Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg - FachInfo

Werbung
Fachinformation
Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg
1. BEZEICHNUNG DER ARZNEIMITTEL
Medikinet®
veränderter
Medikinet®
veränderter
Medikinet®
veränderter
Medikinet®
veränderter
retard 10 mg Hartkapseln
Wirkstofffreisetzung
retard 20 mg Hartkapseln
Wirkstofffreisetzung
retard 30 mg Hartkapseln
Wirkstofffreisetzung
retard 40 mg Hartkapseln
Wirkstofffreisetzung
mit
mit
mit
mit
2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE
ZUSAMMENSETZUNG
Medikinet® retard 10 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Jede Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung enthält 10 mg Methylphenidathydrochlorid entsprechend 8,65 mg Methylphenidat.
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: 127,14 mg – 145,42 mg Sucrose/
Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Medikinet® retard 20 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Jede Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung enthält 20 mg Methylphenidathydrochlorid entsprechend 17,30 mg Methylphenidat.
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: 114,65 mg – 131,13 mg Sucrose/
Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Medikinet® retard 30 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Jede Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung enthält 30 mg Methylphenidathydrochlorid entsprechend 25,95 mg Methylphenidat.
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: 69,60 mg – 79,61 mg Sucrose/Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Medikinet® retard 40 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Jede Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung enthält 40 mg Methylphenidathydrochlorid entsprechend 34,60 mg Methylphenidat.
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: 92,80 mg – 106,14 mg Sucrose/Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Hartkapsel mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Medikinet® retard 10 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Weißes, undurchsichtiges Kapselunterteil/
malvefarbenes, undurchsichtiges Kapseloberteil (15,9 mm), die weiße und blaue
Pellets enthalten.
Juli 2015
Medikinet® retard 20 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Malvefarbenes, undurchsichtiges Kapselunterteil/malvefarbenes, undurchsichtiges
Kapseloberteil (15,9 mm), die weiße und
blaue Pellets enthalten.
009621-19039
Medikinet® retard 30 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Hellgraues, undurchsichtiges Kapselunterteil/dunkelviolettes, undurchsichtiges Kapseloberteil (15,9 mm), die weiße und blaue
Pellets enthalten.
Medikinet® retard 40 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Graues, undurchsichtiges Kapselunterteil/
dunkelviolettes, undurchsichtiges Kapseloberteil (18,0 mm), die weiße und blaue
Pellets enthalten.
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1 Anwendungsgebiete
Aufmerksamkeitsdefizit-HyperaktivitätsStörung (ADHS)
Medikinet® retard ist im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) bei Kindern ab einem Alter von 6 Jahren indiziert, wenn sich
andere therapeutische Maßnahmen allein
als unzureichend erwiesen haben. Die Behandlung muss unter Aufsicht eines Spezialisten für Verhaltensstörungen bei Kindern
durchgeführt werden. Die Diagnose sollte
anhand der aktuell gültigen DSM-Kriterien
oder der Richtlinien in ICD-10 gestellt werden und auf einer vollständigen Anamnese
und Untersuchung des Patienten basieren.
Die Diagnose darf sich nicht allein auf das
Vorhandensein eines oder mehrerer Symptome stützen.
Die spezifische Ätiologie dieses Syndroms
ist unbekannt. Ein spezifischer diagnostischer Test existiert nicht. Eine adäquate Diagnose erfordert die Berücksichtigung medizinischer und spezieller psychologischer,
pädagogischer Quellen und des sozialen
Umfeldes.
Eine therapeutische Gesamtstrategie umfasst in der Regel sowohl psychologische,
pädagogische, soziale als auch pharmakotherapeutische Maßnahmen und zielt auf
eine Stabilisierung von Kindern mit einem
Verhaltenssyndrom ab, das durch folgende
Symptome charakterisiert sein kann: chronische kurze Aufmerksamkeitsspanne in
der Anamnese, Ablenkbarkeit, emotionale
Labilität, Impulsivität, mäßige bis starke Hyperaktivität, geringfügige neurologische Anzeichen und abnormales EEG. Die Lernfähigkeit kann unter Umständen beeinträchtigt sein.
Eine Behandlung mit Methylphenidat ist
nicht bei allen Kindern mit ADHS indiziert,
und der Entscheidung zur Anwendung dieses Arzneimittels muss eine sehr sorgfältige
Einschätzung der Schwere und Dauer der
Symptome des Kindes in Bezug auf sein
Alter vorausgehen.
Eine entsprechende pädagogische Einstufung ist essentiell und psychosoziale Maßnahmen sind im Allgemeinen notwendig.
Wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben, muss die Entscheidung, ein Stimulanz
zu verordnen, auf Basis einer strengen Einschätzung der Schwere der Symptome des
Kindes beruhen. Die Anwendung von Methylphenidat sollte immer in Übereinstimmung mit der zugelassenen Indikation und
den Verschreibungs-/Diagnose-Leitlinien erfolgen.
4.2 Dosierung und Art der Anwendung
Dosierung
Die Behandlung muss unter der Aufsicht
eines Spezialisten für Verhaltensstörungen
bei Kindern und/oder Jugendlichen erfolgen.
Untersuchungen vor Behandlungsbeginn
Vor einer Verschreibung ist es notwendig,
den Patienten hinsichtlich seines kardiovaskulären Status einschließlich Blutdruck und
Herzfrequenz zu beurteilen. Eine umfassende Anamnese sollte Begleitmedikationen,
frühere und aktuelle medizinische und psychiatrische Begleiterkrankungen oder Symptome und Familienanamnese von plötzlichen
Herzerkrankungen/unerwartetem Tod und
eine exakte Erfassung von Körpergröße
und -gewicht vor der Behandlung in einem
Wachstumsdiagramm umfassen (siehe Abschnitte 4.3 und 4.4).
Laufende Überwachung
Das Wachstum, der psychische und der
kardiovaskuläre Status sollten kontinuierlich
überwacht werden (siehe Abschnitt 4.4).
• Der Blutdruck und der Puls sollen bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate in einer grafischen
Darstellung dokumentiert werden;
• Körpergröße, Gewicht und Appetit sollten mindestens alle 6 Monate anhand
eines Wachstumsdiagramms festgehalten werden;
• Die Entwicklung neuer oder die Verschlechterung bereits bestehender psychiatrischer Störungen sind bei jeder
Dosisanpassung und dann mindestens
alle 6 Monate und bei jedem Besuch zu
erfassen.
Die Patienten sollten hinsichtlich des Risikos
von Zweckentfremdung, Fehlgebrauch und
Missbrauch von Methylphenidat überwacht
werden.
Dosistitration
Zu Beginn der Behandlung mit Methylphenidat ist eine sorgfältige Dosistitration erforderlich. Dies erfolgt in der Regel durch die
mehrmals tägliche Einnahme von sofort
freisetzenden Darreichungsformen. Die
empfohlene Initialdosis beträgt einmal oder
zweimal täglich 5 mg (z. B. zum Frühstück
und Mittagessen). Falls erforderlich, kann in
Abhängigkeit von der Verträglichkeit und
dem beobachteten Grad der Wirksamkeit
die Tagesdosis jeweils wöchentlich in Schritten von 5 – 10 mg erhöht werden. Anstelle
der zweimal täglichen Gabe einer sofort
freisetzenden Methylphenidathydrochlorid
5 mg Formulierung kann von Beginn der Behandlung an Medikinet® retard 10 mg einmal täglich verwendet werden, wenn der
behandelnde Arzt feststellt, dass eine zweimal tägliche Dosisgabe zu Behandlungsbeginn zwar angemessen, aber die zweimal
tägliche Gabe nicht durchführbar ist.
Es sollte die geringste mögliche Tagesdosis,
mit der eine zufriedenstellende Symptomkontrolle erzielt wird, für die Behandlung
gewählt werden.
Medikinet® retard wird morgens mit oder
nach dem Frühstück eingenommen, um ei1
Fachinformation
Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg
ne ausreichend verlängerte Wirkung zu erlangen und hohe Plasmaspitzen zu verhindern. Methylphenidathydrochlorid wird wesentlich schneller aus Medikinet® retard resorbiert, wenn das Arzneimittel auf nüchternen Magen eingenommen wird. In diesem
Falle könnte die Freisetzung nicht adequat
verlängert sein. Daher soll Medikinet® retard
nicht ohne Nahrung eingenommen werden.
Medikinet® retard setzt sich aus einer sofort
freisetzenden Komponente (50 % der Dosis)
und einer verzögert freisetzenden Komponente (50 % der Dosis) zusammen. Somit
enthält zum Beispiel Medikinet® retard
10 mg einen sofort freisetzenden Dosisanteil von 5 mg und einen verzögert freisetzenden Dosisanteil von 5 mg Methylphenidathydrochlorid. Der verzögert freisetzende
Anteil jeder Dosis dient dazu, den Behandlungserfolg über den Nachmittag aufrecht
zu erhalten, ohne dass eine mittägliche
Dosisgabe notwendig ist. Medikinet® retard
ist dazu bestimmt, therapeutische Plasmaspiegel über einen Zeitraum von etwa
8 Stunden aufrechtzuerhalten, was eher einem Schultag als einem ganzen Tag entspricht (siehe Abschnitt 5.2). Zum Beispiel
sollen 20 mg Medikinet® retard die Gabe
von 10 mg einer sofort freisetzenden Methylphenidathydrochlorid-Formulierung zum
Frühstück und 10 mg zur Mittagszeit ersetzen.
Patienten, die zurzeit Methylphenidathydrochlorid einnehmen
Patienten, die auf eine sofort freisetzende
Methylphenidathydrochlorid-Formulierung
eingestellt sind, können auf die äquivalente
Dosis in Milligramm von Medikinet® retard
umgestellt werden.
Medikinet® retard sollte nicht zu spät am
Vormittag eingenommen werden, da es
sonst zu Schlafstörungen kommen kann.
Wenn die Wirkung des Arzneimittels am
späten Nachmittag oder am Abend zu früh
nachlässt, kann gestörtes Verhalten wieder
auftreten. Eine niedrige Dosis einer sofort
freisetzenden Methylphenidat-Tablette am
Abend kann dazu beitragen, dieses Problem
zu lösen. In diesem Fall sollte überlegt werden, ob die Verabreichung einer zweimal
täglichen Dosis einer sofort freisetzenden
Methyphenidat-Tablette ebenfalls zu einer
befriedigenden Einstellung führen kann. Die
Vor- und Nachteile einer niedrigen abendlichen Dosis einer sofort freisetzenden Methylphenidat-Tablette gegenüber den möglichen Einschlafstörungen müssen in die
Überlegungen mit einbezogen werden.
Eine Behandlung mit Medikinet® retard sollte nicht weitergeführt werden, wenn eine
zusätzliche abendliche Dosis Methylphenidat benötigt wird, ohne dass bekannt ist,
ob eine solche Dosis auch bei einer Behandlung mit sofort freisetzenden Tabletten
in einer äquivalenten Dosierung zum Frühstück und zu Mittag notwendig ist.
Es sollte die Behandlungsmethode angewendet werden, die mit der geringsten Tagesdosis eine zufriedenstellende Symptomkontrolle erzielt.
Weitere Stärken dieses Arzneimittels und
anderer Arzneimittel, die Methylphenidat
enthalten, können zur Verfügung stehen.
2
Die Tageshöchstdosis von Methylphenidathydrochlorid ist 60 mg.
Dauertherapie (mehr als 12 Monate) bei
Kindern und Jugendlichen
Die Sicherheit und Wirksamkeit der Langzeitanwendung von Methylphenidat wurde
nicht systematisch in kontrollierten Studien
untersucht. Die Behandlung mit Methylphenidat sollte und muss nicht unbegrenzt erfolgen. Sie wird in der Regel während oder
nach der Pubertät abgesetzt. Der Arzt, der
Methylphenidat über längere Zeit (über
12 Monate) bei Kindern und Jugendlichen
mit ADHS anwendet, muss regelmäßig den
langfristigen Nutzen des Arzneimittels für
den einzelnen Patienten neu bewerten, indem er behandlungsfreie Zeitabschnitte einlegt, um das Verhalten des Patienten ohne
medikamentöse Behandlung zu beurteilen.
Es wird empfohlen, Methylphenidat mindestens einmal im Jahr abzusetzen, um das
Befinden des Kindes zu beurteilen (vorzugsweise während der Schulferien). Eine Besserung kann möglicherweise aufrechterhalten bleiben, wenn das Arzneimittel vorübergehend oder vollständig abgesetzt wurde.
Dosisreduktion und Unterbrechung der Medikation
Die Behandlung muss beendet werden,
wenn die Symptome nach einer geeigneten
Dosisanpassung über einen Zeitraum von
einem Monat nicht besser werden. Bei Auftreten einer paradoxen Verschlimmerung
der Symptome oder anderer schwerwiegender Nebenwirkungen muss die Dosis
reduziert oder das Arzneimittel abgesetzt
werden.
Erwachsene
Bei Jugendlichen, deren Symptome bis in
das Erwachsenenalter bestehen bleiben
und bei denen die Behandlung einen deutlichen Nutzen gezeigt hat, kann es angebracht sein, die Therapie im Erwachsenenalter mit der gleichen Dosierung (mg/Tag)
fortzuführen. Ob eine Anpassung der Dosis
in Abhängigkeit von der Wirksamkeit und
Verträglichkeit nötig oder möglich ist, muss
regelmäßig überprüft werden. Eine Therapieinitiierung mit Medikinet® retard ist bei
Erwachsenen jedoch nicht angezeigt (siehe
Abschnitte 4.4 und 5.1).
Ältere Patienten
Methylphenidat darf nicht bei älteren Patienten angewendet werden. Sicherheit und
Wirksamkeit von Methylphenidat wurden in
dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.
Kinder unter 6 Jahre
Methylphenidat darf nicht bei Kindern unter
6 Jahren angewendet werden. Sicherheit
und Wirksamkeit von Methylphenidat wurden in dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.
Art der Anwendung
Zum Einnehmen.
Medikinet® retard sollte morgens mit oder
nach dem Frühstück eingenommen werden.
Die Kapseln können als Ganzes mit Flüssigkeit eingenommen werden. Alternativ kann
die Kapsel geöffnet, der Kapselinhalt auf
eine kleine Menge (Esslöffel) Apfelmus oder
Joghurt gestreut und dann unverzüglich
eingenommen werden. Diese Zubereitung
sollte nicht für eine spätere Einnahme aufbewahrt werden. Im Anschluss an die Einnahme des Kapselinhalts zusammen mit
dem Apfelmus oder Joghurt sollte Flüssigkeit, z. B. Wasser, getrunken werden. Die
Kapseln und deren Inhalt dürfen nicht zerkleinert oder zerkaut werden.
4.3 Gegenanzeigen
• Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile
• Glaukom
• Phäochromozytom
• Während der Behandlung mit nicht-selektiven, irreversiblen Monoaminoxidasehemmern (MAO-Hemmern) oder innerhalb von mindestens 14 Tagen nach Absetzen solcher Arzneimittel, da dann das
Risiko einer hypertensiven Krise besteht
(siehe Abschnitt 4.5).
• Hyperthyreose oder Thyreotoxikose
• Diagnose oder Anamnese von schwerer
Depression, Anorexia nervosa/anorektischen Störungen, Suizidneigung, psychotischen Symptomen, schweren affektiven Störungen, Manie, Schizophrenie,
psychopathischen/Borderline-Persönlichkeitsstörungen.
• Diagnose oder Anamnese von schweren
und episodischen (Typ I) bipolaren affektiven Störungen (die nicht gut kontrolliert
sind)
• Vorbestehende Herz-Kreislauferkrankungen einschließlich schwerer Hypertonie,
Herzinsuffizienz, arterieller Verschlusskrankheit, Angina pectoris, hämodynamisch signifikanter, angeborener Herzfehler, Kardiomyopathien, Myokardinfarkt,
potentiell lebensbedrohender Arrhythmien und Kanalopathien (Erkrankungen,
die aufgrund von Dysfunktionen der Ionenkanäle verursacht wurden)
• Vorbestehende zerebrovaskuläre Erkrankungen, wie zum Beispiel zerebrale Aneurysmen, Gefäßabnormalitäten einschließlich Vaskulitis oder Schlaganfall
• Bekannte ausgeprägte Anazidität des
Magens mit einem pH-Wert über 5,5,
bei H2-Rezeptorenblocker- oder Antazidatherapie
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Eine Behandlung mit Methylphenidat ist
nicht bei allen Kindern mit ADHS indiziert
und der Entscheidung zur Anwendung dieses Arzneimittels muss eine sehr sorgfältige
Einschätzung der Schwere und Dauer der
Symptome des Kindes in Bezug auf sein
Alter (6 – 18 Jahre) vorausgehen.
Langzeitanwendung (mehr als 12 Monate)
bei Kindern und Jugendlichen
Die Sicherheit und Wirksamkeit der Langzeitanwendung von Methylphenidat wurde
nicht systematisch in kontrollierten Studien
untersucht. Die Behandlung mit Methylphenidat sollte und muss nicht unbegrenzt
erfolgen. Sie wird in der Regel während
oder nach der Pubertät abgesetzt. Patienten unter Langzeitbehandlung (d. h. über
mehr als 12 Monate) müssen laufend entsprechend den Richtlinien (siehe Abschnitte 4.2 und 4.4) sorgfältig hinsichtlich HerzKreislaufstatus, Wachstum, Appetit, Ent009621-19039
Fachinformation
Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg
wicklung von neuen oder Verschlechterung
von bestehenden psychiatrischen Erkrankungen überwacht werden. Psychiatrische
Erkrankungen, die überwacht werden sollten, werden unten beschrieben und beinhalten (sind aber nicht begrenzt auf): motorische oder vokale Tics, aggressives oder
feindseliges Verhalten, Depression, Agitiertheit, Angst, Psychose, Manie, Wahnvorstellungen, Reizbarkeit, mangelnde Spontaneität, Rückzug und übermäßige Perseveration.
Der Arzt, der Methylphenidat über längere
Zeit (über 12 Monate) bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS anwendet, muss regelmäßig den langfristigen Nutzen des Arzneimittels für den einzelnen Patienten neu
bewerten, indem er behandlungsfreie Zeitabschnitte einlegt, um das Verhalten des
Patienten ohne medikamentöse Behandlung zu beurteilen. Es wird empfohlen, Methylphenidat mindestens einmal im Jahr abzusetzen, um das Befinden des Kindes zu
beurteilen (vorzugsweise während der
Schulferien). Eine Besserung kann möglicherweise aufrechterhalten bleiben, wenn
das Arzneimittel vorübergehend oder vollständig abgesetzt wurde.
Anwendung bei Erwachsenen
Sicherheit und Wirksamkeit der Therapieinitiierung bei Erwachsenen oder der routinemäßigen Weiterbehandlung über das Alter
von 18 Jahren hinaus wurden nicht nachgewiesen. Sollte ein Absetzen der Behandlung bei Jugendlichen, die das Alter von
18 Jahren erreicht haben, keinen Erfolg zeigen, kann eine Weiterbehandlung in das Erwachsenenalter erforderlich sein. Die Notwendigkeit einer Weiterbehandlung dieser
Erwachsenen soll regelmäßig überprüft und
jährlich untersucht werden.
Anwendung bei älteren Patienten
Methylphenidat darf nicht bei älteren Patienten angewendet werden. Sicherheit und
Wirksamkeit von Methylphenidat wurden in
dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.
Juli 2015
Anwendung bei Kindern unter 6 Jahren
Methylphenidat darf nicht bei Kindern unter
6 Jahren angewendet werden. Sicherheit
und Wirksamkeit von Methylphenidat wurden in dieser Altersgruppe nicht nachgewiesen.
Herz-Kreislaufstatus
Bei Patienten, für die eine Behandlung mit
Stimulanzien in Betracht kommt, sollte eine
sorgfältige Anamnese erhoben werden (einschließlich Beurteilung der Familienanamnese auf plötzlichen Herz- oder unerwarteten Tod oder maligne Arrhythmien) und eine
körperliche Untersuchung auf bestehende
Herzerkrankungen durchgeführt werden.
Wenn initiale Befunde auf eine solche Historie oder Erkrankung hinweisen, müssen
diese Patienten weitergehende Herzuntersuchungen durch einen Spezialisten erhalten. Patienten, bei denen unter der Therapie
mit Methylphenidat Symptome wie Palpitationen, Thoraxschmerzen bei Belastung,
unklare Synkope, Dyspnoe oder andere
Symptome, die auf eine Herzerkrankung
schließen lassen, auftreten, sollten umgehend eine kardiale Untersuchung durch einen Spezialisten erhalten.
009621-19039
Die Auswertung von Daten aus klinischen
Studien mit Methylphenidat bei Kindern und
Jugendlichen mit ADHS hat gezeigt, dass
Patienten unter Methylphenidat-Behandlung
häufig eine Änderung des diastolischen und
systolischen Blutdrucks um über 10 mmHg
gegenüber dem Ausgangswert im Vergleich
zu den Kontrollen entwickeln. Die kurz- und
langfristigen klinischen Auswirkungen dieser
kardiovaskulären Effekte bei Kindern und
Jugendlichen sind nicht bekannt. Mögliche
klinische Komplikationen können als Ergebnis der in den klinischen Studiendaten beobachteten Wirkungen nicht ausgeschlossen werden. Vorsicht ist geboten bei der
Behandlung von Patienten, deren Gesundheitszustand durch Erhöhung des Blutdrucks oder der Herzfrequenz beeinträchtigt
werden könnte. Siehe Abschnitt 4.3 für Erkrankungen, bei denen eine Behandlung mit
Methylphenidat kontraindiziert ist.
Der Herz-Kreislaufstatus sollte sorgfältig
überwacht werden. Bei jeder Dosisanpassung und bei klinischem Bedarf und dann
mindestens alle 6 Monate müssen der Blutdruck und die Herzfrequenz in grafischer
Darstellung dokumentiert werden.
Die Anwendung von Methylphenidat ist bei
bestimmten vorbestehenden Herz-Kreislauferkrankungen kontraindiziert, wenn nicht
der Rat eines Kinderkardiologen eingeholt
wurde (siehe Abschnitt 4.3).
Plötzlicher Tod und vorbestehende kardiale
Strukturauffälligkeiten oder andere schwere
Herzerkrankungen
Bei Kindern, einige mit strukturellen Herzanomalien oder anderen schwerwiegenden
Herzproblemen, wurde im Zusammenhang
mit der Anwendung von Stimulanzien des
Zentralnervensystems in normalen Dosierungen über plötzliche Todesfälle berichtet.
Obwohl einige schwerwiegende Herzprobleme alleine schon ein erhöhtes Risiko für
plötzlichen Tod bedeuten können, werden
Stimulanzien bei Kindern oder Jugendlichen mit bekannten strukturellen Herzanomalien, Kardiomyopathien, schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen oder anderen
schwerwiegenden Herzproblemen, die sie
einer erhöhten Gefährdung für die sympathomimetischen Wirkungen eines stimulierenden Arzneimittels aussetzen könnten,
nicht empfohlen.
Missbrauch und kardiovaskuläre Ereignisse
Der Missbrauch von Stimulanzien des zentralen Nervensystems kann mit plötzlichem
Tod und anderen schwerwiegenden kardiovaskulären unerwünschten Ereignissen assoziiert sein.
Zerebrovaskuläre Störungen
Siehe Abschnitt 4.3 für zerebrovaskuläre
Bedingungen, unter denen die Methylphenidat-Anwendung kontraindiziert ist. Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren (wie
kardiovaskuläre Erkrankungen in der Vorgeschichte, Begleitmedikation, die den
Blutdruck erhöht) sollten bei jedem Termin
auf neurologische Anzeichen und Symptome nach Behandlungsbeginn mit Methylphenidat untersucht werden.
Zerebrale Vaskulitis scheint eine sehr seltene idiosynkratische Reaktion auf eine Methylphenidat-Einnahme zu sein. Es gibt ei-
nige Hinweise, dass Patienten mit höherem
Risiko identifiziert werden können. Das initiale Auftreten von Symptomen kann der
erste Hinweis auf eine zu Grunde liegende
klinische Erkrankung sein. Eine frühe Diagnose aufgrund starker Hinweise kann das
umgehende Absetzen von Methylphenidat
und eine frühzeitige Behandlung ermöglichen. Die Diagnose sollte daher bei jedem
Patienten in Betracht gezogen werden, der
unter einer Methylphenidat-Behandlung
neue neurologische Symptome entwickelt,
die einer zerebralen Ischämie entsprechen.
Zu diesen Symptomen können schwere
Kopfschmerzen, Taubheitsgefühl, Schwäche, Lähmungen und Beeinträchtigungen
von Koordination, Sehen, Sprechen, Sprache oder Gedächtnis zählen.
Die Behandlung mit Methylphenidat ist bei
Patienten mit hemiplegischer Zerebralparese nicht kontraindiziert.
Psychiatrische Erkrankungen
Psychiatrische Komorbiditäten bei ADHS
sind häufig und sollten bei der Verschreibung von Stimulanzien berücksichtigt werden. Im Falle des Auftretens psychiatrischer
Symptome oder der Verschlimmerung einer
bestehenden psychiatrischen Erkrankung
sollte die Therapie mit Methylphenidat nicht
fortgesetzt werden, wenn der Nutzen der
Behandlung das potenzielle Risiko für den
Patienten nicht überwiegt.
Bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate und bei jedem Besuch ist zu kontrollieren, ob sich psychiatrische Störungen entwickelt oder verschlechtert haben; eine Unterbrechung der
Behandlung könnte angebracht sein.
Verschlimmerung bestehender psychotischer oder manischer Symptome
Bei psychotischen Patienten kann die Verabreichung von Methylphenidat die Symptome von Verhaltens- und Denkstörungen
verschlimmern.
Auftreten neuer psychotischer oder manischer Symptome
Behandlungsbedingte psychotische Symptome (visuelle/taktile/auditive Halluzinationen und Wahnvorstellungen) oder Manie bei
Kindern und Jugendlichen ohne bekannte
psychotische Erkrankung oder Manie können durch normale Dosierungen von Methylphenidat hervorgerufen werden. Wenn
manische oder psychotische Symptome
auftreten, sollte an einen möglichen kausalen Zusammenhang mit Methylphenidat
gedacht und ein Abbruch der Therapie in
Erwägung gezogen werden.
Aggressives oder feindseliges Verhalten
Das Auftreten oder die Verschlimmerung
von aggressivem Verhalten oder Feindseligkeit kann durch die Behandlung mit Stimulanzien hervorgerufen werden. Patienten
unter der Behandlung mit Methylphenidat,
sollten strikt auf das Auftreten oder die Verschlimmerung von aggressivem Verhalten
überwacht werden, und zwar bei Behandlungsbeginn, bei jeder Dosisanpassung und
dann mindestens alle 6 Monate und bei jeder Untersuchung. Bei Patienten, die diese
Verhaltensänderungen zeigen, sollte der
Arzt die Notwendigkeit einer Anpassung der
Behandlung abklären, wobei auch eine er3
Fachinformation
Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg
neute Höher- oder Abwärtstitration angedacht werden sollte. Ebenso sollte eine Behandlungsunterbrechung in Betracht gezogen werden.
Suizidalität
Patienten, bei denen während der ADHSBehandlung Suizidgedanken oder suizidales
Verhalten auftreten, sollten sofort von ihrem
Arzt beurteilt werden. Es sollte eine Verschlimmerung der zu Grunde liegenden psychiatrischen Erkrankung und ein möglicher
kausaler Zusammenhang mit der Methylphenidat-Behandlung in Erwägung gezogen
werden. Eine entsprechende Behandlung
der zu Grunde liegenden psychiatrischen
Erkrankung kann notwendig sein und eine
Beendigung der Methylphenidat-Behandlung sollte in Erwägung gezogen werden.
Tics
Methylphenidat wurde mit der Entstehung
oder der Verschlimmerung von motorischen
und verbalen Tics in Verbindung gebracht.
Die Verschlimmerung eines Tourette-Syndroms wurde ebenfalls beobachtet. Die Familienanamnese ist zu überprüfen und Kinder sollten vor der Anwendung von Methylphenidat klinisch auf Tics oder TouretteSyndrom untersucht werden. Auch während der Behandlung mit Methylphenidat
sind die Patienten regelmäßig auf die Entstehung oder die Verschlimmerung von Tics
zu überwachen.
Die Überwachung sollte bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate oder bei jeder Untersuchung erfolgen.
Angst- und Spannungszustände oder Agitiertheit
Methylphenidat wird mit der Verschlimmerung bestehender Angst- oder Spannungszustände oder Agitiertheit in Verbindung
gebracht. Die klinische Bewertung von
Angst- und Spannungszuständen oder Agitiertheit sollte der Anwendung von Methylphenidat vorausgehen und die Patienten
sollten regelmäßig während der Behandlung, bei jeder Dosisanpassung und dann
mindestens alle 6 Monate oder bei jeder
Untersuchung auf das Auftreten oder die
Verschlimmerung dieser Symptome hin untersucht werden.
Bipolare Störungen
Besondere Vorsicht ist bei der Anwendung
von Methylphenidat zur Behandlung von
ADHS bei Patienten mit bipolaren Begleiterkrankungen geboten (einschließlich unbehandelter Bipolar-I-Störung oder anderer
Formen der bipolaren Störung), da bei solchen Patienten Bedenken wegen einer
möglichen Auslösung eines gemischten/
-manischen Schubs bestehen. Vor Behandlungsbeginn mit Methylphenidat sollten Patienten mit depressiven Begleitsymptomen
ausreichend untersucht werden, um festzustellen, ob bei ihnen ein Risiko für bipolare
Störungen besteht. Solche Untersuchungen
sollten eine detaillierte psychiatrische Anamnese einschließlich der Familienanamnese hinsichtlich Suizidalität, bipolarer Störungen und Depressionen, umfassen. Die
gründliche laufende Überwachung ist unabdingbar für diese Patienten (siehe obigen
Absatz „Psychiatrische Erkrankungen“ und
Abschnitt 4.2). Die Patienten sollten bei jeder Dosisanpassung, mindestens alle 6 Mo4
nate und bei jeder Untersuchung auf Symptome hin überwacht werden.
Wachstum
Bei Langzeitanwendung von Methylphenidat bei Kindern wurde über mäßig verringerte Gewichtszunahme und Wachstumsverzögerung berichtet.
Absetzen
Eine sorgfältige Überwachung ist beim Absetzen des Arzneimittels erforderlich, da es
dabei zur Demaskierung sowohl von Depressionen als auch von chronischer Überaktivität kommen kann. Einige Patienten
benötigen möglicherweise Nachuntersuchungen über einen längeren Zeitraum.
Die Wirkungen von Methylphenidat auf die
endgültige Größe und das endgültige Gewicht sind zur Zeit unbekannt und werden
untersucht.
Während des Absetzens nach missbräuchlicher Anwendung ist eine sorgfältige Überwachung notwendig, da es zu schweren
Depressionen kommen kann.
Das Wachstum sollte während einer
Methylphenidat-Therapie überwacht werden. Körpergröße, Gewicht und Appetit
sollten entsprechend dem Alter des Kindes
überwacht und mindestens alle 6 Monate in
einem Wachstumsdiagramm erfasst werden. Patienten, die nicht wie erwartet wachsen oder deren Körpergröße bzw. Körpergewicht nicht erwartungsgemäß zunimmt,
müssen möglicherweise ihre Behandlung
unterbrechen.
Müdigkeit
Methylphenidat sollte nicht für die Prophylaxe oder Behandlung von gewöhnlichen Ermüdungszuständen angewendet werden.
Krampfanfälle
Methylphenidat darf nur mit Vorsicht bei
Patienten mit Epilepsie angewendet werden. Methylphenidat kann die Krampfschwelle senken, sowohl bei Patienten mit
Krampfanfällen in der Anamnese als auch
bei Patienten mit EEG-Auffälligkeiten ohne
Krampfanfälle in der Anamnese und in seltenen Fällen auch bei Patienten, die weder
Krampfanfälle noch EEG-Auffälligkeiten in
der Anamnese haben. Wenn die Anfallshäufigkeit zunimmt oder neue Anfälle auftreten, sollte Methylphenidat abgesetzt
werden.
Fehlgebrauch, Missbrauch und Zweckentfremdung
Patienten sollten sorgfältig hinsichtlich
Zweckentfremdung, Missbrauch und Fehlgebrauch von Methylphenidat überwacht
werden.
Wegen des Potentials von Fehlgebrauch,
Missbrauch und Zweckentfremdung sollte
Methylphenidat bei Patienten mit bekannter
Drogen- oder Alkoholabhängigkeit mit Vorsicht angewendet werden.
Chronischer Missbrauch von Methylphenidat kann zu ausgeprägter Toleranz und psychischer Abhängigkeit mit abnormalem Verhalten in unterschiedlicher Ausprägung führen. Insbesondere bei parenteralem Abusus
kann es zu offenen psychotischen Episoden
kommen.
Bei der Entscheidung über eine ADHS-Behandlung ist das Patientenalter, das Bestehen von Risikofaktoren für Suchtstörungen
(wie z. B. gleichzeitige oppositionelle oder
Verhaltens- und bipolare Störungen), früherer oder bestehender Missbrauch zu berücksichtigen. Vorsicht ist geboten bei emotional instabilen Patienten, wie z. B. früheren
Drogen- oder Alkoholabhängigen, da diese
Patienten die Dosis eigenständig erhöhen
könnten.
Bei einigen Patienten mit einem hohen Missbrauchsrisiko sind möglicherweise Methylphenidat oder andere Stimulanzien nicht
geeignet, und eine Therapie ohne Stimulanzien sollte erwogen werden.
Auswahl der Methylphenidat Darreichungsform
Der behandelnde Spezialist muss auf individueller Basis und je nach gewünschter Wirkungsdauer entscheiden, welche methylphenidathaltige Darreichungsform ausgewählt wird.
Drogenscreening
Dieses methylphenidathaltige Arzneimittel
kann zu einem falsch positiven Laborwert
für Amphetamine führen, insbesondere bei
Verwendung von Immunoassay-Methoden.
Sportlern muss bewusst sein, dass dieses
Arzneimittel bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen kann.
Nieren- oder Leberinsuffizienz
Es liegen keine Erfahrungen zur Anwendung von Methylphenidat bei Patienten mit
Nieren- oder Leberinsuffizienz vor.
Hämatologische Effekte
Die Sicherheit der Langzeitbehandlung mit
Methylphenidat ist nicht vollständig bekannt.
Bei Vorliegen einer Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie oder anderen Veränderungen, einschließlich der Hinweise auf Nierenoder Lebererkrankungen, ist an einen Abbruch der Behandlung zu denken.
Sonstiger Bestandteil: Sucrose
Dieses Arzneimittel enthält Sucrose: Patienten mit der seltenen hereditären FructoseIntoleranz, Glucose-Galactose-Malabsorption oder Saccharase-Isomaltase-Mangel
sollten Medikinet® retard nicht einnehmen.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen
Arzneimitteln und sonstige
Wechselwirkungen
Pharmakokinetische Wechselwirkungen
Es ist nicht bekannt, wie Methylphenidat die
Plasmakonzentrationen von gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln beeinflussen
kann. Daher ist Vorsicht geboten, wenn Methylphenidat zusammen mit anderen Arzneimitteln, besonders bei solchen mit enger
therapeutischer Breite angewendet wird.
Methylphenidat wird nicht in klinisch relevantem Ausmaß von Cytochrom P450 abgebaut. Induktoren oder Hemmer des Cytochroms P450 haben voraussichtlich keinen
relevanten Einfluss auf die Pharmakokinetik
von Methylphenidat. Umgekehrt hemmen
die d- und l-Enantiomere von Methylphenidat das Cytochrom P450 1A2, 2C8, 2C9,
2C19, 2D6, 2E1 oder 3A nicht in relevantem Ausmaß.
009621-19039
Fachinformation
Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg
Es liegen jedoch Berichte mit Hinweisen
vor, dass Methylphenidat den Metabolismus von Antikoagulanzien vom CumarinTyp, Antikonvulsiva (z. B. Phenobarbital,
Phenytoin, Primidon) und einigen Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva und
selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren) hemmen kann. Bei Beginn oder
Absetzen einer Methylphenidat-Therapie
kann es erforderlich werden, die Dosis dieser Wirkstoffe, die bereits eingenommen
werden, anzupassen und die Wirkstoffkonzentrationen im Plasma zu bestimmen
(bzw. bei Cumarin die Koagulationszeiten).
Pharmakodynamische Wechselwirkungen
Blutdrucksenkende Arzneimittel
Methylphenidat kann die antihypertensive
Wirkung von Wirkstoffen zur Behandlung
von Bluthochdruck abschwächen.
Anwendung mit Arzneimitteln, die den Blutdruck erhöhen
Vorsicht ist geboten, wenn mit Methylphenidat behandelte Patienten mit einem anderen Wirkstoff behandelt werden sollen, der
ebenfalls den Blutdruck erhöhen kann
(s. a. die Abschnitte zu kardiovaskulären
und zerebrovaskulären Erkrankungen in Abschnitt 4.4).
Wegen des Risikos einer möglichen hypertensiven Krise ist Methylphenidat bei Patienten, die (derzeit oder in den vorhergehenden
2 Wochen) mit nicht-selektiven, irreversiblen
MAO-Hemmern behandelt werden, kontraindiziert (siehe Abschnitt 4.3).
Anwendung mit Alkohol
Alkohol kann die ZNS-Nebenwirkungen von
psychoaktiven Wirkstoffen einschließlich
Methylphenidat verstärken. Daher ist es
während des Behandlungszeitraums für die
Patienten angebracht, keinen Alkohol zu
sich zu nehmen.
Anwendung mit halogenierten Narkotika
Während einer Operation besteht das Risiko
einer plötzlichen Erhöhung des Blutdrucks.
Wenn eine Operation geplant ist, sollte Methylphenidat nicht am Tag der Operation
angewendet werden.
Juli 2015
Anwendung mit zentral wirksamen alpha-2Agonisten (z. B. Clonidin)
Bei gleichzeitiger Anwendung mit Clonidin
wurden schwerwiegende Nebenwirkungen
einschließlich des plötzlichen Todes gemeldet. Die Sicherheit der Anwendung von
Methylphenidat in Kombination mit Clonidin
oder anderen zentral wirksamen alpha-2Agonisten wurde nicht systematisch untersucht.
Anwendung mit dopaminergen Wirkstoffen
Bei der Anwendung von Methylphenidat zusammen mit dopaminergen Wirkstoffen einschließlich antipsychotisch wirksamen ist
Vorsicht geboten.
Da die Erhöhung der extrazellulären Dopaminkonzentrationen zu den vorrangigen
Wirkungen von Methylphenidat gehört,
kann die Substanz zu pharmakodynamischen Wechselwirkungen führen, wenn sie
gleichzeitig mit direkten und indirekten Dopaminagonisten (einschließlich DOPA und
trizyklischen Antidepressiva) oder mit Dopaminantagonisten (einschließlich Antipsychotika) verabreicht wird.
009621-19039
Anwendung mit anderen Arzneimitteln
Medikinet® retard darf nicht zusammen mit
H2-Rezeptorenblockern oder Antazida eingenommen werden, da es dabei zu einer
rascheren Freisetzung der gesamten Wirkstoffmenge kommen kann.
4.6 Fertilität, Schwangerschaft und
Stillzeit
Schwangerschaft
Es liegt eine begrenzte Anzahl von Daten
für die Verwendung von Methylphenidat bei
Schwangeren vor.
Es liegen Spontanberichte von kardiorespiratorischer Toxizität bei Neugeborenen vor,
insbesondere wurde von fetaler Tachykardie
und Atemnot berichtet.
Tierexperimentelle Studien haben nur bei
mütterlicherseits toxischen Dosen eine
Reproduktionstoxizität gezeigt (siehe Abschnitt 5.3).
Methylphenidat wird nicht zur Anwendung
während der Schwangerschaft empfohlen,
es sei denn, es ist klinisch entschieden,
dass eine Verschiebung der Behandlung ein
größeres Risiko für die Schwangerschaft
bedeutet.
Stillzeit
Methylphenidat wurde in der Muttermilch
von Frauen nachgewiesen, die mit Methylphenidat behandelt wurden.
Es ist ein Fall eines Säuglings bekannt, der
eine unspezifische Gewichtsabnahme während des Anwendungszeitraums entwickelte, sich nach Absetzen der MethylphenidatBehandlung durch die Mutter aber erholte
und wieder zunahm. Ein Risiko für das gestillte Kind kann nicht ausgeschlossen werden.
Aus Sicherheitsgründen muss eine Entscheidung getroffen werden, ob abgestillt oder
die Methylphenidat-Behandlung unterbrochen oder abgesetzt werden soll, wobei der
Nutzen des Stillens für das Kind und der
Nutzen der Therapie für die stillende Mutter
gegeneinander abgewogen werden müssen.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum
Bedienen von Maschinen
Methylphenidat kann Schwindel, Schläfrigkeit und Sehstörungen einschließlich Akkommodationsschwierigkeiten, Diplopie und
verschwommenes Sehen verursachen.
Medikinet® retard kann einen mäßigen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben. Patienten sollten vor diesen möglichen
Effekten gewarnt werden und beim Auftreten dieser Effekte potenziell gefährliche Aktivitäten wie das Führen von Fahrzeugen
oder das Bedienen von Maschinen vermeiden.
4.8 Nebenwirkungen
In der nachstehenden Tabelle sind die Nebenwirkungen aufgeführt, die aus klinischen
Studien und als spontane Berichte nach der
Zulassung sowohl im Zusammenhang mit
Medikinet® retard als auch mit anderen methylphenidathydrochloridhaltigen Arzneimitteln gemeldet wurden. Sollte sich die Häu-
figkeit der Nebenwirkungen mit Medikinet®
retard und anderen methylphenidathydrochloridhaltigen Arzneimitteln unterscheiden,
wird die höchste Frequenz aus beiden Datenbanken verwendet.
Häufigkeitsangaben:
Sehr häufig (≥ 1/10)
Häufig (≥ 1/100 bis < 1/10)
Gelegentlich (≥ 1/1.000 bis < 1/100)
Selten (≥ 1/10.000 bis < 1/1.000)
Sehr selten (< 1/10.000)
Nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der
verfügbaren Daten nicht abschätzbar)
Infektionen und parasitäre Erkrankungen
Häufig: Nasopharyngitis
Erkrankungen des Blutes und des
Lymphsystems
Sehr selten: Anämie#, Leukopenie#, Thrombozytopenie, thrombozytopenische Purpura
Nicht bekannt: Panzytopenie
Erkrankungen des Immunsystems
Gelegentlich: Überempfindlichkeitsreaktionen, wie z. B. angioneurotisches Ödem,
anaphylaktische Reaktionen, Ohrschwellung, bullöse (mit Blasenbildung einhergehende) Hauterkrankungen, exfoliative
(schuppende) Hauterkrankungen, Urtikaria
(Nesselausschlag), Juckreiz, Hautausschläge und Eruptionen
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen*
Häufig: Anorexie, verminderter Appetit, mäßig verringerte Gewichts- und Größenzunahme bei längerer Anwendung bei Kindern*
Psychiatrische Erkrankungen*
Sehr häufig: Schlaflosigkeit, Nervosität
Häufig: Anorexie, Affektlabilität, Aggression*, Agitiertheit*, Angst*, Depression*,
Reizbarkeit, anormales Verhalten
Gelegentlich: psychotische Störungen*,
akustische, optische und taktile Halluzinationen*, Wut, Suizidgedanken*, Stimmungsänderungen,
Stimmungsschwankungen#, Ruhelosigkeit#, Weinerlichkeit,
Tics*, Verschlimmerung von vorbestehenden Tics oder Tourette-Syndrom*, Hypervigilanz, Schlafstörung#
Selten: Manie*, Orientierungslosigkeit, Libidostörung
Sehr selten: Suizidversuch (einschließlich
vollendeter Suizid)*, vorübergehende depressive Verstimmung*, anormales Denken,
Apathie#, stereotype (krankhaft häufig wiederholte) Verhaltensweisen, Überfokussierung
Nicht bekannt: Wahnvorstellungen*, Denkstörungen*, Verwirrtheitszustand, Abhängigkeit, Logorrhoe
Es wurden Fälle von Missbrauch und Abhängigkeit, öfter bei sofort freisetzenden
Darreichungsformen, beschrieben.
Erkrankungen des Nervensystems
Sehr häufig: Kopfschmerzen
Häufig: Schwindel, Dyskinesie, psychomotorische Hyperaktivität, Schläfrigkeit
Gelegentlich: Sedierung, Tremor#
Sehr selten: Krampfanfälle, choreo-athetoide
Bewegungen, reversibles ischämisches neurologisches Defizit, Malignes Neuroleptisches
Syndrom (MNS; die Meldungen waren
schlecht dokumentiert und in den meisten
5
Fachinformation
Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg
Fällen erhielten die Patienten auch andere
Wirkstoffe, weshalb die Rolle von Methylphenidat unklar ist).
Nicht bekannt: zerebrovaskuläre Erkrankungen* (einschließlich Vaskulitis, Hirnblutungen,
Schlaganfälle, zerebrale Arteriitis, Hirngefäßverschluss), Grand-Mal-Anfälle*, Migräne
Augenerkrankungen
Gelegentlich: Diplopie, verschwommenes
Sehen
Selten: Probleme mit der Augenakkommodation, Mydriasis, Sehstörungen
Herzerkrankungen*
Häufig: Arrhythmie, Tachykardie, Palpitationen
Gelegentlich: Thoraxschmerzen
Selten: Angina pectoris
Sehr selten: Herzstillstand, Myokardinfarkt
Nicht bekannt: supraventrikuläre Tachykardie, Bradykardie, ventrikuläre Extrasystolen,
Extrasystolen
Untersuchungen
Häufig: Veränderungen von Blutdruck und
Herzfrequenz (meist eine Erhöhung)*, Gewichtsabnahme*
Gelegentlich: Herzgeräusch*, erhöhte Leberenzyme
Sehr selten: erhöhte alkalische Phosphatase im Blut, erhöhtes Bilirubin im Blut, reduzierte Thrombozytenzahl, anormale Zahl der
weißen Blutkörperchen
Häufig: Hypertonie
Sehr selten: zerebrale Arteriitis und/oder
Hirngefäßverschluss, periphere Kälte, Raynaud-Phänomen
* Siehe Abschnitt 4.4
Die Häufigkeit wurde aus Daten und
Erfahrungen an Kindern und Jugendlichen abgeleitet. Ergebnisse klinischer
Studien an Erwachsenen zeigen, dass
die Häufigkeit bei Erwachsenen höher
sein kann.
$ Die Häufigkeit wurde aus Ergebnissen
klinischer Studien an Erwachsenen
abgeleitet. Diese Information kann jedoch auch für Kinder und Jugendliche
von Bedeutung sein.
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Häufig: Husten, Rachen- und Kehlkopfschmerzen
Gelegentlich: Dyspnoe
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer
Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-RisikoVerhältnisses des Arzneimittels. Angehörige
von Gesundheitsberufen sind aufgefordert,
jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung anzuzeigen.
Gefäßerkrankungen*
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Häufig: Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Magenbeschwerden und Erbrechen –
Diese treten üblicherweise zu Beginn der
Behandlung auf und können durch Einnahme mit einer Mahlzeit gelindert werden.
Mundtrockenheit
Gelegentlich: Verstopfung
Leber- und Gallenerkrankungen
Gelegentlich: Anstieg von Leberenzymen
Sehr selten: gestörte Leberfunktion, einschließlich hepatisches Koma
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Häufig: Alopezie, Pruritus, Hautausschlag,
Urtikaria
Gelegentlich: angioneurotisches Ödem, bullöse Hauterkrankungen, exfoliative Hauterkrankungen
Selten: Hyperhidrosis#, makulärer Hautausschlag, Erythem
Sehr selten: Erythema multiforme, exfoliative Dermatitis, fixes Arzneimittelexanthem
Nicht bekannt: trockene Haut
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und
Knochenerkrankungen
Häufig: Arthralgie
Gelegentlich: Myalgie, Muskelzucken
Sehr selten: Muskelkrämpfe
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Gelegentlich: Hämaturie
Erkrankungen der Geschlechtsorgane
und der Brustdrüse
Selten: Gynäkomastie, Menstruationsstörungen$, verminderte Libido$
Nicht bekannt: erektile Dysfunktion
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Häufig: Pyrexie, Wachstumsverzögerung
unter längerer Anwendung bei Kindern*
6
Gelegentlich: Thoraxschmerzen, Müdigkeit
Sehr selten: plötzlicher Herztod*
Nicht bekannt: Thoraxbeschwerden, Hyperpyrexie
#
Deutschland:
Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte
Abt. Pharmakovigilanz
Kurt-Georg-Kiesinger Allee 3
D-53175 Bonn
Website: http://www.bfarm.de
Luxembourg/Luxemburg:
Direction de la Santé – Division de
la Pharmacie et des Médicaments
Villa Louvigny – Allée Marconi
L-2120 Luxembourg
Site internet: http://www.ms.public.lu/fr/
activites/pharmacie-medicament/index.html
4.9 Überdosierung
Bei der Behandlung von Patienten mit einer
Überdosierung muss auch der verzögert
freisetzende Anteil der Methylphenidat Formulierung berücksichtigt werden.
Anzeichen und Symptome
Eine akute Überdosierung kann, hauptsächlich durch eine Überstimulation des zentralen und sympathischen Nervensystems
bedingt, zu Erbrechen, Agitiertheit, Tremor,
Hyperreflexie, Muskelzuckungen, Konvulsionen (auf die ein Koma folgen kann), Euphorie, Verwirrung, Halluzinationen, Delirium,
Schwitzen, Flush, Kopfschmerzen, Hyperpyrexie, Tachykardie, Herzklopfen, kardialer
Arrhythmie, Hypertonie, Mydriasis und Trockenheit der Schleimhäute führen.
Behandlung
Es gibt kein spezielles Antidot für eine
Medikinet® retard-Überdosierung.
Die Behandlung besteht aus geeigneten
unterstützenden Maßnahmen.
Der Patient muss vor Selbstverletzung und
vor äußeren Stimuli geschützt werden, die
die bereits vorhandene Überstimulation
noch verschlimmern könnten. Wenn die Anzeichen und Symptome nicht zu schwerwiegend sind und der Patient bei Bewusstsein ist, kann der Magen durch Auslösen
von Erbrechen oder durch eine Magenspülung entleert werden. Vor Durchführung der
Magenspülung müssen Agitiertheit und Anfälle ggf. unter Kontrolle gebracht und die
Atemwege freigehalten werden. Andere
Maßnahmen zur Entgiftung des Darms sind
die Verabreichung von Aktivkohle und eines
Abführmittels. Bei Auftreten einer schweren
Intoxikation ist vor Einleitung der Magenspülung eine sorgfältig titrierte Dosis eines
Benzodiazepins zu geben.
Eine intensivmedizinische Versorgung muss
gewährleistet sein, um Kreislauf und Atmung aufrecht zu erhalten; bei Hyperpyrexie kann eine äußerliche Kühlung erforderlich sein.
Die Wirksamkeit einer Peritoneal-Dialyse
oder extrakorporalen Hämodialyse bei einer
Überdosierung von Methylphenidathydrochlorid ist nicht nachgewiesen.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Psychoanaleptika; Psychostimulanzien, Mittel für
die ADHD und Nootropika; zentral wirkende Sympathomimetika
ATC-Code: N06BA04
Wirkmechanismus
Medikinet® retard ist ein leichtes ZNS-Stimulans mit stärker ausgeprägten Wirkungen auf mentale als auf motorische Aktivitäten. Seine Wirkungsweise beim Menschen
ist nicht vollständig geklärt, aber es wird
angenommen, dass seine Wirkung durch
kortikale Stimulierung und möglicherweise
durch Stimulierung des retikulär aufsteigenden Aktivierungssystems erfolgt.
Der Wirkmechanismus, durch den Medikinet® retard mentale Veränderungen und
Verhaltensänderungen bei Kindern bewirkt,
ist nicht eindeutig geklärt, auch gibt es
keinen schlüssigen Beweis dafür, wie diese
Wirkungen mit dem Zustand des zentralen
Nervensystems zusammenhängen. Es wird
angenommen, dass die Wiederaufnahme
von Noradrenalin und Dopamin in die präsynaptischen Neuronen blockiert und die
Freisetzung dieser Monoamine in den extraneuronalen Raum erhöht wird. Medikinet® retard ist ein razemisches Gemisch
aus den d- und l-threo-Enantiomeren von
Methylphenidathydrochlorid. Das d-Enantiomer ist pharmakologisch aktiver als das
l-Enantiomer.
Klinische Wirksamkeit und Sicherheit
Nach dem Erhalt der Zulassung für die Behandlung von ADHS bei Kindern wurde
Medikinet® retard in zwei randomisierten,
doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Studien an erwachsenen Patienten
untersucht: 363 Patienten wurden in der
EMMA-Studie (1) bei einer Behandlungs009621-19039
Fachinformation
Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg
dauer von 24 Wochen untersucht. In der
QUMEA-Studie (2) wurden 162 Patienten
über insgesamt 20 Wochen behandelt.
Nach einer 8-wöchigen Doppelblindphase
wurden alle Patienten in einer offenen Phase für weitere 12 Wochen mit Medikinet®
retard behandelt. Hauptzielparameter in
beiden Studien war die Abnahme des Score
gemäß WRI (Wender-Reimherr-Interview =
WRAADS). Messzeitpunkt war Woche 24
(Studie 1) bzw. Woche 8 (Studie 2).
Die Tagesdosis wurde beginnend mit 10 mg
täglich in Abhängigkeit von Wirksamkeit und
Veträglichkeit in wöchentlichen Schritten individuell titriert (Studie 1) bzw. beginnend mit
einer Dosis von 0,5 mg/kg Körpergewicht
(Studie 2). Dabei sollte eine Dosis von 60 mg
täglich (Studie 1) bzw. 1 mg/kg Körpergewicht (Studie 2) nicht überschritten werden.
In der ersten Studie war Methylphenidat
zum Endpunkt durchschnittlich niedriger
dosiert, 0,55 mg/kg KG (verabreichte Tagesdosis min. 10 mg, max. 60 mg) im Vergleich zur zweiten Studie, durchschnittlich
0,9 mg/kg KG (verabreichte Tagesdosis
min. 20 mg, max. 120 mg). Eine größere
Effektstärke für die Studienpopulation insgesamt wurde bei Verabreichung einer höheren durchschnittlichen Dosis (0,9 mg/kg
KG) berechnet, wie es in der QUMEA-Studie
der Fall war. In den klinischen Studien ergaben sich nur eingeschränkte Erfahrungen
mit Tagesdosen über 80 mg täglich, da nur
2 Patienten mit 120 mg/Tag behandelt wurden.
Juli 2015
Dosis-/Geschlechtseffekte
Aufgrund des Ergebnisses der ersten Studie (EMMA) kann nicht ausgeschlossen
werden, dass es geschlechtsspezifische
Unterschiede im Ansprechen auf Methylphenidat gibt und Frauen eventuell von geringeren Dosen profitieren. In dieser Studie
zeigte sich bei Männern Wirksamkeit ausschließlich im höchsten Dosisbereich mit
MPH > 0,7 mg/kg/KG. Bei Frauen hingegen
zeigte sich Wirksamkeit bereits im niedrigen
(< 0,3 mg/kg KG) und mittleren Dosisbereich (0,3 – 0,7 mg/kg KG). Hinsichtlich der
Symptomreduktion zeigte sich bei Frauen in
der Hochdosisgruppe kein signifikanter Effekt und bezüglich der Response-Rate eine
Wirksamkeit vergleichbar mit niedrigeren
Dosisgruppen.
In der zweiten Studie (QUMEA) konnten
diese Geschlechtseffekte nicht zuverlässig
bestätigt werden, da der niedrige Dosisbereich nicht verabreicht wurde, und nur wenige Patienten im mittleren Dosisbereich behandelt wurden. In der Hochdosis-Gruppe
war die Response-Rate bei Frauen signifikant höher im Vergleich Verum vs. Placebo,
bei Männern wurde ein nicht-signifikantes
Ergebnis erzielt. Bezüglich des Hauptzielparameters (Reduktion des WRI in Woche 8)
wurde sowohl bei Männern als auch Frauen
eine signifikante Reduktion des Scores im
Vergleich zu Placebo erzielt.
Für die gesamte Studienpopulation liegen
folgende Daten vor:
Für die Abnahme des Gesamtscore WRI
wurde in der EMMA-Studie in Woche 24 eine Veränderung gegenüber dem Ausgangswert von – 18,88 für Verum und – 13,99 für
Placebo festgestellt. Dies entspricht einer
Effektstärke von 0,39, 95 % CI (0,18, 0,63,
009621-19039
für die Effektstärke) p = 0,002 (ANOVA mit
LOCF für fehlende Werte).
In der QUMEA-Studie betrug die Veränderung gegenüber dem Ausgangswert bis zur
Woche 8 – 13,2 für Verum und – 6,2 für Placebo. Dies entspricht einer Effektstärke von
0,54, 95 % CI (0,22, 0,85, für die Effektstärke) p = 0,0001 (ANOVA mit LOCF für
fehlende Werte).
Die neuberechnete Responder-Rate betrug:
Responder: Patienten, die eine Reduktion
des WRAADDS-Scorewerts von 30 % oder
mehr erreichten und die Studie nicht abbrachen.
Non-Responder: Patienten, die eine geringere Reduktion des WRAADDS-Scorewerts
erreichten oder die Studie, aus welchen
Gründen auch immer, abbrachen (für Woche 24 bzw. 8 lag kein Wert vor).
In der EMMA-Studie betrug die neuberechnete Responder-Rate 128 (53 %) in der Verum-Gruppe vs. 44 (37 %) in der PlaceboGruppe (Woche 24, Fisher’s exact test,
zweiseitig, 0,0051). In der QUMEA-Studie
betrug die neuberechnete Responder-Rate
in Woche 8 41 (49 %) vs. 14 (18 %) (Verum
versus Placebo, Fisher’s exact test, zweiseitig, p < 0,0001).
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Resorption
Medikinet® retard hat ein Plasmaprofil, das
zwei Phasen der Wirkstofffreisetzung zeigt:
einen steilen initialen Anstieg ähnlich dem
von sofort freisetzenden Methylphenidathydrochlorid-Tabletten und einen zweiten
Anstieg etwa drei Stunden später, gefolgt
von einem allmählichen Absinken.
Erfolgt die Einnahme bei Erwachsenen morgens nach dem Frühstück, wird der nicht
retardierte Anteil der Hartkapsel rasch gelöst und eine initiale maximale Konzentration nach durchschnittlich 2 Stunden erreicht. Danach wird nach Magenpassage im
Dünndarm Methylphenidathydrochlorid aus
dem retardierten Anteil der Hartkapsel freigesetzt und trägt zur Ausbildung einer Plateauphase über einen Zeitraum zwischen
3 h und 4 h bei, während der die Konzentrationen nicht unter 75 % der maximal erreichten Konzentrationen absinken. Der resorbierte Anteil von Methylphenidathydrochlorid bei einmal täglicher Anwendung ist vergleichbar zu dem konventioneller schnell
freisetzender Formulierungen, die zweimal
täglich gegeben werden.
Medikinet® retard vereinigt die Vorteile einer
raschen Anflutung mit dem Aufbau einer
länger anhaltenden Plateauphase.
Nach einmal täglicher Gabe von Medikinet®
retard 20 mg nach einem Frühstück wurden folgende pharmakokinetischen Parameter ermittelt:
cmax = 6,4 ng/ml, tmax = 2,75 h, AUCinf =
48,9 ng · h · ml–1 und t½ = 3,2 h
Die Fläche unter der Plasmakonzentrationskurve (AUC) sowie die maximale Plasmakonzentration sind dosisproportional.
Einfluss von Nahrungsmitteln
Die Einnahme zusammen mit Nahrungsmitteln mit hohem Fettanteil verzögert die
Resorption (tmax) um annähernd 1,5 Stunden. Ob Medikinet® retard mit einem nor-
malen oder kalorienreichen Frühstück eingenommen wird zeigt keinen Unterschied in
der Bioverfügbarkeit. Der Plasmakonzentrationsverlauf zeigt einen gleichen Verlauf in
Bezug auf die Resorption.
Es ist nötig, dass Medikinet® retard zum
oder nach dem Frühstück eingenommen
wird. Die Nahrungsmittelaufnahme hat einen Effekt, der eine signifikante und relevante Retardierung zeigt. Dies rechtfertigt
die Einnahme zusammen mit Nahrungsmittel. Eine Empfehlung bezüglich der Art des
Nahrungsmittels ist nicht notwendig. Bei
einer Einnahme ohne Nahrung besteht das
Risiko einer sofortigen Freisetzung des gesamten Wirkstoffgehalts (dose dumping).
Verabreichung des Kapselinhalts geöffneter
Kapseln
Die cmax-, tmax- und AUC-Werte des Kapselinhalts geöffneter Kapseln sind vergleichbar
(bioäquivalent) mit den intakten Kapseln.
Daher kann Medikinet® retard entweder als
ganze Kapsel eingenommen oder der Kapselinhalt einer geöffneten Kapsel kann auf
Apfelmus oder Joghurt gestreut unverzüglich eingenommen und, ohne zu kauen, geschluckt werden.
Alter
Die Pharmakokinetik von Medikinet® retard
wurde bei Kindern unter 6 Jahren nicht untersucht.
Systemische Verfügbarkeit
Aufgrund des ausgeprägten „First-Pass“Metabolismus liegt die systemische Verfügbarkeit bei etwa 30 % (11 – 51 %) der Dosis.
Verteilung
Im Blut werden Methylphenidat und seine
Metaboliten im Plasma (57 %) und in den
Erythrozyten (43 %) verteilt. Methylphenidat
und seine Metaboliten haben eine geringe
Plasmaprotein-Bindung (10 – 33 %). Das
Verteilungsvolumen nach einmaliger intravenöser Gabe beträgt 2,2l/kg (2,65 ± 1,1 l/
kg für d-Methylphenidat und 1,8 ± 0,9 l/kg
für l-Methylphenidat).
Elimination
Methylphenidat wird mit einer durchschnittlichen Halbwertszeit von etwa 2 Stunden
aus dem Plasma ausgeschieden. Die durchschnittliche systemische Clearance nach
einmaliger intravenöser Gabe beträgt
0,565 l/h/kg (0,40 ± 0,12 l/h/kg für d-Methylphenidat und 0,73 ± 0,28 l/h/kg für lMethylphenidat). Nach oraler Gabe werden
etwa 78 – 97 % der Dosis in 48 bis 86 Stunden über den Urin und 1 bis 3 % über Fäzes
in metabolischer Form ausgeschieden. Nur
eine geringe Menge (< 1 %) unverändertes
Methylphenidat ist im Urin auffindbar. Ein
Großteil einer intravenösen Dosis (89 %) wird
mit dem Urin innerhalb 16 Stunden, wahrscheinlich ungeachtet des pH-Wertes, als
Ritalinsäure mit dem Urin ausgeschieden.
Es gibt anscheinend keine Unterschiede in
der Pharmakokinetik von Methylphenidat
zwischen Kindern mit Hyperkinetischen
Störungen/ADHS und gesunden erwachsenen Probanden.
Pharmakokinetische Eigenschaften von
Methylphenidat wurden weder an Kindern
unter 6 Jahren noch an Älteren über 65 Jahren erfasst.
7
Fachinformation
Medikinet ® retard 10 mg/20 mg/30 mg/40 mg
Die renale Ausscheidung von Ritalinsäure
kann im Falle einer verschlechterten Nierenfunktion verringert sein. Der Großteil der
Dosis wird als 2-Phenyl-2-Piperidyl-Essigsäure (PPAA, 60 – 86 %) mit dem Urin ausgeschieden.
Patientenkategorisierung
Es gibt keine ersichtlichen Unterschiede im
pharmakokinetischen Verhalten von Methylphenidat bei hyperaktiven Kindern und
gesunden erwachsenen Probanden.
Eliminationsdaten von Patienten mit normaler Nierenfunktion lassen darauf schliessen,
dass die renale Ausscheidung von unverändertem Methylphenidat, bei bestehender
Beeinträchtigung der Nierenfunktion, kaum
verringert wird. Trotzdem kann die renale
Ausscheidung von PPAA verringert sein.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Daten zu Karzinogenität
In Lebenszeitstudien zur Karzinogenität mit
Ratten und Mäusen wurde nur bei männlichen Mäusen eine vermehrte Anzahl von
malignen Lebertumoren festgestellt. Die
Bedeutung dieser Ergebnisse für den Menschen ist nicht bekannt.
Methylphenidat beeinflusste nicht die Reproduktionsleistung oder die Fertilität, wenn
in gering mehrfach erhöhter Menge der klinischen Dosis verabreicht.
Schwangerschaft-Embryonale/Fötale Entwicklung
Methylphenidat wurde nicht als teratogen
bei Ratten und Kaninchen eingestuft. Bei
Ratten mit mütterlicherseits toxischen Dosen wurde fötale Toxizität (z. B. totaler Wurfverlust) und Mütter-Toxizität beobachtet.
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig, Betäubungsmittel
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen
für die Aufbewahrung
Nicht über 30 °C lagern.
In der Originalverpackung aufbewahren,
um den Inhalt vor Feuchtigkeit zu schützen.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Schachteln mit 20, 28, 30, 50 Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung in Blisterpackungen aus hitzeversiegelter PVC/
PVdC-Aluminiumfolie.
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen
für die Beseitigung
Keine besonderen Anforderungen.
7. INHABER DER ZULASSUNGEN
MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG
Kuhloweg 37
58638 Iserlohn
Deutschland
Telefon: (02371) 937-0
Telefax: (02371) 937-106
e-mail: [email protected]
8. ZULASSUNGSNUMMERN
Medikinet® retard 10 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung:
54569.00.01
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Kapselinhalt
Zucker-Stärke-Pellets (enthalten Sucrose
und Maisstärke)
Methacrylsäure-Ethylacrylat-Copolymer
(1 : 1) (Ph.Eur.)
Talkum
Triethylcitrat
Poly(vinylalkohol)
Macrogol 3350
Polysorbat 80
Natriumhydroxid
Natriumdodecylsulfat
Simeticon
Hochdisperses Siliciumdioxid
Methylcellulose
Sorbinsäure (Ph.Eur.)
Indigocarmin, Aluminiumsalz (E132)
Kapselhülle
Gelatine
Erythrosin (E127)
Titandioxid (E171)
Natriumdodecylsulfat
Gereinigtes Wasser.
Medikinet®
Zusätzlich bei
retard 10 mg bzw.
20 mg:
Patentblau V (E131).
Zusätzlich bei Medikinet® retard 30 mg bzw.
40 mg:
Eisen(II,III)-oxid (E172)
Indigocarmin (E132).
8
Medikinet® retard 20 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung:
54569.01.01
Medikinet® retard 30 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung:
62567.00.00
Medikinet® retard 40 mg Hartkapseln
mit veränderter Wirkstofffreisetzung:
62568.00.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER
ZULASSUNGEN/VERLÄNGERUNG
DER ZULASSUNGEN
Medikinet® retard 10 mg und 20 mg
Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Datum der Erteilung der Zulassungen:
29.12.2004
Datum der letzten Verlängerung der Zulassungen:
29.01.2014
Medikinet® retard 30 mg und 40 mg
Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung
Datum der Erteilung der Zulassungen:
07.02.2006
Datum der letzten Verlängerung der Zulassungen:
29.01.2014
10. STAND DER INFORMATION
Juli 2015
Zentrale Anforderung an:
Rote Liste Service GmbH
Fachinfo-Service
Mainzer Landstraße 55
60329 Frankfurt
009621-19039
Herunterladen