Weidinger Manuela H-4-M FBUSb-FD FACHDIDAKTIK: AUßERSCHULISCHE BILDUNGSEINRICHTUNGEN, AUSSTELLUNGEN GESTALTEN WEIDINGER MANUELA H-4-M SS 2005 -1- Weidinger Manuela H-4-M ERKENNTNISMETHODEN Methoden der Biologie können nicht nur Hilfsmittel im Biologieunterricht sein, sondern selbst zum Unterrichtsthema gemacht werden. Für den Biologieunterricht lassen sich die Methodenfragen in den fachlichen, den fachdidaktischen und den pädagogischen Aspekt aufschlüsseln. Der fachliche Aspekt betrifft die Erkenntnismethoden der Wissenschaft „Biologie“ und allgemein die Erkenntnisgrundlagen der Naturwissenschaften, auf denen das gesamte im Unterricht vermittelte Wissen beruht. Der fachdidaktische Aspekt beschäftigt sich mit der Frage, wie Methoden der Biologie im Unterricht zu vermitteln sind: ▫ Im Schulunterricht sollten die verwendeten Erkenntnismethoden die in der Wissenschaft angewendeten so weit widerspiegeln, dass ein Einblick in Voraussetzungen, Tragweite und Grenzen der wissenschaftlichen Ergebnisse möglich ist. Aufgabe der Fachdidaktik ist es, die wissenschaftliche Methodik so in unterrichtliche Arbeitsweisen umzusetzen, dass die Schüler die wesentlichen Parallelen zum wissenschaftlichen Arbeiten erkennen können. ▫ Im Biologieunterricht sollte vermehrt zu Freilandbeobachtungen und zur Naturbetrachtung angeregt bzw. angeleitet werden. ▫ Es ist auch wichtig, die Wechselbeziehungen zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnismethoden und den Sozialformen zu bestimmen. Es ist sicherlich ein Unterschied, ob ein großer Anteil des Unterrichts als selbstständige Schülerarbeit oder lehrerzentriert gestaltet werden. Der pädagogische Aspekt behandelt die Wechselbeziehung zwischen den angestrebten Unterrichtszielen und den dazu geeigneten Arbeitsweisen. -2- Weidinger Manuela H-4-M Die Schüler sollen einen Einblick gewinnen, wie naturwissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden und auf welchen Voraussetzungen sie beruhen. Dies ist ein wichtiges Ziel im Biologieunterricht. (vgl. Eschenhagen, Kattman, Rodi, 1993, S 208) Wichtige naturwissenschaftliche Erkenntnismethoden im Biologieunterricht sind Beobachten, Vergleichen, Untersuchen, Experimentieren und Analysieren von Texten. Ich beschränke mich auf die Methode „Beobachten“. Beobachten Der Biologieunterricht eignet sich besonders gut, lebende Tiere und Pflanzen in der Schule kurzfristig zu halten oder dauerhaft zu pflegen. Es besteht die Möglichkeit das verbreitete Fehlen an Primärerfahrungen zu auszugleichen. Der Umgang mit lebenden Organismen vermittelt außerdem ▫ morphologische, physiologische und verhaltensbiologische Einsichten. ▫ eine auch affektiv gefärbte Grundhaltung gegenüber Lebewesen. ▫ eine praxisorientierte Pflegekompetenz ( artgerechte Haltung). (vlg. Kleesattel, 1997, S. 214) „Mit Hilfe der Beobachtung ermitteln die Schüler Eigenschaften und Merkmale, räumliche Beziehungen oder zeitliche Abfolgen der jeweiligen biologischen Erscheinung, ohne dabei grundlegend veränderte Eingriffe an den Objekten oder Prozessen vorzunehmen.“ (Eschenhagen, Kattman, Rodi, 1993, S 212) Das Untersuchen (als Beobachten mit Hilfsmitteln) ist miteingeschlossen. -3- Weidinger Manuela H-4-M Man unterscheidet zwischen ▫ dem Betrachten von ruhenden Objekten ▫ und dem Beobachten von Bewegungen und Veränderungen von Objekten. (vgl. Eschenhagen, Kattman, Rodi, 1993, S 212) Bei der Unterscheidung der Erkenntnismethoden wird von der Tätigkeit des Subjekts ( Schüler), nicht von den Eigenschaften der Objekte ausgegangen. Betrachten und Beobachten werden daher zusammengefasst. Beobachten bezieht sich nicht nur auf den Gesichtssinn. Das Objekt kann mit verschiedenen Sinnen gleichzeitig oder hintereinander erfasst werden (Größe, Form, Geruch, Beschaffenheit der Körperoberfläche usw.). (vgl. Eschenhagen, Kattman, Rodi, 1993, S 212) Laut Eschenhagen, Kattman & Rodi (1993, S. 213) werden folgende Beobachtungsarten nach der Intensität und Dauer unterschieden: ▫ Gelegenheitsbeobachtungen: Erfolgen meist auf Exkursionen ▫ Kurzzeitbeobachtungen: Werden im Rahmen einer Unterrichtsstunde abgeschlossen. ▫ Langzeitbeobachtungen: Bedürfen großer Geduld und wiederholter Anregungen seitens der Lehrperson. Die Schüler setzen sich aktiv mit Gegenständen auseinander. Sie lernen Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Durch das Vergleichen mit anderen Objekten eignen sie sich Formenkenntnisse an, vor allem wenn sie Nachschlagewerke und Bestimmungsbücher benutzen. Die Schüler studieren mit allen Sinnen Formen und Vorgänge in der Natur. -4- Weidinger Manuela H-4-M Der dauerhafte Umgang mit der Natur schafft Erlebnismöglichkeiten und soll bei den Schülern Freude an der Natur und Mitgefühl für die Lebewesen hervorrufen. Es ist auch wichtig, dass die Schüler einen emotionalen Abstand zu den Lebewesen erwerben. Die geschulte Beobachtung ermöglicht die Interpretation von Vorgängen in größeren Zusammenhängen. (vgl. Eschenhagen, Kattman, Rodi, 1993, S 213) Durchführung – Beispiele: ▫ Untersuchungen am Schulaquarium (Neu-)Einrichtung eines Schulaquariums Aquarientagebuch: Die Schüler protokollieren wichtige Ereignisse wie das Einsetzen neuer Fische, höhere Klassenstufen tragen charakteristische Wasserwerte in eine Kurve neben dem A. ein. Fische aus aller Welt: geographische Verbreitungskarte: Es werden zunächst „Steckbriefe“ der Aquarienbewohner angefertigt. Auf einer Verbreitungskarte bringen die Schüler Abbildungen der jeweiligen Fische plus Steckbrief an. Ökologische Nischen im Aquarium Einzeller im Aquarium ▫ Beobachten an Aquarienfischen Anpassung an den Lebensraum Wasser: Zeichnen und beschriften, Funktion der Stromlinienform, Flossen Männchen oder Weibchen? Geschlechtsunterschiede sollen mittels Zeichnen festgehalten werden. Balzverhalten: Instinkthandlungen und Schlüsselreiz ▫ Beobachtungen an Insekten Der Mehlwurm – ein Wurm? -5- Weidinger Manuela H-4-M Vollständige Verwandlung des Mehlwurms Orientierungsverhalten der Mehlkäfer-Larve (Orientierung zur Lichtquelle, an der Luftströmung und an der Substrat-Beschaffenheit) ▫ Heimtiere in der Schule ▫ Beobachtungen an Schnecken Morphologie der Schnecke: Anfertigen einer Zeichnung Die Schnecke geht die Wände hoch! Wie schnell ist die „lahme Schnecke“? Substratpräferenz der Schnecke Sinnesleistungen der Schnecke Nahrungsaufnahme der Schnecken Sind Schnecken ortstreu? ▫ Beobachtungen an Regenwürmern Regenwurm – genau betrachtet Kann man Regenwürmer hören? Wozu hat der Regenwurm Borsten? Sehen ohne Augen? Riechen ohne Nase? Ökologische Bedeutung des Regenwurms Wie reagiert der Regenwurm bei Regen? ▫ Vivarien-Patenschaften Tier-Patenschaften übernehmen – Pflegetagebuch Steckbriefe schreiben Beobachtungsaufgaben formulieren (vlg. Kleesattel, 1997, S. 214) -6- Weidinger Manuela H-4-M Kurzzeitbeobachtungen können in einer Unterrichtsstunde wie folgt ablaufen: Erarbeitung einer Fragestellung Arbeitsanleitungen austeilen, Zeitbegrenzung angeben Hilfsmittel erklären und verteilen, Beobachtungsobjekte verteilen Beobachtung des Gegenstandes – Festhalten der Ergebnisse Sammeln und Besprechen der Ergebnisse (vgl. Eschenhagen, Kattman, Rodi, 1993, S 214) Langzeitbeobachtungen sind über längere Zeit andauernde Beobachtungen. Sie betreffen das Eintreten und die zeitliche Aufeinanderfolge von Ereignissen im Jahresablauf (z. B. Eintreffen oder Abreise von Singvögeln). Solche Beobachtungen bedürfen kaum der Anleitung und nehmen nur wenig Zeit in Anspruch. Sie sind aber besonders dazu geeignet, die Aufmerksamkeit der Schüler für lange Zeit auf bestimmte Erscheinungen zu lenken und diese bewusst erfassen zu lassen. (vgl. Eschenhagen, Kattman, Rodi, 1993, S 216) Viele Beobachtungen können an lebenden Tieren, aber auch an toten Objekten (wie Stopfpräparate, Einschlusspräparate, Ganzpräparate, Skelette und Skelettteile, Nester, Gewölle, Fraßspuren an Ästen und Rinden) durchgeführt werden. Sie erhöhen die Anschaulichkeit des Unterrichts. Komplizierte oder in der Natur nur schwer zugängliche Strukturen und Vorgänge können auch mithilfe von Struktur- und Funktionsmodellen verständlich gemacht werden. (vgl. Eschenhagen, Kattman, Rodi, 1993, S 217) -7- Weidinger Manuela H-4-M In diesem Zusammenhang möchte ich auch folgende Kapitel erwähnen: Biologie im Freien – Freilandbiologie fürs ganze Jahr Mit dem Unterricht im Gelände und der unmittelbaren Begegnung mit lebenden Tieren lassen sich neben rein fachlichen Zielen auch wichtige erzieherische Ziele erreichen. Ethologische und ökologische Fragestellungen können im Freien besonders gut bearbeitet werden. Am besten eignet sich dazu das Schulgelände. Es ist schnell erreichbar und bietet eine Fülle von Möglichkeiten, auch innerhalb von 45 Minuten interessanten Unterricht zu gestalten. Es soll die Identifikation mit dem Schulgebäude und den hier vorkommenden Tieren ausgebildet werden. Die Schüler sollen Verantwortungsbewusstsein entwickeln. Dies ist wichtig, um mutwilliger Zerstörung und Vandalismus vorzubeugen. Motivation und Eigeninitiative von Jungendlichen werden durch die aktive Begegnung mit einem Lebensraum und den hier vorkommenden Lebewesen gefördert. (vlg. Kleesattel, 1997, S. 113) Verschiedene Ideen zur Umsetzung: ▫ Pflanzen und Tiere bestimmen: Es sollten regelmäßig Bestimmungsübungen im Freiland stattfinden, um den Schülern Artenkenntnisse zu vermitteln. Benötigt wird dazu einfach zu handhabende Bestimmungsliteratur, ev. Klemmbretter, Lupen, Lupengläser, Sammelbehälter, Pinzetten. Insekten an Frühblühern beobachten Insekten bei der Futtersammlung beobachten und bestimmen. Interessant -8- Weidinger Manuela H-4-M ist es, aufzuzeigen, wie viele und welche Arten die jeweilige Futterquelle nutzen. Schmetterlinge beobachten Im Juni oder Juli können die Schüler an einem Sommerflieder viele Schmetterlingsarten bei der Nektarsuche beobachten. Interessant ist es, die Futterpflanzen der Schmetterlingsraupen aufzusuchen und ihre ökologische Bedeutung aufzuzeigen. Tiere unter Steinen entdecken Tierspuren im Schnee bestimmen Vögel am Futterplatz beobachten Vogelnester untersuchen (vlg. Kleesattel, 1997, S. 113) Außerschulische Lernorte Darunter werden biologisch interessante Einrichtungen oder Institutionen, wie Zoologischer Garten, naturkundliches Museum, botanischer Garten, verstanden. Außerdem eignen sich noch Betriebe und Einrichtungen wie Imkerei, Hühnerfarm, Fischereibetrieb, Molkerei, Bauernhof, Gärtnerei, usw. (vlg. Kleesattel, 1997, S. 126) Wichtige Gesichtspunkte: ▫ Die reine Arbeitszeit sollte 60 bis 90 Minuten nicht übersteigen. ▫ Bei größeren Einrichtungen sollte man sich auf einige wenige Teilbereiche beschränken. ▫ Die Einhaltung von Abständen zu Gehegen etc. und das Sitzen auf dem Boden erleichtern das Arbeiten in der Gruppe. -9- Weidinger Manuela H-4-M ▫ Im Anschluss an die gemeinsame Arbeit sollte den Schülern noch freie Zeit für Interessenschwerpunkte gelassen werden. (vlg. Kleesattel, 1997, S. 126) Für die Gestaltung der Schülerarbeit gibt es folgende Möglichkeiten: ▫ Führung durch den Lehrer oder durch Personal der besuchten Einrichtung. ▫ Arbeit mit Arbeitsblättern zu einem bestimmten Thema. ▫ Arbeitsunterricht, der spezielle Arbeitsräume, zusätzliches Material und viel Zeit erfordert. ▫ Schülertrail, mit Hilfe eines thematischen Arbeitsheftes, in das die Schüler die Ergebnisse ihrer Arbeit eintragen. ▫ Bei Beobachtungsaufgaben ist es wichtig, sich auf wenige oder nur eine Tierart zu konzentrieren. Es bietet sich hier Gruppenarbeit an. Ergebnissicherung durch Arbeitsprotokoll und zeichnerischen Darstellungen. (vlg. Kleesattel, 1997, S. 126) Eigene Praxisideen, die bereits im Unterricht umgesetzt wurden: Thema Umsetzung im Unterricht REH Geweih: Film / ABL / Geweihabwürfe Schüler erhalten ein ABL. Sie sollen auf dem ABL die Geweihformen mithilfe des Filmbeitrages dazuschreiben. Danach Vergleich des ABL. Schüler sollen nun die Abbildungen nochmals mit den mitgebrachten Geweihstangen vergleichen. Um welchen Rehbock handelt es sich? - 10 - Weidinger Manuela H-4-M KARPFEN Stromlinienförmiger Körper: Film / Merktext im Heft Im Film wird ein Versuch zum Wasserwiderstand gezeigt. Schüler sollen gut aufpassen. Danach gemeinsame Besprechung der Beobachtungen. Merktext wird gemeinsam erarbeitet und ins Heft geschrieben. SCHMETTERLINGE Arten: Exemplare von echten Schmetterlingen / ABL / OHF Die Schüler sollen zum Lehrertisch herauskommen. Zeigen der verschiedenen Schmetterlingsarten Betrachten des unterschiedlichen Körperbaus. Vergleichen von Schmetterlingen. Schüler erhalten ein ABL. Auf dem ABL sind die Beschreibungen zu den verschiedenen Arten angegeben. Die Schüler sollen nun mithilfe von Abbildungen auf OHF analysieren, welche Beschreibung zu der gezeigten Gruppe gehört. Die Beispiele werden dazu notiert. FELDHASE und Unterscheidungsmerkmale: ABL / Infomaterial / WILDKANINCHEN Abbildungen / OHF / Kärtchen Jeder Schüler erhält ein ABL und pro Bankreihe wird eine Infoseite ausgeteilt. Je eine Bankreihe bearbeitet den ersten Teil des ABL, die andere Bankreihe den zweiten Teil. 1. Teil: Merkmale des Feldhasen 2. Teil: Merkmale des Wildkaninchens - 11 - Weidinger Manuela H-4-M Gemeinsamer Vergleich in der Großgruppe. Die Sch. sollen jeweils den fehlenden Teil ergänzen. Die Ergebnisse stehen auf Folie. Zur Wiederholung: Kärtchen mit bestimmten Merkmalen sollen von den Schülern an die Tafel geheftet werden. Hasenspur: ABL / Abbildung / OHF Wie bewegt sich ein Hase fort? Dazu wird eine kleine Abbildung ausgeteilt. Die Sch. sollen die Spuren mithilfe der Abbildung darunter zeichnen. Vergleich mittels OHF Literaturverzeichnis: ▫ Kleesattel, W. (Hrsg.) (1997). Die Fundgrube für den Biologie-Unterricht. Das Nachschlagewerk für jeden Tag (2. Auflage). Berlin: Cornelson. ▫ Eschenhagen, D., Kattmann, U. & Rodi, D. (1993). Fachdidaktik Biologie (2. Auflage). Köln: Aulis Verlag Deubner & Co KG. - 12 -