1.Diarrhoe

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Krankenbericht
Über einen Patienten der Medizinischen und Gerichtlichen Veterinärklinik II.
Die Untersuchung erfolgt am 26.04.2000 in der Zeit von 12.00 Uhr bis 13.30 Uhr im
Stallgebäude der Rinderklinik.
Der Patient wurde am 18. 04. 2000 mit der Kliniks-Nr. xxx eingestellt.
Er steht jetzt auf Standplatz 28.
1.Vorbericht
Der Besitzer berichtet, daß das Kalb seit einer Woche erkrankt ist und am 17. 04. 2000 in
Seitenlage festliegt. Dem Besitzer fällt weiter auf, daß das Tier wechselhaften Durchfall zeigt.
Der Bestand besteht aus 70 Mütterkühen und deren Nachzucht, die in Einzelboxen gehalten
werden. Die Kühe sind gegen BVD geimpft.
Es ist ein IBR-unverdächtiger Bestand. Das Kalb wird zweimal am Tag mit 3 Liter Vollmilch
getränkt. Es ist als einziges Tier erkrankt.
Das Kalb hat Elektrolytlösung erhalten. In der Klinik ist es zusätzlich mit Gentamycin und
Penicillin behandelt worden.
2.Signalement
Bei dem Patienten handelt es sich um ein 17 Tage altes Kalb der Rasse Deutsch Rotbunte. Die
Angabe des Geburttages in der Ohrmarke stimmt mit der Altersschätzung in ungefähr über
ein. Die Nabelschnur ist eingetrocknet, jedoch noch nicht abgefallen, die weichen
Epithleknospen sind palpierbar und die Zähne sind nicht mehr von Zahnfleisch bedeckt,
stehen aber auch noch nicht ganz in der Reihe. Im linken Ohr befindet sich eine gelbe
Ohrmarke mit den Angaben DE xxx. Im rechten Ohr befindet sich ebenfalls eine gelbe
Ohrmarke mit der Nummer xxx. Das Gewicht wird auf ca. 60 kg geschätzt.
Am Kopf befindet sich im Stirnbereich ein etwa 5x5 cm großer, unregelmäßiger weisser
Stern. Eine Schulterbinde von etwa 10 cm tiefe ist vorhanden. Die Vordergliedmaßen sind
unregelmäßig Fuß hoch weiß, die beiden Hintergliedmaßen sind unregelmäßig Bein weiß.
Am linken Kniegelenk befindet sich ein weißer Fleck von etwa 5 cm Durchmesser und die
Schwanzspitze ist ebenfalls weiß.
3.Allgemeine Untersuchung
Bei der Untersuchung fällt auf, daß das Kalb anfangs sehr munter und aufmerksam ist. Es
steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmässig, die Haltung ist normal. Nach
kurzer Zeit ist es jedoch erschöpft, liegt bevorzugt und ist nur mit Hilfe des Untersuchers
aufzustellen.
Der Ernährungszustand ist mäßig bis schlecht. Der Entwicklunszustand normal.
Die Atemfrequenz beträgt 40/min, die Pulsfrequenz 92/min und die Körpertemperatur rectal
gemessen beträgt 39,01°C. innerhalb von 3 min ist einmal ein leichtes Pansengeräusch im
mittleren Drittel der seitlichen Bauchwand zu vernehmen.
Die Oberflächentemperatur nimmt physiologisch zu den Akren hin ab.
Das Allgemeinbefinden ist mittelgradig gestört, der vermutliche Sitz der Erkrankung nach
Vorbericht und allgemeiner Untersuchung ist der Verdauungsapparat und der
Respirationsapparat, da das Kalb während der Untersuchung vereinzelt Hustenstöße abesetzt.
4.Spezielle Untersuchung
4.1.Haare, Haut, Unterhaut, sichtbare Schleimhäute
Das Haarkleid ist struppig und stumpf. Auf der Haut befinden sich weiße Auflagerungen, die
am Widerrist und auf dem Kopf vermehrt auftreten.
Die Haare sind nicht vermehrt ausziehbar. Haut und Haare sind leicht trocken. Die Hautdicke
ist physiologisch, der Hautturgor ist erhalten, die Hautfalte seitlich am Hals und auch die
Falte über den Augenlid verstreicht sofort.
Die Afterregion, caudalen Flächen der Hintergliedmaßen und vereinzelte Stellen der Bauch
und Rückenregion sind kotverschmiert.
Beidseitig an der caudalen Fläche des Oberschenkels befinden sich etwa 10 cm große haarlose
Stellen, die Unterseite des oberen Schwanzdrittels ist ebenfalls nicht mehr behaart. An der
rechten Hintergliedmaße befindet eine weitere haarlose Stelle, ungefähr 2 DM Stück groß,
ansonsten ist das Haarkleid geschlossen. Der Geruch ist physiologisch und es sind keine
Parasiten zu sehen.
Die Konjunktival-, Maul- und Nasenschleimhäute sowie das Zahnfleisch sind sehr blaß , die
Präputial- und Analschleimhaut sind hellrosa, feucht, glatt, glänzend und ohne
Auflagerungen.
4.2 Lymphapparat
Die Lnn. Mandibulares, parotidei und retropharyngei sind nicht palpierpar und somit nicht
vergrößert.
Die Lnn. Cervicales superficiales sind beiderseits ca. 2 cm lang und haben einen Durchmesser
von 0,5 cm.
Die Lnn. Subiliaci sind zigarrenförmig und beiderseits ca. 2,5 cm lang mit einem
Durchmesser von etwa 1 cm.
Alle palpierbaren Lymphknoten sind von derb elastischer Konsistenz, unter der Haut
verschieblich, abgrenzbar, weder vermehrt warm noch schmerzhaft und haben eine glatte
Oberfläche.
4.3 Herz-Kreislauf-System
Die Arteria femoralis ergibt einen regelmäßigen, gleichmäßigen Puls. Die Arterie ist gut
gefüllt und gut gespannt. Die Größe und Stärke des Pulses ist ebenfalls normal. Die Vena
jugularis ist normal gefüllt.
Der Herzstoß ist nicht sichtbar, jedoch palpierbar.
Die Auskultation ergibt eine Frequenz von 92 Schläge/min.
Die Herzschläge sind regelmäßig, kräftig und gleichmäßig. Der erste und zweite Herzton sind
gut voneinander abgegrenzt hörbar. Es sind keine Nebengeräusche wahrnehmbar, jedoch sind
Fremdgeräusche, die von der Lunge stammen, hörbar. Die Herzperkussion ist pysiologisch.
Die Schmerzperkussion verläuft negativ.
Die Episkleralgefäße sind schwach sichtbar und fein gezeichnet.
Die kapilläre Rückfüllzeit liegt über 3 Sekunden.
4.4 Respirationstrakt
Die Atemfrequenz beträgt 36/min. bei abdominal verstärkter Atmung. Sie erfolgt regelmäßig
und ist geringradig vertieft. Die Nasenöffnungen sind frei und entlassen beidseitig einen
mäßig starken, geruchslosen Luftstrom.
Es tritt vereinzelt spontaner Husten, mit jeweils 2-3 Stößen, aus. Es ist ein unproduktiver,
trockener und leicht angestrengter Husten. Adspektorisch und Palpatorisch konnten an
Kehlkopf, Trachea und Schilddrüse keine Besonderheiten festgestellt werden.
Die Perkussion der Lunge ergibt kein Anzeichen für eine Vergrößerung der Lunge. Die
Auskultation ergibt beidseitig ein geringgradig verschärftes broncho-bronchuläres
Atemgeräusch, das von knatterndem Charakter ist. Es liegt eine gemischte Dyspnoe vor.
4.5 Verdauungsapparat
Die Futteraufnahme konnte nicht beobachtet werden. Die Wasseraufnahme war ungestört. Die
Adspektion der Mundhöhle und des Schlundes ergibt keine Besonderheiten.
Die Bauchdecke ist locker und schmerzunempfindlich. Bei der Palpation und der
Auskultation des Pansens ist ein leichtes Pansengeräusch wahrnehmbar.
Der Kot ist von gelblich-grünlicher Farbe und wässriger Konsistenz.
Der Kotabsatz ist pysiologisch.
4.6. Harnapparat
Der Harnabsatz ist normal. Der Harn ist gelblich, durchsichtig und es sind keine
Besonderheiten festzustellen.
4.7 Bewegungsapparat
Alles ist o.b.B.
4.8 Nervensystem
Das Kalb zeigt ein normales Sensorium.
Die Oberflächensenibilität ist vorhanden, der Panniculucreflex ist normal.
Das Tier ist in der Lage ungewöhnlich und unbequeme Stellungen der Gliedmaßen sofort zu
korrigieren und somit ist die Tiefensensibilität ebenfalls vorhanden.
Die geprüften Lidschluß-, Cornea- und Pupillenreflexe sind unverzögert. Der
Ohrabwehrreflex und Analreflex sind vorhanden. Der Saugreflex war ebenfalls auslösbar.
Bei der Untersuchung der Sinnesorgane Ohr und Auge sind keine besonderen Befunde zu
erheben.
4.9 Sonstiges
Das Tier hat einen Nabelbruch, dessen Bruchsack etwa einen Durchmesser von 2 cm beträgt.
Die Nabelschnur selbst ist jedoch eingetrocknet und es liegen keine Anzeichen von einer
Entzündung vor. Der Bruchinhalt ist frei verschieblich.
4.10 Weiterführende Untersuchungen:
Blutbild vom 19.04. 2000
Parameter
Erythrozyten
Hämoglobin
Hämatokrit
Leukozyten
Physiologisch
5-8 T/l
5,6-8,1 mmol/l
0,28-0,36 l/l
9.8 G/l
19.04.200
4,28 T/L
3,7 mmol/l
0,17 l/l
5,4 G/l
Differnetilalblutbild
Stabkernige 0-2%
Segmentkernige20-50%
Lymphozyten 36-45%
9%
55%
36%
Substrate und Proteine
Glucose
4,0-6,6 – 2,5-3,3 mmol/l
7,1 mmol/l
Enzyme
GSH-Px
über 250 U/gHb
576 U/gHb
Na
K
Cl
Ges. Ca
Ion.
135-150 mmol/l
4-5 mmol/l
90-105 mmol/l
2-3 mmol/l
1,1 –1,3 mmol/l
154 mmol/l
4,16 mmol/l
104 mmol/l
Blutgase
18.4.200019.04.2000
1,62 mmol/l
PH
PCo2
PO2
BE
HCO3
6,95
5,75kPa
6,60kPa
-21,9 mmol/l
9,5 mmol/l
7,253
6,16
3,15
Diagnosen:
3
1. Diarrhoe
2. Bronchopneumonie
3. Acidose
Epikrise
1.Diarrhoe
Durchfälle können infektös und nicht infektiös bedingt sein. Die sporadischen primären und
sekundären Diarrhoen, deren Ursachen sehr unterschiedlich sind, sind seltener als die
infektösen. Sekundär erfolgt häufig eine Infektion. Es ist häufig schwierig eine ätiologische
Diagnose zu stellen, da es sich meist um polyfaktoriellen Ursachen handelt.
Die Ätiologie der nicht infektiösen Diarrhoe kann ein zu hoher Fett- oder Laktosegehalt der
Mutter- oder Ammenmilch oder der Milchersatzpulver sein, aber auch Schadstoffe, die in
dem Futter, das an das Muttertier verfüttert wurde, enthalten sind und die dann über die Milch
ausgeschieden werden, können die Ursache sein. Weiter kommen als Fütterungsfehler: zu
kalte oder zu warme Tränke, unsaubere Tränkegefäße, verdorbene oder ungünstig
zusammengesetzte Milchaustauscher vor. Aber auch Dysbiosen der Darmflora, verursacht
zum Beispiel durch Antibiotikatherapie, oder Streßsituationen kommen in Frage.
Der Verlauf ist meist akut, aber es kommen auch chronische Formen vor, die sich in kümmern
der Tiere äußert. Das Allgemeinbefinden ist unterschiedlich gestört. Die Körpertemperatur
kann erhöht sein. Die Futteraufnahme muß nicht in jedem Fall gestört sein, jedoch besteht
meist vermehrter Durst. Weitere Symptome sind: Mattigkeit, Abmagerung, glanzloses Haar
und oft eine hochgradige Exsikkose mit Kreislaufstörungen.
Als infektiöse Kälberdiarrhoeursachen kommen verschiedene Bakterien, Viren, Chlamydien,
Mykoplasmen und Kryptosporidien in Frage, die meist erst krankmachend wirken, wenn der
Oraganismus schon primär geschwächt ist und sind somit sog. Faktorenkrankheiten. Für
einzelne Erreger sind spezielle klinische Erscheinungen typisch.
Es kommen Infektionen mit Escherichia coli–Bakterien („Koliruhr, Koliseptikämie“) vor.
E. coli ist ein normaler Bewohner des Dickdarmes von Warmblütern und nur fakultativ
pathogen. Er führt aber bei Immundefizienzlage zu Erkrankungen, da die von ihm gebildeten
Endo- und Exotoxine nicht verkraftet werden können.
Ursache für eine geschwächte Immunität kann unter anderem eine mangelnde Versorgung mit
Kolostrum sein. Als weitere Vorraussetzungen kommen Vitamin-Mangel und auch
mangelnde Geburts- und Tränkehyhiene in Frage.
Außerdem gibt es bestimmte E. coli-Stämme, welche plasmidkodierte Virulenzfaktoren
ausbilden. Pathogene Stämme von E. coli sind Enterotoxinbildner und besitzen Pili zur
Haftung (sog. Enteropathogene E. coli, EPEC). Sie führen vor allem bei Jungtieren zu
Erkrankungen. Das Coli-Enterotoxin aktiviert die Adenylatzyklase und führt über die
Umwandlung von ATP zu cAMP zu einer Hypersekretion der Darmschleimaut, dabei kommt
es jedoch nicht zu entzündlichen Veränderungen. Gleichzeitig wird die Resorption von
Flüssigkeit im Darm vermindert. Der Kot ist bei der Koliruhr dünnbreiig, wäßrig hell und
evtl. mit Gasblasen durchsetzt. Durch den starken Flüssigkeitsverlust kommt es zur
Dehydratation und Acidose und dadurch sekundär zu einer Störung des Allgemeinbefinden
bis hin zum Festliegen der Tiere, wie es auch bei diesem Kalb der Fall ist.
Als weitere Erkrankung kommt die Rotavirusdiarrhoe in Frage. Der Schweregrad einer
Rotavirus bedingten Diarrhoe ist abhängig von der Virulenz des jeweiligen Stammes, der
Zusammensetzung der Darmflora und dem Grad der lokalen Immunität.
Die Erkrankung kommt in den ersten Lebenstagen an den Zotten des Dünndarms vor.
Der Kot ist wässrig-gelb. Wenn keine sekundär Infektionen v.a. mit E. coli Bakterin eintreten
endet die Diarrhoe bereits innerhalb von 24 Stunden nach einsetzen der ersten
Krankheitssymptome.
Auch der Coronavirus verursacht Diarrhoe (Befall der Zotten des Dünn- und Dickdarms).
Das Coronavirus hat antigene Beziehung zum Virus der TGE des Schweines. Die Infektion
erfolgt überwiegend oral und führt bei Fehlen von Antikörpern zur Erkrankung. Befallen
werden Tiere aller Altersklassen, gewöhnlich tritt die Erkrankung erst in der 2 bis 3
Lebenswoche auf. Der Verlauf ist allgemein langsamer und schwerer als bei der
Rotavirusinfektion. Die Coronavirus-Gastroenteritis ist hochkontagiös, Morbidität und
Mortalität sind relativ niedrig. Symptome sind plötzlich einsetzende Apathie, Anorexie und
Erbrechen gefolgt von Durchfällen mit schleimig-wäßrigem, stinkendem, selten auch
blutigem Kot.
Desweiteren gibt es die Clostridium perfringens-Enterotoxämie:
Clostridium perfringens wird abhängig vom gebildeten Toxin in die Typen A-E eingeteilt. Es
handelt sich um einen ubiquitär vorkommenden Bodenkeim, der nur im Zusammenhang mit
prädisponierenden Faktoren (insbesondere falsche Fütterung) zur Erkrankung führt. Der Keim
verursacht neben Enterotoxämie auch Wundinfektionen (Gasbrand) und Mastitis.
Das Toxin von Clostridium perfringens Typ A ist hämolytisch wirksam. Nach oraler
Erregeraufnahme führt Typ A zur Enterotoxämie bei Kälbern und Lämmern. Symptome sind
Anämie, Ikterus, Hämoglobinurie und Durchfall. Häufig treten Mischinfektionen zusammen
mit anderen Typen von Cl. perfringens auf. Der Verlauf ist perakut und endet oft letal.
Die Torovirus Infektion kommt bei Kalb und Fohlen vor und führt zur Diarrhoe mit
Atrophie und Fusion von Zotten. Außerdem kommt es zu Nekrosen von Kryptenepithelien.
Differntialdiagnostisch sollte abgeklärt werden, ob bei dem Kalb eine Parasitose mit
Kryptosporidium parvum vorliegt. Da Kryptosporidien bei den Kälbern vorwiegend in der
zweiten bis vierten Lebenswoche vor kommen, ist bei diesem Kalb ein positiver Befund
unwahrscheinlich.
Eine bakteriologische und virologische Untersuchung auf die oben genannten Erreger ist, ist
nicht sehr sinnvoll, da das Tier schon mit Antibiotika vor behandelt ist und dabei auch nicht
festgestellt wird, ob es sich nicht um Sekundärinfektionen handelt.
2. Bronchopneumonie
Bei den meisten Bronchopneumonien spielen mikrobielle Erreger eine primäre oder aber
sekundäre Rolle. Häufig handelt es sich um Mischinfektionen.
Beim Kalb gibt es die enzootische Bronchopneumonie, welche eine seuchenhaft verlaufende
Mischinfektion darstellt. Die respiratorischen Symptome können mit einer Diarrhoe auftreten,
das Krankheitsbild wird dann als „respiratorisch-enterales Syndrom“ bezeichnet. Die
enzootische Bronchopneumonie ist eine Faktorenerkrankung, die durch die geschwächte
Immunabwehr des Kalbes begünstigt wird. Zunächst erfolgt meist eine Infektion mit Viren,
die sich häufig zuerst im vorderen und mittleren Respirationstrakt ansiedeln. Durch die
virusbedingte Schädigung der Epithelzellen werden dann eine Rhinits, Laryngitis und
Tracheitis oder Bronchitis und Bronchiolits hervorgerufen. Es kann zu einer interstitiellen
Pneumonie kommen. Wenn es zu einer Sekundärinfektion mit Bakterien kommt, entsteht
entweder eine katarrhalisch-eitrige oder fibrinöse Bronchopneumonie. Als Erreger kommen:
Adenoviren, Reoviren, Parainfluenza-3-Viren, Rhinoviren, Parvoviren, Pasteurellen,
Mykoplasmen, Chlamydien, Pseudomonas aeruginosa u. a. in Frage.
Die Erreger werden von infizierten Tieren über das Nasen- und Augensekret, über den
Speichel und teilweise auch über den Kot (z.B. Adenoviren) ausgeschieden. Die Übertragung
erfolgt über den Kontakt der Tiere untereinander, aber auch über unbelebte Vektoren. Die
Gefahr liegt vor allem im Zukauf von Tieren, was hier jedoch nicht zu trifft. Die Ansteckung
kann jedoch auch durch ältere, latent infizierte Tiere, die Erregerausscheider sind, erfolgen.
Das Krankheitsgeschehen ist normal gekennzeichnet durch mehr oder weniger plötzliches
Auftreten von Respirationsstörungen bei einer größeren Anzahl von Tieren. Im
Anfangstadium kommt es durch die Entzündung des vorderen Respirationstrakts meist zu
Nasenausfluß. Bei der Laryngitis und Tracheitis tritt Husten auf. Bei der Bronchitis und der
Bronchiolits läßt sich ein verschärft bronchobronchuläres Atemgeräusch auskultieren.
Bei der interstitiellen Pneumonie ist das Allgemeinbefinden von den Kälbern meist nur
geringgradig gestört. Die Atmung ist beschleunigt, es besteht geringgradig seröser
Nasenausfluß und häufig Husten. Solange keine Sekundärinfektion mit Bakterien erfolgt ist
die Prognose zu Heilung gut. Sind jedoch Bakterien beteiligt entwickelt sich eine
katarrhalisch-eitrige oder fibrinöse Bronchopneumonie, die mit hochgradig gestörtem
Allgemeinbefinden einher gehen kann. Kennzeichen sind purulenter Nasenausfluß, feuchter,
schmerzhafter Husten und bei der Auskultation ist ein Knattern zu hören.
3.Acidose
Die Regulationsmechanismen für den Säure-Basen-Haushalt bei neugeborenen Kälbern und
auch noch in den ersten Lebenswochen ist sehr labil. Daher kommen häufig Entgleisungen
vor.
Der pH-Wert des Blutes wird vor allem durch das Verhältnis zwischen Bicarbonat-Ionen und
dem im Blut gelösten CO2 bestimmt. Der pH-Wert sinkt, wenn zu wenig Bicarbonat-Ionen
zur Pufferung von H-Ionen zur Verfügung stehen (= metabolische Acidose), oder wenn der
partielle C02-Druck im Blut erhöht ist (= respiratorische Acidose).
Der normale pH-Wert im venösen Blut des Kalbes unmittelbar nach der Geburt größer als
7,15, danach steigt er, in der ersten Lebensstunden auf 7,40. Die Regulation erfolgt über die
Nieren (metabolisch) und über die Lunge (respiratorisch).
Die Acidosen können aufrund ihrer Ursachen in 5 Hauptgruppen unterteilt werden:
1.Asphyxie (perinatale Depression)
2.Diarrhöe, wie es auch bei diesem Kalb der Fall ist. Der Durchfall führt zu einer starken
Dehydratation, zu einem Verlust von Elekrolyten und zu einem hochgradigen Verlust von
Bicarbonat. Es liegt eine metabolische Acidose vor, die zum festliegen des Kalbes geführt
hat.
3.Malabsorptionssyndrom
4.Idiopathische Acidose
5.Anorexie
Prognose
Die Prognose ist günstig, da das Tier auf die Therapie anspricht und der Zustand sich
verbessert hat.
Therapie
Die Therapie sollte aus diätetischen Maßnahmen, der Normalisierung des Blut-pH,
Rehydratation, antibaketeriellen Chemotherapie und Sicherstellung der energetischen
Versorgung bestehen.
Als diätetische Maßnahme kann scharzer Tee, Kamillen- oder Fencheltee mit etwa 50 g
Traubenzucker pro Liter anstelle von Milch oder halb und halb mit Milch gegeben werden.
Die Portionen sollte auf je 250 ml 2-3 mal pro Tag verteilt werden. Es gibt auch spezielle
„Kälber Nährmittel“ anstatt der Milch, z.B. Floracid-Diät oder Ion-aid.
Bei hochgradig gestörten Allgemeinbefinden/Dehydratation muß auch Elektrolyt-Lösung
verabreicht werden. Die Applikation erfolgt als Dauertropf (Kombination: 1 Liter
Nariumbicarbonat 5%ig, 1 Liter Glucoselösung 5%ig und 1 Liter Elektrolytlösung; innerhalb
von 12 Stunden infundieren). Bei einem Füssigkeitsverlust unter 10% des Körpergewichtes
reicht in der Regel eine Schnellinfusion einer 5%igen Natriumbicarbonatlösung in einer Dosis
von 10ml/ kg KGW. Danach kann Natriumbicarbonat per os verabreicht werden, zusammen
mit Tee oder einer Lösung mit Elektrolyten und Glucose. Zusätzlich müssen
Chemotherapeutika verabreicht werden, vor allem auch wegen der vorliegenden
Bronchopneumonie. Da die Erreger nicht bestimmt sind, muß bei der Wahl der Antibiotika
darauf geachtet werden, daß sie grampositive und gramnegative Erreger erfassen. Es könnte
zum Beispiel als Penicillin, Ampicillin verabreicht werden, i.m. Injektion 3mal tgl. ca.
10mg/kg verabreicht, bei Gentamycin 4 mg/kg KGW 2mal pro Tag.
Prophylaxe
Es muß darauf geachtet werden, daß die Kälber ausreichend Kolostralmilch aufnehmen und
die Hygienischen Bedingungen einwandtfrei sind.
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