PRESSEINFORMATION Hochfeldmagnetresonanz/ Forschungskooperation mit Siemens Kooperation zwischen Medizin Uni Wien und Siemens garantiert anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung auf höchstem internationalem Niveau (Juli 2006) Im Sommer 2005 wurden zwischen der Medizinischen Universität Wien und Siemens Österreich eine Forschungskooperation auf 6 Jahre im Bereich Hochfeldmagnetresonanz abgeschlossen. Diese Kooperation sieht neben medizinischer Spitzenforschung auch die Weiterentwicklung im Bereich der technisch-physikalischen MR-Grundlagenforschung vor. Die Medizinische Universität Wien (MUW) strebt mit dem Betrieb des 7-Tesla und des 3-TeslaGeräts eine internationale Topposition an. Der 3-Tesla-Magnetresonanztomograph erlaubt die Übertragung neuester 7-Tesla-Forschungsergebnisse in den klinisch angewandten Forschungsbereich. Das Exzellenzzentrum "Hochfeld-MR" der MedUni Wien ist in dieser Kombination weltweit einzigartig, da es biomedizinische Grundlagenforschung und Methodenentwicklung im Bereich Hochfeld- und Ultrahochfeld-MR (3 - 7 Tesla) mit funktionell-metabolisch orientierter klinischer Forschung vereint. Die Grundlagenforschung bei 7T und 3T ermöglicht darüber hinaus eine konsequente MR-Hardware- und Softwareentwicklung im Hinblick auf neue Mess-Sequenzen, Spulendesigns, Spulen für andere Atomkerne, etc. Diese Entwicklung beruht auf der mehr als 10 jährigen gemeinsamen Aufbauarbeit der Univ. Klinik für Radiodiagnostik und dem Institut für medizinische Physik sowie dem Zentrum für Biomedizinische Technik und Medizinische Physik zusammen mit der NMR-Forschungsgruppe und den klinischen Arbeitsgruppen der Neurologie, Psychiatrie und Innere Medizin III. Mehrere dieser Forschungen waren und sind nur in Kooperation mit der Industrie möglich. Diese neue innovative, interdisziplinäre Forschungsplattform garantiert effiziente, basis- und anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung auf höchstem internationalem Niveau. Die MR-Forschung an der MedUni Wien – weitgehend zusammengefasst im Exzellenzzentrum Hochfeld-MR – konzentriert sich auf folgende Forschungsfelder: • Stoffwechselerkrankungen vor allem in Hirn, Herz, Leber, Gelenksknorpel unter Nutzung verschiedenster Atomkerne • Funktionelle Hirnuntersuchungen • Therapieerfolgskontrollen mittels neuartiger MR-Kontrastmittel • Molekulare Bildgebung zur Erforschung gesunder und kranker Gewebe (Zell-)funktionen Seite 1 von 5 PRESSEINFORMATION • Multiple Sklerose und Alzheimerforschung • Erforschungen von neuen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten bei Gelenkserkrankungen • MR-Basisforschung Mumien als Vorzeige-Projekt der Interdisziplinarität an der MedUni Wien Im Rahmen der Ausstellung „Wolkenmenschen“ im Technischen Museum Wien (11.5. – 30.7.06) kooperieren mehrere Kliniken und Institute der MedUni Wien zur Erforschung der aus dem 16. Jahrhundert stammenden peruanischen Mumien. Federführend bei dem MumienProjekt ist die Universitätsklinik für Radiodiagnostik unter Leitung von Prof. Herwig Imhof. Geplant sind Computertomographie (CT)-Untersuchungen von 14 Mumien. Angedacht sind auch konventionelle Aufnahmen. Anschließend wird es auf einer speziellen Work-Station der Firma Siemens eine 3D-Rekonstruktion geben. Im Technischen Museum Wien steht ein Siemens CT, auf dem die grundsätzliche Arbeitsweise dargestellt wird. Die CT ist in der Radiodiagnostik das älteste digitale Querschnittbildverfahren (weltweit seit 1972, seit 1976 im AKH – Hounsfield war der Erfinder). Heute dient es in der Radiodiagnostik zur Bildgebung von allen Organbereichen mit besonderer Betonung auf Lunge, Herz, Bauchraum, Urogenitalbereich, Skelett und Hirn. Nachgewiesen werden können Fehlbildungen, Tumore, Entzündungen sowie degenerative Veränderungen. In der Abteilung für Klinische Mikrobiologie des Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie untersucht ein Team unter Anleitung von Prof. Makristathis Lungengewebe einer Mumie auf Nukleinsäure von Bakterien und Pilzen. Hoffnungsvolles Ziel ist es, Erreger nachweisen zu können, die damals genau so wie heute Infektionen der Atemwege verursachten. Die Mumie wurde mit offenem Thorax (Lunge) gefunden. Am Institut für Pharmakologie werden grundlegende zellbiologische und biochemische Funktionsmechanismen untersucht, um mittels der erhobenen Ergebnisse Angriffspunkte für schon zur Verfügung stehende, aber auch für zu entwickelnde Pharmaka oder Gifte zu identifizieren. Bei den peruanischen Mumien zeigt das Institut in Kooperation mit den Firmen Nikon und Eppendorf eine Apparatur zur Messung elektrischer Aktivität in einzelnen Nervenzellen. Mittels dieser Anlage können auch die molekularen Wirkungen von Kokain aufgeklärt werden. Seite 2 von 5 PRESSEINFORMATION Mittels chemisch-analytischer Methoden (Chromatographie, Massenspektrometrie) kombiniert mit mathematischen Methoden (Chemometrie) konnten österreichische Wissenschaftler neue Erkenntnisse zum Ablauf der Mumifizierung von Leichen erarbeiten. Unter bestimmten Bedingungen wird eine Leiche wachsartig mumifiziert: es entsteht Fettwachs auch „Adipocere“ genannt. Die dabei ablaufenden chemischen Veränderungen geben Aufschluss über den Erhaltungszustand und Hinweise auf die Lagerungsbedingungen von Mumien. Das interdisziplinäre Team, bestehend aus Prof. Schwarzmeier, Prof. Makristathis und Prof. Mader (Univ.Klinik für Innere Medizin I bzw. Klinisches Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie MedUni Wien), hat Mumien aus Peru, Sibirien und Mitteleuropa (u.a. Ötzi) untersucht. Besonders auffällig war der exzellente Erhaltungszustand der 500 und 1000 Jahre alten peruanischen Mumien, die aus der Ilo-Wüste bzw. den Anden (Fundort in 6000 m Seehöhe) in einer Seehöhe von 6000 m stammten. Weiters wurden an der Abteilung für Klinische Mikrobiologie am Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie Lungengewebsbiopsien einer Chachapoya-Inka Mumie analysiert. Zweck der Untersuchung dieser Proben war es, mit Hilfe molekularbiologischer Methoden DNS von mikrobiellen Erregern wie z. B. Mycobacterium tuberculosis (Erreger der Tuberkulose) nachzuweisen. In allen Proben konnte DNS des Schimmelpilzes Aspergillus restrictus eindeutig nachgewiesen werden. Außerdem konnte DNS des Bakteriums Clostridium frigidicarnis identifiziert werden. Da diese Mikroorganismen in der Umwelt vorkommen und die Lunge aus einer Mumie mit offenem Brustkorb stammte, ist anzunehmen, dass es im Laufe der Jahrhunderte zu dieser mikrobiellen Besiedelung gekommen ist. DNS des Tuberkulose-Erregers wurde nicht festgestellt. Die klinische Abteilung für Kieferorthopädie an der Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik Wien, MedUni Wien kooperiert seit langem erfolgreich mit Prof. Horst Seidler in der Erforschung von Veränderungen an Zahn- und Kieferfehlstellungen im Lichte der Evolution. Eine besondere Herausforderung stellt die zahnärztliche Befundung von Mumien der Chachapoya-Inka - einer indogenen lateinamerikanischen Bevölkerungsgruppe aus Südperu - bezüglich moderner kieferorthopädischer Aspekte dar. Erste konventionelle Röntgenbilder zeigen an den Zähnen - wahrscheinlich ernährungsbedingte Abnützungen der Kauflächen - Lücken durch Zahnverlust sowie teilweise auch Knochendefekte durch entzündliche Zahnerkrankungen. Seite 3 von 5 PRESSEINFORMATION Anhand von Computertomographien werden nun Veränderungen skelettaler und dentaler Strukturen analysiert. Gemeinsam mit der klinischen Abteilung für Parodontologie und klinischen Abteilung für Prothetik und Abteilung für Radiologie werden Zahnzahl, Zahnbefund, Kariesdiagnostik und der Zustand des den Zahn stützenden Knochens erhoben. Das Institut für Virologie der MedUni Wien unter der Projektleitung von Prof. Stephan Aberle beschäftigt sich naturgemäß mit der Aufklärung von Virusinfektionen. Fragen nach den viralen Infektionen bzw. der Virusinfektion, die das Leben der Mumie zu Lebzeiten beeinträchtigt haben oder sogar zum Tod geführt haben, werden erörtert. Der Nachweis eines bestimmten Virus in Organen alter Mumien zeigt, dass diese Virusinfektion früher existiert hat, und weist darauf hin unter welchen Viruserkrankungen die damalige Bevölkerung gelitten hat. Von besonderem Interesse ist die Entschlüsselung der Erbinformation dieser alten Viren, was mittels neuester molekularbiologischer Methoden möglich ist. Der Vergleich der damaligen Viren mit den heute zirkulierenden gibt Aufschluss über den Ursprung und über die Entwicklung dieser Viren und über ihre Anpassung an den Menschen über Hunderte von Jahren. Diese Informationen können ganz entscheidende Impulse geben für die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien gegen die Viruserkrankungen des Menschen der Gegenwart. Eine weitere Fragestellung beschäftigt sich mit der kulturellen Verbreitung von Kokainkonsum bei den Chachapoya. Das Kauen von Koka-Blättern hatte bereits in prähistorischer Zeit kulturelle Bedeutung bei vielen indigenen Völkern in Südamerika. Dies haben zahlreiche Funde von Kokablättern und Analysen an prähistorischen Mumien gezeigt. Im Falle der Chachapoya Kultur sind dazu noch keine Informationen bekannt. Univ.Prof. Dr. Rainer Schmid vom Klinischen Institut für Medizinische Chemische Labordiagnostik der MedUni Wien versucht erstmals den Beweis über einen Nachweis der wichtigsten psychoaktiven Alkaloide der Kokablätter – Kokain, Benzoylecgonin und weitere Derivate – in einem mumifizierten Körper zu präsentieren. Forensische Untersuchungen haben gezeigt, dass verschiedenste Drogen, also auch Kokain und Metabolite - nach Konsum durch ein Individuum - diese in den Haaren eingelagert werden und dort auch relativ fest gebunden über längere Zeiträume gespeichert bleiben. In der Biopharmazeutischen und Toxikologischen Analyse von Medikamenten und Drogen in Körperflüssigkeiten setzt sich immer mehr das Analysenverfahren der Flüssigchromatographie- Seite 4 von 5 PRESSEINFORMATION Massenspektroskopie (HPLC/MS) durch. Dies ist ein Verfahren, mit dem sehr geringe Konzentrationen der Verbindungen hochspezifisch und schnell in kleinsten biologischen Proben bestimmt werden können. Gerade bei Untersuchungen an wertvollem und seltenem Mumienmaterial sind diese Analysetechniken gefordert, welche verlässliche Aussagen auch mit minimalsten Probenmengen bewerkstelligen können. Im Rahmen der Mumienausstellung wird diese Technik „live“ im Technischen Museum an Hand der Analyse von Drogen in Haarmaterial vorgeführt werden können. Die neusten Ergebnisse über die Messungen von Kokain in den Haaren von Chachapoya-Mumien werden während der Ausstellungszeit laufend präsentiert und erweitert. Weitere Informationen zur Medizinischen Universität Wien unter http://www.meduniwien.ac.at Rückfragen bitte an: Mag.a Nina Hoppe Leiterin Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit & Sponsoring Telefon: 01/ 40 160 11 502 E-Mail: [email protected] Spitalgasse 23, A – 1090 Wien www.meduniwien.ac.at Mag.a Sabina Tandari Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit & Sponsoring Telefon: 01/ 40 160 11 503 E-Mail: [email protected] Spitalgasse 23, A – 1090 Wien www.meduniwien.ac.at Medizinische Universität Wien – Kurzprofil Seit 1. Jänner 2004 agiert die Medizinische Universität Wien (Vormals Medizinische Fakultät an der Universität Wien, gegründet 1365) in universitärer Autonomie und Selbstverwaltung. Mit über 5.000 Mitarbeitern ist sie die größte Forschungseinrichtung in Österreich – 33 Kliniken und Klinische Institute am Wiener Allgemeinen Krankenhaus und 11 medizin-theoretische Zentren unterstreichen die Rolle der Medizinischen Universität Wien im internationalen Umfeld. Seite 5 von 5