How brains make up their minds von Walter J. Freeman 1. Autor1 Walter J. Freeman ist 1927 in Washington in den USA geboren. Er ist Biologe, Neurologe und Philosoph. Freeman unterrichtet an der University of California in Berkeley, in Kalifornien. 2. Zur Forschung:2 Seine Hauptarbeit liegt in der Erforschung darüber, wie Gehirne Bedeutung schaffen. Gegen die landläufige Meinung es sei anders, hat er die These aufgestellt, dass das Gehirn hauptsächlich mit Bedeutungen arbeitet und erst zweitrangig mit Informationen. Seine Theorie untermauert er mittels Ergebnissen aus neurobiologischer Forschung. Seine Theorie ist anti- repräsentationalistisch, was bedeutet, dass er davon aus geht das es im Gehirn keine direkten Repräsentationen von Objekten gibt und dem Pragmatismus zuzuordnen. Laut diesem sind Bedeutungen dynamische Strukturen die auf dem Handeln des Individuums in seiner Umwelt basieren. 3. Grundlagen der Theorie Anhand Freemans’ Buch „How brains make up their minds“, werden wir nun versuchen seine Theorie genauer zu erläutern. Drei Instanzen müssen zunächst genauer erläutert werden. 3.1 Intentionalität Prinzipiell schreibt Freeman den Menschen und den meisten Tieren die Fähigkeit zu intentionalem, willentlichen und absichtlichen Verhalten zu. Er macht Existenz dieser Eigenschaft sogar zur Grundalge seiner Theorie. Sich auf Thomas von Aquin beziehend schreibt er der Intentionalität drei Haupteigenschaften zu. 1 2 Homepage von Walter J. Freeman: http://sulcus.berkeley.edu/ 25.3.2008 Homepage von Walter J. Freeman: http://sulcus.berkeley.edu/ 25.3.2008 1. Einheit der Sinne und des Körpers 2. Ganzheit: Alle Lebenserfahrungen kommen in jedem Moment zum Einsatz 3. Absicht und Ziel Zur Veranschaulichung nennt Walter Freeman in seinem Buch folgendes Beispiel: Intention: Ein Tier geht auf die Jagd weil es Hunger hat. Um die Beute wittern zu können und ihr zu folgen müssen die Sinne und der Körper nun eine Einheit bilden. Die Ganzheit, also der Einsatz aller Lebenserfahrungen kommt insofern zum Einsatz, da das Tier ja wissen muss wie die Beute riecht, in welcher Richtung sie sich befindet, wie man sich bewegen muss um sie nicht zu verschrecken. All diese Dinge hat es in vergangenen Lebenserfahrungen gelernt. Das Tier handelt natürlich mit der Absicht etwas zu fressen zu erbeuten und mit dem Ziel danach satt zu sein. Intentionalität muss nicht zwingend bewusst sein. Die meisten intentionalen Zustände sind unbewusst. Wir handeln im Alltag zwar oft mit der Ausrichtung auf ein bestimmtes Ziel hin, sind uns dessen aber in dem Moment nicht bewusst. Als Beispiel kann das Schmollen genannt werden. Wir tun es nicht absichtlich, es hat aber das Ziel Fürsorgeverhalten beim Gegenüber zu erwecken und dessen Aggressivität zu mindern. Intentionales Verhalten ist notwendig damit es zu Bedeutungsfindungen kommen kann. Das Gehirn produziert intentionales Verhalten und verändert sich dann unter Einbeziehung der Konsequenzen dieses Verhaltens selbst. Es arbeitet also nach dem Prinzip der Assimilation. Beim Assimilationsbegriff bezieht sich Freeman hier auf die Definitionen von Aquin und Piaget. Das selbst versteht die Welt also in dem es sich ihr anpasst. So entsteht nach und nach Klarheit darüber was für das Selbst wichtig ist. Erstens bringt Intentionalität uns so dazu nur das für uns Wichtige wahrzunehmen und schützt uns vor Überflutung. Zum Beispiel wenn wir eine Tasse in die Hand nehmen um zu trinken, interessieren uns weder die physikalischen Gesetze die dabei wirken, noch die Struktur des Porzellans. Wir konzentrieren uns alleine auf die motorischen Ausführungen die es bedarf, unsere intentionale Handlung, die Befriedigung unseres Durstgefühls durchzuführen. Zweitens entsteht durch Intention Bedeutung. Womit wir nun bei der zweiten wichtigen Instanz angekommen wären der Bedeutung 3.2 Bedeutung Bedeutung entsteht, wenn das Gehirn intentionales Verhalten produziert und sich dann unter Einbeziehung dieses Verhaltens selbst verändert. Bedeutungen entstehen also durch unsere Handlungen und Entscheidungen. Geprägt sind diese durch unsere Umwelt, weil ja z.B. gesellschaftskonformes Verhalten zu Anerkennung führt, aber auch durch unsere ganz individuellen Eindrücke. Bezogen auf die Geschichte mit dem Tier das jagen geht könnte das bedeuten, dass das Tier beschließt eher zu jagen, bevor der Hunger zu groß wird, oder das Jagdrevier zu wechseln, oder in Zukunft eine andere Jagdstrategie anzuwenden. Welch Schlüsse das Tier genau aus den vergangenen Interaktionen mit der Umwelt zieht ist individuell und von den genauen Erfahrungen abhängig. Anhand dieses Beispiels lässt sich erkennen, dass jedes Lebewesen, das dazu fähig ist, eigene Bedeutungsinhalte hat. Somit hätten wir ja keinerlei Zugang zu den Gefühlen und Gedanken anderer Menschen. Da es aber bei Tieren sowohl auch als bei Menschen soziale Handlungen und Interaktionen gibt, muss es einen Zugang zu den Gedanken anderer geben. Laut Freeman können wir über Sprache zumindest zu Annäherungen über die Bedeutungen des Anderen kommen. Dies wird als „assimilated meaning“ bezeichnet. Ein Beispiel: Person A sagt: „Mein neuer Nachbar ist gar nicht nett“. Person B. antwortet: „Was verstehst du unter nicht nett. Grüßt er dich nicht, oder ist er laut?“ Person A: „Er verstellt immer die Tür zum Fahrradkeller, so dass ich mein Rad nicht rausbekomme.“ Indem wir in sprachlicher Interaktion die Bedeutungen des Gegenübers Schritt für Schritt abgleichen können wir also einander verstehen. Zwischen Maschinen hingegen kann Bedeutung direkt transferiert werden, wenn diese über das gleiche Betriebssystem verfügen. 3.3 Bewusstsein Das Bewusstsein ist ein Gehirnzustand dessen Dasein man als gegeben akzeptieren muss, wie die Existenz des Universums. Bewusstsein steht in Wechselwirkung mit Gehirnprozessen. Es ist weder ursächlich damit verbunden noch identisch dazu. Es ist ein Operator. Als Operator, überall und nirgendwo angesiedelt, bereitet es die Inhalte auf, die ihm von den verschiedenen Teilen des Gehirns zur Verfügung gestellt werden. Es verbindet vergangene perzeptuelle Handlungen mit neuen Perzeptionen. Dieser Vorgang vermittelt dem Mensch das Gefühl eines konstanten Bewusstseins. 4. Verdeutlichung des Anti- Repräsentationalismus anhand eines Kommentars zu Searl3 Searl geht von Folgendem aus: 1. Das Gehirn speichert Information speichert und verknüpft diese bei gegebenem Anlass mit neu eintreffenden Infos. 2. Reize aus der Umwelt bringen spezifische Rezeptoren zum Feuern. Durch diese Thesen kommt es zum sogenannten „binding problem“. Dieses beinhaltet folgende Fragen. Wie werden die einzelnen Repräsentationen kombiniert, dass daraus Repräsentationen von Objekten entstehen und wie sind diese mit Erinnerungen verbunden? Laut Freeman gibt es keine Repräsentationen: Der Stimulus triggert nur die Interaktionen der Neuronen deren Zusammenarbeit und Verbindungen schon durch frühere Erfahrungen geprägt sind. Seine Forschungsergebnisse belegen zudem, dass es auch keine stimulispezifischen Aktivitätsmuster gibt. Bei gleichem sensorischen Reiz verändert sich das Aktivitätsmuster der Neuronen, da sich dessen Kontext verändert Es gibt also keine Repräsentationen, nur Bedeutungen, die für jeden Kontext spezifisch sind Freeman sieht das binding problem somit als gelöst. Seiner Meinung nach ergibt sich nur, wenn man wie Searl meint, Neuronen würden bedeutungslos feuern. 5. Neurobiologische Fundierung Wie schon erwähnt untermauert Freeman seine Theorie neurobiologisch. 3 Kommentar von Freeman und Dreyfus zu Searl: http://users.ecs.soton.ac.uk/harnad/Papers/Py104/freeman.searle.html, 25.3.2008 Er beschäftigt sich mit der Frage: Wenn Beutung durch Handlungen in der Welt entsteht, wie werden diese Handlungen dann gebildet? Freeman will erklären wie die Neuronen die Möglichkeiten zwischen denen wir dann wählen konstruieren und was im Moment der Wahl passiert. Er verwendet dazu: 5.1. Bildgebende Verfahren Freeman verwendet in seiner neurobiologischen Forschungsarbeit Aufnahmen von Aktionspotentialen und EEG (Elektroenzephalogramm) Aktionspotentiale sind kurzzeitige, in charakteristischer Form Ablaufende Abweichung des Membranpotentials einer Nerven- oder Muskelzelle von ihrem Ruhemembranpotential. Mit dem EEG macht man Messung der elektrischen Aktivität durch Aufzeichnung der Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche. 5.2 Chaostheorie Des Weiteren stützt er sich bei seinen Ausführungen auf die Chaostheorie. Für Freeman sind die fortwährenden Aktivitäten der Neuronen im Gehirn Manifestationen des Chaos, es wirkt wie ein Rauschen auf uns, hat aber eine versteckte Ordnung und kann sich sehr flexibel verändern. 5.3 Nonlineare Dynamiken Dritter Grundbaustein sind die nonlinearen Dynamiken: Gehirne sind keine logischen Instanzen sondern dynamische Systeme die Bedeutung durch Interaktion mit der Umwelt und mit sich selbst produzieren. Aus dem Chaos entstehen geordnete Strukturen durch Wechselwirkungsbeziehungen zwischen den Neuronen und Neuronenverbänden. Die Neuronen „handeln“ somit in Selbstorganisation. Alles was wir wissen wird also von einem neurodynamischen System konstruiert Nun werden wir die Forschungsergebnisse Freemans zu den neurodynamischen Vorgängen in unserem Gehirn näher erläutern. 6.CHAOS 6.1 Alltägliches Chaos Das Kausalitätsprinzip lehrt uns, dass aus gleichen Ursachen gleiche Wirkungen entstehen. Dabei ist dieses Prinzip eine Illusion, die durch eine relative Stabilität eines Systems und die Begrenztheit der menschlichen Wahrnehmung entsteht. Für uns sind Planetenbahnen etwas unumstößliches, dabei ist es lediglich eine Frage der Zeit, wann ein Phasenübergang eintritt. Der Alltag ist von einer relativen Beständigkeit geprägt. Ein Flugzeug wird fast immer gleich landen und Züge kommen meistens auch zur planmäßigen Zeit an. Man spricht hier von einer „starken Kausalität“, bei der ähnliche Bedingungen, ähnliche Resultate liefern. Genau genommen kann man jedoch niemals exakt die gleichen Bedingungen wiederherstellen. (Rath 2001) Ein Charakteristikum chaotischer Systeme ist ihre Empfindlichkeit gegenüber Veränderungen der Anfangs- oder Randbedingungen; oft schlägt regelmäßiges Verhalten plötzlich in unregelmäßiges um. Wenn ich an Tag X mit meinem Auto zur Arbeit fahre und 20 Minuten brauche, werde ich am Tag Y auch 20 Minuten brauchen? Wohl eher nicht, auch wenn es sich um die gleiche Strecke handelt. Genauso wenig kann ich sagen, „wenn ich eine Minute später losfahre werde ich dann genau 1 Minute später an meinem Ziel ankommen“. Allein schon die Taktung der Ampeln würde mir einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn wir uns nun mehrere Fahrzeuge anschauen, entsteht auf einmal Muster. Diese scheinbar spontane Selbstorganisation machen sich Verkehrsforscher zu Nutzen, um Modelle für die Straßenvorhersage zu entwickeln. 6.2 Selbstorganisation Selbstorganisation ist als Umstand zu verstehen, der eine spontane Entstehung von Ordnung hervorruft, ohne dass externe Kräfte oder interne Programme diese Ordnung bestimmen. Ein einfacher Reduktionismus, der darauf setzt, einen komplexen Gruppenzusammenhang durch die Zerlegung seiner Elemente zu erklären, erwies sich im Laufe der Zeit als kontraproduktiv. Daher trat neben dem reduktionistischen Programm eine zweite Forschungsstrategie und zwar der Holismus. (Küppers 1996) Ist es jedoch damit getan, an die Existenz eines höheren „Emergenzniveaus“ der Strukturbildung zu appellieren, um lediglich ein Endresultat in seiner Gesamtheit zu beschreiben? Inwieweit können uns diese verborgene Kräfte, die einer scheinbar chaotischen Struktur unterliegen, helfen das Gesamtbild zu verstehen? 6.3 Selbstorganisation durch Chaos? Schon einfache Systeme werden zu bestimmten Zuständen "hingezogen". Ein Pendel etwa schwingt genau in einer Frequenz, letztlich landet es gar am tiefsten Punkt. Man spricht hier von einem so genannten einfachen Punkt Attraktor. Die nächst kompliziertere Form eines Attraktors ist ein Grenzzyklus, wie er etwa bei Oszillatoren auftritt, deren Amplitude sich selbst stabilisiert. Ein wichtiges Beispiel für einen Grenzzyklus ist das Raubtier Beute System. Änderungen im System (Z.B. Beute bekommt einen Virus und wird dezimiert) werden über einen Zeitraum hinweg kompensiert und es erfolgt eine Annäherung an den ursprünglichen Grenzzyklus. Dies stellt sich als ein wichtiger Mechanismus der Natur heraus, der lauter ständig wandelbare Dinge zusammenkoppelt, um dabei schließlich ein System zu erhalten, das effektiv dem Wandel widersteht. Grenzzyklen müssen nicht auf eine einzige Periodizität beschränkt sein. Stellen wir uns ein System mit 4 Variablen vor, also etwa ein System aus Räuber, Beute, Jäger und wechselnde Schussquote. Hier muss man den Grenzzyklus in einem höherdimensionalen Phasenraum darstellen. Wir haben hier also zwei Grenzzyklen, die miteinander verbunden sind. Wenn wir die Dynamik dieses größeren ZweiZyklen Systems aufzeichnen, so entsteht ein torusförmiger Attraktor. Der Torus selbst, um den sich die zwei Oszillatoren bewegen, stellt hierbei den Attraktor dar. Somit lassen sich auch die Freiheitsgrade beliebig erhöhen. Die bis hier hin beschriebenen Systeme entsprechen der klassischen Welt, in der Wissenschaftler das Verhalten sogar recht komplizierter System auf lange Sicht vorhersagen können (Küppers 1996). Chaotische Systeme, wie das Gehirn, zeigen wesentlich kompliziertere Attraktoren, was auch bedeutet, dass man ihr Verhalten nicht vorhersagen kann. Solche Attraktoren nennt man auch "seltsame" Attraktoren. Es zeigt sich, dass der seltsame Attraktor keine Neuigkeit darstellt. Er hatte sich lediglich unter einem anderen Namen versteckt: Turbulenz. Wie man aus topologischen Überlegungen leicht ableiten kann, kann es in einem zweidimensionalen Zustandsraum keine anderen Attraktoren als Fixpunkte oder Grenzzyklen oder eine Kombination davon geben, weil sich die Trajektorien nicht überschneiden dürfen. Insbesondere kann kein Chaos auftreten. Wann geschieht jedoch der Übergang zum Chaos? Betrachtet man einen Wasserstrahl so ist die Fließgeschwindigkeit der entscheidende Parameter. Die Instabilität erfolgt stufenweise. Zu allererst besteht ein Sprung vom Punktattraktor zum Grenzzykelattraktor. Darauf folgt ein plötzlicher Übergang zu einem torusförmigen Attraktor, dann zu einem zerspilitteten Torusattraktor. Diese Übergänge der Instabilität wurden nach ihrem Endecker Eberhard Hopf benannt. Diese Hopf-Instabilitäten und lassen sich mathematisch für Flüssigkeiten und Gase ermitteln. Der Übergang vom torusförmigen Attraktor zum zerbrochenen torusförmigen Attraktor ist hierbei das frappierende. Man würde annehmen, dass der Torus in seiner steigenden Komplexität (Z.B durch eine höhre Geschwindigkeit) die 3, 4, 5 etc. Dimension anstrebt. In Wirklichkeit verfängt er sich in einem Zustand wischen der 2 (Fläche) und 3 (Körper) Dimension. Die Oberfläche des Torus tritt in enen Raum von gebrochener, also nicht ganzzahliger Dimensionen ein. Man spricht hier auch von einer gebrochenen Dimension. Das Chaos entsteht letztendlich durch eine Verkettung verschiedenster Bewegungen, weil jedes Stückchen der Handlung von allen anderen Stückchen abhängt und weil die Rückkoppelung zwischen den Stücken immer mehr neue Stücke hervorbringt. Wenn man ein Glied mit sich selber multipliziert, so erzeugt das Rückkoppelung oder „Iteration“ und Nichtlinearität. Der Verlauf hängt nun nichtlinear davon ab, was vorher war (Peat 2006). Solche Instabile Zustände müssen nicht jeder Zeit eintreten. Erst wenn bestimmte Intensitätsmargen über- bzw. unterschritten werden wird das Chaos eingeleitet. Dabei treten Bifurkationen (Gabelungen) auf und die Muster verschwimmen, da Zustände nun scheinbar willkürlich hin und her springen. 7. GRUNDLAGEN DER NEURODYNAMIK 7.1 Neurodynamik eines Neurons Um die Aktivität der Neuronen zu beschrieben, bedarf es einer angemessenen Sprache, welche uns die Sprache der Dynamik - die Lehre der Veränderung – liefert. Ein Neuron befindet sich in einem aktiven Zustand der Veränderung. Beispielsweise durchgehen Neurone den Zustand der Ruhe, Inhibition oder Erregung bzw. erfahren durch das Lernen eine morphologische Umgestaltung. Alle möglichen Zustände die ein Neuron einnehmen kann, wird als Zustandsraum bezeichnet. Ein sukzessiver Verlauf durch den Zustandsraum eines Neurons nennt sich Trajektorie (Bahnkurve). Jedes Neuron besitzt eine bevorzugte Trajektorie, die durch habituelle Muster entstehen kann. Sie folgen kurzzeitig einem Plan ( Z.B Erregung-Hemmung-Erregung) um anschließend zu ihrem ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Die von Freeman herangezogen Zustandsvariable ist das Membranpotential. Wenn sich die Konzentrationen von geladenen und ungeladenen Teilchen im Zellinneren von der Zelläußeren unterscheiden, kommt es zu einer Potentialdifferenz über die Zellmembran hinweg. Es herrscht über den gesamten Bereich der Nervenzellmembran auch über die volle Länge des Axons. Über die gesamte Zellmembran hinweg besteht eine Potentialdifferenz infolge unterschiedlicher Konzentrationen geladener Teilchen zu beiden Seiten der Membran (Membranpotenzial) Die Zelle ist im Ruhezustand gegenüber der Umgebung negativ geladen. Das negative Ruhepotential einer Zelle beträgt in etwas – 70 mV. Die Verschiebung des Membranpotentials ist die Konsequenz von außerordentlich schnellen Ionenwanderungen durch die Zellmembran. Der Transport des elektrischen Signals geschieht nicht durch Elektronen, sondern durch sehr viel größere und damit trägere Teilchen, die Ionen (NatriumKationen, Chlor-Anionen usw.). (Schandry 2003). Mit der Art der transmembranösen Ionenwanderung wird die Entscheidung gefällt, ob es zu einer Depolasisation (Erregung) oder einer Hyperpolarisation (Hemmung) kommt. Auf dem Wege der räumlichen Summation entstehen hemmende oder erregende Postsynaptische Potentiale, die das feuern oder nicht feuern eines einzelnen Neurons mitbestimmen. Weiters kann eine zeitliche Summation eintreten, die durch eine schnelle Aufeinanderfolge der einlaufenden Impulse zustande kommt und ein „aufschaukeln“ bewirkt. Aus diesem Grund sind die Zustandvariablen von Axonen und Dendriten auch grundverschieden. Die Axone drücken ihren Zustand durch ihre Impulsrate (Æ Frequenz) aus wobei die Dendriten wiederum ihren Zustand durch ihre Intensität (Æ Amplitude) ausdrücken. Für ein einzelnes Neuron gilt: Die Impulsrate im Axon verhält sich direkt proportional zu der eingehenden dendritischen Intensität. Dieser lineare Zusammenhand herrscht aber nur in dem Bereich zwischen dem Punkt über den Schwellenwert eines Aktionspotenzials und der maximalen Erregung (maximal Frequenz). Wird diese maximal Frequenz überschritten, so kann das Neuron nicht mehr feuern, da es sich noch vom vorangegangenen Impuls erholen muss. Die Impuls-Amplituden Wandlung an der Synapse erfolgt also nur scheinbar linear, da in deren Extremen (extrem hohe Frequenz bzw. extrem niedrige Amplitude) eine Saturierung erfolgt. Diese kann recht schön mit einem sigmoidalen Kurvenverlauf beschrieben werden. Also noch mal, ein linearer Zusammenhand herrscht in einzelnen Neuronen nur, wenn sie keine Über- oder Unterbeanspruchung erfahren. Diese Grenzen sind dafür verantwortlich, dass sich unser Gehirn innerhalb einer mittleren Bandbreite bewegt und sich nicht ständig in den Extrembereichen (Unter- bzw. Überstimulation) befindet. Denn je näher sich ein Neuron zu den Grenzen hinbewegt, desto schwieriger wird es das Neuron noch weiter zu pushen. 7.2 Neurodynamik der Neuronenpopulationen Wie beeinflussen nun einzelne Neuronen, ganze Neuronenpopulationen? Das Membranpotenzial besitzt indirekt einen Einfluss auf den extrazellulären Raum. Es entstehen Ionenströme die zwar kleiner sind als auf innerzellulärer Ebene, in der Masse jedoch einen bedeutenden Einfluss auf Neuronenpopulationen ausüben. So gut wie das ganze Gehirn ist von Iterations-Prozessen durch verschiedenste Feedback Schleifen geprägt. Eine Ausnahme sind die sensorischen Neuronen. In der Regel kommen sie in großen Bündeln, die entweder parallel verschaltet sind oder divergieren. Neuronenpopulation verhalten sich außerdem viel langsamer als einzelne Neuronen und bedürfen einen anderen Zugang. Anstatt nun die Impulsfrequenz zu messen, werden Massenaktivitätsmuster herangezogen indem eine Impulsdichte gemessen wird. Im Gegensatz zu einzelnen Neuronen, sind die Trajektorien der Neuronenkonglomerate nichtlinear. Neuronenpopulationen generieren auch im Ruhezustand zufallsbedingte Impulse, mit oder ohne sensorischem Input. Die Impulsfrequenz des Neuropils liegt außerdem immer unter der des Neuronenmaximums (relative und Gesamtrefraktärphase müssen addiert werden). Die einzelnen Neuronen sind nicht-lokal, d.h. kein einzelnes Neuron gibt den Ton an. Des Weiteren gibt es keine vorgegeben Trajektorien. Die Grenze einer Zustandsänderung ist dann erreicht, wenn ein Neuron mindestens so viele Impulse erhält wie es selber austeilt. Stellen wir uns eine positive Feedbackschleife (Im Gehirn wirkt nur 1 von 10 Neuronen inhibitorisch) vor, in der ein Neuron, dass durchschnittlich 100 Impulse entsendet, nur 80 erhält. Sukzessiv wird das nächste Neuron nur 64 Impulse weiterleiten (* 0,8). Das Verhältnis 0,8 wird als Zuwachs der Schleife bezeichnet. Bei einem positiven Wert schreitet die Refraktärphase der einzelnen Neuronen wieder ein. Hier kommt die Besonderheit der Population ins Spiel, sie können sich gegenseitig Abwechseln und einen Dauerzustand der Aktivierung erzielen. Irgendwann wird ein Gleichgewicht der Neuronenpopulation gefunden. Dieses Gleichgewicht kann von Außen gestört werden. Beispielsweise wenn ich Hunger habe. Dabei werden Hormone, Neurotransmitter und Neuromodulatoren vom Hypothalamus ausgeschüttet und stören kurzfristig meinen homöostatischen Zustand im Gehirn. Danach strebt das System erneut einen „Steady State“ an. Was hier beschrieben wurde, ist nichts weiter als ein Point Attraktor. Der einzige Punkt, den der Attraktor nicht einnimmt, ist der der Ruhe. Solche Punkt Attraktoren nehmen eine entscheidende Rolle bei allen regulativen Funktionen (Z.B. SchlafWach Rhythmus) des Gehirns ein. Bei arbeitenden Prozessen, ergeben sich oszillatorische Muster unter den einzelnen Neuronenpopulationen. Manche Neurologen sind der Ansicht, dass einzelne Neuronen - wie das Herz - rhythmisch schlagen. In Wirklichkeit feuern Neuronen wie ein Gewitter und zwar nach den gleichen physikalischen Grundsätzen. Nun stellen wir uns zwei Neuronenpopulationen vor. Eine inhibitorische und eine exzitatorische. Alleine gelassen würden beide Populationen automatisch in einen „Steady state“ übergehen. Um eine Oszillation auszulösen muss ein evoziertes Signal (Bsp. Ein Gedanke) auf die Neuronenpopulation einwirken. Vergleichbar mit einem Hammer der auf eine Glocke schlägt. Es entstehen Vibrationen die nach und nach schwächer werden. Der Verlauf der beiden Populationen ist gleich, nur hinkt die inhibtorische Population um ein viertel Zyklus hinterher (da es Zeit braucht um der inhibitorischen Wirkung entgegenzuwirken bis das Maximum erreicht ist). Diese zeitliche Versetzung ist letztendlich der Grund für die Oszillation an sich. Sobald sich die exzitatorische Population ihrem Ursprungszustand nähert, sorgt die erstarkte inhibitorische Population für ein Abschwächen der exzitatorischen Population. Dieses Prinzip setzt sich in umgekehrter Reihenfolge fort und nimmt im Laufe der Zeit ab. Es handelt sich hierbei um einen sog. Gamma-Frequenz Raum (20-100 Hz). Dieser Raum definiert letztendlich den Attraktor. Wenn der Input nachlässt, bewegen sich die Populationen zu ihren stabilen Bahnen zurück. Sollte die inhibitorische Population nun ein Wachstumsverhältnis von größer 1 besitzen, löst sie sich von ihrem ursprünglichen Attraktor und es kommt zu einer homöostatischen Oszillation. Dieser Zustand lässt sich als Grenzzyklus Attraktor beschreiben. Die Oszillation erlangt dabei eine Teilautonomie. Nun können auch Teilparameter der Neuronenpopulation verändert werden, letztendlich fällt das System wieder in seine ursprüngliche Bahn. Am wichtigsten erscheint dem Autor die Tatsache, dass hier ein Beleg für die Selbstorganisation auf makroskopischer Ebene gefunden wurde. Statistisch kann man ein Taktung der einzelnen Neuronen nachweisen, sogar wenn sie eine niedrige Frequenz annehmen. Dabei feuern sie genau zum Zeitpunkt des Peaks. Also kann man die Behauptung aufstellen, dass die Neuronen selber die Oszillation erzeugen. Habituierung ist in der Sprache der Chaos Theorie eine Erhöhung der Stabilität der Grenzzyklus Attraktoren. Wenn jedoch durch Belohung ein bestimmtes Verhalten gefördert wird (assoziatives Lernen), dann geschieht dies durch die selektive Beschäftigung mit dem Stimulus. Die länger andauernde Aufmerksamkeit schafft ein beständigeres evoziertes Potential. Dies resultiert in eine länger andauernde Oszillation mit einer steigenden Zuwachsrate der negativen Feedbackschleifen. Es entsteht Chaos. Damit wird in großen Umrissen die Art von Nichtlinearität schematisch dargestellt, die es im Gehirn auf verschiedenen Größenskalen gibt. Die Rückkoppelungsschleifen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von Bifurkationen und die Verstärkung eines einlaufenden Signals. Trotzdem ist das Gehirn nicht wirklich ein Geschöpf des Chaos, fern von jedem Gleichgewicht. 8. Freemans’ Kaninchen Freeman wählt den Geruchsinn führ seine Experimente weil: - der Geruchsinn bei den meisten Lebewesen der dominanteste Sinn ist. - die älteste und grundlegendste Form der Wahrnehmung ist und prototypisch für andere, komplexere Sinnesleistungen generalisiert werden kann. - Gerüche unmittelbar Einfluss auf Emotionen ausüben (Aufgrund der anatomischen Nähe zum Limbischen System, sind Gerüche oft mit emotionalen Empfindungen verknüpft. Dies kommt der Konditionierbarkeit in psychologischen Versuchen zu Gute, da in Konditionierungen zunächst neutrale Stimuli mit positiven oder negativen Emotionen assoziiert werden.) Geruch -> Rezeptor -> exzitatorische Reizmuster -> axonale Weiterleitung über den primären olfaktorischer Bulbus TOPOGRAPHIC MAPPING -> Axone treffen auf exzitatorische Synapsen, die die Geruchsinformationen ins Vorderhirn und den lateralen olfaktorischen Trakt weiterleiten Wir Menschen denken von uns wir hätten einen schlechten Geruchssinn, den haben wir auch verglichen mit Tieren, aber die Leistung der Nase ist unglaublich hoch, an den Schleimhäuten finden sich ca. 100 Millionen Geruchsrezeptoren. Sie ermöglichen es uns, aufgrund ihrer hohen räumlichen Dichten und Anzahl selbst winzige Molekülkonzentrationen in der Luft wahrzunehmen. Bei jedem Atemzug werden aber nur winzige Bruchteile der Rezeptoren aktiviert. Diese wenigen Rezeptoren bilden ein räumliches Muster, das an den Bulbus weitergeleitet wird (Dieser Begriff wird als Topographic mapping bezeichnet). Darüber hinaus muss das Gehirn aber noch “sinnvolle” Geruchsmuster von nicht gewollten Hintergrundgerüchen unterscheiden und diese ständig aus dem Wahrnehmungsprozess herausfiltern. Da aber die Luft beim Atmen verwirbelt wird, bedeutete das die Geruchsmoleküle beim Luftholen immer an unterschiedlichen Stellen in der Nase und an unterschiedlichen Rezeptoren andocken, so dass die räumlichen Muster und Anordnungen der feuernden Neuronen jedes Mal andere sind d.h. sie transportieren nie dieselben Rezeptoren Neuronen eine Geruchsinformation weiter. ->Trotzdem muss im Gehirn eine Generalisation erfolgen, da die Geruchsqualitäten sich nicht verändern sondern konstant bleiben. Hier setzt auch Freemans Untersuchung an, die heraus finden will wie aus der unkonstanten ständig wechselnden Rezeptoraktivitäten eine konstante Geruchswahrnehmung erfolgen kann. Und zwar hat Freeman herausgefunden, dass nicht nur die Aktivierungsmuster in der Nase bei den Geruchsrezeptoren vollkommen variabel sind, sonder auch die feuernden Muster der Neuronen im Bulbus Olfaktorius im Gehirn. Wo findet also eine Generalisierung statt, wenn die Neuronen scheinbar willkürlich feuern und die Muster nie identisch sind? Anhand von Zellableitungen hat Freeman herausgefunden, dass der gesamte Bulbus Olfaktorius in den Geruchsvorgang mit einbezogen wird. Hier unterscheiden sich auch seine Ergebnisse von anderen Neurowissenschaftlern und Kognitivisten, die annehmen, dass nur eine geringe Anzahl von geruchspezifischen Neuronen für jeden Geruch einzeln aktiviert werden. ...Es ist also nicht so, dass es im Gehirn ausgewählte Neuronen für den Geruch von Erdbeeren oder Kirschen gibt, sonder alle Neuronen im Bulbus Olfaktorius sind nach jedem Einatmen an einer ganzheitlichen, gleichbleibenden Wahrnehmung beteiligt. Freeman unterscheidet hier zwischen einer mikroskopischen Ebene den einzelnen Rezeptoren und Neuronen und einer makroskopischen Ebene der gesamten Aktivierung im Bulbus Olfaktorius, die als EEG gemessen immer gleichbleibt. Noch mal zur Wiederholung, die Aktivierungsmuster der Neuronen unterscheiden sich, das gesamte EEG bleibt jedoch gleich > demnach könnte das der Punkt sein, der die Stabilität der Wahrnehmung garantiert. Wie Freeman zu diesen Erkenntnissen gekommen ist beschreibt er n den Kaninchenversuchen. Und zwar wurde einigen Kaninchen 64 Elektroden in den Bulbus Olfaktorius implantiert, um in einem Fenster von 4 mal 4 Millimeter, Zellaktivitäten per EEG abzuleiten. Dabei kam er zu wichtigen Feststellungen: -Zunächst einmal findet sich im Bulbus ein konstantes aber unvorhersehbares aperiodisches Hintergrundrauschen. Das Hintergrundrauschen wir bedingt durch wechselseitige Aktivitäten zwischen exzitatorischen und inhibitorischen Neuronen, die ständig kommunizieren. Das kann man sich vorstellen wie das chaotische Gekriesel im Fernseher wenn man keinen Empfang hat. Das Hintergrundrauschen ist aber notwendig um den Bulbus stabil und bereit für neue Reize zu halten -> Ausgangszustand. W Freeman hat festgestellt, das es mit jedem Atemzug zu einem Anstieg der Aktivität im gesamten Bulbus kommt, der nach dem Ausatmen wieder abflaut. W Die gesamte Aktivität im Bulbus lässt mit einer Wellenform darstellen. Diese gemeinsame Welle setzt sich aus vielen unterschiedlichen Amplituden zusammen (sog. Träger Welle, der Ausdruck stammt aus der Physik und bezeichnet eine Welle, die mind. Einen veränderbaren Parameter z.B. Amplitude besitzt) , die in unterschiedlicher Stärke im Bulbus vorkommen. Das ganze wurde gemessen, indem von jeder der 64 Elektroden eine Ableitung gemacht wurde, aus der sich dann die Stärke der gemeinsamen Welle ermitteln lies. Dabei hat er außerdem herausgefunden, dass jede einzelne Neuron seinen Beitrag zu der Trägerwelle leistet, egal ob es momentan aktiviert oder inaktiv ist und das alle Neuronen in den Prozess miteinbezogen werden, im Gegensatz zur Meinung der Kognitivisten, die eine neuronenspezifische Verarbeitung propagieren. Kommen wir jetzt zurück um Kaninchenversuch, diese Kaninchen mit den Elektroden im Kopf wurden 2 Reize dargeboten. Einmal ein Kontrollstimulus und einmal ein konditionierter Geruch Æ CS. Sie wurden so konditioniert, dass der konditionierte Stimulus eine bestimmte Bedeutung bekam, indem er gleichzeitig präsentiert wurde, wenn die Kaninchen zu Trinken bekamen. Der Kontrollstimulus war immer als stetiger Hintergrundgeruch, vor Darbietung des CS in der Luft vorhanden. Von Freeman wurde jetzt erwartet, dass sich die AM Muster des Kontrollgeruchs von denen die der konditionierte Stimulus ausgelöst hatte, sich unterscheiden würden. Die beiden AM Muster unterscheiden sich auch tatsächlich... Überaschenderweise hat Freeman auch festgestellt, dass sich nach 2 Wochen beide ursprünglichen AM Muster komplett verändert hatten. D.h. Noch mal zur Wiederholung: Auf mikroskopischer Ebene, haben die Neuronen völlig neue Konstellationen erzeugt, während auf makroskopischer Ebene die Wellenformen lange Zeit gleich geblieben sind, so dass das Gehirn Informationen aus dem Bulbus generalisieren konnte. D.H. Es finden neuronale Veränderungen in der Verarbeitung statt, obwohl die Stimuli gleich bleiben.... Was bedeutet das? Das heißt man kann einem Stimulus nicht eine konstante Reaktion eines Organismus zuordnen so wie Behavioristen oder Kognitivisten das tun würden, indem sie ein festes Verhältnis zwischen Reiz, und Reizantwort postulieren. (Taste auf einem Computer -> Lämpchen leuchtet auf) Sondern man muss annehmen, dass sich das Gehirn dynamisch und ununterbrochen an seine Umwelt anpasst, (Assimilation Piaget) indem es je nach Bedeutsamkeit und Kontext neue, individuelle neuronale Verbindungen erzeugt. Bei allen untersuchten Kaninchen unterschieden sich auch die gemessenen AM Muster, obwohl sie alle unter exakt den gleichen Versuchsbedingungen gehalten wurden. Dieser Befund stützt, die Annahme, dass Wahrnehmung ein individueller, immer wieder neuer einzigartiger Prozess, der bei jedem Lebewesen unter anderen Bedingungen stattfindet. Das heißt, aber nicht das sich die Qualität der Wahrnehmung bei allen Lebewesen komplett unterscheidet, oder von Augenblick zu wechselt. 9. Interpretation Beispiel: Bei einem Parfumeur kann ein Geruch eine ganze andere Reaktion im Gehirn auslösen als bei jemandem dem Rosen egal sind. --> Das Gehirn formt sich und strukturiert sich anhand der Bedeutungen, die wir unserer Umwelt geben. Die Veränderung, und die Neuausrichtung der Neuronen geschehen langsam vergleichbar mit dem Wachstum von Haaren oder Nägeln. Stärkste Zellantworten und Veränderung der AM Muster entstehen durch Verstärkung, wenn ein Geruchsstimulus mit positiven oder negativen Konsequenzen einhergeht. Durch die Assoziation mit Emotionen entsteht nach Freeman auch die Bedeutung. 9.1 ATTRAKTORTHEORIE VERKNÜPFUNG MIT CHAOSTHEORIE Auf seine wissenschaftlichen Ergebnisse baut Freeman, ein Theoriengebäude, in das er unterschiedliche wissenschaftliche Strömungen miteinbezieht. Um es zu verstehen muss, man wissen wie sich Freeman unser Bewusstsein vorstellt: Unser Gehirn befindet sich ständig so lange wir leben, in einem gewissen Zustand, der sich von Situation zu Situation ändern kann. Dabei haben wir verschiedene zugängliche Bewusstseinzustände verfügbar, an denen unsere Wahrnehmung beteiligt ist: z.B. Müdigkeit, Langeweile, Freude, Erstaunen, Hunger...Diese Zustände sind in eine Attraktorlandschaft mit Höhen und Tiefen eingebettet und je nachdem welche Impulse aus der Umwelt und aus dem Körper kommen verändern sich die Zustände z.B. Von Stress zu Entspannung. Dadurch, dass irgendetwas Neues in unser Bewusstsein dringt, wird der Attraktor destabilisiert, also das Pendel fängt an zu schwingen. Mann kann sich das auch so vorstellen, dass eine Kugel auf einem Hügel positioniert ist und durch einen Impuls wird sie ins Rollen gebracht und landet irgendwo an einem Punkt weiter unten im Tal. Dabei ist jetzt steht die Kugel stellvertretend für den Bewusstseinszustand. Wenn wir das jetzt auf das olfaktorische System übertragen dann kann man sich das Geruchssystem als eine große Attraktorenlandschaft vorstellen, auf der die ganzen Geruchsqualitäten in sog. Attraktorenmulden repräsentiert sind. Wenn jetzt eine Neuronenpopulation aktiv ist, erzeugt sie einen gewissen Bewusstseinszustand oder eine bestimmte Wahrnehmungsqualität, z.B. beim Einatmen durch die Nase riechen die Kaninchen Sägemehl, dann ist de Attraktor aktiv, nachdem Ausatmen kehrt der Attraktor wieder in seinen Ausgangsposition, in seinen Ruhepunkt zurück, das ist dann das Hintergrundrauschen von dem ich vorhin gesprochen haben. Freeman benutzt dafür den Ausdruck Punktattraktor. Punktattraktor ist der z.B. Auch der Punkt an den ein Pendel zurückkehrt, wenn es zu schwingen aufgehört hat. Das Fadenpendel wäre ein Beispiel für einen simplen einfachen Attraktor mit definiertem Endzustand auf das sich das System zwangsläufig einbalanciert. Auch das Beispiel im Bild wäre ein einfacher Attraktor mit 2 Attraktorenmulden. Freeman benutzt aber die Metapher einer chaotischen, dynamischen Attraktorenlandschaft stellvertretend für unser Bewusstsein. Chaotisch bedeutet hier, dass sich schon kleinste Veränderung drastisch im System bemerkbar machen. D.h. Ein System pendelt zwischen mehreren Zuständen aber die Vorhersage welcher Zustand als nächstes Eintritt ist nicht möglich. Freeman hat bei den Kaninchenversuchen festgestellt, dass sich sobald ein neuer Geruch oder eine Konditionierung erlernt wird sich auch alle anderen ursprünglichen AM Muster verändert haben und zwar insofern chaotisch, dass es unmöglich war den Endzustand der neuen AM Muster vorherzusagen. Man kann sich vorstellen, was passiert wenn ein Neuron, das mit 1000 anderen Neuronen verknüpft ist, anfängt seine Verknüpfungen zu verändern, es kommt zu Veränderungen im ganzen System, die nicht nachvollziehbar sind, da jeder Attraktor mit jedem anderen Attraktor zusammenhängt. d.h. Unser Bewusstsein ist auf biologischer Ebene absolut dynamisch und die gewachsenen Strukturen und Neuronenverbindungen nicht mehr nachzuvollziehen – sie verändern sich ständig in chaotischer Art Weise, wobei das Chaos Ausgangspunkt für neue Strukturen und Ordnungen ist. Literatur: 1. W.J., Freeman: How Brains make up their minds, Columbia University Press, (2001) 2. Homepage von Walter J. Freeman: http://sulcus.berkeley.edu/ 25.3.2008 3. Kommentar von Freeman und Dreyfus zu Searl: http://users.ecs.soton.ac.uk/harnad/Papers/Py104/freeman.searle.html, 25.3.2008 4. http://www.brg-traun.ac.at/IAAC/gmunden/chaostheorie.htm 24.3.2008 5. Küppers, Günter: Chaos und Ordnung, Formen der Selbstorganisation in Natur und Gesellschaft 1996 Reclam S 121 -131 6. Schandry, R. (2003). Biologische Psychologie. Weinheim: Psychologie Verlags Union 7. Peat F.D.: Die Entdeckung des Chaos, München/Wien 1990