Neurologie 1. Einführung Literaturempfehlungen: Poeck/ Hacke: Neurologie (Springer) Wallesch: Neurologie (Urban & Fischer) Neurologie-Kapitel in Harrison, Principles of Internal Medicine (McGraw/Hill) Patientenbeispiel 1: Weiblich, 57 Jahre Lähmung des rechten N. abducens durch Gefäßspasmus ( Ischämie) Nach Migräneanfall (evtl. paralytische Migraine = Migraine accompagnie; eher aber zufälliges Zusammentreffen ohne kausale Verknüpfung, da bei 10-15% der Bevölkerung Migräne auftritt) Strabismus convergens bei Abducensparese Initial Doppelbilder, dann durch Exklusion nicht mehr Veränderte Gesichtssensibilität Angiographie der A. carotis interna zeigt: massives Aneurysma, das den N. abducens komprimiert unabhängig von der Migräne, vgl. aber genetische Veranlagung zu Kollagenstörung Patientenbeispiel 2: Weiblich, 50 Jahre Ausfall der linken Körperhälfte bei schon länger bekanntem erhöhtem Blutdruck Dabei Kopfschmerzen, diese aber schon seit der Jugend bekannt, daher vermutlich Migräne ohne kausale Verknüpfung Cave: bei neuartigem oder andersartigem Kopfschmerz immer Akutdiagnostik durchführen !!! Zentrale, armbetonte Lähmung (auf der betroffenen Seite Hyperreflexie, mit heftiger Ansprungsdynamik) Läsion vermutlich oberhalb des Tentoriums Zentrale Gesichtslähmung (nicht Fazialisparese!): Augen und Stirn nicht betroffen Differentialdiagnosen eines Schlaganfalls mit Halbseitenlähmung: o Ischämie o Blutung nur mit CT zu unterscheiden o Andere CT zeigt frische Hirnblutung bessere Prognose als bei Hypoxie/ Ischämie, es kann mit Rückbildung bis auf kleine Reste gerechnet werden Häufigste Ursache der Hirnblutung: maligner Hypertonus Patientenbeispiel 3: Weiblich, 17 Jahre Innerhalb von 5 Monaten Entwicklung progressiver Paresen, v.a. in Augenlidern, Kaumuskeln und Extremitätenmuskulatur, Verwaschen der Sprache, leichte Ermüdbarkeit der Muskulatur (v.a. im Kopfbereich) Dabei Erholungsfähigkeit der Kraft, keine Sensibilitätsausfälle Myasthenia gravis Therapie: in Akutphase Immunsuppression Plasmaphere zum Auswaschen der Antikörper, Patientenbeispiel 4: Männlich, 75 Jahre OP an der rechten Hüfte, nach 3 Monaten starke Schmerzen in Unter- und Oberschenkel, Bein nicht belastbar Sensibilitätsausfall L5 nicht OP-bedingt Reflexe am Knie seitengleich, Achillessehnenreflex rechts abgeschwächt S1 Schmerz-Lähmungs-Gefühls-Störung Bandscheibenvorfall, vermutlich zwischen L5 und S1, Bandscheibe drückt auf Nervenwurzel Nach konservativer Behandlung Rückkehr der Sensibilität aber verbleibende Fußheberlähmung CT zeigt Bandscheibensequestrierung OP zur Entfernung des abgesprengten Anteils Patientenbeispiel 5: Männlich, 45 Jahre Erstmalig 2001 beim Joggen Hängenbleiben des rechten Fußes, Gangunsicherheit Mittlerweile Verwendung eines Gehstocks, da Gangunsicherheit und schwankender Gehstil (Ataxie) Ermüdungserscheinungen erst einseitig, dann beidseitig Tonus- und Reflexsteigerung (Spastik) Abhängig von Anstrengung Sprachprobleme (heiser, gequetscht, mühsam, teilweise nasal) spastische Dysphonie durch Beeinträchtigung der Kehlkopfmuskulatur Multiple Sklerose (entzündliche Erkrankung im Kleinhirn), Nachweis von Entmarkungsherden im Kernspin Immuntherapie 2. Schwindel Schwindel: Unsystematischer Schwindel (dizziness): häufig ungerichtetes, diffuses Schwindelgefühl mit und ohne „Drehen im Kopf“, z.B. bei Hypotonie, Anämie, vor Synkope, o.ä. o Benommenheit, Kopfdruck o Verschwommen sehen o Drehen im Kopf Davon anamnestisch abzugrenzen: systematischer Schwindel (vertigo, Schwindel i.e.S.) durch Störungen des Gleichgewichtssystems Dreh-, Schwank- oder Riesenradgefühl, teils Nystagmus, Übelkeit/ Erbrechen und erhebliche Probleme sich auf den Beinen zu halten o Umgebung dreht sich o Definierte Fallneigung o Liftgefühl Systematischer Schwindel: Entsteht durch Mismatch zwischen optischen, somatosensorischen und vestibulären Sinneseindrücken Physiologisch: Höhenschwindel, Seekrankheit Iatrogen: durch Medikamente, z.B. Lithium, Carbamazepin Diagnostik: Drehstuhl mit Aufzeichnung der Augenbewegungen: o Langsame Andreh-Bewegung: Nystagmus in Drehrichtung (perrotatorisch) o Adaptation während des Drehens (kein Nystagmus) o Plötzliches Anhalten: Nystagmus gegen Drehrichtung (postrotatorisch), Gangabweichung und Fallneigung gegen Drehrichtung Drehtrommel: o Nystagmus in alle Richtungen auslösbar o Kann psychogen nicht unterdrückt werden bei Ausfall liegt organische Störung vor Spontannystagmus: o Pathologisch und eher peripher bedingt o Kann durch Fixation unterdrückt werden Untersuchung mit Frenzelbrille o Kann durch Blick in gleiche Richtung gebahnt werden und wird dann stärker Blickrichtungsnystagmus: o Pathologisch und eher zentral bedingt o Tritt erst bei Blick in eine bestimmte Richtung auf Patientenbeispiel: Plötzliche Übelkeit und kurzzeitiger eher unsystematischer Schwindel Nach einem Tag Einsetzen von starkem systematischem Drehschwindel mit definierter Fallneigung und Übelkeit, sonst keine neurologischen Ausfälle peripher vestibulär Vermutlich parainfektiöser Vestibularisausfall Gleichgewichtsorgane: Propriozeptive Afferenzen, z.B. Meldung über Gelenkstellung Innenohr Kleinhirn Okulomotorik Zentrale Verarbeitung der Gleichgewichtsmeldungen in Abgleich mit Sinnesrückmeldung: Erstellen einer Efferenzkopie = Eigenbewegungsidentifikation Abgleich mit dem sensorischen Erwartungsmuster Bei verschiedenen Meldungen, z.B. inadäquate Sinnesmeldung bei Labyrinthläsion: Schwindelsensation Zentrale Kompensation bei Schwindel: Änderung der sensorischen Erwartungsmuster, z.B. Ignorieren der Meldung eines Labyrinths Deshalb: unbedingt therapeutische Krankengymnastik, keinesfalls Bettruhe!!! Untersuchungsgang bei Schwindel: Anamnese Okulomotorik, Nystagmus Lagerungsproben mit Frenzelbrille Rumberg, Unterberger, Strichgang, Zeigeversuche und weitere neurologische Symptome Otoskopie inklusive Hörtest Blutdruck inklusive Schellong-Test Nystagmus: Regelmäßige Sequenz aus einer raschen sakkadischen (ruckartigen) Augenbewegung in eine Richtung und einer langsamen, gleitenden Rückführung der Bulbi in die Gegenrichtung Richtung des Nystagmus wird über die schnelle Komponente definiert Physiologischer Nystagmus: o Eisenbahnnystagmus (optokinetischer Nystagmus) o Kalorischer Nystagmus o Endstellnystagmus Pathologischer Nystagmus: o Spontannystagmus (bei Geradeausblock ohne Fixation) o Blickrichtungsnystagmus o Lagennystagmus o Seesaw u.v.a. Ursachen von gerichtetem Schwindel: Labyrinthär: o Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel o M. Meniére o Neuronitis vestibularis Neurologisch : o Pontocerebelläre Hirnstammläsion bei Tumor (v.a. Akustikusneurinom) o Ischämische Prozesse (Basilaris!) o Entzündliche Prozesse, z.B. MS Ursachen von akutem Drehschwindel: Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel o Lageabhängig, durch Ablagerung von Otolithenmaterial in Bogengang o Therapie: Lagerungstraining Akuter Vestibularisausfall: o Rotatorischer Spontannystagmus (in Richtung von Läsion weg) mit Erbrechen, Drehschwindel, Fallneigung zur gesunden Seite o Im Verlauf zentrale Kompensation mit Fallneigung nach ipsilateral zur Läsion o Untererregbarkeit des ipsilateralen horizontalen Bogengangs (Test über kalorischen Nystagmus) o Therapie: Methylprednisolon, z.B. Urbason, hochdosiert beginnend (100mg über d1-3) M. Meniére: o Drehschwindel, Tinnitus, Hörminderung, Ohrdruck o Endolymphatischer Hydrops o Therapie: Betahistin (Vasomotal, Aequamen) über 1-3 Wochen Lokalisatorisch wichtige Begleitsymptome bei Schwindel ( gefährlichere Formen): Bewusstseinsverlust Doppelbilder und Gesichtsfeldausfälle Paresen und Sensibilitätsstörungen Dysarthrie Lageabhängigkeit Schwerhörigkeit, Tinnitus immer Neuro-Konsil anfordern!!! Bsp.: Basilaristhrombose, Tumoren, Herpes-Enzephalitis Neurologische Schwindelursachen: Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel Neuronitis vestibularis Phobischer Attackenschwankschwindel (oft mit Zwangsstörung assoziiert) M. Meniére Zentraler Lageschwindel Basilaris- oder Vertebralisprozess Therapie: Kausal bei Raumforderungen und Gefäßprozessen im Sinne der Sekundärprophylaxe Symptomatisch nur in der Akutphase (Antivertiginosa, Antiemetika) CAVE: Verzögerung der zentralen Kompensation Wichtig: Lagerungstraining Ursachen für Okulomotorikstörungen: Muskulär Neuromuskuläre Transmission Periphere Nervenläsion Vestibularisausfall, Schwindel Supranukleäre Störung (zentral) 3. Zerebrovaskuläre Krankheiten Zerebrovaskuläre Krankheiten: Hirninfarkt (84%) Hirnblutung (14%) Subarachnoidalblutung (<1%) Sinus-Venen-Thrombose Angiitis Epi-/subdurales Hämatom A.v.-Fisteln Angiom Schlaganfall Kopfschmerz Trauma Trauma meist Zufallsbefund Subarachnoidalblutung: 1/10.000/a Blutung in den Liquorraum Stets perakut Letalität 30-40%, bei Nachblutung 70%, bei zweiter Nachblutung fast 100% Perakute arterielle Ruptur eines Aneurysmas: o Angeborene Schwachstelle o Wachstum im Lauf des Lebens Fördernde aber nicht dringend notwendige Faktoren: o Hypertonus o Degenerative Prozesse o Antikoagulation o Trauma Symptome: o Kopfschmerz „wie noch nie“ und Bewegungshemmung zur Schmerzeingrenzung) o Synkope o Bewusstseinstrübung bis zum Koma o Krampfanfall o Herdsymptome Diagnostik: Diagnosesicherung nach Symptomen o CCT o Liquor o MR-Angio/ 3D-CT-Angio o Arteriographie Nackensteife (reflektorische Sinus-Venen-Thrombose: Leitsymptome: subakut-chronischer dumpfer Kopfschmerz und Herdsymptome, langsam fortschreitend Chamäleon! Weil Venen individuell unterschiedlich anatomisch angeordnet sind, kommt es je nach Lokalisation zu o Sehstörung o Herdsymptomen o Krampfanfall o Pseudotumor cerebri o Etc. Risikofaktoren: o Adipositas o Hyperkoagulabilität Diagnostik: o MRT (CCT mit Kontrastmittel): venöses Ödem, Thrombus o Angio-MR-Angiographie Schlaganfall (=Insult = Apoplex): Definition: akute neurologische Funktionsstörung, die auf eine umschriebene Läsion des ZNS hinweist o 85% ischämisch Infarkt o 15% hämorrhagisch Blutung Perakut Bsp.: Ausfall der A. cerebri media o Blickwendung o Hemianopsie o Sensomotorische Hemiparese, schlaff Leitsymptom: Hemiparese DD der Hemiparese: o Akut: Insult: Ischämie – Blutung (250.000/a) Migräne o Subakut: Trauma Tumor Sinusthrombose Entzündlich o Mit Kopfschmerzen: Meningoenzephalitis Tumor Subarachnoidalblutung Thrombose Migräne Risikofaktoren für Insult: o Hypertonus Risiko x6 o Hyperlipidämie x4 o Diabetes mellitus x2 o Nikotin, Adipositas x1,5 o Vitium x1,5 (Mitralklappenprolaps) bis x30 (Endokarditis) o Frischer Myokardinfarkt x2-4 Antikoagulation nach MI o Alter Myokardinfarkt mit Aneurysma x8 o Vorhofflimmern x6-12 o Lebensalter exponentiell Verifikation der Ursache: o Infarkt/ Blutung nur mittels CCT/ MRT unterscheidbar Infarkt dunkel (Wasser Ödem) Blutung hell (Blut) o Differentialdiagnosen nur mit neurologischen Hilfsmitteln Fördernde Faktoren für Hirnblutung: o Hypertonie o Gerinnungsstörung: zwar kein Auslöser, aber die eintretende Blutung ist stärker ausgeprägt o Trauma o Gefäßmissbildung o Sekundäre Infarkteinblutung o Amyloidangiopathie Infarktfrühzeichen: Dichteminderung und Schwellung im CT Unterschiedliche Infarktmuster: o Territorialinfarkt: (thromb-)embolisch, Cortexbeteiligung, „Käseecke“ o Endstrominfarkt: hämodynamisch, im Marklager, keinem Gefäß zuzuordnen o Mikro-Angiopathie: mikrothrombotisch Mikroangiopathie: o Zeichen: Lakunen Leukaraiose (um die Ventrikel herum dunkle „Hirschgeweihe“) o Risikofaktoren: RR > Alter >> Diabetes > Nikotin o Symptome: Insulte mit oft guter Rückbildung Progrediente Demenz Heißt in Kombination M. Binswanger oder subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE) o Lakunäre Syndrome: Pure motor stroke beinbetont, ohne Gesichtsbeteiligung, Pyramidenzeichen positiv Pure sensory stroke wenig Hypästhesie, starke Dysästhesie „ataktische Hemiparese“ dysarthria – clumsy hand syndrome Hemiballismus Etc. Territoriale Infarkte: o Thrombembolisch o Verschluss eines größeren hirneigenen Gefäßes o Typische territoriale Syndrome: MCA: sensomotorische, schlaffe, später spastische Hemiparese, kortikale Aphasie, Apraxie PCA/ hintere MCA: Hemianopsie A. ophthalmica: Amaurosis fugax (Bild wird vorübergehend von oben vorhangartig grau, dann setzt körpereigene Fibrinolyse ein TIA) Basilaris-Thrombose: Prodromal rezidivierende Hirnstammsymptome (bei Atherosklerose) Akut progredienter Bewusstseinsverlust, bilaterale Pyramidenzeichen, Hirnstammsymptome Letalität > 90% Gekreuzte Hirnstammsyndrome: o Embolisch – thrombotisch – mikroangiopathisch halbseitiger Ausfall (z.B. Ausfall der halben Brücke) o Pyramidenbahn X untere Medulla o Hinterstränge X untere Hirnnervenkerne ipsilaterale Hirnnerven, kontralaterale lange Bahnen Nachweis einer akuten Ischämie: o Frühes CT (oft unauffällig) o SPECT (zu ungenau) o Perfusions-CT Methode der Wahl: dunkle Verfärbung + Penumbra (= Mangeldurchblutungsbereich, in dem zwar Funktionsstoffwechsel ausfällt aber Strukturstoffwechsel noch erhalten ist, der daher erhalten werden kann) o Perfusions-MRT o Angio-CT, Angio-MR o Doppler-Duplex-Sono o Arteriographie (invasiv mit Katheter und Kontrastmittel, daher selten durchgeführt wegen Komplikationen) Suche nach der Emboliequelle nach bewiesenem thrombembolischen Ereignis: o In hirnversorgenden Arterien: Doppler-Duplex-Sono MRA Arteriographie o Im Herz: EKG: Vorhofflimmern? Langzeit-EKG: intermittierendes Vorhofflimmern? TTE/TEE: Vorhofthrombus, Vitium, Akinesie, PFO o HITS: high intensity transient signal Zur Darstellung mikroembolischer Signale Embolien abgrenzbar von Artefakten Verwendet z.B. beim Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine Zum Beweis, dass z.B. ein Vorhofflimmern tatsächlich die Ursache eines Schlaganfalls war Z.B. Hirninfarkt rechts bei Carotisstenose rechts und Vorhofflimmern mit HITS Untersuchung ob kardiogener oder karotidogener Schlaganfall Therapiesteuerung o Suche nach Thromboseneigung: Hämatokrit (Polyglobulie, Leukämie, Thrombozytose, Exsikkose) Erythrozytenanomalien, z.B. Sichelzellanämie Fibrinogen Gerinnungsstörung Grenzzonen-/ Endstrom-Infarkte: o Hämodynamisch = „letzte Wiese“ o Verschluss />90% Stenose der A. carotis interna + insuffiziente intrakranielle Kollateralen o Kollateralen beim ACI-Verschluss: MCA 50% Seitendifferenz = hämodynamische Auswirkung aufs Gehirn Ophthalmica-Kollaterale Anteriores Crossfilling Posteriores Crossfilling Individuell unterschiedlich angelegt Hirnarterienverschluss per se hat keine eindeutige Prognose o Vasomotorenreserve: Autoregulation der Hirngefäße zur konstanten Glucose und SauerstoffAusschöpfung über Blutgase bzw. pH Hämodynamischer Infarkt Diamox oder CO2 periphere Dilatation Doppler: nimmt Fluss nicht zu so besteht bereits eine maximale Dilatation = erschöpfte Reserve HMPAO-Spect: Abnahme der Perfusion, Anstieg der Stase, d.h. viel Volumen bei wenig Fluss = hämodynamische Beeinträchtigung genaue Abgrenzung des Infarktareals möglich (ohne Penumbra) Diagnostik des Schlaganfalls: Klinische Untersuchung: o Ausfälle und ihre Ausdehnung Lähmungen, sensorische Ausfälle Hemiparese Media-Stromgebiet Hemianopsie Posterior-Stromgebiet o Reflexstatus: gesteigert, pathologische Reflexe (z.B. Babinski)? o Okulomotorik: Blickwendung, Gesichtsfeld, Augenreflexe? o Sprache: Verständnis? Lesen? Schreiben? Rechnen? Links- oder Rechtshänder? Broca: gestörte Produktion, Patient redet kaum Wernicke: Patient redet viel, aber unverständlich o Apraxie: gestörte Handlungsausführung Fremdanamnese: o Kardiale Vorerkrankungen? KHK, d.h. generalisierte Atheroskleroseneigung? o Marcumarisierung?! CT: o Wenn nichts zu sehen ist auf jeden Fall keine Blutung, dann o Innerhalb der ersten 3h nach Symptombeginn sofort Lyse (i.v.) o Danach Angiographie (auch bei unbekanntem Beginn) Problem: bei Schlaganfall treten keine Schmerzen auf die meisten Patienten kommen zu spät in die Klinik! Pathophysiologie des Schlaganfalls: 80-90% durch Ischämie, überwiegend thrombembolisch, nur selten hämodynamisch Davon 45% kardiale Ursachen (ca. 7% Vorhofflimmern) Bei 15% symptomatische Stenosen hirnversorgender Gefäße Bei ca. 10% intrazerebrale Blutungen Okklusionsmodell: o Infarktareal: <22 ml/100g/min Perfusion o Penumbra: 22-50 ml/100g/min Perfusion Nekrose Apoptose Reorganisation Apoptosehemmung als Pharmakologische Option? Excitotoxizität Periinfarkt Depolarisationen Inflammation Erfolg der Rekanalisierung: Wiedereröffnung des Gefäßes führt nicht unbedingt zur Verhinderung eines Infarkts! Bei 90% Reperfusionsschaden! NNT = 10 Therapeutische Optionen – allgemein: Akut: Fibrinolyse Heparin (-analoga), ASS (TAH) Kollateralfunktion verbessern: o Blutdruck heben (andere Toleranzschwellen, evtl. erhöhter Druck zur Versorgung gefährdeter Gebiete nötig) o Hydrierung o Oxigenierung o Hypervolämische Hämodilution? Zytoprotektion: o Temperatur senken (im Rahmen von Infekten häufiger Schlaganfälle wegen Fieber!) ganz wichtig!!! o Hyperglykämie vermeiden o Substanzen? Therapeutische Optionen bei ischämischem Hirninfarkt: Akutphase: o Kausal: systemische/ intraarterielle Lyse Infusion von 0,9mg/kgKG rekombinanten Plasminogen-Aktivator (rt-PA) i.v., maximal 90mg 10% als Bolus, 90% über Infusomat über 60min Voraussetzungen: Symptombeginn vor <3h Keine Infarktdemarkierung im CT Blutungsausschluss Signifikantes neurologisches Defizit Bislang noch keine Spontanbesserung Beobachtung: Stroke-Unit oder Intensivstation Kontraindikationen: Symptombeginn vor >3h Infarktdemarkierung im CT (Gefahr der Einblutung) Blutung Schwerstes neurologisches Defizit mit Bewusstseinsstörung1 (Ausnahme: Basilaris) Hypertonie (>200syst bzw. >110diast) OP vor <30d, i.m.-Injektion, epileptischer Anfall, Trauma, Tumorleiden, septische Embolie, biologisches Alter >80 o „frühe“ Sekundärprophylaxe: ASS Vollheparinisierung in Erprobung: GPIIb/IIIa-Antagonisten Sekundärprophylaxe: o TIA = vollständig reversibles neurologisches Defizit, Rückbildung innerhalb 24h z.B. Amaurosis fugax (immer durch Augen-Abdecken überprüfen, wenn Gesichtsfeldausfall bestehen bleibt, liegt statt dessen Hemianopsie vor) immer sofort zum Arzt und untersuchen lassen: kardiologische Diagnostik und Carotis-Doppler!!! o Möglichkeiten der Sekundärprophylaxe: Thrombendarterektomie der A. carotis interna bzw. Angioplastie Antikoagulation o Indikation zur Thrombendarterektomie: Absolute Indikation: symptomatische ACI-Stenose >70% Relative Indikation: Symptomatische ACI-Stenose 50-70% Asymptomatische ACI-Stenose >70% Keine Indikation: Symptomatische ACI-Stenose <50% durch medikamentöse Plaque-Stabilisierung bessere Erfolge!!! Asymptomatische ACI-Stenose <70% o Antikoagulation: Thrombozytenaggregationshemmer: ASS (75-300mg) bzw. Clopidogrel (75mg) breites Indikationsgebiet Vollheparinisierung enges Indikationsgebiet: Standardmäßig nach Lyse Bekannte Koagulopathie Hochgradige Carotisstenose vor OP Herzklappenvegetationen Vorhofflimmern vor Markumarisierung Dissektion Markumarisierung: bei kardiogener Emboliequelle (Vorhofflimmern, absolute Arrhythmie, etc.), z.B. bei Vorhofflimmern: INR 2-3: Risikoreduktion um 68% (!) INR 1-2: kein gesicherter Effekt ASS: Risikoreduktion um 21% Kombination Marcumar + ASS: kein zusätzlicher Nutzen, gefährlich Vorübergehende Markumarisierung bei Carotisdissektionen (junge Patienten) - 1 Bewusstseinsstörung: Hirnstamm betroffen oder bihemisphärisch (Basilaristhrombose oder fortgeschrittener Media-Infarkt, der bereits auf die andere Seite drückt) Häufige Gerinnungsstörungen (junge Patienten): Protein-S-Mangel Protein-C-Mangel APC-Resistenz Faktor-V-Leiden o Kontrolle der Risikofaktoren für Mikro- und Makroangiopathie: Hypertonus Diabetes mellitus Nikotinabusus Hyperlipidämie 4. Erregerbedingte ZNS-Erkrankungen Definition: Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks und ihrer Häute durch Bakterien, Viren, Protozoen oder Pilze Akute Infektion Subakute (chronische) Infektion „slow virus“ Erkrankung des ZNS 4.1 Akute eitrige Meningitis/ Meningoenzephalitis Begriffe: Meningitis (Leptomeningitis): Entzündung der weichen Hirnhäute (Pia und Arachnoidea) zwischen Gehirn und Dura, selten isoliert, meist als Meningoenzephalitis: Mitbeteiligung des Gehirns Bakterien erreichen das ZNS: Hämatogen: Besiedlung des Mund-Rachen-Raums, chronischer Infektionsherd natürliche Barrieren ins und im Blut müssen überwunden werden, d.h. besondere pathogenetische Eigenschaften sind nötig Per continuitatem: vom Mastoid, Mittelohr, Nasennebenhöhlen Von Haut und Schleimhäuten des Kopfes bei Schädel-Hirn-Trauma, Schädelbasisfraktur, Hirnverletzung Epidemiologie: 3455 Meningitiden/ Meningoenzephalitiden pro Jahr davon 729 durch Meningokokken mit einer Letalität von 8,5% (vs. 7,7% beim Rest) 1214 durch andere Bakterien (v.a. Pneumokokken) 891 durch Viren Vorgeschichte/ prädisponierende Faktoren: HNO-Infektion im Kindesalter Schädel-Hirn-Trauma Ventrikelkatheter Endokarditis (i.v. Drogenabusus) Immunsuppression (Alter, Alkoholabusus, etc.) Sammelunterkunft (Endemie) Klinische Symptomatik: Pneumokokken, H.i. Staphylokokken, Pneumokokken Staphylokokken Streptokokken, Staphylokokken Listerien Meningokokken Prodromalstadium (wenige Stunden bis Tage): o Fieber o Allgemeines Krankheitsgefühl o Kopf- und Gliederschmerzen Meningitische Symptomatik: o Heftigste Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit (Meningismus, Ophistotonus) Lasègue-Zeichen Widerstand bei passiver Nackenbeugung Brudzinski- und Kernig-Zeichen o Licht- und Lärmscheu, Hyperpathie o Hohes Fieber (>39°C, septisch oder continua) o BSG-Erhöhung, Leukozytose Enzephalitische Begleitsymptomatik: Bewusstseinstrübung (Verwirrtheit, Somnolenz bis Koma) Begleitend: Konjunktivitis, Herpes labialis Bei Meningokokken: o Tendenz zur Auslösung eines septischen Schocks Petechien etc. o Extremform: Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom (85% letal) Meningokokken – Pathogenese und Klinik: Tröpfcheninfektion Anheftung des Erregers an Rachenwand Häufig Trägerstatus, selten Erkrankung unklar, was Erkrankung auslöst Inkubationszeit ca. 2-4d Ca. 800 Erkrankungen/Jahr 70% Serogruppe B, 20% Serogruppe C (vgl. Afrika: überwiegend A) Jahreszeitliche Häufung Februar-April Schwerste Form: Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom Prophylaxe: o Behandlung von Kontaktpersonen: Angehörige und Pflegepersonal mit engem Kontakt erhalten 2x600mg Rifampicin (extrem gut liquorgängig) p.o. über 2 Tage (Kinder 20mg/kgKG) oder 1x750mg Ciprofloxacin o Impfung: verfügbar gegen Meningokokken der Serogruppe A und C (Kapselpolysaccharide), nicht gegen Serogruppe B (nicht ausreichend immunogen) Zerebrale Komplikationen der bakteriellen Meningitis – Ursache der hohen Letalität: Hirnödem mit Gefahr der Einklemmung Zerebrovaskuläre Beteiligung Vaskulitis mit Gefäßverschlüssen Schlaganfälle Hydrozephalus (Verklebung des Abflusses durch eiweißreichen Liquor) verstärkt Wirkung des Hirnödems Hirnnervenparesen (u.a. häufige Ursache frühkindlicher Ertaubungen) Vestibulocochleäre Beteiligung Zerebritis (Hirnphlegmone, Abszess) Ein Patient mit V.a. bakterielle Meningitis ist immer ein neurologischer Notfall!!! Algorithmus: V.a. bakterielle Meningitis Blutkulturen Bewusstseinsstörung/ neurologisches Defizit Nein Schädel-CT, Lumbalpunktion Empirische AB-Therapie Ja Empirische AB-Therapie Kein Anhalt für erhöhten Druck Schädel-CT + HNO-Konsil Bei nicht ausreichend ausgestattetem Krankenhaus: Antibiose, dann Transport Auch bei jeder Zeitverzögerung immer gleich Antibiose! Lumbalpunktion: Atraumatische Nadel nach Sprotte Zwischen L3/L4 oder L4/L5 Vorher CT (Hirndruck!) Liquoranalytik: Normalbefund Bakterielle Meningitis Farbe Klar Trüb Glucose 2/3 des Blutzuckers Erniedrigt Laktat 1,2-2,1mmol/l Erhöht Zellzahl <4/µl 300 bis >>1000/µl Zytologie Lympho-monozytär Granulozytär Proteinanalytik <50mg/dl >>120mg/dl Virale Meningitis Klar Normal Normal 3-300 (<1500)/µl Lymphozytär Leicht erhöht (aber <100mg/dk) Erreger, Ag, Ak Pos. Nachweis möglich Serologie, PCR Beachte: sehr spät im Verlauf bei bakterieller Meningitis monozytäres Zellbild, sehr früh im Verlauf granoluzytär-monozytäres Mischbild bei viraler Meningitis evtl. Verwechslungsgefahr Apurulente Meningitis: kaum Granulozyten aber viele Bakterien Immunsystem war zu langsam, immer tödlicher Verlauf Antibiotika-Therapie bei unbekanntem Erreger: Frühzeitige Antibiotika-Therapie verbessert die Prognose!!! Patientenkollektiv Antibiotika Gesund, keine Abwehrschwäche, Krankheit Cephalosporin der 3. Generation ambulant erworben Abwehrgeschwächte ältere Patienten, Cephalosporin der 3. Generation Neugeborene + 5g Ampicillin (gg. Listerien, rel. schlecht liquorgängig hohe Dosis) Nosokomial erworbene Erkrankung Vancomycin (neurochirurgische OP, Schädel-Hirn-Trauma) + Meropenem Insgesamt über ca. 2 Wochen Dazu immer HNO-Konsil bzgl. Fokussanierung 4.2 Akute lymphozytäre (virale) Meningitis/ Meningoenzephalitis Durch 2 Erregergruppen: Nicht primär neurotrope Viren (Enteroviren, Adenoviren, etc.): befallen fakultativ im Generalisationsstadium die Meningen Primär neurotrope Viren: erzeugen neben charakteristischen Krankheitsbildern auch akute Meningitis (abortive Form) Insgesamt häufigste entzündliche Erkrankung des ZNS! Klinische Symptomatik: Allgemeines Krankheitsgefühl Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit Erhöhte Temperatur (eher subfebril) BSG normal, Blutbild normal oder Leukopenie I.d.R. über einige Tage, mit guter Prognose, alles weniger ausgeprägt als bei bakterieller Variante Keine spezifische Behandlung, serologische Identifikation lohnt sich i.a. nicht Akute Virusenzephalitis: Immunitätslage des Individuums und Erregervirulenz entscheiden über Prognose und Verlauf Durch neurotrope und nicht-neurotrope Viren o Enteroviren (Echo-, Coxsackie-, Polioviren) o Paramyxoviren (Mumps, Masern) o Arboviren (FSME) o Herpesviren (HSV, VZV, EBV, CMV) Enzephalitische Symptomatik im Vordergrund Kardinalsymptome der Enzephalitis: Psychische Veränderungen (Bewusstseinstrübung, akute Psychose) Zerebrale Krampfanfälle Neurologische Herdsymptome je nach Lokalisation o Hirnmantel o Hirnstamm o Rückenmark EEG: Allgemeinveränderungen, Herdbefunde Liquor: leichte Pleozytose, mäßige Eiweißerhöhung Herpesenzephalitis: Infektion durch HSV-1 Hauptsächlich Befall der limbischen Strukturen, des basalen Temporal- und Frontallappens, durch Hämorrhagien und Ödeme gekennzeichnet Grippales Vorstadium, danach nach kurzer Besserung Hauptstadium: o Wernicke-Aphasie o Kurze psychotische Episoden (Verwirrtheit, psychotische Situationsverkennung) o Krampfanfälle Letalität unbehandelt >70%!!! Diagnostik: o MRT Ödeme o EEG Verlangsamung der Temporalbahnen o Liquor lymphozytäre Pleozytose, PCR Therapie: o Bereits bei Verdacht (!!!): Aciclovir i.v. 3x 10mg/kgKG (ca. 750mg) über mindestens 14 Tage bei ausreichender Hydrierung Senkung der Letalität auf 20% o Dazu Antibiose (Ampicillin/ Amoxicillin) Immunsystem kann sich auf Viren konzentrieren o Antiödematöse Therapie o Antikonvulsiva, Antipyretika, etc. FSME: RNA-Flavivirus 3 Subtypen (regional je weiter östlich desto maligner) Übertragung durch Zecken Risikogebiete: v.a. Bayerischer Wald, Schwarzwald, Rhön Impfempfehlung Klinik: o Zweigipfliger Fieberverlauf (für virale Erkrankung sehr hohes Fieber) 3-8d Prodromalphase Zweite Krankheitsphase 50% Meningitis 40% Meningoenzephalitis 10% Myelitis o Allgemeinbefinden stark beeinträchtigt: Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit o Entzündung mit Bewusstseinsstörung, Koordinationsstörung, Lähmungen von Extremitäten- und Gesichtsnerven Keine kausale Therapie 5% der Patienten werden intensivpflichtig, 20% brauchen längerfristig Reha Letalität 1%, bei Myelitis 10% Bei Kindern und Jugendlichen meist günstigerer Verlauf 5. Zentrale Motorik I – Motoneuronerkrankungen Spastische Syndrome Physiologie: Beteiligte Strukturen: o Motorischer Cortex o Kleinhirn o Motoneurone o Basalganglien o Rückmeldung sensorischer Neurone Primärer motorischer Cortex: o Brodman Area 4 und 6 o Präzentraler Cortex o Motorischer Humunculus Deszendierende Bahnen: o Tractus corticospinalis ventromedialis (kreuzt nicht) o Tractus corticospinalis laterali (kreuzt zur anderen Seite) o Mediale bulbospinale Bahnen proximale Muskulatur, Stellreflexe o Laterale bulbospinale Bahnen kaum Feinmotorik Spinale Reflexe: und Segmentale und intersegmentale regulative Reflexe über Ia- oder Ib-inhibierende Interneurone: o Monosynaptischer Dehnungsreflex o Gekreuzter Flexor-Extensor-Reflex o Ib-inhibitorischer Reflex Kortikosegmentale regulative Reflexe: o Renshaw-Reflex o Ia-inhibitorischer Reflex Spastik – Pathophysiologie: Motorische Störung mit geschwindigkeitsabhängigem Anstieg der tonischen Muskeldehnungsreflexe, gesteigerten Muskeleigenreflexen und Hyperexzitabilität der phasischen Dehnungsreflexe (Komponente des UMN-Syndroms) Hypothesen zur Entstehung: o Servo-loop-Hypothese (Überaktivierung der -Motoneurone durch exzessive Aktivierung propriospinaler Neurone) o Ausfall der reziproken Hemmung durch Antagonisten (Disinhibition interneuronaler Netzwerke auf segmentalem Niveau: Renshaw, Interneurone, IaInterneurone) o Release- und Sprouting-Hypothese (Ausfall inhibierender deszendierender Bahnen und lokales Sprouting auf segmentalem Niveau mit Besetzung frei gewordener Synapsen) o Synaptische Alteration an -Motoneuronen o Motor unit remodeling (Typ-1 Faser Prädominanz) Bsp.: o Spastische Beugekontraktur nach Zerebralblutung o Streckspastik des Beines mit Zirkumduktion nach Schlagangall (Wernicke-MannGangbild) o Schmerzhaft einschießende Beugespastik Charakteristika zentral-motorischer Erkrankungen: Spastische Muskeltonuserhöhung (Affektion des 1. Motoneurons, UMN): o Fokale Spastik o Hemispastik o Paraspastik o Tetraspastik Muskelatrophie und Faszikulationen (Affektion des 2. Motoneurons, LMN) Begleitende Symptome (Sensibilität, Koordination, Vegetativum) je nach Ätiologie der im Vordergrund stehenden motorischen Symptomatik: o + traumatisch, z.B. Querschnittsyndrom, ischämisch, hämorrhagisch, entzündlich, neoplastisch o – degenerativ Pathologische Befunde: o Zentralmotorische Paresen, Massenbewegungen, Spastik: bei pyramidaler, juxtapyramidaler Läsion (Tractus corticospinalis, Area praerolandica parasagittalis) o Muskelatrophie, Faszikulationen: segmentale Muskelatrophie und Spontanaktivierung durch Degeneration des motorischen Axons, „peripher“ imponierende schlaffe Parese o Reflexstatus: Muskeleigenreflexe: Pyramidale Läsionen: verstärkt, pathologisch überspringend, Klonus Vorderhornläsion: verringert bzw. ausgefallen Fremdreflexe: bei pyramidalen Läsionen auslösbar (Babinski-Gruppe) - Folgen: o Paresen (spastisch atroph): Arme: Invalidisierung, Verlust der Eigenständigkeit Beine: Gangstörung, Sturzneigung Kopf: Dysphagie, Dysarthrie, Dysphonie, Blickmotorikstörung o Schmerzen infolge Bewegungseinschränkung oder Tonuserhöhung Muskulatur, sekundäre ligamentäre Kontrakturen o Sekundäre psychologische Konsequenzen der Degenerative zentral-motorische Erkrankungen – Motoneuronerkrankungen: Meist selektive Degeneration zentraler Motoneuronen Selektivität durch Besonderheiten der motorischen Nervenzellen (besonders groß und langstreckig, daher am anfälligsten für Energiemangel und oxidativen Stress) Folgen: o Spinales Vorderhorn: Muskelatrophie, Faszikulationen, Paresen o Kortex: Spastizität o D.h. Spastik immer bei Schädigung der kortikospinalen Bahnen Formen: o LMN-Erkrankung: lower motoneuron, Vorderhorn, -Motoneuron (z.B. SMA, Post-Polio-Syndrom, Morbus Tay-Sachs) o UMN-Erkrankung: upper motoneuron, Pyramidenbahn, präzentraler Cortex (z.B. primäre Lateralsklerose, hereditäre spastische Paresen) o Kombination UMN/LMN, z.B. ALS (häufigste Erkrankung) Ätiologie der zum motoneuronalen Zelltod führenden Mechanismen ist vielschichtig (energetische Dysbalance verschiedener Ursache) Gemeinsame Endstrecke eines nicht nekrotischen Zelltods mit Caspasenaktivierung, DNA-Degradation und Zelllyse (Apoptose) Spinale Muskelatrophie (SMA): Erkrankung des 2. Motoneurons Typische und atypische Formen Axonale Degeneration atrophe Parese, keine Spastizität, da keine Beteiligung deszendierender kortiko-/ bulbospinaler Bahnen Milde bis mäßige CK-Erhöhung (300-1500mmol/l) Zeichen der Denervierung im EMG, reduzierte CMAP als Ausdruck axonalen Untergangs Typische Form: typische SqSMA o 1:6000 bis 1:10000 o Zweithäufigste autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung (nach CF) o 2-3% der Bevölkerung sind Carrier der SMN1-Mutation auf Chromosom 5q13 o Degenerative Erkrankung der motorischen Vorderhornneurone (gestörte snRNPRegeneration Schaden am Spliceosom) o Typ 1: Werdnig-Hoffmann Beginn in utero Floppy baby Sitzen und Stehen nie möglich Tod vor dem 18. Lebensmonat durch respiratorische Insuffizienz o Typ 2/3: Kugelberg-Welander Typ 2: Sitzen möglich, Tod nach dem 2. Lebensjahr Typ 3: Stehen möglich, Beginn nach dem 18. Lebensmonat, Tod im Erwachsenenalter o Typ 4: Selten Beginn im Erwachsenenalter Auch asymmetrische und distal betonte Formen X-Bulbospinale SMA (Kennedy-Syndrom) o Wichtigste Differentialdiagnose zur ALS im Erwachsenenalter o Häufigste atypische SMA o Beginn im Erwachsenenalter o Symmetrische proximal betonte Tetraparese mit Atrophien und Faszikulationen o Weitere Symptome: Gynäkomastie, Dysarthrie o Ätiologie: Störung des Androgen-Rezeptor-Proteins (ARP) Probleme in der dendritischen Entwicklung o Triplett-repeat-Disease (CAG-repeats auf Chromosom Xq12) o Dadurch Polyglutamin-Aggregate in Zytoplasma und Zellkern o Durch Aggregate aberrante Proteolyse nach Ubiquitinierung Differentialdiagnosen der SMA: o Myopathien: Muskeldystrophien: Duchenne, Becker, OPMD Myositiden: Polymyositis, Einschlusskörperchenmyositis Glucogenose Typ III (Debranching enzyme deficiency) o Neuropathien (z.B. durch Vaskulitiden) o Poliomyelitis, polioähnlicher Verlauf einer FSME Bulbäre Symptomatik: Zungenatrophie, Fibrillationen (2. Motoneuron) Pseudobulbäre Zungenmotilitätsstörung (1. Motoneuron) Dysphagie mit supraglottischer Penetration Speichelaspiration Mimische Parese Zeichen peripherer Denervierung: Myatrophien Faszikulationen Amyotrophe Lateralsklerose: Sporadische Form (SALS) o Inzidenz: 1,5-2:100000/a o Prävalenz: 5-8/100000 o Männer:Frauen = 1,5:1 o Prädilektionsalter: 58-64 Jahre o Tod meist 3-6 Jahre nach Initialsymptomatik Familiäre Form (FALS) o 5-10% aller ALS-Erkrankungen o Meist autosomal-dominant vererbt o Erkrankungsbeginn meist früher als bei SALS o Häufigste Mutation: im SOD-1-Gen (Cu/Zn-Superoxiddismutase-1 wichtig für Detoxifikation toxischer Sauerstoffradikale) Pathophysiologie: o Erkrankung des 1. und 2. Motoneurons Atrophien und Spastizität o Degenerativer Zelltod (Vorderhorn und präzentrale Betz-Zellen) o Pathogenetische Hypothesen: Glutamaterge Exzitotoxizität Schädigung durch freie Radikale Störung des axonalen Transports Neurotrope Viren, Umgebungsfaktoren (?) o Beeinflussung der Suszeptibilität und des Verlaufs durch modifizierende Gene (z.B. CNTF) o Ausschließlich motorische Symptomatik o Schleichend progredienter Verlauf o Häufig zunehmende Dysarthrie und Dysphagie o Tod durch respiratorische Insuffizienz oder Aspirationspneumonie o Milde bis mäßige CK-Erhöhung o Im cMRT hyperintense Pyramidenbahn o Pathologische motorisch evozierte Potentiale (MEP) Pathologische zentrale Leitungszeit Pathologische Spontanaktivität o ElEscorial-Kriterien (klinische und elektrophysiologische Kriterien und ihr Verteilungsmuster) Diagnose vermutet – möglich – wahrscheinlich – sicher je nach Anzahl und Stärke vorhandener Kriterien Differentialdiagnose der ALS: o Zervikale Myelopathie o Syringomyelie, Syringobulbie o HTLV-I-Myelopathie o HIV-Enzephalomyelopathie o CJD o Post-Polio-Syndrom o Motorische Neuropathien o Tauopathien: insbesondere frontotemporale Demenz (FTD) o Hexosminidase A-Mangel Hereditäre Spastische Spinalparalyse (HSP): Erkrankung des 1. Motoneurons keine Atrophie oder Faszikulationen Häufigkeit: 1-2/100000 Degenerativer Zelltod präzentraler Betz-Zellen Schleichend progrediente spastische Paraparese/ Tetraparese Typische Scherenspastik Leichte Sensibilitätsstörungen Unkomplizierte und komplizierte Formen Komplizierte Formen mit Begleitsymptomen: o Periphere Neuropathie o Epilepsie o Ataxie o Demenz Differentialdiagnosen: o ALS o Zervikale Myelopathie o Spinale Tumoren o Stoffwechselerkrankungen und entzündliche Erkrankungen des Myelons Therapieansätze: Kausale Therapie bei degenerativen Erkrankungen noch nicht möglich Bedeutung der symptomatischen Therapie Symptomatische Therapie: o Spastizität: orale Antispastika, Krankengymnastik o Muskelschwäche: Cholinesterasehemmer, Krankengymnastik, Ergotherapie o Orthesen und Hilfsmittel o Dysphagie: Schlucktherapie, evtl. PEG o Dysarthrie: Logopädie 6. Zentrale Motorik II – Bewegungsstörungen Die Basalganglien: Anteile: o Nucleus caudatus Striatum o Putamen Nucleus lentiformis o Globus pallidus (internus und externus) o Nucleus accumbens o Tuberculum olfactorium Enge Beziehungen zu o Substantia nigra (pars compacta und pars reticularis) o Nucleus subthalamicus Funktionelle anatomische Schleifen: Limbische Schleifen: affektiv/ emotionale Funktionen, Motivationsprozesse Präfrontale Schleifen: kognitive Funktionen, andere „high level“ Prozesse Motorische Schleifen: (rot: Hemmung, grün: Aktivierung) Normale motorische Kontrolle Kortex Striatum D2-Rez. D1-Rez. GABA Enkephalin Dopamin Substantia nigra pars compacta Globus pallidus externus GABA Ncl. subthalamicus Glutamat Ncl. ventralis anterior + Ncl. ventrolateralis thalami GABA Substanz P GABA Globus pallidus internus Substantia nigra pars reticularis Glutamat Einteilung der Bewegungsstörungen: Hypokinetische Syndrome – Parkinson-Syndrome Hyperkinesen: o Chorea Hirnstamm o o o o o o o Dystonien Tremor Ballismus Athetose Tics Myklonus Etc. Morbus Parkinson: 70-80% der Parkinson-Syndrome Prävalenz : 1-2 auf 1000 Bei >60jährigen 1% der Bevölkerung Diagnostik des Parkinson-Syndroms: o Obligat : Akinese/ Bradykinese Verlangsamung der Bewegungsinitiation Verlangsamung und Amplitudenreduktion bei der Durchführung von Bewegungen o + eines der folgenden Symptome: Ruhetremor (4-6Hz), häufig durch eine kognitive Aufgabe provozierber Rigor (nicht geschwindigkeitsabhängig wie bei der Spastik) Störung posturaler (gleichgewichtsregulierender) Reflexe bei gleichzeitiger Abwesenheit visueller, zerebellärer oder propriozeptiver Dysfunktionen Diagnostik des M. Parkinson: o Diagnose des Parkinson-Syndroms o + 3 der folgenden Kriterien: Einseitiger Beginn Persistierende Asymmetrie Ruhetremor Progredienter Verlauf Initial gute L-Dopa-Response Wirksamkeit von L-Dopa über >5 Jahre Mehr als 10jähriger klinischer Verlauf L-Dopa-getriggerte Hyperkinesen Pathologisches Substrat: o Verlust dopaminerger Neurone in pars compacta der Substantia nigra Depigmentierung im Mittelhirn o Lewykörperchen = intraneurale Einschlüsse, anfärbbar mit Antikörpern gegen Synuclein und Ubiquitin Mechanismus der Neurodegeneration: o Proteinaggregate als Schlüsselereignis (Lewykörperchen) o Toxische Wirkung der Aggregate Apoptose Genetik des M. Parkinson: o Gestörte Expression von Genen, deren Produkte an Proteinstoffwechsel, -faltung und –abbau beteiligt sind o Z.B. Parkin-Gen, PARK3, PARK4, etc., alpha-Synuclein-Gen o Genetische Komponente v.a. bei früh beginnenden Formen, bei der Mehrzahl der Patienten ist die Krankheit aber idiopathisch Multimodale Neurodegeneration: auch Abbau noradrenerger, serotonerger und cholinerger Neurone weitere Störungen: o Depression (nicht reaktiv sondern durch Degeneration serotonerger und noradrenerger Neurone) o Kognitive Störungen durch Degeneration cholinerger Neurone Schema: Normale motorische Kontrolle Kortex Striatum D2-Rez. D1-Rez. GABA Enkephalin Dopamin Substantia nigra pars compacta Globus pallidus externus GABA Ncl. subthalamicus GABA Substanz P GABA Globus pallidus internus Substantia nigra pars reticularis Glutamat d.h.: Glutamat Ncl. ventralis anterior + Ncl. ventrolateralis thalami Hirnstamm Ausfall der Substantia nigra pars compacta Wegfall der Hemmung der D2-Rez. und der Aktivierung der D1-Rez. Verstärkte Hemmung des Globus pallidus externus, dadurch weniger Hemmung des Ncl. subthalamicus Verstärkte Aktivierung des Globus pallidus internus (auch durch wegfallende Hemmung durch Striatum) und der Substantia nigra pars reticularis Verstärkte Hemmung der Thalamuskerne Fehlende Energisierung des motorischen Kortex Dopamin-Ersatztherapie: o Dopaminergika: L-Dopa (Dopamin selbst kommt nicht über Blut-Hirn-Schranke) Dopamin-Rezeptor-Agonisten COMT-Hemmer, MAO-B-Hemmer o Antiglutamatergika (Amantadin, Budipin) o Anticholinergika (synthetisch, Budipin) Logik: Dopamin und Acetylcholin halten eine Balance durch Abbau von Acetylcholin mehr Dopamin Problem: Verstärkung der Wirkung der cholinergen Neurodegeneration, daher nur Medikamente 2. oder 3. Wahl Komplikationen der Dopamin-Ersatztherapie: o Stadium I: Motilität normalisiert sich o Stadium II: Fluktuation der Motilität mit dem Medikamentenspiegel o Stadium III: Endintervall-Akinese (mit Abnahme des L-Dopa-Spiegels im Intervall zwischen den Einnahmen nimmt die Motilität ab) o Stadium IV: L-Dopa-Spätsyndrom (choreatiforme Hyperkinesen im Wechsel mit Akinesen) Chirurgische Therapie: pallidale Chirurgie o Zerstörung des Globus pallidus oder des Nucleus subthalamicus o Heute meist reversible Inaktivierung durch implantierte Elektroden (= stereotaktische Therapie – elektrische Tiefenstimulation) Multisystematrophie: Häufigere Erkrankung der 20-30% Parkinson-Syndrome, die nicht M. Parkinson zuzuordnen sind Klinische Leitsymptome: o Parkinson-Syndrom o Dysarthrie o Dysphagie o Autonome Störung (Shy-Drager-Variante) o Antecollis o Laryngealer Stridor o Spasmodische Dysphonie o Zerebelläre Ataxie (OPCA-Form Neuropathologie: o Vorwiegend in Oligodendrozyten lokalisierte argyrophile, -Synuclein-positive Einschlusskörperchen o Verbreiterter Neuronenverlust und Gliose u.a. in Substantia nigra Putamen Autonomen Kerngebieten Olive Zwei Formen: o Beginn mit Parkinson-Symptomatik o Ataktischer/ zerebellärer Beginn o Gemeinsame Endstrecke: beide Komponenten Diagnosekriterien: o Blutdrucksenkung bei Orthostase o Harninkontinenz o Parkinson-Syndrom o Zerebelläre Symptomatik o Pyramidenbahnläsion Bildgebung: Mittelhirn- und/oder Kleinhirnatrophie Progressive supranukleäre Blickparese (PSP): = Steel-Richardson-Olschewsky-Syndrom Klinische Leitsymptome: o Parkinson-Syndrom o Frühzeitige Gangstörung o Vertikale Blickparese o Dysphagie o Demenz o Reklination des Kopfes o Sehr schlechte bzw. fehlende L-Dopa-Response o Rasche Progression Kortikobasale Degeneration – klinische Diagnostik: Parkinson-Syndrom „Alien-Limb“-Phänomen Dystonie (v.a. distal betonte Flexionsdystonie des Arms) Aktions-/ Haltemyoklonus Kortikale Sensibilitätsstörung (Astereognosie, Hypographästhesie) Apraxie Pyramidenbahnzeichen Chorea Huntington: Normale motorische Kontrolle Striatum D2-Rez. D1-Rez. GABA Enkephalin Globus pallidus externus GABA Ncl. subthalamicus Dopamin Kortex Glutamat Ncl. ventralis anterior + Ncl. ventrolateralis thalami GABA Substanz P Substantia nigra pars compacta Glutamat Globus pallidus internus Substantia nigra pars reticularis GABA Hirnstamm Neuronenuntergang im Striatum, besonders im Bereich der D2-Rezeptoren Wegfall der Hemmung des Thalamus überschießende Aktivierung des Kortex Klinische Trias: o Choreatiforme Hyperkinese o Demenz o Depression Prävalenz: 21 auf 100000 Erkrankungsmanifestation zwischen 30. und 50. Lebensjahr Autosomal-dominant vererbte Triplett-repeat-Erkrankung mit 100%iger Penetranz Hemiballismus: Ausfall des Nucleus subthalamicus, z.B. durch Infarkt Nichtdegenerativ Überschießende Bewegungen Dystonie: Verkrampfungen der Willkürmuskulatur, die zu abnormen Bewegungen und Stellungen führen und mit der normalen Bewegungsausführung interferieren Klassifikation nach: o Lokalisation: Fokal/ segmental (z.B. Blepharospasmus, zervikale Dystonie, etc.) Generalisiert: Multifokal Hemidystonie Sonderformen o Erkrankungsalter o Ätiologie o Therapie Ätiologie: o Idiopathisch o Genetisch bedingt: Autosomal-dominant vererbt (z.B. DYT-1-Gen), geringe Penetranz X-chromosomal vererbt o Strukturelle Läsionen o Medikamentös (Neuroleptika) Therapie: o Botulinumtoxin Bei fokalen Dystonien Wirkmechanismus: Bindung, Internalisierung und Hemmung der Acetylcholinfreisetzung Wirkungsbeginn 3-8 Tage nach Injektion Wirkdauer 2-4 Monate o Medikamentös (bei generalisierten Dystonien) o Chirurgisch: Selektive Denervierung Tiefe Hirnstimulation Essentieller Tremor: Häufigster Tremor überhaupt Bei ca. 1-3% der Bevölkerung Zu 50% autosomal-dominant vererbt Erkrankungsgipfel: o 20.-30. Lebensjahr o 50.-60. Lebensjahr Haltetremor, Aktions- und Intentionstremor, d.h. nicht in Ruhe (wie bei Parkinson) interferiert stärker mit Bewegungen Therapie: o Standard: Beta-Blocker Primidon o Tiefe Hirnstimulation Bei ca. 50% der Patienten Besserung durch Alkohol (wird aber meistens nicht zugegeben) 7. Kopf- und Gesichtsschmerzen Primäre Kopfschmerzen: Spannungskopfschmerzen Migräne Cluster-Kopfschmerzen Chronisch-paroxysmale Hemikranie Hemicrania continua Trigeminusneuralgie Sekundäre Kopfschmerzen: Subarachnoidalblutung Meningitis Arteriitis cranialis Zosterneuralgie Liquorunter-/ überdruck Intrakranieller Tumor Meningeose Zervikogener Kopfschmerz Sinusitis, Zahn- und Kiefererkrankungen Was tut weh im Kopf? Sinus, Venen Proximale Abschnitte der Arterien Hirnhäute in der Nähe großer Arterien Hirnnerven Obere zervikale Wurzeln Extrakranielle Strukturen (Gesichtsschädel) NICHT: Hirnparenchym Besonders wichtig bei den meisten Erkrankungen: V1 (N. ophthalmicus) o Oberes Drittel des Gesichts o Haut: Vertex bis inklusive Oberlid o Cornea o Mucosa der Sinus (frontalis, ethmoidalis, etc.) o Dura mater des Tentorium cerebelli Subarachnoidalblutung: Klinisches Bild: o Perakut einsetzender heftigster Kopfschmerz o Kopfschmerzen „wie noch nie“ o Nackensteifigkeit (!) o Evtl. Bewusstseinsstörung o Evtl. neurologische Ausfälle o CT: Blutung in den Subarachnoidalraum zwischen Pia mater und Arachnoidea, z.B. aus Aneurysma der basalen Hirnarterien Stadieneinteilung (Hunt&Hess): o I: leichter Kopfschmerz/ Meningismus o II: mäßiger – schwerer Kopfschmerz/Meningismus, evtl. Hirnnervenausfälle o III: Somnolenz/ Verwirrtheit und/oder neurologische Ausfälle o IV: Sopor, schwere neurologische Ausfälle, vegetative Störungen o V: Koma Diagnostik: o CCT: Blutungsnachweis o Liquorpunktion: falls kein sicherer Blutungsnachweis im CT, 3-Gläser-Probe o Angiographie: Nachweis eines Aneurysmas Therapie: o Intensivmedizinische Überwachung o Bis zur Aneurysma-Ausschaltung normale Blutdruckwerte anstreben o Entfernung des Aneurysmas (Clipping, Coiling) o Danach: Doppler-Monitoring auf Spasmen (Verengungen intrakranieller Arterien Flüsse >120m/s Minderperfusion abhängiger Gebiete Schlaganfall) Nimodipin 2mg/h Bei Spasmen HHH-Therapie (nur, wenn Aneurysma vorher beseitigt wurde!): Hypertension: RRsyst 160-180 Hypervolämie: ZVD ca. 12 Hämodilution: Hk ca. 30 o Bei fehlendem Aneurysma-Nachweis: Re-Angiographie nach 1-2 Wochen bzw. nach Abklingen der Spasmen (3 Wochen) CAVE: hohe Gefahr der Rezidivblutung, die dann kaum zu stoppen ist!!! - Meningitis: Formen: o Eitrig (septisch = bakteriell) o Aseptisch (viral, Pilze, einige Bakterien, Meningeose) Symptome: wie bei Subarachnoidalblutung, zusätzlich Fieber Kopfschmerzen vom Spannungstyp: Symptomatik: o Lokalisation: parietal, holozephal, bandförmig, beidseitig, mit „Benommensein“ o Qualität: dumpf, drückend und bohrend o Intensität: leicht bis mittel o Meist nicht durch körperliche Aktivität verstärkt o Keine kombinierten Begleitsymptome (wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmscheu) o Alltagsverrichtungen möglich, Arbeitsfähigkeit vorhanden Epidemiologie: o Lebenszeitprävalenz: Episodische Form: 66% Chronische Form: 3% o Frauen:Männer = 3:1 o Familiär gehäuftes Auftreten Formen: o Episodisch, selten: >10 Attacken in Anamnese <12 Kopfschmerztage im Jahr o Episodisch, häufig: >10 Attacken in Anamnese >12 aber <180 Kopfschmerztage im Jahr o chronisch: >180 Kopfschmerztage im Jahr oder >15 Kopfschmerztage im Monat Unterformen: Palpation des M. temporalis o Mit erhöhter Schmerzempfindlichkeit der perikraniellen Muskulatur o Ohne erhöhter Schmerzempfindlichkeit der perikraniellen Muskulatur Ätiologie vielfältig (Stress, Muskelverspannungen, HWS-Störungen, Störung des Serotonin-Stoffwechsels, etc.) sorgfältige Anamnese (auch psychosozial) Therapie: o Episodische Form: Ibuprofen 3Tabl/d bzw. 10Tabl/Monat sollten Ketoprofen nicht überschritten werden ASS sonst Gefahr des medikamenteninduzierten Paracetamol Dauerkopfschmerzes o Chronische Form: Physikalische Maßnahmen (KG, TENS, Biofeedback) Entspannungs- und Stressbewältigungsstrategien Pfefferminzöl 10% äußerlich Amitriptylin Ret. 10-25mg zur Nacht (ggf. wöchentlich um 25mg steigern bis 25-0-100) Mirtazapin 30mg zur Nacht Migräne: Symptomatik: o Evtl. Prodromi, evtl. Aura (in ca. 20%) am häufigsten Flimmerskotom )aber auch Sensibilitätsstörungen, Sprach-/Sprechstörungen, Hemiparesen o Anfallsartiger Kopfschmerz über 4-72h o Häufigkeit von einmal/Jahr bis zweimal/Woche o Meist einseitig, temporal, oft auch okzipital o Qualität: pochend, pulsierend, drückend, bohrend o Verstärkt durch Bewegung (Gehen) o Begleitsymptome: Lärm- und Lichtscheu, Übelkeit, Erbrechen o Häufig durch Schlaf beendet Trigger: o Stress o Veränderungen des zirkadianen Rhythmus o Nahrungsmittel (Zitrusfrüchte, Käse), Alkohol o Koffein (häufiger aber Milderung durch Koffein) o Traumen o Medikamente (Nitrate, NO-Spender) Altersabhängigkeit: Gipfel um das 40. Lebensjahr Frauen häufiger als Männer betroffen Erblichkeit: o Bei Verwandten ersten Grades mit Aura: 4x erhöhtes Risiko o Bei Verwandten ersten Grades ohne Aura: 1,6x erhöhtes Risiko o Eineiige Zwillinge in 20-50% konkordant o Familiäre hemiplegische Migräne (Aura = Hemiplegie): Sonderform mit „Migräne-Gen“ FHM1 bzw. FHM2 Störung einer Untereinheit eines Ca-Kanals Dadurch mangelnde Kontrolle der neuronalen Erregbarkeit, erniedrigte Reizschwellen in elektrophysiologischen Untersuchungen Rolle des Serotonin: o Serotoningabe im Anfall kupiert die Migräne, Serotoningabe im Intervall löst sie aus o Viele serotoninerge Neurone sind in schmerzmodulierenden Zentren des Hirnstamms o Hohe Östrogenspiegel korrelieren mit hohen Serotoninspiegeln vgl. prämenstruelles Auftreten der Migräne o Aktivität serotonerger Neurone ist im Alter und im Schlaf reduziert o Chronische Analgetika-Einnahme reduziert die Zahl der Serotonin-Rezeptoren o Bei Migräne mit Aura tritt häufiger das Allel mit schlechter Funktion des Serotonin-Transporters auf (Feinabstimmung der serotonergen Neurotransmission verschoben) Aktivität im Hirnstamm während einer Attacke (PET-Scan) Migränegenerator im Hirnstamm Spreading Depression: o Wandert beim Versuchstier über den Kortex im gleichen Tempo wie ein Flimmerskotom Überprüfung an Migränepatienten o Spreading-BOLD-Signal im visuellen Kortex (entspricht einer blood-oxygendependant Vasodilatation) o Dieses Signal bewirkt Plasmaextravasation durch trigeminale Aktivierung der Nerven von Blutgefäßen Vasodilatation und rückwärtige Signale an Schmerzzentren im Hirnstamm Pathogenese: o Cortikale Spreading Depression o Trigeminusfasern in der Dura o Sensibilisierung o Trigeminuskerne – Thalamus o Kortex Trigeminovaskuläre Aktivierung als Ansatz für die Therapie (regulatorische Rezeptoren sind serotoninerg) Aktivierung der Serotonin-Rezeptoren durch Triptane und Ergotamine (hilft nicht in der Aura-Phase) Anfallstherapie: o ASS/ Paracetamol o Ibuprofen/ Naproxen möglichst früh o Vor/mit Analgetikum: Metoclopramid, Domperidon o Triptane o Aspisol (+ Antiemetikum, z.B. Vomex) nie bei erstmaligem Auftreten (DD Blutung) o Ergotamintartrat, Dihydroergotaminmesilat Intervalltherapie: o Nicht-medikamentös: Aufklärung über Lebensrhythmus, Ernährung, Vermeiden von Triggern Ansprechen von Stress, Konflikten Entspannungstraining, ggf. Akupunktur o Medikamentös: bei >3 schweren Anfällen pro Monat Beta-Blocker: Metoprolol, Propranolol (Retard-Präparate), dabei wirken nicht alle Betablocker, außerdem cave Blutdrucksenkung Flunarizin 5-10mg (Ca-Antagonist): nicht bei Depression in der Anamnese, außerdem cave Gewichtszunahme Valproat 500-600mg (niedrig dosiertes Antiepileptikum) Topiramat 50-200mg (niedrig dosiertes Antiepileptikum) Cluster-Kopfschmerzen: Epidemiologie: o Selten, Prävalenz ca. 0,1% o Zu 80% sind Männer betroffen o Manifestation zwischen 20. und 40. Lebensjahr Symptomatik: o Starker, unilateraler, orbitaler/temporaler Gesichtsschmerz o Immer auf der gleichen Seite o Bohrend, brennend, stechend o Meist über ca. 30min, oft nachts (Patient muss aufstehen und umhergehen) Begleitsymptome: ipsilateral o Konjunktivale Injektion, Tränenfluss o Verstopfte Nase, Rhinorrhoe Über 2-12 Wochen (Cluster), dann Remission für Monate bis Jahre Jahreszeitliche Häufung (Februar-Juni) Provokation, u.a. durch Alkohol Pathogenese: o Aktivierung des trigeminovaskulären Systems o Vaskulitis des Sinus cavernosus? o Störung des inneren Zeitgebers in den Nuclei suprachiasmatici mit Verbindungen mit dem serotonergen System von Hirnstamm und Trigeminuskernen PET: Aktivierung im Hypothalamus und Schmerzzentren Therapie im Anfall: o Sauerstoff 100% über 10min 5-7l/min über Maske (wirkt bei 80%) o Sumatriptan 6mg s.c. (bei 80% Besserung in 15min) o Rizatriptan p.o. o (ältere Medikamente: Ergotamintartrat i.v. oder i.m.; Lidocain intranasal) Prophylaxe: o Verapamil hochdosiert NE: Obstipation, Müdigkeit, Hypotonus, Blockbilder o Prednison NE: Ulcus, Thrombosen, Diabetes o Lithium NE: Nierenfunktion, Tremor, Struma, CAVE Intoxikation o Topiramat NE: kognitive Störungen, Parästhesien Unwirksam sind (!!!): o Paracetamol, Novalgin, NSAR, Opiate o Entspannung, Psychotherapie, Biofeedback o Akupunktur, TENS, Massagen, Manualtherapie Trigeminusneuralgie: Prävalenz 1:30000 Frauen häufiger als Männer betroffen Meist ab 6. Lebensjahrzehnt Am häufigsten V2 und V3 betroffen, nur 12% V1 Symptom: stechender, einseitiger Sekundenschmerz Anfangs Remissionen über Wochen möglich Trigger: Sprechen, Essen, Trinken wird oft verweigert (besonders im Alter), daher Therapie sehr wichtig Ätiologie: o Gefäß-Nerv-Konflikt: verhärtete Arterie drückt auf Eintrittspforte des Nerven in die Brücke o Symptomatische Neuralgie: MS, Neurinom, Aneurysma drückt auf Nerv o Durch den Druck Demyelinisierung in der pontinen Eintrittszone Medikamentöse Therapie: o Carbamazepin, einschleichend dosiert (anfangs fast 100% erfolgreich) o Phenytoin (für schnelle Wirkung, als Kurzinfusion bis Carbamazepin wirkt) o Baclofen OP-Verfahren: o Offen: mikrovaskuläre Dekompression nach Jammetta o Perkutan: selektive perkutane Thermoläsion nach Sweet Arteriitis temporalis: Bei Patienten ab 50Jahren Neu aufgetretener, langsam schleichender Kopfschmerz Oft mit Gliederschmerzen (Polymyalgia rheumatica) Generalisierte Gefäßentzündung Visusverlust BSG > 50 (!!!) Temporalisbiopsie: nekrotisierende Arteriitis Ischämische Optikusneuropathie Erblindung in 50% der unbehandelten Fälle Rasche Therapie mit hochdosierten Kortikosteroiden, Erhaltungstherapie über 12-24 Monate (sonst hohe Rezidivgefahr) 8. Neuropsychologie Definitionen: Neuropsychologie: Erforschung der zentralnervösen Grundlagen des menschlichen Verhaltens und Empfindens Klinische Neuropsychologie: Diagnostik und Therapie der Folgen von Hirnschädigungen auf Intellekt und Psyche des Menschen Voraussetzungen: Das Verhalten des Menschen wird vom Gehirn gesteuert Der Mensch hat konstante Fähigkeiten und Eigenschaften (trotz wechselnder Verhaltensweisen) Die konstanten Fähigkeiten und Eigenschaften sind Produkte umschriebener Regionen des Gehirns Neuropsychologische Syndrom: Aphasie Amnesie Apraxie Agnosien (Störungen des Wissens und Erkennens) Störungen der Raumauffassung, Neglect Aphasien: Zentrale Sprachstörungen, die alle expressiven und rezeptiven sprachlichen Modalitäten betreffen (Sprechen, Verstehen, Lesen, Schreiben) Differentialdiagnosen: o Dysarthrien: Störungen der Sprechmotorik o Verwirrtheit Anatomie: o Sprachzentrum bei 90% der Menschen links in der Konvexität der Großhirnrinde um die Fissura Sylvii o Linkshänder: bei 60% Sprachzentrum links, bei 40% rechts oder beidseits o 1-2% sind rechts sprachdominant o Festlegung der Sprachdominanz mit 5-6 Jahren Ätiologie: o Ischämische/ hämorrhagische Insulte (80%) o Tumoren o Trauma o Enzephalitis o Degenerative Erkrankungen Symptome: o Die sprachlichen Modalitäten sind auf sprachsystematischer Ebene in unterschiedlichen Verteilungen gestört (Syntax, Lexikon, Grammatik, etc.) o Bestimmte Symptomhäufungen = Aphasiesyndrome (Gefäßsyndrome), je nachdem welche Gehirnregion ausfällt Spontanverlauf: o Aphasiesyndrome bleiben nur bei <50% über die Zeit konstant o Bei 33% in den ersten 4 Wochen Normalisierung o Bis zum 7. Monat sind weitere 35% geheilt/ haben minimale Restsymptomatik o Bei 10% keine Besserung o Bei 30% Syndromwandel o Nach 12 Monaten ist der chronische Zustand eingetreten Untersuchung bei Aphasie: o Liegt überhaupt eine Aphasie vor? o Klassifikation und Schweregrad o Welche sprachlichen Modalitäten und sprachsystematischen Ebenen sind betroffen? o Erfassung von Begleitstörungen (Gedächtnis, Aufmerksamkeit, etc.) Syndrome – typische Störungsmuster: o 4 Standardsyndrome und 2 Sonderformen o Im angloamerikanischen Raum Unterteilung in zwei Formen: fluent vs. nonfluent Zusatzsymptome: o Apraxie: bukkofacial, Extremitäten-Apraxie o Konstruktiv räumliche Störung o Rechenstörungen Standardsyndrome: o Amnestische Aphasie: gestörte Wortfindung, der Rest der Sprache ist in Ordnung, gute Kommunikation möglich (weil Stellvertreterworte gefunden werden etc.) o Broca-Aphasie: Verlangsamung, Störung der expressiven Sprache, Telegrammstil, keine Prosodie, Buchstaben- und Silbenfehler (phonematische Paraphasien, z.B. Kuschreiber statt Kugelschreiber), Kommunikation stark gestört o Wernicke-Aphasie: guter Sprechfluss, Artikulation und Prosodie aber viele semantische Fehler und Neologismen, daher kaum verständlich (DD Verwirrtheit!!!), Kommunikation stark gestört o Globale Aphasie: kaum Sprache vorhanden Lokalisation: o Broca-Aphasie: Läsion im vorderen Mediastromgebiet o Wernicke-Aphasie: Läsion im hinteren Mediastromgebiet o Globale Aphasie: Läsion in beiden Stromgebieten sowie in der Verbindung zwischen ihnen Therapie: Logopädie, dabei Aufbau von Kompensationstechniken mithilfe der Restfähigkeiten Anterograde Amnesie: Störung des Neugedächtnisses o Kurzzeitgedächtnis (verbal oder räumlich) gestört, dadurch keine Konsolidierung o Langzeitgedächtnis gestört Isolierte Störungen des Kurzzeitgedächnisses sind sehr selten! o Rechter Parietallappen Störung der räumlichen Merkspanne o Auditiver Assoziationskortex im linken Temporallappen Störung der verbalen Merkspanne Langzeitgedächtnisstörung: o Schwere soziale Beeinträchtigung durch erinnerte Lebensspanne von wenigen Minuten o Dabei erhaltene und lernbare Funktionen (motorische und perzeptuelle Fähigkeiten, z.B. ist es möglich, Klavierspielen zu lernen) o Vgl. Aufteilung des Langzeitgedächtnisses: Deklarativ Episodisch Semantisch Prozedural o Unterteilung in explizites und implizites Erinnern (bewusst und unbewusst) Gedächtnistests: o Verbal: Lernvermögen für vorgegebene Wörter, freier Spätabruf der gelernten Wörter, unterstützter Spätabruf, Wiedererkennen der Wörter (vgl.: bei normaler Altersvergesslichkeit hilft Unterstützung und Wiedererkennen, bei M. Alzheimer nicht) o Nonverbal: z.B. komplexe Figur von Rey nachzeichnen (bei anterograder Amnesie wird das Abzeichnen nach mehrmaliger Wiederholung besser, da geübt, das Zeichnen aus der Erinnerung funktioniert aber nicht) Beispiele für anterograde Amnesie: o Transiente globale Amnesie (TGA) = amnestische Episode: vorübergehend, gutartig, unklare Ätiologie, meist nur einmalig o Insult (Hippocampus, Thalamus) o Hypoxie (Hippocampus, CA1-Feld) o Tumoren o Herpes-Enzephalitis (Temporallappen) o Korsakow-Syndrom (Thalamus, Corpus mammilare) o M. Alzheimer o ACA-Aneurysma (basales Vorderhirn) Anatomie: o Hippocampus o Verbindung Hippocampus – Thalamus o Paramedianer Thalamus o Amygdala und orbitofrontaler Kortex Retrograde Amnesie: Amnesie für eine Zeitspanne vor einem Ereignis Prototyp: posttraumatische Amnesie = fehlende Erinnerung für die letzten Tage/ Stunden vor dem Unfall (zeigt dabei die Schwere des Traumas an: je länger die verlorene Zeitspanne, desto schwerer der Schaden) Störung des Altgedächtisses Prototyp: M. Alzheimer (Amnesie kann Jahre zurückreichen) Altgedächtnis: o Episodisch erlebt: Informationen aus persönlichem Leben, öffentlichem Leben o Semantisch erlernt: allgemeine Kenntnisse, Faktenwissen (Bildung) o Prozedural erlernt: Handlungsroutinen, Wahrnehmungs- und Denkroutinen Tests: o Abbildungen benennen o Zeichnungen komplettieren, etc. Anatomie: o Temporalpol o Inferotemporalkortex Apraxie: Fehlerhaftes Ausführen einiger motorischer Handlungen Nicht bedingt durch Parese, Koordinations- oder Sensibilitätsstörung Bilaterale Störung Meist linkshirnige Läsion mit Aphasie o Bukkofaciale Apraxie bei 80% der Aphasie-Patienten o Gleidmaßenapraxie bei 25% der Aphasie-Patienten Apraxien sind Diskonnektionssyndrome: o Normale Verbindung: Aufforderung zur Handlung visuokinetisches Engramm motorischer Assoziationskortex primär motorischer Kortex via Balken zur Motorik der anderen Seite o Bei Unterbrechung der Verbindungen an einer Stelle ist Apraxie die Folge o Z.B. Balkenläsion: unilaterale Apraxie (sonst bilateral) Einteilung: o Ideomotorisch: Umsetzung eines Plans in motorische Aktion ist gestört (Störung bei Pantomime-Aufgaben) häufig o Ideatorisch: Plan der Bewegung fehlt (Störung von Handlungsfolgen im Alltag) selten Nicht sinnvolle aber gelegentlich abgefragte Einteilung: o Gangapraxie nicht sinnvoll, da schwierige DD zu anderen Störungen o Lidapraxie (z.B. Basalganglien-Erkrankung) o Ankleideapraxie nicht sinnvoll, da eigentlich keine Apraxie o Konstruktive Apraxie sondern räumliche Orientierungsstörung Untersuchungsmethoden: o Transitive Bewegung: Aufforderung zur Pantomime von Objektgebrauch („Tun Sie so als ob...) o Intransitive Bewegung (bedeutungsvolle Gesten): z.B. „Zeigen Sie eine lange Nase“ o Bedeutungslose Gesten Aufforderungsmodalitäten bei der Untersuchung: o Verbal o Visuell o Imitatorisch o Taktil o Tatsächlicher Werkzeuggebrauch Parapraxien: Bewegungen mit Fehlern Substitution (z.B. Mund spitzen statt Nase rümpfen) Überschussbewegungen Auslassungen (z.B. beim Pfeifen kein Ton) Annäherungsverhalten Körperteil-als-Objekt-Fehler (z.B. Finger als Zahnbürste benutzen) Perseveration 9. Demenz Diagnosestellung: Notwendige Symptome: KZG- und LZG-Störungen + mindestens eines der folgenden Symptome: o Beeinträchtigung des abstrakten Denkens, Urteilens und Planens o Fokal-neuropsychologische Zeichen (Aphasie, Apraxie oder Agnosie) o Veränderungen der Persönlichkeit Schwer genug, um mit der Arbeit oder sozialen Kontakten zu interferieren Nicht diagnostizierbar, wenn die Symptome im Zusammenhang mit einem Delir (oder einer anderen akuten organischen Erkrankung) auftreten. Epidemiologie: Prävalenz mit dem Lebensalter ansteigend Daher Prävalenz insgesamt ansteigend Inzidenz in der Altersgruppe zwischen 85 und 90 Jahren: 10% Klinische Untersuchung: Mini-Mental-Status-Test: schnell durchführbar, aber für bestimmte Störungen nicht sensitiv Schreibtest: Auslassungen von Buchstaben, Perseverationen Zeichentest: Haus zeichnen konstruktive Apraxie Klassifikation: Primär degenerative zerebrale Erkrankungen (am häufigsten) Zerebrovaskuläre Formen (Prophylaxe möglich) Sekundäre Formen (als einziges kausal behandelbar) Primär degenerativ bedingte Demenzen: M. Alzheimer Lobär betonte/ fokal umschriebene kortikale Atrophien o Ohne Alzheimer- oder Pick-Symptomatik o M. Pick Lewy-Körperchen-Krankheit Progressive supranukleäre Ophthalmoplegie Kortiko-basale Demenzen Etc. Häufigkeiten: M. Alzheimer: 60% Lewy-Körperchen-Krankheit: 15% Vaskuläre Demenzen: 15% Frontotemporale Demenzen: 5% Rest: 5% Beachte dabei: vaskuläre Demenz und M. Alzheimer verhalten sich über-additiv (bei vaskulärer Erkrankung ist M. Alzheimer viel stärker ausgeprägt) M. Alzheimer (Demenz vom Alzheimer-Typ, DAT): Langsam progrediente Entwicklung von Gedächtnisstörungen, aphasischer und apraktischer Defizite Veränderung des Verhaltens, Verlust der Spontaneität Verkennungen, Halluzinationen, paranoide Entwicklungen Versuch, eine Fassade aufrechtzuerhalten (wenn eine Frage wegen Gedächtnisstörung nicht beantwortet werden kann, Versuch des Themawechsels, o.ä.) In 20% mit Depressionen Fakultative Symptome: o Epilepsie o Extrapyramidal-motorische Phänomene o Pathologische (Greif-)Reflexe, Paratonie o Im Spätstadium Pyramidenbahnzeichen Verlauf über 7-8 Jahre nach retrospektiv festgestelltem Beginn des intellektuellen Abbaus Todesursache dann hauptsächlich Infektionen (Bronchopneumonien), Traumata, Mangelernährung Diagnostik: o Kriterien nach NINCDS-ADRDA o Definitive Diagnose erst post mortem möglich o Verdächtige Liquorwerte: Erniedrigung von -Amyloid 1-42, Erhöhung von Proteinen Neuropathologie: o Neuriten-Plaques o Amyloid-Plaques o Neurofibrillenbündel o Untergang von Neuronen, kortikale Atrophie o Dabei Stadien: Transentorhinal Limbisch Neokortikal (wird selten erreicht) Molekulargenetik: o Bedeutung des Chromosoms 21 (vermehrtes Auftreten von M. Alzheimer bei M. Down) o DAT-Gene: APP, PS1, PS2 (autosomal-dominant vererbt) o Suszeptibilitätsgene: für ApoE (deutlich erhöhtes Risiko) Lewy-Körperchen-Demenz: Neuropathologie: o Kortikale Lewy-Körperchen o Neuroaxonale Spheroide o Lewy-Neuriten (Anfärbung mit Antikörpern gegen Synuclein) Diagnostik: o Definitiv nur post mortem o Zentrales Merkmal: fortschreitende Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit, die mit sozialen und beruflichen Funktionen interferiert o Gedächtnisstörung ist dabei nicht primär o Besonders prominent: Aufmerksamkeitsdefizit Abnahme visuell-räumlicher Fähigkeiten (Uhren-Zeichnen-Test sehr sensitiv) Abnahme frontal-subkortikaler Fähigkeiten o Hauptmerkmale: Fluktuation der kognitiven Leistungen und der Vigilanz Wiederholt visuelle, gut geformte und detaillierte Halluzinationen o o o o Spontane Zeichen eines Parkinson-Syndroms, vgl. dazu Dauer eines Parkinson-Syndroms vor Einsetzen der Demenz: <1a Lewy-Körperchen-Krankheit >1a Demenz im Rahmen des Parkinson-Syndroms Unterstützende Merkmale: REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Parasomnie: lebhafte, beängstigende Träume, die ausagiert werden) Häufig assoziiert mit Synukleinopathien REM-Dissoziation zwischen Schlaf und Wachheit Schlafstörungen können zu den Fluktuationen der Vigilanz beitragen Neuroleptika-Sensitivität (evtl. bis hin zu malignem NeuroleptikaSyndrom) Wiederholte Stürze Synkope/ transienter Bewusstseinsverlust Systematische Wahninhalte Halluzinationen in anderen Modalitäten Depression Ausschlusskriterien: Abgelaufener Schlaganfall Andere Krankheit, die mit der kognitiven Leistung interferiert Bildgebung: Volumen des Hippocampus gut erhalten (vs. M. Alzheimer: verkleinert) Dopamintransporter vorhanden (vs. M. Parkinson: verringert) Differentialdiagnose Lewy-Körperchen-Krankheit – Parkinsonerkrankung: Kognitive Beeinträchtigung Psychiatrische Symptome mehr bei Lewy-Körperchen Myoklonus Tremor mehr bei L-DOPA-Erfolg Parkinson Frontotemporale Demenz: Zeichen im Verhalten: o Witzelsucht o Impulsivität o Trägheit o Vernachlässigung (Hygiene) o Echolalie, Echopraxie, stereotypes Verhalten Neurologisch: o Pathologisches Greifen o Palmomentalreflex, Schnauzreflez, Saugreflex o Parkinson-Symptome (Akinese, Rigor) Neuropsychologisch: o Nichtflüssige Aphasie, Logopenie o Perseveration (kognitiv und motorisch) o Relativ gut erhaltene visuospatiale Fähigkeiten und visuelle Orientierung Demenz vom Pick-Typ: Kognitiv: o Gedächtnisstörung o Dysexekutives Syndrom o Progredienz Zerebrovaskulär: o Vaskuläre Schädigung in zerebraler Bildgebung erkennbar o Nachweis pathologischer fokaler neurologischer Befunde Klinisch: o Episoden von Zeichen der Pyramidenbahnschädigung o Frühes Auftreten einer Gangstörung o Blasenstörung o Psychische Symptome (Depression, Persönlichkeitsveränderung) o Dysarthrie, Dysphagie, Akinese, Rigor Für Diagnose wichtig: o Zeitlicher Zusammenhang zwischen Demenz und vaskulärer Schädigung (z.B. innerhalb 3 Monaten nach Schlaganfall) o Stufenweise Verschlechterung (nicht kontinuierlich) Besonderheiten: o Multiple kleine ischämische Ereignisse o Abrupte Verschlechterungen, abrupte Gangstörungen o Häufig assoziiert mit Hypertonie o Leukenzephalopathie o Lebenserwartung deutlich verkürzt Zerebrovaskuläre Erkrankungen als Ursache vaskulärer Demenzen: M. Binswanger Status lacunaris Multiple Territorialinfarkte Intrakranielle Blutungen Vaskulitis M. Huntington: Autosomal-dominant vererbt 2-7: 100000 Mutation eines Gens auf Chromosom 4 Untergang striataler Interneurone Beginn typischerweise im 4.-5. Lebensjahrzehnt Tod nach etwa 20 Jahren Creutzfeld-Jacob-Erkrankung: Infektionserkrankung durch Prionen Diagnostische Kriterien: o Progressive Demenz (Verlauf kürzer als 2 Jahre) o Periodische EEG-Komplexe (triphasisches Muster) o 2 aus den folgenden Kriterien: Myoklonien Zerebelläre/ visuelle Störungen Pyramidale/ extrapyramidale Störungen Akinetischer Mutismus Innerhalb von 9-18 Monaten nach Diagnosestellung i.d.R. Exitus letalis „Normaldruck“-Hydrozephalus: Hakim’sche Trias: o Gangstörung o Inkontinenz o Demenz kognitive Verlangsamung, Gedächtnisstörung, Abnahme von Spontaneität und Initiative Reversibel, durch Ablassen von Liquor behandelbar Medikamentöse Therapie von Demenzen: Cholinesterase-Hemmer: o Bei M. Alzheimer, Lewy-Körperchen-Demenz und Parkinson-Demenz o Präparate: Donezepil (Aricept®) 5-10mg/d Galantamin (Reminyl®) 24-32mg/d Rivastigmin (Exelon®) 6-12mg/d Tacrin (Cognex®) 120-160mg/d Memantin (NMDA-Rezeptor-Antagonist) : Reduktion der Exzitotoxizität bei M. Alzheimer 10.Hirntumore Neuroonkologie: Hirneigene Tumoren Metastasen (intracraniell, intracerebral, ossär) Meningeosis (Tumoraussaat in Liquor und Meningen, Symptome ähnlich Meningitis) Paraneoplastische Syndrome Primäre Hirntumore: 6000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland Hirntumorbedingte Todesfälle: bei Männern 3,7%, bei Frauen 2,7% Häufigster Hirntumor: Glioblastom o 50% aller primären Hirntumoren bei Erwachsenen o Häufigkeitsgipfel bei 35 Jahren und bei 65 Jahren o 5-JÜR <5% Andere: o Meningeome (20%) o Hypophysenadenome (15%) o Neurinome (8%) o Andere (7%) Risikofaktoren für Hirntumore: Familienanamnese (z.B. Neurofibromatose, autosomal-dominant vererbt) Infektionen (v.a. parasitäre Infektionen in der 3. Welt) Leukämien Gliome als häufige Zweittumoren Chemotherapie, Bestrahlung Symptome intracranieller Raumforderungen: 40% fokal neurologischer Störungen (ähnlich wie Schlaganfall aber langsam entwickelt CAVE: apoplektische Metastase, imitiert Schlaganfall durch plötzliche Einblutung) 30% epileptische Anfälle 30% 20% Kopfschmerzen (v.a. bei Alteration der Meningen) Wesens- und Persönlichkeitsveränderungen, meist früh mit Riechstörungen Klinische Fragestellungen zu Differentialdiagnosen: Vorerkrankungen (Malignome evtl. Metastasen) Alter bei Erstmanifestation (vgl. Altersgipfel verschiedener Erkrankungen) Symptomatologie ( Lokalisation des Tumors) Dynamik der Symptome ( Dignität) Altersabhängige Präsentation: Kindheit: o Dysembryoplastische, neuroepitheliale Tumoren o Medulloblastome, PNET o Astrozytome, Optikusgliome o Ependymom, Dysgerminom, Pinealistumor Erwachsene <40Jahre: o Gliome o Hypophysentumore o Meningeome, Lymphome o Dysembryoplastische, neuroepitheliale Tumore o Metastasen o Neurinome Erwachsene >40Jahre: o Gliome (G.m.) o Meningeome o Lymphome o Metastasen WHO-Klassifikation: Neuroepitheliale Tumore: o Astrozytäre Tumore (30%) o Oligodendrogliale Tumore (6%) o Medulloblastome (4%) o Mischgliome, Ependymome, Pinealome (4%) Tumore der Meningen: o Meningeome (15%) o Andere Tumore mesenchymalen Ursprungs (8%) Angiome, Sarkome Tumore der Nerven (7%) Neurofibrom, Schwannom Lymphome und hämatopoetische Tumore (5%) primäre B-Zelllymphome, Plasmozytome Kleinzelltumore (4%) Germinome, Teratome Tumore der Sellaregion (7%) Hypophysenadenom, Kraniopharyngeom Histopathologie hirneigener Tumore: WHO Grad I: o Z.B. pilozytische Astrozytome o Gutartige Zellvermehrung WHO Grad II: o Z.B. Ependymome o Wenig Zellen, selten Kernatypien WHO Grad III: o Z.B. anaplastische Astrozytome o Mitosen und Kernatypien maligne WHO Grad IV: o Glioblastome o Mitosen, Kernatypien, Nekrosen, Endothelproliferation hochmaligne Molekulare Alterationen bei der Gliomgenese: Beginn als WHO Grad II Tumor LOH auf 13q, 10, 19q, etc. Dadurch Entwicklung zu WHO Grad III Tumor Diverse LOH, Amplifikation 7q (EGFR) Dadurch Entwicklung zu WHO Grad IV Tumor D.h. Malignisierungsprozess einer zunächst benignen Veränderung Diagnostik: Anamnese: Erstsymptome, Ausbreitung, Anfälle, Risikofaktoren, etc. (ggf. Fremdanamnese bei Verhaltensauffälligkeiten) Klinische Untersuchung: o Internistisch (Ausschluss metastatischer Prozesse) o Neurologisch (Festlegung des tumorbedingten Defizits) o Festlegung des Karnofsky-Index Bildgebung: o MRT o Ggf. CCT (Ausschluss Verkalkungen) o MRSpektroskopie: N-acetyl Acetat = modifizierte Aminosäure als Marker für Neurone/ Axone Cholin = Hauptbestandteil von Zellmembranen, Marker für Myelin z.B. bei MS erniedrigt, bei erhöhtem Zellumsatz durch Tumorproliferation erhöht Normal: NAA-peak > Cholin-peak Liquor: Ausschluss von Lymphom, Keimzelltumor, meningealer Aussaat EEG: bei symptomatischen Anfällen Neuropsychologie: bei Hirnleistungsstörungen und/oder Verhaltensauffälligkeiten Prognose: 95% aller Patienten mit malignen Gliomen versterben innerhalb der ersten 24 Monate Je früher die Diagnose gestellt wird und je jünger die Patienten sind, desto besser ist dabei die Überlebensrate 5-JÜR: stark abhängig von infiltrativem Wachstum und Resistenz gegenüber Chemotherapie und Bestrahlung o Glioblastom 4% o Astrozytom °III 25% o Astrozytom °II, Mischgliome, Oligodendrogliome, Medulloblastome 40% o Ependymome 60% Bei Oligodendrogliomen, Oligoastrozytomen, Lymphomen und Medulloblastomen gute Erfolge mit Chemotherapie Benigne Meningeome und Neurinome sind nach totaler Resektion i.d.R. geheilt Therapie: Grundlage: mikroskopische und morphologische Diagnostik, Festlegung des Tumorgrads nach WHO-Klassifikation Multimodaler Ansatz: OP > Bestrahlung, Chemo (Problem: Blut-Hirn-Schranke) Präoperativ: o Aufklärung des Patienten über Tumor und Prognose (Ängste, Befürchtungen, Versorgungsvollmacht) o Reduktion des Hirnödems: Dexamethason 40mg i.v., 32mg p.o. in absteigender Dosis Nicht bei V.a. Lymphom dann und bei Therapieresistenz: Mannitol, Glycerol o Behandlung zerebraler Anfälle: Levetiracetam, (Benzodiazepine), Lamotrigin > Phenytoin > Valproinsäure Operativ: o Histologische Sicherung o Funktionserhalt > Radikalität o Funktionelles MRI, Brain mapping, Neurosonographie o Stereotaxie Bestrahlung: 14-20d nach der OP fokale Bestrahlung mit Herddosis 54-60Gy an 24-30d Karnofsky-Index: kritische Grenze bei 70% = sorgt für sich selbst, ist aber unfähig zu normaler Aktivität/ Arbeit Chemotherapie: o Oligodendrogliome sind sensitiver als astrozytäre Tumoren! o Vorraussetzungen für Chemo: WHO Grad 3 oder 4 (bei Oligos 2) Karnofsky > 70 Alter <70 (individuelle Situation beachten) Normales Blutbild, normale Leber- und Nierenfunktion Keine schwerwiegenden kardialen und pulmonalen Begleiterkrankungen o Chemo-Protokolle: PCV-Schema (Oligodendrozytome Grad 3) Procarbazin CCNU Vincristin ACNU (Nimustin): Astrozytome Grad 3 Temozolamid (Temodal®) o 4-6 Zyklen, dabei immer Anpassung bei Nebenwirkungen, AZVerschlechterungen etc. 11. Spinale und radikuläre Syndrome Nicht-traumatische spinale Erkrankungen: in abnehmender Häufigkeit Myelitis: MS Spinalkanalstenose (zervikal, lumbal) Erregerbedingt (Querschnittsmyelitis; Borreliose, viral, Tbc-Abszess) Spinale Durchblutungsstörung (v.a. A. spinalis anterior Syndrom, Aortendissektion, Dura-Fistel) Syringomyelie Hereditäre spastische Spinalparalyse (v.a. Adduktorenspastik der Beine) Spinozerebelläre Ataxie (M. Friedreich) Bedeutung des Sympathikus: Verläuft im Thorakalbereich Nicht im Zervikal- oder Lumbalbereich Bei radikulären Syndromen oft Arm-/ Beinausfälle Parasympathikus (?) Dermatome: Fußsohle Arme und Beine Sensibilitätsstörungen: o Polyneuropathien symmetrisch strumpf- und handschuhförmig o Mononeuropathia multiplex z.B. N. peronaeus + N. medianus (typisch bei Vaskulitis) o Myeloneuropathie Querschnitt Halbseitige Rückenmarksschädigung: Brons-Sequard-Syndrom (!) Ipsilateral: spastische Parese Kontralateral: Sensibilitätsstörung Spinale arterielle Blutversorgung: Typisch: arterielle Partialkreisläufe Viele Überlappungen und Kollateralkreisläufe, aber nicht überall Hauptversorgungsader: A. spinalis anterior und Abzweigungen (z.B. Adamkiewicarterie: relativ groß) Spinalis anterior Syndrom: „Schlaganfall“ im Rückenmark Durafistel: Passagere spinale Ausfälle Im MRT Venenweitungen sichtbar Spinales Angiom: Druck aufs Rückenmark, Ischämie Nur mit Bildgebung diagnostizierbar Zentromedulläres Syndrom: Syrinx im MRT zentrale Verdunkelung Evtl. Chiari Wirbelsäulentraumata: Schleudertrauma: triphasischer Bewegungsablauf des Kopfes (nach hinten vorne hinten), dadurch ist Hirnstamm meist mit betroffen und führt zu vestibulären Symptomen Schleudertrauma heute eher selten, statt dessen meist HWS-Distorsion Häufigkeit der Traumata: thorakal > lumbal > zervikal > sakral Wirbelkörperfrakturen, verhakte Luxationen, Bruchfragmente im Spinalkanal, etc. Neoplastische Prozesse: Metastase im Wirbelkörper kann Druck aufs Rückenmark ausüben Neurinom: gutartiger Tumor der peripheren Nervenscheide, wächst sehr langsam, daher ist Adaptation möglich und Symptome sind oft fehlend Zervikale Spinalkanalstenose (zervikale Myelopathie): Männer sehr viel häufiger betroffen, meist in der zweiten Lebenshälfte HWS-Schmerz, Ausstrahlung in Arme und/oder Beine (!!!) Schmerzverstärkung bei längerem Stehen oder Gehen Intermittierende, später persistierende Lähmungen/ Paraparese Kombination von Segmentalen atrophen Paresen an Armen/ Händen mit pyramidaler Paraparese der Beine Blasenstörung, Detrusorhyperreflexie Sensible Ausfälle segmental in zervikalen Segmenten, Parästhesien (Manschettengefühl) an beiden Beinen, afferente Ataxie Aggravation durch gleichzeitige Bandscheibenproblematik fluktuierendes Element In frühen Stadien operativ therapierbar Diagnostik: o Meist ossär bedingtes Phänomen o Spinales CT/ MRT o Myelographie: Myelo-CT o Diagnostik der langen Rückenmarksbahnen, d.h. Hinterstrang (SEP2) und Pyramidenbahnen (MEP3) Therapie: neurochirurgisch o Operative Dekompression des Rückenmarks o Beseitigung von radikulären Kompressionen Bandscheiben-Degeneration: Stadien: o Normale Bandscheibe o Protrusion (leichter Einriss des Anulus fibrosus) o Prolaps o Sequestrierter Prolaps (OP-Indikation) Symptome: o Protrusion/Prolaps nach vorne: Schmerz o Protrusion/Prolaps nach hinten: motorische Ausfälle Bandscheiben-Vorfall: o Lokale Schmerzen in Höhe der kranken Bandscheibe, bewegungsabhängig o Schmerzen ausstrahlend in geschädigtes Dermatom, bewegungsabhängig (=“Lumboischialgie“) o Paravertebrale Myogelosen in Läsionshöhe Muskelanspannung zur Stabilisierung, schmerzhaft o Fakultativ: segmentale Paresen, segmentale Sensibilitätsstörungen o Keine autonomen Störungen (einzige Ausnahme: komplette Schädigung einer C8Wurzel) Klinische Differentialdiagnose: o Radikulitis (Borreliose, Zoster) o Diszitis (besonders bei Immundefizienz: Tbc) eher beidseitige Symptomatik o Myelitis o Syringomyelie 2 3 somatosensibel evozierte Potentiale magnetisch evozierte Potentiale (Magnetstimulation im Bereich des Kopfes) o Osteoporose Wirbelkörpersinterung, Fraktur o Wirbelkörperprozesse (Fraktur, Plasmozytom, Metastase) o Arm-, Beinplexusläsion: mehr als ein Segment betroffen („fleckförmige“ Symptomatik), kein lokaler Wirbelsäulenschmerz, evtl. autonome Symptome (Schweißstörungen) Akutbehandlung: o Stationäre Behandlung bei schweren Schmerzen o Bettruhe soweit notwendig o Schmerzarme Lagerung (Würfel, Seitenlagerung) o Antiphlogistika (Diclofenac), bei schweren Schmerzen Kortikosteroide 250500mg i.v. o Basisanalgetika Paracetamol, Ibuprofen, nicht ASS (falls Lumbalpunktion nötig, die nach ASS-Einnahme 1 Woche lang nicht durchgeführt werden darf) o Muskelrelaxantien Tetrazepam, Orphenadrin o Vorsichtige KG, keine Massage 12.Schädel-Hirn-Trauma Einteilung: Schädel-Prellung: bei Hirnbeteiligung Commotio bzw. Contusio Schädel-Frakturen: o Geschlossen oder offen o Mit Subarachnoidalblutung/ mit duralem Hämatom Schädelprellung: unkomplizierte Frakturen ohne Hirnbeteiligung Lokaler Schmerz Überwachung nur bei Marcumar-Patienten und Kindern (können stumpfes Hirntrauma entwickeln) Keine Folgen Schädelbasisfraktur: Monokel-/ Brillen-Hämatom Retroaurikuläres Hämatom Liquorrhoe: o Wässrig bis blutig o Rhinoliquorrhoe (enthält Glucose DD Schnupfen: Bakterien verbrauchen Glucose) o Otoliquorrhoe (enthält 2-Mikroglobulin = liquorspezifisches Protein) Fraktur selbst ist harmlos (Sollbruchstellen) Aber Komplikationen: o Olfactorius, Opticus, Facialis, Vestibularis o Ggl. Gasseri o A. Carotis DD Karotis-Cavernosus-Fistel: o Pulsatiles (Ohr)Geräusch o Rotes Auge o Sonographie : Fistel nachweisbar Offenes Schädel-Hirn-Trauma: Hirnsubstanz Zerstörung und Contusio Gefäße Zerreißung (Blutung, Infarkt) Anfälle häufig Infektion obligat: o Frühmeningoenzephalitis o Frühabszess o Spätabszess (bis zu 20a später) o Mischinfektionen: Hautkeime + Anaerobier sofort breite Antibiose und Nachsorge Subdurale/ Epidurale Hämatome: Traumatisch: mit oder ohne Fraktur Gerinnungsstörung Spontan Progrediente Hemisymptomatik Epileptische Anfälle Bewusstseinstrübung Subdural: o Meist venös o Latenz eher länger o Konkav Epidural: o Meist arteriell o Latenz eher kürzer o Relativ scharf begrenzt konvex Je rascher progredient und je ausgeprägter die Herdsymptomatik desto dringlichere OPIndikation: o EDH: Trepanation o SDH: Drainage (insgesamt schlechtere Prognose) Chronisches subdurales Hämatom : im MRT weiß Stumpfes Hirntrauma: Verschiedene Klassifikationen hier die nach Schweregrad: o Grad 1: Commotio = Erschütterung ohne Strukturschaden keine Folgen o Grad 2: Contusio = stets mit Amnesie und fokaler Läsion bleibende Folgen o Grad 3: diffuser axonaler Schaden (DAI) = schwere globale Schädigung (mechanisch, vaskulär-hypoxisch, ödematös) gravierende Dauerschäden Commotio cerebri: o Evtl. Schrecksynkope/ vagovasaler Kollaps o Keine retrograde Amnesie o Nausea und Emesis o Evtl. leichter Kopfschmerz und Schwindel o Therapie: Maximal 2d Bettruhe Evtl. Analgetika, Antivertiginosa Ermutigung o Achtung: postcommotionelles Syndrom = „Erschütterung der Persönlichkeit“ Contusio cerebri: o Bewusstlosigkeit, Amnesie o Herdsymptome, Anfälle o Kontusionspsychose o CCT: hypodenser oder eingebluteter Herd o Schweregrad entspricht: Dauer der retrograden Amnesie Dauer des Komas (ohne Medikamente) Dauer des Durchgangssyndroms o Anfallswahrscheinlichkeit: 30-50% (noch keine Antiepileptische Prophylaxe) o Posttraumatische Psychose: Dämmerzustand, Antriebsschwäche Verwirrtheit Merkfähigkeitsstörung Wesensänderung o Progrediente Erholung DAI: Fokal – mechanisch Endothel Basalmembran Vasomotorenparalyse Exzitation Kongestion Kinine vasogenes Ödem Schrankenstörung zellulärer Hydrops Sekundäre Ischämie Globaler Axon-Untergang Dauerfolgen bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma: Herdbefunde (contre coup) Epilepsie Wesensänderung: Adynamie, kognitive Störung, indifferente Affektstörung, Depressivität, reizbare Schwäche (Neurasthenie, niedrige Frustrationstoleranz), Lärm-Licht-RauchIntoleranz, etc. Wirbelsäulen-Rückenmarks-Trauma: Einteilung wie beim Schädel-Hirn-Trauma: o Mit/ohne Wirbelsäulen-Fraktur o Perforierend oder stumpf Rückenmarksschädigung durch Kompression und Zerreißung oder sekundär vaskulär Spinaler Schock: Perakute Funktionsunterbrechung des gesamten kaudalen Rückenmarks o Schlaffe anästhetische Para-Tetra-Plegie o Ileus, Harnverhalt o C4: Atemlähmung Hochdosis-Kortison, Ruhigstellung Dekompressive OP? Langsame partielle Erholung Über Prognose evtl. nach 2-3 Monaten Aussage möglich Spät: Syrinx, Arachnopathie HWS-Distorsion: Zerrung von Halsweichteilen Extra- und intraspinale Hämatome Zerreißung von Bändern mit/ohne Instabilität Bandscheiben-Vorfall (Wurzeln) Myelonkompression Einteilung nach Erdmann: I Schmerz Schlucken/Globus Kopfhalteschwäche Myogelosen II Nach 12h III Sofort Oft mehrere Tage Nie Mit Latenz, <2Wochen Selten Meist sofort Sofort Stets, >2Monate Pseudoartikuläre Häufiger Dysästhesien HWS-Röntgen sofort o.B. Steilstellung Instabilität, Fraktur Prostration <3d <14d >4Wochen Arbeitsunfähigkeit <2Wochen <4Wochen >6Wochen Funktionelle Prognose insbesondere der Nackenkopfschmerzen abhängig von der Primärversorgung , aber auch von möglicher Entschädigung Röntgen, ggf. Funktionsaufnahme Bei V.a. Instabilität MRT Versicherung der Besserung Kurz Ruhigstellung (Schanzkrawatte) Ausreichende Analgesie und Relaxation Früh Mobilisierung, Eis/Wärme, KG, Massage 13.Koma Bewusstsein: Wachheit: o Reagibel auf externe und interne Reize o Reaktiver und aktivierbarer Kortex o = Voraussetzung für: Bewusstheit: o Wahrnehmung des Selbst in der (Um)Welt o Fähigkeit zu reflektierter Aktion und Reaktion Bewusstseinstrübung: Somnolenz Sopor Koma o I o II o III o IV gezielte Abwehr ungezielte Abwehr induzierte Automatismen keine Reaktion Mögliche Ursachen einer Bewusstseinstrübung: Supratentorieller „Hirndruck“ Narkose/ metabolische Störung (progressive) Hirnstammläsion Koma: Tiefe Bewusstlosigkeit Ohne Wachheitszeichen bei Weckreizen Funktionelle oder strukturelle diencephale Störung o Diencephalon = aszendierendes retikuläres System, (Hypo-)Thalamus, limbisches System o Z.B. beidseitiger Thalamusinfarkt bei Basilarisverschluss (strukturell) o Anästhesie (funktionell) Apallisches Syndrom (vegetative state): Funktionelle Diskonnektion des Cortex vom Rest Wach, Augen auf, Schlaf-Wach-Rhythmus Reagibel auf sensible/ sensorische Reize Gähnen, Schmatzen, Grimassieren Hirnstammreflexe intakt Motorik (auch „spontan“) Es fehlen: Zielmotorik, Planung, Strebung (limbisch?) Ausfall des Kortex mit (weitgehend) intaktem Diencephalon Locked-in Syndrom: Kortex intakt (alpha-EEG): Denken und Emotionalität nicht grundsätzlich gestört Hirnstamm schwerst lädiert: o Kein scharfes Sehen o Kein Hinschauen o Keine Mund-Zungen-Schluckbewegung o Oft kein selbständiges Atmen o Keine Motorik o Keine sensible Wahrnehmung Kommunikation evtl. über verabredete einzelne Augenbewegungen Z.B. Z.n. Basilaristhrombose Untersuchung des Bewusstlosen: Wachheit – Tiefe der Bewusstseinstrübung Hirnstammfunktionen: o Pupillenweite o Lichtreaktion o Okulozephaler Reflex o Kornealreflex (N.V) o Würgereflex (N.IX) o Absaugreflex (N.X) o Atemantrieb Anmerkung zur Pupillenweite: je nach Tiefe der Läsion im Hirnstamm o Anisokorie o Mittelweite Pupillen (Mittelhirnpupillen) o Enge Pupillen (Brückenläsion, sieht aus wie Opiatintoxikation) o Weite Pupillen (medulläre Pupillen) Lateralisierende Zeichen: o Anisokorie o Blickwendung/ -parese o Hemiparese: Tonus, Abwehr, Pyramidenbahnzeichen, MER o Andere Hirnstammreflexe Hirndruckzeichen im CT: o Mittellinie verschoben o Sulcus-Zeichnung o Ventrikel-Kompression o Hydrozephalus Dementsprechend Einteilung: Koma ohne lateralisierende Zeichen Koma mit Herdsymptomen Koma ohne lateralisierende Zeichen: Hypoxie, metabolische Störung, Elektrolytverschiebung, Intoxikation, etc. Aber auch durch „Hirndruck“, Meningoencephalitis, postiktal (nach epileptischem Anfall), im tiefsten Koma Diagnostik: o Ausschluss symmetrischer/zentraler Hirnläsionen o Differentialdiagnose der Encephalopathien o Vorgehen nach Wahrscheinlichkeit/ Häufigkeit o Beweis der Diagnose: Therapieerfolg Die häufigsten Ursachen: o Metabolische Störung: Blutzucker, Elektrolyte Blutgasanalyse Urämie (Harnstoff) Leberausfall (Ammoniak) Wasserhaushalt (Osmolarität), vgl. z.B. Wasserintoxikation Endokrin (TSH – Myxödem-Koma, Cortisol – Addison-Krise) o Medikamentös-toxische Einflüsse: Sedativa: eher quantitative Psychose Diverse Medikamente: oft und qualitativ, z.T. mit Myoklonien, z.B. H2Blocker, Gyrasehemmer, Tacrolimus, etc. Meist veränderte Pharmakokinetik (Polypragmasie, Langzeittherapie, Lebensalter) Antidota: 1-2 Ampullen Anexate (Benzodiazepin-Antagonist) bzw. 1-2 Ampullen Narcanti (Opiat-Antagonist) o Zentral anticholinerges Syndrom (v.a. bei Jugendlichen): Verwirrtheitspsychose mit Halluzinationen, dann Bewusstseinstrübung Hyperthermie, Mydriasis, trocken-rote Erscheinung, Harnverhalt Epileptische Anfälle Auslöser: Psilocibin, MDMA Antihistaminika, Antiemetika, Muskelrelaxantien Antidepressiva, Neuroleptika, Antiparkinson Antidot: 1-2 Ampullen Anticholium Koma mit Herdsymptomen: Insult, Trauma, Tumor, durales Hämatom, Encephalitis, Sinusthrombose, etc. Durch Hirndruck werden einzelne Gehirnabschnitte gegen harte Strukturen (Falx, Tentorium, etc.) gedrückt Symptome bei Hirndruck: o Kopfschmerzen, Übelkeit, Verlangsamung o Somnolenz, Sopor Hirn rutscht immer weiter nach o Ungezielte Abwehr, schwimmende Bulbi unten, Hirnstammfunktionen o Koma, Pupillenstörung, Atemstörung fallen von oben nach unten aus (s.o) o Tiefes Koma o Ohne und mit Herdsymptomen o Progredienz abhängig von der Ursache (progressive Eintrübung) Kompartimente, die zu Drucksteigerung führen können: o Hirngewebe: Tumor, Entzündung, Infarkt, Blutung o Liquorraum: Aufstau 5ml mehr können o Arterielles System Koma auslösen o Venöses System: Thrombose ICP (mmHg) keine Kompensation mehr, exponentieller Anstieg 20 elastische Elemente, Pufferung +2ml +6ml Volumenzunahme Kompartiment-Volumina: o Insgesamt: 1500ml o 80-90% Hirngewebe 85% intrazellulär partiell komprimierbar 15% extrazellulär (190ml) o 5-10% Liquor (20ml/h bzw. 480ml/d) Produktion reduzierbar, Reserveräume o 5-10% Blut: 1/3 arteriell, 2/3 venös partiell exprimierbar Druck Mechanisch Vaskulär Nekrose Arteriell EAA Venös Endothel Kongestion ischämische ATP-Depletion zytotoxischer Hydrops Mikrozirkulation vasogenes Ödem ICP (intrakranieller Druck) und Perfusion: o Soll-ICP <25mmHg o Soll-CCP >50mmHg = systolischer RR – ICP o Gegeben bei optimalem arteriellem Mitteldruck: 80-110mmHg o Kopflage von 50cm (früher Notfallmaßnahme bei Koma) entspricht 38mmHg hydrostatischer Differenz Entleerung des venösen Kompartiments (gut) Aber: arterielle Perfusion sinkt auch Daher nur, wenn Erfolg sichtbar wird o CVR unbekannt: ZVD 5-12mmHg (low PEEP-Beatmung) o CAVE: wenn arterieller Mitteldruck >130mmHg bei defekter Autoregulation steigt ICP stark an Therapie bei Koma: Hirndrucktherapie: ICP unter 25mmHg senken o Operative Entlastung (Exstirpation, Trepanation, Ventrikeldrainage) o Metabolismus einstellen o CPP >70mmHg (z.B. durch Volumengabe) Hirnödemtherapie beim vasogenen Ödem: o Störung der Blut-Hirn-Schranke (Tumor, Entzündung, Trauma, Blutung) o Hochdosierte Glukokortikoide o Bewiesene Effektivität bei Tumoren und eitriger Meningitis Hirnödemtherapie bei zytotoxischem ödem: o Intrazellulärer Hydrops (Infarkt, Hypoxie) o Osmotherapie (Glycerin, Mannit/Sorbit, Tris-Puffer: saugen Flüssigkeit aus den Zellen) o Probleme: Rebound (Zucker wandern in die Zellen ein und ziehen Flüssigkeit wieder hinter sich her), Lungenödem, Nierenschaden Hyperventilation: o Induzierte Hypokapnie, dadurch Alkalose, dadurch Vasokonstriktion o Sehr rasch aber nur 4h wirksam o Blut-Umverteilung zu vasoparalytischen Regionen Hibernisierung: o Medikamentös (Barbiturate, Propofol): dadurch Senkung des Stoffwechsels und von CBFV, aber Nebenwirkungen an Leber, erhöhte Infektrate o Thermisch (32-34°C): Senkung von CBF um ca. 6%, aber Prognoseverbesserung nicht belegt, umfangreiches Monitoring erforderlich, Methode der Wiedererwärmung nicht klar Hirntodsyndrom: Tiefes schlaffes Koma Pupillen mittelweit bis weit ohne Lichtreflexe Ausgefallene Hirnstammreflexe Sichere Hauptdiagnose Kein vernünftiger Zweifel an Ausschluss anderer Koma-Ursachen (wie Sedierung: Sedierung absetzen!) Hirntoddiagnostik: o Ausschluss reversibler Ursachen o Dokumentation des Ausfalls supra- und infratentorieller Funktionen o Primär infratentorielle Läsion: mit Zusatzuntersuchung Ausfall des Froßhirns nachweisen (Nulllinien-EEG, Farbdoppler – keine Hirndurchblutung, SPECT – kein Stoffwechsel in Gehirnzellen) Hirntod = Zustand des irreversiblen Erloschenseins der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms bei einer durch kontrollierte Beatmung noch aufrechterhaltenen Herz-Kreislauffunktion Der Hirntod ist der Tod des Menschen (Definition). D.h.: o Mensch als leib-seelisches Ganzes (Dualismus) o Gehirn als Substrat des geistigen Individuums o Ausfall des integrativen Gehirns = Verlust der leiblich-seelischen Einheit Folgerungen: o Hirntod erzwingt das Abschalten der Beatmung o Hirntod erlaubt Organspende Beachte: bei anderem kulturellen Hintergrund keine Hirntoddefinition (z.B. bei Buddhisten) 14.Epilepsie Epileptischer Anfall: Klinisch: paroxysmales Phänomen (plötzlich, zeitlich limitiert, unwillkürlich) o Motorisch o Sensorisch o Sensibel o Vegetativ o Psychisch o Mit oder ohne Bewusstseinstörung Pathophysiologisch: o Plötzliche o Zeitlich begrenzte Entladungen von o Rhythmische Neuronengruppen o Synchrone Epilepsie: wiederholtes Auftreten von Anfällen aufgrund paroxysmaler exzessiver neuronaler Entladungen des Gehirns bei fehlender akuter Ursache Neue Definition: Epilepsie = Störung des Gehirns, die durch eine anhaltende Prädisposition charakterisiert ist, epileptische Anfälle auszulösen ein einziger Anfall + Hirnschaden, der weitere Anfälle möglich macht, reicht zur Diagnose aus (Veranlagung genügt) Epidemiologie: >5% der Bevölkerung erleben infolge epileptischer Reaktionen des Gehirns vereinzelte Anfälle Prävalenz: ca. 1% der Bevölkerung (nur wenig geringer als Diabetes mellitus) Kumulative Inzidenz (Risiko, irgendwann im Leben zu erkranken): 2-5% Inzidenz ist im ersten Lebensjahr und im Alter >60 am höchsten Inzidenz von Epilepsien im Alter >65 ist höher als die in den ersten zwei Lebensjahrzehnten o 40% aller Altersepilepsien sind vaskulär bedingt o Häufigkeit von Epilepsien nach Schlaganfall: ca. 4% Der erste epileptische Anfall: o 38% Gelegenheitsanfall (nur während einer Provokation, z.B. Alkohol, Alkoholentzug, Schlafentzug, Stress, Medikamente wie Theophyllin, akute metabolische oder zerebrale Erkrankunge) o 18% erster und einziger unprovozierter Anfall o 44% haben nach einem Jahr weitere Anfälle erlebt Systematik: Einteilung nach Ätiologie: o Idiopathisch (meist genetische Grundlage, familiär gehäuft) o Symptomatisch/ kryptogen Pathogenese: o Generalisiert o Fokal (Ursprungsort; der Anfall selbst kann generalisiert sein) Anfallsursprung: o Temporallappen o Frontallappen o Parietallappen o Okzipitallappen Manifestationsalter: o Neugeborenenperiode o Kleinkindesalter o Kindheit o Jugenalter Pathophysiologie: ätiologische und anfallsauslösende Faktoren Genetische Disposition Erworbene Hirnschädigung Erhöhte Anfallsbereitschaft Unspezifische Provokationsfaktoren Spezifische Provokationsfaktoren Epilepsie Ionenkanalmutation bei seltenen monogenetischen Epilepsien: Generalisierte Epilepsien mit Fieberkrämpfen bei Mutation von Natrium-Kanälen Benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe bei Mutation von Kalium-Kanälen Familiäre nokturnale Frontallappenepilepsie bei Mutation von Acetylcholinrezeptoren Die meisten idiopathischen Epilepsien sind aber polygenetisch. Algorithmus zur Diagnostik: Körperliche Untersuchung und Familienanamnese detaillierte Ereignisbeschreibung vor/während/nach dem Anfall durch Patient und Augenzeugen; Aura? Allgemeine klinische neurologische orientierende psychiatrische Untersuchung Epileptischer Anfall? Ja Nein DD nichtepileptischer Anfälle Anfallsklassifizierung Wiederholte unprovozierte Anfälle = Epilepsie Gelegenheitsanfälle oder akuter symptomatischer Anfall Einzelner Anfall Zusatzdiagnostik: EEG: gute Aussagen nur, wenn gleichzeitig mit einem Anfall o Bei Intensivmonitoring (Statustherapie) o Bei präoperativer Epilepsiediagnostik o Nach Provokation, z.B. Einschlafen nach Schlafentzug Hyperventilation Exposition mit Flickerlicht o Spezifität 96% o Sensitivität 40-50% CT: nur Notfalldiagnostik MRT: o Nachweis von Tumoren Malformationen Atrophien (Bsp.: Hippokampus-Sklerose) Dysgenesien, etc. o Kein Notfallverfahren Evtl. Liquorpunktion SPECT: iktaler fokaler Hypermetabolismus wenn Fokus eingrenzbar, evtl. OP Pathologische EEG-Merkmale: Spikes Spike-waves Polyspikes Etc. Lokalisation von Hirntumoren, die Epilepsie auslösen: Temporal- > Frontal- > Parietallappen Rindennah > im Hirninneren Fokale Anfälle: Einfach fokale Anfälle: o Erhaltenes Bewusstsein, z.B. Jackson-Anfall o Sprachhemmung, Versivanfälle, sensible oder vegetative Anfälle, subjektive Auren o Sekunden bis Minuten o Abruptes Ende Komplexe fokale Anfälle (Untergruppe: psychomotorische Anfälle): o Bewusstsein gestört, Amnesie o Ca. ein Drittel aller Epilepsiepatienten o Ca. 80% im Temporallappen, dann häufig Auren im Beginn o Häufig Automatismen o Eine bis mehrere Minuten Sekundär generalisierte Anfälle: o Meistens tonisch-klonische Anfälle o Entscheidend ist die Asymmetrie während der späten klonischen Phase o Ein bis zwei Minuten Generalisierte Anfälle: Absencen: o Plötzlicher Bewusstseinsverlust ohne vorangehende Aura o Bei längerer Dauer Automatismen o 1-30 Sekungen o Abruptes Ende o Typisches EEG: bilateral synchrone spike-waves, 3 pro Sekunde Myoklonische Anfälle: o Kurze heftige Zuckungen in Armen und Beinen o Oft in Serien Klonische Anfälle Atonisch-astatische und tonische Anfälle Primär generaelisierte tonisch-klonische Anfälle (=Grand mal): o Tonischer Beginn (Zyanose), dann o Klonische Entäußerungen o Lateraler ein-/doppelseitiger Zungenbiss o Einnässen > Einkoten o 2-5min o Postiktal: Verwirrtheit, Nachschlaf, Kopfschmerz, Muskelkater o CAVE: bei starken Rückenschmerzen evtl. thorakolumbale Wirbelfraktur o CAVE: bei einem Drittel der Patienten kurze laterale Einleitung o EEG: Tonische Phase: niedergespannte Aktivität Klonische Phase: polyspikes Gelegenheitsanfälle: Entzündlich Durch Fieber Metabolisch-toxisch Traumen Zerebrale Durchblutungsstörungen Alkohol-/ Drogenentzug Schlafentzug Prävalenz: ca. 5% Differentialdiagnosen zu tonisch-klonischen Anfällen: Synkopen Psychogene Anfälle Tetanie Generalisierter Myoklonus Synkopen – tonisch-klonische Anfälle: Verletzung Inkontinenz Verwirrung Kopfschmerz Fokales neurologisches Defizit Vorboten/ Aura Körperposition EKG Synkope Tonisch-klonischer Anfall Selten Selten Selten Selten Selten Selten Meist stehend Pathologisch Häufig Häufig Häufig Häufig Kommt vor Häufig Jede Normal EEG Myoklone Entäußerungen Dauer Normal Möglich Viel kürzer als Anfall Gelegentlich ETP (epilepsietypische Potentiale) Häufig Differentialdiagnose epileptischer Sturzanfälle: Vertebrobasiläre Insuffizienz Periphere Vestibularisläsion Hydrozephalus Parkinson-Syndrom Orthopädische Ursachen, etc. meist ohne Verwirrtheit/ Amnesie Therapie: Lebensführung: o Vermeidung von Provokationsfaktoren o Alkoholeinschränkung o Bei manifester Epilepsie kein Autofahren Medikamentös: o Beginn i.d.R. nach 2 Anfällen innerhalb von einem Monat o Anfallskalender führen, gesunde Lebensweise beachten, während Therapie optimiert und Medikamente eingestellt werden o Ziel: Anfallsfreiheit o Wechsel der Kontrazeptionsmethode nötig (Wechselwirkung zwischen Pille und Antiepileptika) o Besonderheiten in der Schwangerschaft (z.B. Folsäureprophylaxe vgl.: Epilepsie der Mutter ist assoziiert mit fetalen Fehlbildungen) o Goldstandard ist immer erst Monotherapie bei Therapieversagen erst Wechsel auf andere Monotherapie, erst wenn 2-3 Monotherapien versagt haben, Übergang auf Kombinationstherapie Chirurgisch: besonders bei fokalen Epilepsien, bei denen Medikamente nicht helfen Psychotherapie zur Krankheitsbewältigung Rehabilitation Antiepileptika: Fokale Epilepsien: Carbamazepin, Oxcarbazepin, Phenytoin, Valproat, Lamotrigin, Topiramat, Levetiracetam, Gabapentin, Pregabalin, Zonisamid Absencen: Valproat, Ethosuximid, Lamotrigin Grand-Mal: Valproat, Primidon, Phenobarbital, Lamotrigin Nebenwirkungen von Antiepileptika: Carbamazepin: Allergie, Hyponatriämie, Blutbild ( immer kontrollieren), zerebellär (verminderte Wachheit) Phenytoin: Gingiva, Hirsutismus, Allergie, zerebellär Valproat: Gewichtszunahme, Alopezie, Blutbild, Leber, Tremor Lamotrigin: Allergie, Blutbild, zerebellär Topiramat: Gewichtsabnahme, Sedierung Levetiracetam: Irritabilität Pregabalin: Gewichtszunahme Therapieerfolg: 70-80% aller Patienten könnten innerhalb von einem Jahr mit einer Monotherapie anfallsfrei werden 51% aller hausärztlich behandelten Patienten sind nicht anfallsfrei 33% aller durch Neurologen behandelten Patienten haben weiterhin mindestens einen Anfall pro Monat Differentialdiagnose der kurzen Bewusstlosigkeit: Symptom Auslöser Aura Dauer Zungenbiss Reorientierung Anfall Synkope -„Wahrnehmung“ 1-5min Nur lateral 30% Langsam Häufig Leere/“Schwindel“ (kurz) 1-15s Selten Rasch Bemerkungen: Zungenbiss: beim Grand mal fast immer vorhanden, da sich die Zunge durch Verkrampfung verbreitert und durch Masseterkrampf zugebissen wird Dauer: wird durch „Lupeneffekt“ meist überschätzt Dauer und Reorientierung Fremdanamnese nötig Beim Anfall dauert Reorientierung bis zu 15min (zwar wach aber nicht orientiert) Reorientierung: Überprüfung durch Fragen nach Ort, Zeit, Person Beim Anfall folgt Gehirndiagnostik, bei Synkope folgt kardiovaskuläre Diagnostik Epileptische Gelegenheitsanfälle: Häufige Ursachen (80%): o Alkohol (Rausch oder Entzug bei schweren Trinkern im Entzug immer Auftreten eines Anfalls innerhalb von 48h) o Drogen (Genuss oder Entzug) o Medikamente (viele möglich, auch Medikamentenentzug) o Schlafmangel o Fieber Seltenere Ursachen (20%): o Zerebrovaskulär (Infekt, Subarachnoidalblutung, etc.) o Cerebro Arteriitis o Enzephalitis o Tumoren o Elektrolytstörungen (systemische Erkrankungen, Dialyse, SIADH, etc.) o Metabolische Entgleisung (Hypoglykämie durch Stress des Anfalls erfolgt Gegenreaktion nach Anfall ist Blutzucker grenzwertig normal bei Diagnostik aufpassen) Patientenbeispiel (Mann, 85Jahre): Erstmaliger Anfall: umgefallen „wie ein Baum“ durch generalisierte Muskelverkrampfung Amnesie für das Ereignis, verstärkt durch Sturz auf den Kopf Einseitiges Brillenhämatom ausführliche Traumadiagnostik (CT) Einfache Commotio cerebri Tranquilizer, sedierende Medikamente als unmittelbarer Schutz vor weiteren Anfällen (können aber die Reorientierungsphase auf bis zu 3-5 Wochen verlängern) EEG: keine ETPs vermutlich einmaliges Ereignis Über 3-6 Monate leichte medikamentöse Sedierung bis geklärt ist, ob Anfall wirklich einmalig bleibt Antiepileptika: orale Therapeutika Valproat (Ergenyl, Orfiril) bei allen Anfallstypen Carbamazepin (Tegretal, Timonil) fokale, sekundär generalisierte Anfälle Phenytoin (Phenhydan) wie Carbamazepin Ethosuximid nur bei Absencen Benzodiazepine Schutz im Intervall Hauptwirkmechanismen: GABA-Inhibition Na-Strom-Inhibition Dämpfung der Übererregbarkeit Einzelzellableitungen an einer Pyramidenbahnzelle: Normale Reaktion auf einen Reiz Epileptisches Phänomen: Depolarisationsshift (verursacht im EEG spikes) Physiologie: Ähnlich Herzflimmern (vgl.: Antiarrhythmike wirken auch als Antiepileptika, wenn sie gehirngängig sind) Verstärkung der Übererregung durch rekurrente GABAerge Neurone Therapie der Epilepsie: Nach zwei oder mehr Anfällen oder nach einem Anfall wenn weitere absehbar sind (auslösende Hirnläsion nachweisbar) Anfallsserie: mehrere Anfälle hintereinander, dazwischen wird das Bewusstsein wieder erlangt Status epilepticus: mehrere Anfälle hintereinander, das Bewusstsein wird nicht wieder erlangt = Notfall Praktisches Vorgehen: o I.a. nicht sofort Behandlung sondern erst Wenn bei bekannter Epilepsie der aktuelle Anfall länger als das Doppelte der üblichen Anfallsdauer anhält Nach 5min wenn nichts Näheres bekannt ist (Gelegenheitsanfall) in der Zwischenzeit Diagnostik (Blutzucker, Elektrolyte, etc.) Wenn Komplikationen auftreten o Bei Status epilepticus: Überprüfung und Sicherung von Atmung und Kreislauf Prävention von Verletzungen des Patienten Überwachung von EKG, Blutdruck, Sauerstoff-Sättigung Sauerstoffgabe bei Zyanose Venösen Zugang legen (möglichst zwei, großkalibrig) Labor: Blutbild, Gerinnung, Glucose, Elektrolyte, Antiepileptika-Spiegel, Alkohol/Drogen, Blutzucker In Alkoholikergebieten: Glucose und Thiamin ( Korsakoff-Syndrom) Arterielle Blutgase, Azidose mit pH<7,0 ausgleichen (Bicarbonat) Wenn rasches Durchbrechen des Status nicht möglich: mehrlumiger ZVK bzw. arterieller Zugang, Intubation o Medikamente beim Status epilepticus: Zeitskala entscheidend!!! Zeitskala Medikamente Allgemeine Maßnahmen 0min: Krampfphase >3min ABC, i.v.-Zugang, Labor, = Startpunkt Blutgase 3-5min Benzodiazepin (1Dosis) Zweiter i.v.-Zugang 8-15min Phenytoin/Valproat (3Dosen) Glucose und Thiamin i.v. bestimmen 20min Benzodiazepin wiederholen Ggf. Bicarbonat 40min (spätestens) Barbiturat, ggf. Urbason (100- EEG, Intubation 250mg i.v.) 60min (spätestens) Barbituratnarkose (Propofol) EEG-Monitoring, ZVK 120min (spätestens) Lidocain Bemerkung: nach 60-120min steigt die Letalität auf 35% (je nach Grundkrankheit) Während eines Krampfanfalls nichts machen, v.a. nicht in den Mund fassen!!! Chirurgische Therapie: Wenn Patient mit Medikamenten nicht anfallsfrei zu bekommen ist (schwere Hirnläsionen) Fokus lokalisieren und entfernen (Fokus funktioniert sowieso nicht mehr normal Resektion entfernt kein notwendiges Gewebe) Resektion: Erfolgsrate: o Vorderer Temporallappen 70% o Amygdala/Hippokampus 70% o Neokortikale Areale 50% o Läsionsentfernung 50% Epilepsie und Schwangerschaft: Therapie weiterführen!!! Pharmakokinetik (Spiegel bestimmen, genau einstellen) Fetale Fehlbildungen (Spaltbildungen/Dysraphie) Häufigkeit steigt o Von 2% auf 3% bei einem Medikament o Von 2% auf 5% bei zwei Medikamenten o Von 2% auf 20% bei vier Medikamenten (beachte aber: wenn so viele Medikamente nötig sind, ist die Vorschädigung auch groß und ein möglicher Grund) o Vgl.: Goldstandard der medikamentösen Versorgung der Epilepsie ist immer Monotherapie Gerinnungsstörung perinatal (VitaminK-Hemmung) Epilepsie und Führerschein: Epilepsie (rezidivierende Anfälle): o Nicht fahrtauglich o Außer: Mit Therapie über mehr als ein Jahr anfallsfrei Nach Absetzen der Medikamente und nur leicht verändertem EEG Erster Anfall (Gelegenheits-, Symptomanfall mit reversibler Ursache, provozierter Anfall, Rest o.B., CT und MRT o.B., EEG o.B.): nicht fahrtauglich für 3-6Monate Rezidivanfall nach Absetzen/ Umsetzen aber neurologisch o.B., CT und MRT o.B., EEG o.B., im Intervall nicht fahrtauglich für weitere 6 Monate Einfache fokale Epilepsie: fahrtauglich wenn >1a keine generalisierten Anfälle aufgetreten sind Berufsfahrer (Taxi, Bus, LKW, etc.) mit >2 Anfällen: i.a. nie mehr fahrtauglich Diese Regelungen gelten für alle Krankheiten, die Bewusstlosigkeitsanfälle auslösen (also auch für Synkopen etc.). 15.Neuropathien Überblick: Neuropathie = Erkrankung der peripheren Nerven Mononeuropathie: z.B. Engpasssyndrom, Trauma Mononeuropathie multiplex: Beeinträchtigung verschiedener einzelner Nerven o Vaskulitische Neuropathie o Multifokale motorische Neuropathie o Hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Druckläsionen Schwerpunktneuropathie: o Diabetische Neuropathie o Entzündliche Neuropathie Polyneuropathie: o Am häufigsten distal symmetrisch o Viele Ursachen möglich o Handschuh- und strumpfförmiges Verteilungsmuster Symptome bei Nervenläsionen: Motorisch Plus-Symptome Minus-Symptome Folgen Faszikulationen Krämpfe Schlaffe Lähmung Atrophie Tonussenkung Abgeschwächte Muskeleigenreflexe Hypästhesie Hypalgesie Thermhypästhesie Lagesinnstörung (vgl. Romberg-Test) Anhidrose Trophische Veränderungen Kontrakturen Sensibel Parästhesien Schmerz Allodynie4 Autonom Hyperhidrose Ulcera (vgl. diabetischer Fuß) Stürze und ihre Folgekrankheiten Trophische Ulcera Pathogenese: Periphere Nerven bestehen aus Axon – Markscheide – Blutgefäßen = Angriffspunkte Angriffsstellen im Axon: Mitochondrien, Transportsystem (Mikrotubuli), etc. Einteilung von Polyneuropathien: Ausfallsgebiet: o Sensomotorisch 4 Schmerzempfindlichkeit auf äußere Reize, die normalerweise nicht schmerzhaft sind (Bettdecke, Socken, etc.) o Sensibel o Motorisch o Autonom Pathogenese: o Axonal o Demyelinisierend Zeitverlauf: o Akut o Chronisch Ursachen: Genetisch: CMT, HSN, Amyloidose Entzündlich: infektiös, autoimmun, vaskulitisch Metabolisch: Diabetes mellitus, hepatisch, urämisch, B12-Mangel, Alkohol Paraneoplastisch: Bronchialkarzinom, Lymphom Toxisch: Blei, Thallium, Arsen, Hg, Gold, Acrylamid, Hexocarbone, CO in Anamnese Exposition erfragen Medikamentös: Vincristin, INH, Sulfonamide, Resochin Diagnostik: Anamnese: Zeitverlauf, Expositionen, Begleiterkrankungen Befund: Verteilungstyp, betroffene Systeme Labor: Blutzucker, Transaminasen, Nierenretention, MCV Liquor: Zellen, Eiweiß Elektrophysiologie: Verteilung, axonal – demyelinisierend Nervenbiopsie: Pathologie (aus N. suralis taube Stelle am Vorfuß, am wenigsten störend) Entzündliche Neuropathien: Erregerbedingt: Typhus, Ruhr, Scharlach, Lepra, HIV, Borreliose, Diphtherie Immunologisch: GBS, CIDP, MMN, Vaskulitis Chronisch inflammatorische demyelinisierende Neuropathie (chronische Polyneuritis): Progrediente Parese von mehr als einer Extremität (stark einschränkende Lähmung aggressive Therapie nötig) Areflexie/ abgeschwächte Muskelreflexe Progression über mehr als 8 Wochen oder rezidivierendes Auftreten Befall symmetrisch (bis auf Sonderformen) Zusatzuntersuchungen: o Liquoreiweiß erhöht auf bis zu >100mg/dl (normal: bis 50) o Weniger als 10 Zellen pro ml Liquor o Elektrophysiologische Zeichen der Demyelinisierung (gesenkte Nervenleitgeschwindigkeit) o Suralisbiopsie: Zwiebelschalen (Demyelinisierung), Entzündungszellen Pathogenese: o Autoantikörper PO, P2, beta-Tubulin o Makrophagen Angriff des Myelins über Adhäsionsmoleküle, Zytokine (TNF, IL-2, IFN-gamma) o T-Zell-Aktivität Zytokine, weitere Makrophagenaktivität Therapie: o Kortikosteroide o Plasmapherese, i.v.-Ig, Azathioprin o Cyclophosphamid, Ciclosporin-A o Rituximab Prognose: o Mortalität 3-7% o Signifkante Behinderung 25% o Leichte Behinderung 70% o Abhängig vom Ausmaß der axonalen Schädigung Guillain-Barré-Syndrom: Akute Polyradikuloneuropathie Häufigste Ursache einer akuten Lähmung!!! (ähnelt akutem Querschnitt) Inzidenz: 1-4/100000/a Verlauf: o Kribbelparästhesien an Händen und Füßen, sonst wenig sensible Symptome, manchmal Rückenschmerzen (Radikulitis) o Schwierigkeiten beim Aufrichten aus dem Sitzen o Areflexie, motorische Schwäche, distaler Sensibilitätsverlust o Überwachung der Atemfunktion o Evtl. mechanische Beatmung und voll ausgebildete Tetraplegie innerhalb weniger Tage bis Wochen o Restitution bei voller Leistungsfähigkeit möglich (selbstlimitierender Verlauf) Rasch progrediente aufsteigende Paresen (entwickeln sich innerhalb 4 Wochen) Tetraparese und Fazialisparese beidseits möglich Ateminsuffizienz! Autonome Störungen: Herzstillstand! (Monitoring, ggf. Schrittmacher) Letalität 3-5% (-10%) Vorboten: o Magen-Darm-Infekt (Campylobacter jejuni) wenn vorhanden, dann auch eher schwererer Verlauf o Viraler Infekt (EBV, CMV) o Impfung o OP o M. Hodgkin Pathogenese: o Molecular mimicry Antigen auf Myelinscheiden ähneln Antigenen von Campylobacter o Gangliosid-Antikörper greifen Myelin an o Überschießende Immunreaktion wird irgendwann gebremst (selbstlimitierend) Diagnostik: o Erloschene Muskeleigenreflexe bei rasch progredienter distal symmetrisch aufsteigender Parese o Liquor: starke Eiweißerhöhung, Zellen normal (zyto-albuminäre Dissoziation) o Elektrophysiologie: Leitungsblocks, gesenkte Nervenleitgeschwindigkeit, ausgefallene F-Wellen Therapie: o Supportiv: Intensivstation, VK, cardiales Monitoring, ggf. Schrittmacher, Analgesie, psychologischer Beistand o Physiotherapie o Plasmapherese, i.v.-Ig o Kortikosteroide helfen nicht!!! Prognose: o Mortalität 3-10% o Signifikante Behinderung 10% o Leichte Behinderung 65% o Restitutio ad integrum 15% o Rezidiv 3% kann in CIDP übergehen (dann helfen auch Kortikosteroide) Hereditäre Neuropathien: Bei schweren Formen Beginn im Kindesalter Bei Beginn im Erwachsenenalter meist langsam progredienter Verlauf Überwiegend motorische, wenig sensible Ausfälle Hohlfüße (!) und dünne Waden Diagnostik: o Familienanamnese o Neurographie o Molekulargenetische Diagnostik o Nervenbiopsie (Ausschluss anderer Ursachen) Therapie: o Symptomatisch o KG, orthopädische Schuhe, Peronäusschienen o Beratung Beispiel: Charcot-Marie-Tooth-Krankheit (CMT) Mutationen in Myelinproteingenen 16.Polyneuropathien Diagnostik: Klinische Untersuchung: o Neuropathien sind meist längenabhängig: längere Nerven sind häufiger betroffen o Daher häufig Zehen als erstes betroffen (Endgebiet des N. ischiadicus) o Sensibilitätsüberprüfung, Untersuchung auf Muskelatrophie (Fußheber, Pronatoren, z.B.: klatscht Fuß beim Gehen auf den Boden?) Nach Feststellung einer Neuropathie: Erhebung des Schweregrads mittels Elektroneurographie o Z.B. am N. medianus: ableitende Elektroden auf Daumenballen, Stimulation Am distalen Unterarm ( Karpaltunnelsyndrom) In der Ellenbeuge Am Oberarm o Amplitude der Potentiale entspricht der Muskelmasse (normal mindestens 10mV) o Potentiallänge normalerweise ca. 10ms o Latenz: z.B. am distalen Unterarm normalerweise höchstens 4,5ms o Nervenleitgeschwindigkeit: im Schnitt 45m/s (obere Extremität 50m/s, untere 40m/s) o Untersuchung sensibler Nerven erfolgt entgegen der physiologischen Leitrichtung (z.B. am Arm ebenfalls Ableitung an der Hand (Haut der Finger) bei Stimulation an Handgelenk bzw. Ellenbeuge), die Potentiale sind hier aber höchsten 10µV o Deutung: Entmarkungsschaden erniedrigte Leitgeschwindigkeit Axonschaden erniedrigte Potentiale Schweregrade der Nervenschädigung: Begriff Geschädigte Strukturen Funktionsstörung Neurapraxie Markscheide Axonotmesis Axon Neurotmesis Axon + Markscheide + Hüllstrukturen Leitgeschwindigkeit Leitungsblock an Läsion Neubemarkung erforderlich Abbruch der Nervenleitung Axonale Regeneration erforderlich (1mm/d) Abbruch der Nervenleitung Erschwerte Regeneration Fehlsprossung Elektromyographie: o Auftreten von Spontanaktivität (= Zeichen aktiver Denervierung) nach einigen Tagen (nicht unmittelbar nach der Verletzung) Fibrillationspotentiale (spitz nach oben verlaufend) Positive scharfe Wellen (v-förmig nach unten verlaufend) o Bei Denervierungszeichen liegt immer eine axonale Schädigung vor Autonome Neuropathie: Autonome Beteiligung tritt bei fast allen Neuropathien auf, besonders beim Diabetes mellitus Symptome: o Häufig: orthostatische Kreislaufregulationsstörung (Extremfall: asympathikotone orthostatische Hypotonie, auch durch Parkinson-Medikamente oder beta-Blocker auslösbar) o Gefährlich: parasympathische Entzügelung o Blasenstörungen o Erektile Impotenz o Störung der Magen-Darm-Motilität o Erniedrigte Schweiß-Sekretion unzureichender Temperaturausgleich o Gestörte Pupillen-Reaktion o Bei Diabetikern besonders gefährlich: unzureichende HypoglykämieWahrnehmung (normalerweise sympathikusvermitteltes Muskelzitter etc.) Diagnostik: o Kreislaufüberprüfung nach Schellong: Normal: Blutdruckwerte nach kurzer Anhebung wieder normal, Puls erhöht Pathologisch: Abfall der Blutdruckwerte, Puls nur leicht erhöht o Messung der Herzratenvariation im EKG: Normalerweise Vorliegen einer physiologischen Sinusarrhythmie (atmungskorreliert) Bei Neuropathien weniger bis keine Variabilität o Messung der sympathischen Hautantwort (normalerweise bei Erregung/Schreck Schweißsekretion) Normal: gute Antwort von Hand und Fuß Pathologisch: z.B. keine Reaktion am Fuß Ursachen von Polyneuropathien: Diabetes mellitus (39,7%, im Westen eher 50%) pathogenetische Faktoren: o Wichtigste Ursache ist Hyperglykämie o Außerdem: Hypoxie, oxidativer Stress Ungeklärt (15%) Multifaktoriell (14,2%) Toxisch (13%) v.a. Alkohol (8,9%) und Medikamente (4,1%) Entzündlich (13%) in Afrika die Hauptursache (Lepra), in Deutschland v.a. Borreliose Hereditär (3%), Malabsorption (1,5%), nephrogen (0,5%) Formen der diabetischen Neuropathie: Symmetrische Polyneuropathie (85%): o Sensibel/ sensomotorisch o Autonom Fokale und multifokale Neuropathie (13%, meist koexistent mit symmetrischer Form): o Befall von Hirnnerven, Stamm und proximalen Extremitäten, v.a. motorisch („diabetische Amyotrophie“) o Schmerz als Erstsymptom(!), dann Atrophie und Lähmung o Prädilektionsort Oberschenkel: Verminderte Quadrizepsmuskulatur, Neurographie aber unergiebig Myographie: Spontanaktivität, da axonale Schädigung Biopsie (N. suralis): Vaskulitis des Nerven (der Vasa nervorum) d.h. Ursache ist eine Immunvaskulitis Kann kurzfristig mit Cortison therapiert werden (Cortison ist aber ein Insulin-Gegenspieler) o Prädilektionsort Bauchwandmuskulatur: Parese zeigt sich als Tumor abdominale durch aussackende Bauchwand Wird in den meisten Fällen mit einem abdominalen Prozess verwechselt! Therapie der diabetischen Neuropathie: Übergeordnetes Ziel: Normoglykämie Vermeidung von Fußschäden Bei Lähmung/ Gangstörung: Krankengymnastik Bei neuropathischen Schmerzen: Antineuralgika Thymoleptische Schmerztherapie mit Trizyklika Umstritten: Benfotiamin, alpha-Liponsäure Bei Muskelkrämpfen: Magnesium, Chinidin, Carbamazepin Kurzfristig: Tetrazepam Karpaltunnelsyndrom: Bei Patienten mit diabetischer Polyneuropathie doppelt so häufig wie bei anderen Prototyp eines Engpasssyndroms peripherer Nerven, tritt auch am häufigsten auf Symptome: o Missempfindungen (Schmerz, Kribbeln) v.a. nachts o Provokation durch Handarbeiten, Autofahren (krampfhaftes Halten des Lenkrads) o Elektrisierende Empfindungen bei Bewegung o Später Atrophie der Tenarmuskulatur (Endstadium, durch Operation nicht mehr therapierbar) Diagnostik: o Phalen-Test: Hyperflexion der Hände bei aufgestützten Ellenbogen für ca. 1min Provokation der Symptome o Hoffmann-Tinel-Zeichen: an Stellen mechanischer Beeinträchtigung kann durch Beklopfen eine elektrisierende Sensation ausgelöst werden Radikulo-Neuropathie bei Borreliose (Bannwarth-Syndrom): Im Stadium 2 (3-4 Wochen nach Stich, entsteht nur bei 15% aus einer unbehandelten Borreliose im Stadium 1) Weitere Symptome des Stadium 2: Fazialisparese, Meningitis, Myeloradikulitis; Bannwarth-Syndrom in 90% Diagnostik: o Serologie o Lymphomonozytäre Liquor-Pleozytose (entscheidendes Merkmal, auch guter Verlaufsparameter) o Oft Liquoreiweißstörung mit Schrankenstörung o Oligoklonale IgG-Banden im Liquor o Intrathekale Synthese borrelienspezifischer IgM>IgG Therapie: wochenlang hochdosiertes Cephalosporin Idiopathische Fazialisparese: Ursachen v.a. infektiös/ parainfektiös (70% HSV!, außerdem Neuroborreliose, VZV, GBS, etc.) Diagnostik: o Abgrenzung gegen zentrale Parese o Nachweis/ Ausschluss von Ursachen (Liquor, Serologie, etc.) Therapie bei unbekannter Ursache: o Kortikosteroid o Valaciclovir o Ceftriaxon (Rocephin) o Korneaschutz o KG o Nicht mehr: operative Fazialis-Dekompression Spontanheilung: 60%, mit Therapie 80% Unerwünschte Folgen: o Inkomplette Rückbildung o Fehlsprossung o Spasmus fazialis 17.Myopathien Klinische Problemstellung: Identifikation behandelbarer Formen Rechtzeitige genetische und sozialmedizinische Beratung Klinische Manifestationen von Myopathien: Muskelschwäche: o Häufig proximal betont o Watschelgang o Seltener distal betont o Evtl. mit Facies Myopathica, Ptosis Muskelatrophie aber auch Pseudohypertrophie („dicke Waden“) Abgeschwächte/ erloschene Muskeleigenreflexe Keine sensorischen Ausfallserscheinungen Keine Faszikulationen!!! Diagnostik: Labor: o Häufig (aber nicht obligat) CK-Erhöhung o Bei Entzündung teilweise BSG- und CRP-Erhöhung EMG: o Kleine polyphasische Einheiten o Frühzeitige Rekrutierung vieler Einheiten bei minimaler Muskelanspannung o Metabolische Tests (Ischämie – Laktattest) z.B. Nachweis von Glykogenosen o „Goldstandards“: Gentest oder Biopsie Untersuchungsschritte im EMG: o Pathologische Spontanaktivität vorhanden (deutet auf eher neurogene Störung hin) o Potentiale motorischer Einheiten Gesund: bi- und triphasisch Myopathisch: polyphasisch o Interferenzmuster: Amplitude im pathologischen EMG geringer Myopathien (!!!): Muskeldystrophien Metabolische Myopathien (Glykogenosen, Lipidspeichererkrankungen, Mitochondriopathien) Endokrine Myopathien (Hypo-/ Hyperthyreose, Steroidmyopathie) Entzündliche Myopathien Muskeldystrophien: Duchenne’sche und Becker’sche Muskeldystrophie: o X-chromosomal-rezessiv vererbt, Gentest verfügbar o Duchenne: CK>1000 Rollstuhlpflichtigkeit mit 12 Jahren Respiratorische Insuffizienz mit 20-30 Jahren o Becker: mildere Verlaufsform o Beide mit Kardiomyopathie o Ursachen: Duchenne: vollständiger Verlust von Dystrophin Bekcer: Dystrophin-Restaktivität vorhanden Fazioskapulohumerale Form (FSH): o Autosomal-dominant vererbt, Gentest verfügbar) o Facies myopathica o Muskelschwäche betont im Schultergürtelbereich o Große Deletion auf Chromosom 4q o Cave: bei Biopsien oft entzündliche Infiltrate Gliedergürteldystrophie („Sammelsurium“ mit verschiedenen Vererbungsmodi) Myotone Dystrophie Curshman-Steinert: o Autosomal-dominant vererbte Trinukleotid-Erkrankung o Paresen der distalen Muskulatur (große Ausnahme unter den Myopathien) o Atrophie des M. temporalis und M. sternocleidomastoideus, Ptosis o Myotonie mit verzögerter Faustöffnung o EMG: myopathische Einheiten und myotone Serien (SturzkampfbomberGeräusch) o Stirnglatze, Katarakt, kardiale Reizleitungsstörung, Hodenatrophie o Antizipation insbesondere bei maternaler Transmission o Genetik: CTG-Trinukleotiderkrankung auf Chromosom 19 Entzündliche Myopathien (behandelbar Bedeutung der Differentialdiagnose!!!): Polymyositis Dermatomyositis Einschlusskörperchenmyositis (IBM) Polymyositis Muskelschwäche Schmerzen EMG Besonderheiten Biopsie Dermatomyositis IBM Proximal, Dysphagie <10% Myopathisch, Spontanaktivität (Tumor) Proximal, Dysphagie Distal, Dysphagie <25% Selten Myopathisch, Mischbild, Spontanaktivität Spontanaktivität Hautveränderungen, Tumor Charakteristische Biopsie-Bilder Diagnostik entzündlicher Myopathien: Polymyositis: intramysiale CD8+-T-Zell-Infiltrate Dermatomyositis: perifaszikuläre Atrophie, antikörpervermittelt IBM: intramysiale Einschlusskörperchen Therapie entzündlicher Myopathien: Dermatomyositis > Polymyositis: intensive Tumorsuche 1. Wahl: Steroide Langzeitimmunsuppression: Azathioprin, MTX, Cyclophosphamid i.v. In Einzelfällen Immunglobuline Plasmapherese wirkungslos Einschlusskörperchenmyositis: i.d.R. therapierefraktär Muskuläre Transmissionsstörungen: Neuromuskuläre Übertragung: ACh, ACh-Rezeptor, Cholinesterase Ausfälle sind zu einem bestimmten Grad kompensierbar (werden meist erst ab Nachmittag oder bei großer Anstrengung manifest) Transmissionsstörungen: o Myasthenia gravis o Lambert-Eaton Syndrom o Botulismus Myasthenia gravis: Symptome (stark fluktuierend!): o Ptosis, Doppelbilder o Sprech- und Schluckprobleme o Ermüdung beim Kauen o Generalisierte Muskelschwäche o Dyspnoe Sonderfall okuläre Myasthenie: nur am Auge, nicht im Gesicht Vs. generalisierte Myasthenie: Rest auch betroffen Tensilontest: Cholinesterasehemmer (kurzwirksam) hebt kurzzeitig die Symptome auf Besserung der Symptomatik durch Cholinesterasehemmer Ursache: Antikörper gegen Acetylcholinrezeptor (Autoimmunerkrankung) Diagnostik: o Klinische Belastungstests o Elektrophysiologie: Serienstimulation (bei Myasthenie Abnahme der Amplituden) o Bestimmung von Acetylcholinrezeptor-Antikörpern (zu 90% positiv) o Pharmakologische Tests o Thymusdiagnostik häufig Thymom vorhanden entfernen Differentialdiagnosen: o Bulbärparalyse/ ALS o CPEO/ Mitochondrienerkrankung o Polymyositis o Botulismus o Etc. Therapie : o Okulär: Symptomatische Behandlung mit Cholinesterasehemmern Kortikosteroide o Generalisiert: Symptomatische Behandlung mit Cholinesterasehemmern Kortikosteroide Langfristige Immunsuppression Basistherapie o Basistherapie: Pyridostigmin alle 4-5h Thymektomie Kortikosteroide bis zur Remission, dann Azathioprin oder Cyclosporin A Myasthene Krise: o Warnzeichen für Ateminsuffizienz: Schluckstörung für Sekrete Dyspnie, Orthopnoe Anarthrie Aufrichten von Kopf und Rumpf unmöglich Senkung der arteriellen Sauerstoffsättigung o Therapie: Plasmapherese, Hochdosis-Immunglobuline i.v. Lambert-Eaton-Syndrom: Selten aber wichtig Proximale Muskelschwäche, die sich nach wiederholter Anstrengung zunächst bessert, dann wieder verschlechtert („Einlaufen“) Mundtrockenheit Oft assoziiert mit kleinzelligen Bronchialkarzinomen Antikörper gegen Ca-Kanal (dadurch geringere Acetylcholin-Sekretion) 18.Neurologische Langzeittherapie, Palliativbehandlung Rehabilitation und Zieldefinition: bei absehbar langwiereigem Restitutionsprozess bzw. fehlenden/ unzureichenden Möglichkeiten einer ursächlichen Behandlung Unterstützung kausal ausgerichteter Behandlungsansätze durch begleitende Therapie zur Beschleunigung bzw. Verbesserung der Eigenrekonstitution des Nevensystems Nutzung plastischer Kapazitäten des ZNS zum Funktionserhalt Individuell ausgerichtete symptomatische Behandlung zum erleichterten Umgang mit der Erkrankung (Lebensqualität) und zur Vermeidung sekundärer Komplikationen Erleichterungen für pflegende Angehörige Würdige Begleitung in der finalen Krankheitsphase bei infauster Prognose Frührehabilitation: (Phase A: Akutbehandlung) Phase B: o „Basale Stimulationstechniken“ unter Einbeziehung unterschiedlicher sensorischer Kanäle (visuell, taktil, vestibulär, gustatorisch, olfaktorisch) o Bewusstlose bzw. stark bewusstseinsgeminderte Patienten o Ziel: Rückgewinnung des Bewusstseins Phase C: o Patienten bewusstseinsklar, kooperativ und orientiert aber bei vielen Tätigkeiten des täglichen Lebens auf pflegerische Hilfe angewiesen o Ziel: Selbständigkeit im aktuellen Alltag Anschlussheilbehandlung: Im Anschluss an Akutaufenthalt im Krankenhaus Voraussetzung: Rückbildungstendenz der neurologischen Symptome Phase D: o Patienten kooperativ und weitgehend selbständig o Ziel: Teilnahme am Erwerbsleben und am gesellschaftlichen Leben Phasenmodell: Intensivmedizinische Behandlung Phase A Phase B Kurzzeitpflege Phase C Phase F: Dauerpflege, -betreuung Phase D Phase E: ambulante Nachsorge Behandlungsschwerpunkte: Neuropsychologische Integrität Atmung Negative Funktion Ernährung Kommunikation Feinmotorik Eigenständigkeit und Wohlbefinden Schmerzen Mobilität/ Kraft Verfahren: Physiotherapie: o Verfahren: Bobath, PNF, Vojta/Hanke, manualtherapeutische techniken, forced use, Affolter-Konzept o Neue Ansätze: aktives und repetitives Bewegungstraining, frühes distales Üben o Effektivität: kein sicherer differentieller Effektivitätsnachweis für traditionelle Verfahren, im Effekt auf die Funktionalität sind neuere Ansätze den traditionellen überlegen Ergotherapie: o Verfahren: Bobath, Feldenkrais, etc. o Effektivität: Metaanalyse bestätigt Wirksamkeit nach zerebralem Insult aber keine Überlegenheit eines bestimmten Verfahrens Logopädie Hilfsmittel, Orthesen Neuropsychologische Behandlung Medikamentöse/ operative Therapie Schlucktherapie: Fazio-oraler-Trakt-Therapie (FOTT nach Kay Coombes): indirekte Einflussnahme auf unwillkürliche Anteile des Schluckvorgangs durch Behandlung der vorgeschalteten Vorgänge o Präorale Phase: Körperposition, Armbewegung, Koordination AtmungSchlucken, etc. o Orale Phase: sensible und sensorische Stimuli, Training der Zungenbewegung, etc. Versorgung mit geblockter Trachealkanüle PEG/PEJ-Versorgung Dysphagie Transient Wach Permanent/progressiv Sediert Penetration/ Aspiration Drohende Aspiration Nasogastrale Sonde Geblockte Trachealkanüle FOTT FOTT Behandlungserfolg Dysphagie anhaltend FOTT Therapeutisches Essen FOTT PEG/PEJ Serielle Redressionstherapie bei Kontrakturen: Gipse, Schienen, fokale Spastikbehandlung, kurze Wechselintervalle (1-4d) Verbesserung der Gelenkfehlstellung, kein signifikanter Effekt auf Funktionalität Hilfsmittel: Feinmotorik z.B. Griffverbreiterungen, Druck- und Sensortastaturen Mobilität Rollator, Rollstuhl, Gehhilfen, Orthesen Kommunikation Zeigetafeln, Headmouse-Systeme, iconbasierte Sprachsysteme, virtuelle Tastaturen Atmung o Indikation: progrediente muskuläre Atemstörungen (z.B. ALS, SMA, Muskeldystrophien) o Voraussetzung: keine bedeutende Dysphagie o Z.B. nichtinvasive Heimbeatmung o Ziel: verbesserte Lebensqualität, nicht Lebensverlängerung Umgebungskontrolle Umfeldkontrollsystem und Kommunikator an E-Rollstuhl Medikamentöse Verfahren bei Spastizität: Traditionelle systemische pharmakologische Therapie: o Baclofen (Lioresal®) HWZ 2-6h o Tizamidin (Sirdalud®) 3-5h o Tolperison (Mydocalm®) 1,5h o Dantrolen (Dantamacrin®) 10h o Nebenwirkung bei allen: verringerte Wachheit, Schwäche Fokale Spastiktherapie medikamentöse neuromuskuläre Blockade o Botulinumtoxin Typ A (Dysport®, Botox®) o Therapeutischer Effekt auf ROM, ASS funktionelle Parese o Hygiene und Funktionsverbesserung o Nur für einzelne Indikationen zugelassen Intrathekale medikamentöse Therapie: o Morphin, Baclofen o Indikation: schwere Para-/ Tetraspastik o Voraussetzung: positiver Screening-Test auf Wirksamkeit o Subkutane Implantation von batteriebetriebenen oder gasdruckbetriebenen Pumpen Medikamentöse Verfahren bei Dystonie, Dyskinesie, Chorea: Traditionelle systemische pharmakologische Therapie: o Anticholinergika o Benzodiazepine o Atypische Neuroleptika (Clozapin, Tetrabenazin) o GABA-Antagonisten (Baclofen) Fokale Therapie: o Botulinumtoxin o Indikation: fokale segmentale Dystonie (z.B. Blepharospasmus, zervikale Dystonie, Hemispasmus fazialis Therapie 1. Wahl) Langzeitbehandlung von chronischem Schmerz: s. www.neurologie-ingolstadt.de 19.Multiple Sklerose Grundlagen: Multiple Sklerose = chronisch entzündliche, demyelinisierende Erkrankung des ZNS (praktisch nie peripherer Befall) 120000 Erkrankte in Deutschland Häufigste entzündliche Erkrankung von Gehirn und Rückenmark Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer Häufig erstes Auftreten in jungen Jahren (20-40Jahre, Median 28Jahre) Ätiologie: Autoimmunität MS Genetische Faktoren Umweltfaktoren Genetische Faktoren: nachgewiesen durch Zwillings- und Geschwisterstudien Umweltfaktoren: o Nord-Süd-Gradient: im Norden häufiger, im Süden fast nicht (höchste Prävalenz und Inzidenz in Nordamerika, Skandinavien, Großbritannien und Deutschland) o Migrationsstudien: bei Umzug vor dem 20. Lebensjahr wird das Risiko des neuen Lebensraums übernommen, ab dem 20. Lebensjahr bleibt das Risiko des Ursprungslands erhalten Determinierung der Anfälligkeit in den ersten 20 Lebensjahren o Umwelteinfluss, der in den ersten Lebensjahren greift (Virus, ernährungsbedingt, o.ä.)? Pathogenese: Genetik + Umwelt = Prädisposition kein zwingender Auslöser vorhanden Entzündung Entmarkung (reversible Ausfälle) axonaler Schaden (irreversible Ausfälle) Vernarbung Klinik: Entzündung des Sehnerven Hirnstamm: Sprachstörungen, Schluckbeschwerden, Atemnot Großhirn: Müdigkeit, Abnahme der Denk- und Konzentrationsfähigkeit Kleinhirn: Sprach- und Koordinationsstörungen (skandierende Sprache), Zittern, Schwindel Rückenmark: Sensibilitätsstörung, Verspannung, Muskelsteife, Blasen- und Darmstörungen, sexuelle Störungen v.a. Strukturen mit dicken Myelinscheiden betroffen bei peripheren Symptomen sicherer Ausschluss einer MS Früher: Charcot-Trias zur Diagnostik: Intentionstremor Nystagmus Skandierende Sprache Charakteristische Beschwerden: Sehstörung (in 60%): Visusverlust, Doppelbilder (nach mehreren Entzündungen Abblassung der Papille) Spastische Paresen: Lähmungen der Extremitäten, spastische Tonuserhöhungen, nie extrapyramidale Symptome (vgl. Parkinson, Chorea Rigor etc.) Koordinationsstörung: Stand- und Gangataxie, Intentionstremor Sensibilitätsstörung: Missempfindungen, Taubheit, Schmerzen (häufig in späteren Stadien) Fatigue (sehr häufig): abnorme Müdigkeit, inadäquat im Verhältnis zur körperlichen Belastung Blasenstörung (häufig), Mastdarmstörungen (seltener): Dranginkontinenz, inkomplette Blasenentleerung, Obstipation Hitzeempfindlichkeit (Uhthoff-Phänomen): kurzfristige Verschlechterung klinischer Symptome bei Temperaturerhöhung Kognitive Störungen: Aufmerksamkeit, geteilte Aufmerksamkeit, Konzentration, kann bis zur MS-Demenz gehen Klinische Bewertung: 7 funktionelle Systeme (visuelles System, motorisches System, etc.) + „andere“ In jedem System sind maximal 6 Punkte erreichbar Daraus resultiert Behinderungsskala zur MS (EDSS = Expanded Disability Status Scale): wichtig für die klinische Beurteilung o 0 Punkte normaler neurologischer Befund o Bereich zwischen 3 und 6 Punkten sehr sensibel für Beurteilung der Gehfähigkeit 3 Punkte: Gehen ohne Hilfe möglich 6 Punkte: Gehhilfe nötig (ab 7 Punkte Rollstuhlfahrer) o 10 Punkte Tod durch MS Nachteile der Skala: o Ordinalskala o Bedeutung von Veränderungen variiert stark o Schwerpunkt auf motorischen Funktionen o Starke Variabilität o Fehlende Bewertung neurologischer Funktionen (z.B. der kognitiven Funktionen) Geistige Leistungsfähigkeit bei MS: Als Problem lange unterschätzt Wesentliche Bedeutung für das tägliche Leben Kein Zusammenhang mit körperlicher Behinderung Typischer Verlauf: Behinderungsgrad Schubförmig-remittierender Verlauf (RR-MS) aufgesetzte Schübe Sekundär-progredienter Verlauf (SP-MS) CIS (erstes klinisches Ereignis) >80% beginnen mit RR-Verlauf ca. 60-70% gehen nach etwa 10 Jahren in SP-MS über ca. 45% werden frühzeitig innerhalb von 10 Jahren berentet Verteilung der Patienten: o 50% RR o 40% SP o 10% PP primär progredient, von Beginn an schlechter werdend (vermutlich anderer Pathomechanismus, durch Immunsuppression nicht beherrschbar) Schubdefinition: Neue neurologische Symptome oder Verschlechterung bereits bekannter Symptome Anhalten über mindestens 24h Zeitspanne seit dem letzten Schubereignis mindestens 30d Ausschluss infektassoziierter Verschlechterung (Bystander-Aktivierung Immunsystems) oder von Paroxysmen (Uhthoff!) des Diagnostik: Klinisch: räumliche und zeitliche Dissemination (2 oder mehr klinische Symptome an verschiedenen Orten und verschiedenen Zeitpunkten, z.B. Optikusneuritis und später Hemiparese) Evozierte Potentiale: o Charakteristisch: Potential sieht exakt gleich aus wie ein normales, ist aber verzögert (= Latenzverlängerung) o Paraklinische Parameter für örtliche Dissemination o Insbesondere visuell evozierte Potentiale (VEP), aber auch somato-sensorisch evozierte (SSEP) und magnetisch evozierte Potentiale (MEP zentrale Leitungszeit) Liquor: o Oligoklonale Banden, die nicht im Serum vorhanden sind intrathekale IgGSynthese o Geringgradige Pleozytose MRT: multiple Läsionen, v.a. periventrikulär (auch: spinale MRT) o T1: dunkle Löcher o T2: helle Areale o T1 mit Kontrastmittel: KM wird punktförmig sichtbar Alte Diagnosekriterien: Poser-Kriterien (ohne MRT) Neue Diagnosekriterien: McDonald-Kriterien o Vereinfachte diagnostische Kategorien o Integration des MRT in die Kriterienfindung: MRT kann das 2. geforderte klinische Ereignis ersetzen (z.B. 3 Monate nach einem klinischen Symptom erneute MRT wenn Läsion progredient ist, ist damit zeitliche Dissemination gegeben) o Frühe Diagnose der MS (vgl.: mit den alten Kriterien musste auf einen zweiten Schub gewartet werden) Therapie: Ziele: o o o o o Rasche Rückbildung von Schubsymptomen Komplette Rückbildung von Schüben Reduktion von Schubfrequenz und Schubschwere Reduktion der Krankheitsprogression!!! Optimierung der Lebensqualität Formen: o Schubtherapie o Kausal orientierte prophylaktische Therapie (Immunprophylaxe) o Symptomatische Therapie (Spastik, Blasenstörung, etc.) Schubtherapie: o 3x1g Methylprednisolon i.v. in 3d o Falls das nicht ausreicht, zusätzlich oral Prednisolon + Ausschleichen o Falls immer noch nicht ausreichend Eskalationstherapie: zusätzlich 5x2g + 3x Plasmapherese Immunprophylaxe: o Basistherapie Immunmodulation: Interferone Glatirameracetat o Bei schweren/ rasch progredienten Verläufen Immunsuppression: Azathioprin Cyclophosphamid MTX 20. Neurologische Blickdiagnosen vgl. Videos auf CD (ausleihbar im Sekretariat)