Zusammenfassung Text Gabriel

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A. GESUNDHEIT UND KRANKHEIT ALS GEGENSTAND DER
WISSENSCHAFTLICHEN FORSCHUNG
1. Lern- und Persönlichkeitstheorien
Schwerpunkt: innerindividuellen, psychischen Faktoren zu identifizieren, die die
Gesundheit beeinflussen
Verhaltens- und informationsorientierte Lerntheorien
Reiz-Reaktions-Muster: Lernvorgänge werden allein durch objektiv beobachtbare
Sachverhalte (Umweldgegebenheiten und die persönliche Reaktion hierauf)
beschrieben
Lernen: Verknüpfung zwischen Reizen und Reaktionen, die sich routinemäßig
einprägen, wenn eine Verstärkung durch die Befriedigung von grundlegenden
Bedürfnissen erfolgt
Lerntheorien (verhaltensorientiert): warum ernähren, bewegen sich Menschen in
bestimmter Weise  Verhalten hängt von den Umweltgegebenheiten und
persönlichen Merkmalen ab, die entscheiden, wie Informationen aufgenommen,
eingeschätzt, bewertet, interpretiert werden und wie daraufhin Entscheidungen für
Handlungsalternativen durchgespielt und bestimmte Verhaltensweisen ausgeübt
werden
Lerntheorien waren von Anfang an nicht verhaltensorientiert (behavioristisch),
sondern informationsorientiert (kognitivistisch):
 Mensch als einen aktiven Informationsverarbeiter
 lernen als Prozess der Auseinandersetzung mit der Umwelt
 Vorgänge des Lernens werden mit Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits-,
Gedächtnis- und Denkprozessen in Verbindung gebracht
 der Wissensstand des Menschen entscheidet, welche Informationen
aufgenommen und wie sie verarbeitet werden
Zusammenführen der kognitivistischen und behavioristischen Ansätze 
umfassendes Verständnis für die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen möglich
Konzept des Modelllernens
 menschliches Handeln sei durch soziale Vorbilder angeregt, gesteuert, ausgelöst
gehemmt
 lernen als aktiver an Eignung Prozess
 komplexer Prozess der Auseinandersetzung mit der Umwelt, der immer zugleich
Einwirkung und Aneignung, Anpassung und Veränderung einschließt
 Lernen hängt von sozialen Einflüssen und Beziehungen ab
 Lernen am Modell geschieht durch Nachahmung oder Identifikation des Lerners
mit dem vorgeführten Verhalten
 eindeutige Belohnung muss gegeben sein, um das beobachtete Verhalten,
dessen Muster gespeichert wurden, umzusetzen
 die Belohnung kann von außen kommen (Belohnung und Bestätigung aus der
sozialen Umwelt) oder von denen (positive Bedeutung der neuen
Verhaltensweise: Verbesserung der Kondition)
 Lerntheorien können die paradoxe Situation aufklären, dass Menschen sich nach
objektiven Maßstäben gesundheitsschädlich verhalten und dabei dennoch das
Gefühl haben, sich selbst zu belohnen (rauchen)
1









Impulse für das Gesundheitsverhalten
Menschen sollen gesundheitsschädigende Verhaltensweisen erst nicht
aufnehmen oder sie wieder einstellen
alternative Möglichkeiten der sozialen Anerkennung unter psychischen und
körperlichen Entspannung geben
Ergebniserwartung: Überzeugung eines Menschen, dass bestimmte Ereignisse in
bestimmten Situationen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit als Folge des
eigenen Verhaltens auftreten (soziale Anerkennung beim Zigaretten rauchen)
Selbstwirksamkeit: Überzeugung eines Menschen, ein bestimmtes Verhalten
ausführen und dabei auftretende Hindernisse oder Schwierigkeiten überwinden
zu können
wichtige Bedingung für Verhaltensänderung, weil sie Einfluss darauf hat, wie viel
Anstrengung in ein bestimmtes Vorhaben investiert und inwieweit das
gewünschte Ziel erreicht wird
Sicherheit durch viele Wiederholungen und vielen kleinen Schritten
Theorien von verletzlichen und unverletzlichen Persönlichkeiten
Verarbeitung von Informationen und Verhaltensimpulsen hängt von bestimmten
Persönlichkeitsmerkmalen ab
verletzliche Personen haben eine hohe und übertriebene Sensibilität für die
Wahrnehmung von Belastungen innerhalb ihres sozialen Lebensraumes
unverletzlichen Persönlichkeiten meistern Risiken ohne psychopathologische
Auffälligkeiten (Stress-resistent) und zeigen eine große Widerstandskraft
gegenüber Konflikten und Belastungen
Risiko- und Schutzfaktoren für die Gesundheitsentwicklung
objektive Belastungen durch Armut, soziale Isolation und ungünstige
Lebensbedingungen
Detektive, Belastung aufdeckende und
verstärkende Sozialisationsbedingungen
(Risikofaktoren)
Protektive, Belastung abschirmende u.
abschwächende
Sozialisationsbedingungen
(Schutzfaktoren)
Verletzlichkeit
Unverletzlichkeit
Ungünstiger, passiver persönlicher
Verarbeitungs- und Bewältigungsstil
Günstiger, aktiver persönlicher
Verarbeitungs- und Bewältigungsstil
Ungesunde
Persönlichkeitsentwicklung
Gesunde
Persönlichkeitsentwicklung
2
Dedektiv und Protektiv bilden den Filter, durch den objektive Beobachtungen
verstärkt oder neutralisiert oder zurückgedrängt werden
Theorien der psychischen Gesundheit
Integrative Persönlichkeitstheorie: die wichtigste Eigenschaft eines Menschen zu
identifizieren, die über die Fähigkeiten zum Umgang mit gesundheitsriskanten
kritischen Lebensanforderungen entscheiden
 seelische Gesundheit: Fähigkeit zur Bewältigung externer und interner
Anforderungen, die sich in optimistischer Stimmung, seelisch- körperlichen
Wohlbefinden, Selbstaktualisierung und Wertschätzung ausdrücken
 Verhaltenskontrolle: Zuverlässigkeit, mit der die eigenen Handlungen reguliert
werden können, von starkem oder schwachem Pflichtbewusstsein und starker
oder schwacher Risikofreude
Bedingungen des seelischen Gesundheit
Soziale Anpassung
 Gewissenhaftigkeit
 Emphatie
Starke
Verhaltenskontrolle
 Pflichtbewusstsein
 Zuverlässigkeit
Gehemmtheit
 Zurückhaltung
 Introversion
Geringe seelische
Gesundheit
 niedrige
Bewältigungsfähigkeit
 Pessimismus
Hohe seelische Gesundheit
 hohe Bewältigungskompetenz
 Optimismus
Zügellosigkeit
 Aggressivität
 Erregbarkeit
Selbstaktualisierung
 Geselligkeit
 Extraversion
Geringe
Verhaltenskontrolle
 Spontanität
 Risikofreude

Linke Seite: Ausprägungen für hohe seelische Gesundheit, die durch
Bewältigungskompetenz, Optimismus, Flexibilität, körperliches und seelisches
Wohlbefinden, hohes Selbstwertgefühl, große Selbständigkeit und Autonomie
gekennzeichnet ist
3

Rechte Seite: Ausprägungen geringer seelische Gesundheit und die damit
verbundenen Assoziation von Gehemmtheit und Zügellosigkeit
Kriterien für subjektiv empfundenes körperliches Wohlbefinden haben sich als
wertvolle Indikatoren für die objektive körperliche Gesundheit erwiesen.
Sieben spezifische Grunddimensionen:
 Zufriedenheit mit der momentanen Körperzustand
 Gefühl von Ruhe und Muße
 Vitalität und Lebensfreude
 Entspannung
 Genussfreude und Lustempfinden
 Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit
 angenehmes Körperempfinden
Subjektive Theorien bilden sich aus einem Gefüge von individuellen Vorstellungen
von der eigenen Gesundheit, in die kognitive, emotionale und motivationale Faktoren
ebenso eingehen wie Vorstellungen von der eigenen Person und vom Körper sowie
vom Verhältnis zur sozialen und materiellen Umwelt.
4


2. Stress- und Bewältigungstheorien
Stress
kann
eine
positive
Erfahrungen
sein
und
gehört
Überlebensausstattung
Stress hat auch negative, krankheitsauslösende Wirkungen  Distress
zur
Transaktionale und soziale Stressmodelle
 Transaktional = Stress als Anpassungsaktivität, als abhängig von der
Bedeutung des Stimulus für den Empfänger
 erste Einschätzung: tritt ein Stressor auf, wird vom Individuum diese
Bedrohung eingeschätzt
 zweite Einschätzung: zusätzlich werden die eigenen Fähigkeiten überdacht,
die Situation zu verändern oder mit negativen Emotionen umzugehen
 die tatsächlich eingesetzten Bewältigungsstrategien führen dann zum
Ergebnis (Positiv: Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der seelischen
und körperlichen Gesundheit)
Beispiel: positiver Zusammenhang zwischen aktiven Bewältigungsstrategien und
einer relativ guten psychischen Bewältigung von schweren Krankheiten: Krebs,
HIV/Aids. Die psychische Befindlichkeit wurde verbessert, weil die Patienten ihr
Gesundheitsverhalten flexibel auf die Anforderungen der Krankheit abstellen.
Ausweichende oder vermeidende Verarbeitungsstrategien (verdrängen, verleugnen)
erweisen sich als nachteilig.
Ebenen der Bewältigungskompetenzen
 körperlich- physische Bewältigung: kompetenter Umgang und gezielte Steuerung
mit
den
innerkörperlichen
Konditionen
und
den
physiologischen
Regulationssystemen
 kognitiv- intellektuelle Bewältigung: Lernfähigkeit, umweltangepasstes Verhalten,
Fähigkeit zu klaren Orientierungen des eigenen Verhaltens
 seelisch- emotionale Bewältigung: Fähigkeit, eigene Bedürfnisse und Gefühle zu
erkennen und auszudrücken und sie in angemessener Weise in das soziale
Verhalten übersetzen
 soziale Bewältigung: Beziehungen zu anderen herstellen, aufrechterhalten,
weiterentwickeln und dabei auch auf die Bedürfnisse und Interessen anderer
Menschen eingehen
Modell des Belastungs- Überforderungs- Prozesses


Soziale und ökonomische Rahmenbedingungen: Alter, Geschlecht, soziale
Schicht, Familienstatus, Beruf
Belastungsfaktoren (Stressoren):
* kritische Lebensereignisse (unerwarteter Verlust einer wichtigen
Bezugsperson, Trennung, Scheidung, schwere Krankheit, Arbeitslosigkeit)
* chronische Spannungen (Rollenkonflikte wegen Doppelbelastung,
körperliche und nervliche Belastungen, enttäuschte Karriere, andauernde
Konflikte mit dem Partner, lang andauernde Krankheiten)
* schwierige Übergänge: vom Jugend- in das Erwachsenenalter, von der
Schule in die Arbeitswelt, von der Arbeitswelt in das Rentnerleben
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

über Belastungsfaktoren und Überforderungen kann es zu Manifestationen von
Stress- Symptomen kommen
ob sie auftreten, entscheiden soziale Mediatoren (soziale Unterstützung,
politische Bedingungen, kollektive Aktionen) und personale Mediatoren
(Temperament, Bewältigungskompetenzen) und das Selbstbild (Selbstwertgefühl,
Selbstwirksamkeit)
Soziale und ökonomische
Rahmenbedingungen
Soziale Mediatoren
Belastungen
(Stressoren)
Überforderungen
psychisch, ökonomisch,
beruflich, sozial
Personale Mediatoren
Stresssymptome
 psychischen Störungen
 emotionale Leiden
 körperliche Krankheit
Selbstbild
Das salotugenetische Modell
Salus = Unverletzlichkeit, Heil, Glück
Genese = Entstehung
Salutogenese als Gegenbegriff zu Pathogenese
Warum Menschen trotz einer Vielzahl von gefährdenden und belastenden Faktoren
im mikrobiologischen, biochemischen, physikalischen, psychologischen, sozialen,
kulturellen und ökologischen Bereich gesund bleiben und Störungen der Gesundheit
positiv ausgleichen können.
Gesundheit ist eine dynamische Interaktion zwischen zahlreichen belastenden und
entlastenden, schützenden und unterstützenden Faktoren.
Gesundheit ist Resultat der jeweils aktuellen Balance zwischen Risiko- und
Schutzfaktoren innerhalb wie außerhalb der Person.
Krankheitsstatistiken geben eine klare Grenzlinie zwischen Gesundheit und
Krankheit vor, die in der Realität nicht existiert.
Zusätzliche Dimensionen sind notwendig: der subjektiv empfundene Schmerz, die
funktionalen Einschränkungen von Sinnen und Bewegungen
Widerstandsressourcen bewirken, dass krankmachende Belastungsfaktoren gar nicht
erst auftreten oder erfolgreich bekämpft werden:
 physikalischen/biochemischen Bereich: medizinisch relevante Potentiale des
Körpers, die gegen Krankheitserreger und Stressoren immun machen
 materieller Bereich: finanzielle Möglichkeiten, um wichtigen Ressourcen erwerben
zu können für physische Sicherheit, Schutz und gute Ernährung, körperliches und
seelisches Wohlbefinden
 kognitive/emotionale Widerstandsressourcen: Intelligenz i. S. von Flexibilität,
Rationalität der Anpassung an Lebensbedingungen
 motivationale/soziale Ressourcen: durch soziale Unterstützung aus der Umwelt
geliefert, die das Netzwerk einer Person zur Verfügung stellt
6

Makrosstrukturelle Widerstandsressourcen: kulturelle Integration, die einer
Person eine bestimmte Position im sozialen Gefüge und das Gefühl von
Sinnhaftigkeit des eigenen Handels vermittelt
Gesundheit als ein labiles, aktives und sich dynamisch regulierendes Geschehen 
Gesundheit muss immer wieder neu aufgebaut werden
Die Grundhaltung, die Welt als zusammenhängend, in sich ständig und sinnvoll zu
erleben, sitzt sich demnach aus drei Komponenten zusammen:
1. Gefühl von Verstehbarkeit (sense of comprehensibility): Erwartung eines
Menschen, Anregungen und Anforderungen als geordnete, strukturierte
Information verarbeiten zu können, die nachvollziehbar und erklärlich sind
2. Gefühl von Bewältigbarkeit (sense of manageability): Überzeugung eines
Menschen, dass Anforderungen und Herausforderungen lösbar sind, weil
geeignete Ressourcen zur Verfügung stehen. Auch der Glaube kann
dazugehören, im entscheidenden Moment von anderen Menschen Hilfe und
Unterstützung zu bekommen
3. Gefühl von Sinnhaftigkeit (sense of meaningfulness): Ausmaß, in dem das eigene
Leben als sinnvoll und wertvoll wahrgenommen wird, so dass man Energie in die
weitere Gestaltung von Biographie und Lebenslauf investiert
Widerstandsressourcen
 psychisch
 genetisch
 organisch
Stressoren im
 psychosozialen Bereich
 physischen Bereich
 biochemischen Bereich
Art der
Lebenserfahrung
Kohärenzsinn als
Gefühl des
Vertrauens
in die eigene
Sinnstiftung
Spannungsmanagement
 erfolgreich
 erfolglos
Stesszustand
Position auf dem Kontinuum von Gesundheit und Krankheit
Psychosomatische und soziosomatische Modelle
Körperliche Beschwerden geben Auskunft über die aktuelle Befindlichkeit und die ihr
zu Grunde liegenden Konflikte.
Krankheit als Versagen von Anpassungsmechanismen.
Ausgangspunkt für Ausbruch und Entwicklung einer Krankheit ist die
Überbeanspruchung sozialer, psychischer und somatische Anpassungsfähigkeiten
des Menschen als Bio- Psycho- Soziales System.
Gesundheitsbeeinträchtigungen sind in dieser Sichtweise als Unfähigkeit des
Organismus zu verstehen, bestimmten inner- und außerorganischen Anforderungen
gerecht zu werden und sie zu bewältigen.
Entscheidend ist das Ausmaß des Adaptiertseins an die Umgebung, also der
Vorgang, in dem sich die Beziehungen zwischen Individuum und Umgebung
7
herstellen und verändern. Dieser Vorgang wird als ein dynamischer Prozess
verstanden. Jedes Individuum muss sich an seiner Umgebungen ständig neu
anpassen.
8
3. Sozialisationstheorien
Beziehungen zwischen Persönlichkeitsentwicklung und Gesundheit im gesamten
Lebenslauf (biographische Perspektive).
Sozialisation: Prozess der lebenslang anhaltenden Konstituierung der Persönlichkeit
in wechselseitiger Abhängigkeit von und in kontinuierlicher Auseinandersetzung mit
der gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt und der
biophysischen Struktur des Organismus.
Modell der produktiven Realitätsverarbeitung
Eigene Persönlichkeit aufbauen und weiterentwickeln durch ständige intensive
Auseinandersetzung und Austausch mit inneren und äußeren Ressourcen.
Persönlichkeit: charakteristische Gefüge von Merkmalen, Eigenschaften,
Einstellungen, Fertigkeiten und Handlungskompetenzen
Persönlichkeitsentwicklung: Veränderung wesentlicher Elemente dieses Gefüges im
Verlauf des Lebens.
Persönlichkeitsentwicklung = ständige Abstimmung zwischen den eigenen
körperlichen und psychischen Bedürfnissen und Möglichkeiten und den Vorgaben
und Angeboten der sozialen und materiellen Umwelt
Sozialisationstheoretisches Modell der Belastung- Bewältigung- Prozesse
Produktive Realitätsverarbeitung gelingt, wenn zwischen Belastungen und
Ressourcen ein Gleichgewicht hergestellt werden kann.
 Ausreichende innere und äußere Ressourcen gesundheitsförderlicher Verlauf
der Persönlichkeitsentwicklung
 Ressourcen nicht ausreichend  vorübergehende oder dauerhafte Störung der
Gesundheitsbalance
 soziale Ressourcen: unterstützendes Potential des sozialen Netzwerkes und der
gesamten Umwelt
 personale Ressourcen: Persönlichkeits- und Temperamentmerkmalen wie z. B.
der persönliche Verarbeitungsstil und die individuellen Handlungskapazitäten
Personale Ressourcen
Belastung durch
Entwicklungsaufgaben
 körperlich
 psychisch
 kulturell
 sozial
 politisch
 ökologisch
Produktive
Realitätsverarbeitung
Soziale Ressourcen
9
Ergebnis des BelastungBewältigung-Prozesses:
 gelingende
Gesundheitsbalance
 gestörte Gesundheitsbalance
Prozessdynamisches Modell für Gesundheitsstörungen
Statusübergänge und neuartige Entwicklungsaufgaben im Lebenslauf stellen jeweils
Stadien einer intensiven und beschleunigten Veränderung der an das Individuum
gestellten Lebensanforderungen dar.




Prozessdynamisches Modell der Entstehung sozialer Abweichungen und
Gesundheitsstörungen
in jeder Stufe der Entstehung und Entwicklung von Abweichungen, Störung und
Beeinträchtigungen setzt ein dynamischer Suchprozess ein, der eine
Neuorganisation der personalen und der sozialen Ressourcen mit sich bringt
nach jeder Stufe der Entwicklung kann es bei effektiven Einsatz der personalen
und sozialen Ressourcen zu einem positiven Ausgang, zu einer normalen,
befriedigenden und gesunden Weiterentwicklung der Persönlichkeit kommen
Rückkopplungen: bei effektiv eingesetzten Ressourcen können auch die
Ausgangsbedingungen rückwirkend verändert werden
bei ineffektivem oder nichtgelingendem Einsatz der Bewältigungs- und
Unterstützungsressourcen kann es hingegen zum Voranschreiten im Prozess der
Entwicklung von Abweichungen, Störung und Beeinträchtigung kommen.
Persönlichkeitsmerkmale
Umweltmerkmale
Stufe 1: Herausforderung durch Entwicklungsaufgaben (kritische
Lebensereignisse, Berufseintritt, Arbeitslosigkeit)
Soziale Ressourcen
Personale Ressourcen
Stufe 2: Überforderung der
Bewältigungskompetenzen (Nervosität, Unruhe,
Stressempfinden)
Personale Ressourcen
Soziale Ressourcen
Stufe 3: Auftreten von Symptomen der
Überlastung (Drogenmissbrauch,
psychosomatische Beschwerden)
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Personale Ressourcen
Soziale Ressourcen
Stufe 4: Verfestigung und Verstärkung
von Gesundheitsstörungen (Manifeste
Erkrankung, Entwicklung einer
Krankheitskarriere)
Die Konzepte Selbstbild und Identität
 Selbstbild: spiegelt die individuelle Bewertung der Merkmale der eigenen Person
sowie die zurückliegenden Erfahrungen mit der inneren und äußeren Realität
wieder
 Identität: Kontinuität des Selbsterlebens, das Erleben des Sich- Selbst- GleichSeins; Koordinationsprozess des Individuums, der sich nach zwei Seiten richtet
 Identität ist eine Voraussetzung für Gesundheit
 vollständige Gesundheit: befriedigender Gleichgewichtszustand der Koordination
von inneren und äußeren Anforderungen und eine zufriedenstellende Kontinuität
des Selbsterlebens (Identität)
 körperliche, seelische, soziale Gesundheit: Aufbau von konstruktiven
Sozialbeziehungen, soziale Integration, Befriedigung der Grundbedürfnisse

Gesundheit ist kein
statisch-stabiler Dauerzustand, sondern ein
Gleichgewichtsstadium zwischen verschiedenen Kräften und Anforderungen, das auf
der Basis der bisherigen lebensgeschichtlichen Kontinuität immer wieder hergestellt
werden muss
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4. Interaktions- und Sozialstrukturtheorien
Die strukturfunktionalistische Theorie von Gesundheit und Krankheit
(= Balancemodell)
 Persönlichkeit als Spiegelbild der Sozialstruktur
 gesellschaftliche Strukturen bilden eine fast übermächtige Umwelt für das
Individuum und bestimmen, ob ein Mensch gesund oder krank ist
 biologisch- organische System: versorgt Persönlichkeit mit Energie für
physiologische und psychische Grundfunktionen
 psychische System: Antriebsenergien zu kontrollieren und in gesellschaftlich
erlaubte und vorgeschriebene Bahnen lenken
 die Persönlichkeit eines Menschen ist in dieser Sichtweise wesentlich durch die
Struktur der kontrollierenden Bedürfnisdispositionen charakterisiert
 gesund ist der, der mit den Anforderungen der Gesellschaft reibungslos
zurechtkommt
 der gesellschaftliche Wert eines Individuums wird in heutigen Gesellschaften
nach verwertbaren Leistungen bestimmt
 Krankheit: danach interessierte Störung der Leistungsfähigkeit des Individuums
für die normalerweise zu erwartende Erfüllung von Aufgaben
1. der
Patient
ist
vorübergehend
von
seinem
gesellschaftlichen
Rollenverpflichtungen befreit
2. der Patient wird für seine Krankheit nicht moralisch verantwortlich gemacht
3. der Patient hat die Verpflichtung, gesund zu werden und hierzu fachkundige Hilfe
aufzusuchen
 Modell bezieht sich nur auf akute, voll heilbare Krankheiten
Systemtheoretische Modelle von Gesundheit und Krankheit
Fähigkeit des Selbstorganisation und Selbststeuerung von sozialen Institutionen
und Organisationen
 soziale Bestimmungsfaktoren in der Lebens- und Arbeitswelt zu identifizieren, die
günstige Voraussetzungen für die Sicherung der Gesundheit in der Bevölkerung
schaffen  Gesundheitsbalance wieder herstellen
Strukturelle Bedingungen sind zu erfüllen:
 sozioökonomischer Bereich: wirtschaftliche und soziale Sicherheit und
Wohlstand, Berufs- und Arbeitsangebote, soziale Gerechtigkeit
 kultureller Bereich: klare soziale Normen, Weltbilder, Verfügbarkeit von Bildung,
Chance zur Selbstbestimmung und Selbstverantwortung
 politischer Bereich: Stabilität und Transparenz, Frieden, intakte Umwelt

Psychische und körperliche Störungen werden letztlich auf den Mangel an Kontrolle
der Menschen über ihre Arbeits-, Wohn- und Freizeitbedingungen zurückgeführt
Ziel: die verlorengegangene Leistungs- und Funktionsfähigkeit eines Menschen
wiederherzustellen
Problem: Die Medizin hat ein Definitionsmonopol, sie kennt keine
Zwischenkategorien zwischen gesund und krank. Nur für Krankheiten ist ein Arzt als
Fachperson ausgebildet
Interaktionstheoretische Modelle der Krankheitsentwicklung
Bei chronischen Krankheiten und auch bei auffälligen psychischen Störungen lässt
sich teilweise nichtmehr unterscheiden, worin die eigentliche Störung besteht und r
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wo sie in einer von der Umwelt vorgenommene Zuschreibung als psychische und
soziale Abweichung übergeht.
These: Wer einmal in die Rolle des Patienten hineingerutscht ist, kann
möglicherweise durch die mit der Rolle verbundenen veränderte Selbst- und
Fremddefinitionen aus diesem Stadium nicht wieder herausfinden.
Sowohl der professionelle Therapeut als auch der Patient müssen dabei durch drei
Stadien gehen:
1. Unsicherheitsstadium: Diskrepanz zwischen den typischerweise für eine
Krankheit anzunehmenden und den im konkreten Fall vorfindlichen Symptomen
2. Diagnosestadium: Definitionsprozess
3. Stadium der Krankheitskarriere: Folge der Diagnose, nachdem der
Definitionsprozess beendet ist
die Diagnose wird in jedem Fall zu einem Wendepunkt in der Biographie des
Patienten
 Umschlagpunkt in eine neue berufliche, private, soziale und persönliche
Existenzform
gemeinsames Ziel: Genesung des Patienten
Beachte: für das Krankenhauspersonal ist diese soziale Situation vertraut, denn es
handelt sich um den täglichen Arbeitsplatz. Für den Patienten ist die Aufnahme in ein
Krankenhaus der Eintritt in eine fremde und unvertraute Umwelt
Grounded Theorie
Analysiert, wie chronisch kranke Menschen ihr Leben und ihren Lebensstil nach einer
Krise, z. B. Herzinfarkt, neu aufnehmen und reorganisieren.
Dabei spielen die vitalen Ressourcen, die eine Person zur Verfügung hat und auch
die sozialen Unterstützungen eine entscheidende Rolle.
Ob die Reorganisation des Lebensstils und damit die mögliche Rückintegration in
den Status des Gesunden gelingt, hängt von der Bewältigung der medizinischen
Behandlung, der Neuordnung von Zeitperspektiven und der Wiederaufnahme von
bisher als normal angesehenen Vorkehrungen und Kontakten ab.
Modelle konfliktreicher Handlungs- und Rollenerwartungen
kulturelle Umweltbedingungen für Gesundheit sind klare soziale Normen, die das
Alltagsverhalten steuern.
 In der modernen Gesellschaft ist die Kommunikation rein zweckrational 
Qualitätsminderung der zwischenmenschlichen Beziehungen
 gestörte Persönlichkeiten, die anfällig für seelische und körperliche Krankheiten
sind



Analysen zum Organisationscharakter von Versorgungseinrichtungen
Das Indivuduum muss sich den Verhaltensanforderungen des Systems
unterwerfen, ob es das will oder nicht  Ausgangspunkt von Störungen des
gesundheitlichen Gleichgewichts
Wichtig für das Management: Anforderungen der Organisation mit den
Bedürfnissen der MA in Übereinstimmung zu bringen
Wichtig bei Kliniken: Ziel der Selbsterhaltung und wenn sowohl die
Systeminteressen als auch die individuellen Interessen der MA und Kunden erfüllt
werden und zugleich und zusätzlich die Interessen anderer, wichtiger
gesellschaftliche Teilsysteme berücksichtigt werden
13
5. Public- Health- Theorien


Interdisziplinär orientiert
Wissenschaft und Kunst der Verhütung von Krankheit, der Lebensverlängerung
und der Förderung psychischer und körperlicher Gesundheit der Bevölkerung
durch
gesundheitspolitische
und
sozialpolitische
Aktivitäten
=
Gesundheitswissenschaften
Die Entwicklung von Public Health in Deutschland
 durch den Nationalsozialismus verlor Deutschland die international führende
Position der sozialmedizinischen und medizinsoziologischen Forschung
 die Medizin war in Deutschland seit 1945 fast ausschließlich krankheitsorientiert
 die präventiv ausgerichtete Sozialhygiene verlor immer mehr an Boden
 erst ab 1980 begann die Wiederaufnahme
Analysen der Bedingungen für Gesundheit und Krankheit der Bevölkerung  zwei
Theorietraditionen:
1. Gesundheitsforschung: epidemiologische Analyse der körperlichen, seelischen
und sozialen Bedingungen
2. Gesundheitssystemforschung:
Analyse
der
Verzahnung
von
Gesundheitsförderung, Prävention, Therapie, Kuration, Rehabilitation und Pflege
Schwerpunkte der sozialepidemiologischen Gesundheitsforschung
 analysiert die Verteilung von Krankheiten in der Bevölkerung nach personalen
und sozialen Merkmalen (Geschlecht, soziale Lage, Umweltbedingungen)
 medizinisch- klinische Praxis: Organstörung im menschlichen Körper steht im
Mittelpunkt. In der Epidemiologie: Merkmale und Verhaltensweisen von
Menschen wie Geschlecht, Alter, Beruf, Lebensstile
 klinische Medizin: Diagnose und Therapie. Sozial- und Bevölkerungsmedizin:
strukturelle Zusammenhänge, Erfassung von Risikofaktoren und ihre Verteilung in
der Bevölkerung
 Risikofaktorenmodell:
Risikofaktor: das kalkulierbare Risiko einer Person mit einem bestimmten
Charakteristikum, in einem definierten Zeitraum von einer bestimmten
Krankheit befallen zu werden



Das Modell der Risikofaktoren
Risikofaktoren eignen sich, einen bestimmten Krankheitszustand auf einen oder
mehrere Ausgangsfaktoren zu beziehen (Herzinfarkt, Rauchen und Übergewicht)
das Modell stellt nur Zusammenhänge fest, blendet die Verbindungsschritte
zwischen dem Risikofaktor und dem Ergebnis aber aus. Das Umfeld wird in den
Wirkungsprozess nicht miteinbezogen
Ausgleich der konzeptionellen Schwäche: das Risikofaktorenmodell um Elemente
der Stresstheorie anzureichern
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Hierarchie von Risikofaktoren zur Erklärung von Herzinfarkt
Persönlichkeitsstruktur
genetische Disposition
Temperament
Gesellschaftlicher Wandel
Arbeitsanforderungen
Sozialprestige
Unzufriedenheit
Angst
sekundäre
Risikofaktoren
Stressreaktion
Übergewicht
Bewegungsmangel
primäre
Rauchen
Risikofaktoren
Bluthochdruck Blutfett
Blutzucker
Blutgerinnung
Herz-Gefäß-Störung
Endergebnis
Herzinfarkt
Ansätze der Gesundheitssystemforschung
 zweiter Schwerpunkt von Public Health
 Ziel: Analyse der Grundlagen, Strukturen, Funktionsweisen, Kosten, um die
Verbesserung und Weiterentwicklung des Gesundheitssystems einzuleiten. Dabei
steht die vorbeugende und fördernde Perspektive im Vordergrund.
Unterscheidung zwischen Strukturen, Prozessen und Ergebnissen:
1. Struktur:
relativ
stabile
finanzielle,
organisatorische
und
politische
Rahmenbedingungen der Leistungserbringung
2. Prozesse: Aktivitäten innerhalb einer Versorgungseinheit, die auf die Realisierung
der angestrebten Ergebnisse hinwirken
3. Ergebnisse:
Effekte
auf
den
Gesundheitszustand
der
betroffenen
Versorgungspopulation
15

Input: die zum Zwecke der Zielrealisierung aufgewendeten Materialien (Personal,
Material, Geld) und immateriellen (Zeit, Aufwand) Mittel verstanden
 Verhältnis von Input und Output kann in Evaluationsanalysen erfasst werden
 Gesundheitssysteme werden daran gemessen, ob sie eine bedarfsgerechte, dem
aktuellen Krankheitsspektrum angemessene und zugleich flexibel integrierte
Versorgung der Bevölkerung leisten
 sie dürfen nicht nur auf körperliche, sondern auch auf psychischer, soziale und
Umweltbedingungen von Gesundheit ausgerichtet sein
 Ziel: organisatorische Strukturen des Gesundheitssystems zu flexibilisieren
 eine wirkungsvolle Krankenversorgung darf nicht von den sozialen
Lebensbedingungen der Patienten abstrahieren
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