Philosophie im 19. und 20. Jahrhundert I. Arthur Schopenhauer (1788 – 1860) Biographisches Verhältnis zum Deutschen Idealismus Polemik Gemeinsamkeiten: Anknüpfung an Kant ––> Welt der Erscheinungen (Welt als Vorstellung des Ich) Der Grund der Erscheinungswelt (das absolut Wirkliche) ist erkennbar Der Weg zu seiner Erkenntnis führt über das Ich Trennendes: aber: über das Ich in seiner Leiblichkeit Zwei Aspekte des Leibes (von außen gesehen als Körper unter Körpern, als Teil der Erscheinungswelt; von innen gesehen als Wille) das Unbedingte, alles Bedingende ist nicht Geist, sondern dumpfer, grundloser, irrationaler, unersättlicher Drang und Wille Die Welt als Vorstellung („Schleier der Maja“) geordnet nach den subjektiven Bedingungen von Raum, Zeit, Kausalität Die Welt als Wille Der Metaphysiker durchdringt den „Schleier der Maja“; sieht hinter allen Erscheinungen den Willen Das „principium individuationis“ als Grund des Leidens Konzentration des Willens in der Geschlechtslust Auswege aus dem Leiden Kunst als „interesselose Anschauung“ der Idee Sonderstellung der Musik Askese als Verneinung des Willens II. SÖREN KIERKEGAARD (1813 - 1855) Lebensgeschichte Kierkegaards Vater/Jugend - Studienzeit - Verlobung - Korsarenstreit Kirchenkampf Kierkegaards Selbstverständnis als religiöser Schriftsteller Christentum [ -------> ‘der Einzelne’ ], nicht Christenheit Mitteilungsform indirekte Mitteilung; Pseudonyme als Verfasser Der Existenzbegriff Existenz (beim Menschen) nicht vorgegeben, sondern aufgegeben; durch Akte der Wahl und Entscheidung hindurch erst zu verwirklichen Die Angst als ‘Schwindel der Freiheit’ Angst ≠ Furcht Angst als Blick in den Abgrund der Freiheit und Zurückschrecken vor ihr Angstvermeidung im Spießertum Angstvermeidung im Massendasein (‘Menge’) Angstvermeidung im (Hegelschen) System Angst als Hinleitung auf das Selbst (‘Das S. in seiner ewigen Gültigkeit’) Existenz als Synthesis (Einung) gegensätzlicher Bestimmtheiten Einung von Unendlichkeit und Endlichkeit, Ewigkeit und Zeitlichkeit, Seele und Leib, Möglichkeit und Notwendigkeit ‘vor Gott’ „Existenz ist ein Verhältnis, das sich zu sich selbst verhält, und das, indem es sich zu sich selbst verhält, sich zu dem verhält, welches das Verhältnis gesetzt hat“ Verzweiflung (‘Die Krankheit zum Tode’) als verfehlte Synthesis Stadien der Existenz ästhetisches Stadium ethisches Stadium religiöses Stadium III. Positivismus Der Zeitgeist des anbrechenden Industriezeitalters (‘Vulgärpositivismus’) Die positivistische Philosophie Begründer: August Comte (1798 - 1857) weitere Hauptvertreter: John Stuart Mill (gest. 1873) Herbert Spencer (gest. 1903) Grundpfeiler der positivistischen Philosophie: 1) Szientismus Vorbildhaftigkeit der mathemat. Physik ----> methodische Einheit der Wissenschaften 2) Empirismus Forderung der Ausweisbarkeit aller Begriffe und Überprüfbarkeit aller Sätze an der sinnlichen (äußeren) Erfahrung Trennung von Auffindungszusammenhang u. Rechtfertigungszus. 3) Antimetaphysik Das Drei-Stadiengesetz: theologisches oder fiktives Stadium metaphys. oder abstraktes Stadium wissensch. oder positives Stadium Streben nach absolutem Wissen (Erk. des Wesens der Wirklichkeit) im theolog. u. metaphys. Stadium Streben nach relativem Wissen (relationale Abhängigkeit zwischen Gegebenheiten) im wiss. Stadium gültig für die Entwicklung der Menschheit des Einzelmenschen der einzelnen Wissenschaften 4) Die Wissenschaftshierarchie Das enzyklopädische Gesetz komplex einfach Soziologie Biologie Chemie Physik Astronomie Mathematik konkret abstrakt 5) Instrumentalismus: „Wissen um vorherzusehen, vorhersehen um Vorsorge zu treffen“ III. Positivismus Der Zeitgeist des anbrechenden Industriezeitalters (‘Vulgärpositivismus’) Die positivistische Philosophie Begründer: August Comte (1798 - 1857) weitere Hauptvertreter: John Stuart Mill (gest. 1873) Herbert Spencer (gest. 1903) Grundpfeiler der positivistischen Philosophie: 1) Szientismus 2) Empirismus 3) Antimetaphysik Das Drei-Stadiengesetz: theologisches oder fiktives Stadium metaphys. oder abstraktes Stadium wissensch. oder positives Stadium 4) Die Wissenschaftshierarchie Das enzyklopädische Gesetz komplex einfach Soziologie Biologie Chemie Physik Astronomie Mathematik konkret abstrakt 5) Instrumentalismus: „Wissen um vorherzusehen, vorhersehen um Vorsorge zu treffen“ IV. Friedrich Nietzsche (1844 - 1900) 1) Der aphoristische Charakter der Mitteilung 2) Biographisches 3) Der Wille zur Macht als Überlegenheit der Perspektive als Übermächtigung anderer Willenszentren als die Willen (Plural!) zur Macht als unablässige Auseiandersetzung ---> stetes Werden, steter Wandel als Leben (Synonym für ‘Wille zur Macht’) 4) Zwei Bewegungsrichtungen des Lebens Halt- und Grundgewinnen im Setzen von Identitäten (<---- Streben nach Daseinssicherung) Übersteigen und Aufbrechen von Festsetzungen (<---- Streben nach Machtsteigerung, Verjüngung, Erneuerung) 5) Aufsteigendes und absteigendes (dekadentes) Leben 6) Metaphysik als Ausdruck der Décadence Metaphysik: Erkenntnis und Wahrheit = Abbildung des wahren Seins # Nietzsche: ‘Erkenntnis’ und ‘Wahrheit’ sind Lebensfunktionen, eine für das Leben notwendige Umfälschung des Werdens ins Sein ––> Kritik von Metaphysik und Moral als Symptome eines niedergehenden, nach letzten Sicherheiten strebenden Lebens (‘Sklavenmoral’, Ressentiment) 7) Der Nihilismus als Grundsignatur der Gegenwart die Entwertung der obersten Werte das keimhafte Angelegtsein des Nihilismus in der Metaphysik seit Plato 8) ‘Gott ist tot’ als Kurzformel für den Nihilismus 9) ‘Der letzte Mensch’: der ‘Erdenfloh’ als Herr der Erde; ‘alles ist erlaubt’ 10) Der Übermensch = Überlegenheit der Perspektive 11) Der Gedanke der ‘ewigen Wiederkehr’ als Gegenentwurf zur teleologisch-eschatologischen Zeitauffassung der Augenblick als ‘Torweg’: Absolutes Gleichgewicht von (deutungsbedürftiger) Vergangenheit und (bestimmungsbedürftiger) Zukunft als ‘das größte Schwergewicht’: gefordert: schöpferisches Entwerfen bejahbarer Perspektiven IV. Friedrich Nietzsche (1844 - 1900) 1) Der aphoristische Charakter der Mitteilung 2) Biographisches 3) Der Wille zur Macht 4) Zwei Bewegungsrichtungen des Lebens Halt- und Grundgewinnen im Setzen von Identitäten (<---- Streben nach Daseinssicherung) Übersteigen und Aufbrechen von Festsetzungen (<---- Streben nach Machtsteigerung, Verjüngung, Erneuerung) 5) Aufsteigendes und absteigendes (dekadentes) Leben 6) Metaphysik als Ausdruck der Décadence 7) Der Nihilismus als Grundsignatur der Gegenwart die Entwertung der obersten Werte das keimhafte Angelegtsein des Nihilismus in der Metaphysik seit Plato 8) ‘Gott ist tot’ als Kurzformel für den Nihilismus 9) ‘Der letzte Mensch’: der ‘Erdenfloh’ als Herr der Erde; ‘alles ist erlaubt’ 10) Der Übermensch = Überlegenheit der Perspektive 11) Der Gedanke der ‘ewigen Wiederkehr’ als Gegenentwurf zur teleologisch-eschatologischen Zeitauffassung der Augenblick als ‘Torweg’: Absolutes Gleichgewicht von (deutungs-bedürftiger) Vergangenheit und (bestimmungsbedürftiger) Zukunft als ‘das größte Schwergewicht’: gefordert: schöpferisches Entwerfen bejahbarer Perspektiven V. Szientistischer Zeitgeist und Positionen der Wissenschaftstheorie 0) Allgemeines – Zur Ausgangslage a) Szientismus als vorherrschende Prägung des Zeitgeistes Positivistischer Zeitgeist (‚Vulgärpositivismus’) Empiriokritizismus als einflußreiche positivistische Strömung um die Jahrhundertwende (R. Avenarius, E. Mach) Grundpfeiler der positivistischen Philosophie (Szientismus, Empirismus, Antimetaphysik, Instrumentalismus) b) Revision des Philosophiebegriffs Ablehnung der Philosophie im herkömmlichen Sinne Der Philosophie noch verbleibende Aufgaben Reinigungsfunktion (–––> Sinnkriterium) Wissenschaftstheorie (<––– neue Aufgaben durch ‚Grundlagenkrise’ zahlreicher Einzelwissenschaften) Zusammenschau der Einzelwissenschaften (wissenschaftliche Weltansicht) 1) Neopositivismus (Logischer Empirismus) a) Vertreter und Zentren des Neopositivismus Wiener Kreis, Berliner Kreis; Emigration nach England und USA; ‚Rückimport’ in Kontinentaleuropa nach 1945 b) Theoretische Grundlegung des NP als ‚Logischer Empirismus’ Integration der mathematischen Logik (Tautologien!) in die Theoretische Grundlegung des Neopositivismus c) Das empiristische Sinnkriterium Carnap: ein Satz ist sinnlos, wenn er (a) die Regeln der logischen Syntax verletzt (b) außer den Begriffen, die der logischen Verknüpfung dienen, Begriffe enthält, die nicht empirisch fundiert sind d) Zur nachfolgenden Kritik am empiristischen Sinnkriterium Poppers Kritik; Poppers Kriterium und dessen Unhaltbarkeit Carnaps selbstkritische Aufweichung des Sinnkriteriums 2) Kritischer Rationalismus a) Entstehung und wichtigste Vertreter Karl Popper, Hans Albert (Münchhausen-Trilemma), (der frühe) Paul Feyerabend, Ernst Topitsch b) Fehlbarkeit der Vernunft („Fallibilismus“) c) Kampf gegen Dogmatismus, Immunisierung, Totalitarismus d) Erkenntnisfortschritt durch Versuch und Irrtum (trial and error) verisimilitude wissenschaftlicher Theorien e) Poppers Drei-Welten-Ontologie Welt 1: materielle Realität Welt 2: psychische Prozesse Welt 3: Bereich der Erkenntnisse f) Evolutionäre Erkenntnistheorie 3) New Philosophy of Science Norwood Russell Hanson, Stephen Toulmin, Thomas S. Kuhn, (der spätere) Paul Feyerabend Aufhebung der Trennung von context of discovery und context of justification Abrücken vom statement-view wiss. Theorien –––> „Paradigma“ Kuhns Analyse wissenschaftlicher Revolutionen VI. Ludwig Wittgenstein 1) Leben und Werk 2) Wittgenstein I (Tractatus logico-philosophicus) a) literarische Form und Gliederung des Tractatus b) Grenzziehung: das Sagbare und das Unsagbare „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen“ (7; cf. Vorwort) Das Sagbare: Sätze der Naturwissenschaft Das Unsagbare: Bereich der Ethik und das Mystische Das Unsagbare von innen durch das Sagbare begrenzen; es „bedeuten“ („zeigen“) durch klare Darstellung des Sagbaren c) Sprache als Abbild der Welt Primat der Struktur (Sachverhalt) vor dem Gegenstand (Ding) „Der Satz ist ein Bild der Wirklichkeit“ (4.01); dem Satz entsprechend auch der Gedanke: „Die Gesamtheit der wahren Gedanken sind ein Bild der Welt“ (3.01) d) Idealsprache und logischer Atomismus Nur die logische Idealsprache, nicht die Umgangssprache läßt die Form des Gedankens erkennen Analyse des Komplexen muß zu Elementarsätzen führen Elementarsätze als Bilder elementarer Sachverhalte Komplexe Sätze als log. Verknüpfung von Elementarsätzen e) Logische Struktur der Sprache als „Spiegel“ der Weltstruktur „Das Bild hat mit dem Abgebildeten die logische Form der Abbildung gemein“ (2.2) Die log. Form läßt sich nicht ihrerseits abbilden; der Satz zeigt seine log. Form, damit die log. Form der Wirklichkeit f) Weltkonstitution durch Sprache –? Parallelismus von Sprache und Welt oder Konstitution der Welt durch Sprache? g) Sinnkriterium und Aufgabe der Philosophie Sinnvolle Sätze = Sätze der Naturwissenschaften Philosophie hat für das Klarwerden von Sätzen zu sorgen log. Struktur der Welt tritt hervor Verweis auf das Unsagbare Selbstanwendung des Sinnkriteriums auf die Sätze des Tractatus; sie sind „unsinnig“, nur erläuternd; Leitermetapher Ludwig Wittgenstein (Fortsetzung) 3) Wittgenstein II (Philosophische Untersuchungen; abgek. PU) a) Vorwort und literarische Form der PU Aphorismenstil; „Landschaftsskizzen“ der Sprache b) „Ein Bild hielt uns gefangen“ Der Philosoph als Gefangener fixer Vorstellungen c) „Alle Erklärung muß fort u. Beschreibung an ihre Stelle treten“ Achten auf das tatsächliche Funktionieren der Sprache „Denk nicht, sondern schau!“ d) Abschied vom Abbildcharakter der Sprache Vielfalt der sprachlichen Äußerungen und ihrer Funktionen Oberflächengrammatik und Tiefengrammatik e) Reichtum und Komplexität der Sprachspiele f) Sprachspiele und Lebensformen „Das Wort Sprachspiel soll hervorheben, daß das Sprechen der Sprache Teil ist einer Tätigkeit, oder einer Lebensform“ Partizipation an Lebensform; Spracherlernen = „Abrichten“ g) Bedeutung und Sprachspiel „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch i. d. Sprache“ h) Familienähnlichkeit – Abschied vom Essentialismus i) Abschied von der Idealsprache (von der ‚Kristallreinheit’) Orientierung am Ideal führt zu Mißachtung der Wirklichkeit Exaktheit als Frage des jeweiligen Bedürfnisses Rehabilitierung der Alltagssprache j) Abschied vom logischen Atomismus k) Abschied vom Mentalismus Automatische Abläufe im Sprachgeschehen, weil darauf ‚abgerichtet’ l) Philosophie als Therapie Selbstbefreiung d. Philosophie von ihren fixen Vorstellungen VII. ‚Linguistic turn’ und Strömungen der analytischen Philosophie 1) Zum ‚linguistic turn’ in der Philosophie des 20. Jh. Hinwendung zur Sprache unter dem Einfluß der Phil. Wittgensteins und seines Lehrers G.E. Moore, sowie der Entwicklungen innerhalb der modernen Logik. In Wien lenkten Karl Kraus, Hugo von Hofmannsthal (‚Chandosbrief’) und Fritz Mauthner das Interesse auf die Sprache. Theoretiker der Sprachwissenschaft wurden bedeutsam: Ferdinand de Saussure (Strukturalismus; Unterscheidung von langage, langue und parole), Karl Bühler (Sprachfunktionen: Darstellung, Ausdruck, Appell) Begründung der Semiotik durch Ch. S. Peirce und Ch. W. Morris (Unterscheidung von Syntax, Semantik, Pragmatik) Ethnolinguistik, linguistische Relativitätsthese: Edward Sapir, Benjamin Lee Whorf (Vorläufer: Herder, Humboldt) ––> Neuhumboldtianer Ernst Cassirer: ‚Phil. der symbolischen Formen’, Bd. 1: ‚Die Sprache’ 2) Die analytische Philosophie und ihre beiden Ausrichtungen Herangehen an philos. Fragen mit den Mitteln der Sprachanalyse Oft Umformulierung der traditionellen Fragen in Fragen der sprachlichen Behandlung (––> Metaethik, Metatheologie, Metaästhetik etc.) Durch Klärung der Sprache sollen Probleme gelöst oder ganz zum Verschwinden gebracht werden Analytische Philosophie ausgehend von Wittgenstein I (=formal- bzw. idealsprachliche Richtung) Analytische Philosophie ausgehend von Wittgenstein II (=Ordinary Language Philosophy) VIII. Lebensphilosophie 1) Charakterisierung und Überblick Opposition zum Szientismus: wiss. Objektwelt ist ein Konstrukt; ist statisch; verstellt, erstickt die dynamische Wirklichkeit (das Leben) ‚Leben’ = Beschwörungsformel, Schlüsselwort; Ziel: Lebenssteigerung, Lebensfreude Leben ist sich selbst erschlossen in einer ursprünglichen, unmittelbaren, intuitiven Schau Zivilisationskritische Kampfstellung: ––> dualistisches Denken apollinisch – dionysisch (Nietzsche) Geist – Leben (Theodor Lessing) Geist – Seele (Ludwig Klages) Gesellschaft – Gemeinschaft (Ferdinand Tönnies) Zivilisation – Kultur (Oswald Spengler) Nähe zu den ‚Ideen von 1914’ Nähe zur Jugendbewegung (‚Wandervogel’) Vereinnahmung durch NS-Ideologie 2) Henri Bergson Biographisches Instinkt (lebensnahe, lebensbezogen, aber situativ begrenzt) Intellekt (abstrahierend, verallgemeinernd, zweckrational; verfälschend durch Verräumlichung; materiebezogen; Erkenntnisorgan der Wissenschaften) Intuition (lebensbezogen, offen, Organ der metaphys. Erkenntnis) Zeit: als Dauer (durée) = ursprüngliche Zeit als meßbare (verräumichte) Zeit = vom Intellekt verfälscht Élan vital: metaphysischer Lebensgrund = das Göttliche = intensivstes Leben, das in allem in der Weise der Dauer (durée) fortschwingend gegenwärtig ist Intuition: selbst ‚sprachlos’; muß sich der begrifflichen Mittel des Intellekts bedienen, aber als Metaphern VIII. Lebensphilosophie (Fortsetzung) 3) Wilhelm Dilthey Biographisches und wichtigste Schriften Hintergrund der Philosophie Diltheys: Leistungen in der Neuzeit nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern auch z.B. in der Literatur und den Künsten Leben äußert sich in Dichtung, Philosophie, Rechtssystemen, sozialen Ordnungen, Mythos, Religion, Sitten, Bräuchen etc. ––> Geisteswissenschaften bewahren, pflegen, überliefern dieses Gut; durchdringen es verstehend Gigantische Leistungen der Geisteswiss. im 18. und 19. Jh. Forderung einer Theorie der Geisteswiss., einer ‚Kritik der histor. Vernunft’ (ergänzend zu Kants KrV.) Natur kann nicht verstanden, nur ‚von außen’ erklärt werden Leben, Lebenszusammenhänge, Lebensäußerungen werden ‚von innen’ erfaßt, werden verstanden Keine klare Trennung von Subjekt und Objekt d. Erkenntnis: Subjekt verwandelt sich im Verstehen (fremden) Lebens Erleben –––> Ausdruck –––>Verstehen Psychologie als Grundlage geisteswiss. Verstehens nicht experimentelle Psych., sondern ‚beschreibende und zergliedernde Psychologie’; achtet auf die Strukturen, auf den ‚Lebenszusammenhang’ ––> Einfluß auf die Gestaltpsychologie und Phänomenologie Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit des Lebens „so ist die Gegenwart von Vergangenheit erfüllt und trägt die Zukunft in sich“ Hermeneutik (=Theorie des Verstehens) Verstehen des Einzelnen aus dem Ganzen (und umgekehrt) ––> hermeneutischer Zirkel (eigentlich: Spirale) ––> hermeneutisches Paradox: „den Autor besser verstehen als er sich selbst verstanden hat“ Empirie (volle, unverstümmelte Erfahrung), nicht Empirismus IX. Neukantianismus 1) Entstehung und allgemeine Charakterisierung Entstehung zu sehen vor dem Hintergrund des Positivismus und der Erfolge der Einzelwissenschaften. Emanzipation d. Einzelwiss. und Legitimationskrise d. Philosophie Reaktionen: ‚Flucht nach vorn’: experimentelle Psychologie als Grundwiss. der Philosophie ––> Psychologismus Suche nach ‚Restreservaten’ philosophischer Erkenntnis: Zusammenschau einzelwiss. Erkenntnisse Philosophie als ‚Wissenschaftswissenschaft’, als Erkenntnis in reflexiver Einstellung; Rückgriff auf Kant ––> Neukantianismus (=Kritizismus) 2) Der Rückgriff auf Kant Ablehnung der Metaphysik Einseitige Auffassung Kants als Erkenntnistheoretiker 3) Richtungen des Neukantianismus a) Die Marburger Richtung (=logischer Neukantianismus) Hermann Cohen (ϯ 1918) Paul Natorp (ϯ 1924) Theorie naturwiss. Erkenntnis im Vordergrund Variabilität der Kategorien und wiss. Grundannahmen ‚Ding an sich’ als Grenzbegriff (=noch nicht erforschter Rest) b) Südwestdeutsche (badische) Richtung (=werttheoretischer NK.) Wilhelm Windelband (ϯ 1915) Heinrich Rickert (ϯ 1936) Theorie geisteswiss. Erkenntnis im Vordergrund Unterscheidung von nomothetischen (=Naturwiss.) und idiographischen Wissenschaften (= Geisteswissenschaften) Auswahl/Ordnung histor. Fakten nach Wertgesichtspunkten ‚Geltung’ als Seinsweise der Werte Werte als transzendentale Ermöglichungsbedingungen des Erkennens, Handelns und Gestaltens c) Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen X. Edmund Husserl (1859 – 1938) 1) Biographisches und Hauptwerke 2) Die Bedeutung der Grundlegung der Phänomenologie durch Husserl Nachhaltiger Einfluß des Positivismus endgültig gebrochen Befreiung aus der reflexiven Einstellung des Neukantianismus Nachweis: Objektwelt der Naturwiss. relativ auf Voraussetzungen: Abstrahierende Isolierung des Gegenstandsfeldes Theoretische und begriffliche Vorgaben Erkenntnispragmatische Vorgriffe (z.B. Versuchsanordnung) „Zu den Sachen selbst“ = ‚Schlachtruf’ der Phänomenologie 3) Husserls Widerlegung des Psychologismus Was ist Psychologismus? Die ‚Widersinnigkeiten’ des Psychologismus Log. und math. Sätze werden von Sätzen abhängig gemacht, deren Gewißheitsgrad geringer ist Relativismus als Konsequenz des Psychologismus Unterscheidung von Noesis und Noema Gedanke der Intentionalität ( <–– Franz Brentano) Ego cogito cogitatum als Struktur der Intentionalität Log. u. math. Sätze haben Wesensbeziehungen zwischen Noemata zum Inhalt, unabhängig von Noesen Trennung von Tatsachen- und Wesenswissenschaften Philosophie als Wesenswissenschaft, beruhend auf ‚Wesensschau’ 4) Die phänomenolog. Methode – Reduktion (Epoché, Einklammerung) a) historische Reduktion b) eidetische Reduktion c) transzendental-psychologische Reduktion Sistierung d. ‚Generalthesis d. natürlichen Einstellung’ d) transzendental-phänomenologische Reduktion intent. Akte als Akte eines ‚Bewußtseins überhaupt’ 5) Das Arbeitsfeld der Phänomenologie Umfang des Arbeitsfeldes entsprechend dem ego cogito cogitatum Phänomenologie als ‚Jahrhundertaufgabe’ 6) Die Rehabilitierung der Lebenswelt gegenüber der wiss. Objektwelt Der Weltbegriff bei Husserl Innenhorizont und Außenhorizont Die ‚Bodenfunktion’ der Lebenswelt XI. Die Phänomenologische Bewegung 1) Der befreiende Impuls der phänomenologischen Betrachtungsweise Befreiung aus der reflexiven Einstellung des Neukantianismus Hinwendung zu den Sachen selbst, wie sie sich im Horizont der alltäglichen Lebenswelt darbieten Betrachtung der Gegebenheiten ohne szientistische und naturalistische Verfälschung Universelle Anwendbarkeit der phänomenologischen Betrachtung 2) Ausbreitung und Zentren der phänomenologischen Bewegung Der Göttinger und Münchner Kreis Wilhelm Schapp (phän. Theorie der Narrativität), Alexandre Koyré (Wissenschaftshistoriker; beeinflußte Thomas Kuhn), Helmut Plessner (Anthropologie), Adolf Reinach (Rechtstheorie), Hedwig Conrad-Martius (Ontologie), Dietrich v.Hildebrandt (Werttheorie), Edith Stein, Max Scheler Freiburg: Heidegger, Roman Ingarden (Kunst- und Literaturtheorie) Prag: Jan Patocka Paris: Raymond Aron, Maurice Merleau-Ponty, Sartre, Emanuel Lévinas, Jacques Derrida, Paul Ricoeur USA: Alfred Schütz, Peter L. Berger, Aron Gruwitsch, Hannah Arendt Husserl-Schüler machen Husserls Wende zur transzendentalen Phänomenologie nicht mit 3) Zur Verbindung von Phänomenologie und Existenzdenken Ermöglichung d. Existenzphil. des 20. Jh. durch Phänomenologie Beeinflussung der Phänomenologie durch d. Existenzanalyse –––> Abschied vom (cartesianischen, neuzeitlichen) Subjekt Husserls Cartesianische (übergeschichtliche) Subjektkonzeption XI. Die Phänomenologische Bewegung (Fortsetzung) Heidegger: Rückgang auf den konkreten Existenzvollzug des Menschen; Beachtung der geschichtlichen Dynamik und Verankerung (‚Geworfenheit’); Beachtung der Lebenspraxis (Übernahme vorgegebener Lebenspraxis), der Gestimmtheit, der Sprache (des in ihr enthaltenen Vorverständnisses) Hermeneutischer Wahrheitsbegriff bei Heidegger: Richtigkeit nicht gleich Wahrheit Wahrheit als A-letheia (Un-Verborgenheit) =Ankämpfen gegen ein unzureichendes, verstellendes Vorverständnis =Entwickeln, Erproben eines adäquateren Vorverständnisses <–––Auseinandersetzung mit der eigenen Denk- und Mentalitätsgeschichte (Destruktion, Dekomposition) Seinsgeschichtliches Denken des späten Heidegger Heidegger als Wegbereiter zu einem ‚pathischen’ ‚Subjekt’ und zu einem ‚schwachen Denken’ (Gianni Vattimo) 4) Das ‚pathische’ Subjekt in der Begegnung mit dem Anderen: Sartre: Ausblutung der Welt Der Blick des Anderen in seiner Wirkung auf das Selbstverhältnis der Existenz Emanuel Lévinas: Die Begegnung mit dem wehrlosen Anderen als ‚gewaltlose Traumatisierung’ –––> Konstitution ethischer Verantwortung Unterbrechung der Totalisierung und Öffnung auf Transzendenz und Unendlichkeit XII. Existenzorientiertes Denken (detailliertere Übersicht folgt) 1) Karl Jaspers 2) Martin Heidegger 3) Jean-Paul Sartre 4) Albert Camus XIII. Kritische Theorie (detailliertere Übersicht folgt) Allgemeines Horkheimer Adorno Bloch Habermas XIV. Postmoderne, Poststrukturalismus (detailliertere Übersicht folgt) Allgemeine Charakterisierung Lyotard Foucault Derrida Deleuze