Kinder- und Jugendärztliche Gemeinschaftspraxis Schleswig Dr. med. Monica Müller-Kovacs Dr. med. Alexander Lothar Gick Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin Plessenstr. 13 (Haus am ZOB) Tel.: 04621 – 2 30 41 24837 Schleswig Fax: 04621 – 98 88 37 http://www.kinderaerzte-schleswig.de [email protected] Informationen zur Behandlung der Verstopfung Definition Als Verstopfung oder Obstipation bezeichnet man eine funktionelle Darmstörung, bei der der Stuhl nicht vollständig oder nur verzögert abgegeben werden kann. Verstopfung ist keine Krankheit an sich, sondern ein häufig vorkommendes Symptom, das viele Ursachen haben kann. Die Stuhlentleerung kann bei Kindern durchaus sowohl dreimal am Tag als auch dreimal pro Woche erfolgen, entscheidend ist, dass das Kind bei seiner Stuhlhäufigkeit keine Beschwerden hat. Typische Zeichen einer Verstopfung wäre eine Stuhlfrequenz von weniger als dreimal pro Woche oder wenn der Stuhl sehr hart und schmerzhaft ist. Bei Kleinkindern und Schulkindern versteht man unter einer Verstopfung eine seltene oder schwierige Stuhlentleerung. Probleme mit dem Stuhlgang entstehen oft, wenn die Stuhlpassage als unangenehm oder schmerzhaft empfunden wird und das Kind dem Stuhldrang mit Stuhlverhalten entgegenwirkt. Harter Stuhl ohne Beschwerden ist aber noch nicht als Verstopfung anzusehen, sehr wohl kann aber ein Kind, das regelmäßig kleine Stuhlportionen entleert, eine Verstopfung haben, wenn die ausgeschiedene Stuhlmenge kleiner als die Stuhlproduktion des Darms ist. Kein Grund zur Sorge besteht, wenn die Verstopfung nicht länger als drei Tage dauert, das Kind kein Blut im Stuhl hat und beim Stuhlgang keine Schmerzen verspürt. Ursachen Oft liegt der Grund in einer falschen Ernährung, auch viel Trinken ist wichtig für eine gute Verdauung. Manchmal führt eine Nahrungsumstellung bei Säuglingen zeitweilig zu einer Verstopfung. Verstopfung kann auch Folge einer schmerzhaften Darmentleerung sein, wodurch das Kind Angst vor dem Stuhlgang entwickelt und den Stuhl zurückhält. Dadurch wird der Stuhl ins kleine Becken zurückgezogen, wo er keinen Reiz mehr hervorruft und sich zu einer harten Masse eindicken kann, die dann umso größere Schmerzen verursacht bzw. die Angst noch mehr steigert. Hierdurch befindet man sich in einem wahren Teufelskreis. Sehr häufig steht die Verstopfung im Zusammenhang mit dem Sauberwerden des Kleinkindes. Auch äußere Störfaktoren spielen eine Rolle. Eine Irritation der Entwicklung beim Sauberwerden wie eine Änderung in der Umgebung oder der familiären Situation können sich auswirken. Schmerzhafte oder unangenehme Erlebnisse in Zusammenhang mit der Darmentleerung, besonders bei Kindern im Alter zwischen ein und vier Jahren – wenn die Kontrolle über die Schließmuskel erlernt wird –, spielen eine Rolle. Die Kinder vermeiden weitere derartige Erlebnisse und halten den Stuhl zurück. Allgemeine Konflikte rund ums Sauberwerden , auch Machtkämpfe auf dieser Ebene sind häufige Ursache, wo die Kinder den Stuhl zurückhalten, wodurch sich auf Dauer eine Verstopfung ergibt. Unabhängig von der auslösenden Ursache setzt sich eine einmal entstandene Verstopfung oft von selbst weiter fort. Symptome Die Symptome sind vielfältig: Bauchschmerzen, meist wiederkehrend und kurz anhaltend, großer Bauch, unwillkürlicher Stuhlabgang, perianale Entzündungen, Einrisse des Schließmuskels, Entzündungen im Enddarmbereich, Schmerzen beim Stuhlgang, Blutauflagerungen auf dem Stuhl, oft großkalibriger Stuhl, meist hart. Die Stuhlfrequenz kann, muss aber nicht vermindert sein. Die Kinder verspüren einen mangelnden Drang zum Stuhlgang. Außerdem treten Bauchschmerzen auf. Es kann auch zum Einnässen kommen. Das ist vielen Kindern so unangenehm, dass sich psychische Probleme entwickeln können. Behandlung Wenn die Verstopfung schon länger besteht, kann der Arzt mit einem Einlauf eine Entleerung des Enddarmes und damit eine Schmerzbefreiung herbeiführen. Allerdings sollte dies nicht das erste Mittel der Wahl darstellen, sondern zunächst über die stuhlabführende Medikation versucht werden, den Stuhl zu regulieren. Keineswegs sollen Einläufe öfter gegeben werden, da damit die Problematik verschlechtert und verstärkt werden kann! Entscheidend ist natürlich die Beseitigung der Ursachen. Ballaststoffreiche Kost mit ausreichend Flüssigkeit, ein schonendes Toilettentraining bei Kindern über zweieinhalb bis drei Jahren und die Möglichkeit einer schmerzlosen Stuhlentleerung für das Kind stehen im Vordergrund. Wenn ein Baby Schwierigkeiten hat, Stuhl zu produzieren, kann man Milchzucker verwenden. Milchzucker fördert das Wachstum von Lactobazillus bifidus im Darm, der die Stuhlkonsistenz lockert. Das Abführmittel Lactulose ist ein Doppelzucker aus einem Molekül Schleimzucker (Galactose) und einem Molekül Fruchtzucker (Fruktose). Die Lactulose zieht Wasser in den Dickdarm. Der Stuhl wird durch das angezogene Wasser weicher. Im Dickdarm wird Lactulose außerdem durch Bakterien hauptsächlich zu Milch- und Essigsäure, sowie Methan und Wasserstoff abgebaut. Vor allem die Säuren regen die Darmaktivität an und fördern die Ausscheidung zusätzlich. Lactulose ist auch in der Dauertherapie völlig unschädlich. Bei größeren Kindern hat Feigensirup eine den Darm anregende Wirkung. Auch andere Substanzen, die den Stuhl weich machen, wie z.B. Macrogol (Movicol), können mit sehr gutem Erfolg verwendet werden. Auch dieses Präparat bindet Wasser im Darm, hat aber den Vorteil einer weitgehenden Geschmacksfreiheit. Wichtig ist es, die Therapie ausreichend lange und konsequent durchzuführen, bis das Kind sich an eine schmerzfreie Darmentleerung gewöhnt hat. Unterstützend kann eine schmerzlindernde Salbe (z.B. Xylocain) vor der Stuhlentleerung aufgetragen werden. Bei älteren Kindern steht die Ernährung im Vordergrund: Die Nahrung sollte vielseitig, abwechslungsreich und ballaststoffreich sein, auch viel trinken und reichliche Bewegung sind wichtig. Abführmittel (Laxanzien) sind bei Kindern so gut wie nie erforderlich. Kinder, die eine psychische Problematik entwickelt haben, sollten eine psychotherapeutische Begleittherapie erhalten. Die ballaststoffreiche Ernährung sollte man generell auch nach Symptomauflösung beibehalten. Die Ernährung Häufige Ursache für eine Verstopfung ist die falsche Ernährung, vor allem der Mangel an Ballaststoffen. Ballaststoffe sind pflanzliche Nahrungsbestandteile, die unverdaut in den Dickdarm gelangen. Da sie Wasser binden und aufquellen, lockern sie den Stuhl und regen die Darmtätigkeit an. Faserreiche Kost ist auch meist vitaminreicher, zucker- und fettärmer und enthält mehr pflanzliche als tierische Nahrungsmittel. Leinsamenbrot ist nicht ausreichend, da die darin enthaltenen Körner gebrannt sind, auch geschroteter Leinsamen hat keine Wirkung, weil Leinsamen nur so lange quillt, wie die Faserkapsel intakt ist. Zu empfehlen sind mehrere Mahlzeiten über den Tag verteilt, reichlich kalorienarme Flüssigkeit (bevorzugt Wasser), vermehrte körperliche Bewegung und Stuhltraining (regelmäßig und ohne Eile und Hektik). Zu bevorzugen sind: reichlich Vollkornprodukte, Grahambrötchen, Naturreis, Vollkornteigwaren, Kartoffeln, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Wasser), viel Obst, vor allem Zwetschken, Birnen, Äpfel, Melone, Aprikose, Feige, Dörrobst, viel Gemüse, Salate, Rohkost, Müsli, Nüsse. Ungünstig sind: Weißbrot, Semmel, Zwieback, Striezel, Kipferl, weißer Reis, Teigwaren, Knabbergebäck, Bananen, Pudding, Cremespeisen, Kuchen, Schokolade, Toastbrot, zuviel Milch- und Milchprodukte, Schokolade und Süßigkeiten. Gehen sie maßvoll mit Süßigkeiten um, aber bedenken Sie, dass das plötzliche Nichterhalten von Süßigkeiten für viele Kinder wie eine Bestrafung erlebt wird. Müsliriegel, Rohkostschnitten etc. können ein guter Ersatz sein. Verwenden Sie keine Abführmittel oder Einläufe ohne ärztliche Verordnung! Vorbeugung Die Ernährung spielt im Langzeitverlauf die wichtigste Rolle zur Vorbeugung von Rückfällen. Achten Sie auf eine gesunde Ernährung mit vielen Ballaststoffen! Aber achten sie auch darauf, dass Sie sich nicht mit Ihrem Kind hinsichtlich gesunder Ernährung in einen Machtkonflikt verstricken. Dosierung von Lactulose und Laxoberal In der Regel rechnet man mit 1ml/kg KG verteilt auf 2 Gaben pro Tag. Die maximale Anfangsdosis liegt bei 2*15ml. Die Dosisfindung sollte jedoch individuell erfolgen und bis zur optimalen Dosierung schleichend erhöht bzw. erniedrigt werden. Sie beginnen mit der empfohlenen Dosis und geben dies für 5 Tage. Sollte der Stuhl weiterhin fest sein erhöhen Sie die Lactulose ab Tag 6 jeden Tag um 1ml, sollte der Stuhl zu weich werden reduzieren Sie die Dosis um 1ml pro Tag. Laxoberal kann zur Steigerung der Darmaktivität gegeben werden. Man beginnt mit 1 Tr/Lebensjahr und steigert die Dosis nach Bedarf um 1 Tr alle 2 Tage. Beispiel Lactulose: 3jähriges Kind mit einem Gewicht von 18kg. Beispiel Laxoberal: 3jähriges Kind 18kg Tag Morgens Abends Stuhlbeschaffenheit 1.-5. 9ml 9ml kein Stuhl od. hart 6 10ml 9ml kein Stuhl od. hart 7 10ml 10ml kein Stuhl od. hart 8 11ml 10ml flüssig 9 10ml 10ml weich 10 10ml 10ml weich Gabe je nach ärztlicher Empfehlung für 1-3 Monate weiterführen, dabei ggf. ml weise anpassen. Nach Absprache 1ml pro Tag ausschleichen. Tag Abends Stuhl 1.-5. 3 Tr. Kein Stuhlgang 6 4 Tr Kein Stuhlgang 8 5 Tr Stuhlgang alle 1-2 Tage 10 5 Tr Stuhlgang alle 1-2 Tage 12 5 Tr Stuhlgang alle 1-2 Tage 14 5 Tr Stuhlgang alle 1-2 Tage Gabe je nach ärztlicher Empfehlung für 2-4 Wochen weiterführen, dabei ggf. tropfenweise anpassen. Nach Absprache 1 Tr alle 2-3 Tage ausschleichen.