Konsultationsveranstaltung

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Bildung für Nachhaltige Entwicklung
Konsultationsveranstaltung mit NertreterInnen von NGOs
14. November 2005, Kardinal König Haus.
An der Konsultationsveranstaltung nehmen ca. 30 Personen teil. Neben den
VertreterInnen des Bildungsministeriums sind das FORUM Umweltbildung,
Umweltspürnasen, Ökobüro, Greenpeace, ökosoziales Forum, PfadfinderInnen,
österreichische Hochschülerschaft, Agentur Südwind, Jugend eine Welt, Umwelt
Management Austria, Respect, Umweltberatung, WWF, Forum Wissenschaft und
Umwelt, Global 2000, evangelische Jugend Österreich und die Landjugend vertreten.
Moderation: Hermine Steinbach-Buchinger
Begrüßung
Dr. Günther Pfaffenwimmer, BMBWK
Nachhaltige Entwicklung wurde bereits vor 20 Jahren im Brundtland-Report so
definiert: "Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den gegenwärtigen
Bedarf deckt, ohne die Fähigkeiten kommender Generationen zu schmälern, ihre
Bedürfnisse zu befriedigen."
Seit damals stehen Diskussionen um einen Ausgleich zwischen Ökologie, Ökonomie
und sozialer Entwicklung auf der Tagesordnung. Am Weltgipfel in Rio 1992 wurde
schließlich die Agenda 21 als Weltprogramm der zukünftigen Entwicklung
verabschiedet. In zwei Kapiteln (Kap. 4 und Kap. 36) wird die Bedeutung der Bildung
betont. – 10 Jahre später, auf der Konferenz von Johannesburg 2002 wurde erneut
festgehalten, dass Bildung ein zentraler Hebel für nachhaltige Entwicklung ist.
Japan unternahm in der Folge einen Vorstoß, um eine Dekade für Bildung für
nachhaltige Entwicklung einzurichten. Die UNO Vollversammlung hat dieser
Initiative zugestimmt und die Dekade 2005 bis 2014 zur Dekade der Bildung für
nachhaltige Entwicklung ausgerufen.
Im Zuge der Dekade hat die UNESCO Grundlagendokumente erstellt und darin den
Staaten empfohlen, eine eigene Bildungsstrategie festzuschreiben. In dieser Strategie
soll auch die Orientierung für die Gestaltung der Bildungsstrategie selbst
festgeschrieben werden.
2002 wurde auch - in Vorbereitung der Konferenz von Johannesburg die
österreichische Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet. Im Leitziel 1 (zukunftsfähiger
Lebensstil) und im Leitziel 4 (Bildung und Forschung schaffen Lösungen) ist die
Bedeutung der Bildung angesprochen. Bildung ist damit nicht allein als
Querschnittsmaterie verankert sondern wurde extra hervorgehoben.
Aufbauend auf den UNESCO-Dokumenten und der nationalen Strategie arbeiten das
Lebensministerium und das Zukunftsministerium gemeinsam an einer Strategie für
Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Dabei soll die Strategieentwicklung möglichst partizipativ gestaltet und breit
diskutiert werden: kein Top Down Prozess ist vorgesehen, vielmehr ein
Meinungsaustausch. Ein Expertenteam erstellt ein Strategiepapier als Grundlage für
ein durch den Ministerrat zu beschließendes Dokument. Dabei stützt sich das
Expertenteam auf internationale und nationale Quellen sowie auf die Ergebnisse der
Bildungs-Roundtable und Konsultationsprozesse. Im Rahmen dieser Konsultationen
wurden auch die NGOs zu einem Dialog über Bildung für nachhaltige Entwicklung
eingeladen.
Die Veranstaltung hat zum Ziel, einen Informationsgleichstand herzustellen über
Themen und Prinzipien der Dekade und einen Dialog zu starten.
Einführung
Johannes Tschapka:
In Vorbereitung der Konferenz von Johannesburg 2002 hat eine Expertengruppe der
IUCN die aktuelle Rolle der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung analysiert und
kritisch festgehalten: Much of current education falls far ashore of what is required.
(UNESCO 2002, Lessons Learned). Das Papier hält fest, dass es zwar viele Initiativen
gibt, die jedoch weitgehend isoliert sind und dadurch kaum Wirkung entfalten. Genau
hier muss Bildung für nachhaltige Entwicklung ansetzen – nicht als bloße Fortsetzung
bestehender Programme der Umweltbildung sondern als Synthese und
Weiterentwicklung der unterschiedlichsten, bereits vorhandenen Ansätze. Auch die
Entstehungsgeschichte der Dekade verdeutlicht dies. 2001 stand die westliche Welt
nach dem Terroranschlag in New York unter Schock. Daher blieb eine andere Krise
beinahe unbemerkt: der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea spitzte sich gefährlich
zu, beunruhigte die gesamte Region.
Ein massives Gefahrenpotenzial wurde sichtbar und erforderte auch Reaktionen in der
Bildungsarbeit. Ein „Center for Intercultural Understanding“ wurde geschaffen und
viel Geld investiert, um interkulturelles Verständnis durch Bildung zu fördern.
Japan erkannte, dass diese Problematik zentral für eine nachhaltige Entwicklung des
pazifischen Raumes ist und hat in Folge der Krise einen Antrag an die UNO zur
Schaffung einer Dekade der Bildung für nachhaltige Entwicklung gestellt.
Ausgangspunkt dafür war nicht in erster Linie die Zerstörung natürlicher
Lebensräume, vielmehr die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen.
Die Themen der Dekade sind vielfältig: Bekämpfung der Armut, Förderung der
Geschlechtergerechtigkeit, Beseitigung des Analphabetismus, Förderung der
Menschenrechte, aber auch Ressourcenschonung und nachhaltiger Konsum zählen
dazu. Es geht aber darüber hinaus auch um Partizipation und Werte-Orientierung, um
eine Form von politischer Alphabetisierung: Die Dekade will uns bewusst machen,
dass für die Sicherung der Zukunft diese Techniken genau so wichtig sind wie Lesen
und Schreiben.
Wie stehen NGOs zur Dekade?
Nachhaltige Entwicklung löst unterschiedliche Assoziationen aus: ein
Überlebenskonzept oder leeres Gerede., ferne Theorie oder Umweltschutz auf neuer
Grundlage. Aber haben wir Vorstellungen davon, welche Ideen hinter dem Konzept
stecken und wo wir beginnen können, sie zu realisieren. An Hand von drei Fragen
zeichnen die TeilnehmerInnen ein Bild von ihrer Dekade
1. Frage: Themen der UNO-Dekade sind angreifbar, umsetzbar, ich agiere bereits
damit
Die NGOs stimmen dieser Aussage überwiegend stark zu, einige äußern Skepsis:






Die Themen sind von großer Bedeutung, aber die dahinter liegenden Fragen
werden noch wenig sichtbar. Armut hat Ursachen, ist vielfach gemacht, kein
Schicksal.
Nicht alle Themen sind auf die universitäre Bildung umlegbar: die
Universitäten können Armut ansprechen, aber wenig handeln. Einige Themen
werden hier stark aufgegriffen, etwa die Gender-Problematik, andere gar nicht.
Die Themen sind greifbar, aber sie stehen im Widerspruch zu Leben. Die
Konsumgesellschaft handelt diametral gegen Prinzipien, die vermittelt werden
sollen.
Es gibt bereits viele gelebte Projekte, Schulen Unis, die auf dem Weg sind.
Und Bildung für nachhaltige Entwicklung heiß
++
t , sich auf den Weg machen.
2. Frage: Bildung für nachhaltige Entwicklung ist gekennzeichnet durch
Mehrperspektivität, Kooperationen sind wichtig. Daher kooperiert meine
Organisation mit NGOs aus völlig anderen Bereichen.
Dieser Aussage stimmen die TeilnehmerInnen teilweise zu, etwa zu 50%.
 Organisationen, die für bestimmte Zielgruppen arbeiten, wie die Pfadfinder
kooperieren insbesondere auf lokaler Ebene stark.
 Umweltorganisationen wie Greenpeace kooperieren auf Projektebene, wenig
auf der Ebene der Organisation.
 Für den WWF ist die Dekade ist ein Anstoß, sich mit vielen Themen zu
beschäftigen, Anknüpfungspunkte und Kooperationen zu finden. Hier ist die
Dekade Impulsgeber.
3. Frage: Die Dekade erfordert auch die Zusammenarbeit zwischen
(Schul)verwaltung und NGOs. Wie kann eine Kooperation zwischen den
Ministerien und den NGOs aussehen? Gibt es dazu konkrete Vorstellungen?
Die Meinungen sind geteilt: Ein Teil hat klare Vorstellungen, anderen fehlen diese
gänzlich.
 Ideen gibt es, wie auch in der Vergangenheit, viele. Es ist aber fraglich, ob
davon etwas realisiert wird. Meist bleibt es bei leeren Worten.
 Das FORUM Umweltbildung ist an dieser Schnittstelle, hier entstehen
Projekte und Initiativen.
 Die Natur- und Umweltschiene ist ein schmaler Sektor. Es gibt auf NGO
Seite viele Vorschläge und Initiativen, aber wenig Resonanz in der
Verwaltung. Größere Projekte brauchen die Vernetzung, innerhalb der
NGOs und mit der Verwaltung. Diese Vernetzung fehlt oft.
 Naturvermittlung agitiert nicht wie Lobbying-Organisationen, sie ist auf
Basis-Arbeit ausgerichtet. Hier fehlt es an Mitteln, an Zusammenarbeit, an
Verständnis in der Verwaltung.
 Organisationen wie die Pfandfinder sind zwar zentral koordiniert, aber
ortsgruppenzspezifisch. Wie die Verbindung zu einem Minsiterium
aussehen könnte ist unklar, sie aufzubauen eine große Herausforderung.
 Es braucht unterschiedliche Positionen, es geht auch um Fragen der
Identität, wir können gut zusammenarbeiten, es braucht aber die Differenz
ebenso: NGOs sind nicht der verlängerte Arm der Verwaltung. An der
Differenz schärfen sich auch Positionen.
Strategie für Bildung für nachhaltige Entwicklung
Martin Heinrich
Die Vereinten Nationen haben den Zeitraum 2005 bis 2014 zur Dekade der Bildung
für Nachhaltige Entwicklung erklärt und damit einen gesellschaftlichen Auftrag an
alle Mitgliedstaaten erteilt. Eine solche Erklärung weckt Erwartungen: was sollen wir
als Pädagogen, als NGO-Vertreter tun, wer erarbeitet die Konzepte? Manche richten
dabei den Blick nach oben, erwarten sich ein Maßnahmenpaket durch die Regierung.
Ganz anders ein UNO-Vertreter auf einer Konferenz in Dänemark: er rief den
Zuhören zu You are the Decade – Ihr seid die Dekade und erläuterte dies: in der UNO
sind vier Personen zuständig für die Dekade, vier Menschen, um die Welt zu retten.
Ein unmögliches Unterfangen – wenn nicht wir alle begreifen, dass wir selbst die
Dekade gestalten müssen.
Das UNO Bekenntnis zur Bildung für nachhaltige Entwicklung ist eine symbolische
Aktion – die gesellschaftliche Macht entwickelt, wenn sie aufgegriffen wird, wenn sie
zum allgemeinen Anliegen wird.
Vor diesem Hintergrund entwickelt eine Expertengruppe, der ich angehöre, eine
nationale Strategie, nicht als praxisfernes Konzept, sondern vielmehr im Gespräch mit
den Akteure, auf der Basis eines Konsultationsprozesses. Damit braucht die
Bildungsstrategie selbst eine Strategie. Denn die „Top down“ Gesamtstrategien der
70er und 80er Jahre sind gerade im Bildungsbereich wegen mangelnder Akzeptanz
vor Ort gescheitert. In den 90er Jahren hat sich die Situation durch eine starke
Autonomiebewegung gelockert. Seit diese Autonomie wieder zur Diskussion steht
und der Blick sich verstärkt auf das Gesamtsystem richtet, nimmt jedoch auch die
Akzeptanz für Reformen wieder ab.
Wir brauchen ein neues Politikmodell für Innovation, das Akzeptanz vor Ort schafft.
Governance hat das Ziel, dass alle Akteure miteinander in Verhandlung treten und
dadurch regieren. Macht geht nicht nur von oben aus, wie Bürgerbewegungen
vielfach belegen. Governance agiert im Bewusstsein, dass alle Akteure Einfluss auf
das System haben, Es ist der Versuch, nicht mehr monokausal „Top-down“ oder
„Bottom up“ zu denken, sondern möglichst alle Akteure einzubinden.
Aushandlungsprozesse rücken in das Blickfeld.
Akteurskonstellation machen sichtbar, wo Einzelne Macht haben, etwas zu tun oder
zu behindern. Eine Kultur ist zu entwickeln, innerhalb derer Gegensätze aufeinander
treffen und Aushandlungen erfolgen können.
Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist eine zukunftsoffene, regulative Idee: es gibt
kein fertiges Konzept, wir müssen selbst eine Vorstellung entwickeln, was in der
Dekade zu tun ist,. Eine Regulative Idee ist eine Idee, die unser Denken leitet, unsere
Handlungen bewertet. In diesem Sinne muss sich auch Bildung für nachhaltige
Entwicklung weiterentwickeln, ein Konzept ist nur erfolgreich, wenn es sich
weiterentwickelt und damit in wenigen Jahren überholt ist.
In einem ersten Schritt hat die Expertengruppe die nationalen und internationalen
Innovationsimpulse zur UN-Dekade analysiert. Die Dekade umfasst zehn inhaltliche
Themen: Menschenrechte, Armutsbekämpfung, Stadt-Land-Ausgleich,
Regionalentwicklung, Alphabetisierung, Ressourcenschonung, nachhaltige
Produktion und Konsum, Geschlechterausgleich, interkulturelles Verständnis,
medizinische Grundversorgung. International ist jeder einzelne Punkt ein aktueller
Brennpunkt. Gemessen am Anspruch ist Bildung für nachhaltige Entwicklung das
größte Projekt der Menschheit.
Vor diesem Hintergrund wurde ein Prä-Konzept formuliert – als Impuls zum
Weiterentwickeln. Grundlage dieses Prä-Konzeptes sind folgende Thesen:




Bildung für nachhaltige Entwicklung ist eine Bildungsaufgabe, um die
heranwachsende Generation zur Humanisierung der Lebensverhältnisse zu
befähigen.
Bildung für nachhaltige Entwicklung ist Selbstentwicklung und
Selbstbestimmung in Auseinandersetzung mit der Welt, anderen Menschen
und sich selbst.
Bildung für nachhaltige Entwicklung fördert die Fähigkeit in konkreten
Handlungsfeldern Zukunftsfragen zu bearbeiten (reflektierte
Gestaltungskompetenz).
Ausgangspunkte sind ökologische, soziale, ökonomische, politische und
kulturelle Dimensionen gesellschaftlichen Zusammenlebens und ihre
komplexen Zusammenhänge. Diese Dimensionen gilt es, „zusammen“ zu
denken.
Ziel der Bildung für nachhaltige Entwicklung ist reflektierende
Gestaltungskompetenz: die Bereitschaft und die Fähigkeit, die Zukunft aktiv
mitzugestalten und gleichzeitig die Wirkung dieses Gestaltens zu reflektieren. –
Ausgangpunkte sind die ökologischen, ökonomischen, politischen und sozialen
Dimensionen gesellschaftlichen Zusammenlebens.
Good Governance zeigt einen Weg, wie Aushandlungsprozesse zu gestalten sind, wie
eine gesellschaftlich akzeptierte Bildung für Nachhaltige Entwicklung möglich ist.
Dieser Weg führt von der beeinflussten Gesellschaft hin zur lernenden Gesellschaft.
Wenn wir, auch in bester Absicht, diejenigen im Kpf haben, die wir beeinflussen
wollen, dann kommen wir nicht zur lernenden Gesellschaft – und damit nie zu einer
nachhaltigen Entwicklung.
Bildung für nachhaltige Entwicklung ist lernzielorientiert: wir müssen fragen, welche
Kompetenzen wollen wir entwickeln, nicht welche Inhalte sind zu lernen. Dies ist ein
fundamentaler Wandel, damit sind Prioritäten neu zu entwickeln.
Wir denken immer noch von den Inhalten ausgehend: ein Lehrsatz wird postuliert,
anschließend folgt die Erläuterung. – Wenn wir von einer Fragestellung, einem
Problem ausgehen, Thesen entwickeln und anschließend den Beweis erarbeiten,
dürfen wir hoffen, dass ein ganz anderer Lernprozess in Gang kommt.
Lernziele sind nicht ausschließlich kognitiver Natur, vielmehr sind, gerade für eine
Bildung für nachhaltige Entwicklung emotionale und soziale Lernziele von
Bedeutung.
Im kognitiven Bereich steht Aufklärung statt Wissensvermittlung im Vordergrund..
Aufklärung bedeutet, dass ich nicht nur Informationen habe, sondern dass die
Information auch eine Bedeutung für mich hat, dass ich sie handelnd verwerten kann.
Hier müssen wir auch weg von der Isolierung von Inhalten hin zur
Komplexitätsbewältigung. Die Dimensionen nachhaltige Entwicklung sind zu
verknüpfen, wir müssen uns fragen, wie wir lernen können, diese Komplexität zu
sehen.
Im emotionalen Bereich gilt es, Selbstbewusstsein zu fördern, statt Ohnmacht zu
verbreiten. Angesichts aktueller Themen, wie Klimawandel oder Biodiversitätsverlust
muss ich mich als Lehrender fragen: erzeugt meine Arbeit Resignation oder Aktivität?
Fördert sie die Gestaltungskompetenz oder dient sie dem Betroffenheitskult? Stärkt
sie die Position der Lernenden in der Gesellschaft oder führt sie zum Rückzug aus
dieser?
Im sozialen Bereich wiederum gilt es, Verantwortungsübernahme statt Delegation von
Verantwortlichkeiten zu fördern, statt Politikverdrossenheit oder Protesthaltung ist
Verhandlungskompetenz zu entwickeln.
NGOs können in einer lernenden Gesellschaft Rollen als LehrerInnen übernehmen.
Diese Rolle fordert auch ein erweitertes Selbstverständnis der Organisationen. Die
Orientierung darf nicht ausschließlich an den Themen, den Inhalten erfolgen,
vielmehr braucht es eine Hinwendung zur LehrerInnenorientierung.
Diskussion
Der Vortrag zeichnet ein Bild von Bildung, wie sie in der Umweltbewegung eine
lange Tradition hat, gut verankert ist. Immer waren wir bemüht, die Menschen
emotional anzusprechen, Sachinhalte zu vermitteln und gesellschaftliche Visionen zu
entwickeln. In der Debatte um die Kernenergie haben wir als Studenten Informationen
verbreitet, Aufklärung betrieben, Bürgerinitiativen ins Leben gerufen, uns aktiv
eingebracht in die politische Landschaft. – Der Vortrag hat theoretisch
zusammengefasst, was seit langem gelebte Realität ist.
Umweltorganisationen haben vorgegebene Inhalte, sie bringen Wertvorstellungen,
manchmal auch Ideologien mit. Es ist ihre ureigenste Aufgabe, diese Inhalte in die
Gesellschaft zu tragen, ohne klares Profil gibt es sie nicht. – Die Schule funktioniert
völlig anders: dort ist die Wissensvermittlung viel breiter, daher die Orientierung an
den Lernenden zentral.
Vom Wissen zum Handeln ist das Leitziel der Umweltberatung. Sie will nicht nur
aufzuzeigen, was passiert, sondern was jede/r Einzelne umsetzen kann. Natürlich
stellen wir dabei die Alternativen nicht gleichwertig vor, wir wollen beeinflussen. Wir
formulieren dies jedoch nicht als Norm, sondern als Angebot.
In der Umweltpädagogik wird die angesprochene Vermittlungsweise seit langem
gelebt und gefordert. Lernen mit Hirn, Herz und Hand ist ein sehr bekanntes
Schlagwort in der Umweltpädagogik Entscheidend ist die Balance zwischen den
Bereichen, ist die Interaktion zwischen Wissenden und Lernenden. Es ist
problematisch, wenn soziale Aspekte immer dann angesprochen werden, wenn
inhaltliche Unsicherheit oder Unwissenheit besteht. Dies ist in der Naturpädagogik zu
beobachten: weil ich keine Bäume unterscheiden kann, konzentriere ich mich auf
Spiele. Es herrscht hier eine gewisse Beliebigkeit.
Für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung fehlen mir zwei wichtige Begriffe. Es
fehlt das Vokabel „kritisch“ und es fehlt mir die Hinführung zum Erkennen von
Zusammenhängen.
Die zentrale Rolle von Kommunikation kann nicht genug betont werden.
Komplexitätsbewältigung wurde als kognitives Lernziel angeführt. Für die Analyse
einer komplexen Situation brauche ich Instrumente, die ich mir in verschiedenen
Bereichen erarbeiten muss, auch das Handeln erfolgt arbeitsteilig. Organisationen
müssen hier etwas von ihrem umfassenden Anspruch abgeben, müssen kooperieren
und gemeinsam reflektieren.
Aufklärung statt Wissensvermittlung ist ein sehr sympathischer Zugang, es fehlt aber
in den Entwicklungsländern essentiell am Zugang zum Wissen und damit zur
Teilnahme an der Gesellschaft. Der Zugang zum Wissen muss gesichert sein.
Wir brauchen Aufklärung, warum die Welt so ist, wie sie ist. Es geht um Macht, um
Einfluss, um Gier um Interessen. Das sind Dinge, die Kinder nicht wissen sollen:
Niemand will, dass alle wissen, warum die Welt so beschissen ist.
Martin Heinrich:
Aufklärung beinhaltet eine kritische Grundhaltung. Schule ist systemerhaltend,
Zielformulierungen vielfach bestandssichernd. Wir stammen aus dem System, das die
Ziele setzt. Dagegen hat die kritische Erziehungswissenschaft immer opponiert.
Bildung für nachhaltige Entwicklung ist nicht beliebig und nicht deterministisch.
Daher spreche ich von einer regulativen Idee.
Es macht keinen Sinn, die eigene Position aufzugeben, sie ist jedoch in jedem Dialog
sichtbar zu machen. Die Vorstellung eines Lehrers, der nur Relativismus predigt ist
schrecklich. Möglich bleiben muss jedoch der Widerspruch zur eigenen Position.
Bildung für nachhaltige Entwicklung muss sich mit der Frage auseinandersetzen, wie
ich Lernprozesse organisieren kann, in denen die Interessen sichtbar werden. Wir
müssen uns fragen, wie wir Prozesse initiieren können, die eine Form des
Widerstandes ermöglichten, die uns befähigen, an Aushandlungsprozessen
teilzunehmen.
Beiträge der NGOs zur Dekade:
Vorgestellt werden die 10 Themen der Dekade, die anwesenden Organisationen
tragen ihre Beiträge zu den jeweiligen Themen ein
1. Überwindung von Armut
Bundesjugendvertretung
Greenpeace
Österr. Forschungsstiftung für
Entwicklungshilfe
Schwerpunkt Jugendverschuldung
Milleniumsziele (Halbierung der Armut etc.) als „Farce“
entlarven
Gerechtigkeit: Footprint and 2nd Planet
Förderung internat. Projekte der Armutsbekämpfung
unter dem Slogan „Bildung überwindet Armut“
Informationsvermittlung, Bibliothek
Entwicklungszusammenarbeit
Informationsarbeit
Armutsbekämpfungstrategien in Entwicklungsländern
Österr. Hochschülerschaft
Südwind Agentur
Schuldenberatung
Clean Clothes Kampagne
Jugend eine Welt
Kampagne MDG (Millennium Development Goals)
2. Gleichstellung von Mann und Fraut
Bundesjugendvertretung
bm:bwk
Evangelische Jugend Österreich
FFORTE – Frauen in Forschung
und Technologie
Österr. Hochschülerschaft
respect
Südwind Agentur
Gender Mainstreaming
innerhalb der Struktur
Frauenförderungsprogramm- Mentoring
GM- Strategie
Aarbeitsgruppe „Mädchen und Frauen“
Vernetzung mit Frauen anderer Jugendorganisationen
in BJV
Frauen in universitäre Spitzenpositionen
Frauentutorien, Seminare, Kongresse, Broschüren
geplant: Weißbuch der Frauenförderung
Frauenuni, UFO (Frauenraum)
Gender Budgeting
Studie und Zeitschrift- Frauen im Tourismus
Ausstellung: Frauen Arbeitswelt
3. medizinische Grundversorgung
bm:bwk
Forum Umweltbildung
Gesundheitserziehung
Gesundheit und Bewegung
Schulpsychologie
Gesundheit und Mobilität
4. Umwelt- und Ressourcenschutz
bm: bwk
Umweltbildung
Bildungsförderungsfonds
Forum UB
Forum Umweltbildung
Global 2000
Projekt zur Umweltökonomie (Konsum)
Pestizide, Energie, Gentechnologie,
Regenwald, Natur, Wasser, Landwirtschaft
Ökobüro: Biophysikalische Grenzen
Ecological Footprint!
Energieeffizienz
Konferenz: Umweltfreundlich Reisen in Europa
Projekte in den Bereichen Artenschutz, Klima, Wald,
Wasser,
Education for sustainable Development
Greenpeace
Österr. Hochschülerschaft
respect
WWF
5. Regionale Entwicklung
ARGE Landentwicklung
Forum Umweltbildung
Freie Gruppen
Global 2000
Greenpeace
ökosoziales Forum
respect
WWF
Europ. Dorferneuerung und Landentwicklung
OLAZI Projekt
Bedürfnisevaluation
Jugend Österreich als Basisarbeit
Gentechnologie/ Regenwaldprojekte
Anti- WTO“
Alternative Globalisierung
Ecological Footprint
Schwerpunkt Österreich
Kulturweg Alpen
Der ökologische Fußabdruck
6. Menschenrechte
Bundesjugendvertretung
bm: bwk
Global 2000
Greenpeace
Jugend eine Welt
Österr. Hochschülerschaft
respect
„Wählen ab 16“ Kampagne
Schwerpunkt Kinder- und Jugendrechte
Servicestelle Menschenrechtsbildung
Unterrichtsprinzip: Politische Bildung
Menschenwürdiges Leben braucht lebensgerechte
Umwelt
Menschenwürdiges Leben braucht lebensgerechte
Umwelt
Anwaltschaft für Kinderrechte – Ausstellung mit
Plattform „ECPAT“
Dskriminierungsreport
Hilfestellungen „Helping Hands“
Tourismus in Burma
Ausstellung, Bildungsarbeit – sexuelle Ausbeutung von
Kindern
7. Interkulturelles Verständnis und Friede
bm: bwk
Evangelische Jugend Österreich
Forum Umweltbildung
Greenpeace
Jugend eine Welt
PfadfinderInnen
respect
Südwind Agentur
Umwelt Management Austria
Friedenserziehung
Interkulturelles Lernen
Muttersprachlicher Unterricht
Peace Internat. Adventure Jugendtreffen BRD/ Ö/ BIH
Nachhaltige- Univeritäten
Partizipation als Projekt und Schwerpunkt
Anti- Kriegs- Treiberei
Gerechtigkeit!
Ecological Footprint
Internationale Volontariatseinsätze für Jugendliche und
junge Erwachsene
Diverse Workshops und Vorträge
Projekt „Gifts for Peace“
Bildungsmappen: Fair Reisen
Global Citizenship Project
Ausstellungen: Vorträge: Uganda, Guatemala
Interkulturelles Verständnis
Global Art: wegbereitend das friedliche
Zusammenleben der Völker, Kulturen und
Generationen
8. Nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum
bm: bwk
die Umweltberatung
Evangelische Jugend Österreich
Handbuch Konsumentenerziehung
Eco Standards for Flower Week
Weltumweltttag
Umweltzeichen
“lebende Pflanzen”
EnergieberaterInnen- Ausbildung
Natur im Garten Österreichs
Bewertung von Wasch- und Reinigungsmitteln
Ausbildung WIFI Ernährungsvorsorgecoach
Ausstellungen Althaussanierung und Ansichten
Vorträge, Seminare, Workshops: Ernährung, Chemie,
Wasser, Klimaschutz, Landwirtschaft, Garten
Versorgung von Gremiensitzungen mit fair gehandelten
Produkten
Einkäufe orientieren an regionalen Produzenten
Forum Umweltbildung
Global 2000
Greenpeace und Ökobüro
Jugend eine Welt
Ökosoziales Forum Europa
respect
Südwind Agentur
Umwelt Management Austria
WWF
Mode Projekt
Konsum Projekt
Pestizide, Gentechnik, Energie, Natur, Landwirtschaft,
Regenwald, Kosmetik, Wasser
Suffizienz (Footprint!)
„Zukunftsfähigkeit“ (Footprint)
Folder, Faire Blumen (gemeinsam mit FIAN)
Kampagne „Österreich schießt Milleniumsgoals“
Kreative Bildungsarbeit mit Fair gehandelten
Fussbällen
Global Marshall Plan für eine weltweite ökosoziale
Marktwirtschaft
Broschüren, Kampagne: Reisen mit Respekt
Wüstentourismus
Faire Wochen Wien
Ausstellung „Wir leben vom Land“
EMAS
Ökologische Beschaffung
Mobilitätsmanagement (Workshops)
Statements, Energieverbrauch bzw. -effizienz
Erneuerbare Energie
Leben auf Kosten anderer: der ökologische Fußabdruck
9. Kulturelle und sprachliche Vielfalt
bm: bwk
Greenpeace
PfadfinderInnen
Umwelt Management Austria
WWF
Kulturelles Erbe
Zentral Osteuropa: Integration und Austausch
internationale Treffen
Glob.Art wegbreitend durch friedliche zusammenleben
der Völker, Kulturen und Generationen zu unterstützen
grenzüberschreitende Umweltprojekte
Projekt zum Thema Weltentwicklung
10. Informations- und Kommunikationstechnologien
bm: bwk
Evangelische Jugend Österreich
Forum Umweltbildung
Freie Gruppen
Jugend eine Welt und Südwind
Agentur
Südwind Agentur
Umwelt- Management Austria
Bildungssituation der Entwicklungsländer
„Education for all“
www.young.evang.at
Jugend, Kirche und Partizipation
Interaktive Web- Tools
Homepage- im Rahmen der EU- Präsidentschaft
„BOTTOM- UP“ Gestaltung
E- learning Projekt: „Blickwechsel“
www.oneworld.at
Umweltbildungsinitiative Niederösterreich
Analyse von Umweltbildungsangeboten/
Auszeichnungen
Lehrgang Umwelt und Tourismus
Management und Umwelt
Viele Organisationen arbeiten in mehreren Themenbereichen. Aus dem
Gesundheitsbereich sind keine Organisationen vertreten. Ressourcenschutz dominiert,
entwicklungspolitische Organisationen sind unterrepräsentiert. Eindruckvoll ist die
große Vielfalt an Projekten, die Verteilung entspricht
Diskussion
Die Verteilung spiegelt, wer einlädt zu einer solchen Veranstaltung. In Österreich
wurde die Diskussion zur Dekade in der „Umweltecke“ begonnen, in anderen
Ländern war dies anders, in Korea steht interkulturelle Verständigung im
Vordergrund.
Es ist ein großer Fehler, dass keine Migrationsorganisationen vertreten sind.
Netzwerke sind da präsent, wo sie gepflegt werden, im Umweltbereich hat die
Netzwerkarbeit eine große Tradition, ebenso im entwicklungspolitischen Bereich.
Das Ökobüro ist in vielen Themenbereichen aktiv. Der Schwerpunkt liegt jedoch im
Ressourcenschutz, den bringen das Büro auch in die Debatte ein.
Nachhaltige Entwicklung ist ein ökologisch-ökonomisches Thema,. Wenn die
Umweltorganisationen gesellschaftliche Themen ansprechen, bringen sie ihre Sicht,
ihren Blick mit. Hier ist Vielfalt wichtig, braucht es Impulse aus verschiednen
Richtungen, von verschiedenen Organisationen. Daher ist es von Bedeutung, dass
etwa Umweltorganisationen auch Themen wie Menschenrechte oder Armut
ansprechen.
Die Themen spiegeln auch unsere regionalen Bedürfnisse. Gesundheitsversorgung ist
bei uns gut entwickelt. Es ist aber von großer Bedeutung, dass jedes Kind bei uns
versteht, dass diese Grundversorgung weltweit ein großes Thema ist.
Das Verständnis für die eigene Region ist eine Basis für Globales Denken. Daher gilt
es, dieses zu fördern.
Die Hochschülerschaft ist eine Interessensvertretung, sie hat sich um vielfältige
Anliegen der Studierenden zu kümmern, entsprechend breit sind die Themen
gefächert. Die Gender-Thematik wird einen Schwerpunkt im kommenden Jahr
darstellen.
NGOs setzen sich mit den unterschiedlichsten Themen auseinander. Ob all dies
bereits Bildungsarbeit ist, wäre noch zu hinterfragen.
Die Veranstaltung hat ein unausgesprochenes Thema: Ministerien verteilen Geld, das
die NGOs dringend benötigen. Daher präsentieren wir hier Kernkompetenzen, damit
wollen wir auch Geld bekommen. Es geht nicht nur um Personen und Themen, es
geht auch um Finanzressourcen.
Geld benötigen alle. Hier stellt sich die Frage, wie kann man die Dekade strategisch
für die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nutzen.
Bildung zu Globaler Verantwortung
Franz Halbertschlager, Bereichsleiter für Bildung bei Südwind
Globales Lernen steht für ein Konzept einer zeitgemäßen Allgemeinbildung, ist eine
pädagogische Reaktion auf Zustände der Globalisierung.
Globalisierung ist kein ausschließlich aktuelles Phänomen. Sie begleitet uns ,
beginnend mit den frühen Handelsrouten, über de Kolonialismus bis zu
Verflechtungen von heute. Für die aktuelle Situation sind drei Aspekte kennzeichnend: die zunehmende Verflechtung, eine De-Territorialisierung, bei der
geographische und soziale Nähe auseinander fallen und schließlich die
„Glokalisierung“, das Sichtbarwerden globaler Phänomene auf lokaler Ebene.
Damit verbunden sind Herausforderungen an die Bildung: Kommunikation unter
Bedingenen des Wissens und Nichtwissens, der Umgang mit Beschleunigung, mit
Geschwindigkeit, mit schrumpfender Zeit zählen dazu. Fremdheit und Vertrautheit
sind neu zu bestimmen, der Umgang mit Raumlosigkeit, mit Netzwerkgesellschaften
ist zu erlernen.
Globales Lernen ist ein Sammelbegriff für pädagogische Ansätze, die sich mit dem
Prozess der Globalisierung auseinandersetzen. Es ist kein fest umrissenes Programm,
vielmehr zeitgemäße Allgemeinbildung. Globales Lernen ist ein Umbrella-Konzept,
in das unterschiedliche Konzepte einfließen: aus der Entwicklungspädagogik kommt
der „eine Welt Gedanke“, die Umweltpädagogik bringt den Begriff Nachhaltigkeit ein
und die politische Bildung die globale Dimension.
Globales Lernen versucht Antworten auf globale Bedrohungen und Gefährdungen.
Zugrunde liegt ein kosmopolitischer Gedanke: die Welt ist ein Ort mit vielen anderen.
Damit ist Globales Lernen auch ein Bruch mit dem nationalen Paradigma der
Bildung.
Globales Lernen hat die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen ebenso zu
Inhalt wie den Abbau sozialer Ungleichgewichte. Globales Lernen steht für
Empowerment, Ziel ist, Fähigkeiten zur positiven Mitgestaltung zu entwickeln.
Schließlich arbeitet globales Lernen ganzheitlich und vielfältig.
Globales Lernen umfasst Wissensvermittlung über globale Phänomene. Die weltweite
Ressourcenverteilung und –nutzung ist Thema, ebenso die Vielfalt von Menschen.
Globales Lernen will Fähigkeiten entwickeln, wie kritisches und vernetztes Denken
und schließlich will globales Lernen eine globale Ethik, Respekt, Solidarität und Sinn
für Gerechtigkeit fördern.
Globales Lernen kann inzwischen auf vielfältige und umfassende Literatur
zurückgreifen. Entsprechende Listen sind über Südwind zu beziehen.
2003 wurde von Frau Grandits im Auftrag von Südwind eine Studie erstellt unter dem
Titel „Globales Lernen in Österreich – Bestandsaufnahme und Strategieentwicklung“.
Seither wurde eine Strategiegruppe eingerichtet für globales Lernen, in die auch eine
Vertreterin des Bildungsministeriums eingebunden ist. Die Global Education Week
hat sich etabliert, sie steht heuer unter dem Thema „Bildung für eine bessere
Zukunft“.
Zwischen globalem Lernen und Umweltbildung gibt es viele Gemeinsamkeiten.
Globales Lernen ist jedoch offener vom Zugang, weil es auch Persönlichkeitsbildung
umfasst.
Der ökologische Fußabdruck
Wolfgang Pekny, Greenpeace
Die Zukunft ist die Zeit in der Du bedauern wirst, was du jetzt fasch gemacht hast. –
Dieser Satz beschreibt deutlich unsere Perspektiven. Wir sind nicht gerüstet für die
Zukunft, wir sind unfähig zu gestalten. Die Milleniumsziele klingen ambitioniert und
in der Theorie gut. Unter den existierenden Bedingungen sind sie nicht erreichbar.
Wenn unsere Mission Zukunftsfähigkeit lautet, dann müssen wir zuallererst klar
stellen, wie die Dinge liegen. Das pädagogische Konzept lautet daher: reinen Wein
einschenken.
Bildung heißt Bereitschaft für Veränderung. Veränderung erfolgt jedoch nicht stetig,
sondern in Sprüngen. Für diese Veränderungen brauchen wir eine starke Vision von
einer globalen Gesellschaft. Wir brauchen ein neues Bild der Erde, das den
Naturgesetzen genügt.
Um ein solches Bild zu entwerfen, brauchen wir ein Maß, das uns verdeutlicht,
welche Ressourcen uns zur Verfügung stehen, wie viele wir verbrauchen. Denn die
Erde ist begrenzt: inzwischen übersteigt die Masse der Menschen bereits die
Biomasse der Fische, die Biomasse der Nutztiere ist zwanzigfach so hoch wie die der
Wildtiere.
Bildung für nachhaltige Entwicklung will die Begrenzungen fassbar machen. Der
ökologische Fußabdruck ist dafür ein einfaches, leicht verständliches Maß.
Heute stehen jedem Erdenbürger bei gerechter Aufteilung der Erdoberfläche 1,8
Hektar Global Hektar zur Verfügung. Wir Europäer benötigen jedoch 4,5 Hektar pro
Kopf, US-Bürger sogar 9 Hektar: ein Viertel der Weltbevölkerung bracht mehr als
drei Viertel der Welt. 1,2 Milliarden Menschen besitzen fünf Sechstel des
Weltvermögens, der Rest muss ich mit einem Sechstel begnügen.
50% des Vermögenszuwachses kam nur 0,2% der Weltbevölkerung zu Gute.
Wir leben auf Kosten anderer Kontinente: 5 von 6 Ressourcen, die wir nutzen,
stammen nicht von unserem Kontinent.
Es gibt aber globale Grenzen: 1985 hat der ökologische Fußabdruck der Menschheit
die Größe des Planeten erreicht. Seither leben wir nicht nur von den Zinsen, wir
verbrauchen das Kapital.
Bildung für Nachhaltigkeit hat den Anspruch Systemwissen zu vermitteln. Wir
müssen verstehen, wie Prozesse ablaufen, wohin sich die Weltgesellschaft entwickelt.
Mit dem ökologischen Fußabdruck wird deutlich: die Erde ist zu klein für die
Ansprüche der Global Consumer Class. Gerechtigkeit und Fairness sind auf heutigem
Niveau nicht möglich.
1987 wurde im Brundland-Konsens vereinbart, dass wir künftig nicht mehr als heute
verschmutzen. Doch das genügt nicht. Ein global verträglicher Fußabdruck liegt weit
unter dem Fußabdruck der OECD-Länder. Es gibt ein Ende des BrundtlandProzesses: der Fußabdruck muss signifikant schrumpfen.
Die Modelle der Uno für eine globale Entwicklung sind vollkommen überaltert.
Es kann nicht darum gehen, das Wachstum des Ressourcenverbrauches einzustellen,
vielmehr muss der Verbrauch signifikant schrumpfen. Nur ein Viertel des Planeten
steht uns zu, alles andere ist ungerecht.
Wir als Habende müssen Platz machen, die meiste Entwicklung ist hier von uns
gefordert. Denn Entwicklung heißt leichtem Fuß, mit global verträglichem
Fußabdruck zu leben.
Das ist möglich ,aber nur bei geänderten Rahmenbedingungen Ein neuer
Gesellschaftsvertrag (fair future) besteht aus gemeinsamer globaler Ethik, aus Respekt
vor biophysikalischen Grenzen, er umfasst das Bewahren biologischer und kultureller
Vielfalt, beinhaltet globale Regeln für Gemeingut.
Es raucht eine Globale Ethik: ein ökologischer kategorischer Imperativ ist zu
formulieren: unsere Freiheit einen beliebigen Lebensstil zu wählen, endet dort, wo
unsere Lebensart das Leben anderer unter jede Menschenwürde beschneidet.
Die Grenzen werden bisher nicht wahrgenommen, weil wir als Verursacher nichts
spüren, die Opfer tragen fast nichts zur Situation bei. Es fehlt das natüliche Feedback,
dieses wird zu spät kommen. Jetzt bietet sich die Chance, nicht aus not, sondern aus
Einsicht zu handeln.
Wer Veränderung will bräuchte nur den Zorn der Besitzlosen, Betrogenen und
Ohnmächtigen ansprechen. Wer jedoch eine friedvolle Veränderung will, muss an die
Verantwortung der Besitzenden und Mächtigen appellieren. Diese Verantwortung
kann nur mit Einsicht in globale Zusammenhänge erfolgen. Daher steht das
Vermitteln dieser globalen Einsicht im Mittelpunkt der Bildung für nachhaltige
Entwicklung.
Als Habende können wir die Ungleichheit verteidigen oder einen zweiten Planeten
finden – die Milleniumsziele jedenfalls sind nur mit einem zweiten Planeten machbar.
Oder wir entwickeln ein neues Bild der Erde als fragiles Ökosystem. Und auf dieser
Erde sind Armut, Fairness und Ökologie zentrale Themen. Es muss uns gelingen,
diese heute am Rande stehenden Themen zu zentralen Zukunftsthemen zu machen.
Pädagogische Prinzipen der Dekade
Johannes Tschapka
Bildung für nachhaltige Entwicklung erfordert nicht nur die Auseinandersetzung mit
Themen der Dekade, um wirksam werden zu können, muss sie auch pädagogische
Prinzipien beachten. Die UNESCO hat sechs solche Prinzipien formuliert.
1. Lernziele und Lerninhalte quer zu Disziplinen und Inhalten verknüpfen – es
geht darum, dass es künftig Experten gibt, die sich austauschen können.
2. Werte: Sichtbarmachen von Vorannahmen und Normen, damit Werte
ausgewählt, diskutiert und überprüft werden können. Wesentlich ist das
Sichtbarmachen. Bildung sollte Basis schaffen, um sich ein Bild machen zu
können.
3. Kritisches Denken und Problemlösung. Themen sind mit Konflikten beladen.
Bildung könnte ein Platz sein, wo man Dilemmata in Ruhe analysieren kann,
wo verstanden werden kann, wo die Wurzeln liegen.
4. Methodische Vielfalt: Reflex auf die Diskussion der letzen Jahre: Die
Forderung nach methodisch vielfältiger Unterrichtsgestaltung wird überall
erhoben..
5. Mitwirkung: einer der heikelsten Punkte: Ziel ist es, die Entscheidungsmöglichkeiten der Lernenden über das, was und wie sie lernen, zu erweitern.
Die Realität zeigt, dass Partizipation sich auf sehr kleine Bereiche beschränkt.
Was und wie der Lernende lernen möchte, wird meist ausgeklammert.
6. Lebensnähe: Aufgreifen von Lebensnähe Nutzung der eigenen Sprache. Nicht
nur auf Kulturen, auch auf sehr kleine Gemeinschaften. BiNE hat starken
kulturellen Aspekt. Beim Hinterfragen der eigenen Kultur muss man tiefer
schauen, warum Dinge so und nicht anders wahrgenommen werden.
Hinterfragt wir der Bereich Werte: die NGOs gehen von Werthaltzungen aus, die
Relativierung ihrer Werte ist vielfach mit dem Leitbild nicht in Einklang zu bringen:
Das Sichtbar machen von Normen und Werten steht im Vordergrund. Vielfach sidn
Werthaltungen versteckt, hinter schein baren Zwängen oder wissenschaftlichen
Aussagen.
Oft fällt es schwer, Werte anzusprechen, es ist nicht alltäglich, Werte zu hinterfragen,
zur Diskussion zu stellen.
NGOs als LehrerInnen
Aktuell erstellt Respect im Auftrag des Lebensministeriums eine Studie zum Thema
„NGOs als LehrerInnen“. Diese Studie umfasst eine Erhebung der Grundalgen der
Bildungsarbeit im nicht formellen Sektor, bei Medien und Kultureinrichtungen.
Hinterfragt wird die Bedeutung des Themas Bildung, die Leitbilder der
Bildungsarbeit, die Bekanntheit und die Potenziale der Dekade, sowie Formen und
Möglichkeiten der Kooperation zwischen NGOs, Kultureinrichtungen und Medien.
Neben einer Internet Recherche werden die zugesandten Materialien ausgewertet,
telefonsicheund schriftliche Interviews wurden mit insgesamt 73 Organisationen
durchgeführt.
Erste Ergebnisse liegen inzwischen vor: für 2/3 der Organisationen ist Bildung, ihren
Aussagen gemäß, wichtig. Deutlich erkennbar sind Unterschiede zwischen Umweltund entwicklungspolitischen Organisationen: Umweltorganisationen sehen vor allem
Informationsarbeit im Vordergrund, entwicklungspolitische Organisationen verfügen
über mehr Erfahrung mit Sensibilisierung.
Als Prinzip wird Bewusstseinsbildung am häufigsten genannt, auch Partizipation
kommt häufig vor. Der Bezug zu anderen Prinzipien, insbesondere zum Globalen
lernen wird angeführt. Interessant der Hinweis Richtung museumspädagogische
Konzepte: dort steht kritisches Denken, Awareness im Vordergrund, ohne belehrend
zu wirken.
Die Themen der Dekade sind sehr gut abgedeckt, die Organisationen arbeiten in ihrer
Kernkompetenz, Oft steht Informationsvermittlung im Vorderund, etwa mit Hilfe von
Publikationen. Die Grenze zwischen Informations- und Bildungsarbeit ist generell
unscharf.
Kooperationen mit Kultureinrichtungen werden sehr positiv bewertet, mit Medien
eher mittelmäßig.
Bei Entwicklungsorganisationen ist die Dekade sehr bekannt, im jedoch
Umweltbereich viel weniger: hier sagt ein Drittel: ich weiß nicht was das soll, was ich
tun kann. Entsprechend groß ist hier das Potenzial.
In den Erklärungen der UNO, aber auch der Bundesbehörden kommt den NGOs eine
wichtige Rolle als Anbieter nonformalen und informellen Lernens zu. Damit existiert
eine Basis für diese Arbeit.
Deutlich wird: NGOs haben eigene Werte, eigene Zielsetzungen, sie müssen darauf
achten, dass sie nicht instrumentalisiert werden. Verständlich machen von Wissen ist
ein wichtiger Punkt, darf aber nicht zum Ersatz für die Rolle der LehrerInnen werden.
Die Vorschläge der NGOs weisen in zwei Richtungen: querschnittsorientierte
Projekte werden vorgeschlagen, themenübergreifende Kooperationen zwischen ganz
unterschiedlichen NGOs. Darüber hinaus sollten Multiplikatorinnen in den NGOs:
aus- und weitergebildet werden. Auch hier sind Netzwerke zu schaffen.
Schlussdiskussion
Wir sind gekommen, um zu hören, was das Ministerium plant, vorhat für die Dekade.
Viele Schlagworte sind gefallen, von heeren Zielen war die Rede, es war ein
interessanter Tag. Es bleibt aber Unsicherheit, ob wir das Gleiche wollen, wie der
Diskurs weiter gehen kann.
Eine übergeordnete Koordination ist erforderlich, in die sich NGOs einbringen
können.
Greenpeace hofft, die Initiative „Ecological Footprint“ einem größeren Kreis bekannt
machen zu können. Es geht uns um eine Alphabetisierung in der Zukunftsdebatte, wir
müssen den Menschen reinen Wein einschenken. Daher ist dieses Konzept eine Basis.
Greenpeace hat zahlreiche Materialien entwickelt, eine Infotainment Show, ein
Internet Spiel, es gibt Werkstätten zu diesem Thema und Präsentationen.
Eine Interaktive DVD wurde erstellt, wir suchen Partner, um dieses Material als
Lehrermaterial an die Schulen zu bringen. Diese Initiativen sind über das Öko-Büro
abrufbar, diese Dinge werden geschehen. Je mehr Beteiligung es gibt, desto
professioneller. Es ist aber auch das Ministerium gefordert, hier Impulse zu setzen,
Mittel bereit zu stellen.
Katastrophenpädagogik ist in niemandes Sinne, Lösungsvorschläge sind vorzustellen,
zu entwickeln. Wir sollten lösungsorientiert arbeiten, müssen aber wissen, warum wir
die Dinge tun.
Wichtig ist, dass nicht nur Frustration vorhanden ist, sondern dass es kreative
Problemlösungen gibt, negative Aspekte dominieren schnell, damit ist es nicht mehr
möglich, die Menschen zu erreichen.
Pfaffenwimmer:
Der Tag verdeutlicht: es ist notwendig, nach dieser Runde wieder
zusammenzukommen, vielleicht regelmäßig. Es macht wahrscheinlich Sinn, wenn die
Strategie vorliegt, die Dinge in Ruhe weiter zu diskutieren, dann zu überlegen, wie
Kooperations- und Fortbildungsmodelle aussehen könnten.
Für die Zukunft braucht es den systematischen Dialog. Eine solche Runde ist nicht
alltäglich, das Gespräch sollte weiter gepflegt und intensiviert werden. Es braucht den
Kontakt, es braucht ein Netzwerk. Wir werden uns bemühen, den Rahmen dafür
bereit zu stellen.
Wirtitsch
Die vielen Beiträge sind für uns sehr hilfreich. Wir können voneinander lernen, wir
sind nicht alleine mit unseren Initiativen. Und wir arbeiten weiter: die
Bildungsstrategie ist in Ausarbeitung, das Expertenpapier wird bis Februar vorliegen.
Die Bandbreite ist groß bei Themen und Inhalten, vielleicht gelingt es, von der
Betroffenheitspädagogik wegzukommen hin zur Gestaltungskompetenzen.
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