Molekularbiologische Grundlagen des genetischen Fingerabdrucks Variable Bereiche des menschlichen Genoms Die für Proteine codierenden Bereiche des menschlichen Genoms (Exons) unterscheiden sich von Person zu Person kaum. Der größte Teil des menschlichen Genoms (ca. 97-98 %) codiert nicht für Proteine. In diesem nicht-codierenden Bereich der DNA (Introns) liegen große Unterschiede zwischen Personen vor, denn hier werden viele Sequenzveränderungen toleriert, da sie keinen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit eines Proteins haben. 1986 veröffentlichte der amerikanische Wissenschaftler Alac JEFFREYS ein Manuskript, indem er beschrieb, dass es in den Introns kurze Basensequenzen gibt, die sich häufig wiederholen. Zum Beispiel kann die Sequenz ACTGGTC in einem Bereich der DNA fünfmal hinter-einander wiederholt vorliegen: ACTGGTCACTGGTCACTGGTCACTGGTCACTGGTC. Das Besondere an diesen kurzen, sich wiederholenden Sequenzen ist, dass die Zahl der Wiederholungen von Individuum zu Individuum variiert. Daher gab ihnen Jeffrey die Bezeichnung VNTRs = variable number of tandem repeats. Dadurch, dass die Zahl der Wiederholungen in diesen Bereichen von Person zu Person sehr stark variiert, variiert auch die Länge dieser Bereiche. Damit gibt es auf der gesamten DNA verschiedener Personen mehrere Bereiche, deren Länge von Person zu Person unterschiedlich ist: 1 VNTR DNA = mögliche Schnittstelle eines Restriktionsenzyms Die Wiederholungseinheiten (VNTRs) liegen an verschiedenen bekannten Stellen auf der DNA der Chromosomen. Werden Restriktionsenzyme eingesetzt, welche die DNA an benachbarten, nichtvariablen Stellen der DNA schneiden (z.B. an Exons, siehe X in Abbildung), dann sind die entstehenden DNA-Fragmente unterschiedlich lang. Denn die Länge der repetitiven Sequenzen (VNTRs) in dem Restriktionsfragment ist unterschiedlich. Dies bezeichnet man als RFLP = Restriktions-Fragment-Längen-Polymorphismus (Polymorphismus = Vielgestaltigkeit). Dieser Längenpolymorphismus bekannter Bereiche bildet die Grundlage für den genetischen Fingerabdruck. In der forensischen (= gerichtlichen) DNA-Analyse bezieht man sich auf drei bis zehn wichtige Stellen der gesamten menschlichen DNA. Dabei wählt man Bereiche aus, von denen man weiß, dass sie in der Population sehr stark variabel sind. Diese Stellen auf der DNA sind bekannt und charakterisiert. Man vergleicht in der Regel die Länge der Restriktionsfragmente von drei bis zehn Stellen der DNA, die VNTRs enthalten. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Menschen genau dieselbe Basenfrequenz in diesen Abschnitten besitzen und damit das genau gleiche Muster an Restriktionsfragmenten aufweisen, ist sehr gering. Für die in Gerichtsurteilen eingesetzten genetischen Fingerabdrücke liegt diese Wahrscheinlichkeit bei 1:1 Milliarde. [Zusatzinformation, Verständnisfragen können von Gruppe B beantwortet werden: Die zu untersuchenden DNA-Abschnitte müssen in ihrer Basensequenz teilweise bekannt sein, damit sie sichtbar gemacht werden können. Es werden dann radioaktiv markierte, komplementäre DNA-Abschnitte (Gensonden) künstlich hergestellt, die gezielt an die zu untersuchenden Abschnitte binden. Durch die radioaktive Markierung können die gewünschten DNA-Abschnitte sichtbar gemacht werden (z.B. auf einem Agarosegel).] 2