Eine ältere Version dieses Beitrags können Sie auch als

Werbung
Hans-Werner Stecker:
Besondere rechtliche Grundlagen
für den Bereich der angestellten
Psychotherapeuten
Stand: 15. September 2001
weitere Texte:




Zusammenfassung des notwendigen Regelbedarfs an den gesetzlichen Grundlagen
Sachstandsbericht zur Situation der Psychotherapeuten in den Kliniken
Was sind eigentlich "angestellte PsychotherapeutInnen"?
Das Ende stationärer Psychotherapie?
Einleitung
Sie finden hier Informationen über die rechtlichen Grundlagen zu den Berufen des
Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und JugendlichenPsychotherapeuten, insbesondere mit dem Schwerpunkt der angestellten
Psychotherapeuten.
Die rechtlichen Grundlagen sind ein komplexes Regelwerk aus Gesetzen, Verordnungen
und Vereinbarungen, das sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch in einem
Entwicklungsstadium befindet. Die einzelnen Teile des rechtlichen Regelwerkes sind zum
Teil noch nicht aufeinander abgestimmt. Insbesondere im Bereich der angestellten
Psychotherapeuten scheint diese Entwicklung noch gar nicht in Gang gekommen zu sein,
weil es hier noch an allen Ecken und Enden hakt und klemmt (lesen Sie hierzu meinen
Sachstandsbericht zur Situation der angestellten Psychotherapeuten). Die Besonderheit der
Psychologischen Psychotherapeuten im Bereich der Krankenhäuser und ihre Beziehung zu
Ärzten wird erst im Kontext der Gesetze und Verordnungen sichtbar und verständlich.
Hier besteht noch Handlungsbedarf. Einen anschaulichen Einblick in das gesetzliche
Regelwerk vermittelt Ihnen mein Artikel: Was sind eigentlich „angestellte
PsychotherapeutInnen“?
Anders als im Bereich der ambulanten Psychotherapie sind für die angestellte
Psychotherapeuten auch die folgenden beiden Bereiche relevant:
 Dienstrecht: für angestellte Psychotherapeuten die Fragen der
Tätigkeitsbeschreibung ihres Aufgabenfeldes und der Beziehung zu Vorgesetzten
und anderen Berufsgruppen, insbesondere den Ärzten und deren Weisungsbefugnis
 Tarifrecht: die Fragen der tariflichen Eingruppierung
- für die angestellten Psychotherapeuten (entsprechend den Fachärzten) und
- für die Psychologischen Psychotherapeuten in Ausbildung während ihrer
praktischen Tätigkeit in der Psychiatrie
Darüber hinaus fehlt zur Zeit noch eine Definition des Begriffs der "stationären
Psychotherapie", so wie sie vergleichbar durch die Psychotherapie-Richtlinien für den
ambulanten Bereich vorgenommen wurde. Die gesetzlichen Änderungen im SGB-V sind
hier noch unzureichend und werden derzeit von den Krankenkassen (und auch von den
Krankenhausträgern) nicht berücksichtigt (siehe dazu den Artikel "Das Ende stationärer
Psychotherapie?").
Es besteht noch einiges an Diskussions- und Handlungsbedarf.
Hans-Werner Stecker:
Die rechtlichen Grundlagen der
stationären Psychotherapie
und der angestellten PsychotherapeutenZusammenfassung des aktuellen Regelungsbedarfs
Die rechtlichen Grundlagen der Psychotherapie sind ein komplexes Regelwerk aus Gesetzen,
Verordnungen und Vereinbarungen, das sich insbesondere hinsichtlich der stationären
Psychotherapie und der rechtlichen Situation angestellter Psychotherapeuten zum gegenwärtigen
Zeitpunkt noch in einem Entwicklungsstadium befindet. Die einzelnen Teile dieses
Regelwerkes sind zum Teil noch nicht aufeinander abgestimmt. Im folgenden werden die
einzelnen gesetzlichen Regelungen in ihrer Bedeutung für die angestellten
PsychotherapeutInnen zusammengefaßt, die dringend einer Veränderung bedürfen. Der
Text wird weiter ergänzt. (Stand 1.11.01)
Einführung in die rechtlichen Grundlagen der Psychotherapie
SGB V
Das SGB V enthält die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den gesellschaftlichen
Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier wird bestimmt, welche
Leistungen im Krankheitsfall vom wem zu erbringen sind, wie die Finanzierung dieser
Leistungen z.B. durch weitere Verordnungen und Vereinbarungen zu regeln ist, wie sich das
Versorgungssystem organisiert und wie die einzelnen Beteiligten miteinander in Beziehung
stehen.
Durch das PsychThG werden die psychologischen Psychotherapeuten in die vertragsärztliche
Versorgung integriert. Dementsprechend sind durch das PsychThG einige Änderungen im SGB
V vorgenommen worden. Der Gesetzgeber hat sich diese Änderungen etwas vereinfacht, indem
er in § 72 formuliert hat: „Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten
sie entsprechend für Zahnärzte und Psychotherapeuten, sofern nichts Abweichendes bestimmt
ist“ (ähnlich in § 285). Dadurch kann bei einigen Formulieren der Eindruck entstehen, dass sie
sich ausschließlich auf Ärzte beziehen, weil Psychotherapeuten nicht ausdrücklich erwähnt
wurden. Dies gilt natürlich auch für den Bereich der stationären Psychotherapie z.B. in den
psychiatrischen Krankenhäusern (z.B. § 107). Hier bedarf es noch einer Klärung.
Im weiteren bildet das SGB V die Grundlage für weitere gesetzliche Regelungen, Verordnungen
und Vereinbarungen für die Beziehung der Krankenkassen mit den Leistungserbringern, den
Trägern der Krankenhäuser. Auch davon hängt letztlich ab, ob ein Diplom-Psychologe im
Krankenhaus als psychologischer Psychotherapeut einen Patienten eigenverantwortlich
behandeln darf und ob dies entsprechend bezahlt wird. Hinsichtlich der Regelungen im
Bereich stationärer Behandlung sind Psychotherapeuten in diesen Gremien noch nicht
beteiligt.
§ 90 ff regeln die Bildung von Landes- und Bundesausschüssen in denen gemeinsam
Richtlinien beschlossen werden über (gekürzt) die ärztliche Behandlung, Einführung neuer
Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, Verordnung von Krankenhausbehandlung,
Verordnung von im Einzelfall gebotenen medizinischen Leistungen und die Beratung über die
medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation.
In § 92 heißt es unter Punkt 6a): "In den Richtlinien nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 (= "ärztliche
Behandlung") ist insbesondere das Nähere über die psychotherapeutisch behandlungsbedürftigen
Krankheiten, die zur Krankenbehandlung geeigneten Verfahren, das Antrags- und
Gutachterverfahren, die probatorischen Sitzungen sowie über Art, Umfang und Durchführung
der Behandlung zu regeln." Dieser Punkt bildet die Grundlage für die Psychotherapierichtilinien
Gemäß § 106 überwachen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die
Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im ambulanten Bereich und beurteilen die
Indikation, Effektivität und Qualität der erbrachten Leistungen.
Dementsprechend schließen nach § 112 im Stationären Bereich die Landesverbände der
Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam mit der
Landeskrankenhausgesellschaft oder mit den Vereinigungen der Krankenhausträger im Land
gemeinsam Verträge, um sicherzustellen, daß Art und Umfang der
Krankenhausbehandlung den Anforderungen dieses Gesetzbuchs entsprechen.
Psychotherapeuten haben hier noch keine Möglichkeit der Mitsprache.
§ 115 betrifft dreiseitige Verträge und Rahmenempfehlungen zwischen Krankenkassen,
Krankenhäusern und Vertragsärzten mit dem Ziel, durch enge Zusammenarbeit zwischen
Vertragsärzten und zugelassenen Krankenhäusern eine nahtlose ambulante und stationäre
Behandlung der Versicherten zu gewährleisten. Hier werden Psychotherapeuten noch nicht
berücksichtigt.
Änderung des
Krankenhausgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen
(KHG NRW)
Zusammen mit der Änderung des Heilberufsgesetztes NRW wurde das Krankenhausgesetz NRW
an das Psychotherapeutengesetz angepasst: im § 36 wurde der Begriff des Psychotherapeuten
neu aufgenommen, der Psychotherapeut in seiner Aufgabenstellung definiert und in seiner
Funktion neben der des Abteilungsarztes gestellt. Die konkrete Umsetzung dieser Regelungen
z. B. in Bezug auf Tätigkeitsmerkmale (siehe PsychPV) und Dienstrecht ist noch unklar.
Psychiatrie-Personalverordnung (PsychPV)
Die am vom 18. Dezember 1990 in Kraft getretene Psychiatrie-Personalverordnung (PsychPV)
ist bis heute unverändert gültig und bisher nicht an das neue Regelwerk des PsychThG
angepasst. Dementsprechend kennt sie den Psychologischen Psychotherapeuten noch nicht. In
ihr werden die Personalbemessung in psychiatrischen Krankenhäusern sowie die
Tätigkeitsmerkmale der einzelnen Berufsgruppen definiert.
Die unterschiedliche Bedeutung von Ärzten und Diplom-Psychologen in ihrer Funktion für die
Behandlung wird insbesondere deutlich in den unterschiedlichen Tätigkeitsmerkmalen von
Psychologen und Ärzten und den damit zusammen hängenden Minutenwerten, die pro
Patient/Tag aufgewendet werden dürfen. Wie gesagt: die PsychPV wurde vor dem PsychThG
verabschiedet, ist aber heute noch gültig. Hier besteht dringend Änderungsbedarf.
Bundespflegesatzverordnung (BPflV)
Nach dieser Verordnung wird die Vergütung von Krankenhausleistungen bemessen. Es werden
die verschiedenen Arten von Krankenhausleistungen und die Abrechnungsmodalitäten definiert
(DRG = Diagnosis Related Groups, Sonderentgelte, Budget, Pflegesätze und deren Berechnung)
sowie das Verfahren der Pflegesatzverhandlungen zwischen den Vertragsparteien geregelt.
Die letzte Änderung erfolgte am 22.12.1999 im Zusammenhang der Gesundheitsreform. Bisher
wird in dieser Verordnung als Krankenhausleistung an entsprechender Stelle nur von „ärztliche
Behandlung“ (§ 2) oder von „ärztlich“ geleiteten Abteilungen (§ 13) gesprochen, obwohl hier
auch „psychotherapeutische“ Behandlung oder entsprechend „von psychologischen
Psychotherapeuten geleitet“ einzufügen wäre.
Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG
Dieses zuletzt 1999 geänderte "Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur
Regelung der Krankenhauspflegesätze" ist grundlegend für die Finanzierung der Leistungen in
Krankenhäusern. In § 2 wird definiert, was unter Krankenhäusern zu verstehen ist. Hier fehlt
leider noch die Erwähnung "psychotherapeutischer" Leistungen - vergleichbar mit § 72 SGB V.
In diesem Gesetz finden sich die Grundsätze für die Pflegesatzregelung und die
Personalbemessung in Krankenhäusern. U.a. wird die Einführung von Fallpauschalen
vorgegeben, wobei die psychiatrischen Krankenhäuser hier ausdrücklich ausgenommen werden
(§ 17b). Dies soll auch durch die geplante Änderung des Gesetzes (Entwurf vom 16.1.2001,
Drucksache 14/5082) nicht angetastet werden. Die Berufsverbände sind aufgefordert, bei der
Erarbeitung von Empfehlungen für die Personalbemessung mitzuarbeiten. (§ 19).
Bei allen Nicht-Psychiatrischen Krankenhäusern ist die Vergütung der
Krankenhausleistungen durch die Krankenkassen durch das Gesundheitsreformgesetz 2000 an
das Klassifikationssystem der DRG geknüpft. Die Klassifikation wurde im Auftrag des
Bundesministeriums für Gesundheit vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation
und Information (DIMDI) erstellt. Hier ist von Bedeutung, welche Rolle der Psychotherapie
eingeräumt wird. Dies erscheint gelinde gesagt als noch sehr entwicklungsfähig. Im Bereich der
Operationen wird Psychotherapie im Operationenschlüssel verständlicherweise als "ergänzende
Maßnahmen" unter Punkt 9-40 aufgeführt. Eine eigenständige Behandlung psychischer
Störungen durch Psychotherapie scheint noch nicht vorgesehen zu sein (siehe Deutsche
Kodierrichtlinien der DKG). Zwar sind hier "Psychische und Verhaltensstörungen" unter Punkt 5
der speziellen Kodierrichtlinien für Krankheiten aufgeführt, es sind aber noch keine
"Prozeduren" in Form von Psychotherapie erkennbar, die abgerechnet werden könnten. Auch
hier ist dringender Handlungsbedarf.
In aktuellen Diskussionen wird immer wieder die Vermutung geäußert, dass in nächster
Zeit auch in psychiatrischen Krankenhäusern DRGs eingeführt werden. Es wird überlegt,
ob auf diese Weise die PsychPV (s.o.) überflüssig und sich die Behandlung auschließlich auf
die medikamentöse Krisenintervention beschränken werde. Psychologische
PsychotherapeutInnen könnten auf diese Weise überflüssig werden - für die verbleibenden
Aufgaben "reicht es", Diplom-Psychologe zu sein.
Auszug aus der Praxisstudie für die Krankenhausplanung in NRW Das Gutachten, das
gemeinsam von der Krankenhausgesellschaft NW und den Ärztekammern Westfalen-Lippe und
Nordrhein in Auftrag gegeben wurde, lässt sich als pfd-Datei herunterladen. Es umfasst 332
Seiten und behandelt die Krankanhausplanung für alle Krankenhäuser in NRW. In den Seiten ab
S. 275 werden die Psychiatrischen Krankenhäuser behandelt. In dem hier wiedergegebene
Auszug wird von den Autoren die zukünftige Entwicklung in den psychiatrischen
Krankenhäusern prognostiziert. Dabei wird deutlich, dass der Bereich stationärer
Psychotherapie nur indirekt angesprochen wird im Zusammenhang der Behandlung
schizophrener Patienten unter Punkt 3. Rehabilitation. Im Zuge der neueren Entwicklung
psychotherapeutischer Ansätze ist jedoch zu erwarten, dass hier neue Schwerpunkte gesetzt
werden können und müssen (dazu mehr in den Seiten zur Psychotherapie der Schizophrenie und
der Depression). Hier müssen die neu gegründeten Psychotherapeutenkammern initiativ
werden.
Der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT)
Die Eingruppierung von Diplom-Psychologen im öffentlichen Dienst erfolgt gem. § 22 BAT und
der Vergütungsordnung entsprechend dem „Tätigkeitsmerkmal“ Angestellte mit abgeschlossener
wissenschaftlicher Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit in die Vergütungsgruppe IIa.
Die Höhergruppierung gem. § 23a BAT erfolgt nach 6 Jahren in die Vergütungsgruppe Ib.
Psychologische Psychotherapeuten sind im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung gem. § 73
SGB V den Fachärzten gleichgestellt. Dementsprechend wäre es folgerichtig, Psychologische
Psychotherapeuten wie Fachärzte in die Vergütungsgruppe 1b einzustufen mit der
Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs nach Ia innerhalb von acht Jahren (siehe
Gutachten von Dr. Nilges).
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dies zwischen den Vertragsparteien (öffentliche
Krankenhausträger und Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände) noch nicht
verhandelt (siehe gemeinsamen Brief der DAG und ÖTV). Es gibt aber bereits einige erste
Regelungen in dieser Richtung bei privaten Trägern in Schleswig-Holstein und Bayern.
Hans-Werner Stecker:
Das Psychotherapeutengesetz im
Bereich stationärer Behandlung für die angestellten und beamteten
KollegInnen erfolglos?
Mit der Einführung des neues Psychotherapeutengesetzes waren viele Hoffnungen
verbunden. Im Bereich der ambulanten Therapie hat sich tatsächlich einiges verändert
– wenn auch noch nicht in jeder Hinsicht zufriedenstellend. Doch wie sieht es im
Bereich der stationären Versorgung aus? Die approbierten Diplompsychologen in
den Kliniken warten bisher vergeblich auf die erhofften Veränderungen in
Richtung einer Gleichstellung mit den Fachärzten. Anfangs hielten es die
Psychologen in den Kliniken für geboten, ihre Approbation zu beantragen, weil die
Kassen die Finanzierung psychotherapeutischer Leistungen davon abhängig machen
könnten. Und jetzt soll sich nichts weiter verändern außer dass die inzwischen
approbierten Psychologen ihre Beiträge für die Psychotherapeutenkammer bezahlen
dürfen?
Das sehr komplexe Bedingungsgefüge aus Gesetzen, Verordnungen und
Dienstanweisungen lässt eine Umsetzung des Psychotherapeutengesetzes in den
Alltag der Kliniken derzeit als fast unmöglich erscheinen. Viele dieser formalen
Bestimmungen sind noch auf dem alten Stand geblieben und nicht an die Neuerungen
des Psychotherapeutengesetzes angepasst. Daher dürfte es auch einer „psychologenfreundlichen“ Klinikleitung derzeit schwer fallen, den Wünschen ihrer approbierten
Psychologen nachzukommen.
Für mich als einem in juristischen Fragen wenig bewanderten Psychotherapeuten ist
das juristische Regelwerk rund um meinen konkreten Arbeitsplatz kaum zu
durchschauen. Trotzdem will ich versuchen, einige Aspekte der gegenwärtigen
Situation zu beleuchten und sie darzustellen, wie sie mir erscheinen:
1. Diplompsychologen im Praxisjahr der Ausbildung zum
Psychotherapeuten :
Psychologische Psychotherapeuten in Ausbildung (PPiA) werden im "praktischen Jahr"
von der Trägerverwaltung als "Praktikanten" bezeichnet. Für "Praktikanten" gibt es
offenbar eine Tarifvereinbarung, nach der sie keine selbständige Arbeit leisten dürfen
und auch keinen Anspruch auf Bezahlung haben. Bei freien Trägern, die nicht an den
BAT gebunden sind, lassen sich offenbar andere Bedingungen aushandeln, die auch im
praktischen Jahr eine Bezahlung ermöglichen.
Hier scheint es folgende Brisanz zu geben: nicht-approbierte Diplom-Psychologen, die
bereits mit einem festen Vertrag nach BAT in einer Klinik arbeiten und sich entschießen,
eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten zu absolvieren, müssen im
Rahmen dieser Ausbildung auch ein „praktisches Jahr“ absolvieren, in dem sie als
„Praktikant“ unter Anleitung eines Psychotherapeuten ihre Erfahrungen machen. Das
heißt: Sie dürfen nicht mehr selbständig arbeiten und müssen für die Zeit des
„praktischen Jahres“ anscheinend die Stelle aufgeben oder sich beurlauben lassen. Es
gab offenbar einen Fall, wo die Berufstätigkeit als Psychologe in der Klinik nicht als
Praxis für die Therapieausbildung anerkannt wurde.
Die Anleitung der „Praktikanten“ durch einen approbierten Psychologen in der Klinik soll
wöchentlich etwa 6 Std. pro Praktikanten umfassen und muss ausführlich dokumentiert
werden. Anscheinend sind die Kassen nicht verpflichtet, den Anleiter für seine Tätigkeit
zu bezahlen, denn die Anleitung ist keine Tätigkeit im Rahmen der Krankenbehandlung.
Wer zahlt es dann? Es wäre interessant, zu überprüfen, ob dies bei den Ärzten im
Praktikum ähnlich ist.
2. Psychologische Psychotherapeuten (PP) in Psychiatrischen
Kliniken
Bezogen auf die PP könnte man von außen betrachtet annehmen, dass das
Psychotherapeutengesetz für die Trägerverwaltung und die Klinikleitungen keine
Bedeutung hat. Offenbar finden aber auf unterschiedlichen Ebenen viele Diskussionen
über dessen Umsetzung statt. Konkret sichtbare Veränderungen lassen sich derzeit
allerdings nicht erkennen. Die Hoffnungen, ähnlich wie im ambulanten Bereich durch
die Installation des PP eine inhaltliche und tarifliche Gleichstellung der PP mit
Fachärzten („Fachpsychologe für Psychotherapie“) zu erreichen, wurden noch nicht
erfüllt: es gibt in den Psychiatrischen Kliniken noch keine Psychologischen
Psychotherapeuten, die als solche tätig werden können/dürfen.
Schon vor dem Psychotherapeutengesetz war es Psychologen möglich, auf bestimmten
Stationen (Soziotherapie, Psychotherapie, Entwöhnungsbehandlung) die
Stationsleitung übertragen zu bekommen und dann für die Behandlung der Patienten
verantwortlich zu sein, während ein Arzt auf diesen Stationen eher in hausärztlicher
Funktion tätig war. Daran hat sich nichts geändert. Dies hatte bisher keinen Einfluss auf
eine Veränderung der Berufsbezeichnung als Psychologischer Psychotherapeut im
Arbeitsvertrag mit einer entsprechenden tariflichen Eingruppierung. (Eine Anmerkung:
Der Begriff „Psychotherapie“ ist im Gegensatz zum Begriff „Psychotherapeut“ nicht
geschützt und kann deshalb unabhängig von der ausübenden Berufsgruppe verwendet
werden, z.B. auch vom Heilpraktiker.)
Im Bereich der Regelbehandlung auf den psychiatrischen Akutstationen sind
nach wie vor allein die Stationsärzte für die Behandlung verantwortlich (im
Rahmen der Weisungsbefugnis des Abteilungsarztes). Sie nehmen die Patienten auf,
entwickeln den Behandlungsplan in Abstimmung mit den anderen Berufsgruppen,
dokumentieren und verantworten ihn letztlich und entlassen die Patienten. Psychologen
führen ihre Gespräche und leiten ihre Gruppen zwar eigenverantwortlich, aber im
Rahmen des ärztlichen Behandlungsplanes und nach Anordnung des Arztes, in
vergleichbarer Funktion wie z.B. die Ergotherapeuten (auch wenn dies bei guter
Kooperation untereinander nicht immer so aussieht).
Dabei wäre es selbstverständlich vorstellbar, dass z.B. bei depressiven Patienten auch
auf einer Akutstation die psychotherapeutische Behandlung im Vordergrund steht und
primär vom Psychologischen Psychotherapeuten verantwortet wird (auch wenn der Arzt
eine medikamentöse Einstellung vornimmt und somatische Beschwerden behandelt).
Solche Patienten könnten vom PP in der Klinik aufgenommen, nach Abklärung
somatischer Erkrankungen behandelt und entlassen werden. (Interessant ist hier ein
Nebenaspekt: die Krankenhausaufnahme durch den Arzt hat zugleich auch eine
Bedeutung bezüglich der Arbeitsunfähigkeit der betroffenen Person. Im Bereich der
ambulanten Therapie dürfen PP nach §72 SGB V keine Arbeitsunfähigkeit
bescheinigen. Wie wäre das im Bereich der stationären Therapie?)
Ein PP kann und darf im stationären Bereich nur dann eigenverantwortlich behandeln,
wenn er dafür ausdrücklich einen Auftrag erhalten hat. Also:
Voraussetzung für die Tätigkeit eines Psychologen als Psychologischer
Psychotherapeut ist:
a) die Approbation
b) der ausdrückliche Auftrag, als Psychotherapeut tätig zu sein.
Im Krankenhausgesetz NRW liest es sich im § 36 Ärztlicher und psychotherapeutischer
Dienst so, als sei die Trägerverwaltung aufgerufen, neben der Abteilungsärztin oder
dem Abteilungsarzt" PP zu bestellen, die dann in der Abteilung eigenverantwortlich tätig
sein können. Eine andere Interpretation sieht es als Aufgabe des Abteilungsarztes,
darüber zu befinden, wie und von wem die Patienten in seiner Abteilung behandelt
werden.
Wird dieser Auftrag zur Psychotherapie an den Psychologen erteilt, würden dadurch
einige Strukturen in den Kliniken tiefgreifend verändert. Die Folge wären z.B., dass

sich die Tätigkeitsbeschreibung des Psychologen verändert (siehe
PsychPV) und neue Entscheidungsstrukturen entstehen

der Psychologe für die Behandlungsdokumentation und den
Entlassungsbrief an den weiterbehandelnden Therapeuten/Arzt zuständig
ist

der Psychologe eine Höherstufung nach BAT 1b/1a beantragen kann,
wenn er "überwiegend" psychotherapeutisch tätig ist und

die Patienten, die er behandelt, nach derzeitigem Stand wahrscheinlich
als Psychotherapiepatienten einzustufen wären mit einem für die Pflege
sehr ungünstigen Personalschlüssel.
Der "Personalschlüssel" in den Kliniken ist durch die Psychiatrie-Personalverordnung
geregelt, die seit 1991 in Kraft ist. Sie kennt den PP und alles was damit
zusammenhängt noch nicht. Es wäre die Frage, ob Patienten, die primär unter
psychotherapeutischem Ansatz von einem PP auf einer Akutstation behandelt werden,
auch als A1 oder G1 = "Regelbehandlung" einzustufen sind mit entsprechendem
Personalschlüssel für die Pflegekräfte (in Kliniken sehr wichtig!!) oder eher unter A5/G5
als "Psychotherapie" (Personalschlüssel für Pflegekräfte Erwachsenenpsychiatrie
A1/A5 etwa 2:1, Gerontopsychiatrie G1/G5 etwa 3:1 !!!).
In der Tätigkeitsbeschreibung der PsychPV ist ganz deutlich, dass allein Ärzten die
Aufgaben der Befunderhebung und Therapieplanung zukommt und Psychologen nur
eine "Mitwirkung" eingeräumt wird. Eine Aufgabenbeschreibung der psychologischen
Psychotherapeuten gibt es in der PsychPV eben noch nicht – und erst recht nicht die
Vorstellung, dass Psychotherapie als Regelbehandlung zur Bewältigung von Krisen
dienen könnte.
Zu fragen ist weiterhin: was ist unter Psychotherapie im Sinne des PsychThG zu
verstehen. Zu Beginn der Diskussion wurde die Interpretation vertreten, dass alle
Gespräche von Psychologen mit Patienten als eine von ihm allein zu verantwortende
Behandlung von Störungen mit Krankheitswert anzusehen und dementsprechend nur
noch von approbierten Psychotherapeuten zu führen sind (ähnlich wie Medikation
nur von Ärzten zu verordnen ist). Dementsprechend hätten die in den Kliniken
beschäftigten Diplom-Psychologen ohne Approbation sich auf die Testdiagnostik und
die Milieutherapie zurückziehen können/müssen. Dies ist ein Grund, warum - wie oben
beschrieben – viele Psychologen in den Kliniken ihre Approbation beantragt haben. Mit
Fortschreiten der Diskussion wurde als eine Lösung dieses Problems offenbar darin
gesehen, dass nicht jedes Gespräch eines Psychologen mit Patienten auch
Psychotherapie sein muss. In §1, Abs. 3 des PsychThG heißt es: "Zur Ausübung von
Psychotherapie gehören nicht psychologische Tätigkeiten, die die Aufarbeitung und
Überwindung sozialer Konflikte oder sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde zum
Gegenstand haben." Dieser Satz kann eventuell eine Tür öffnen, um in den Kliniken
alles beim Alten belassen zu können: Wenn Psychologen Gruppen anbieten und
Gespräche führen, dann muss das ja nicht gleich Psychotherapie sein insbesondere dann nicht, wenn die Psychologen noch keine Approbation haben, aber
auch dann nicht, wenn sie sie haben. Es wird wie gesagt erst dann Psychotherapie
(=“vom Psychotherapeuten als Krankenbehandlung selbst verantwortet“), wenn der
Psychologe ausdrücklich den Auftrag erhalten hat, als Psychotherapeut tätig zu werden.
Bis dahin sind es lediglich therapeutische Aktivitäten im Rahmen der ärztlichen
Behandlungsplanung, von ihm angeordnet und letztlich verantwortet (siehe oben).
Daher erscheint es auch als fraglich, ob Psychologen in den Kliniken behaupten
können, sie seien schon als Psychotherapeuten tätig und könnten daher eine
entsprechende tarifliche Eingruppierung einklagen.
Dies ist anders als bei Ärzten: alles, was sie tun, vom Händedruck bis zur
Psychotherapie, dürfen (und müssen) sie im Rahmen des von ihnen erstellten
Behandlungsplanes selbst verantworten und den Kassen gegenüber als
Krankenbehandlung dokumentieren - egal, ob sie AiP, Assistenzarzt oder Facharzt
sind. Was ein Psychologe demgegenüber dokumentiert oder berichtet, ist für die
Kassen nicht relevant. Entscheidend ist die Unterschrift des Arztes, durch die er seine
Verantwortlichkeit bekundet.
Die hier geschilderten gesetzlichen Rahmenbedingungen stationärer
Psychotherapie erscheinen mir als Laien in juristischen Dingen in sich
widersprüchlich und dringend einer Überprüfung und Klärung zu benötigen. Und
es wäre zu wünschen, dass auch Politiker und Krankenkassen diesen Bedarf
erkennen. Das Ziel ist, die Rahmenbedingungen der stationären Psychotherapie
an die der ambulanten Psychotherapie anzupassen und damit die
Grundgedanken des Psychotherapeutengesetzes auch in den psychiatrischen
Kliniken umzusetzen.
Hans-Werner Stecker:
Was sind eigentlich
„angestellte PsychotherapeutInnen“?
Der folgende Text soll in anschaulicher Weise einen Einblick geben in das gesetzliche
Regelwerk zum Thema „Psychotherapeuten“. Es soll die gegenwärtige Situation der
angestellten Diplom-Psychologen deutlich werden, die im Zuge der
Übergangsregelungen des seit dem 1.1.1999 in Kraft getretenen
Psychotherapeutengesetzes die Approbation als Psychologische Psychotherapeuten
oder als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (= „Psychotherapeuten“) erlangt
haben und darauf warten, dass sich dadurch etwas für sie verändert. Bisher warten sie
leider vergeblich. Das sehr komplexe Regelwerk aus Gesetzen, Verordnungen und
Vereinbarungen ist an die neuen Bedingungen bisher nur unzureichend angepasst, ist
darüber hinaus nur schwer zu durchschauen und macht deshalb eine Umsetzung in die
konkrete Praxis gegenwärtig fast unmöglich. Die Gesetzestexte mit einer kurzen
Einführung finden Sie unter HWStecker: Rechtliche Grundlagen der Psychotherapie
Ein kleines Beispiel zur Verdeutlichung der Situation:
Ein Krankenpfleger hat eine feste Anstellung in der Psychiatrie. Eine seiner
wesentlichen Aufgaben besteht darin, mit Patienten ins Gespräch zu kommen, sie im
Stationsalltag zu begleiten und konkrete Hilfen anzubieten, wo es notwendig erscheint.
Neben seinem Beruf studiert er Psychologie und macht sein Diplom. Durch sein
Studium gewinnt seine pflegerische Tätigkeit eine andere Qualität und es verschieben
sich die Schwerpunkte, indem er z.B. nicht mehr selbst die Betten macht, sondern die
Patienten dazu bewegt, dies zu tun. So fühlt er sich mit der Zeit mehr als Psychologe
denn als Pfleger, und gewinnt eine neue Identität. Sein Chef (wir vermuten es mal so)
ist begeistert von der Arbeit seines Pflegers, teilt ihm dies auch mit und ermutigt ihn
sogar, Gesprächsgruppen zu leiten. Dies ermutigt nun unseren Pfleger, seinem Chef
gegenüber zu verlangen, das Gehalt eines Psychologen zu bekommen, möglichst noch
rückwirkend seit seinem Diplom in Psychologie.
Jeder wird sagen: eine schiefe Welt. So kann es nicht gehen. Der Pfleger bekleidet die
Stelle eines Pflegers. Wenn er das Gehalt eines Diplom-Psychologen haben will, muß
er sich auf die Stelle eines Diplom-Psychologen bewerben. Diese Stelle muß (im
Stellenplan) vorhanden und frei sein. Erst unter diesen Voraussetzungen kann die
Klinikleitung ihn als Psychologen einstellen. Dann bekommt er einen Vertrag, in dem
Berufsbezeichnung und Vergütungsgruppe aufgeführt sind. Damit sind seine Aufgaben
im Sinne von Tätigkeitsmerkmalen definiert. Und es verändert sich sein
Dienstverhältnis. Sein bisheriger Chef, der Abteilungspfleger, wird ihm keine
Anweisungen mehr geben können. Und wenn sein neuer Chef, der Abteilungsarzt,
unseren Pfleger und neuen Psychologen beim Bettenmachen sieht, dann wird er
vielleicht eine Erklärung dafür verlangen, weil dies nicht den normalen Aufgaben eines
Psychologen entspricht.
Das gleiche Beispiel übertragen auf Psychotherapeuten:
Ein Diplom-Psychologe hat seit Jahren eine feste Anstellung als Psychologe in der
Psychiatrie. Durch seine lange Tätigkeit und durch entsprechende Fortbildungen hat er
die notwendigen Qualifikationen erworben, die ihn berechtigen, im Zuge der
Übergangsregelung des PsychThG die Approbation als Psychologischer
Psychotherapeut zu erhalten. Damit ist er in einen neuen Beruf eingestiegen,
vergleichbar unserem Krankenpfleger, der zum Psychologen wurde. Durch die
Approbation als Psychotherapeut wird ihm die Befähigung bescheinigt und die
Erlaubnis gegeben, eigenständig Krankheiten im Sinne der Psychotherapierichtlinien zu
behandeln. Im Laufe seiner Tätigkeit in der Psychiatrie sowie durch seine Fortbildungen
hat sich unser Psychologe bereits Erfahrungen in der Behandlung von Patienten
erworben, durch die sich die Qualität seines konkreten Handelns (im Vergleich zum
Zeitpunkt seines Berufseinstiegs) verändert und die Schwerpunkte verschoben haben.
Er konzentriert sich weniger auf die Testpsychologie und seine Beratungsgespräche
und Gesprächsgruppen haben sich mehr und mehr zu Therapiegesprächen und
Therapiegruppen entwickelt mit einer klareren Diagnosestellung, Behandlungsplanung
und Zielorientierung. Sein Chef war damit sehr einverstanden und ermutigte ihn in
Fallbesprechungen zu seinem therapeutischen Engagement. So ist die Beantragung
der Approbation für ihn mehr ein formaler Akt, der das besiegelt, was er ohnehin schon
bisher getan hat.
Durch das Studium der Gesetzte und im Gespräch mit den ambulant tätigen
Psychotherapeuten erfährt unser Psychologe: psychologische Psychotherapeuten
sind gleich gestellt mit ärztlichen Psychotherapeuten und diese haben den Status
eines Facharztes (siehe Gutachten von Dr. Nilges). Fachärzte werden in den Kliniken
nach der Vergütungsgruppe 1b bezahlt mit der Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs
nach 1a, also eine Stufe höher als Psychologen. Und so sagt sich unser Psychologe:
wenn ich schon dasselbe mache, wie ein Facharzt, dann will ich auch so bezahlt
werden. Er geht zu seinem Chef und fordert eine Eingruppierung als Psychologischer
Psychotherapeut, vergleichbar einem Facharzt. Und der Chef fällt aus allen Wolken.
Ist das auch eine verkehrte Welt? Sind beide Beispiele vergleichbar? Im großen und
ganzen sicherlich. Für ihn als Psychologischer Psychotherapeut muß es erst einmal
eine Stelle geben, auf die er sich dann bewerben kann und für die er im positiven Fall
einen Anstellungsvertrag bekommt, in dem seine Eingruppierung aufgeführt ist. Wenn
das erreicht ist, ändert sich auch sein Dienstverhältnis zu seinem Chef (siehe § 36
Krankenhausgesetz NW). Wie dies dann im einzelnen aussieht, ist allerdings noch
unklar, da hierfür die formalen Bedingungen noch nicht hinreichend geschaffen sind.
Dürfen also alle approbierten Diplom-Psychologen in den Kliniken darauf hoffen, dass
demnächst für sie neue Stellen entstehen und sie als Psychotherapeuten in die Klinik
eingegliedert werden? Das glaube ich nicht. Unser Psychologe arbeitet z.B. auf einer
Station mit überwiegend psychotischen Patienten, für die das Gesetz gar keine
Indikation für Psychotherapie sieht (siehe Psychotherapierichtlinien unter Punkt D).
Sicherlich behandelt er seine Patienten im Sinne wissenschaftlicher Forschung (siehe
Thema Schizophrenie in den Seiten des BDP-NRW), diese Forschung ist jedoch
bisher noch nicht als anerkannter Gegenstand Psychologischer Psychotherapie in die
Psychotherapie-Richtlinien eingeflossen. Deshalb ist noch fraglich, ob er im Sinne der
gesetzlichen Bestimmungen (überwiegend) als Psychologischer Psychotherapeut tätig
war.
Eine ähnliche Situation lässt sich für Kollegen in den Erziehungsberatungsstellen
beschreiben. Hier wird es sogar noch deutlicher, da in den Psychotherapierichtlinien
dieser Bereich ausdrücklich ausgeschlossen wird (Abschnitt A Punkt 1, Abschnitt D
Punkt 2). Es ist nicht ersichtlich, dass Diplom-Psychologen, die zusätzlich die
Berechtigung zur Ausübung der Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten oder
des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erworben haben, diese Berufe ohne
weiteres ausüben können und einen Anspruch auf entsprechende Bezahlung haben.
Sie müssten als solche vom Träger eingestellt sein. Das aber wäre vergleichbar, wenn
der Träger einen Arzt einstellt, der begleitend die somatischen Beschwerden der Kinder
behandeln soll. Vielleicht darf der Träger kann das tun, wenn er den Arzt aus eigener
Tasche bezahlen könnte. Die durch den Arzt entstehenden Kosten dürfen aber nicht
aus dem Topf der staatlichen Förderung entnommen oder der Krankenversicherung in
Rechnung gestellt werden, weil die Verwendung dieser Gelder jeweils an bestimmte
Bedingungen (z.B. Förderrichtlinien) geknüpft sind.
Im Bereich der Finanzierung von Erziehungsberatungsstellen wird etwas ganz deutlich,
was genauso für den Bereich der Krankenhäuser gilt, dort aber eher verwischt. Auch
die Krankenhäuser sind mit ihren Leistungen an Vereinbarungen gebunden (siehe
Krankenhausfinanzierungsgesetz und die daraus folgenden Verordnungen und
Vereinbarungen) und müssen ihren Stellenplan so gestalten, wie es mit den
finanzierenden Krankenkassen vereinbart ist (siehe auch PsychPV). Derzeit drängen
die Kassen immer mehr nach Verkürzung der stationären Behandlung. Das
Behandlungsziel bei psychischen Erkrankungen beschränkt sich im Rahmen der
stationären Behandlung in der Regel auf eine Beseitigung der akuten Krise
(Krisenintervention) mit dem Schwerpunkt einer ausreichenden medikamentösen
Einstellung. Es ist fraglich, wie weit es gelingt, die Gewichtung umzukehren und den
Kassen verständlich zu machen, dass psychische Krisen langfristig sinnvoller durch
primär psychotherapeutische Interventionen zu bewältigen sind. Erst dann wäre die
Konsequenz, angemessene Stellen für Psychotherapeuten zu finanzieren.
Negative Abgrenzung
Bisher war die Fragestellung darauf gerichtet, dass ein Diplompsychologe therapeutisch
arbeitet und als Psychotherapeut bezahlt werden will. Schwieriger wird die
Beschreibung der Situation von der entgegengesetzten Sichtweise: wenn die
heilkundliche Psychotherapie ausschließlich den Psychotherapeuten vorbehalten ist (§
1 PsychThG), was dürfen dann noch die Diplom-Psychologen ohne Approbation
tun oder besser: was dürfen sie nicht tun und was genau unterscheidet sie von
Psychotherapeuten? Dies war auch in der Vergangenheit schon immer eine
schwierige Frage, weil es hier fließende Übergänge gibt z. B. von „Beratung“ zur
„Therapie“ oder von „Konflikt“ oder „Störung“ zur „Krankheit“. Hier spielt eine große
Rolle, dass unser Gesundheitssystem vom medizinischen Krankheitsbegriff geprägt ist.
Bei Ärzten sind die Unterschiede deutlicher zu erkennen: wer kein Arzt ist, darf z.B.
auch keine Medikamente verschreiben. Was darf ein Diplom-Psychologe nicht tun,
wenn er kein Psychotherapeut ist? Woran erkennt ein Diplom-Psychologe ohne
Approbation, dass er „heilkundlich tätig“ wird? Wann sollte oder muß er sich verweigern
und an einen Psychotherapeuten überweisen, wenn er nicht Gefahr laufen will, gegen
Gesetze zu verstoßen? Was darf ein Psychotherapeut z.B. in der die Praxis eines
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten tun, was ein Diplom-Psychologe in einer
Erziehungsberatungsstelle nicht darf?
Hier scheint mir noch einiges an Klärung notwendig – zum Teil sicher auch verbunden
mit dem Erlebnis schmerzhafter Einschränkungen und der Frustration bezüglich der
Erwartungen und Hoffnungen, die mit dem neuen Psychotherapeutengesetz verbunden
waren. Die neuen gesetzlichen Regelungen setzen auch Grenzen. Aber – Gesetze
fallen nicht vom Himmel. Sie werden gemacht mit der Intention, die gesellschaftlichen
Belange so zu regeln, wie es dem Willen der Mehrheit des Volkes entspricht. Und auch
Stellen fallen nicht vom Himmel. Sie werden eingerichtet, wenn ein entsprechender
Bedarf nachgewiesen ist und die übrigen Rahmenbedingungen inklusive der
begrenzten finanziellen Ressourcen dies zulassen. Im enger umgrenzten Bereich
privater Träger war es bereits möglich, die Berufe der Psychotherapeuten im System zu
verankern und sogar eigene Tarife auszuhandeln, in denen Psychotherapeuten
(tariflich) mit Fachärzten gleichgesetzt werden. Im öffentlichen Dienst ist dies etwas
schwieriger und dauert etwas länger. Es lässt sich als Aufgabe der Berufsverbände
verstehen, die Dinge hier voranzutreiben und da sind wir dran.
Hans-Werner Stecker:
Das Ende stationärer Psychotherapie
in psychiatrischen Kliniken?
Gegenwärtig häufen sich in NRW die Fälle, in denen Krankenkassen die Übernahme der Kosten für
stationäre Psychotherapie in psychiatrischen Kliniken verweigern.
Ein konkreter Fall unter vielen: ein Patient mit Abhängigkeitserkrankung und histrionischer
Persönlichkeitsstörung. Ziel: die Behandlung der Persönlichkeitsstörung unter stationären Bedingungen.
Das Argument der Krankenkasse für ihre Ablehnung der Kostenübernahme:
Therapiemaßnahmen wie
 Psychotherapie (Einzel-PT, - Gruppen-PT )
 Sozio- / Milieutherapie
 Ergotherapie
 Bewegungstherapie / Sport
 Gestaltungstherapie
 Entspannungstraining
gehören insgesamt zur medizinischen Rehabilitation und damit in die Zuständigkeit des
Rentenversicherungsträgers. Zitat: „In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) und hier insbesondere auf die Entscheidung vom 27.11.80 - 8a / 3 RK
6078 [USK 80217] -. Der Tenor dieses Urteils lautet:
1. Die Krankenhauspflege im Sinne des § 184 RVO [heute § 39 SGB V] unterscheidet sich von anderen
Formen der stationären Behandlung dadurch, dass bei ihr die intensive ärztliche Behandlung im
Vordergrund der Maßnahmen steht
2. Eine stationäre Behandlung, der psychotherapeutische Maßnahmen in Form von intensiven Einzelund Gruppengesprächen sowie bewegungs- und beschäftigungstherapeutische Maßnahmen das
Gepräge geben, ist als Behandlung in einer Spezialeinrichtung im Sinne des § 184a RVO [heute § 40
Abs. 2 SGB V) anzusehen.
3. Ein Rentenversicherungsträger kann die Übernahme der Kosten einer Entwöhnungsbehandlung in
einer hierfür geeigneten Einrichtung nicht vom Abschluss einer Belegungsvereinbarung mit der
Einrichtung abhängig machen“ (Zitat Ende)
Diese Begründung wird noch weiter zugespitzt durch eine grundsätzliche Haltung des medizinischen
Dienstes der Krankenkassen (MdK), die in öffentlichen Vorträgen so geäußert wird.
Der MdK geht davon aus, dass Krankenhausbehandlung nur dann gerechtfertigt sei, wenn die
Behandlung eine ständige ärztliche Präsenz erfordere und wenn die ärztliche (d.h. im Bereich
psychischer Erkrankungen: vorwiegend medikamentöse) Behandlung im Vordergrund stehe.
Psychodynamische Gesichtspunkte oder sonstige psychotherapeutische Überlegungen für eine
Begründung stationärer Therapie seien für die Kassen nicht relevant - selbst dann nicht, wenn sie von
Ärzten geäußert werden. Psychologische Psychotherapeuten in psychiatrischen Krankenhäusern seien
für die Krankenkassen dementsprechend keine Gesprächspartner hinsichtlich der Begründung einer
Kostenübernahme.
In der Konsequenz könnte eine solche Haltung z.B. zu einer Schließung von Therapiestationen an
psychiatrischen Krankenhäusern führen und die Tätigkeitsbereiche von Diplompsychologen auch
in anderen Bereichen der Kliniken erheblich einschränken.
Diese Entwicklung erscheint als sehr fragwürdig. Die gegenwärtige Häufung der Ablehnungsbescheide ist
nur zu verstehen im Zusammenhang des gegenwärtig verschärften Kostendrucks im Gesundheitswesen.
In der Argumentation wird nicht berücksichtigt, dass es seit 1999 das Psychotherapeutengesetz
gibt und sich in diesem Zusammenhang die gesetzliche Landschaft im Gesundheitswesen grundlegend
geändert hat. Das Urteil des BSG stammt aus einer Zeit, als es das Psychotherapeutengesetz noch nicht
gab.
Leider hat der Gesetzgeber im Zusammenhang der vielfältigen Änderungen im Zusammenhang des
neuen Psychotherapeutengesetzes sich mehr auf den Bereich der ambulanten Psychotherapie
konzentriert und die Bestimmungen für den Bereich der Krankenhäuser noch nicht hinreichend
ausformuliert. Es wird Aufgabe der Psychotherapeutenkammern sein, hier für mehr Klarheit zu sorgen.
Ohne den Anspruch eines – sicher noch notwendigen - rechtswissenschaftlichen Gutachtens zu erheben,
sind schon jetzt folgende Punke festzuhalten:
1. Mit der Einführung des Psychotherapeutengesetzes und der damit verbundenen Änderungen im
SGB V wurden zwei neue Heilberufe geschaffen: die Psychologischen Psychotherapeuten und
die Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten (hier kurz „Psychotherapeuten“). Sie sind damit
berechtigt zur Ausübung von heilkundlicher Psychotherapie. Im § 1 Abs. 3 des PsychThG
wird formuliert:
Ausübung von Psychotherapie im Sinne dieses Gesetzes ist jede mittels wissenschaftlich anerkannter
psychotherapeutischer Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von
Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist. Zur Ausübung von
Psychotherapie gehören nicht psychologische Tätigkeiten, die die Aufarbeitung und Überwindung
sozialer Konflikte oder sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde zum Gegenstand haben.
Entscheidend in diesem Zusammenhang ist der diagnostizierte „Krankheitswert“ einer Störung (z.B: nach
ICD 10). Die Abgrenzung zu anderen (= „nicht-heilkundlichen“) psychotherapeutischen Tätigkeiten lässt
sich auch in den Psychotherapie-Richtlinien unter Abschnitt A Satz 1 wiederfinden:
Psychotherapie kann im Rahmen dieser Richtlinien erbracht werden, soweit und solange eine seelische
Krankheit vorliegt. Als seelische Krankheit gilt auch eine geistige oder seelische Behinderung, bei der
Rehabilitationsmaßnahmen notwendig werden.
Psychotherapie ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung und gehört nicht zur
vertragsärztlichen Versorgung, wenn sie nicht der Heilung oder Besserung einer Krankheit bzw. der
medizinischen Rehabilitation dient. Dies gilt ebenso für Maßnahmen, die ausschließlich zur beruflichen
Anpassung oder zur Berufsförderung bestimmt sind, für Erziehungsberatung, Sexualberatung,
körperbezogene Therapieverfahren, darstellende Gestaltungstherapie sowie heilpädagogische oder
ähnliche Maßnahmen.
2. Versicherte der Krankenversicherung haben nach § 11 SGB V Anspruch auf Leistung zur
Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52).
In § 27 Abs. 1 wird weiter ausgeführt:
Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu
erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die
Krankenbehandlung umfaßt
1. Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische
Behandlung,
2. zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz,
3. Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
4. häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe,
5. Krankenhausbehandlung,
In § 28 SGB V unter Abs. 3 wird weiter festgelegt:
Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird durch Psychologische Psychotherapeuten
und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeuten), soweit sie zur
psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den
Richtlinien nach § 92 durchgeführt.
3. Weitgehende Gleichstellung von Ärzten und Psychotherapeuten [1]: Im SGB V § 72 Abs. 1
heißt es:
Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der
vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses
Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte und Psychotherapeuten,
sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.
In den folgenden Paragraphen ist fast nur von Ärzten die Rede, was leicht zur Unklarheit führt, wenn man
die Formulierung im § 72 nicht berücksichtigt.
Die Gleichstellung von Ärzten und Psychotherapeuten und insbesondere die eigenverantwortliche
Tätigkeit von Psychologischen Psychotherapeuten wird auch im 1998 geänderten Krankenhausgesetz
NRW deutlich, in dem es jetzt lautet:
§ 36 Ärztlicher und psychotherapeutischer Dienst
(1) Der Träger des Krankenhauses hat für jede Abteilung mindestens eine Abteilungsärztin oder einen
Abteilungsarzt zu bestellen, die oder der nicht weisungsgebunden ist. Sie oder er sind für die
Untersuchung und Behandlung der Patientinnen und Patienten in der Abteilung verantwortlich. Auch
Belegärztinnen und Belegärzte können die Abteilungen leiten.
(2) Belegärztinnen und Belegärzte ..
3) Für Abteilungen, die Patientinnen und Patienten behandeln, bei denen Psychotherapie angezeigt ist,
können neben der Abteilungsärztin oder dem Abteilungsarzt Psychologische Psychotherapeutinnen oder
-therapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen oder -therapeuten bestellt werden,
die bei der Untersuchung und Behandlung dieser Patientinnen und Patienten eigenverantwortlich und
selbständig tätig sind.
Es bleibt allerdings noch unklar, was diese Bestellung „neben“ dem Abteilungsarzt konkret bedeutet, in
welcher Weise Psychotherapeuten eigenverantwortlich und selbständig tätig sein dürfen, während der
Abteilungsarzt für die Behandlung der Patienten in der Abteilung verantwortlich ist.
4. Der Gesetzgeber unterscheidet in § 107 SGB V Krankenhäuser, Vorsorge- oder
Rehabilitationseinrichtungen. Als Krankenhaus definiert er in § 107, Abs. 1:
Krankenhäuser im Sinne dieses Gesetzbuchs sind Einrichtungen, die
1. der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen,
2. fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem
Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach
wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten,
3. mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem
Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung
Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten,
Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten,
und in denen
4. die Patienten untergebracht und verpflegt werden können.
Hier wird deutlich, was oben unter Punkt 3 gesagt wurde: § 107 gehört zu demselben Kapitel wie § 72.
Bei isolierter Betrachtung des § 107 wird nicht deutlich, dass hier der § 72 Anwendung findet, der besagt :
Soweit sich die Vorschriften auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Psychotherapeuten.
Berücksichtigt man § 72, erhält der § 107 eine ganz andere Bedeutung.
Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzbuchs sind nach § 107 Abs. 2
Einrichtungen, die
1. der stationären Behandlung der Patienten dienen, um
a) eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen
würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes
entgegenzuwirken (Vorsorge) oder
b) eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern
oder im Anschluß an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu
festigen, auch mit dem Ziel, einer drohenden Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, sie
nach Eintritt zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten (Rehabilitation), wobei
Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkassen übernommen werden dürfen,
2. fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders
geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem
ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich
Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie,
ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern
und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen,
und in denen
3. die Patienten untergebracht und verpflegt werden können.
Das BSG musste 1980 den Begriff Psychotherapie noch im Sinne der „Heilmittel“ verstehen und
gleichsetzen mit z.B. Sprachtherapie, Beschäftigungstherapie, usw.. Dieser alte Begriff von
Psychotherapie im Zusammenhang der Definition der Heil-Hilfsberufe war prägend für die Definition der
Tätigkeitsbereiche von Diplompsychologen in Krankenhäusern mit entsprechenden Dienstanweisungen,
die teilweise heute noch gültig sind. Mit dem jetzt gültigen Begriff der „heilkundlichen Psychotherapie“ ist
das nicht zu vergleichen[2].
Hier taucht aber folgende wichtige Unterscheidung auf:
- Im Rahmen eines „ärztlich-psychotherapeutischen Behandlungsplanes“ wird einem Patienten die
„Entspannungsgruppe“ verordnet, die von einem Psychologen geleitet wird. In diesem Fall arbeitet der
Psychologe in der Funktion eines „besonders geschulten Personals“ als Heilhilfskraft ähnlich dem
Beschäftigungstherapeuten.
- Ein psychologischer Psychotherapeut behandelt Patienten eigenverantwortlich und entwickelt einen
eigenen psychotherapeutischen Behandlungsplan für die ihm anvertrauten Patienten. In diesem Rahmen
leitet er eine Gruppe „Entspannungstherapie“ für Patienten, bei denen „die Interaktion zwischen mehreren
Kranken therapeutisch erforderlich ist und die gruppendynamischen Prozesse entsprechend genutzt
werden“ (siehe Psychotherapierichtlinien unter B-II. „Anwendungsformen“, Punkt 2) und er orientiert
sich auch im weiteren an den Vorgaben der Psychotherapierichtlinien (z.B. hinsichtlich der Größe der
Gruppe, der Dokumentation, der Behandlungsplanung, usw.).
Diese Unterscheidung führt zu der Frage nach einer Definition von „heilkundlicher Psychotherapie“ in
Abgrenzung gegenüber anderen psychologisch-psychotherapeutischen Tätigkeiten. Diese Definition
weiter zu differenzieren und zu und zu operationalisieren wird eine der wesentlichen Aufgaben der
Psychotherapeutenkammern sein.
5. Als Kriterien für eine Behandlung im Krankenhaus nennt der Gesetzgeber § 39 Abs 1 SGB V:
Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108),
wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das
Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung
einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt
im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und
Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig
sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und
Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung.
Diese Kriterien sind sehr allgemein gehalten und lassen sich noch weiter ausformulieren. Ein Beispiel
hierfür ist zu finden in der Homepage der Heinrich Heine Universität Düsseldorf . Hier heißt es
(Zitat):
Eine stationäre psychotherapeutische Behandlung wird erwogen, wenn mindestens eins der
folgenden Kriterien erfüllt ist:
 es liegt eine erhebliche somatische (körperliche) Beeinträchtigung durch die psychische
Symptomatik vor
 eine im psychischen Beschwerdebild begründete Indikation ist gegeben (z.B.: der Schweregrad
der Störung ist besonders stark ausgeprägt)
 es besteht eine psychische Symptomatik, die in ambulanter Therapie zu chronifizieren droht
 die Aufarbeitung besonderer sozialer Defizite ist notwendig
 es besteht die Notwendigkeit einer intensiveren Konfliktverarbeitung
 eine Überforderung der Familie im Umgang mit dem Patienten oder Überforderung des Patienten
durch seine engste Umgebung/Familie liegt vor
 die stationäre Psychotherapie dient als Motivierung für eine sich anschließende längerfristige
Behandlung
 es besteht eine regional-pragmatische Indikation (z.B. für Patienten einer Region, in der keine
ausreichende ambulante psychotherapeutische Versorgung besteht)
Es ist in den ersten Gesprächen mit dem Psychotherapeuten zu klären, ob die Behandlung ambulant
durchgeführt werden kann oder ob sie stationär erfolgen sollte.
Eine stationäre Behandlung kann bei schwereren, chronifizierten psychischen Problemen erforderlich
sein, auch um womöglich einen sozialen Teufelskreis in den aktuellen Lebensbedingungen des Patienten
zu durchbrechen, ihn aus dem normalen Umfeld herauszunehmen, da sonst keine Perspektiven einer
Veränderung erreichbar wären.
(Zitat Ende)
Fazit:
Die gegenwärtige Entwicklung markiert nicht das Ende der stationären Psychotherapie, sondern eher den
Anfang. Leider lässt die Klarheit der Gesetzgebung hinsichtlich der Psychotherapie in Krankenhäusern
noch zu wünschen übrig. Dies ist nur ein Beispiel für viele andere derzeit noch bestehende
Problembereiche für Psychotherapeuten in Kliniken [3]. Hier werden die neuen
Psychotherapeutenkammern in Zusammenarbeit auf Bundesebene noch einige Aufgaben zu bewältigen
haben und Forderungen an den Gesetzgeber stellen müssen. Rechtliche Gutachten sind notwendig. Die
Krankenhausträger werden vermutlich um eine gerichtliche Auseinandersetzung mit den Krankenkassen
nicht herumkommen. Die hier genannten Punkte lassen jedoch schon erkennen, dass die Argumentation
der Krankenkassen unzulänglich ist. Sie lassen aber auch erkennen, dass nicht alles, was
Psychologische Psychotherapeuten auch in Kliniken tun, wie selbstverständlich als „heilkundliche
Psychotherapie“ zu bezeichnen und dementsprechend relevant ist für die Finanzierung durch die
Krankenkassen. Auch hier herrscht noch Klärungsbedarf und ist einiges Nachdenken gefordert.
Für die weitere Entwicklung der Psychiatrie kann es von erheblicher Bedeutung sein, in welchem Maße
die aktuellen psychotherapeutischen Ansätze Eingang in die Behandlung psychisch Kranker finden [4]. In
Korrespondenz mit den Vorstellungen der Krankenkassen zeigt sich gegenwärtig eine Entwicklung weg
vom sozialpsychiatrischen Denken hin zu einer eher biologisch orientierten Behandlung allein durch
Psychopharmaka mit möglichst kurzen Liegezeiten. In den typischen Behandlungsbereichen der
Psychiatrie, der Depression und der Schizophrenie sind die bisherigen Erfolge der Pharmakotherapie
sicher unbestritten. Trotzdem verbinden viele Patienten den Begriff Psychiatrie auch heute noch mit einer
Drehtür in eine elende Sackgasse. In der Kombination der Medikamente mit Psychotherapie lassen sich
die Behandlungserfolge offenbar weiter festigen und Rückfälle verhindern. Erste Ergebnisse der
Therapieforschung stimmen zuversichtlich. Die Forschung richtet sich sogar auf eine Früherkennung
schizophrenen Störungen und psychotherapeutischer Behandlungsstrategien zur Prävention. Auch hier
ist erst ein Anfang gemacht. Die konkrete Praxis in den psychiatrischen Kliniken bleibt dem gegenüber
jedoch noch weit zurück – zumal, wenn Psychotherapeuten noch gar nicht dürfen, was sie eigentlich
könnten, weil die formalen Bedingungen in Form der Tätigkeitsbeschreibung von Klinikpsychologen
genauso wie die Argumente der Krankenkassen noch in alten Zeiten verhaftet sind. Bewegung ist nur zu
erwarten, wenn die inneren Kräfte von außen unterstützt werden, z.B. von einer starken
Psychotherapeutenkammer.
Hans-Werner Stecker
Psychologischer Psychotherapeut
21.7.2001
[1] Siehe hierzu ausführlich bei Bracher, Chr.-D.: Berufsausübung in zugelassenen Krankenhäusern.
P.u.R – Psychotherapie und Recht, 3, Mai 2001
[2] Einführende Worte der Rede von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer anläßlich der 2./3.
Lesung des Psychotherapeutengesetzes vor dem Deutschen Bundestag am 27.11.1997
Wir haben heute die Chance und Aufgabe, ein Gesetz zu verabschieden, über das seit beinahe zwanzig
Jahren diskutiert wird. Es stimmt zwar, daß Papier geduldig ist. Aber wir alle müßten schon sehr
überzeugende Argumente dafür haben, wenn wir die Geduld der Menschen, die auf das
Psychotherapeutengesetz warten, ein weiteres Mal auf die Probe stellen. Ich glaube, dieses Gesetz
würde nicht besser, wenn wir uns an das alte Sprichwort "Gut Ding hat gut Weil" hielten und noch mehr
Zeit ins Land ginge.
Wir sollten jetzt dem Willen zum Handeln auch Taten folgen lassen und das Gesetz verabschieden. Denn
es sorgt für die Klarheit, Qualität und Sicherheit in der Versorgung mit psychotherapeutischen
Leistungen, die von allen Beteiligten zu recht eingefordert wird:
Es sorgt für Klarheit, weil die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Psychotherapeuten exakt
definiert werden. Sie sind nicht mehr länger ein Heilhilfsberuf, sondern dürfen eigenständig tätig
werden wie Ärzte.
Es sorgt für Qualität, weil es hohe Anforderungen an die Ausbildung der Psychotherapeuten stellt. Nur
wer diese Anforderungen erfüllt, darf sich als Psychotherapeut bezeichnen und kann im Rahmen der
gesetzlichen Krankenversicherung Patienten behandeln.
Damit ist in Zukunft ausgeschlossen, daß unter dem Firmenschild "Psychotherapeut" Hilfen angeboten
werden, die diesen Namen tatsächlich nicht verdienen. ....( http://home.welfennetz.de/NEPTUN/SEEH2811.HTM)
[3] siehe im Internet in den Seiten des BDP-NRW unter Berufspolitik oder die Seiten von H.-W.
Stecker zu den rechtlichen Grundlagen der Psychotherapie, in denen auch die gesetzlichen
Grundlagen zu diesem Thema zu finden sind.
[4] siehe die zusammenfassende Darstellung unter Psychotherapie zu den Themenbereichen
Depression und Schizophrenie
http://www.bdp-nrw.de/stecker/Gesetze/Angestellte/Angestellte.htm
Herunterladen