4.3. Selbstkonzeptklarheit

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Selbstkonzeptkomponenten und motivationale Aktivierung als
Determinanten für Aggressionsbereitschaft
Praktikumsarbeit
Teilnehmer:
Franziska Damm
Torsten Ehrlich
Ivette Langner
Doris Ortel
Marie Schildberger
Katja Schlegel
Antje Spillner
Cornelia Winkler
Betreuer Prof. Dr. Gernot v. Collani
Empiriepraktikum II
Sommersemester 2003
4. Fachsemester
2
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung.............................................................................................................................3
1.1. Theoretischer Hintergrund...................................................................................................3
1.2.1. Aggression........................................................................................................................3
1.2.2. Selbstwertgefühl, Selbstkonzept und Selbstkonzeptklarheit............................................5
1.2.3. Narzissmus........................................................................................................................7
1.2.4. BIS und BAS.....................................................................................................................7
1.2.5.Soziale Erwünschtheit........................................................................................................9
2.
Hypothesen und Fragestellungen.......................................................................................11
3.
Methode.............................................................................................................................13
3.1. Verwendete Skalen (Methode der Datenerhebung)...........................................................13
3.2. Methoden der Datenaufbereitung und Datenauswertung..................................................15
3.3. Stichprobe.........................................................................................................................16
3.4. Instruktion und Durchführung..........................................................................................16
4.
Ergebnisse..........................................................................................................................19
4.1. Aggression.........................................................................................................................18
4.2. Selbstwertgefühl................................................................................................................20
4.3. Selbstkonzeptklarheit.........................................................................................................21
4.4. Narzissmus.........................................................................................................................22
4.5. BIS und BAS......................................................................................................................23
4.6. Soziale Erwünschtheit........................................................................................................24
5.
Diskussion..........................................................................................................................25
6.
Zusammenfassung..............................................................................................................32
7.
Literatur..............................................................................................................................33
8.
Anhang
Fragebogen
Tabellen
Einleitung
3
1. Einleitung
In der Psychologie gibt es zahlreiche Beiträge zur Erforschung von Aggression und
aggressivem Verhalten. Doch obgleich jeder von uns eine klare Vorstellung davon hat, was
Aggression bedeutet, haben die psychologischen Autoren große Schwierigkeiten, sich auf
eine allgemeingültige wissenschaftliche Definition zu einigen.
Die Aggressionsforschung blickt bereits auf eine lange Tradition zurück, wobei ihr zentrales
Thema stets das Aufdecken der Ursachen aggressiven Verhaltens und der einzelnen
Komponenten, aus den sich Aggression zusammensetzt, herauszuarbeiten.
In jüngster Zeit wurde ein neuer Aggressions-Fragebogen von Buss und Perry (AQ, 1992)
entwickelt, der versucht die Mängel älterer Aggressionsfragebögen zu beheben und somit den
neuen gängigen psychometrischen Standards gerecht zu werden.
Ziel unseres Projektpraktikums war es, die Brauchbarkeit dieser AQ-Skala (Aggression
Questionaire-Scale)
von
Buss
&
Perry
(1992)
zu
Komponenten
aggressiver
Verhaltensreaktionen für den deutschen Sprachraum zu überprüfen. Dabei überprüften wir
nicht nur diese Skala selbst, sondern auch Konstrukte anderer Persönlichkeitsmerkmale, die
mit Aggression in Zusammenhang gebracht werden, und deren Korrelation untereinander. Es
handelte sich bei jenen Konstrukten um Selbstwertgefühl, Soziale Erwünschtheit,
Selbstkonzeptklarheit,
Narzissmus
sowie
Verhaltensaktivierungssystem
und
Verhaltenshemmungssystem.
1.1. Theoretischer Hintergrund
1.1.1. Aggression
Eine frühe Definition von Gewalt findet sich in dem 1939 erschienenen Buch „Aggression
und Frustration“ von Dollard, Doob, Miller, Mowrer und Sears. Darin wird Aggression „als
eine
Handlung,
deren
Zielreaktion
die
Verletzung
eines
Organismus
(oder
Organismusersatzes) ist“ bezeichnet. Aggression ist also Verhalten, nicht aber Motiv oder
Affekt. Des weiteren zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie gerichtet ist.
Diesem Ansatz folgten verschiedene Inventare zur Erfassung von Aggressionsneigung, die
jedoch heutigen psychometrischen Standards nicht mehr standhalten. So entwickelten Buss
und Perry (1992) einen neuen Fragebogen, aus dessen Auswertung sich mittels
faktoranalytischer
Methoden
vier
Faktoren
ergaben,
aus
denen
sich
Aggression
Einleitung
4
zusammensetzt: körperliche Aggression, verbale Aggression, Ärger und Missgunst. Dabei
zeigte die Korrelationsanalyse, dass Ärger die Brücke zwischen den instrumentellen
Komponenten körperliche Aggression und verbale Aggression einerseits und der kognitiven
Komponente Missgunst andererseits ist. Die vier Skalen wiesen interne Konsistenz und
Zeitstabilität auf.
Körperliche und verbale Aggression werden als instrumentelle oder auch als motorische
Komponente des Verhaltens betrachtet und beinhalten somit das Schädigen und Verletzen
von anderen Personen. Ärger stellt dem gegenüber die emotionale oder affektive Komponente
des Verhaltens dar und umfasst somit das physiologische Arousal, also eine körperliche
Erregung, und die Aggressionsvorbereitung. Missgunst entspricht der kognitiven Komponente
des Verhaltens und beinhaltet damit das Gefühl, schlecht und ungerecht behandelt zu werden.
Diese Dreiteilung von Verhalten ist nicht neu, vielmehr ist sie eine gängige Prozedur in der
psychologischen Forschung.
In Hinblick auf Geschlechtsunterschiede lässt sich konstatieren, dass männliche Probanden
leicht höhere Werte bei verbaler Aggression und Missgunst hatten, jedoch sehr viel höhere
Scores
bei
körperlicher
Gewalt.
Hinsichtlich
Ärger
wurden
aber
keine
geschlechtsspezifischen Unterschiede ausgemacht. So kann davon ausgegangen werden, dass
Männer und Frauen zwar gleich ärgerlich sind, mit dieser Ärgerlichkeit ihren
Geschlechterrollen entsprechend aber unterschiedlich umgehen.
Auffällig war eine bei Frauen signifikant höhere Korrelation von öffentlichem Selbstkonzept
und Missgunst als bei Männern festgestellt. Andererseits korrelierten Ärger und physische
Aggression mit Aktivität bei Männern, während für Frauen hier kein Zusammenhang
gefunden werden konnte.
Die Skalen korrelierten unterschiedlich stark mit verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen.
So besteht offensichtlich ein größerer Zusammenhang zwischen Ärger und Emotionalität,
Missgunst und Emotionalität, verbaler Aggression und Entschlossenheit sowie Ärger und
Entschlossenheit. Missgunst und Selbstwertgefühl hingegen korrelieren recht stark negativ
miteinander.
Von Interesse ist nun natürlich, welche Persönlichkeitseigenschaften aggressives Verhalten
bedingen und wie diese Eigenschaften untereinander in Beziehung stehen. In Anlehnung an
die Arbeiten von Baumeister et al. (1996) und Campbell (1996) haben wir daher die
Konstrukte Selbstwert, Selbstkonzept, Selbstkonzeptklarheit, Narzissmus, BIS/BAS und
Einleitung
5
soziale Erwünschtheit näher betrachtet, welche wir nun im einzelnen vorstellen und somit auf
deren Bedeutung bezüglich aggressiven Verhaltens eingehen wollen.
1.1.2. Selbstwertgefühl, Selbstkonzept und Selbstkonzeptklarheit
Das Selbstwertgefühl stellt die Summe aller gewichteten affektiven Selbsteinschätzungen dar,
wobei jedes Individuum das Bedürfnis nach einem möglichst positiven Selbstwertgefühl,
welches es motiviert ist zu schützen und zu erhöhen, hat (Stahlberg et al., 1985; zitiert nach
Hoffmann, B., Huck-Blänsdorf, H.; Kreissig, B. , 2003). Personen suchen selektiv nach
selbstwertdienlichen
Informationen,
die,
im
Gegensatz
zu
selbstwertbedrohlichen
Informationen, eine positive affektiv- kognitive Reaktion verursachen (Hoffmann et al.,
2003). So werden zum Beispiel positive Aussagen als zutreffender und den Sender
sympathisch machend empfunden.
Da das Selbstwertgefühl durch allgemeine Stimmungsschwankungen beeinflusst werden
kann, ist es weniger stabil als das Selbstkonzept, von dem es abgegrenzt werden muss.
Zunächst wurde das Selbstwertgefühl als eindimensionales Konstrukt betrachtet und mittels
Selbstbeurteilung erfasst (z.B. Rosenberg, 1965). Bedeutung hat dieses allgemeine
bereichsunspezifische Selbstwertgefühl vor allem als ein bedeutender Bestandteil der
Lebenszufriedenheit (Grob, 1995;zitiert nach Asendorpf, 1999) und als Indikator für die
psychische Gesundheit zum Testzeitpunkt (Rosenberg, 1965; zitiert nach Asendorpf, 1999).
Dieser Ansatz wurde später als unzureichend eingestuft. Shavelson et al, 1976 stellten das
Selbstwertgefühl
als
Eigenschaftshierarchie
dar
und
ordneten
dem
allgemeinem
Selbstwertgefühl vier spezifische Selbstwertfaktoren (Intelligenz, Emotionalität, Physis,
Soziales) unter, denen noch spezifischere Selbstwertgefühle untergeordnet wurden
(Asendorpf, 1999). Den einzelnen Bereichen, die aufgrund der geringeren Abhängigkeit
gegenüber Stimmungsschwankungen zeitlich wesentlich stabiler als das allgemeine
Selbstwertgefühl sind, kommt hierbei eine unterschiedlich starke Bedeutung für das
allgemeine Selbstwertgefühl zu.
Ein zu gering ausgebildetes Selbstwertgefühl verursacht Verhaltensunsicherheiten, was zur
Belastung der psychischen Stabilität und zur Beeinträchtigung sozialer Beziehungen führen
kann. Ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl kann förderlich wirken in dem es stabilisiert, als
auch kontraproduktiv, da es unempfindlich gegenüber Urteilen anderer machen kann
(Hoffmann et al., 2003).
Einleitung
6
Während das Selbstwertgefühl nur eine bewertende Komponente des Selbst darstellt, wird das
Selbstkonzept als eine Art Grundstruktur betrachtet, die alle Persönlichkeitseigenschaften,
Wertvorstellungen, Vorlieben, soziale Rollen und Einstellungen einer Person umfasst (zitiert
nach Stucke, 2000).
In der Literatur werden drei verschiedene Formen des Selbst unterschieden: das „ideale
Selbst“ (wie man sein möchte), das „aktuelle Selbst“ (wie man gerade ist) und das „normative
Selbst“ (wie man nach Meinung anderer zu sein hat).
Diese Aspekte beschränken sich nicht nur auf die Vergangenheit und Gegenwart, sondern
schließen auch die gewünschten zukünftigen, geplanten oder unerwünschten Entwicklungen
mitein. Falls diese miteinander in Konflikt stehen, kann eine solche Diskrepanz zu
emotionalem Unwohlsein und psychischen Problemen führen.
In bezug auf aggressives Verhalten weisen neuere Studien daraufhin, dass nicht nur die Höhe
des Selbstwertes eine entscheidende Rolle spielt, sondern auch dessen Stabilität und
Sicherheit. Das Konstrukt der Selbstkonzeptklarheit (Campbell, 1990) versucht, diese zu
integrieren.
Nach Campbell (1996) wird Selbstkonzeptklarheit als das Ausmaß betrachtet, in dem Inhalte
des Selbstkonzeptes klar und verlässlich definiert, zeitlich stabil und intern konsistent sind.
Dieses Konstrukt beinhaltet somit die interne Konsistenz, die zeitliche Stabilität und die
Sicherheit des Selbstkonzeptes (zitiert nach Stucke, 2000).
Es hat sich gezeigt, dass Selbstkonzeptklarheit eine sehr große Aussagekraft in bezug auf das
Antwortverhalten der Versuchspersonen hat. Dies gilt insbesondere für den Zusammenhang
mit Aggressivität, da man herausgefunden hat, dass nicht nur die Höhe des Selbstwertes,
sondern auch Selbstkonzeptklarheit ein Indiz für die Tendenz zu aggressivem Verhalten sein
kann. So stellt sich heraus, dass Menschen mit hohem und niedrigem Selbstwert Unterschiede
in der Klarheit ihres Selbstkonzeptes aufweisen. Beide Komponenten korrelieren demnach
hoch miteinander, müssen jedoch als zwei unterschiedliche Konstrukte betrachtet werden.
Im Rahmen der Aggressionsforschung wird nun angenommen, dass die Selbstkonzeptklarheit
eine wichtige Moderatorvariable für den Zusammenhang zwischen Selbstwertbedrohung und
Aggression darstellt.
Einleitung
7
1.1.3. Narzissmus
Der Begriff Narzissmus entstand in Anlehnung an die griechische Sage vom Jüngling
Narcissus, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte. In der psychologischen Literatur
bezeichnete erstmals Ellis die Tendenz sich in übermäßiger Selbstbewunderung zu verlieren
als "Narcissus-like“. Bezogen auf die Schriften von Ellis führte der Deutsche Nacke den
Begriff „Narcismus“ ein, um eine sexuelle Perversion zu beschreiben, wobei der eigene
Körper das Sexualobjekt darstellt. Ab 1914 beschäftigte sich auch Freud psychoanalytisch mit
dem Phänomen der libidinösen Besetzung des Selbst.
Im Laufe der Jahre erschienen viele weitere Schriften, die den Narzissten als Person mit
übermäßigem Gefühl der Selbstliebe und Einzigartigkeit beschrieben, dessen Gedanken vor
allem um Schönheit, Macht und grenzenlosen Erfolg kreisen, der unfähig ist Kritik zu
ertragen und einen Mangel an Empathie aufweist.
Trotz des großen klinischen Interesses gibt es nur wenige Veröffentlichungen zur Messung
des Konstruktes. Am bedeutendsten erwies sich der NPI (Narcissistic Personality Inventory),
den Raskin und Terry 1988 entwickelten. Mittels eines faktoranalytischen Verfahrens ergaben
sich folgende Faktoren: Autorität, Exhibitionismus, Ausbeutung, Anspruchsdenken, Eitelkeit,
Überheblichkeit, Einzigartigkeit.
Neuere Untersuchungen prüften darüber hinaus die Zusammenhänge von Narzissmus mit
anderen Konstrukten. Beispielsweise zeigte sich in der Studie von Bushman und Baumeister
eine signifikante Korrelation mit Aggression. In besonderem Maße zeigten sich aggressive
Reaktionen bei Probanden mit hohem Narzissmuswert, in Situationen, in denen sie Kritik
ausgesetzt waren. Je mehr sich ein Narzisst von einer negativen Beurteilung bedroht fühlte
umso aggressiver verhielt er sich. Außerdem weisen jene Befunde darauf hin, dass Narzissten
selektiv in ihrer Aggression sind.
1.1.4. Behavioral Inhibition System (BIS) und Behavioral Activation System (BAS)
Aggressives Verhalten beinhaltet auch eine motivationale Komponente. Ein Konstrukt, das
ein solches Motivationssystem zugrunde legt, ist das von BIS und BAS, welches Gray (1981,
1982) entwickelte. Er postulierte ein Persönlichkeitsmodell auf physiologischer Grundlage
mit
den
beiden
grundlegenden
Persönlichkeitsdimensionen
Ängstlichkeit
(bzw.
Ängstlichkeitsneigung) und Impulsivität. Beide Dimensionen beruhen laut Gray auf zwei
Einleitung
8
neuronalen Systemen und deren unterschiedlicher Empfänglichkeit für Umweltreize und
verschiedenen Reaktionen auf Stimuli.
Das Motivationssystem, das mit Ängstlichkeit in Verbindung gebracht wird, wird als
Behavioral Inhibition System (BIS, Verhaltenshemmendes System) bezeichnet. Es umfasst
das septohippocampische System mit seinen monoaminergen Afferenzen vom Hirnstamm
und der neokortikalen Repräsentation im Frontallappen. Gray zufolge löst dieser
physiologische Mechanismus das Angsterleben als Reaktion auf Angst verursachende Reize
aus. Dabei ist das BIS empfänglich für Signale der Bestrafung, Nichtbelohnung und Neuheit.
Es unterdrückt Verhalten, das negative oder schmerzvolle Ergebnisse mit sich bringen könnte.
Daher verursacht eine Aktivierung des BIS eine Hemmung der Bewegung auf ein Ziel hin.
Gray geht weiterhin von der Verantwortlichkeit des BIS für das Erleben negativer Gefühle –
so zum Beispiel Furcht, Ängstlichkeit, Frustration und Traurigkeit – als Reaktion auf
derartige Stimuli aus. Hinsichtlich interindividueller Unterschiede sollte sich eine höhere BISSensibilität in einer größeren Neigung zu Ängstlichkeit widerspiegeln, sofern die
entsprechenden Umweltreize gegeben sind.
Der physiologische Mechanismus, dem die Kontrolle aufsuchenden Verhaltens zugeschrieben
wird, ist das sog. Behavioral Activation System (BAS, Verhaltensaktivierendes System). Die
neuronale Basis des BAS ist weit weniger klar umrissen als die des BIS. Jedoch spielen
vermutlich katecholaminerge (insbesondere dopaminerge) Pfade eine zentrale Rolle (Stellar &
Stellar, 1985). Dieses System spricht auf Signale der Belohnung, Nichtbestrafung und Flucht
vor Bestrafung an. Eine Aktivität dieses Systems löst die Bewegung auf ein Ziel hin aus.
Auch ist dieses System laut Gray verantwortlich für das Erleben positiver Gefühle wie
Hoffnung, freudige Erregung und Fröhlichkeit. Demzufolge sollte bei großer BASSensibilität von einer größeren Neigung zu zielgerichteten Bemühungen und zum Erleben
positiver Gefühle ausgegangen werden, wenn die Person Hinweisreizen einer zu erwartenden
Belohnung ausgesetzt wird.
Da BAS und BIS laut verschiedener pharmakologischer Studien wie auch Läsionsstudien
jeweils abgegrenzte Strukturen im Nervensystem repräsentieren sollen, steht die Sensibilität
des einen Systems wohl nicht im Zusammenhang mit der anderen. Somit sollten in einer
Population Individuen mit allen Kombinationen von hohen und niedrigen BIS- und BASWerten zu finden sein.
Einleitung
9
1.1.5. Soziale Erwünschtheit als Kontrollvariable
Soziale Erwünschtheit (auch: "social desirabilität") ist die Bezeichnung für die
(Antwort-)Tendenz von Versuchspersonen bei der Beantwortung von
Persönlichkeitsfragebögen oder anderen Selbsteinschätzungsverfahren, ihre Ängste,
Befürchtungen, Gefühle, Feindseligkeit und Vorurteile nicht zu äußern (oder sogar ihre
eigenen Verhaltensweisen zu "zensieren") (Stroebe, Hewstone, Stephenson (Hrsg.), 1966),
sondern nach sozialen Normen, die nach Auffassung der Versuchsperson die erwünschtesten
sind zu antworten/ zu reagieren, auch um dadurch bestimmte positive Verstärker zu erhalten.
Eine Antwort im Sinne der s. E. gehört zu den Reaktionseinstellungen, die das Ergebnis von
Einstellungsmessungen verfälschen können. So lange die Tendenz bei allen Urteilern gleich
stark ist, verfälscht sie individuelle Unterschiede in Eigenschaften nicht, zum Problem, wird
diese Tendenz jedoch dann ( da sie die Konstruktvalidität abhängiger Variablen bedroht),
wenn sie bei unterschiedlichen Urteilern unterschiedlich stark ist.(differentielle Tendenz zur
sozialen Erwünschtheit)(Asendorpf, 1996).
Edwards (1957) wies darauf hin; dass eine hohe Korrelation zwischen dem Bedürfnis nach
sozialer Erwünschtheit und dem Anteil zustimmender Antworten zu bestimmten persönlichen
Fragen besteht und folgerte daraus, dass die Antworten weniger durch den Inhalt des Items als
vielmehr durch das Ausmaß der sozialen Erwünschtheit bestimmt seien.
Nach Crowne & Marlowe (1960) ist die s. E. weniger ein formaler Antwortstil als vielmehr
eine motivationale Disposition. Als Ergebnis aus ihren Untersuchungen folgerten sie, dass
Personen mit hohem Bedürfnis nach sozialer Anerkennung, sozial akzeptierte Aussagen über
sich selbst zustimmten, sozial unerwünschte Merkmale dagegen leugneten.
Sackheim und Gur (1978) zeigten, dass diese Eigenschaft bei genauer Analyse aus zwei
relativ unabhängigen Faktoren besteht: der Tendenz zur (unbewussten) Selbsttäuschung (selfdeception) und der Tendenz zur (bewussten) Fremdtäuschung (other-deception/ Impression
Management). Die Tendenz zur Selbsttäuschung wird durch Ablehnung wahrscheinlicher,
aber psychisch bedrohlicher Eigenschaften gemessen und von den Autoren als defensive
Abwehrtendenz gewertet. Die Tendenz zur Fremdtäuschung wird durch die Zustimmung zu
unwahrscheinlichen, aber sozial erwünschten Eigenschaften erhoben und von den Autoren als
eher bewusster Versuch, vor anderen "gut dazustehen", interpretiert. (Asendorpf, 1996)
Paulus (1984) konnte die Unabhängigkeit dieser beiden Faktoren bestätigen und
experimentell zeigen, dass nur die Tendenz zur Fremdtäuschung zu Verfälschungen von
Fragebogenantworten in Richtung sozial erwünschter Antworten führt. (nach Asendorpf,
Einleitung
10
1996). Die vom speziellen Beurteilungsgegenstand unabhängige, sog. "Allgemeine" Tendenz
lässt sich teilweise durch sog. soziale Erwünschtheitsskalen oder Lügenskalen kontrollieren
( sie fragen nach Ablehnung wahrscheinlicher, aber sozial unerwünschter Eigenschaften und
nach Zustimmung zu unwahrscheinlichen, aber sozial erwünschter Eigenschaften.)
(Asendorpf, 1996). Wenn es um die Kontrolle eher gezielter Verfälschungstendenzen geht,
sollten Skalen verwendet werden, die eher Fremdtäuschung erfassen: das Other-Deception
Questionnaire von Sackheim & Gur (1978) oder die Marlow-Crowne-Skala (dt. Fassung von
Lück & Timaeus, 1969), die überwiegend Fremdtäuschung erfasst (nach Asendorpf, 1996).
Hypothesen und Fragestellungen
11
2. Hypothesen und Fragestellungen
Unser primäres Ziel der Untersuchung ist es, die von Buss und Perry (1992) entwickelte
Aggression Questionnaire Skala für den deutschen Sprachraum zu überprüfen.
Wir erwarten daher die 4 postulierten Dimensionen aggressiven Verhaltens, körperliche
Aggression, verbale Aggression, Ärger und Missgunst, auch in unserer Stichprobe
wiederzufinden. Außerdem vermuten wir geschlechtsspezifische Unterschiede in der
Aggressionsbereitschaft. So werden Männer wahrscheinlich eher zu aggressivem Verhalten
tendieren als Frauen. Die Untersuchungen von Buss und Perry (1992) haben gezeigt, dass
Männer höhere Werte für körperliche und verbale Aggression sowie für Missgunst aufweisen.
Nur für Ärger bestanden keine signifikanten Unterschiede. Die Autoren fassen dies als
Hinweis dafür auf, dass sowohl Männer als auch Frauen gleichermaßen in Zorn geraten, nur
Frauen ihren Ärger weniger in körperlicher Aggression ausdrücken. So nehmen wir an, dass
die stärksten geschlechtsspezifischen Unterschiede für die körperliche Aggression bestehen
werden.
Des weiteren fragen wir uns, in wieweit der Grad der Bildung und Alter Einfluss auf
aggressives Verhalten haben.
Die Tendenz zu aggressivem Verhalten schließt natürlich andere Persönlichkeitsfaktoren mit
ein. Wir haben uns Komponenten des Selbst und motivationale Aktivierungssyteme näher
betrachtet, wobei wir davon ausgehen, dass diese zum einem insgesamt gute Prädiktoren für
Aggression darstellen, zum anderen aber auch im einzelnen dazu beitragen, aggressives
Verhalten zu erklären und vorherzusagen. Im folgenden soll nun erläutert werden, wie solche
Zusammenhänge aussehen könnten.
Personen mit einem zu gering ausgebildeten Selbstwertgefühl leiden häufiger unter
Verhaltensunsicherheiten
wie
Personen
mit
einem
durchschnittlich
ausgeprägten
Selbstwertgefühl. Da Verhaltensunsicherheiten oft zu Gefühlen der Unzulänglichkeit und der
Frustration führen, was sich in unangemessenen Aktionen und Reaktionen im Umgang mit
anderen zeigen kann, ist anzunehmen, dass das Selbstwertgefühl negativ mit Aggression
korreliert..
Aber nicht nur die bewertende Komponente gibt Aufschluss darüber, wie sich
Aggressionsneigungen erklären lassen können. Auch die Stabilität und die Sicherheit im
Selbst erlauben Rückschlüsse auf die Tendenz zu aggressiven Verhalten.
Hypothesen und Fragestellungen
12
Die Theorie von Baumeister et. al. (1996) postuliert, dass nach einer Selbstwertbedrohung
Personen dazu neigen, entweder aggressiv zu reagieren oder sich zu rückzuziehen. Dabei geht
er davon aus, dass
Personen mit einem unrealistisch hohen, instabilen oder unsicheren
Selbstwert eher dazu neigen, ihre negativen Emotionen in Form von Aggression auf die
Quelle der Bedrohung richten.
So erwarten wir, dass in Kombination mit Narzissmus Personen mit zeitlich instabilen und
unsicheren Selbstkonzept eher zu aggressiven Verhalten tendieren.
Wohingegen wir bei Personen mit einem zeitlich stabilen und intern konsistenten
Selbstkonzept eher eine negative Korrelation mit Aggression vermuten.
Menschen mit einem unrealistisch hohem Selbstbild neigen zu aggressiven Reaktionen auf
kritische Fremdurteile, deshalb erwarten wir eine positive Korrelation von Narzissmus und
Aggression.
Außerdem wäre zu prüfen, ob es hinsichtlich des Konstruktes Narzissmus ein
Geschlechtsunterschied
gibt
und
ob
Selbstwertgefühl
und
Narzissmus
identische
Persönlichkeitsmerkmale messen.
Da körperliche Aggression und Ärger in Zusammenhang mit der physiologischen Erregung
stehen, gehen wir davon aus, dass Personen, die hohe Werte in der BAS-Skala und somit eine
hohe Impulsivität und Aktivierung aufweisen, auch einen höheren Aggressions-Score
(insbesondere in den Subskalen körperliche Aggression und Ärger) aufweisen. Auch ist das
Behavioral Activation System empfänglich für Signale der Belohnung und Nichtbestrafung,
durch welche gegebenenfalls zielgerichtetes Handeln ausgelöst wird. Somit liegt es nahe, dass
Personen, die eine hohe BAS-Ausprägung aufweisen, eher bereit sind, begehrte Ziele durch
aggressives Verhalten anzustreben, sofern nicht mit negativen Konsequenzen zu rechnen ist.
Im Gegenzug dazu sollten sich Personen mit hohen BIS-Werten prinzipiell durch ein
geringeres Arousal auszeichnen, was auch die Aggressionsneigung und vor allem die
Bereitschaft zu physischer Aggression hemmen sollte. Aufgrund seiner Sensitivität für
Signale der Nichtbelohnung und Bestrafung sowie des daraus resultierenden vermeidenden
Verhaltens, ist von einer negativen Korrelation des BIS mit der AQ-Skala auszugehen.
Aggression und aggressives Verhalten gehören zu den von der Gesellschaft missbilligten
Verhaltensweisen, daher erwarten wir eine negative Korrelation von sozialer Erwünschtheit
mit Aggression und den Subskalen der AQ- Skala.
Methode
13
3. Methoden
3.1. Verwendete Skalen
Ingesamt enthält unser Fragebogen 90
Items, welche nach dem Zufallsprinzip
zusammengestellt worden sind. Die Items entstammen aus 6 verschiedenen Skalen. Diese
Skalen erfassen die Konstrukte, welche im engeren Zusammenhang mit Aggressionsneigung
stehen, sehr zufriedenstellend. Der Fragebogen setzt sich aus folgenden Skalen zusammen:
Aggression Questionniare –Scale
Die Erhebung der Aggression erfolgte durch eine übersetzte Version der aggression
questionnaire scale (Buss, A. & Perry, M., 1992). Sie erfasst die Aggression anhand von 4
Subskalen: 9 Items zu „körperliche Aggression“; Itembeispiel: „Wenn mich jemand schlägt,
schlage ich zurück”, 7 Items zu „Ärger“; Itembeispiel: „Einige meiner Freunde halten mich
für einen Hitzkopf”, 8 Items zu „Missgunst“; Itembeispiel: „Manchmal nagen Neid und
Missgunst an mir” und 5 Items zu „verbaler Aggression“; Itembeispiel: „Meine Freunde
meinen, ich sei ziemlich streitlustig“. Die Items sind positiv und negativ gepolt.
Self-Esteem-Scale
Zur Erhebung des Selbstwertgefühls erfolgte mittels der deutschen Fassung der Rosenberg
Self- Esteem Scale (Rosenberg, 1965; dt. von Ferring und Filipp, 1996; Item vier: Collani und
Herzberg, 2003). Sie enthält die Beurteilung des allgemeinen bereichsunspezifischen
Selbstwertgefühls anhand von 10 Items;Itembeispiel:„Ich besitze eine Reihe guter
Eigenschaften“. Die Items sind positiv und negativ in Richtung ihrer Dimension gepolt.
Self concept-clarity –Scale (SCC-Skala)
Die zur Erfassung der Konsistenz im Selbstkonzept verwendete Skala wurde von Campbell
(1996) entwickelt. Eine Übersetzung und Überprüfung für den deutschen Sprachraum erfolgte
von Tanja Stucke (2002). Die deutsche Version erweist sich in bezug auf interne Konsistenz
und zufriedenstellende Trennschärfe als sehr praktikabel. Auch ihre Eindimensionalität wurde
in den Studien belegt. Sie enthält 12 Items, die Selbstkonzeptklarheit als Trait erfassen, wobei
die Items bis auf zwei Ausnahmen entgegen der Skalenrichtung, also im Sinne von
Methode
14
Selbstkonzeptunklarheit formuliert worden. Das bedeutet, dass ein niedriger Summenscore
für eine hohe Ausprägung von Sicherheit im Selbstkonzept spricht, dagegen ein hoher
Summenscore für Unklarheit im Selbstkonzept steht. Folgendes Bsp.: „Wenn ich darüber
nachdenke, bin ich mir nicht so sicher, was für eine Person ich in der Vergangenheit wirklich
war.“
Narcissistic Personality Inventory (NPI)
Der Narzissmusfragebogen von Raskin und Terry enthält in seiner ursprünglichen Form 40
Items. In einer faktoranalytischen Hauptkomponentenanalyse wurden die Faktoren
Einzigartigkeit, Exhibitionismus, Ausbeutung, Anspruchsdenken, Autorität, Überheblichkeit
und Eitelkeit festgestellt, welche die Items repräsentieren. Beispielsweise „Es fällt mir leicht
andere zu manipulieren“ wird dem Faktor Ausbeutung zugeordnet.
Aufgrund eines einheitlichen Ratingmaßes mit den anderen Fragebögen wurde das
ursprüngliche vierstufige Rating auf ein fünfstufiges erweitert. Da das Konstrukt Narzissmus
hier nicht im Mittelpunkt steht, sollte eine Auswahl von zehn der insgesamt 40 Items genügen
um einen eventuellen Zusammenhang mit Aggression festzustellen.
BIS BAS
Carver und White entwickelten 1994 einen 20 Items umfassenden Fragebogen zur Erfassung
des BIS/BAS-Konstruktes im englischen Sprachraum. Dieser Fragebogen unterscheidet vier
Skalen: BIS sowie BAS in den drei Subskalen BAS Fun Seeking, BAS Drive und BAS
Reward Responsiveness. Die Erfassung erfolgt dabei über Aussagen zu Verhaltenshemmung,
Vergnügungssuche, Antrieb und Belohnungssensitivität.
Strobel, Beauducel, Drebener und Brocke entwickelten 2001 eine deutsche Adaption dieses
Fragebogens. Ihre Analysen zeigten akzeptable psychometrische Eigenschaften der Skalen,
doch konnte in ihrer Untersuchung die vierfaktorielle Struktur, wie sie von Carver und White
vorgesehen war, nicht bestätigt werden – weder durch konfirmatorische Analysen noch auf
Grundlage der Extraktionskriterien, die eher für eine zweifaktorielle Lösung mit den Faktoren
BIS und BAS sprachen.
Ein Itembeispiel für die BIS-Skala ist: "Ich habe Angst, Fehler zu machen.", und ein
Itembeispiel für die BAS-Skala: "Ich bin immer bereit, etwas Neues zu versuchen, wenn ich
denke, dass es Spaß machen wird."
Methode
15
Soziale- Erwünschtheits-Skala
Die soziale Erwünschtheit wurde mittels der Soziale- Erwünschtheits- Skala- 17 (SES-17;
Stöber, J.) getestet. Sie enthält 8 Items mit Verhaltensweisen, die im Sinne der Sozialen
Erwünschtheit dazu tendieren „zensiert” zu werden; Itembeispiel: „Ich habe schon einmal
jemanden ausgenutzt oder übers Ohr gehauen”). Die Items sind 4 positiv und 4 negativ
gepolt.
Das Antwortverhalten war für alle Fragebögen gleich gestaltet. Die Probanden mussten auf
einer 5stufigen Antwortskala von 1 = trifft gar nicht zu bis 5 = trifft vollständig/vollkommen
zu, sich selber einschätzen bezüglich der erhobenen Konstrukte.
3.2. Methoden der Datenaufbereitung und Datenauswertung
Zunächst wurden die aus den Fragebögen erhobenen Daten einem Datenscreening unterzogen,
um mögliche Fehlerquellen ausschließen, wie etwa die Eingabe von mehreren Ziffern pro
Kästchen oder die Eingabe nicht kodierter Zahlen. Mithilfe eines Syntaxprogramms wurden
schließlich den einzelnen Items die entsprechende Konstruktskala zugeordnet, was die
statistische Auswertung wesentlich erleichterte. Einige Items mussten umkodiert werden, weil
sie gegen die Richtung der Aussage des Konstruktes sprachen. Anschließend wurde die
Zusammensetzung der untersuchten Stichprobe geprüft. So wurde die Gesamtzahl der
Probanden sowie die Anzahl gültiger Versuchspersonen, die also alle Items fehlerfrei
ausgefüllt
haben,
erhoben.
Des
weiteren
wurde
die
Geschlechterverteilung,
die
Altersverteilung sowie die Verteilung der Bildungsabschlüsse statistisch ermittelt. Zur
besseren Veranschaulichung wurden diesbezüglich Grafiken erstellt. Mittels Faktoranalyse
wurden alle fünf Skalen geprüft. Dabei wurde die Methode der Hauptachsenanalyse
verwendet, um die jeweilige Dimensionalität zu ermitteln. Darüber hinaus wurde der Anteil
der aufgeklärten Varianz durch die Faktoren und die Ladungen sowie die Kommunalitäten
extrahiert. Im übrigen wurden Skalen, die mehr als eine Dimension aufwiesen, oblimin –
rotiert. Aufgrund der ermittelten Ergebnisse konnte festgestellt werden, ob gegebenenfalls
Items eliminiert werden müssen. Mit Hilfe des Eigenwertverlaufsdiagramm konnte
zusätzliche Evidenz für die Anzahl varianzaufklärender Faktoren erzielt werden. Des weiteren
wurden die Trennschärfe sowie die interne Konsistenz, Beta – Gewichte und die
Multikollinearität ermittelt. Die Trennschärfe gibt an, wie gut ein einzelnes Item das
Gesamtergebnis eines Tests repräsentiert. Sie wurde für jedes Item berechnet. Ein Maß für die
Methode
16
interne Konsistenz stellt Cronbach`s Alpha dar. Anhand der Ergebnisse musste wiederum
entschieden werden, ob gegebenenfalls Items zu eliminieren sind. In einem weiteren Schritt
wurden die Summenscores für alle Skalen sowie für mögliche Subskalen ermittelt, die für die
folgenden Korrelationen verwendet wurden. Korrelationen wurden durchgeführt, um
eventuelle Zusammenhänge zwischen den Konstrukten, sowie zwischen den Konstrukten und
Alter, Geschlecht, Bildung aufzufinden.
3.3. Stichprobe
Insgesamt nahmen an der Untersuchung 159 Versuchspersonen teil, davon waren 83
weibliche Versuchsteilnehmerinnen und 76 männliche Versuchsteilnehmer. Das Alter der
Probanden variierte zwischen 15 und 63 Jahren ( M= 33,09, SD= 11,949 ). Es ergab sich ein
zweigipflige Altersverteilung, wobei der erste Gipfel bei etwa 24 Jahren und der zweite
Gipfel bei 45 Jahren lag ( siehe Anhang H: Altersverteilungsdiagramm). Hinsichtlich des
Bildungsgrades trat jeder zur Auswahl stehende Bildungsabschluss auf, wobei sich allerdings
die Häufigkeit unterschied. So wurde Realschulabschluss ( 29,6% ), Abitur ( 30,2% ) und
Hochschulabschluss ( 28,9% ) am häufigsten genannt, wohingegen kein Abschluss ( 1,9% ),
Haupschulabschluss ( 5,5% ) sowie sonstiger Abschluss ( 4,4% ) am seltesten auftrat.
Bezüglich der Berufgruppenzugehörigkeit stellten sich folgende Berufskategorien als
vorherrschend heraus: Angestellte mit 58,5%, Studenten mit 11,3%, Arbeitslose mit 8,2%,
Auszubildende mit 7,5% und Schüler mit 5,7% (sonstige 8,8%, z.B. Soldaten, Beamte,
Zivildiestleistende).
Als
Versuchspersonen
wurden
vornehmlich
Familienmitglieder,
Bekannte, Freunde sowie deren Bekanntenkreis ausgewählt und untersucht.
3.4. Instruktion und Durchführung
Die Teilnahme an der Untersuchung erfolgte auf freiwilliger Basis der Versuchspersonen und
unter Garantie der Anonymität. Lediglich ein Code zur Erkennung des eigenen Fragebogens
wurde von den Versuchspersonen angegeben, der sich zusammensetzte aus dem Geburtsjahr
des Probanden, den ersten Buchstaben des Vornamens der Mutter sowie den Geburtsmonats
des Vaters. Für den Zweck der statistischen Erhebungen wurden die Probanden des weiteren
gebeten, ihr Alter, ihren höchsten Bildungsabschluss sowie die derzeitig ausgeübte Tätigkeit
anzugeben. Jede Versuchsperson sollte nach persönlichem Ermessen die 90 Items bearbeiten
Methode
17
und das jeweilige zutreffende Kästchen auf einer fünfstufigen Rating-Skala ankreuzen. Dabei
bedeutete eine 1 „trifft gar nicht zu“ und eine 5 „trifft vollständig zu“. Die Fragen waren
nacheinander in der vorgegebenen Reihenfolge zu beantworten, wobei die Probanden
möglichst schnell ohne längere Überlegungen die jeweils zutreffende Antwort geben sollten.
Pausen oder Unterbrechungen des Ablaufs sollten vermieden werden. Im übrigen wurde ein
Hinweis erteilt, keine Fragen auszulassen, nur ein Kreuz pro Frage zu setzen und im
Anschluss des Ausfüllens den Fragebogen auf seine vollständig ausgefüllten Items zu
überprüfen. Der
Fragebogen wurde teilweise in Anwesenheit des Versuchsleiters und
teilweise in Abwesenheit von den Versuchspersonen ausgefüllt. Im Durchschnitt wurde für
das Ausfüllen des 90 Items beinhaltenden Fragebogens eine Zeit von 20 Minuten
veranschlagt.
Ergebnisse
18
4. Ergebnisse
4.1. Aggression
Für die Überprüfung der Dimensionalität aggressiven Verhaltens wurde eine Faktoranalyse
durchgeführt. Dabei verwendeten wir als Methode die Hauptachsenanalyse und rotierten mit
Oblimin, da sich bei diesem Rotationsverfahren die Zuordnung der Items zu den extrahierten
Faktoren als wesentlich eindeutiger herausstellte als bei einer Varimax-Rotation.
Anders als bei Buss und Perry (1992) wurden in unserer Untersuchung lediglich drei Faktoren
identifiziert, was aus dem Screeplot ersichtlich wird. Dennoch haben wir uns für eine VierFaktor-Lösung entschieden. Ärger, körperliche und verbale Aggression und Missgunst. Nur
die Zuordnung der Items zu den jeweiligen Faktoren konnte nicht repliziert werden. Auf
dem Faktor Ärger laden nun statt 7 Items 9, wobei Item 12 (ursprünglich zu Missgunst ) und
Item 49 ( ursprünglich zu verbale Aggression) dazu gekommen sind. Der zweite Faktor
entspricht der körperlichen Aggression. Alle 9 von uns übersetzten Items bezüglich
körperlicher Aggression laden hoch auf Faktor 2.
Auch für die Faktoren Missgunst (Faktor 3) und verbale Aggression (Faktor 4) verändert sich
die Anzahl der auf ihnen hoch ladenden Items: von ursprünglich 8 Items konnten nur noch 7
dem Faktor 3 zugeordnet werden und statt der 5 Items laden nur 4 auf dem Faktor verbale
Aggression.
Des weiteren wurden Trennschärfen und interne Konsistenzen für die AQ-Skala insgesamt
und für die 4 Subskalen berechnet. Die internen Konsistenzen und Trennschärfen erweisen
sich sowohl für die Gesamtskala (Cronbach Alpha = .88, r = .09 bis .61) als auch für die
jeweiligen Subskalen (Ärger: Cronbach Alpha = Alpha = .82, r = .39 bis .68; körperliche
Aggression: Cronbach`Alpha= .76, r = .16 bis .47; Missgunst: Cronbach`Alpha=.70, r = .31
bis .46; verbale Aggression: Cronbach`Alpha= .55, r = .26 bis .44) als sehr zufriedenstellend.
In einem weiteren Schritt wurden Interkorrelationen mit den Subskalen durchgeführt, um die
Beziehungen der Subskalen untereinander näher zu betrachten. In Tabelle 1 sind die
Korrelationen dargestellt.
Ergebnisse
19
Tabelle 1 Korrelationen der Subskalen untereinander
Skala
Körperliche Aggression
Verbale Aggression
Ärger
Missgunst/ Neid
,612
,457
,335
,525
,295
Verbale Aggression
,491
Ärger
Aus der Tabelle 1 geht hervor, dass alle Subskalen hoch miteinander korrelieren. Verbale und
körperliche Aggression stehen in einem relativ starken Zusammenhang (r= .612). Schwächere
Zusammenhänge dagegen zwischen körperlicher Aggression und Missgunst (r= .335) sowie
zwischen verbaler Aggression und Missgunst (r= .295). Auffallend ist, dass Korrelationen
zwischen Ärger und den anderen 3 Subskalen hoch sind.
Tabelle 2 zeigt die Mittelwerte der einzelnen Skalen und den Mittelwert der AQ-Skala
insgesamt sowie die Standardabweichungen und jeweils die minimalen und maximalen
Punktwerte zwischen denen sich die Probanden bewegten, wobei an dieser Stelle nicht
zwischen den Geschlechtern getrennt betrachtet wurde, da das in einem weiteren Schritt
geschehen soll.
Tabelle 2
Statistiken
N
Gü ltig
AQ _SCO RE
15 7
Fe hlend
ÄRGER_
15 9
KÖ RPE R_
15 9
NE ID_
15 7
VE RB_
15 9
2
0
0
2
0
Mi ttelwe rt
70 ,0382
22 ,1824
16 ,2956
17 ,8217
12 ,0692
Sta ndardabweichu ng
14 ,6366
6,9 345
5,6 216
4,8 892
2,9 663
Mi nimu m
40 ,00
9,0 0
9,0 0
7,0 0
5,0 0
Ma ximu m
10 6,00
45 ,00
34 ,00
31 ,00
19 ,00
Mit einem t-Test für unabhängige Stichproben wurde geprüft, ob sich signifikante
Unterschiede zwischen den Geschlechtern im aggressiven Verhalten allgemein und in den
jeweiligen Subskalen identifizieren lassen. Mittelwertsvergleiche brachten nur bezüglich
Aggression insgesamt (p= .032) und körperliche Aggression (p= .000) bedeutsame
Unterschiede auf einem Signifikanzniveau von 5 %.
Varianzanalysen zur Prüfung, ob das Bildungsniveau Einfluss auf die Aggressionsneigung
hat, brachten keine signifikanten Ergebnisse. Als wir aber den Gesamt-Score Aggression mit
Alter korrelierten, zeigte sich ein signifikanterF negativer Zusammenhang von r = -.173 auf
einem zweiseitigen Signifikanzniveau.
Ergebnisse
20
Bevor weitere Analyseverfahren durchgeführt werden können, muß geprüft werden, ob die
Ergebnisse normalverteilt sind. So wurde ein Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest für die
Variablen AQ-Score, Narzissmus, Bis/Bas, Selbstwertgefühl, soziale Erwünschtheit ,
Selbstkonzeptklarheit und Alter hinzugezogen.
Der K-S-Test ergab folgende Signifikanzen:
Asymptotische
Signifikanz
AQScore
Narzissmus
Bis/Bas
Selbstwertgefühl
Soziale
Erwünschtheit
Selbstkonzeptklarheit
,402
,520
,391
,274
,064
,200
Somit sind die Daten für die weitere Analyse geeignet.
Auf die Frage, ob die sich Komponenten des Selbst und die motivationale Aktivierung
wirklich als geeignete Prädiktoren für die Vorhersage aggressiven Verhaltens herausstellen,
wurde eine Regressionsanalyse eingesetzt. Diese ergab ein R-Quadrat von .403 bei einem
Signifikanzniveau von 5 %, was bedeutet, dass alle 5 Konstrukte rund 40% der Varianz des
Merkmals Aggression vorhersagen. Eine entsprechende Prüfung auf lineare Prädiktion ergab
eine Signifikanz von .00. Eine Kollinearitätsdiagnose wurde zur Überprüfung wechselseitiger
linearer Abhängigkeit der Konstrukte genutzt. Die Toleranzwerte liegen im Bereich zwischen
.722 und .890, so dass Multikollinearität nicht vorliegt.
Des weiteren erfolgte eine Signifikanzprüfung der Beta-Gewichte, d.h. eine Überprüfung,
welches Konstrukt im Kontext der anderen einen bedeutsamen Beitrag zur Vorhersage
aggressiven Verhaltens leistet.
Tabelle 3 Regressionsanalyse: Darstellung der Beta-Gewichte
Koeffi zientena
Modell
1
(Konst ante)
SCC_SCOR
SW G_
NARZ_
SE_GES
BIS
BAS
Nicht s tandardisierte
Koeffiz ient en
St andardf
B
ehler
76,754
15,873
,504
,131
-,485
,292
,459
,183
-1, 033
,254
,182
,200
,185
,164
a. Abhängige Variable: AQ_SCORE
St andardis ie
rte
Koeffiz ient en
Beta
,298
-,124
,188
-,302
,065
,078
Korrelationen
T
4,836
3,859
-1, 662
2,505
-4, 070
,910
1,124
Signifik anz
,000
,000
,099
,013
,000
,365
,263
Nullter
Ordnung
,498
-,239
,235
-,505
,201
,199
Partiell
,311
-,140
,208
-,326
,077
,095
Kollinearitätsst atist ik
Teil
,253
-,109
,164
-,267
,060
,074
Toleranz
,722
,767
,760
,780
,840
,890
VIF
1,385
1,304
1,316
1,282
1,190
1,123
Ergebnisse
21
Ein Vergleich der standardisierten Beta-Gewichte zeigte folgende Einflussnahme der
Konstrukte auf aggressives Verhalten. Soziale Erwünschtheit (Beta-Gewicht= -.302, p= .00)
und Selbstkonzeptklarheit (Beta-Gewicht= .298, p=.00) gehen als stärkste Prädiktoren hervor.
Selbstwertgefühl (Beta-Gewicht= .-124, p= .099) und Narzissmus (Beta-Gewicht= .188, p=
.013) nehmen eine mittlere Position bei der Vorhersage von Aggression.
BIS (Beta-Gewicht= .065 , p= .365) und BAS (Beta-Gewicht= .078 , p= .263) weisen einen
geringen Einfluss im Kontext der anderen Konstrukte für die Prognose auf.
Im einzelnen sollen nun die Konstrukte selbst näher betrachtet werden sowie deren Beziehung
zu Aggression.
4.2. Selbstwertgefühl
Nach den allgemeinen Vorbereitungen, wurde auch hier als erster Schritt der genaueren
Auswertung eine Faktoranalyse durchgeführt, um die Dimensionalität und die Itemladungen
prüfen zu können. Mittels der Hauptachsenanalyse wurde ein Eigenwertverlaufsdiagramm
erstellt, dass vermuten ließ, dass neben der einfaktoriellen, die aufgrund des Konstruktes zu
erwarten ist, auch eine zweifaktorielle Lösung denkbar wäre. Da bei der Einfaktorlösung aber
nur Item vier schwach lud (=.14), wurde diese Lösung präferiert, so mal die zusätzliche
Varianzaufklärung bei einem zweiten Faktor nicht überzeugend war.
Auch bei der Reliabilitätsanalyse zur Überprüfung der internen Konsistenz fiel nur das vierte
Item durch geringe Trennschärfe (r = .16) auf, alle anderen Items bewegten sich in einem
Bereich von .32 bis .64. Cronbach´s Alpha betrug .82.
Die Versuchspersonen bewegten sich bei den Summenscores von 25 bis 45 Punkten, wobei
der Mittelwert 36.41 betrug und die Streuung 3.77.
Zur Überprüfung der korrelativen Zusammenhänge zwischen Selbstwertgefühl, Aggression
und den vier Subskalen der Aggression wurde die zweiseitige Korrelation nach Pearson
genutzt. Für Selbstwertgefühl und Aggression ergab sich ein Zusammenhang von -.22
(p<.01). Selbstwertgefühl und Ärger korrelierten mit -.34 (p<.01) hoch signifikant,
Selbstwertgefühl und Missgunst korrelierten mit -.25 (p<.01) ebenfalls hoch signifikant. Für
Selbstwertgefühl und körperliche bzw. verbale Aggression konnte kein signifikanter
Zusammenhang festgestellt werden.
Ergebnisse
22
4.3. Selbstkonzeptklarheit
Die Faktoranalyse, als Methode wurde wieder die Hauptachsenanalyse gewählt, ergab wie
erwartet eine eindimensionale Struktur. Als Kriterium dafür diente uns der Scree-plot-Test,
also das Eigenwertverlaufsdiagramm. Außerdem luden alle 12 Items recht hoch auf den ersten
Faktor, dass ein zweiter ungerechtfertigt erschienen wäre.
Die interne Konsistenz beträgt Alpha= .85 und die Trennschärfen bewegten sich zwischen
Werten von r = .22 bis .72.
Durchschnittlich erreichten die Versuchspersonen einen Summenscore von 27.1 bei einer
Standardabweichung von 8.7, wobei die Werte zwischen 12.0 und 54.0 schwankten.
Im folgenden soll nun auf die Beziehungen zwischen Selbstwertgefühl und Narzissmus zum
einen und zwischen Aggression allgemein und den Subskalen zum anderen eingegangen
werden.
Korrelationen zwischen Narzissmus und Selbstkonzeptklarheit ergaben keinen signifikanten
Zusammenhang. Jedoch zu Selbstwertgefühl besteht ein signifikant negativer Zusammenhang
(r= -.342), was daran liegen mag, dass die Items der Selbstkonzeptklarheits-Skala entgegen
der Skalenrichtung formuliert worden sind. Korrelationen zwischen Aggression allgemein
ergaben einen starken Zusammenhang (r= .511, p<.01). Deutlich starke Beziehungen zeigen
sich auch zwischen Selbstkonzeptklarheit und Ärger (r= .511, p<.01 ) sowie Missgunst (r=
.541, p<.01). Geringere Zusammenhänge, aber immerhin signifikante, verdeutlichen
Korrelationen zwischen verbaler (r= .251, p<.01 ) und körperlicher Aggression (r= .275,
p<.01 ).
4.4. Narzissmus
Zunächst wurde mittels Faktoranalyse die Dimensionalität und Itemladungen geprüft. Als
Methode wurde die Hauptachsenanalyse verwendet. Das Eigenwertverlaufsdiagramm deutete
sowohl
auf eine Einfaktorlösung als auch auf eine Zweifaktorenlösung hin. Daraufhin
untersuchten wir die Faktorladungen für beide Varianten und kamen zum Ergebnis, dass sich
eine Einfaktorlösung für unsere Untersuchung als nachvollziehbarer erwies, denn neun von
zehn Items luden ausreichend hoch auf einen Faktor. Die zusätzliche Varianzaufklärung eines
zweiten Faktors wäre gering.
Weiterhin wies das zehnte Item eine ungenügende Trennschärfe auf und verringerte die
interne Konsistenz, daher wurde jenes Item eliminiert.
Ergebnisse
23
Die verbleibenden Items wiesen ein Cronbach` Alpha von .7654 auf. Die Trennschärfe
bewegte sich in einem Bereich von .2441 bis .5564.
Im Mittel erreichten die Versuchspersonen einen Summenscore von 22.9742 bei einer
Standardabweichung von 6.042. Dabei bewegten sich die einzelnen Teilnehmer in einem
Bereich zwischen 9 und 40 Punkten.
Die Überprüfung von korrelativen Zusammenhänge mit anderen Skalen ergaben folgende
Ergebnisse.
Zunächst zeigte sich eine signifikante Korrelation von .266 ( p < .01) zwischen Narzissmus
und Aggression. In einer Analyse der Subskalen von Aggression mit dem Konstrukt
Narzissmus zeichneten sich für Ärger eine Korrelation von .163 (p < .01), für körperliche
Aggression von 0.258 und für verbale Aggression von .254 (p < .01) ab, die alle drei
signifikant waren. Hinsichtlich Neid fand sich kein signifikanter Zusammenhang ( r = .070, p
> .01).
Darüber hinaus zeigte sich eine Signifikanz im Hinblick auf die Beziehung von
Selbstwertgefühl und Narzissmus ( r = .313, p < .01 ).
Des weiteren überprüften wir mittels einer einfaktoriellen Varianzanalyse die Unterschiede
zwischen den Geschlechtern. Es ergab sich ein F – Wert von 17.922
und damit eine
Signifikanz von .00. Das Mittel der Quadrate zwischen den Gruppen betrug 589.496, während
das Mittel der Quadrate innerhalb der Gruppen einen Wert von 32.892 aufwies.
4.5. BIS/BAS-Konstrukt
Die relevanten Dimensionen des Konstruktes BIS / BAS wurden anhand der HauptachsenFaktorenanalyse und der Direkten Oblimin-Rotationsmethode ermittelt. Dieses Verfahren
ergab eine eindeutige Lösung zugunsten zweier Faktoren (BIS und BAS), deren Eigenwerte
bei 3,6 bzw. 2,8 liegen und damit gemeinsam 31,9 Prozent der Varianz der Gesamtstreuung
der Variablen erklären. Die Items laden auf der BIS-Dimension mit Werten von .25 bis .64
und auf der BAS-Dimension von .16 bis .67.
Die Reliabilitätskoeffizienten der BIS- bzw. BAS-Skala werden mit Cronbach`s Alpha .75
und .71 angegeben, die Itemtrennschärfen liegen zwischen .28 bis .54. und .13 bis .56.
Ergebnisse
24
Die Tabelle 4 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Skalen des BIS/BASKonstruktes sowie das jeweilige Minimum und Maximum der erreichten Punktwerte der
Versuchspersonen.
Tabelle 4 Deskriptive Statistik
N
gültig
Mittelwert
Standardabweichung
Minimum
Maximum
BIS/BAS
156
70,99
8,65
41,00
89.00
BIS
157
24,25
5,16
11,00
35,00
BAS
158
46,67
6,28
29,00
61,00
Zur Prüfung der erwarteten Zusammenhänge des BIS/BAS-Konstruktes mit dem der
Aggression wurden die beiden Subskalen BIS und BAS sowie die z-transformierten Werte der
BIS/BAS-Gesamtskala (zBIS/BAS) mit der Gesamtskala der Aggression und deren Subskalen
jeweils bivariat korreliert.
Tabelle 5 Korrelationen der Skalen des Konstruktes BIS/BAS mit denen des Konstruktes
Aggression
Skala
zBIS/BAS
BIS
BAS
Ges. Aggression
.090
.213**
.227**
Ärger
-.290
.320**
.284**
Missgunst/Neid
-.245**
.400**
.073
Körp. Aggression
.151
-.071
.131
Verbale Aggression
.181**
-.017
.218**
Signifikante Korrelationen nach Pearson konnten demnach zwischen den z-transformierten
Werten der BIS/BAS-Gesamtskala und den Subskalen der Aggression - Missgunst/Neid und
verbale Aggression festgestellt werden. Die Subskalen BIS und BAS korrelieren jeweils
signifikant mit der Gesamtskala der Aggression und deren Subskala Ärger. Die BIS-Skala
Ergebnisse
25
korreliert darüber hinaus signifikant mit der Skala Missgunst/Neid sowie die BAS-Skala mit
der Skala Verbale Aggression.
4.6. Soziale Erwünschtheit
Die Hauptachsenanalyse ließ eine eindimensionale Struktur erkennen. Die Items konnten alle
übernommen werden, da eine Reliabilitätsanalyse zufriedenstellende Trennschärfen, von .
2175 bis .4676, ergabbei einem Cronbach- Alpha von .6395.
Soziale Erwünschtheit und Aggression stehen in einem negativen Zusammenhang. So
korreliert die SES 17 mit der AQ-Score mit -.513**.
Weiterhin korreliert soziale Erwünschtheit negativ mit den Subskalen der AQ- Skala:
Tabelle 6
Korrelation von soziale Erwünschtheit mit den 4 Subskalen
Skala
Soziale Erwünschtheit
Ärger
-.466**
Körperliche Aggression
-.407**
Verbale Aggression
-.322**
Neid
-.321**
Die berechneten Korrelationen sind auf einem Niveau von 0.01 (2-seitig) signifikant.
Die Versuchspersonen erreichten im Mittel einen Summenscore von 25.6 bei einer
Standardabweichung von 4.2824. Der Punktebereich erstreckt sich von 17.0 bis 45.0 Punkten
bei den einzelnen Versuchspersonen.
Diskussion
26
5. Diskussion
Die Psychologie bemüht sich um das Beschreiben, Erklären sowie um die Vorhersage
menschlichen Erlebens und Verhaltens in entsprechenden Umwelten und sozialen Kontexten
aus allgemeiner wie auch differentieller Sicht.
Buss und Perry (1992) entwickelten einen Fragebogen zu Aggression, wobei sie diese
Persönlichkeitseigenschaft in vier Faktoren unterteilen: verbale und körperliche Aggression,
Ärger und Missgunst. Diese wiederum stellen Komponenten dar aus denen sich aggressives
Verhalten zusammensetzt. Verbale und körperliche Aggression bilden die instrumentelle
Komponente, Ärger die affektive Komponente und Missgunst stellt die kognitive
Komponente menschlichen Verhaltens dar.
Das Anliegen unserer Arbeit war es, die Eignung der AQ-Skala (Aggression Questionaire
Scale) von Buss & Perry (1992) für den deutschen Sprachraum zu überprüfen und auf die
Beziehung zwischen den Komponenten des Selbst sowie den motivationalen
Aktivierungssystemen, BIS und BAS, und aggressiven Verhaltens näher einzugehen.
Aus dem Screeplot ergab sich eine Drei-Faktoren-Lösung im Gegensatz zum USamerikanischen Original, das vier Faktoren beinhaltet. Aber auch wir entschieden uns in der
Faktorenanalyse für eine Faktorenanzahl vier, da wir den vom ursprünglichen Ergebnis
abweichenden Screeplot auf die in unserer Untersuchung geringere Versuchspersonenanzahl
zurückführten. Desweiteren luden auf dem vierten Faktor (verbale Aggression) nur vier Items
hoch. Allerdings betrug die Gesamt-Itemanzahl zu diesem Faktor im Fragebogen nur fünf,
weshalb wir uns entschlossen, diesen Faktor dennoch zuzulassen.
So kann man davon ausgehen, dass eine deutsche Übersetzung der Items Aggression in dem
Sinne angemessen erfäßt, wie es von Buss und Perry vorgeschlagen wurde. Die vier
Subskalen bieten zudem die Möglichkeit zu prüfen, auf welchen Ebenen die anderen
Persönlichkeitseigenschaften mit aggressiven Verhalten zusammenhängen bzw. nicht
zusammenhängen und daher differenziert werden kann und muss, mit welcher Dimension der
Aggression die verschiedenen Merkmale konkret in Verbindung stehen.
Auch die interne Konsistenz und die Trennschärfen stützen diesen Befund. Sowohl die AQSkala insgesamt als auch für die einzelnen Subskalen wurden sehr befriedigende Alpha-Werte
ermittelt.
Korrelationen der Subskalen untereinander brachten relativ starke Zusammenhänge, wobei
verbale und körperliche Aggression sehr hoch miteinander korrelierten. Dies war auch zu
erwarten, da körperliche und verbale Aggression die instrumentelle Komponente aggressiven
Diskussion
27
Verhaltens darstellen. Korrelationen zwischen Ärger und den anderen 3 Skalen ergaben, dass
Ärger ähnlich wie bei Buss und Perry als eine Verbindung zwischen den instrumentellen und
kognitiven Komponenten fungiert. Damit bestätigt es sich auch in unserer Untersuchung, dass
Ärger, also ein hoch erregter Zustand, als Vorstufe von verbaler als auch körperlicher
Aggression zu betrachten ist, genauso wie sich nach abgeflauten Ärgernis durchaus
Missgunst, Groll und ähnliches einstellen kann.
Untersuchungen auf geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich Aggression haben
ergeben, dass Männer im Allgemeinen höhere Punktwerte aufweisen als Frauen und demnach
tendenziell eher zu aggressiven Verhalten neigen, was im Grunde evolutionär und teilweise
auch genetisch bedingt ist. Die einzelnen Skalen bieten nun eine hervorragende Möglichkeit
spezifischere Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu ermitteln. Signifikante
Unterschiede bestanden demzufolge nämlich nur in der körperlichen Aggression. So gab es
keine bedeutsamen Unterschiede in verbaler Aggression, Ärger und Missgunst. Diese
Befunde sprechen dafür, dass bei Frauen Tendenzen zu aggressiven Handlungen ähnlich wie
bei Männern ausgeprägt ist, sie diese jedoch vielmehr auf affektiver und verbaler Ebene
austragen als auf körperlicher.
In unserer Untersuchung ließ sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Aggression
und Bildung erkennen. Jedoch korrelierten Aggression und Alter signifikant negativ
miteinander. Das heißt also, dass mit zunehmenden Alter die Aggression abnehmen müsste.
Dies spricht dafür, dass Aggression niemals einzeln betrachtet werden kann, sondern nur im
Zusammenhang mit verschiedenen Persönlichkeitseigenschaften, die das Selbst betreffen, und
solche Eigenschaften, die den Erregungszustand einer Person erfassen.
Es hat sich gezeigt, dass soziale Erwünschtheit und Selbstkonzeptklarheit den wesentlichsten
Beitrag zur Vorhersage aggressiven Verhaltens leisten.
Menschen, die ein hohes Bedürfnis nach sozialer Erwünschtheit haben, besitzen den Willen,
sich in einer Befragung möglichst konform zu den gesellschaftlichen Normen, die
Aggressionen jeglicher Form ausschließen, zu äußern.
Selbstkonzeptklarheit, die sich auch in anderen Studien (Stucke, 2002) als guter Prädiktor für
Aggression erwiesen hat, scheint sich besser noch als Selbstwertgefühl für die Vorhersage zu
eignen, da diesem eine geringere zeitliche Stabilität anhaftet. Narzissmus, welcher eine
extreme Form des Selbstwertgefühls darstellt, erwies sich in dieser Untersuchung als ein noch
besserer Indikator zur Prognose aggressiven Verhaltens als ein nicht so ausgeprägtes Selbst.
Betrachtet man die Vorhersagegüte des Konstruktes BIS/BAS im Zusammenwirken mit den
Diskussion
28
anderen Konstrukten, ergeben sich keine signifikanten Beta-Gewichte. Dies scheint durch die
Interaktion mit den anderen Konstrukten verursacht zu werden.
Im Folgenden sollen nun die Beziehungen zwischen den einzelnen Konstrukten und
Aggression diskutiert werden.
Selbstwertgefühl
Die Untersuchung konnte bestätigen, dass Selbstwertgefühl und Aggression in einem
negativen Zusammenhang miteinander stehen. Je geringer das Selbstwertgefühl ausgebildet
ist, desto höher sind die Aggressionswerte. Dieser negative Zusammenhang konnte jedoch
nicht auf alle vier Subskalen der Aggression zurückgeführt werden. So konnte eine ebenfalls
negative Korrelation mit Ärger und Missgunst festgestellt werden, mit körperlicher und
verbaler Aggression scheint es hingegen keinen Zusammenhang zu geben. Das
Selbstwertgefühl scheint also nur mit verdeckten Formen der Aggression, nicht jedoch mit
offenen Formen in Verbindung zu stehen. Über die genaue Ursache dieses Sachverhaltes kann
aufgrund der verwendeten Skala nur spekuliert werden. Es ist daher anzuraten in weiteren
Untersuchungen bereichsspezifische Skalen zum Selbstwertgefühl einzusetzen, um zu
erkennen welche Teilbereiche des Selbstwertgefühls mit Aggression im Zusammenhang
stehen.
Weiterhin auffallend bei dieser Untersuchung waren die unzulänglichen psychometrischen
Kennwerte des Items vier: „Ich kann vieles genau so gut wie die meisten anderen Menschen
auch.”, das nicht aus der Originalskala von Ferring und Filipp (1996) stammt, sondern aus der
revidierten Fassung von Collani und Herzberg (2003), da schon das ursprüngliche Item keine
überzeugenden Kennwerte besaß. Welche Ursache das Problem genau hat, ist leider nicht
nachvollziehbar, da das veränderte Item in zahlreichen Untersuchungen überzeugen konnte
und ähnlich gute Werte wie der Rest der Items lieferte.
Selbstkonzeptklarheit
Die Stabilität und Sicherheit des Selbst, welche von Campbell (1996) unter dem Begriff der
Selbstkonzeptklarheit zusammengefasst worden sind, stehen wie vermutet in einem sehr
starken positiven Zusammenhang mit Aggression. Je geringer die Klarheit im Selbstkonzept
Diskussion
29
ausgeprägt ist, desto höher sind die Aggressionswerte. Insbesondere zeigen sich zwischen
Ärger und Selbstkonzeptklarheit sowie zwischen Missgunst und Selbstkonzeptklarheit sehr
starke Zusammenhänge. Dagegen sind die Korrelationen mit den instrumentellen
Komponenten aggressiven Verhaltens weniger stark. Demzufolge reagieren Personen mit
einer unsicheren, zeitlich instabilen und wenig konsistenten Struktur ihres Selbstbildes bei
einer Bedrohung ihres Selbstwertes eher mit negativen Emotionen und negativen Gedanken
als mit konkreten aggressiven Handlungen.
Korrelationen zwischen Selbstkonzeptklarheit und Selbstwertgefühl weisen einen
bedeutsamen, negativen Zusammenhang auf. Das bedeutet ähnlich wie es von Stucke (2000)
bereits postuliert worden ist, dass Personen mit einem hohen Selbstwertgefühl eine viel
sichere, klarere und zeitliche stabile Struktur aufweisen als Personen mit einem weniger stark
ausgeprägten Selbstwertgefühl.
Korrelationen zwischen Selbstkonzeptklarheit und Narzissmus ergaben keine signifikanten
Unterschiede.
Narzissmus
Die Erwartung eines Zusammenhangs von Narzissmus und dem Konstrukt Aggression wurde
bestätigt. Personen, die einen hohen Narzissmuswert aufweisen, neigen vermehrt zu
aggressiven Reaktionen. Dies gilt besonders für die Dimensionen Ärger, verbale und
körperliche Aggression. Das bedeutet, dass zu Narzissmus tendierende Probanden nicht nur
schneller ärgerlich reagieren, sondern auch eher mit physischer und verbaler Gewalt reagieren
als Personen, die einen niedrigeren Wert auf der Narzissmusskala erreichten.
Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Korrelationskoeffizienten einen
relativ geringen Wert aufwiesen. Möglicherweise wäre der Zusammenhang höher in einer
Stichprobe, in der mehr aggressive Teilnehmer zu erwarten gewesen wären.
Um der Behauptung entgegenzuwirken, dass die Konstrukte Narzissmus und Selbstwertgefühl
einander entsprächen, bezogen wir dies als Hypothese in unsere Untersuchung mit ein. Zwar
ergab sich ein signifikanter Zusammenhang, aber auch hier war die Korrelation eher gering.
Daraus lässt sich ableiten, dass die beiden Skalen nicht die gleiche Eigenschaft messen und
auch nicht gleichzusetzen sind.
Auch die Hypothese bezüglich der Geschlechtsunterschiede konnte bestätigt werden. Es
zeigte sich, dass Männer höhere Werte auf der Narzissmusskala erzielen als Frauen. Männer
tendieren also stärker zu Narzissmus.
Diskussion
30
BIS / BAS-Konstrukt
Entsprechend unseren Erwartungen konnte eine positive Korrelation der Subskala BAS mit
der Gesamtskala Aggression und deren Subskala Ärger nachgewiesen werden. Letzteren
Befund weist auch eine Studie von Harmon-Jones (2003) auf. Die positive Korrelation
zwischen BAS und
Ärger wird in der
Forschung verschieden diskutiert. Die
Verhaltensaktivierung führt z.B. nach Carver (2001) zwar in erster Linie zu einem
Annäherungsverhalten, dies kann aber bei Nichterreichung des beispielsweise gewünschten
Zieles zu einem negativen Affekt führen.
Unsere Untersuchungen weisen darüber hinaus eine positive Korrelation des BAS mit
verbaler Aggressivität auf. Die vermutete signifikante Korrelation mit physischer
Aggressivität konnte dagegen nicht bestätigt werden (r = .13). Harmon-Jones konnte in seiner
Studie eine eindeutige Korrelation zwischen BAS und körperlicher Aggression nachweisen,
er fand jedoch keine Korrelation mit verbaler Aggressivität.
Als mögliche Erklärung unserer Ergebnisse wäre denkbar, dass es kulturspezifisch wenig
üblich, bzw. sozial nicht erwünscht ist, mit körperlicher Aggression zu reagieren. Hier könnte
sich die erhöhte Aktivierung auf die verbale Aggressivität verschieben. Harmon-Jones
abweichende Ergebnisse könnten auf einen kulturspezifischen Unterschied hinweisen, der
jedoch anhand größerer und heterogenerer Stichproben überprüft werden müsste.
Die Hypothese einer negativen Korrelation des BIS mit Aggression, hierbei insbesondere der
körperlichen Aggression, konnte nicht bestätigt werden. Die Ergebnisse zeigen statt dessen
eine positive Korrelation mit der Gesamtskala Aggression sowie deren Subskalen Ärger und
Neid. Eine mögliche Erklärung für diese Richtung der Korrelationen wäre, das es trotz hoher
Werte in der Verhaltenshemmung zu einer "versteckten" Form der Aggressivität ("stiller"
Ärger und Neid) kommt, im Sinne eines allgemeinen negativen Affektes, der in der
Interaktion mit der Umwelt nicht direkt geäußert wird und deshalb mit dem Konstrukt der
Vermeidung von Bestrafung usw. konform gehen würde.
Harmon-Jones wies in seiner Studie nach, dass es sich bei der auch von ihm gefundenen
positiven Korrelation des BIS mit Ärger um eine mögliche Überlagerung von Ärger mit dem
allgemeinen negativen Affekt (PANAS-X; Watson & Clark, 1991) handelt, da sowohl Ärger
als auch BIS positiv mit dem allgemeinen negativen Affekt korrelieren. Durch eine
Diskussion
31
Regressionsanalyse bei statistischer Kontrolle des negativen Affektes wurde deutlich, dass
BIS nicht mit Ärger korreliert.
Da die Erhebung des allgemeinen negativen Affektes den Rahmen dieser Arbeit überstiegen
hätte, bleibt es offen, ob die durch uns vorgefundene Korrelation zwischen BIS und Ärger in
diesem Sinne überhaupt existiert. Anzunehmen ist jedoch, dass es sich bei dieser Korrelation
vielmehr um die von Harmon-Jones beschriebene Korrelation zwischen dem allgemeinen
negativen Affekt und Ärger handelt.
Soziale Erwünschtheit
Bis heute haben sich viele Untersuchungen mit dem Thema der sozialen Erwünschtheit
befasst.
In der vorliegenden Untersuchung zeigte sich wie erwartet, dass zwischen sozialer
Erwünschtheit und Aggression ein negativer Zusammenhang besteht.
Versuchspersonen schreiben sich Verhaltensweisen zu, die von der Gesellschaft geachtet
werden und lehnen Handlungsweisen ab, die von ihr abgelehnt werden. Aggression und
aggressive Handlungen entsprechen nicht dem Bild eines Menschen, der sich in die
gesellschaftlich gewünschte und anerkannte Rolle fügt.
Die negativen Korrelationen zwischen beiden Konstrukten, zeigen also, dass diese beiden
Verhaltensweisen nicht konform gehen.
Das Auftreten von sozialer Erwünschtheit trifft vor allem bei sensitiven Fragen zu. Hier tritt
ein Kosten-Nutzen-Kalkül hervor, welches zur Verzerrung führt (Hoepner 1994: 27).
Dieckmann führt sechs Möglichkeiten an, welche die Verzerrung von Anfang an (neutrale
Frageformulierung,
suggestive
fragen,
Anonymisierung)
oder
zum
Nachträglichen
Herausfinden der Verzerrungen (Itemkonsistenzanalyse, Faktorenanalyse, SD-Skalen..)
(Dieckmann 2000: 384-385)
Das naheliegendste Mittel zur Reduktion sozialer Erwünschtheit besteht wohl darin, den
Prozess der Messung möglichst nichtreaktiv zu gestalten. Dabei wird angenommen, dass die
Versuchspersonen ihr Verhalten nicht ändern können, wenn sie nicht wissen, was in der
Untersuchung gemessen werden soll (nach Asendorpf, 1996)
Diskussion
32
Methodenkritik
Unser Fragebogen bewährte sich hinsichtlich der Anwendbarkeit und Aussagekraft, dennoch
konnten einige Fehlerquellen ausgeschlossen werden. So wurde von den Probanden
angemerkt, dass die Skalierung für sie entweder zu ausführlich oder zu knapp gefasst war,
einige Items sich zu wiederholen schienen oder der Umfang der Befragung zu groß war.
Man muss jedoch hinzufügen, dass Fragebogenstudien von vornherein fehlerbelastet sind.
Trotz der garantierten Anonymität und Codierung der Bögen sind die Versuchspersonen
misstrauisch, gerade da viele aus dem Bekanntenkreis der Praktikumsteilnehmer stammten.
Aggressivität ist in unserer Gesellschaft eine geächtete Eigenschaft und die Fragen ließen auf
das Ziel der Untersuchung schließen, so dass ein Prozess der sozialen Konformität einsetzt.
Möglicherweise ist ein Fragebogen nicht das geeignete Instrument für die Erfassung von
Aggression, da immer Post hoc Beobachtungen von der Versuchsperson selbst als
Ausgangspunkt genutzt werden, es fehlt die Objektivität.
Ein weiteres Problem der Datenauswertung ist die gewählte Stichprobe. Viele Probanden
hatten einen hohen Bildungsgrad, so dass die Übertragbarkeit auf die gesamte Gesellschaft
problematisch wäre. Das ist auch ein möglicher Grund für die nicht-existente Korrelation von
Bildung und Aggression.
Doch allgemeine Ableitungen, wie die Dimensionen der Aggressivität, die Korrelationen mit
den gewählten Konstrukten und die Geschlechtsspezifität, sind anwendbar.
Zusammenfassung
34
6. Zusammenfassung
Der von Buss und Perry (1992) neu entwickelte Fragebogen zur Erfassung von Aggression
(Aggression Questionaire Scala) wurde ins Deutsche übersetzt und in der vorliegende Studie
hinsichtlich der Faktorstruktur, Reliabilität und Validität untersucht. Dazu wurden weitere
Konstrukte aufgenommen, die in engerem Zusammenhang mit aggressiven Verhalten stehen.
Hierbei handelt es sich um Komponenten des Selbst (Selbstwertgefühl, Selbstkonzeptklarheit,
Narzissmus), um Soziale Erwünschtheit und um die motivationalen Aktivierungssysteme BIS
und BAS.
Von Interesse ist, welche Persönlichkeitseigenschaften aggressiven Verhalten bedingen und
wie diese untereinander in Beziehung stehen.
Dazu wurde ein Fragebogen mit 90 Items entwickelt, welcher sich aus der AQ-Skala und den
Skalen der betrachteten Konstrukte zusammensetzt.
An
der
Untersuchung
nahmen
insgesamt
159
Versuchspersonen,
vornehmlich
Familienmitglieder, Bekannte, Freunde sowie deren Bekanntenkreis, teil.
Die interne Konsistenz und Trennschärfen fielen bei allen verwendeten Skalen relativ
zufriedenstellend aus.
Anders als in der Untersuchung von Buss und Perry (1992) ergab sich aus dem Screeplot
unserer Untersuchung lediglich eine Drei-Faktoren-Lösung. Trotzdem verwandten wir in
Anlehnung an Buss und Perry als Kriterium der Faktorenanalyse die Faktorenzahl 4.
Die Regressionsanalyse ergab, dass die beiden Konstrukte soziale Erwünschtheit und
Selbstkonzeptklarheit einen starken Einfluss auf die Aggressionstendenz ausüben.
Die verbleibenden Konstrukte bestätigten sich ebenfalls in Bezug auf ihre Hypothesen. Sie
leisten zwar einen geringeren Beitrag zur Vorhersage aggressiven Verhaltens im Kontext der
anderen beiden Konstrukte, sind jedoch unverzichtbar für Rückschlüsse auf die Ursache von
Aggressionsneigungen.
Insgesamt erweist sich der Fragebogen als geeignet, um ein Profil von Bedingungsfaktoren
aggressiven Verhaltens anzufertigen.
Literatur
35
7. Literatur
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