch eine Art Zusammenfassung der Vermarktungsgeschichte der Antidepressiva seit den 1980er Jahren wider.
In der Mitte haben wir die MDD. Wir haben recht häufig Patienten mit MDD, die auch erhebliche Angstsymptome aufweisen, was
wir in den 1980er Jahren mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRIs) behandelt haben.[1] Wir wissen, dass viele
Patienten mit MDD auch somatische Symptome haben, seien es schmerzhafte oder nicht-schmerzhafte Symptome. Hier sollten
Sie sich an die Serotonin-Norepinephrin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs) erinnern, insbesondere Duloxetin. Dann gibt es auch
einen positiven Affekt; Anhedonie, die Unfähigkeit, Freude zu erleben, ist ein zentrales Kriterium für eine Depression. Agomelatin
hat darauf abgezielt. [1,2] Dann haben wir kognitive Symptome, die ebenfalls Teil der DSM-Definition sind. Vortioxetin bringt
uns dazu ein wenig Klarheit und hilft uns, die Beziehung zwischen Kognition und Depression besser zu verstehen.[3] Das ist die
umfangreichere Seite und die klinische Realität. Die Patienten haben eigentlich mehr als 9 Symptome, oder wie Stephen Stahl[4]
sagen würde, sie haben MDD, wenn sie alle 13 von den 9 Symptomen haben.
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Episode einer Major Depressive Disorder: DSM-­‐5-­‐Defini/on • 
Mindestens 5 der folgenden Symptome waren im Verlauf desselben 2-­‐Wochen-­‐
Zeitraums vorhanden und repräsenCeren eine Veränderung gegenüber früherer Funk/onsfähigkeit; mindestens 1 der Symptome ist entweder (1) eine depressive SCmmung (2) ein Verlust von Interessen oder Freude: –  Depressive SCmmung –  Gemindertes Interesse/Freude –  Gewichtsveränderungen –  Schlafstörungen –  Psychomotorische Unruhe/Retardierung –  Müdigkeit/Energieverlust –  Gefühl der Wertlosigkeit oder exzessiver oder unangemessener Schuld –  Verminderte Denk-­‐ oder Konzentra/onsfähgikeit oder Unentschlossenheit –  Wiederkehrende Gedanken über den Tod/Selbstmordgedanken • 
Klinisch bedeutsames Leiden oder Beeinträch/gungen im sozialen oder beruflichen Bereich oder in anderen wich/gen Lebensbereichen Wie ich erwähnt habe, sind kognitive Symptome Teil der Definition einer Depression. Psychomotorische Verzögerung hat eine
kognitive Komponente, und eine verminderte Denk- oder Konzentrationsfähigkeit sowie Unentschlossenheit stehen auch auf der
Liste. Sie sind in der Definition enthalten, aber bei den Standardskalen, die wir verwenden, und die von den Aufsichtsbehörden
verlangt werden, sind sie nicht gut repräsentiert.
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Kogni/ve Störungen bei MDD KogniCve Symptome bei MDD manifesCeren sich als BeeinträchCgung in folgenden Bereichen: •  Soziale KogniCon: –  Empathie, EmoConserkennung/Wahrnehmung, Theorie des Geistes, soziale Wahrnehmung und soziales Wissen sowie AYribuConssCl. •  KogniCve Prozesse: –  Tiefverwurzelte ErklärungssCle, Cefsitzende Annahmen über den Selbstwert, kogniCve Verzerrungen •  NeurokogniCve Prozesse: –  Anhaltende Aufmerksamkeit, ausführende FunkCon, Arbeitsgedächtnis, verbales Lernen und Gedächtnis, nicht-­‐verbales Lernen und Gedächtnis, psychomotorische Geschwindigkeit McIntyre RS et al. Depress Anxiety. 2013;30(6):515-­‐527. Kognition bei einer Depression ist komplizierter, als man denken würde. Kognitive Symptome bei einer Depression manifestieren
sich als Beeinträchtigung in mehreren Domänen. Es gibt die soziale Kognition bei einer Depression. Dazu gehören: Empathie,
Emotionserkennung, Wahrnehmung, Theorie des Geistes, soziale Wahrnehmung und Wissen sowie Attributionsstil. Darüber
werden wir in diesem Programm nicht sprechen. Es gibt die kognitiven Prozesse. Dazu gehören tief verwurzelte Erklärungsstile,
tiefsitzende Annahmen über den Selbstwert und kognitive Verzerrungen, die eher zur kognitiven Psychologie und kognitiven
Therapie gehören. Wir werden auch darüber nicht viel sprechen.
Wir werden uns vor allem auf die dritte Gruppe der kognitiven Aspekte der Depression konzentrieren, und das sind
neurokognitive Prozesse, zu denen anhaltende Aufmerksamkeit, ausführende Funktion, Arbeitsgedächtnis, verbales Lernen, nichtverbales Lernen und Gedächtnis, psychomotorische Geschwindigkeit, Sprachkompetenz usw. gehören.
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Klinische Fälle kognitiver Dysfunktion bei einer Major Depressive Disorder
Häufigkeit kogni/ver Störungen bei Pa/enten mit MDD Pa/enten (%) 100 90 PaCenten mit MDD (n=285) 80 Kontrollgruppen (n=907) 70 60 50 40 • 
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Gedächtnis Psychomotorische Geschwindigkeit ReakConszeit Komplexe Aufmerksamkeit KogniCve Flexibilität Ein Punktzahl von < 70 zeigte ≥ 2 Standardabweichungen unter dem MiYel an 30 20 10 0 Leistung, basierend auf den 5 Domänen der CNS Vital Signs TestbaYerie: 0 1 2 3 4 5 Unbehandelte MDD-­‐PaCenten mit < 70 in 1 der Domänen: 39 % Punktzahlen in den Domänen < 70 GualCeri CT, et al. J Clin Psychiatry. 2008;69:1122-­‐1130. Sind kognitive Symptome wichtig? Treten Sie bei Patienten mit MDD häufig auf? Dies ist eine interessante Studie von Gualtieri
und Kollegen. Ein kleiner Unterschied auf einer Skala bedeutet nicht notwendigerweise, dass dies von klinischer Bedeutung ist.
Diese Veröffentlichung hat sich das angesehen, was von klinischer Bedeutung war, und das war definiert durch eine Punktzahl für
jeweils 1 der 5 Domänen, die getestet wurden, darunter Gedächtnis, psychomotorische Geschwindigkeit, Reaktionszeit, komplexe
Aufmerksamkeit und kognitive Flexibilität. Die Autoren haben herausgefunden, dass, wenn Sie bei Patienten mit MDD nach
klinisch bedeutsamer Beeinträchtigung suchen, die als mindestens 2 Standardabweichungen unter dem Mittel im Vergleich mit
einer gesunden Kontrollgruppe definiert wurde, dann fast 40 % von ihnen eine klinisch bedeutsame kognitive Störung hatten. Es
gibt eine große Zahl von Studien, die ein ähnliches Verhältnis zeigen. Ungefähr 40 % der Patienten mit MDD leiden unter klinisch
bedeutsamen Störungen ihrer kognitiven Funktionsfähigkeit.
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Wie lässt sich eine kogni/ve Dysfunk/on bei einem Pa/enten mit MDD erkennen? Zwei Pa/entenvigne=en: 1. 
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Eine Pa/en/n mit MDD und beruflicher Beeinträch/gung, die sich bei einem Psychiater vorstellt. Ein Pa/ent mit Alkoholmissbrauch und MDD, der seinen Hausarzt aufsucht und an einen Psychiater überwiesen wird. Welches sind die Zeichen und Symptome, die eine kogniCve DysfunkCon vermuten lassen? Wie können Sie diese von anderen Symptomen einer Depression oder Begleiterkrankungen auseinanderhalten? Welches sind die funkConellen BeeinträchCgungen, die PaCenten als Folge einer kogniCven Störung haben? Wie können Sie das kogniCve Element mit einer Behandlung ansprechen? Wer behandelt den PaCenten? Der Hausarzt? Der Psychiater? Welche Unterschiede bestehen zwischen Ländern und Systemen? Wie lässt sich eine kognitive Dysfunktion bei einem Patienten erkennen? Es gibt eine Reihe von Tests. Wenn Sie glauben, dass ein
Test für jeweils eine bestimmte kognitive Funktion steht, dann irren Sie sich. Alle dieser Tests decken viele verschiedene Funktionen
ab. Wie gehen Sie damit in Ihrem Praxisalltag um? Wir werden darüber bei unserer Diskussion der klinischen Fallvignetten, die
wir vorstellen werden, sprechen. Es gibt zahlreiche Fragebögen, und gegenwärtig verwenden wir sie in der Praxisroutine bereits
nicht mehr zur Diagnose der Symptome einer Depression. Warum sollten Sie Tests für die kognitiven Symptome einer Depression
verwenden, wenn Sie diese nicht einmal für die Stimmungssymptome verwenden? Wir werden Ihnen sagen, warum dies so ist.
Wir werden Ihnen 2 Patientenvignetten zeigen. Bei der ersten handelt es sich um eine Patientin mit MDD und beruflicher
Beeinträchtigung, die sich bei einem Psychiater vorstellt. Eduard Vieta wird diesen Fall dann diskutieren. Dann werden wir, so
hoffe ich, mit Ihnen diskutieren. Der zweite Patient ist ein Mann mit Alkoholmissbrauch und MDD, der zunächst seinen Hausarzt
aufsucht und dann an einen Psychiater überwiesen wird. Sie werden eine kurze Sequenz aus dem Gespräch mit dem Hausarzt
sehen und eine weitere kurze Sequenz aus dem Gespräch mit dem Psychiater.
Ich möchte betonen, dass dies klinische Fallvignetten sind, was bedeutet, dass es Zusammenfassungen sind. Wir können nicht das
vollständige Szenario zeigen. Sie werden vermutlich viele Fragen zu anderen Dingen haben, die Sie gerne wissen möchten. Wir
mussten einige zentrale Punkte auswählen, um das Thema in einem solchen Symposium umfassend darstellen zu können.
Es gibt eine Reihe von Fragen, die wir gemeinsam diskutieren und beantworten werden. Welches sind die Zeichen und
Symptome, die Sie eine kognitive Dysfunktion vermuten lassen? Wie halten Sie diese auseinander? Das ist ein wichtiger Punkt:
Wie können Sie diese von anderen Symptomen einer Depression oder Begleiterkrankungen auseinanderhalten? Wie ich erwähnt
habe, leidet einer der Patienten auch unter einer Alkoholabhängigkeit. Wie können Sie das von der Stimmung trennen? Sie haben
vielleicht gehört, dass bei einer Verbesserung der kognitiven Funktion bei Patienten mit einer Depression nur ein Teil durch eine
Veränderung der Symptomatik der Depression erfolgt, und dass mit Medikamenten wie Vortioxetin ein großer Teil auf die direkte
Wirkung zurückzuführen ist.[5] Aber das sind Statistiken. Wie spiegelt das unseren Praxisalltag wider?
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Eine andere zu berücksichtigende Frage ist, welches die funktionellen Beeinträchtigungen, die Patienten als Folge einer
kognitiven Beeinträchtigung haben, sind. Was ist der Zusammenhang zwischen kognitiven Symptomen und Funktionsfähigkeit?
Wie können Sie diese mit der Behandlung ansprechen, und wer behandelt den Patienten? Besonders bei der zweiten Fallvignette:
Sollte es der Hausarzt sein? Oder der Psychiater? Schließlich könnte es interessant sein, die Unterschiede zwischen Ländern und
Systemen zu besprechen. In einigen Ländern werden bis zu 90 % der Patienten mit MDD vom Hausarzt behandelt, während dies
in anderen Ländern ganz anders ist. Die Überweisungsmuster sind unterschiedlich, die Schwelle, ab wann jemand überwiesen
wird, ist unterschiedlich hoch usw. Das könnte eine interessante Diskussion sein.
Jetzt hoffe ich, dass Sie bereit sind, sich die erste Patientenvignette über eine Patientin mit MDD und beruflicher Beeinträchtigung
anzuschauen. Dies ist die Geschichte von Stella.
1. Fall: Eine Pa/en/n mit MDD und beruflicher Beeinträch/gung Seite 16
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1. Fall: Eine Patientin mit MDD und beruflicher Beeinträchtigung
Erzähler: Stella Roth ist eine 25 Jahre alte Immobilienmaklerin, bei der vor etwa zwei Jahren eine MDD diagnostiziert wurde.
Zu dem Zeitpunkt wurde ihr ein SSRI verschrieben (Escitalopram, 20 mg/Tag). Vor fünf Monaten hatte Stella einen Rückfall.
Zu dem Zeitpunkt wurde sie auf Venlafaxin 225 mg einmal täglich umgestellt. Abgesehen von ihrer Depression ist Stella bei
guter Gesundheit und nimmt keine weiteren Medikamente ein. In diesem kurzen Videosegment sehen wir sie während der
Nachuntersuchung bei einem Gespräch mit ihrem Psychiater.
Psychiater: Wie fühlen Sie sich? Wie ist es Ihnen ergangen?
Stella: Ganz gut, schätze ich.
Psychiater: Das letzte Mal haben wir uns vor einem Monat gesehen, und Sie sagten, dass Sie glaubten, dass Ihr Medikament
Ihnen immer noch hilft?
Stella: Ja. Es hat definitiv geholfen.
Psychiater: Aber Sie fühlen sich immer noch nicht so, wie Sie sollten?
Stella: Nicht wirklich.
Psychiater: Nehmen Sie das Medikament immer noch jeden Tag ein?
Stella: Ja.
Psychiater: Und Sie haben keine Probleme damit?
Stella: Nein. Es ist ok.
Psychiater: Als wir uns das erste Mal getroffen haben, habe ich Sie gefragt, wie Sie sich auf einer Skala von 0 bis 10 fühlen, mit 0
„Es kann nicht mehr schlimmer werden“ und 10 „Maximale mentale Gesundheit.“ Sie sagten, Sie befänden sich bei 3.
Stella: Richtig.
Psychiater: Zuletzt befanden Sie sich ungefähr bei 5 oder 6, was ermutigend ist. Wo würden Sie sagen, befinden Sie sich jetzt
meistens?
Stella: Vermutlich bei 7.
Psychiater: Es gab sicherlich eine Verbesserung, aber es hört sich so an, als würde ein Stück des Weges noch vor Ihnen liegen.
Stella: Insgesamt ist meine Stimmung definitiv besser. Mein Freund sagt, dass ich glücklicher aussehe und weniger leicht
reizbar bin.
Psychiater: Ich verstehe. Was muss sich ändern, damit Sie sich von 7 zu, sagen wir, 8 oder 9 bewegen?
Stella: Ich bin nicht mehr ständig traurig, aber ich habe immer noch wenig Energie. Mein Gedächtnis ist wirklich schlecht. Ich
verliere ständig etwas und mache dauernd irgendwelche Fehler.
Psychiater: Können Sie mir ein paar Beispiele geben, Stella?
Stella: Naja, das verursacht wirklich Probleme bei der Arbeit.
Psychiater: Sie arbeiten immer noch als Immobilienmaklerin?
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Stella: Ja. Ich habe ein paar Treffen mit Personen, die ein Haus kaufen oder verkaufen wollten, verpasst, weil ich den falschen
Treffpunkt aufgeschrieben oder das Treffen ganz vergessen habe. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich habe ein Paar draußen
im Regen stehen lassen, während ich auf der anderen Seite der Stadt auf sie vor dem falschen Haus gewartet habe. Ich habe den
Verkauf verloren, und jetzt wollen sie nicht mehr mit mir zusammenarbeiten.
Psychiater: Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen das eine Menge Schwierigkeiten verursacht. Haben Sie jemals Verabredungen
verpasst, bevor Sie anfingen, sich depressiv zu fühlen?
Stella: Nein, nie.
Psychiater: Ich verstehe. Sie haben erzählt, dass Sie, bevor Sie depressiv wurden, regelmäßig abends mit Ihren Freunden
ausgegangen sind und jede Woche einen Buchclub besucht haben?
Stella: Das ist richtig.
Psychiater: Dann haben Sie die Lust verloren, auszugehen und haben Ihre Freunde kaum noch gesehen oder mit Ihnen
gesprochen.
Stella: Ja.
Psychiater: Hat sich das verändert, seitdem Sie das Medikament einnehmen?
Stella: Ich spreche häufiger mit meinen Freunden, und ich versuche, mit Ihnen auszugehen, aber ich finde es im Moment etwas
schwieriger, so organisiert zu sein, dass ich pünktlich zu den Treffen komme.
Psychiater: Haben Sie wieder angefangen, den Buchclub zu besuchen?
Stella: Ja, ich war ein paar mal dort. Das Problem ist, dass ich versucht habe, so wie früher im Bett zu lesen, aber ich lese
denselben Satz immer wieder, und dann schlafe ich ein. Ich nehme an, in gewisser Hinsicht ist das eine gute Sache, denn ich
leide nicht wirklich mehr unter Schlaflosigkeit.
Psychiater: Das ist richtig. Guter Schlaf ist definitiv eine Verbesserung.
Stella: Dem stimme ich zu, aber ich kann trotzdem bei der Arbeit immer noch nicht richtig funktionieren.
Psychiater: Wie sieht es mit Ihrer Beziehung aus? Gab es irgendwelche Veränderungen in Ihrem sexuellen Verlangen?
Stella: Oh, das. Nicht wirklich. Ich meine, wir haben Sex, aber ehrlich gesagt, habe ich nicht wirklich Lust dazu.
Psychiater: Wenn Sie Sex haben, gibt es im Vergleich zu der Zeit vor der Depression einen Unterschied in Hinblick darauf, ob Sie
zum Orgasmus kommen?
Stella: Nein. Es ist immer noch gut, wenn wir es tun. Ich habe nur nicht wirklich Lust dazu.
Psychiater: Also, es scheint Ihnen mit dem Medikament definitiv etwas besser zu gehen. Denken Sie, dass Sie die Behandlung
noch eine Weile fortführen möchten, um zu sehen, was passiert?
Stella: Ich weiß nicht. Ich möchte es nicht riskieren, wieder ständig traurig und leicht reizbar zu sein, aber ich werde auf
Provisionsbasis bezahlt. Wenn es mir also nicht gelingt, organisierter zu arbeiten, dann werde ich kein Geld verdienen, und das
wird alles noch schlimmer machen.
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Podiumsdiskussion
Zuschauerantworten auf die 1. Frage Stella stuF ihren gegenwärCgen Zustand als 7 von 10 ein. Eine Verbesserung welcher der folgenden Symptome würde Stella aus ihrer PerspekCve näher an 10 bringen? 1. 
SCmmung 2. 
Gedächtnis, KonzentraCon und FunkConsfähigkeit 3.  Sexuelles Verlangen 4.  Schlafmuster 5.  Energieniveau Dr. Demyttenaere: Das war die Fallvignette zu Stella. Wir möchten Sie gerne nach Ihrer Meinung fragen.
In meiner Einleitung habe ich angesprochen, dass wir gewöhnlich nicht häufig Fragebögen verwenden und Befragungen
durchführen. Wenn Sie keine Fragebögen verwenden, wäre es sinnvoll, wenn Sie den Patienten fragen, wie er sich auf einer Skala
von 0 bis 10 fühlt und ob es eine Veränderung gab. Stella stuft ihren gegenwärtigen Zustand als 7 ein. Verbesserungen in welchem
der folgenden Bereiche würde sie näher an 10 bringen? 1. Stimmung; 2. Gedächtnis, Konzentration und Funktion; 3. sexuelles
Verlangen; 4. Schlafmuster; oder 5. Energieniveau. Wir freuen uns auf Ihre Antworten.
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1. Frage: Ergebnis des Live-­‐Symposiums Stella stuF ihren gegenwärCgen Zustand als 7 von 10 ein. Eine Verbesserung welcher der folgenden Symptome würde Stella aus ihrer PerspekCve näher an [VALUE] [VALUE]
[VALUE]
10 bringen? 1. 
SCmmung 2.  Gedächtnis, KonzentraCon und FunkConsfähigkeit 3.  Sexuelles Verlangen 4. 
Schlafmuster 5.  Energieniveau % % % [VALUE]
% [VALUE]
% 1 2 3 4 5 Dr. Demyttenaere: Sexuelles Verlangen hat vom Publikum die geringste Punktzahl bekommen, während Gedächtnis,
Konzentration und Funktion fast 80 % erhalten haben. In dem Video hat Stella vor allem über ihr fehlendes Gedächtnis, die
fehlende Konzentration und Funktionsfähigkeit sowie das Energieniveau gesprochen. Das ist interessant, da diese vermutlich eng
miteinander in Verbindung stehen. Nur 2 % für sexuelles Verlangen. Das finde ich ein bisschen enttäuschend.
Jetzt werden Sie wissen wollen, wie Dr. Vieta diese Patientin behandeln würde, und ich lade ihn dazu ein, dies uns mitzuteilen.
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Wie ich einen Pa/enten mit MDD und beruflicher Beeinträch/gung behandeln würde Eduard Vieta, Dr. med., PhD Leiter, Abteilung für Psychiatrie und Psychologie; Hospital Clinic University of Barcelona IDIBAPS, CIBERSAM Barcelona, Spanien Eduard Vieta, Dr. med., PhD: Mein Vortrag wird sich darauf konzentrieren, wie ich diese Patientin behandeln würde. Als wir
diesen Fall vorbereitet haben, haben wir über die Patienten nachgedacht, die wir häufig in unserem klinischen Alltag sehen. Ich
hoffe, dass Sie einige von Stellas Beschwerden aus Ihrem Praxisalltag kennen. Meiner Erfahrung nach kommt es sehr häufig vor,
dass Patienten bei einigen Symptomen eine Besserung erreichen, insbesondere bei der Stimmung sowie bei Angstgefühlen
und Schlaflosigkeit, aber dass sie immer noch über andere Symptome klagen. Einer der wichtigsten Punkte, die ihre Arbeit und
ihr Einkommen beeinträchtigen, ist die berufliche Funktionsfähigkeit, die sehr eng mit der neurokognitiven Funktionsfähigkeit
verbunden ist.
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Offenlegungserklärung •  Für eine vollständige Liste der Offenlegungen konsul/eren Sie bi=e den Informa/onen über Autoren/Fakultätsmitglieder und Offenlegungserklärungen-­‐Link auf der Programmseite. Seite 22
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Stella •  25 Jahre alt •  Immobilienmaklerin •  Vor 2 Jahren mit MDD diagnosCziert •  Anfangs wurde ihr Escitalopram 20 mg/Tag verschrieben •  HaYe vor 5 Monaten einen Rückfall •  Wechsel zu Venlafaxin bis zu 225 mg/Tag Um diesen Fall zusammenzufassen, Stella ist 25 Jahre alt. Sie ist eine Immobilienmaklerin und bei ihr wurde vor 2 Jahren eine MDD
diagnostiziert. Zunächst wurde ihr Escitalopram 20 mg/Tag verschrieben, und da sie vor 5 Monaten einen Rückfall hatte, wurde sie
auf Venlafaxin 225 mg/Tag umgestellt.
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Fall: Zentrale Punkte •  SCmmung und Schlaf verbesserten sich erheblich nach der Behandlung der MDD •  Fühlt sich viel besser, aber hat noch keine vollständige Remission erreicht •  Eingeschränkte Energie, KonzentraCon und ausführende FunkConsfähigkeiten •  Verlust des sexuellen Verlangens •  Finanzielle Probleme aufgrund der beruflichen BeeinträchCgung Als wir sie gesehen haben, ist ihre gegenwärtige Situation eindeutig besser, aber sie fühlt sich nicht ganz gesund. Sie hat ihre
Energielosigkeit und kognitiven Probleme beschrieben, zusätzlich zu anderen Problemen wie mit dem sexuellen Verlangen. Was
müssen wir mit dieser Patientin machen? Sollten wir warten? Sollten wir ihr Medikament wechseln? Sollten wir Psychotherapie
hinzufügen? Das ist etwas, das wir diskutieren müssen.
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Differenzialdiagnose • 
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MDD, langsame Genesung MDD, teilweise Genesung Leichte kogniCve BeeinträchCgung Andere Erkrankungen –  Neurologische Krankheit –  SchilddrüsenunterfunkCon –  Drogenmissbrauch Als erstes müssen wir die Diagnose diskutieren. Wie wir erwähnt haben, haben wir uns aus zeitlichen Gründen ein gekürztes Video
angeschaut. Ich glaube, es ist eindeutig, dass Stella unter einer Depression leidet, dass dies eine Nachuntersuchung war und die
Diagnose schon gestellt worden war. Die Behandlung war mehr oder weniger wirksam. Könnte das als eine langsame Genesung
angesehen werden? Sollten wir warten, bis das Medikament seine maximale Wirkung entfaltet? Oder ist dies eine teilweise
Genesung? Sollten wir ehrgeiziger sein? Stella hat auch erwähnt, dass sie nicht verlieren möchte, was sie durch die Behandlung
erreicht hat. Sie hatte eine deutliche Besserung der Stimmung und zum Teil der Energie, des Schlafs und anderer Probleme. Sie
geht jetzt wieder mit ihren Freunden aus und arbeitet.
Wir müssen die Differenzialdiagnose stellen. Wir müssen immer die Möglichkeit anderer Erkrankungen in Erwägung ziehen.
Es wäre falsch anzunehmen, dass dies einfach ein weiterer Rückfall ist. Wir sollten sichergehen, dass dies keine neurologische
Erkrankung oder Schilddrüsenunterfunktion ist. Das machen wir, indem wir die Patientin befragen, oder, im Zweifelsfall, einen
Bluttest oder sogar eine gründliche neurologische Beurteilung vornehmen.
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Klinische Fälle kognitiver Dysfunktion bei einer Major Depressive Disorder
Diagnose und Beurteilung •  Medizinische Beurteilung –  Gründliche neurologische Beurteilung –  BluYests, soweit angemessen (TSH, Drogen) –  Gehirn-­‐MRT, falls erforderlich •  Neuropsychologische und funk/onelle Bewertung –  KogniCves Screening (MMSE, MoCA) –  KogniCves Screening-­‐Instrument, um die ausführende FunkCon, das Arbeitsgedächtnis und die Verarbeitungsgeschwindigkeit zu beurteilen (z. B. mit DSST, N-­‐back oder SCIP) –  Vollständige neuropsychologische TestbaYerie –  Verwendung der Skala zur Selbsteinschätzung der KogniCon und FunkConsfähigkeit –  FunkConelle Beurteilung (FAST, UPSA-­‐B) Diese Folie fasst, so glaube ich, alle möglichen Optionen zusammen, auch wenn nicht jede einzelne für jeden Patienten
notwendig sein würde. Eine gewisse neurologische Beurteilung ist notwendig, aber das würde wahrscheinlich vom Alter
der Patientin abhängen. Wenn Stella 65 oder 70 Jahre alt wäre, gäbe es Tests, die ich unbedingt durchführen wollen würde,
da ich mir über die Möglichkeit einer leichten kognitiven Beeinträchtigung oder über erste Symptome von Demenz oder
sogar der Parkinson-Krankheit Sorgen machen würde. Sie scheint keine neurologische Erkrankung zu haben, aber ich glaube,
eine gewisse neurologische Beurteilung ist wichtig. Blutuntersuchungen sind ebenfalls wichtig, um eine Anämie oder
Schilddrüsenunterfunktion auszuschließen und auf Drogen- oder Alkoholmissbrauch zu prüfen. Ich glaube nicht, dass Stella eine
MRT brauchen würde, aber wenn sie älter wäre, würde ich vermutlich eine durchführen.
Dann gibt es noch das Thema der neurokognitiven Beurteilung. Viele von uns sind es nicht gewöhnt, diese durchzuführen.
Hausärzte und Psychiater haben häufig viele Patienten und nicht die Zeit sowie manchmal auch nicht das Fachwissen, um eine
gründliche neuropsychologische Beurteilung durchzuführen. Es kann ein wenig lästig sein, aber ich glaube, dass dies in einigen
Fällen erforderlich ist. Bei jemandem, bei dem Sie eine neurologische Störung oder eine neurodegenerative Erkrankung vermuten,
könnten Sie erwägen, den Mini-Mental-Status-Test (MMST) oder den Montreal Cognitive Assessment (MoCA) durchführen. Für
psychiatrische oder allgemeine Erkrankungen könnten Sie Patienten beurteilen, indem Sie ein kurzes Screening-Instrument wie
den Digit Symbol Substitution Test (DSST) verwenden, der die Verarbeitungsgeschwindigkeit sowie teilweise die ausführende
Funktionsfähigkeit und das Gedächtnis misst. Dies ist ein sehr einfacher Test, der sehr schnell durchgeführt werden kann. Er hilft
zu beurteilen, ob eine gewisse neurokognitive Beeinträchtigung vorliegt, selbst wenn diese mit der psychiatrischen Erkrankung
in Zusammenhang steht. Außerdem gibt es den N-back-Test, ein kurzer, einfacher Test, bei dem die Patienten in Zifferngruppen
rückwärts zählen sollen. Es gibt auch den Screen for Cognitive Impairment in Psychiatry (SCIP), ein weiteres kurzes ScreeningInstrument.
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In einer Krankenhaussituation würde ich persönlich bei dieser Patientin die vollständige Batterie neuropsychologischer
Tests durchführen. Dies kann ambulant etwas schwieriger umzusetzen sein, aber ich glaube, dass eine neuropsychologische
Testbatterie sinnvoll ist, insbesondere, wenn Sie Neuropsychologen zur Verfügung haben, die diese durchführen können. Es ist
auch nützlich, eine Selbsteinschätzung zum kognitiven Zustand der Patienten zu haben, da es keine gute Korrelation zwischen
dem, wie die Patienten ihr Gedächtnis und ihren kognitiven Zustand einschätzen, und ihrer objektiven Störung gibt. Einige
Patienten beklagen Gedächtnisprobleme, doch wenn Sie die objektive Beurteilung dann durchführen, sehen Sie keine so große
Beeinträchtigung. Das Gegenteil kommt ebenfalls vor, wenn Patienten nicht über eine Beeinträchtigung ihres Gedächtnisses
klagen, aber dann führen Sie einen Test durch und stellen fest, dass sie objektiv gesehen eine Beeinträchtigung haben.
Schließlich ist es auch interessant, eine funktionelle Beurteilung durchzuführen, je nach Kontext, und wenn dies möglich ist. Das
bedeutet die Verwendung von Skalen wie des Functional Assessment Screening Tools (FAST), ein sehr einfacher und kurzer Test,
und des Brief University of California, San Diego, Performance-Based Skills (UPSA-B), ein eher leistungsorientierter Funktionstest.
Zuschauerantworten auf die 2. Frage Angenommen, es wurde eine MDD mit einer teilweisen Genesung diagnosCziert, welche Behandlungsstrategie würden Sie wählen? 1. 
Fortührung der MedikaCon für 1 weiteren Monat 2.  Erhöhung der Dosis von Venlafaxin auf 300 mg/Tag 3.  Wechsel zu einem anderen AnCdepressivum 4.  Ergänzung der MedikaCon mit einem zweiten Wirkstoff 5.  Hinzufügung einer kogniCven RemediaConstherapie Jetzt würden wir Ihnen gerne eine Frage stellen. Ich glaube, die meisten von uns allen würden sich auf die Diagnose einer MDD
mit einer teilweisen Besserung einigen. Angenommen, es wurde eine MDD mit einer teilweisen Besserung diagnostiziert, welche
Behandlungsstrategie würden Sie für Stella bevorzugen? 1. Würden Sie die Medikation für 1 weiteren Monat fortführen und
sehen, ob sie sich von 7 zu 8 oder vielleicht 9 bessert? 2. Würden Sie die Dosis von Venlafaxin auf 300 mg/Tag erhöhen, da es ihr
mit einer etwas höheren Dosis vielleicht etwas besser gehen wird? 3. Würden Sie zu einem anderen Antidepressivum wechseln,
das vielleicht ein anderes Profil hat? 4. Würden Sie die derzeitige Medikation mit einem zweiten Wirkstoff ergänzen, entweder mit
etwas, das die Eigenschaften des Antidepressivums verstärkt oder mit etwas, das eine pro-kognitive Wirkung hat? 5. Oder würden
Sie eine Therapie zur kognitiven Wiederherstellung durchführen? Bitte stimmen Sie ab.
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2. Frage: Ergebnis des Live-­‐Symposiums Angenommen, es wurde eine MDD mit einer teilweisen Genesung diagnosCziert, welche Behandlungsstrategie würden Sie wählen? 1.  Fortührung der MedikaCon für 1 [VALUE]
% weiteren Monat 2.  Erhöhung der Dosis von Venlafaxin auf 300 mg/Tag [VALUE]
% 3.  Wechsel zu einem anderen AnCdepressivum 4.  Ergänzung der MedikaCon mit einem zweiten Wirkstoff 5.  Hinzufügung einer kogniCven RemediaConstherapie [VALUE]
% [VALUE]
% [VALUE]
% 1 2 3 4 5 Dr. Vieta: Ich freue mich zu sehen, dass die Antworten des Live-Publikums recht gut verteilt sind. Ich glaube, das sind gute
Neuigkeiten, dass die meisten von Ihnen nicht sehr konservativ vorgehen würden. Es ist in der Medizin nicht notwendigerweise
eine schlechte Sache, konservativ zu sein, aber ich glaube, es ist ein bisschen zu konservativ, ihre Medikation unverändert
fortzuführen. Wenn ich ihre Medikation fortführen wollte, würde ich eine Erhöhung der Dosis ausprobieren. Die andere Option
wäre ein Wechsel zu einem anderen Antidepressivum, was seine Vor- und Nachteile hat. Es gibt keine richtige Antwort. Sie hatten
alle recht. Die Vorteile eines Wechsels zu einem anderen Antidepressivum wären, dass es Medikamente geben könnte, die ein
besseres kognitives Profil haben, oder die bei den sexuellen Symptomen helfen könnten. Bei einem Wechsel zu einem anderen
Antidepressivum könnten Sie eine zusätzliche Wirkung erhalten, aber es besteht auch das Risiko, die Wirkung, die Sie mit dem
Venlafaxin schon erreicht haben, zu verlieren. Dies hängt ein wenig von Ihrem persönlichen Ansatz ab, und ob Sie eher proaktiv
sind und gerne Veränderungen und Innovationen herbeiführen. Dann gibt es noch die Option der Ergänzung. Sie könnten ein
zweites Antidepressivum verwenden, ein niedrig-dosiertes atypisches Antipsychotikum oder zum Beispiel sogar Modafinil,
ein pro-kognitives Medikament, das bei diesen Symptomen helfen könnte. Schließlich ist das Hinzufügen einer kognitiven
Remediation eine gute Option, allerdings ist sie für die meisten Patienten nicht ohne weiteres zugänglich.
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Zu berücksich/gende Behandlungsziele bei der Diskussion von Behandlungsop/onen •  Vermeidung einer Verschlechterung der SCmmung, der Reizbarkeit und des Schlafs •  Besserung der Energie und des Antriebs •  Besserung der KogniCon •  Besserung des sexuellen Verlangens •  Wiederherstellung der früheren FunkConsfähigkeit Bei der Abwägung dieser Behandlungsoptionen ist das Ziel, eine Verschlechterung der Symptome zu vermeiden und zudem eine
bessere Funktionsfähigkeit zu erreichen. Wir können mit dem, was wir bei dieser Patientin bis jetzt erreicht haben, nicht zufrieden
sein. Ansonsten wird sie wahrscheinlich irgendwann, wenn es ihr nicht besser geht, ihre Medikation abbrechen, was ihre Familie
und berufliche Situation beinträchtigen wird. Wir wollen, falls möglich, eine Besserung ihrer Energie, Kognition und des sexuellen
Verlangens erreichen und ihre ursprüngliche Funktionsfähigkeit wiederherstellen.
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Podiumsdiskussion
Podiumsdiskussion Dr. Demyttenaere: Vielen Dank, Eduard. Wir haben eine Frage aus dem Publikum.
Zuschauer: Ich komme aus Kanada. Das war eine sehr gute Fallstudie. Eine meiner Fragen wäre, ob sie eine begleitende
Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) hat. Häufig wird ADHS bei jungen Frauen sowie bei Erwachsenen,
Männern und Frauen, übersehen. Vielleicht könnte das Teil der Diagnose sein? Ich würde die 18 Fragen umfassende Adult ADHD
Self-Report Scale (ASRS) zu den Screening-Instrumenten hinzufügen.
Dr. Vieta: Vielen Dank für diese Frage. Wir haben in diesem Teil der Fallvignette nicht genug Informationen gegeben, um ADHS
ausschließen zu können. Allerdings sagt Stella, dass sie diese Probleme vorher nicht hatte. Die wichtigste Frage, um ADHS
auszuschließen, ist, sie über Ihre Kindheit und Schulzeit zu befragen. Ich würde diese Fragen stellen, bevor ich ein ScreeningInstrument verwenden würde. Um ehrlich zu sein, ich halte nicht viel von Screening-Instrumenten, wenn es keine eindeutige
Vorgeschichte von ADHS gibt. Sie haben recht, dass diese Vorgeschichte in diesem Teil der Fallstudie nicht klar ist.
Dr. Demyttenaere: Andere Fragen?
Zuschauer: In diesem Patientenfall ...
Dr. Vieta: Ich werde zusammenfassen, was Sie gesagt haben, da die Zuschauer in den hinteren Reihen Sie akustisch nicht
verstehen können. Sie haben die deutliche Verschlechterung ihrer Arbeitsleistung erwähnt. Sie haben auch gesagt, dass wir mehr
Informationen zu Themen benötigen, die für den Fall relevant sind, richtig?
Zuschauer: Ja. Wenn sie von der Arbeit für eine Zeit beurlaubt werden könnte ...
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Dr. Vieta: Ich stimme dem zu. Da manche Zuschauer sie nicht verstehen können, werde ich sagen, dass dies eine Fallvignette ist,
die viele Themen zusammenfasst. Bei jedem Fall ist es erforderlich, alle Details über die Patienten zu kennen, ihre Beziehungen
und ihre Arbeit. In dieser Vignette zeigen wir, dass die kognitiven Probleme sehr relevant sind und eindeutig mit ihrer
Leistungsfähigkeit und Funktionsfähigkeit bei der Arbeit in Verbindung stehen.
Dr. Demyttenaere: Was an dem Zuschauerkommentar interessant ist, dass beim Auftreten kognitiver Symptome bei Patienten
mit Depressionen die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass die Depression dafür die Ursache ist. Wir sollten andere mögliche
Ursachen ausschließen, wie Sie in der zweiten Fallvignette zum Alkoholmissbrauch sehen werden. Ich stimme auch mit
dem Vorschlag aus dem Publikum überein, dass Sie auf Kopfverletzungen prüfen sollten. Wie Eduard in seinem Vortrag zum
Management erwähnt hat, müssen wir gründlich auf andere Gründe für kognitive Symptome prüfen.
Dr. Vieta: Der Kommentar zu ADHS ist ebenfalls relevant.
Dr. Demyttenaere: Ein weiterer interessanter Punkt, den Sie erwähnt haben, war die Frage, ob wir sie krankschreiben sollten. Das
Abwägen der Vor- und Nachteile einer Krankschreibung ist eine Diskussion für sich und ein sehr interessantes Thema.
Dr. Vieta: Was würden Sie bei diesem Fall tun, Bernhard?
Bernhard Baune, Dr. med., PhD: Wir haben darüber geredet, welche Medikationsstrategie verwendet werden sollte, und ob
diese ergänzt oder verändert werden sollte oder die Dosis erhöht werden sollte. Man könnte sich für jede dieser Optionen
entscheiden. Ich würde das Temperament dieser Patienten genauer erkunden, oder ihre Ziele in Hinblick darauf, was sie zuerst
und als zweites und drittes erreichen möchte. Wenn sie sagen würde, dass sie entschlossen ist, ihre kognitive und allgemeine
Funktion zu verbessern, würde ich erwägen, sie auf ein anderes Medikament umzustellen, das sich bei der Verbesserung der
Kognition als wirksam erwiesen hat. Wenn sie zögern würde, dies zu tun, und noch für ein paar Wochen erhalten wollen würde,
was bislang erreicht worden ist, dann könnte es eine gute Idee sein, das Venlafaxin auf 300 mg zu erhöhen. Das hängt von dieser
Interaktion und einer besseren Erkundung der Situation ab.
Dr. Demyttenaere: Andererseits könnte es sinnvoll sein, die Dosis des Venlafaxin auf 300 mg zu erhöhen. Wir wissen bei diesem
gekürzten Fallbeispiel nicht, ob die sexuellen Probleme auch mit der Venlafaxin-Einnahme in Verbindung stehen, oder ob sie
vorher bestanden. Dies könnte auch einer der Indikatoren sein, die die Entscheidung für einen Wechsel oder eine Erhöhung der
Dosis von Venlafaxin leiten.
Dr. Vieta: Wir haben 3 sehr gute Fragen aus dem Publikum. Die erste ist: Viele Patienten klagen über die Kognition, aber wenn wir
eine neuropsychologische Beurteilung durchführen, dann gibt es nichts auszusetzen. Vielleicht sind die Tests nicht gut genug?
Das ist richtig, aber manchmal beobachten wir, dass es den Patienten gut zu gehen scheint, sie aber womöglich vor der
Depression mehr Leistung erbracht haben. Manchmal scheint es Ihnen gut zu gehen, da sie im Normalbereich liegen, aber
einige haben einen Teil ihrer Funktionsfähigkeit verloren. Das andere Problem ist, dass die Depression dazu führen kann, dass das
Selbstvertrauen und die Energie fehlt, den Test durchzuführen. Das kann die Leistung verzerren.
In Verbindung damit gibt es eine andere Frage: „Sollten wir die kognitive Störung vor dem Therapiebeginn messen?“ Meine
Antwort ist Ja, aber ich verstehe, dass es praktische Probleme rund um die Durchführung dieser Tests gibt. Ich bin durchaus dafür,
eine sehr kurze Beurteilung vorzunehmen, so gründlich wie möglich, weil das eine Dimension ist, die bislang vernachlässigt
wurde. Idealerweise zumindest eine subjektive Messung, die von dem Patienten selbst durchgeführt werden und Ihnen einen
Anhaltspunkt geben kann. Das ist nicht perfekt, aber zusätzlich könnten Sie einen dieser kurzen Screening-Tests anwenden.
Schließlich lautet eine weitere Frage: „Was halten Sie in diesem Fall von einer Ergänzung mit Stimulanzien?“ Ich habe Modafinil
erwähnt, das nicht notwendigerweise ein Stimulans ist. Die Frage erwähnt Methylphenidat oder andere Stimulanzien. Dies könnte
eine Möglichkeit sein, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob es sehr viel hilft. Normalerweise verwende ich es nicht, aber ich habe
keine besonderen Probleme bei den Fällen gesehen, in denen es verwendet wurde, insbesondere, wenn eine ADHS vorlag. Wenn
es eine Vorgeschichte von ADHS gibt, ist dies eindeutig indiziert. Wenn nicht, bin ich nicht so sehr dafür.
Dr. Baune: Ich würde gerne die Strategie der Ergänzung mit Methylphenidat kommentieren. Wenn Sie sich die Daten zur
Behandlung von Depressionen mit einem Antidepressivum plus Methylphenidat ansehen, gibt es keinen Nutzen für die
Depression.[5] Es gibt nur einen Nutzen, wenn ADHS als Komorbidität im Vordergrund steht. Zusätzlich zur medikamentösen
Behandlung war eine Option die kognitive Remediationstherapie. In diesem Fall hat Stella schon eine Verbesserung ihres
Symptomprofils erreicht. Ich glaube, dass sie vermutlich von einem kognitiven Training oder einer kognitiven Verhaltenstherapie
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profitieren würde, je nachdem, ob sie in ihrem vollen Terminkalender dafür Zeit finden würde. Vielleicht könnte sie eine
Kombination verwenden, obwohl bislang kaum Belege dazu veröffentlicht wurden. Als Ärzte sollten wir erwägen, dem Patienten
diese Behandlung zu ermöglichen, wenn sie verfügbar ist.
Dr. Demyttenaere: Ich möchte dem hinzufügen, dass es sogar einige Veröffentlichungen gibt, die zeigen, dass eine kurzfristige
psychodynamische Behandlung die neurokognitive Funktionsfähigkeit verbessert.[6] Der Grund dafür ist, dass Emotionen
und andere Aspekte ebenfalls zu den kognitiven Symptomen beitragen können. Ich glaube, es ist nicht allein die kognitive
Remediation. Wir werden eine letzte Frage beantworten, bevor wir uns die zweite Fallvignette ansehen.
Zuschauer: Meine Frage bezieht sich auf die Tatsache, dass Stella eine sehr junge Frau ist. Sie hat eine kognitive Störung und ein
vermindertes sexuelles Verlangen. Warum verschreiben Sie in diesem Fall nicht Bupropion?
Dr. Vieta: Bupropion ist natürlich eine Option. Meines Wissens gibt es keine Studie, die zeigt, dass Bupropion eine positive
Wirkung auf die Kognition als primäres Behandlungsergebnis im Vergleich zum Placebo hat. Dennoch ist das Profil von Bupropion
geeignet, obwohl dies theoretisch ist, und stellt eine Option dar.
2. Fall: Ein Pa/ent mit MDD und Suchtmi=elmissbrauch – Teil 1, Der Besuch beim Hausarzt Dr. Demyttenaere: Jetzt ist es an der Zeit, mit der zweiten Fallvignette fortzufahren, und die ist die über Martin. Es gibt ein kurzes
Gespräch mit einem Hausarzt, der am Anfang sehr enthusiastisch ist. Dann wird der Patient zum Psychiater überwiesen, und wir
werden uns das Gespräch ansehen. Lassen Sie uns den ersten Teil der 2. Fallvignette ansehen.
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2. Fall: Ein Patient mit MDD und Suchtmittelmissbrauch – Teil 1, Der Besuch beim Hausarzt
Erzähler: Martin Hammond ist 52 Jahre alt und wurde vor kurzem von seiner Führungsposition im Exportverkauf entlassen.
Martin ist etwas übergewichtig, aber ansonsten bei relativ guter Gesundheit. Er sucht seinen Hausarzt auf, weil sich seine Frau
über seine getrübte Stimmung und sein verstärktes Trinken Sorgen macht.
Hausarzt: Herr Hammond, setzen Sie sich bitte.
Martin: Vielen Dank, Herr Doktor.
Hausarzt: Ich habe Sie schon lange nicht mehr gesehen.
Martin: Ja, da haben Sie wohl recht.
Hausarzt: Was führt Sie heute zu mir?
Martin: Naja, ich bin ständig müde. Ich habe zu nichts Lust.
Hausarzt: Ich verstehe. Denken Sie, dass sie mehr oder weniger als sonst schlafen?
Martin: Eigentlich kann ich seit einiger Zeit nicht mehr besonders gut schlafen. Manchmal gönne ich mir ein paar Drinks, damit
ich besser schlafen kann, aber meine Frau macht sich Sorgen, dass ich zu viel trinke.
Hausarzt: Gibt es etwas Bestimmtes, von dem sie glauben, dass es Ihren Schlaf beeinträchtigen könnte?
Martin: Ich habe vor kurzem meine Arbeit verloren, aber ich habe auch schon davor schlecht geschlafen.
Hausarzt: Stimmen Sie Ihrer Frau zu, dass Sie zu viel trinken? Haben Sie jemals gedacht, dass Sie weniger trinken sollten?
Martin: Ja, wahrscheinlich trinke ich mehr als früher, aber ich mache auch gerade eine schwere Zeit durch.
Hausarzt: Stört es Sie, wenn Ihre Frau Sie für Ihr Trinken kritisiert oder haben andere Leute sie verärgert, weil sie Ihr Trinken
kommentiert haben?
Martin: Ich finde, dass sie überreagiert. Mein Direktor hat mir mal etwas gesagt, aber ich hätte ihm am liebsten geantwortet,
dass der von ihm ausgeübte Druck der Grund dafür ist, dass ich trinke.
Hausarzt: Ihre Arbeit hat Ihnen viel Stress verursacht?
Martin: Ja. Jeden Monat wurden mehr Verkäufe von unserer Abteilung erwartet. Es ist einfach unmöglich, diese jeden Monat
weiter zu steigern.
Hausarzt: Das hört sich nach sehr viel Druck an.
Martin: Das war es. Ich meine, ich mochte meine Arbeit immer gerne und alle diese Herausforderungen. Ich war wirklich gut
dabei. Dann fing es mit dem Druck an. Ich konnte nachts nicht mehr richtig schlafen und war immer müde. Ich bemerkte, dass
ich bei Sitzungen Schwierigkeiten hatte, aufzupassen, und ich vergaß häufig, Dinge weiterzuverfolgen.
Hausarzt: Hatte dieser Druck auch Auswirkungen auf Ihre Stimmung?
Martin: Ja, ich denke schon.
Hausarzt: Können Sie mir erklären, wie Sie sich gefühlt haben?
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Martin: Naja, meistens war ich wahrscheinlich unglücklich. Meine Frau sagt, dass es mir schon eine ganze Weile schlecht ging.
Sie hat mich immer nach meinem Tag gefragt, aber ich wollte nicht wirklich mehr darüber reden, weil ich mich wie ein Versager
fühlte.
Hausarzt: Ich verstehe. Fühlen Sie sich jetzt, nachdem Sie nicht mehr in diesem Umfeld sind, immer noch genauso?
Martin: Es ist jetzt schlimmer, Herr Doktor. Ich mache mir Sorgen, ob ich eine neue Stelle finden werde, aber ich habe nicht
einmal Lust, danach zu suchen oder Telefonanrufe zu tätigen. Manchmal möchte ich nicht einmal aufstehen und mich anziehen.
Meine Frau ärgert sich wegen des Trinkens über mich. Ich fange an zu glauben, dass es ihr ohne mich besser gehen würde.
Hausarzt: Was meinen Sie damit, Herr Hammond?
Martin: Naja, neulich habe ich in der Garage nach etwas gesucht und mir fiel ein Seil in die Hände. Ich habe überlegt, wie sich
das anfühlen würde, aber dann habe ich realisiert, dass das lächerlich wäre. Aber es macht mir Angst, dass ich überhaupt einen
solchen Gedanken hatte. Es scheint alles einfach nur noch schlimmer zu werden.
Hausarzt: Ok, ich verstehe. Sie stehen unter sehr viel Druck. Das hört sich sehr nach einer Depression an, Herr Hammond. Es
gibt vieles, das dazu beitragen könnte, dass Sie sich ständig müde fühlen, daher würde ich gerne ein paar Bluttests machen, um
sicherzugehen, dass es keine körperliche Ursache gibt, die wir kennen sollten, aber ich glaube, unsere oberste Priorität sollte
sein, Ihnen in Hinblick auf Ihre allgemeine Stimmung und geistige Gesundheit zu helfen.
Martin: Depressionen? Sind Sie sich sicher? Darunter habe ich noch nie gelitten.
Hausarzt: Depressionen können im Leben jederzeit auftreten, und es sieht so aus, als hätten Sie bei der Arbeit unter sehr viel
Druck gestanden, deshalb würde ich Ihnen gerne helfen, sich davon zu erholen.
Martin: Ok.
Hausarzt: Sie haben ziemlich viele Probleme, mit denen Sie sich herumgeschlagen haben, deshalb glaube ich, dass es eine gute
Idee wäre, wenn Sie mit einem Psychiater sprechen würden.
Martin: Glauben Sie wirklich, dass das notwendig ist?
Hausarzt: Depressionen können Sie sehr stark beeinträchtigen, Mr. Hammond. Es gibt eine Vielzahl von Behandlungen, die
einen großen Unterschied machen können, aber wir wollen die finden, die für Sie am besten ist. Sie haben einiges gesagt,
das mich glauben lässt, dass ein Psychiater Ihnen am besten helfen könnte. Für mich sind Sie eindeutig depressiv, aber Ihr
Alkoholkonsum, und wie Sie Ihre Arbeit verloren haben, könnte genauer untersucht werden. Ein Psychiater könnte sich ein
besseres Bild davon machen, was mit Ihnen los ist, und das ganze Spektrum an Behandlungsoptionen berücksichtigen.
Martin: In Ordnung. Dann versuche ich das mal.
Hausarzt: Gut. Ich hoffe wirklich, dass Ihnen das helfen wird.
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Podiumsdiskussion
Dr. Demyttenaere: Das war das Video mit dem Hausarzt. Bevor wir uns den zweiten Teil ansehen, wäre es interessant, von Sarah
Bromley zu erfahren, ob sie denkt, dass es ein wenig früh ist, diesen Patienten sofort zu einem Psychiater zu überweisen?
Sarah Bromley, MBChB: Aus einer britischen Perspektive wäre es ungewöhnlich, den Patienten derart am Ende des Arztbesuchs
zu überweisen. Ähnlich wie beim letzten Fall ist es unvermeidbar, ein kurzes Video zu zeigen, um die wesentlichen Punkte zu
verdeutlichen. Das waren vermutlich 3 oder 4 Arztbesuche, die zu einem zusammengefasst wurden. Normalerweise würden wir
mehr Zeit darauf verwenden, einige der anderen Dinge zu untersuchen, über die er redet. Dann sehen wir ihn vielleicht beim
nächsten Mal mit den Ergebnissen der Bluttests wieder und sehen uns diese an, bevor wir es erwägen, ihn an einen Psychiater zu
überweisen. Ich glaube, dass im Vereinigten Königreich etwa 90 % der Patienten mit einer Depression in der Primärversorgung
behandelt werden. Allerdings läuten bei Martin einige Alarmglocken. Er denkt über Selbstmord nach; er trinkt Alkohol. Er ist 52
Jahre alt, also ist er in der Altersgruppe mit einem hohen Selbstmordrisiko. Es gibt dabei einige Faktoren, die mich veranlassen
würden, das Selbstmordrisiko zu untersuchen und nach zusätzlicher Hilfe zu suchen. Vielleicht würden wir erwägen, ihn früher zu
überweisen als jemanden ohne diese Risikofaktoren.
Dr. Demyttenaere: Vielen Dank für diesen Kommentar. Ich glaube, dass das Vorgehen bezüglich einer Überweisung sich von Land
zu Land unterscheidet. Wir können darauf später zurückkommen. Zuerst haben wir eine Frage an die Zuschauer.
Was würden Sie bei diesem Patienten am meisten genauer untersuchen wollen? 1. Seinen Alkoholkonsum; 2. Seine Schlaflosigkeit;
3. Sein Gefühl der Wertlosigkeit; 4. Seine Schwierigkeiten bei der Arbeit; oder 5. Seine Bluttestergebnisse?
Zuschauerantworten auf die 3. Frage Was würden Sie bei diesem PaCenten am meisten genauer untersuchen wollen? 1.  Seinen Alkoholkonsum 2.  Seine Schlaflosigkeit 3.  Sein Gefühl der Wertlosigkeit 4.  Seine Schwierigkeiten bei der Arbeit 5.  Seine BluYest-­‐Ergebnisse Seite 35
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3. Frage: Ergebnis des Live-­‐Symposiums Was würden Sie bei diesem PaCenten am meisten genauer untersuchen wollen? [VALUE]
% 1.  Seinen Alkoholkonsum [VALUE]
2.  Seine Schlaflosigkeit % [VALUE]
% 3.  Sein Gefühl der Wertlosigkeit 4.  Seine Schwierigkeiten bei der Arbeit [VALUE]
% [VALUE]
% 1 2 3 4 5 5.  Seine BluYest-­‐Ergebnisse Dr. Demyttenaere: Eine interessante Zuschauerresonanz. Sarah, als wir dies vorher diskutiert haben, sagten Sie, dass ein Patient
mit Alkoholmissbrauch in der psychiatrischen Versorgung abgelehnt werden würde, wenn nicht zuerst sein Alkoholproblem
behandelt wird.
Dr. Bromley: Es gibt weltweit Unterschiede zwischen den Systemen, aber zumindest im Vereinigten Königreich wird ein Patient
mit Drogen- oder Alkoholmissbrauch in die eine Richtung gehen und einer mit einem psychischen Problem in eine andere. Bei
Patienten wie Martin ist es wichtig, dass wir uns diese von allen Seiten aus ansehen. Bei meiner Arbeit in den Gefängnissen sehe
ich häufig Häftlinge, die aufgrund ihres Drogenmissbrauchs von der psychiatrischen Versorgung ausgeschlossen wurden und
deren psychische Erkrankungen deshalb nicht angemessen behandelt wurden. Das ist eine Tragödie.
Dr. Demyttenaere: Ist Alkoholmissbrauch ein psychisches Problem oder ist er etwas anderes? Ein Denkanstoß.
In der Zwischenzeit hatte Martin Zeit, einen Psychiater zu finden. Wir werden uns nun den zweiten Teil der Fallvignette, das
Gespräch mit dem Psychiater, ansehen.
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2. Fall: Ein Pa/ent mit MDD und Suchtmi=elmissbrauch – Teil 2, Der Besuch beim Psychiater Seite 37
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2. Fall: Ein Patient mit MDD und Suchtmittelmissbrauch – Teil 2, Der Besuch beim Psychiater
Psychiater: Ich habe einen Brief von Ihrem Hausarzt Dr. Dawson erhalten.
Martin: Ja.
Psychiater: Er sagt, dass Sie in der letzten Zeit Probleme bei der Arbeit und zu Hause hatten, und dass Sie sich sehr
niedergeschlagen und überfordert gefühlt haben.
Martin: Das ist richtig.
Psychiater: Wie fühlen Sie sich heute?
Martin: Ich bin heute wie immer sehr müde. Ich habe letzte Nacht eigentlich überhaupt nicht geschlafen. Ich wollte heute nicht
kommen, da ich mich dazu einfach nicht in der Lage gefühlt habe. Ich glaube nicht, dass es mir helfen wird, aber meine Frau hat
darauf gedrängt ...
Psychiater: Fahren Sie fort, Mr. Hammond.
Martin: Ich habe eigentlich keine Lust mehr, irgendetwas zu machen oder irgendwo hin zu gehen. Ich mache mir solche
Sorgen darüber, dass ich keine Arbeit habe. Letzte Woche hat mir ein Freund von einer Firma erzählt, die nach einem Manager
mit meiner Erfahrung sucht, aber ich konnte mich nicht dazu überwinden, dort anzurufen, und als ich mich schließlich dazu
gezwungen habe, hatte ich vergessen, wo ich die Kontaktinformation hingelegt hatte.
Psychiater: Hatten Sie in der Vergangenheit Probleme damit, organisiert zu sein?
Martin: Nein, ich bin normalerweise sehr proaktiv und organisiert. Ich weiß nicht, was mit mir los ist.
Psychiater: Können Sie sich erinnern, wann Sie sich das erste Mal so gefühlt haben?
Martin: Ich glaube, das war vor fast einem Jahr. Es gab bei der Arbeit viel Druck. Eine neue Geschäftsleitung, ehrgeizigere Ziele.
Ich fing an, mich davor zu grauen, zur Arbeit zu gehen. Ich musste bei so vielen Dingen den Überblick behalten, aber meine
Gedanken waren nicht wirklich richtig dabei.
Psychiater: Sie haben Dinge verpasst und Fehler gemacht.
Martin: Ja. Es schien einfach nur immer schlimmer zu werden.
Psychiater: Können Sie mir ein paar Beispiele geben?
Martin: Einmal habe ich einen Fehler bei der Vorhersage für meine Abteilung gemacht. Sie war etwa 20 % höher als sie sein
sollte, also hat das ein riesiges Problem verursacht.
Psychiater: So etwas war Ihnen vorher noch nie passiert?
Martin: Nein, noch nie. Ich war immer so penibel, insbesondere mit Zahlen.
Psychiater: Das hört sich so an, als hätten Sie eine ziemlich große Verantwortung gehabt. Was gab es noch für Sachen, die
Ihnen zu der Zeit schwieriger als sonst erschienen?
Martin: Ich habe viele Sitzungen geleitet, und manchmal können sie ziemlich lebhaft werden. Ich hatte Schwierigkeiten, die
Diskussion zu verfolgen, sodass ich mir manchmal nachher nicht wirklich sicher war, was gesagt worden war.
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Psychiater: Ich verstehe. Würden Sie also sagen, dass sich Ihre Stimmung ungefähr zu derselben Zeit verändert hat, Sie sich
niedergeschlagen gefühlt haben, als auch Ihre Schwierigkeiten mit der Konzentration und der Aufgabenerledigung bei der
Arbeit auftraten?
Martin: Ja, ich glaube, das war ungefähr zur selben Zeit.
Psychiater: Ich verstehe. Sie sagten, dass es Sie davor graute, zur Arbeit zu gehen. Wie haben Sie das Leben im Allgemeinen
empfunden?
Martin: Ehrlich gesagt, alles erschien mir ziemlich sinnlos. Ich hatte keine Lust mehr, mit Freunden auszugehen oder jemanden
zum Essen einzuladen. An den Wochenenden saß ich nur noch herum, statt mich um den Garten zu kümmern. Jetzt, da ich nicht
mehr arbeite, habe ich mehr Zeit, aber mein Garten war noch nie so ungepflegt.
Psychiater: Fällt es Ihnen immer noch schwer, sich zu konzentrieren, auch wenn Sie nicht mehr arbeiten?
Martin: Ja. Ich bin nicht einmal eine große Hilfe für meine Frau, da ich vergesse, das zu tun, worum sie mich gebeten hat. Ich
fange an, die Zeitung zu lesen, aber ich gebe meist auf, bevor ich die erste Seite zu Ende gelesen habe, da ich nicht wirklich
etwas davon mitbekomme.
Psychiater: Sie trinken mehr als früher?
Martin: Ja.
Psychiater: Wann haben Sie angefangen, mehr zu trinken, Herr Hammond?
Martin: Wahrscheinlich nur wenige Monate, nachdem alles andere begonnen hat. Ich konnte nicht gut schlafen, also
genehmigte ich mir einen Drink vor dem Schlafengehen, um mir beim Einschlafen zu helfen, und dann trank ich allmählich
immer früher. Dann wurden es 2 und 3 Drinks.
Psychiater: Haben Sie jemals während des Tages bei der Arbeit getrunken?
Martin: Nicht bei der Arbeit, aber einmal bin ich abends mit einigen Kollegen aus dem Führungsteam ausgegangen und habe
zu viel getrunken. Mein Direktor hat mich darauf am nächsten Tag angesprochen.
Psychiater: Dr. Dawson ist ein wenig besorgt darüber, dass Sie denken, Ihre Frau wäre besser ohne Sie dran?
Martin: Ja. Ich denke das manchmal, aber ich werde nichts Verrücktes tun. Ich habe darüber nur dieses eine Mal nachgedacht,
und ich wusste, dass mit mir etwas nicht in Ordnung ist, wenn ich überhaupt über so etwas nachdenke, aber alles erscheint mir
so hoffnungslos.
Psychiater: Es ist für jemanden, der wie Sie, Herr Hammond, unter einem solchen Druck gestanden hat, überhaupt nicht
ungewöhnlich, sich so zu fühlen. Ihre Bluttests zeigen, dass es keine offensichtlichen körperlichen Ursachen für Ihre Symptome
gibt. Sie haben das, was wir eine Major Depressive Disorder, also eine Art der Depression, nennen. Es ist wichtig, dass Sie wissen,
dass wir etwas dagegen tun können. Wir müssen mit einer Behandlung beginnen. Sie werden nicht von einem Tag auf den
anderen eine Veränderung bemerken, aber innerhalb von ein paar Wochen sollten Sie sich zumindest langsam wieder so wie
früher fühlen.
Martin: Vielen Dank, Herr Doktor. Ich möchte mich wirklich nicht mehr so fühlen.
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Wie ich einen Pa/enten mit MDD und Suchtmi=elmissbrauch behandeln würde Bernhard Baune, Dr. med., PhD Professor und Lehrstuhl für Psychiatrie; Leiter, Abteilung für Psychiatrie School of Medicine, Royal Adelaide Hospital University of Adelaide Adelaide, Australien Dr. Demyttenaere: Das war der zweite Teil der zweiten Fallvignette. Es ist mir eine Freude, nun Bernhard dazu einzuladen, diesen
Fall zu kommentieren.
Wie ich einen Patienten mit MDD und Suchtmittelmissbrauch behandeln würde
Dr. Baune: Vielen Dank.
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Offenlegungserklärung •  Für eine vollständige Liste der Offenlegungen konsul/eren Sie bi=e den Informa/onen über Autoren/Fakultätsmitglieder und Offenlegungserklärungen-­‐Link auf der Programmseite. Seite 41
Klinische Fälle kognitiver Dysfunktion bei einer Major Depressive Disorder
Mar/n •  Energieverlust, Müdigkeitsgefühl, Antriebslosigkeit •  Verlust der KonzentraCon und der ausführenden FunkConsfähigkeiten •  Traurige und unglückliche SCmmung mit kurzem Selbstmordgedanken •  Sozialer Rückzug •  Verlust des Selbstvertrauens •  Alkoholproblem •  Arbeitsplatzverlust Bei diesem Fall ist besonders interessant, dass wir jetzt ein ziemlich umfassendes Bild vom Teil mit dem Hausarzt und dem Besuch
beim Psychiater haben. Es wird sehr deutlich, dass der Hausarzt die Symptome des Patienten bereichsübergreifend sammelt
und der Psychiater versucht, die Ursache und die Folgen sowie den Zeitrahmen und die Folgen der Symptomentstehung zu
entflechten.
Ich würde dies gerne mehr im Detail besprechen. Bislang haben wir gesehen, dass der Patient ziemlich viele Symptome hatte, und
dass diese über mehrere Symptomdomänen verteilt waren. Wir haben mit den Symptomen zu Energie und Stimmung begonnen,
und dann war die kognitive Funktion gestört. Er konnte nicht lesen oder sich gut konzentrieren. Außerdem entwickelte er bei
der Arbeit funktionelle Probleme, also auch bestimmte Leistungsprobleme. Dann versuchte er dazu noch, seine Symptome zu
kompensieren, indem er sich nach einer Weile selbst mit Alkohol behandelte. Damit sind dann zusätzliche Probleme aufgetreten.
Als Folge davon begab er nicht mehr gerne unter Menschen, also wurden seine Familie und sein Sozialleben in gewissem Maß
ebenfalls beeinträchtigt. Das alles erreichte seinen Höhepunkt mit dem Verlust seiner Arbeit. Deshalb ist es für uns wirklich
wichtig, dass wir bevor wir einen Patienten wie diesen behandeln, die Ursache und die Folgen entwirren.
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Beurteilung •  Klärung der Krankheitsgeschichte: Ursache und Verlauf der Symptomentstehung –  KogniCve und funkConelle Probleme bei der Arbeit und zu Hause tragen wesentlich zu Ausbruch und Verlauf der Depression bei –  Stress und sich ändernde Erwartungen bei der Arbeit können sowohl Ursache als auch Auswirkung sein –  Alkoholmissbrauch ist sekundär zur Depression –  Sozialer Rückzug ist sekundär zum FunkConsverlust und zu den Symptomen der Depression im Verlauf der Zeit –  Lebensmüdigkeit und das Gefühl der Wertlosigkeit entstehen später und drücken die Schwere der depressiven Episode aus In dieser Fallpräsentation sagte Martin, dass die Probleme vor ungefähr einem Jahr anfingen, als er einen größeren Druck bei der
Arbeit spürte, mit dem er nicht besonders gut umgehen konnte. Er machte Fehler. Er konnte auch keine gute Leistung erbringen.
Zu diesem Zeitpunkt ist es nicht ganz klar, woher diese Probleme kommen, und ob sie in Verbindung mit Stress stehen oder
eine Reaktion auf die zunehmenden Probleme bei der Arbeit sind. Vielleicht standen am Anfang kognitive Probleme, die die
Leistungsfähigkeit bei der Arbeit verminderten, so dass dies also eher eine Konsequenz als eine Ursache war. Folglich, wenn zuerst
der Leistungseinbruch bei der Arbeit auftritt, dann nimmt daraufhin der Stress zu, da er nicht leisten kann. Es passiert bei diesem
Patienten eine Art Kettenreaktion und eine Abwärtsspirale.
In Hinblick auf den Zeitpunkt des Auftretens war der Alkoholkonsum ziemlich eindeutig ein sekundäres Problem. Natürlich
würden wir gerne wissen, ob dieser Mann vorher getrunken hat, und ob er in der Vergangenheit ein Drogen- oder
Alkoholproblem hatte, von dem wir hier nicht gehört haben. Dies wären zusätzliche Fragen, die in einem ausführlichen Gespräch
erfragt werden sollten.
Wir könnten nachweisen, dass der Verlust der sozialen Interaktion eher eine Konsequenz des Verlusts der Funktionsfähigkeit und
des Selbstvertrauens war sowie der verstärkten depressiven Stimmung, des Gefühls der Verzweiflung und der Lebensmüdigkeit.
Ich glaube, das können wir häufig bei unseren Patienten in unseren Praxen beobachten. Hier wurde ziemlich gut veranschaulicht,
dass der Schwergrad der Symptome im Verlauf der Zeit zunahm. Es fing nicht mit einem Knall an. In diesem speziellen Fall
entwickelte es sich langsam über den Zeitraum von mindestens einem Jahr.
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Beurteilung (Fortsetzung) •  Beurteilung der SCmmung, KogniCon und FunkConsfähigkeit –  Psychiatrisches Interview und Beurteilung des Alkoholmissbrauchs –  KogniCves Screening-­‐Instrument, um die ausführende FunkCon, das Arbeitsgedächtnis und die Verarbeitungsgeschwindigkeit zu beurteilen (z. B. mit DSST) –  Klinische Bewertung der beruflichen und sozialen FunkConsfähigkeit, der Beziehungen und des Freizeitverhaltens –  Verwendung der Skala zur Selbsteinschätzung der KogniCon und FunkConsfähigkeit •  Medizinische Beurteilung –  Überprüfung der BluYests auf die LeberfunkCon aufgrund des Alkoholmissbrauchs, und um andere mögliche Ursachen der Depression auszuschließen –  CT-­‐ und/oder MRT-­‐Aufnahme des Gehirns Wir haben die zeitliche Abfolge der Symptomentstehung im Laufe dieses Jahres entwirrt. Was wir in diesem ebenso wie in dem
vorangegangenen Fall gerne tun würden, ist, das psychiatrische Interview um einige relevante Fragen, um eine Risikobeurteilung
und so weiter zu erweitern. Bei diesem Patienten muss die Beurteilung des Alkoholmissbrauchs frühere Alkoholprobleme mit
einschließen, ebenso wie Probleme mit der Stressbewältigung in der Vergangenheit. Wie wäre er in der Vergangenheit mit
Problemen bei der Arbeit umgegangen? War es ein ähnliches oder anderes Muster? Außerdem glaube ich, dass dieser Patient von
einigen Screening-Instrumenten oder Fragen zur kognitiven Leistungsfähigkeit profitieren würde, insbesondere zur ausführenden
Funktion, denn er hat Fehler bei der Vorhersage der Verkäufe seiner Abteilung gemacht. Vielleicht spielten dabei Rechenprobleme
eine Rolle. Das Arbeitsgedächtnis war ein Problem, wir könnten also einen Test wie den DSST durchführen, der als kurzer Test
innerhalb 90 oder 120 Sekunden durchgeführt werden kann. Ein Test zum Arbeitsgedächtnis, wie der N-back-Test, ist ziemlich
einfach durchzuführen. Es werden derzeit kurze Screening-Tests entwickelt, die insgesamt etwa 10 bis 15 Minuten dauern und
objektive und subjektive Messungen der kognitiven Funktion kombinieren. Das Thinc-Instrument wird gegenwärtig entwickelt
und vermutlich nächstes Jahr verfügbar sein. Das Ziel ist, einen kurzen, einfachen und verlässlichen Test für die Verwendung in
der klinischen Praxis zu haben. Psychiater sollten ihn selbst anwenden können, anstatt eine andere Person mit einer ausführlichen
kognitiven Beurteilung betrauen zu müssen.
Fragebögen zur Selbsteinschätzung können zur Messung der Funktion verwendet werden. Bei diesem Fall war das Problem
mit der Funktionsfähigkeit bei der Arbeit ziemlich eindeutig. Sie konnte genauso wie die soziale Funktion beurteilt werden.
Die Funktion in Beziehungen konnte ebenfalls genauer beurteilt werden. Wir haben vom Psychiater gehört, dass die Bluttests
negativ waren, es gab also keine körperlichen Probleme. Ein CT oder MRT könnte bei diesem Patienten in Hinblick auf
seinen Alkoholmissbrauch sinnvoll sein, je nachdem, wie lange sein Alkoholproblem schon andauert, um auf Atrophie oder
Veränderungen im Gehirn zu prüfen.
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Differenzialdiagnose •  Schwere depressive Episode •  Alkoholmissbrauch/Abhängigkeit •  Neurologische Erkrankung/EnzephaliCs? Als Differenzialdiagnose bezüglich Hierarchie und Prioritäten würde ich sagen, dass dies eine schwere depressive Episode war. Die
sekundäre Diagnose ist Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit. Eine andere Sache, die wichtig, aber vermutlich unwahrscheinlich
ist, und in Erwägung gezogen werden sollte, ist eine neurologische Erkrankung wie Enzephalitis, die vorkommen kann. Das dürfen
wir nicht vergessen. Die Bluttests hätten ein negatives Ergebnis für Entzündungsmarker gezeigt, allerdings gibt es auch nichtentzündliche Formen von Enzephalitis. Das ist keine Garantie und vermutlich unwahrscheinlich, aber etwas, das genauer geprüft
werden sollte.
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Zuschauerantworten auf die 4. Frage Angenommen, es wurde eine schwere depressive Episode diagnosCziert, welchen Behandlungsansatz würden Sie auswählen? 1.  Alkoholabhängigkeit zuerst behandeln 2.  Depression zuerst behandeln 3.  Depression und Alkoholabhängigkeit gleichzeiCg behandeln 4.  KogniCve Symptome behandeln 5.  Alle Symptome gleichzeiCg behandeln Ich würde Ihnen dazu gerne eine Frage stellen. Angenommen, Sie haben eine schwere depressive Episode diagnostiziert, was
würden Sie tun wollen und welchen Behandlungsansatz würden Sie wählen? 1. Die Alkoholabhängigkeit zuerst behandeln; 2.
Die Depression zuerst behandeln; 3. Beide gleichzeitig behandeln; 4. Die kognitiven Symptome behandeln; 5. Alle Symptome auf
einmal behandeln.
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4. Frage: Ergebnis des Live-­‐Symposiums Angenommen, es wurde eine schwere depressive Episode diagnosCziert, welchen Behandlungsansatz würden Sie auswählen? [VALUE]
1. 
Alkoholabhängigkeit zuerst behandeln 2. 
Depression zuerst behandeln 3. 
Depression und Alkoholabhängigkeit gleichzeiCg behandeln 4. 
KogniCve Symptome behandeln 5. 
Alle Symptome gleichzeiCg behandeln % [VALUE]
% [VALUE]
% [VALUE]
% [VALUE]
% 1 2 3 4 5 Dr. Baune: 43 % der Teilnehmer aus dem Live-Publikum würden die Depression und die Alkoholabhängigkeit gleichzeitig
behandeln. Das geht ein wenig gegen einige der Systeme, in denen wir arbeiten, wie das vom Vereinigten Königreich. Andere
Gesundheitssysteme in Europa oder weltweit würden es uns nicht erlauben, dies zu tun, oder würden uns dabei fachübergreifend
einige Schwierigkeiten bereiten. Ich würde dem zustimmen, dass dies der sinnvollste Ansatz ist.
Andererseits würden einige Teilnehmer die Alkoholabhängigkeit zuerst behandeln. Es gibt dafür ein Argument, das ein bisschen
von der alten Schule zu sein scheint. Wenn Sie die Alkoholabhängigkeit zuerst behandeln und danach noch eine Depression
zurückbleibt, dann liegt eine echte Depression vor. Das ist wie eine therapeutische Gerichtsverhandlung. Da ist etwas Wahres
dran, deshalb habe ich etwas Verständnis dafür. 23 % von Ihnen würden zuerst die Depression behandeln und 27 % waren dafür,
alle Symptome auf einmal zu behandeln. Nur die kognitiven Symptome zu behandeln, scheint in der Minderheit zu sein, was
einen Sinn ergibt, wenn wir diese eher als eine Folge und weniger als Ursache seiner depressiven Episode betrachten. Allerdings
könnte man natürlich argumentieren, dass, wenn Sie alle Symptome auf einmal behandeln wollen, dazu auch die kognitiven
Symptome gehören.
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Behandlung •  Prinzipien –  Depression wirksam behandeln –  Alkoholmissbrauch und Alkoholentzug breit behandeln –  MedikaConen und psychologische IntervenConen verwenden •  AnCdepressivum mit Wirksamkeit für SCmmung, kogniCve FunkCon und allgemeine FunkCon erwägen •  Klasse von AnCdepressiva erwägen, die gut toleriert wird, und potenzielle unerwünschte Wirkungen auf die Leber berücksichCgen •  KogniCve Symptome und FunkConsfähigkeit mit einer Diskussion der pharmakologischen und nicht-­‐pharmakologischen BehandlungsopConen ansprechen •  Überweisung zu einem kogniCven RemeditaConsprogramm erwägen •  An langfrisCgem Alkoholentwöhnungsprogramm teilnehmen, das über den medizinischen Alkoholentzug hinausgeht Dieser Fall veranschaulicht eindeutig, dass wir Depressionen wirksam behandeln müssen. Wir müssen den Alkoholmissbrauch
und Alkoholentzug gleichzeitig behandeln. Was wir zusätzlich zu Medikation oder Antidepressiva ebenfalls erwägen sollten,
ist diese mit einer psychologischen Intervention wie einer kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), einer kognitiven Remediation
oder einer kognitiven Trainingstherapie zu kombinieren. In Hinblick auf die Kombination einer Medikation mit einer KVT oder
einer kognitiven Remediationstherapie scheinen die wirksamsten Kombinationen diejenigen zu sein, bei denen es eine gewisse
Besserung durch die anfängliche medikamentöse Behandlung gibt, und dann, nachdem eine gewisse Besserung klinisch
beobachtet wurde, eine KVT oder kognitive Remediationstherapie initiiert wird.[7] Die Kombination scheint hier wesentlich zu sein.
Wahrscheinlich müssen wir ein Antidepressivum erwägen, das nachgewiesenermaßen sowohl für die Behandlung von
Depressionen als auch von kognitiven Symptomen wirksam ist. Aus meiner klinischen Perspektive würde ich denken, dass
dieser Patient mit einem Abbau der kognitiven oder funktionellen Fähigkeiten bei der Arbeit begonnen hat. Dieser hat zu
einer Depression und einer Abwärtsspirale aus Stress und der Unfähigkeit, mit den zunehmenden Anforderungen der Arbeit
umzugehen, geführt. Ich würde ein Medikament, das tatsächlich die kognitive Funktion verbessert, zu der Beurteilung
hinzufügen, und außerdem die Veränderung im Lauf der Zeit nach dem Behandlungsbeginn berücksichtigen.
Wie ich erwähnt habe, ist eine Verbesserung der kognitiven Funktion durch kognitive Remediationsprogramme durchaus wichtig,
auch wenn dies nicht einfach umzusetzen ist.
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Allgemeine Anregungen für die Diskussion •  Rolle von kogniCven Symptomen und funkConellem Verlust bei Ausbruch und Verlauf einer Depression •  Rolle von Alkohol bei den Symptomen der Depression und als Mitverursacher der kogniCven Symptome einer Depression •  Beurteilung der kogniCven und allgemeinen FunkCon durch einen Psychiater •  Behandlung von Alkoholmissbrauch ist wesentlich für die Verbesserung der Depression und der kogniCven Symptome •  Erwägung von pharmakologischen und nicht-­‐
pharmakologischen IntervenConen für Depression, Alkoholmissbrauch, kogniCve Symptome und funkConellen Verlust Hier habe ich einige Punkte zur allgemeinen Diskussion in unserer heutigen Runde und für Ihre Fragekärtchen. Welche Rolle
spielen kognitive Symptome und funktioneller Verlust bei Ausbruch und Verursachung von Depressionen? Ich glaube, die
Fallvignetten haben uns ein paar Denkanstöße gegeben, aber es gibt noch mehr zu diskutieren. In Hinblick auf die Rolle, die
Alkohol bei den Symptomen der Depression spielt: Vermindert Alkohol die allgemeine Fähigkeit zu fühlen, zu denken? Er
kann negative Auswirkungen auf die kognitive Funktion haben und trägt daher direkt zu der Verstärkung der Symptome der
Depression bei. Wie wir bestimmte Aspekte der Kognition und der allgemeinen Funktionsfähigkeit beurteilen können, ist etwas,
das wir weiter erörtern müssen.
Podiumsdiskussion
Dr. Demyttenaere: Vielen Dank, Bernhard. Wir werden jetzt ein oder zwei Fragen aus der Diskussionsrunde haben und uns dann
Sarahs Präsentation über die hausärztliche Perspektive anhören.
Dr. Vieta: Ich habe eine Bemerkung. Wie Sarah vorher erwähnt hat, haben wir in vielen Ländern diese zwei Wege, über die
Patienten in das System kommen. Einer ist für Suchtmittelmissbrauch und der andere für Depression. Meiner Ansicht nach ist
in diesem Fall die Depression primär. Obwohl meine Antwort auf Ihre Frage war, dass ich alles behandeln würde, würde ich
es daher ehrlich gesagt wagen, zuerst nur die Depression zu behandeln. Ich würde die kognitiven Probleme nicht ignorieren,
da ansonsten dasselbe wie bei Stella passieren könnte, bei der wir die Depression, aber nicht die Kognition verbessert haben.
Dann würde ich eine Suchtberatung ausprobieren, um zu sehen, ob der Patient mit dem Trinken aufhören würde. Ich würde
nicht notwendigerweise einen Experten für Suchtmittelmissbrauch aufsuchen, sondern eher eine Beratung wie etwa eine
Psychotherapie, die sich darauf konzentriert, die Depression zu verbessern, und die gleichzeitig versucht, den Patienten davon zu
überzeugen, mit dem Trinken aufzuhören. Ich glaube, das funktioniert häufig bei Fällen wie diesem, bei dem der Patient nicht sein
ganzes Leben lang getrunken hat.
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Dr. Baune: Dem stimme ich zu. Guter Punkt.
Dr. Bromley: Ich möchte dazu sagen, dass wir im Moment nicht wissen, ob er abhängig ist. Wir wissen nur, dass er Alkohol trinkt,
und zwar mehr als ratsam wäre. Also könnte die Annahme, dass er alkoholabhängig ist, und zuerst diesen Weg einzuschlagen,
nicht das Beste für ihn sein.
Dr. Demyttenaere: Vielen Dank. Es ist mir eine Freude, Sarah dazu einzuladen, uns die hausärztliche Perspektive zu
kommentieren.
Die Behandlung von Pa/enten mit MDD und kogni/ver Dysfunk/on aus der Perspek/ve der Primärversorgung Sarah Bromley, MBChB Allgemeinmedizinerin; NaConale Medizinische Direktorin Offender Health Care UK Vereinigtes Königreich Dr. Bromley: Vielen Dank. Ich werde ein wenig über die Primärversorgung sprechen und darüber, wie wir Depressionen angehen
könnten.
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Offenlegungserklärung •  Für eine vollständige Liste der Offenlegungen konsul/eren Sie bi=e den Informa/onen über Autoren/Fakultätsmitglieder und Offenlegungserklärungen-­‐Link auf der Programmseite. Seite 51
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Rolle des Hausarztes im Vereinigten Königreich •  Erste PaCentenbeurteilung umfasst einen 10-­‐minüCgen Besuch •  Zur Beurteilung einer Depression mit einer kogniCven Komponente untersuchen wir auf: –  Beschreibung der Auswirkungen auf die alltägliche FunkCon durch den PaCenten, insbesondere der Auswirkungen auf die Arbeit (PaCenten beschweren sich häufig nicht direkt über kogniCve Probleme) •  Wir führen eine körperliche Ausgangsuntersuchung durch •  Wir behandeln eindeuCge Fälle einer Depression häufig ohne Überweisung an einen Psychiater •  Wir verfolgen PaCenten nach einer psychiatrischen Behandlung und überwachen die körperliche Gesundheit und Nebenwirkungen •  Wir zielen auf einen geteilten Behandlungsansatz ab, bei dem alle beteiligten PflegekräFe mit einbezogen sind Wie würden wir im Vereinigten Königreich mit Patienten umgehen, die depressiv sind? Eine erste Beurteilung eines Patienten
dauert normalerweise 10 Minuten, allerdings nehme ich mir persönlich immer etwas mehr Zeit. Das tun vermutlich auch viele
meiner Kollegen, da diese Patienten sehr komplex sein können und sich mit vielen komplexen Symptomen und Bedürfnissen
vorstellen. Meiner Erfahrung nach kommen sie nicht herein und sagen „Ich habe dieses und jenes Symptom einer Depression.“
Sie kommen mit einem Leben, das in die Brüche geht, und in dem vieles schrecklich schief läuft. Das zu entwirren, kann sehr
schwierig sein.
Frühere Probleme mit ADHS und Hirnverletzungen wurden als mögliche Faktoren erwähnt. Als Hausärzte sind wir häufig in der
einzigartigen Position, diese Krankengeschichte zu kennen und haben daher einen gewissen Einblick. Wir können einige dieser
Diskussionen abkürzen, wenn wir die Familiengeschichte und die Krankengeschichte des Patienten kennen.
Ich glaube, viele Systeme verwenden im Zusammenhang mit Depressionen mittlerweile Bewertungsskalen für Depressionen.
Im Vereinigten Königreich ist die am häufigsten verwendete Skala der Fragebogen zur Patientengesundheit mit 9 Elementen
(PHQ-9). Dazu gehört eine Frage zur Konzentration und zur Fähigkeit zu denken, und sich frei bewegen zu können und so weiter.
Viele Menschen klagen häufig nicht direkt über diese Dinge. Ich vermute, dass viele meiner Kollegen unter den Hausärzten
diese Beurteilung durchführen, ohne wirklich alle Konsequenzen zu durchdenken. Das ist vermutlich etwas, was wir häufiger
ansprechen müssen, obwohl ich glaube, dass die Funktionsfähigkeit etwas ist, das die Primärversorgung sich sehr gut ansieht. Wir
verstehen, wenn das Leben und die Arbeit unserer Patienten kompliziert wird.
Eine körperliche Ausgangsuntersuchung kann sehr wichtig sein, insbesondere in Hinblick auf Komorbiditäten. Bislang haben wir
über psychiatrische Komorbiditäten gesprochen, aber natürlich können ältere Patienten andere Komorbiditäten haben. Wir haben
eine Tendenz, viele Medikamente zu verschreiben, die Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Patienten haben können,
insbesondere auf ihre kognitive Funktionsfähigkeit. Es ist sehr wichtig, eine gründliche Prüfung aller ihrer Verschreibungen
vorzunehmen. Wenn Sie jemanden haben, der 10 oder 15 Medikamente einnimmt, kann das wirklich schwierig sein. Das ist bei
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Herzkrankheiten und anderen Erkrankungen zunehmend so, die ein immer häufigeres Szenario sind. Es ist wirklich wichtig, dass
die körperliche Untersuchung darüber hinaus geht, einfach nur Bluttests durchzuführen, und sich das vollständige Bild dieses
einzelnen Patienten ansieht.
Wie ich vorher erwähnt habe, würden im Vereinigten Königreich viele von uns eine Depression ohne eine Überweisung an einen
Psychiater behandeln. Es hängt in großem Maße vom Hausarzt ab und die Psychiater, mit denen ich gearbeitet habe, könnten mir
eine Liste von den Hausärzten geben, die sich für die psychische Gesundheit interessieren, und von denen, die das nicht tun. Ich
bin mir sicher, dass viele von Ihnen diese Erfahrung in der Zusammenarbeit mit der Primärversorgung bei Ihnen vor Ort gemacht
haben, aber viele von uns würden die Depression behandeln. Die Idee einer Zusammenarbeit zwischen der Primärversorgung
und dem Psychiater und dem psychiatrischen Gesundheitsdienst ist sehr wichtig. Hausärzte spielen eine wichtige Rolle dabei, die
Patienten weiterhin zu begleiten, während diese gemeinsam mit Psychiatern behandelt werden. Ich glaube, dass wir gemeinsam
besser sind.
Überweisung zur Beurteilung durch einen Facharzt •  Überweisung an eine lokale fachärztliche Abteilung, wenn: –  Symptome der Depression anhalten –  Moderate/schwere psychosoziale/soziale/schulische/
berufliche BeeinträchCgungen resulCeren –  Verdacht einer psychiatrischen Komorbidität besteht –  Bedenken über die Diagnose oder die Behandlungsantwort auFreten Wir haben ein wenig über die Überweisung gesprochen. Wir haben über das Selbstmordrisiko gesprochen, und dass dies ein
wichtiger Faktor bei der Entscheidung für eine Überweisung ist. Hausärzte werden sich in dem Grad ihrer Risikotoleranz und
des Selbstvertrauens unterscheiden. Da ich so lange in Gefängnissen gearbeitet habe, ist meine Toleranz vermutlich sehr hoch,
vielleicht unangemessen hoch. Ich muss dafür sorgen, dass ich nicht zu selbstgefällig werde, da Selbstverletzungen bei einer
Häftlingspopulation ein verbreitetes Problem darstellen. Dahingegen werden manche Hausärzte eine sehr niedrige Schwelle
haben und den Patienten beim ersten Anzeichen von Selbstmordgedanken zum Psychiater schicken. Es wird von Hausarzt zu
Hausarzt verschieden sein. Ich glaube, die meisten Hausärzte würden überweisen, wenn die Symptome andauern. Wenn es eine
deutliche Beeinträchtigung gibt, Patienten nicht funktionieren und sich ihr Zustand nicht bessert, würden wir eine Überweisung
erwägen. Psychiatrische Komorbiditäten führen häufig zu einer Überweisung. Während unseres Gesprächs ist mir eingefallen,
dass es uns tatsächlich manchmal ziemlich nerven kann, wenn es einem Patienten ein wenig besser geht, er aber immer noch zu
uns kommt und sagt „Das Leben ist schlecht.“ Manchmal ärgern wir uns über Patienten, wenn sich ihr Zustand nicht verbessert,
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obwohl wir das erwarten. Ich glaube, manchmal ist es das Beste für den Patienten, ihm dies mitzuteilen, und manchmal ist das
auch für uns das Beste, die Belastung ein wenig zu teilen.
Themen für das Gespräch mit dem Pa/enten •  Personen-­‐zentrierter Ansatz –  Was wollen MarCn und Stella? –  Welche Ziele haben sie? –  Was wollen sie/erwarten sie von der Behandlung? •  OpConen für die Behandlung –  AnCdepressiva –  KogniCve Verhaltenstherapie, BeschäFigungstherapie •  Welche anderen Bedürfnisse haben die PaCenten? –  Alkoholmissbrauch, LebenssClfaktoren wie Ernährung und Bewegung ansprechen –  Hat der PaCent Begleiterkrankungen, die eine weitere Beurteilung/
Behandlung erfordern? –  PrävenCon •  Wird eine psychologische Unterstützung benöCgt? Es wird immer wichtiger, dass wir in unserem gesamten Gesundheitssystem einen patientenzentrierten Ansatz wählen. Wir
haben darüber geredet, was wir als Ärzte tun würden. Aber was wollen eigentlich Martin und Stella? Was hat für unsere Patienten
die höchste Priorität, wenn sie zu uns kommen? Manchmal stimmen ihre wichtigsten Prioritäten überhaupt nicht mit unseren
überein. Wenn wir das herausfinden, kann uns das helfen, ein wenig besser zu verstehen, warum sie sich nicht bemühen und die
Behandlung nicht annehmen, die wir ihnen anbieten. Vielleicht haben wir ihre Bedürfnisse nicht verstanden.
Eine kognitive Störung kann die Fähigkeit eines Patienten beeinträchtigen, seine Tabletten zur vorgeschriebenen Zeit
einzunehmen, zu abgemachten Terminen zu erscheinen und bei komplexen Therapien mitzumachen. Wir haben hohe
Erwartungen und manchmal werden wir ein wenig ärgerlich, wenn die Patienten nicht das tun, worum wir sie beten. Wenn
eine MDD die kognitive Funktionsfähigkeit eines Patienten beeinträchtigen kann, dann sollten wir mit einigen dieser Probleme
rechnen und uns darauf einstellen. Schriftliche Informationen könnten wichtig sein, sodass der Patient eine Erinnerung daran hat,
was ihm gesagt wurde. Es gibt auch andere Techniken, die wir verwenden können.
Die Behandlungsoptionen sind offensichtlich verschieden und werden auch davon abhängen, was vor Ort verfügbar ist. Im
Vereinigten Königreich gibt es seit zehn Jahren ein Programm für psychologische Therapien, das den Zugang zur Psychologie
stark erhöht hat, insbesondere zur KVT, da dies die Behandlung der Wahl der Regierung ist. Das war sehr hilfreich, denn es gibt
jetzt viel mehr Optionen, zu denen wir unsere Patienten überweisen können. Aber es gibt auch andere Bedürfnisse. Wir haben
Alkoholmissbrauch diskutiert, aber es gibt viele andere Lebensstilfaktoren, die wir zur Sprache bringen und diskutieren müssen.
Die Ernährung kann sehr wichtig sein. Wenn jemand nicht gut isst, dann wird er sich schlecht fühlen. Es könnte wichtig sein, sich
gesunde Ernährungsoptionen anzusehen. Körperliche Betätigung ist ebenfalls wichtig, und es sollte erkundet werden, welche
Möglichkeiten für den Patienten vor Ort zur Verfügung stehen.
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Wir haben über Begleiterkrankungen und psychosoziale Unterstützung gesprochen. Wir haben vorher die Beratung erwähnt, und
es kann sehr wichtig sein, den Patienten insbesondere bezüglich des Suchtmittelmissbrauchs Unterstützung zu gewährleisten.
Ganzheitlicher Ansatz •  InformaConen über lokale Dienste zur Verfügung stellen: –  Lokale freiwillige Gruppen/Selbsthilfegruppen •  Webseiten und Apps •  SchriFliche InformaConen über Depressionen –  Diagnose, Behandlung und Leben mit Depressionen •  Ernährung und Bewegung –  Gesunde und ausgewogene Ernährung •  Beziehungen und Unterstützungsmechanismen Es geht um einen ganzheitlichen Ansatz. Es geht nicht einfach nur um das medizinische Modell „Wir machen dies mit Ihnen,
damit es Ihnen besser geht.“ Es gibt in den lokalen Gemeinden viele unterstützende Aktivitäten. Das variiert je nach Region, aber
freiwillige Gruppen können eine große Rolle dabei spielen, Patienten bei der Genesung von einer Depression zu unterstützen. Es
gibt auch viele Webseiten und Apps, die Patienten verwenden können. Es lohnt sich, sich damit vertraut zu machen, sodass wir
unseren Patienten raten können, diese zu verwenden.
Ich habe schriftliche Informationen erwähnt und im Kontext der kognitiven Funktionsfähigkeit ist es wichtig, dass die
Informationen, die den Patienten gegeben werden, ausgewogen sind, denn viele Patienten haben eine negative Wahrnehmung
von dem, was sie durchmachen. Alles Negative, das wir ihnen sagen, könnte sehr ernst genommen werden und zu Grübeleien
Anlass geben, sodass wir darauf achten müssen, unseren Patienten in den Informationen ein ausgewogenes Bild zu geben.
Ich glaube, etwas, das wir auch häufig vergessen, sind die Beziehungen der Patienten, denn niemand lebt auf einer einsamen
Insel. Wir alle haben Beziehungen und selbst in unseren Gefängnissen haben unsere Häftlinge Beziehungen untereinander und
mit den Gefängnisaufsehern, selbst wenn sie die Beziehung mit ihrer Familie nicht aufrecht erhalten können. Es ist sehr wichtig,
dem sowie den Auswirkungen, die das auf ihre depressiven Symptome und ihre Funktionsfähigkeit hat, etwas Aufmerksamkeit zu
schenken.
Lassen Sie uns nun mit der Podiumsdiskussion fortfahren. Vielen Dank!
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Podiumsdiskussion Dr. Demyttenaere: Vielen Dank, Sarah Ist es für einen Hausarzt einfacher, einen Patienten an einen Psychologen oder an einen
Psychiater zu überweisen, oder macht das keinen Unterschied?
Dr. Bromley: Im Vereinigten Königreich ist es ziemlich schwierig, jemanden an einen Psychologen zu überweisen. Im Improving
Access to Psychological Therapies (IAPT) genannten Programm des staatlichen Gesundheitsdienstes werden einige Teams
von Psychologen geleitet, aber die meisten beteiligten Therapeuten sind auf KVT spezialisiert. Ich vermute, dass dies nur im
Vereinigten Königreich so ist, wo IAPT-Mitarbeiter auf bestimmte Therapien spezialisiert sind, aber sich vielleicht nicht mit dem
breiten Spektrum an psychologischen Therapien auskennen, die ein Psychologe kennen würde. Mittlerweile ist es einfach, einen
Patienten zu einer psychologischen Therapie zu überweisen, aber nicht an einen Psychologen. Zudem ist es im Vereinigten
Königreich nicht einfach, einen Patienten an einen Psychiater zu überweisen, da Sie ihn an ein psychiatrisches Gesundheitsteam
überweisen müssen. Der Patient wird durch eine psychiatrisch geschulte Krankenschwester beurteilt, und die Überweisung an
einen Psychiater hängt davon ab, ob er in dieser Beurteilung als geeignet bestimmt wird.
Dr. Demyttenaere: Als Erinnerung, im Vereinigten Königreich gibt es eine anhaltende Debatte über die Beschränkung auf die
KVT. Wenn Sie Medizinstudenten fragen, welches die angemessenste Psychotherapieform für Depressionen ist, werden sie KVT
oder interpersonelle Therapie (IPT) antworten. Wenn Sie sich die Metaanalysen ansehen, die in den Niederlanden von Cuijpers,
einem niederländischen Psychologen, veröffentlicht wurden, dann gibt es fast keinen Unterschied zwischen den verschiedenen
Psychotherapieformen.[6,8] Es ist gut, sich das zu vergegenwärtigen.
Dr. Vieta: Die Unterschiede zwischen den Ländern sind sehr interessant. Beim Vereinigten Königreich handelt es sich um einen
sehr spezifischen Fall. In Spanien und besonders in meiner Region, Katalonien, haben wir ein System, das ich ziemlich gut finde,
bei dem wir Spezialisten in die Primärversorgung schicken, um den Hausärzten dabei zu helfen, eine bessere Auswahl zu treffen,
wer zu einem Psychiater oder einem Spezialisten geschickt werden sollte. Dr. Cavero, die hier vorne im Publikum sitzt, ist unsere
Expertin in Barcelona und hat in meinem Krankenhaus diese Funktion inne. Jeden Tag geht sie woanders hin, um Hausärzten
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bei der Auswahl der richtigen Patienten zu helfen, denn ansonsten stützt sich die Wahl nicht notwendigerweise auf das, was am
hilfreichsten sein könnte. Sie beruht auf dem, was der Hausarzt denkt, und das ist nicht unbedingt dasselbe.
Dr. Bromley: Ich stimme dem zu. Ich würde das Modell gerne häufiger im Vereinigten Königreich sehen. Wir haben es in den
Gefängnissen, wahrscheinlich aufgrund der Art der Arbeit dort, aber in der Primärversorgung sehen wir es nicht so häufig. Ich
glaube, es ist ein hervorragendes Modell, da es uns auch weiterbildet. Ich werde bei dem, was ich mache, besser, wenn ich mit
einem Facharzt spreche. Außerdem benötigt der Patient manchmal keine Überweisung, sondern ich brauche nur einen Rat, und
dann kann ich den Facharzt fragen. Es ist ein hervorragendes Modell.
Dr. Demyttenaere: Ich habe eine Frage an Eduard und Bernhard. Ich glaube, es gibt weltweit eine Tendenz zu einer engeren
Zusammenarbeit zwischen Psychologen, Hausärzten und Psychiatern. Würde dies das Ende der Psychotherapie als Teil der Arbeit
eines Psychiaters bedeuten?
Dr. Baune: Ich glaube nicht, dass das der Fall ist. In Deutschland, wo ich ausgebildet wurde, werden sie gleichzeitig Psychiater
und Psychotherapeut. Daher spielen beide bei der Ausbildung und in der klinischen Praxis eine wesentliche Rolle, sei es
im Universitätskrankenhaus oder in der Privatpraxis. Die Situation der Psychotherapie in Privatpraxen ist in Deutschland
aufgrund der schlechten Bezahlung frei praktizierender Psychiater vielleicht ein wenig anders. Sie profitieren vielleicht von der
zeitaufwändigeren Psychotherapie finanziell nicht soviel wie von der kurzfristigen Behandlung einer großen Zahl von Patienten.
Dagegen gibt es in Australien eine klare Abgrenzung zwischen der Psychiatrie und der Psychologie; ein Psychiater soll keine
Psychotherapie durchführen. Das System in Australien funktioniert ziemlich gut, da jede Hausarztpraxis einen Psychologen
angeschlossen hat. Wenn Sie eine Überweisung von einem Hausarzt zu einem Psychiater haben und Sie als Psychiater
entscheiden, dass Sie für den Patienten eine Psychotherapie haben, diese aber selbst nicht durchführen wollen (oder Sie denken,
Sie sollten dies aufgrund der Vorschriften nicht tun), dann können Sie den Patienten einfach zurücküberweisen, und er erhält die
Therapie vermutlich innerhalb von 4 bis 6 Wochen.
Dr. Vieta: Es hängt von der Definition der Psychotherapie ab. Ich glaube, alle von uns führen eine Art Psychotherapie durch, sogar
die Hausärzte, und das ist sehr hilfreich. Um die Beziehung mit dem Patienten aufzubauen, benötigen Sie eine Art Psychotherapie.
Allerdings gibt es sehr spezifische Psychotherapieformen, die von einem Psychologen durchgeführt werden müssen, zumindest
im öffentlichen Sektor. Zum Beispiel gibt es die kognitive Remediation, bei der es sich um eine sehr spezialisierte Intervention
handelt. Ein Psychiater oder eine Krankenschwester können geschult werden, diese durchzuführen, aber diese sehr spezifischen
Psychotherapieformen gehören mehr in die Domäne der Psychologen. Ansonsten führen wir auch Psychotherapie durch und
sollten das auch tun.
Dr. Demyttenaere: Wir haben aus dem Publikum eine Frage über den Stellenwert neurokognitiver Tests. Ich glaube, das wurde
zum Teil schon beantwortet. Welche Bedeutung sollten neurokognitive Tests bei unseren Patienten haben? Der Zuschauer weist
darauf hin, dass bei ADHS viele Tests durchgeführt werden. Nur als Erinnerung: In meiner Einleitung habe ich darauf hingewiesen,
dass ungefähr 40 % der Patienten mit MDD klinisch bedeutsame kognitive Symptome haben, und nur die Hälfte von ihnen davon
subjektiv berichten wird.[9] Das bedeutet, dass insgesamt ein Drittel der Patienten subjektive, ein Drittel nur objektive und etwa
ein Drittel sowohl subjektive als auch objektive Beschwerden hat. Welche Rolle würden neurokognitive Tests im Praxisalltag
einnehmen?
Dr. Vieta: Ich glaube, es gibt 3 Punkte, die bei Depressionen vernachlässigt wurden. Einer sind sexuelle Nebenwirkungen, über
die wir hier nicht sprechen werden. Ein anderer ist Selbstmord, wozu wir Fragen stellen sollten, und wenn wir das versäumen,
ist das ein großer Fehler. Wir sollten immer nach diesen Dingen fragen. Der letzte Punkt ist die Kognition, und weil dies ein
vernachlässigter Bereich ist, glaube ich, dass wir uns in Richtung einer Beurteilung der Kognition bewegen sollten. Das ist meine
Ansicht. Ich verstehe, dass es viele praktische Nuancen gibt, aber ich bin für ein kognitives Screening.
Dr. Baune: Ich stimme Ihnen voll und ganz zu. Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen und sagen, dass wir die
Funktionsfähigkeit bei unseren Patienten auf eine objektivere Weise beurteilen müssen, statt sie nur zu fragen, wie es Ihnen geht,
wie sie sich fühlen und diese allgemeinen Fragen zu stellen. Ich glaube, wir brauchen funktionelle Beurteilungen, und ich würde
sagen, dass die Kognition ein Teil davon ist, obwohl sie sich auch auf andere Bereiche bezieht.
Dr. Demyttenaere: Ich möchte darauf zurückkommen, was Eduard gesagt und was Bernhard schon in seiner Präsentation
nahegelegt hat, da es auch als Frage aus dem Publikum kam: Wie sollten Sie das Selbstmordrisiko beim zweiten Fall genauer
beurteilen?
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Dr. Baune: Mit dem Selbstmordrisiko hat man sich im zweiten Fall nur sehr kurz in Form einer Indikation für die Überweisung
vom Hausarzt zum Psychiater befasst. Im Fall des Psychiaters müssen wir erkunden, ob es eine akute Aktivität gibt, wie das Planen
von Selbstmordversuchen. Ich glaube, es ist wichtig, zwischen Lebensmüdigkeit und einem höheren Risiko zu unterscheiden.
Es ist wichtig, dies anzusprechen, denn wenn wir mit der Behandlung beginnen und sich der Zustand des Patienten durch die
Medikation oder andere Umstände bessert, kann das tatsächlich das Selbstmordrisiko erhöhen. Wir müssen darüber eine offene
Diskussion mit den Patienten führen.
Dr. Demyttenaere: Ich stimme dem ganz und gar zu. Der Patient sagte, er würde über das Seil, das er gesehen hat, nachdenken.
Einerseits sagt er, dass ihm seine Gedanken darüber Angst einjagen. Diese Gedanken sind negativ zu bewerten. Positiv zu
bewerten ist, dass er sofort spontan gesagt hat, dass er nie „so etwas Verrücktes“ tun würde. Beides sollte genauer untersucht
werden.
Dr. Vieta: Wir haben diese Fälle für die Vignetten vorbereitet, aber es gibt tatsächlich 2 ungewöhnliche Punkte. Der Patient
berichtet von sich aus, dass er zu viel trinkt, und dass er über Selbstmord nachdenkt. Viele Patienten tun das nicht, und es ist
unsere Aufgabe, das herauszufinden.
Dr. Demyttenaere: Lassen Sie uns nun mit dem Problem der beruflichen Leistungsfähigkeit fortfahren. Wir haben das Thema
schon angesprochen, und ich würde gerne Ihre Meinung dazu hören, da wir dazu auch eine Frage aus dem Publikum haben. Wie
entscheiden Sie die Frage, ob ein Patient krankgeschrieben werden sollte oder nicht? Sarah, wenn Sie einen Patienten mit einer
Depression haben, insbesondere mit kognitiven Symptomen einer Depression, was leitet Ihre Entscheidung, einen bestimmten
Patienten krankzuschreiben?
Dr. Bromley: Ich glaube, das ist eine sehr schwere Entscheidung. In meiner eigenen Praxis führe ich letzten Endes ein Gespräch
mit dem Patienten darüber, was für ihn richtig ist. Ich lasse mich häufig davon leiten. Bei einigen Menschen ist der Arbeitsdruck
so stark und belastend, dass es die richtige Wahl ist, die Arbeit für einen Zeitraum zu unterbrechen, weil sie Abstand brauchen.
Dennoch stellen wir zunehmend fest, dass Arbeit gut für die Gesundheit ist. Im Großen und Ganzen vermittelt sie einen Sinn,
und es ist gut, herauszukommen und etwas zu erreichen oder zu tun. Ich glaube, wir haben Patienten mit Depressionen zu
schnell krankgeschrieben, und wir müssen damit eigentlich vorsichtiger sein. Ich hatte Patienten, die nicht mehr zum Hausarzt
gegangen sind, weil sie Angst hatten, dass er sie krankschreiben würde. Es gibt das Problem des Stigmas. Es gibt immer noch viele
Menschen, die glauben, dass Sie nicht befördert werden, wenn sie die Diagnose Depression in ihrer Krankengeschichte haben,
und wenn sie krankgeschrieben waren. Sie werden nicht vorankommen. Wenn sie ihre Arbeit verlieren, werden sie keine andere
Stelle finden. Ich glaube, alle diese Dinge sind es wert, untersucht und verstanden zu werden, bevor die Entscheidung für eine
Krankschreibung getroffen wird.
Dr. Baune: Wir müssen eine Kultur schaffen, die das Gespräch zwischen Ärzten und Arbeitgebern fördert, um eine allmähliche
Rückkehr an die Arbeit oder für einen gewissen Zeitraum eine Teilzeitarbeit möglich zu machen. Wir müssen darüber sprechen,
dass eine Krankheit vorliegt, die einer Behandlung bedarf. Das ist gut für den Patienten, weil er seine Produktivität nicht verliert,
und es ist gut für den Arbeitgeber, weil er nicht jemanden hat, der krankgeschrieben ist. Es ist tatsächlich eine Win-win-Situation,
und ich glaube, das ist es, was wir diskutieren und in Hinblick auf eine Kultur weiter entwickeln müssen.
Dr. Demyttenaere: Wieder einmal gibt es hier Unterschiede zwischen den Ländern. Wer sich für das Thema interessiert: Es
gibt eine interessante klinische Veröffentlichung von Bilsker und Kollegen darüber, was uns leiten sollte, wenn wir jemanden
krankschreiben.[10] Ich kann Sie Ihnen sehr empfehlen.
Lassen Sie uns zu dem Fall von Alkohol und Kognition zurückkehren. Bernhard, könnten Sie uns kurz die Auswirkungen von
Alkohol auf die Kognition kommentieren?
Dr. Baune: Wenn wir alle Alkohol trinken, haben wir eine Abnahme um 0,5 Standardabweichungen aufgrund der direkten
Auswirkungen des Alkohols auf unsere Kognition. Das ist eine Auswirkung. Wenn es einen eher chronischen Alkoholkonsum gibt,
wie wir das in diesem bestimmten Fall annehmen können, ist dies für das Gehirn toxisch, da Alkohol schädliche Auswirkungen auf
die weiße Substanz hat, insbesondere auf die Astrozyten und Oligodendrozyten.[11] Als Folge des chronischen Alkoholkonsums
kommt es zu strukturellen und zellulären Veränderungen. Daher glaube ich, dass es sehr wichtig ist, Alkohol als potenziellen
Mitverursacher kognitiver Dysfunktion kurzfristig und langfristig zu prüfen. Es wird dann auch recht wichtig, dies diagnostisch mit
einer MRT, CT oder anderen Untersuchungen zu verfolgen.
Dr. Demyttenaere: Wir haben aus dem Publikum eine weitere Frage zur Behandlung. Bei den Behandlungsoptionen beim
ersten Fall gab es einen Wechsel von Escitalopram zu Venlafaxin. Ein Zuschauer fragt, wie es mit der Verwendung von Vortioxetin
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aussieht. Würden Sie darauf umstellen oder würden Sie es sogar als ergänzende Medikation verwenden, um die kognitiven
Symptome bei einem Patienten zu verbessern, der SNRIs oder SSRIs mit einer nur teilweisen Remission oder mit verbleibenden
kognitiven Symptomen einnimmt?
Dr. Vieta: Bislang wurden zu Vortioxetin zwei große klinische Studien durchgeführt sowie eine Studie bei älteren Patienten, die
zusätzlich zur antidepressiven Wirkung positive Auswirkungen auf die Kognition gezeigt haben.[3,12,13] Es gibt nun laufende Studien,
um beurteilen zu können, ob ein Wechsel zu Vortioxetin in Fällen wie dem von Stella eine bessere Option wäre. Es gibt auch eine
Studie zu Vortioxetin als Ergänzungspräparat zu einem Antidepressivum. Wir müssen die Ergebnisse dieser laufenden Studien
abwarten.
Dr Baune: Es gibt eine weitere Studie, die für Stellas Fall relevant ist. Diese wird mit Patienten durchgeführt, die in, wie wir das
nennen, Remission sind, deren Depression sich verbessert hat, die aber immer noch einige kognitive Probleme haben. Diese
Studie untersucht, ob Vortioxetin diese Symptome lindern würde. Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Frage.
Dr. Demyttenaere: Eduard, könnten Sie kurz die Bedeutung kognitiver Symptome kommentieren, und ob sie bei der
Unterscheidung zwischen unipolarer und bipolarer Depression helfen?
Dr. Vieta: Das Profil der kognitiven Störung von Patienten mit Schizophrenie, bipolarer Störung und Depression ist ähnlich;
es unterscheidet sich quantitativ, jedoch nicht qualitativ. Kognition ist eine separate Dimension, daher können wir diese
Differenzialdiagnosen nicht auf Basis der Kognition durchführen, obwohl Kognition ein echtes Problem ist, nicht nur bei
Schizophrenie, was weithin angenommen wird, sondern auch bei bipolarer Störung und Depression. Wir haben ein funktionelles
Remediationsprogramm für bipolare Störungen, und ich glaube, wir testen es gerade bei unipolarer Depression. Ich glaube,
funktionelle Remediaton und kognitive Remediation könnten dahingehend hilfreich sein.
Zuschauer: Wann würden Sie den Patienten nach dem Behandlungsbeginn mit einem Antidepressivum erneut beurteilen und
ihn zu einer Nachuntersuchung bestellen? Ich frage mich, ob es einen Unterschied zwischen der Primärversorgung und der
Psychiatrie aufgrund von Problemen wie Selbstmordgefahr usw. gibt?
Dr. Bromley: Im Vereinigten Königreich gibt es die Richtlinien des National Institute for Health and Care Excellence (NICE),
die genau befolgt werden müssen. Sie schreiben uns vor, Patienten nach zwei Wochen erneut zu beurteilen.[14] Die meisten
Hausärzte haben das vermutlich übernommen. Sie könnten jemanden häufiger untersuchen, wenn Sie sich große Sorgen über
das Selbstmordrisiko machen. Ich würde den Patienten nach zwei Wochen wiedersehen, nur um sicherzustellen, dass er immer
noch seine Tabletten einnimmt und sie nicht aufgrund der Nebenwirkungen abgesetzt hat. Dann würde ich ihn noch einmal nach
vier Wochen sehen, um die Auswirkungen der Behandlung zu beurteilen, und dann weitere acht Wochen danach. Das wäre mein
Routinevorgehen.
Dr. Baune: In der klinischen Praxis in der Psychiatrie würde ich sagen, dass wir nach 1 bis 2 Wochen erneut beurteilen.
Dr. Vieta: Ich würde sagen, dass dies der Fall ist.
Zuschauer: Ich glaube, Sarah hat bereits darauf hingewiesen. Ich weiß, dass dies eine begrenzte Vignette ist, aber es hört sich so
an, als ob es hier einen gewissen Alkoholmissbrauch gab. Beim Management dieses Falls würde ich berücksichtigen, dass dieser
Patient Selbstmedikation betrieben hat, da er vermutlich den Alkohol verwendet hat, um seine Schlaflosigkeit zu behandeln. Er
war womöglich in einem Teufelskreis gefangen, daher glaube ich, dass die Behandlung der Schlaflosigkeit hier entscheidend sein
könnte.
Dr. Bromley: Es gibt Behandlungen für Schlaflosigkeit ebenso wie für Schmerzen, die reale Faktoren im Leben von Patienten
sein können. Ich wollte hinzufügen, dass Menschen Selbstmedikation mit Alkohol und Drogen betreiben, aber wir beobachten
zunehmend, dass es einen Anstieg von Problemen mit dem Missbrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten gibt. Das
ist ein zunehmendes Problem, da Menschen sie mehr und mehr verwenden. Das ist ein ganz anderes Thema, aber es ist etwas, das
wir häufig beobachten.
Dr. Demyttenaere: Wir haben einen letzten Kommentar von jemandem aus dem Publikum über die Individualisierung der
Behandlung für jeden einzelnen Patienten, und jeder Patient wird ein persönliches Ziel haben, das er für sein Wohlbefinden
erreichen möchte. Das ist eine gute Zusammenfassung.
Dr. Vieta: Wir müssen die Richtlinien lernen und mit ihnen vertraut sein, und dann müssen wir sie an die individuelle Behandlung
der Patienten anpassen.
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Abschließende Bemerkungen Koen Demy=enaere, Dr. med., PhD Akademischer Vorsitzender Universitätszentrum für Psychiatrie; Professor für Psychiatrie; Abteilung für Medizin Katholieke Universiteit Leuven Leuven, Belgien; MiCnhaber, Fortune SCFungsvorsitz (Ga voor Geluk), Belgien Dr. Demyttenaere: Ich werde nun zum Schluss kommen. Wir hatten ein Symposium mit zwei Fallvignetten zur Demonstration der
kognitiven Symptome. Wir können sehen, wie wichtig sie für die Patienten sind und dann, was von den Fragebögen abgedeckt
wird, die von den Aufsichtsbehörden gefordert werden.
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Die Erwartungen der Pa/enten an die Behandlung mit An/depressiva Die 10 wichCgsten Punkte für PaCenten bei der Heilung der Depression 1. Inwieweit hat das Leben einen Sinn? 2. Wie viel Freude haben Sie am Leben? 3. Wie zufrieden sind Sie mit sich selbst? 4. Wie gut können Sie sich konzentrieren? 5. NegaCve Gefühle: Melancholie, Verzweiflung, Angst 6. Müdigkeitsgefühl oder Antriebslosigkeit 7. Gefühl der Niedergeschlagenheit, Depression oder Hoffnungslosigkeit 8. Gefühl der Stärke 9. Wie zufrieden sind Sie mit Ihren persönlichen Beziehungen? 10. Gefühl der Lebendigkeit DemyYenaere K, et al. J Affect Disord. 2015;174:390-­‐396. Diese Folie zeigt die Ergebnisse einer unserer Studien zu den Erwartungen der Patienten an die Behandlung mit Antidepressiva.
Das sind die Top 10 der Patienten. Ich kann Ihnen versichern, dass Sie, wenn Sie den Ärzten dieselbe Frage stellen würden, eine
ganz andere Antwort erhalten würden. Dies ist, was Patienten von der Behandlung der Depression erwarten. Der erste Punkt ist:
Inwieweit ergibt das Leben einen Sinn? Dieser findet sich nie in den Fragebögen, aber er ist den Patienten sehr wichtig. Haben
sie das Gefühl, dass ihr Leben einen Sinn ergibt, und dass sie anderen Menschen wichtig sind usw.? Der zweite Punkt ist: Wie
viel Freude haben Sie am Leben? Der dritte: Wie zufrieden sind Sie mit sich selbst? Nummer vier ist: Wie gut können Sie sich
konzentrieren? Es könnte hilfreich sein zu wissen, dass diese Top 4 nicht in unseren Skalen vorkommen, aber für die Patienten sind
sie die wichtigsten.
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Kogni/ve Störungen bei MDD • 
KogniCve Störungen sind eine Komponente der Depression • 
Sie haben große Auswirkungen und beeinträchCgen viele Lebensbereiche von sozialen Beziehungen bis zur Arbeit • 
KogniCve Störungen bei MDD können diffus sein, die Testleistung von PaCenten ist heterogen, es gibt kein einheitliches Muster der DysfunkCon • 
Andere Begleiterkrankungen können die KogniCon beinträchCgen und sollten bei der Diferenzialdiagnose und Berurteilung berücksichCgt werden Was wir heute gelernt haben ist, dass kognitive Symptome eine wichtige Komponente von Depressionen und bei ungefähr 40 %
der Patienten mit MDD klinisch bedeutsam sind.[9] Sie haben weitreichende Folgen, die sie viele Lebensbereiche betreffen, von
sozialen Beziehungen über Partnerschaften bis zur Arbeit. Kognitive Beeinträchtigungen können bei MDD-Patienten diffus sein,
und nicht alle werden davon berichten. Einige Patienten haben objektive und andere subjektive Störungen und ungefähr ein
Drittel haben beides. Es war auch gut, darauf hinzuweisen, dass kognitive Symptome von anderen Ursachen herrühren können,
so z. B. Alter, Alkoholmissbrauch, Hinverletzungen usw. Wir müssen bei Patienten mit Depressionen also auch andere Ursachen für
die kognitiven Symptome erwägen. Sie stammen nicht immer allein von der Depression.
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Kogni/ve Störungen bei MDD (Fortsetzung) • 
Es gibt pharmakologische und nicht-­‐pharmakologische OpConen, die kogniCve Störungen bei PaCenten mit MDD ansprechen • 
Ärzte müssen ihre PaCenten auf kogniCve Störungen untersuchen Es gibt pharmakologische und nicht-pharmakologische Optionen, die kognitive Störungen bei Patienten mit MDD ansprechen.
Ärzte müssen diese Patienten auf kognitive Störungen untersuchen, so wie das in den zwei Fallvignetten, die wir Ihnen vorgestellt
haben, gezeigt wurde.
Als Erstes möchte ich mich bei den Experten für ihre exzellenten Kommentare zu den Fallvignetten und ihre großartigen
Antworten auf die Fragen bedanken. Vielen Dank für die Teilnahme an dieser Schulung.
Dieses Transkript wurde hinsichtlich Stil und Verständlichkeit überarbeitet.
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Referenzen
1. Papakostas GI, Fava M. Pharmacotherapy for Depression and Treatment-resistant Depression. World Scientific Publishing
Company, Singapore, 2010.
2. Schneider E, Linden M, Weigmann H, Wagner T, Quail D, Hundemer HP, Hegerl U. Early reduction in painful physical symptoms
is associated with improvements in long-term depression outcomes in patients treated with duloxetine. BMC Psychiatry.
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3. McIntyre RS, Lophaven S, Olsen CK. A randomized, double-blind, placebo-controlled study of vortioxetine on cognitive
function in depressed adults. Int J Neuropsychopharmacol. 2014;17:1557-1567.
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depression: a meta-analysis. Clin Psychol Rev. 2012;32:280-291.
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unaccounted source of variance in clinical trials. J Clin Psychiatry. 2008;69:1122-1130.
10. Bilsker D, Wiseman S, Gilbert M. Managing depression-related occupational disability: a pragmatic approach. Can J Psychiatry.
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11. de la Monte SM, Kril JJ. Human alcohol-related neuropathology. Acta Neuropathol. 2014;127(1):71-90.
12. Mahableshwarkar AR, Zajecka J, Jacobson W, Chen Y, Keefe RS. A randomized, placebo-controlled, active-reference,
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13. Katona C, Hansen T, Olsen CK. A randomized, double-blind, placebo-controlled, duloxetine-referenced, fixed-dose study
comparing the efficacy and safety of Lu AA21004 in elderly patients with major depressive disorder. Int Clin Psychopharmacol.
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14. National Institute for Health and Care Excellence. Depression in adults: The treatment and management of depression in
adults. NICE guidelines [CG90]. October 2009. https://www.nice.org.uk/guidance/cg90, Accessed September 24, 2015.
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Abkürzungen
ADHS = Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung
ASRS = 18-question Adult ADHD Self-Report Scale (Instrument zur Diagnose von ADHS)
CT = Computertomographie
DSM-5 = Handbuch zur Diagnose und statistischen Erfassung psychischer Störungen. 5. Auflage
DSST = Digital Symbol Substitution Test
FAST = Functional Assessment Staging
IAPT = Improving Access to Psychological Therapies
IPT = interpersonelle Psychotherapie
KVT = kognitive Verhaltenstherapie
MDD = Major Depressive Disorder
MMST = Mini-Mental-Status-Test
MoCA = Montreal Cognitive Assessment
MRT = Magnetresonanztomographie
NICE = National Institute for Health and Care Excellence
PCP = Allgemeinmediziner
PHQ-9 = Fragebogen zur Patientengesundheit mit 9 Elementen
SCIP = Screen for Cognitive Impairment in Psychiatry
SNRI = Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
SSRI = selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
TSH = schilddrüsenstimulierendes Hormon
UPSA-B = Brief University of California, San Diego, Performance-Based Skills
ZNS = Zentrales Nervensystem
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Haftungsausschluss
Dieses Dokument ist ausschließlich zu Schulungszwecken bestimmt. Für das reine Lesen dieses Dokuments werden keine
Continuing Medical Education (CME) Credits vergeben. Wenn Sie an dieser Schulung teilnehmen möchten, gehen Sie bitte zu
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webmd.net.
Wenn Sie technische Hilfe brauchen, kontaktieren Sie [email protected]
Die angebotene Schulung kann nachgestellte fallbasierte Szenarien beinhalten. Die in den Szenarien beschriebenen Patienten
sind erfunden und Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und sollten nicht abgeleitet werden.
Die hier angebotenen Inhalte reflektieren nicht zwangsläufig die Ansichten von WebMD Global, LLC, oder von Unternehmen,
die dieses Fortbildungsprogramm auf medscape.org fördern. Es werden womöglich therapeutische Produkte, die nicht von
der Europäischen Arzneimittel-Agentur für den Gebrauch in Europa zugelassen sind, oder der nicht-zugelassene Gebrauch von
zugelassenen Produkten besprochen. Vor dem Gebrauch eines jeglichen hier diskutierten therapeutischen Produkts sollte ein
Arzt konsultiert werden. Die Leserin und der Leser werden aufgefordert, alle Informationen und Daten vor der Behandlung von
Patienten oder vor der Anwendung einer der in diesem Fortbildungsangebot beschriebenen Therapien zu überprüfen.
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